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Tödliches Spiel: Auftakt

Das Leben ist kein Spiel. Der Tod schon ...
von

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Zahn um Zahn

Haku war hin- und hergerissen. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, seit Kankurou und Kiba ihn und Hinata alleingelassen hatten, obwohl es sicher noch nicht mal zehn Minuten her war. Aber mit Hinata, die an seine Schulter gelehnt dasaß und deren Atem zu einem qualvollen Schnaufen verkommen war, schien ihm die Zeit endlos, und mehr als einmal wurde der Drang, aufzuspringen und selbst nach einer Spritze zu suchen, fast übermächtig.

Schließlich trottete Kankurou um die Ecke. Hakus anfängliche Erleichterung schlug in Bestürzung um, als er seinen Gesichtsausdruck und seine zerrissene Kleidung sah. „Kein Erfolg?“, fragte er.

Kankurou schüttelte den Kopf. „Leider. Ich war so kurz davor, aber ich hab’s nicht geschafft.“

„Sie hält nicht mehr lange durch“, sagte Haku ernst. Sie waren vielleicht anderthalb Stunden in diesem Haus, erst die Hälfte der Zeit, die Orochimaru ihren Körpern zugesichert hatte, aber Hinata sah aus, als könnte sie jede Minute das Bewusstsein verlieren.

„Lass uns woanders nach Spritzen suchen“, murmelte Kankurou. „Auf dieser Seite sind sonst keine Türen. Nehmen wir den linken Korridor bei der Treppe.“

Haku nickte. Sich zu grämen half nichts. Er zog Hinata hoch. Die junge Frau war wahrscheinlich so schwer wie er selbst, und da sie kaum mehr als eine leblose Puppe in seinen Armen war, fühlte er ihr Gewicht doppelt. Kankurou machte keine Anstalten, ihm zu helfen, er tappte fast gemächlich hinter Haku her. Haku fragte sich, ob auch er die Auswirkungen des Giftes bereits stärker spürte. Er wagte nicht zu fragen, mit welcher Art von Prüfung er konfrontiert gewesen war, aber die hellen Binden waren unordentlich um den Behälter mit der Puppe auf Kankurous Rücken geschlungen, so als hätte er die Marionette eingesetzt und wäre danach zu erschöpft gewesen, um sie wieder ordentlich wegzupacken. Wahrscheinlich sollte Haku froh sein, dass Kankurou überhaupt noch lebte.

Und wenn er uns belügt? Der Gedanke kam so plötzlich wie ein hinterhältiger Angriff, und einmal gedacht, ließ sich der Zweifel nicht mehr beseitigen. Was, wenn Kankurou seinen Test bestanden und eine Spritze erbeutet hatte? Wenn er sie für sich selbst benutzt hatte und nun einfach nur daneben stehen und warten würde, bis die Vordertür aufging?

Andererseits, konnte Haku es ihm verübeln? Wenn es so war, dann konnte er ohnehin nichts daran ändern.

 

Als Haku die Tür mit seinem Namen sah, überkam ihn eine weitere Gänsehaut. Kiba, der in einem anscheinenden Anflug von Vernunft eben die Wände des Flurs abklopfte und jeden Bilderrahmen abnahm, warf ihm einen bezeichnenden Blick zu, sagte aber nichts. Auch Kankurou schwieg, und Hinata sah die krakeligen Buchstaben wahrscheinlich gar nicht.

Schließlich öffnete Kiba eine Tür weiter hinten und ein Fluch entfuhr ihm.

„Was ist los?“, fragte Haku erschrocken.

„Scheiße“, wiederholte der wilde Junge. „Den weißhaarigen Kerl hat’s erwischt.“

Haku schob Hinata in Kankurous Arme und war mit wenigen Schritten bei ihm. In einem Zimmer voller Scherben lag Kimimaros gekrümmte Leiche. Haku hatte keinen Zweifel, dass er tot war, und es war sicher kein angenehmer Tod gewesen.

„Verdammt“, murmelte er. „Wir hätten ihn sicher brauchen können. Er war immer recht besonnen und überlegt.“

Kiba schien das als Vorwurf aufzufassen. „Ja, wir hätten vor allem nicht gewusst, wann er uns allen in den Rücken fällt!“ Damit ließ er Haku stehen und riss die nächste Türe auf, hinter der nur eine Besenkammer lag. „Oweh, die nächste Falle“, sagte er sarkastisch. „Ein Besen und ein Seil. Lass mich raten, wir sollen uns aufhängen.“

„Ein Seil?“ Haku horchte auf. „Damit könnten wir hinüber!“

Kiba sah ihn fragend an. „Wo hinüber?“

„Der Raum im Erdgeschoss, mit dem fehlenden Boden! Wenn wir das Seil irgendwo festmachen, kommen wir vielleicht zur Tür auf der anderen Seite!“

„Vielleicht, ja.“ Kiba schnaubte. „Und dort gibt es nur neue Fallen. Ich seh mir erst mal den Flur hier fertig an.“ Er zögerte einen Moment, dann drehte er sich auf dem Absatz herum und steuerte auf die letzte Tür in dem Korridor zu.

Ein neuerlicher, heftiger Hustenanfall von Hinata drängte Haku zum Handeln. Ein einziger Blick in ihr Gesicht reichte, um ihm zu sagen, dass höchste Eile geboten war. Hinata war in Kankurous Armen zu Boden gesunken und rang mit geschlossenen Augen nach Luft. Verdammt, sie waren viel zu langsam! Auch wenn es hier nur so vor tödlichen Fallen wimmelte, sie konnten Hinata nicht ihrem Schicksal überlassen und weiterhin so zögerlich vorgehen!

Und die Tür, die Haku zu seinem persönlichen Spiel einlud, war direkt vor ihm. Er riss sie entschlossen auf, und schnalzend peitschte ihm ein Draht entgegen. Kaltblaue Wände erwarteten ihn, und in dem fast steril wirkenden Licht schimmerten auf einem massiven Wandtresor die Ziffern eines Timers, der zu laufen begonnen hatte. Zehn Minuten. Zehn Minuten wofür?

„Kankurou, ich brauche den Kassettenplayer“, sagte er bemüht ruhig, doch seine Stimme bebte. Was erwartete ihn in diesem Raum?

Wortlos reichte der Puppenbauer ihm das Gerät und Haku trat in das Zimmer, auf der Suche nach der Kassette mit den Spielregeln. In der Ecke stand ein kleiner, fahrbarer Metalltisch, wie er ihn schon in Krankenhäusern gesehen hatte, ansonsten war der blaue Raum völlig kahl. Auf dem Gestell lag die Kassette, die er suchte. Er legte sie ein und lauschte, wie Orochimarus Stimme gegen das Knistern einer schlechten Aufnahme ankämpfte.

„Hallo, Haku.“ Ihn überkam eine Gänsehaut bei der Begrüßung. „Ich stimme mit Ihnen überein, dass Sie einen schweren Start in diesem Leben hatten. Sie sind ein Straßenkind, ohne Freunde, ohne Familie, ein Namenloser. Haben Sie geglaubt, die Tatsache, dass Sie in keinerlei Akten dieser Welt aufscheinen, wäre Ihr Freibrief, sich nicht in die Gesellschaft eingliedern zu müssen?

Ihr Leben lang haben sie kleine bis mittelschwere Delikte begangen. Sie haben unbescholtene Menschen betrogen und bestohlen und mit dem Geld dieser Personen von einem Moment zum nächsten gelebt. Nie haben Sie versucht, etwas aus sich selbst herauszuholen. Ich nenne das eine Verschwendung der Talente, die in Ihnen schlummern mögen.

Heute bekommen Sie Gelegenheit zu zeigen, was in Ihnen steckt. Sie werden die Werte aus Ihrem Inneren benutzen, um zu überleben, und nicht das Bargeld von jemand anderem. In Ihre oberen, letzten Backenzähne sind die Zahlen geätzt, die Sie brauchen, um den Tresor vor Ihnen aufzuschließen. Darin befindet sich eine Dosis mit dem Gegenmittel. Die Reihenfolge der Zahlen liest sich von links nach rechts.

Bei diesem Test werden sie merken, wie tief das Übel in Ihnen wurzelt. Übrigens dürfen Sie einem ganz besonderen Mann danken, dass ich überhaupt auf Sie gestoßen bin. Ich bin gespannt, wie Ihr Dank ausfallen wird, wenn Sie ihm erst gegenüberstehen. Das Spiel ist eröffnet.“

Haku schluckte schwer. Sein Kehlkopf hüpfte wie ein trockener Klumpen. Sein Blick glitt zu der verchromten Zange, die einsam auf dem Metallgestell lag. Zehn Minuten Zeit. Zehn Minuten, um sich zwei Zähne zu ziehen. Jetzt wusste er es also.

Und er durfte keine Zeit verlieren. Er hatte vielleicht noch fast zehn Minuten, aber Hinata mit Sicherheit nicht! Entschlossen packte er die Zange, steckte sich das kalte Metall in den Mund, das auf seiner Zunge prickelte. Als er es nach einigen Versuchen schaffte, seinen oberen Zahn ganz links damit zu umklammern, verließ ihn die Entschlossenheit. Es kostete ihn alle Überwindung, auch nur den Griff der Zange zuzuziehen, wie sollte er da … Nein, verdammt, es ging hier um Hinatas Leben, was waren da zwei Zähne?

Die Zähne gar nichts, sagte eine bösartige Stimme in seinem Hinterkopf. Wohl aber der Schmerz.

Er nahm die Zange wieder heraus, stöhnte und raufte sich die Haare. Er musste es tun, sofort! Später würde es genauso wehtun, und jetzt war besser als später!

Haku atmete tief ein und setzte die Zange erneut an. Er schloss fest beide Hände um den Zangengriff und drückte – zu sanft offenbar, denn weder spürte er etwas, noch bewegte sich der Zahn. Wieder tief Luft holen, Augen zusammenkneifen – drücken, mit aller Kraft! Diesmal spürte er ein teuflisches Reißen im Mund, der Schmerz bohrte sich in seine Schädeldecke, dass er gedämpft aufschrie. Sein Mund füllte sich mit Blut. Weiter! Du schaffst es! Erneut nahm er all seine Willenskraft zusammen und drückte die Zange nach außen. Als er spürte, wie der Zahn sich lockerte, wurde ihm speiübel.

Ein Hustenanfall war der Anlass, dass er die Zange losließ und sie zu Boden klimperte. Er konnte nicht einmal sagen, ob es an dem Gift lag, das seine Atemwege auflöste, oder ob er sich an seinem Blut verschluckt hatte. Keuchend stützte er sich an der Wand ab. Sein Zahnfleisch schmerzte höllisch. Er schaffte es nicht … Wenn er die blutige Zange auch nur ansah, musste er sich beinahe übergeben. Wenn er doch nur einen Blick auf seine Zähne werfen konnte … aber er hatte im ganzen Haus keinen Spiegel gesehen, und einer allein würde wohl sowieso nicht reichen …

In dem Moment hörte er schlurfende Schritte auf dem Flur, und eine Stimme knurrte: „Aus dem Weg.“

Als Haku zurück zur offenen Tür sah, ging Zabusa daran vorbei. Der Söldner war also wieder bei Bewusstsein. Kurz begegneten sich ihre Blicke, dann trabte er schweigend weiter. Seine Khaki-Hosen und das Muskelshirt klebten ihm klamm vom Wasser am Leib.

Wasser. Im Keller.

Ein Geistesblitz durchzuckte Haku. Es war eine absolut verrückte Idee und er hatte keine Ahnung, ob sie funktionieren würde – aber sie schien ihm realistischer, als sich die Zähne herauszureißen. Haku stürmte aus dem Raum auf den Flur, Kankurou sah ihn erwartungsvoll an. Hinata lag auf dem Boden, den Kopf in seinem Schoß. „Und?“

„Gebt mir nur noch eine Minute“, murmelte Haku nuschelnd, den Mund voll Blut, lief an ihnen vorbei und stolperte die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Seine plötzliche Geschäftigkeit drängte den Schmerz und das ständig an ihm nagende Schwindelgefühl weit genug zurück, dass er sich konzentrieren konnte. Er hatte noch etwa sechs Minuten, die würde er nutzen!

Er nahm immer zwei Stufen auf einmal in den Keller. Bei der letzten trat er ungeschickt auf und polterte hart auf den Boden. Stöhnend rappelte er sich auf; der Ruck hatte doppelt in seinem Kiefer geschmerzt.

Vor ihm stand der albtraumhafte Eisensarg, davor war das Wasser weitgehend getrocknet. Haku trat auf den Metallkasten zu und schöpfte das Wasser, das immer noch eine Handbreit hoch stand, aus dem Inneren, mehr und mehr, bis die Pfütze groß genug für sein Jutsu war.

Kurzatmig formte er Fingerzeichen. Das Wasser begann zu brodeln, gleichzeitig begann es jedoch Kälte auszustrahlen. Dieses Jutsu war Hakus ganzer Stolz: Es verwirrte seine Feinde und ließ ihn selbst quasi mit Lichtgeschwindigkeit angreifen – und es basierte auf Spiegeln.

Das Wasser wurde zu Eis, und das Eis wiederum dank seines Chakras zu einem perfekten Spiegel. Haku sah sein eigenes Gesicht und erschrak, wie heruntergekommen und krank es aussah. Er verfeinerte sein Jutsu, teilte den Spiegel in der Mitte und die beiden Hälften zur Sicherheit noch einmal. Dann nahm er sie in die Hände. Sie waren kälter als die Zange vorhin. Hoffentlich waren sie auch effizienter.

Wenn ein Zahnarzt Zähne mit einem kleinen Spiegel von allen Seiten betrachten konnte, dann würde er es auch schaffen! Zunächst versuchte er zu erkennen, ob sein hinterster Backenzahn die Zahlen auf der Vorderseite trug. Nichts. Natürlich waren sie hinten eingeätzt worden.

Also ein zweiter Spiegel. Er zwang seine Hände zur Ruhe, was nicht einfach war, dann schob er einen kleinen Teil des Spiegels in seinen Mund. Die Kälte schmerzte erst, aber neben seinem verwundeten Zahn war sie sogar angenehm. Er ließ den ersten Spiegel vor sich mit seinem Jutsu in der Luft schweben und schob sich den anderen noch tiefer in den Rachen, damit er den hinteren Backenzahn betrachten konnte. Dann versuchte er verzweifelt, den Spiegel so zu halten, dass die Hinterseite seiner Zähne nach vorn reflektiert und von dem schwebenden Spiegel eingefangen wurde – es war gar nicht so einfach, doch endlich entdeckte er etwas, das wie eine Zahl aussah … Verdammt, war das nun eine Sechs oder eine Null? Sie war so winzig … ein vergrößernder Spiegel wäre gut … Sechs, sie sah eher nach einer Sechs aus … daneben eine Vier, eindeutig. Er wiederholte die Prozedur auf seiner rechten Kieferseite. Hier war kein Blut und die Ziffern somit besser erkennbar.

Sechs, vier, zwei, acht. Das war der Code.

Mit fliegenden Füßen lief Haku zurück in den Eingangsbereich. Die Spiegel zerflossen platschend hinter ihm zu Wasser. Er hetzte nach oben in den ersten Stock, ohne den Hauch einer Ahnung, wie viel Zeit ihm noch blieb. Er erreichte den Korridor, sah, dass Zabusa gerade im Begriff war, Kiba in das letzte Zimmer des Flures zu folgen, schlitterte an Kankurou und Hinata vorbei und in den Raum mit seinem Test.

Der Timer stand auf sechsundzwanzig Sekunden. Wo war die ganze Zeit hingekommen, verflucht? Aber er konnte es noch schaffen! Er stürzte zum Tresor und rief sich die Zahlen in Erinnerung. Sechs, vier, drei, acht. Gut, und los!

Die Hand schon auf dem Rad, mit dem der Code einzugeben war, stockte er kurz. Er hatte die Zahlen über zwei Spiegel gesehen, war die Reihenfolge noch korrekt? Sechs oder vier, was kam zuerst? Wenn die Sechs zur Acht hin offen gewesen war, dann die Sechs, oder? Oder? Hatte er sie nicht vielleicht im Geiste umgedreht und es war genau andersrum?

Seine Gedanken rasten, er konnte sich nicht konzentrieren. Verflucht, im Moment hätte er wahrscheinlich nicht mal das simpelste aller Jutsus ausführen können! Vier oder sechs? Vier oder sechs?

Das Grübeln brachte ihn zu keinem Ergebnis. Er musste einfach raten – und hoffen. Der Timer war bei zehn Sekunden. Er drehte das Rad, stellte eine Zahl ein, dann die zweite. Und jetzt das zweite Paar. Eben als er zum Rad greifen wollte, stutzte er ein zweites Mal. War das sicher eine Drei gewesen? Es konnte auch eine Acht sein, immerhin waren beide Zahlen ähnlich geschwungen … sechs und null waren ja auch schwer auseinanderzuhalten gewesen. Aber einmal drei, einmal acht … Er konnte sich nicht erinnern, dass er sich da abgemüht hätte. Und das kam ihm mit einem Mal seltsam vor.

Fünf Sekunden. Vier.

War das überhaupt eine Drei gewesen? Oder war die Acht falsch?

Drei.

Was war es nur gewesen? In all dem Stress traute er seinem Erinnerungsvermögen nicht!

Zwei.

Das war es! Die leuchtend rote Zwei auf dem Timer erinnerte ihn daran. Schnell packte er das Rad und stellte das letzte Zahlenpaar ein.

Ein heiseres Lachen entkam seiner Kehle, als ein metallisches Geräusch ertönte und der Safe entriegelt wurde. Das wäre beinahe schiefgegangen … so etwas Dummes! Wie im Traum zog er die stählerne Tür auf. Dahinter lag, wie versprochen, eine einsame, längliche Spritze, die ihm den Sieg in diesem Spiel zusicherte.

Oder aber Hinata rettete.

Er haderte einen Augenblick mit sich selbst, aber dann sprang er auf und rannte in den Flur zurück. „Hast du sie?“, rief Kankurou. Hinata warf unruhig den Kopf hin und her. Blut lief ihr mittlerweile auch aus der Nase und aus den Ohren.

„Was ist mit ihr?“, rief Haku.

„Keine Ahnung – sie hat plötzlich zu zappeln begonnen! Ich glaube, sie macht’s nicht mehr lange!“

Mit zittrigen Fingern schraubte Haku die Kappe von der Nadel. „Halt sie fest, ich spritz ihr das Zeug jetzt.“

Kankurou tat wie geheißen. Hinata bäumte sich auf, würgte und erbrach einen Schwall Blut. „Schnell!“

Haku griff nach Hinatas Arm, zog ihn zu sich. Eine neue Schwächewelle schwappte über ihm zusammen und kurz wurde ihm schwarz vor Augen. Seine Finger wollten ihm kaum gehorchen; als er die Spritze drehte, um Hinata das Mittel injizieren zu können, entglitt ihm das dämliche Plastikding. Fluchend bückte er sich danach, riss Hinatas Arm zu sich und …

Starrte plötzlich in Hinatas Augen, die direkt vor seinem Gesicht schwebten. Sie hatte schon vorher einen leeren Blick besessen, aber nun … war es anders. Eine andere, endgültige Form der Leere starrte ihm entgegen, durch ihn hindurch wie durch Gegenstände mit ihrem Byakugan. Die Krämpfe der jungen Frau hatten aufgehört. Ihr Kinn war mit blutigem Schleim bedeckt. An ihrem Arm fühlte er keinen Puls mehr.

„Nein.“ Er brach schluchzend vor ihr zusammen. „Nein!“ Sie hatten sie verloren.

 

Die Special Agents waren gerade dabei, den großen Stadtplan mit den roten Helikopterrouten zu studieren und mögliche Verstecke von Orochimaru zu markieren, als Konans Diensthandy klingelte. Sie meldete sich mit einer knappen Begrüßung, lauschte und bedankte sich mit einem „Gute Arbeit.“

„Was Neues zu unserem Fall?“, fragte Sasori.

„Allerdings. Das war das Techniker-Team. Sie haben auf Ihren Rat gehört und weitergemacht. Ganz am Ende des Bands sind sie auf eine intakte Stelle gestoßen. Orochimaru hat da bereits nichts mehr gesagt, aber man hat eine Kirchenglocke schlagen gehört – und ziemlich laut, angeblich.“

Sasoris legte den Kopf schief. „Es gibt acht Kirchen in der Stadt. Das könnte jede von denen gewesen sein. Und die Hubschrauber sind sicher auch an mehreren vorbeigekommen.“

„Das schon, aber der Techniker hat gesagt, man hat genau zwei Schläge gehört. Danach hat das Band noch gerauscht, aber es war nicht verzerrt – also war nach zwei Schlägen tatsächlich Stille.“

„Das bedeutet, das Band wurde um zwei Uhr bespielt“, schlussfolgerte Kisame und schien plötzlich vor neuer Energie zu strotzen. Seine Finger glitten auf dem Stadtplan auf und ab. „Dann brauchen wir nur die Helikopterflüge zu beachten, die gegen zwei Uhr stattgefunden haben!“

Ein Blick auf Konans Liste reichte, und sie zogen ein paar der Linien mit schwarzem Marker nach. „Also diese beiden Hubschrauber sind nahe an Orochimarus Werkstatt vorbeigeflogen, als er das Band besprochen hat“, stellte Sasori fest. Auch ihm tat es gut, aktiv kombinieren zu können.

Konan deutete auf die südliche schwarze Flugroute. Der Punkt für den Helikopterlandeort war mitten im Stadtpark – ein Rettungseinsatz im Grünen. „Der hier hat kurz nach zwei Uhr per Statusmeldung angegeben, am Einsatzort zu sein. Zur fraglichen Zeit war er also über oder im Park.“

„Unmöglich für Orochimaru, dort eine Werkstatt aufzumachen, würde ich sagen“, kommentierte Kisame.

„Ja, aber man könnte den Rotor auch noch hier gehört haben.“ Sasori tippte auf das Wohngebiet nördlich des Parks.

„Da ist aber kilometerweit keine Kirche, deren Glocken man hören könnte“, erwiderte Kisame.

„Dann war es also dieser Einsatz hier. Die Flugroute führt haarscharf an dieser Kirche da vorbei.“ Sasori klopfte auf den westlichen Teil der Karte. Das war ja fast schon zu einfach.

„Ein Polizeieinsatz mit Hubschrauber“, sagte Konan. „Irgendetwas wegen einem Drogenring.“

„Die Gegend kenne ich“, sagte Kisame plötzlich. „Ich war da erst kürzlich. Das meiste ist seit einem halben Jahr Baugrund. Es wurden ein paar Leute zwangsenteignet und einige Häuser niedergerissen. Bei dem Kommen und Gehen von Arbeitern und wechselnden Grundstückeigentümern kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass Orochimaru dort eine Werkstatt betreiben könnte, ohne gestört zu werden. Das da sind Bürohochhäuser und daneben gibt es noch zwei Behörden.“

„Wenn Orochimaru also nicht gerade ein großer Firmenchef ist oder staatliche Institutionen bestochen hat, kann er sich dort auch nur schwer verstecken“, meinte Konan.

„Würde ich auch sagen. Also wenn er sich in der Gegend aufhält, dann nur hier.“ Kisame malte einen schwarzen Kringel um zwei Häuserblocks, die selbst auf der Karte schüchtern wirkten neben ihren riesigen Nachbarn.

„Und was ist hier?“, fragte Sasori.

„Gewöhnliche Miethäuser. Altbauwohnungen. Sicher mit Keller.“

Sasori nickte. „Wir haben also nur noch acht oder neun Gebäude abzuklappern.“

Kisame grinste. „Das ist wesentlich schneller erledigt, als die ganze Stadt umzugraben. Wenn wir die Straße absperren, erwischen wir den Mistkerl vielleicht sogar in seiner eigenen Werkstatt. Und es ist nur ein paar Minuten von hier.“

Konan war bereits am Telefonieren. „Hier Special Agent Konan. Wir brauchen ein Eindringteam.“

 

Kiba hatte das letzte Zimmer in diesem Stockwerk ohne große Erwartungen betreten. Bisher hatte er nur eine verschlossene Tür, dann einen toten Mitspiele und eine Besenkammer entdeckt – er war also eher gespannt darauf, womit Orochimaru sie hier drin verarschen wollte.

Dann hatte er erkannt, was dies hier war. Nämlich eine Art Erste-Hilfe-Kammer – zumindest sah es ganz nach dem Krankenzimmer in dem Internat aus, in dem Kiba mal eingeschrieben war. Da war ein löchriger, blasser Vorhang, der ein Bett umgab. Es gab etliche Schränke und einen Schreibtisch, sogar eine Anatomiepuppe. An den Wänden hingen diverse anatomische Poster.

Eilig fegte Kiba den Vorhang zur Seite. Das Bett war leer. Er riss die Schubladen aus dem Nachtkästchen – nichts. Aber er würde verdammt nochmal nicht aufgeben! Wenn hier in diesem Haus die Rettung versteckt war, dann doch wohl in diesem Raum!

Als er in der Nähe des Bettes nichts fand, nahm er sich den Schreibtisch und die Schränke vor. Er förderte schmutzige Mullbinden zutage, Pflaster, leere, schmutzige Gläser, in denen sich wohl einst was Nützliches befunden hatte, sogar ein gruselig aussehendes, gezahntes Messer, das eher in eine Werkstatt zu gehören schien als in eine Arztkammer. Er stapelte alles auf dem Schreibtisch und machte auf der anderen Seite des Raums weiter.

Als er Zabusa plötzlich bei sich im Raum stehen sah, zuckte er kurz zusammen. Er hatte keine Ahnung, wann er reingekommen war und wie lange er ihn schon beobachtete. Dann beschloss er, auf cool zu machen. Der Söldner schuldete ihm immerhin was, und er wirkte, als wäre er noch ziemlich benommen. „Totaler Saustall hier“, sagte er. „Ich bin mir sicher, dass hier irgendwo was versteckt ist. Sonst hätte Orochimaru den Raum kaum so detailliert eingerichtet.“

Zabusa erwiderte nichts. Seine Habichtaugen wanderten ruhig wie frostige Winterluft durch das Zimmer und blieben auf der Anatomiepuppe hängen. „Was ist das?“, fragte er.

„Das Ding? So ‘n Anatomie-Dummy. Oder wie immer du dazu sagen willst. Findest du in jedem Schulkrankenzimmer. Gerade gruselig genug, um Kinder zu erschrecken.“

„Nein. Das hier.“ Zabusa zog stirnrunzelnd ein Teil aus der Puppe heraus. Den Magen, wenn Kiba sich nicht irrte. Mit schwarzem Stift hatte jemand ein großes X darauf gemalt, allerdings so dünn, dass Kiba es noch gar nicht gesehen hatte.

„Keine Ahnung.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich eine Markierung, damit man weiß, wie das Ding zusammengebaut gehört.“ Er wollte sich schon wieder dem Schrank zuwenden, doch sein Instinkt riet ihm, Zabusa nicht den Rücken zuzuwenden, und wenn Kiba eins gelernt hatte, dann, auf seinen Instinkt zu hören. Argwöhnisch sah er zu, wie der Söldner auf den Schreibtisch zutrat und den Plastikmagen zu dem ganzen Zeug darauf legte.

„Die Zahlen für den Safe sind nicht schwer zu finden. Sie alle haben sie verinnerlicht und müssen nur tief in sich gehen, um sie herauszufinden“, sagte Zabusa fast andächtig und streckte die Hand nach dem Messer aus, das Kiba zuvor achtlos auf die Tischplatte gelegt hatte. „Verstehe.“

Kiba brach der Schweiß aus, als der große Mann sich zu ihm umdrehte. Mit seinen Brandwunden und der riesigen Klinge in der Hand sah er fürchterlich aus. „Hey, Mann, was soll das? Mach keinen Scheiß!“

Zabusa machte drohend einen Schritt auf ihn zu. Das Messer blinkte kurz im Licht der Deckenlampe. Kiba taumelte rückwärts gegen den offenen Schrank, dass es polterte. Sein Atem ging stoßweise. „Was … was hast du vor, verdammt? Ich hab dich gerettet, Alter!“

„Nicht wirklich“, sagte Zabusa abfällig. „Das war ich selbst.“

Er stach so schnell zu, dass Kiba nur dank seiner Ninjareflexe der gezackten Klinge entkam. Zabusas linker Faust entkam er allerdings nicht. Sein Kopf wurde mit einem Krachen gegen den Schrank gedonnert, sodass er Sterne sah. Kiba legte die Finger aneinander, um ein Jutsu auszuführen, doch Zabusa packte brutal zu. Kiba brüllte auf, als er zwei seiner Finger brechen spürte, dann drückte plötzlich die Messerklinge gegen seine Kehle.

Zabusas Augen waren direkt vor seinen und so kalt wie eh und je. „Aber ich mach es kurz und schmerzlos“, knurrte der Söldner leise.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, diesmal ging es ja ordentlich zur Sache ... wir nähern uns dem Finale! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mia-chan9923
2016-10-12T22:38:52+00:00 13.10.2016 00:38
Ich finde du hast es mahl wieder sehr gut hinbekommen. Obwohl ich es ein bisschen schade und traurig fande, dass Hinata gestorben ist (weil sie auch mein Lieblings Charakter ist) aber sonst hab ich nix zu kritisieren oder zu meckern je nachdem wie du es haben möchtest. xD Lass dich nicht unter druck setzen oder so! Ich hab geduld mir macht das nix wen das Kapi mahl was länger braucht im Gegenteil ich weiß dan sogar, dass du dir besonders viel mühe gegeben hasst!!!

LG Mia-chan
Antwort von:  UrrSharrador
21.10.2016 13:25
Danke für deinen Kommi mal wieder :)


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