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Grün, grün, grün sind alle meine Kleider...

Grün, grün, grün ist alles was ich mag
von

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Kapitel 20

Verwirrt blickte Sigyn auf das kleine Kästchen welches auf ihrer Frisierkommode stand. Ein kleines, grünes Kästchen das da noch nie vorher gestanden hatte, nicht einmal so groß wie ihre Handfläche. Dunkelgrün mit einer hellgrünen Schleife drum herum.

„Hilda? Kannst du mir das hier erklären?…“, fragte sie verwirrt als sie sich setzte.

„Das wurde für Euch abgegeben, Herrin.“

„Warum habt Ihr es mir nicht gleich gegeben? Von wem ist das?“

„Das weiß ich nicht, Herrin. Ein Bediensteter hat es mir an der Tür überreicht mit der ausdrücklichen Bitte seines Herrn, es so zu platzieren, dass Ihr es unverzüglich sehen würdet, sollte es Euch aber nicht sofort überreichen.“

Sigyn sah ihre Zofe mit einer erhobenen Braue skeptisch an. „Und dieser Bediensteter hat dir nicht gesagt wer sein Herr ist?“

„Nein, Herrin… Wie wollt Ihr Eure Haare für heute Abend haben?“ Hilda trat näher heran, stellte sich hinter sie und nahm eine Bürste von der Kommode. Langsam begann sie das Haar zu bürsten, die weichen Borsten streichelten es und würden es so lange tun bis das Haar glänzte und seidig weich war.

„Hochgesteckt, vollkommen. Es ist so warm heute, ich möchte nichts im Nacken haben…“, sagte Sigyn während sie das Kästchen nahm. Sie hatte keine Idee wer ihr etwas schenken könnte und schon gar nicht was. Sie löste die Schleife, legte das Band dann auf die Kommode und nahm den Deckel der kleinen Schachtel fort. Ihre Augen wurden ganz groß, es fiel ihr schwer den Mund wieder zu schließen. Langsam legte sich ein Lächeln auf ihre Lippen als sie die Kette aus der Schachtel nahm und diese fortstellte.

„Das ist wunderschöne Kette, Herrin. Schlicht aber schön. Das Blau passt zu Euren Augen.“

„Ja…“, hauchte Sigyn. „Eine wirklich schöne Kette…“ Denn es war genau dieselbe Kette die sie am Tag zuvor auf dem Markt gesehen hatte. Sie blickte in den Spiegel vor sich, sah wie rot ihre Wangen geworden waren. Sie spürte wie ihr das Herz schneller schlug, wie warm ihr wurde, wie wieder dieses kribbelnde Gefühl sich ihr ausbreitete bei dem Gedanken, dass nur Loki es gewesen sein konnte. Nur er wusste, dass sie die Kette bewundert hatte, nur er konnte es gewesen sein der ihr das Kästchen hatte überbringen lassen. Dass er die Kette gekauft hatte… Sogleich legte sie sich die Kette um, sah weiterhin in den Spiegel und strich mit ihren Fingerspitzen über den Stein.

„Ob das ein Geschenk vom Prinzen ist?“

„Ja… vom Prinzen… gewiss vom Prinzen…“

„Seine königliche Majestät wird ja ganz aufmerksam was Euch anbelangt. Er scheint wirklich Gefallen an Euch zu finden.“

Sigyn seufzte leise. „Vielleicht…“ Sie wusste ja, dass sie nicht von ein und demselben Prinzen sprachen.
 

Er hielt den Stein gegen das Licht, drehte ihn langsam in seinen Fingern. Das Blau erinnerte ihn wirklich an ihre Augen, der bernsteinfarbene Fleck an ihr Haar. Die goldenen Flecken an ihr Lächeln, denn es strahlte ebenso sehr wie das Gold in der Sonne. Darüber würde sie sich gewiss freuen. Sie hatte diese Kette so fasziniert angeschaut… Er musste lächeln als er sich ihr Gesicht vorstellte wenn sie die Kette in der Hand halten würde. Wie ihre Augen sich weiten würden vor Überraschung, wie sie dann beginnen zu glänzen vor Freude, das Lächeln auf ihrem Gesicht… Alleine deswegen ist es wert, dachte er sich. Sachte legte er das Schmuckstück in ein kleines Schächtelchen. Er hatte nicht widerstehen können ein grünes zu nehmen. Er steckte den Deckel drauf und band es zu. Damit fertig läutete er nach einem Bediensteten. Als dieser eintrat erhob er sich und überreichte ihm das die kleine Schachtel. „Er soll das zu Lady Sigyn bringen. Übergebe Er das ihrer Zofe. Sie soll es ihr nicht direkt geben, sie soll es irgendwo platzieren wo sie es leicht finden kann, Frisierkommode oder dergleichen. Hat Er das verstanden?“

„Jawohl, königliche Majestät. Es soll der Zofe Lady Sigyns übergeben werden damit diese es in guter Sichtweite ihrer Herrin platziert.“

„Genau und jetzt geh Er.“

„Soll ich noch etwas ausrichten, königliche Majestät?“

„Nein, übergebe Er einfach das Kästchen.“

Der Bedienstete verneigte sich bevor er rückwärts den Raum verließ und die Tür schloss als er ging.

Kaum war dieser verschwunden war sich Loki nicht mehr ganz so sicher… Einerseits wollte er es ihr schenken. Sie hatte ihm etwas geschenkt, also wollte er auch ihr etwas schenken um es wieder gut zu machen. Und die Kette hatte ihr gefallen. Sehr sogar. Aber er wusste auch… Freunde schenkten sich nicht einfach so Schmuck… Eigentlich schenkten Freunde sich gar keinen Schmuck. Und eigentlich sollte er ihr auch keinen Schmuck schenken. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass sie wissen würde von wem das Schächtelchen kam. Schließlich war er der Einzige der von der Kette wusste, der gesehen hatte wie sie sich dafür interessierte. Sie hatte die Kette zwar bewundert, aber er wusste nicht wie sie darauf reagieren würde. Er wusste es wirklich nicht. Schmuck zu schenken war schließlich etwas vollkommen anderes als ein Buch. Er würde es wohl oder übel erst am Abend erfahren, vorher musste er damit leben, dass die Ungewissheit ihn quälte.

Die Ungewissheit hatte ein Ende als er sie eintreten sah in den Saal. Erleichterung ergriff ihn als er sah, dass sie die Kette trug, als sie ihm zulächelte. Er überging das nagende Gefühl, dass in ihm plötzlich anstieg als sie sich neben seinen Bruder setzte. Er tat es als albern ab, schließlich saß sie immer neben Thor. Die Missgunst, die in ihm aufstieg, war also vollkommen irrational und vor allem unbegründet. Er wusste ja, dass sie nicht hier war weil sein Bruder sich Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Es fiel ihm schwer die ganze Zeit über, auch während des Essens, sie nicht anzustarren. Vielleicht lag es nur daran, dass sie die Kette trug, das was er ihr geschenkt hatte. Vielleicht auch weil sie einfach zu umwerfend aussah an diesem Abend, weil sie förmlich strahlte. Wenn sie ihm zulächelte, wurde ihm ganz warm und er konnte nicht anders als auch ihr zuzulächeln.

Der Abend wurde lang, es dauerte nicht lange bis Musik gespielt wurde, bis man begann zu tanzen. Es war noch immer warm in dem Saal, nahezu alle Räume waren noch ganz aufgeheizt vom Tag. Er konnte sich nicht daran erinnern wann es das letzte Mal so warm hier gewesen war. Eine richtig festliche Stimmung kam auf, heute schien offensichtlich jeder gut gelaunt zu sein. Becher knallten auf die Tische, man sang, lachte und redete. Es wunderte ihn, dass Sigyn schon nach kurzer Zeit wieder Platz nahm, obwohl sie so gerne tanzte. Nun gut, sein Bruder war auch alles andere als ein guter Tänzer. Aber er sah ihr an, dass sie sich nicht wohlzufühlen schien. Sie war etwas blass geworden, atmete schwer und nippte nur ein wenig an ihrem Becher. Ihre ganze Haltung verriet wie angespannt sie war. Er sah sich kurz um, es schien wohl niemand anderes es zu bemerken. Langsam erhob er sich, ging um den Tisch herum auf sie zu und beugte sich zu ihr hinunter.

Sie musste sich auf die Zunge beißen und einen Schauer unterdrücken als sie seine flüsternde Stimme hörte, seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen blickte sie zu ihm auf, nickte sachte bevor sie ihre Hand auf seinen Arm legte und sich erhob. Sie stimmte sofort zu als er sie in die Gärten führen wollte, um ein wenig an der frischen Luft zu spazieren. Sobald sie im Freien waren tat sie einen tiefen Atemzug. Erst jetzt merkte sie wie warm und stickig es im Innern eigentlich war. Hier an der frischen Luft fühlte sie sich gleich besser.

„Vielen Dank.“

„Nichts zu danken. Ihr saht aus als würde ein wenig frische Luft Euch gut tun. Es ist wahrlich auch viel zu warm im Innern.“

„Ich meine die Kette.“, schmunzelte sie.

„Oh… das… nun… Sie gefiel Euch offensichtlich und… Ich dachte mir ich könnte Euch damit eine Freude bereiten.“ Er zuckte mit den Schultern, sah zur Seite weg.

„Das habt Ihr damit auch getan.“

„Sie sieht… auch wirklich wundervoll an Euch aus.“

„Danke.“

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her ehe er seine Stimme wieder erhob.

„Geht es Euch besser?“, fragte er freundlich.

„Ja, viel besser, vielen Dank.“, nickte sie und lächelte zu ihm hinauf.

Dieses Lächeln zauberte auch ihm eines auf das Gesicht. Über ihnen war es tiefste Nacht und die Sterne funkelten und glitzerten um die Wette. Von Weitem konnte man den Schimmer erkennen, den der Bifröst ausstrahlte. Auch hier draußen war es noch warm, aber weitaus angenehmer als drinnen. Die goldenen Wände sogen praktisch alle Sonne und Wärme auf, kein Wunder, dass die Räume alle wie aufgeheizt waren.

„Wollt Ihr Euch setzen?“, fragte er dann und deutete auf eine Bank.

Sie nickte sachte und raffte den Saum des Kleides, setzte sich. Während er sich neben sie setzte, strich sie die Falten aus ihrem Kleid.

„Es ist wirklich wunderschön hier. Solch eine Blumenpracht bekommt man nicht oft zu sehen. Ich bin jedes Mal darüber erstaunt.“

„Der Stolz meiner Mutter… Mein Vater hat hier nichts zu melden.“, lächelte er.

„Ich denke, der Stolz Eurer Mutter seid Ihr und Euer Bruder.“

Ihr Lächeln war so liebreizend, es ließ ihn aufseufzen. Im Licht des Mondes schimmerten ihre Augen richtig und es gefiel ihm wie sie den Garten bewunderte. Es gefiel ihm wie sie lächelte, wie ihre Augen funkelten, wie das Mondlicht ihre Haare heller schimmern ließ. Es gefiel ihm sogar, dass ihr Nacken völlig bloß war.

„Es ist faszinierend… wie viele Blumen es doch gibt. Wie unterschiedlich sie alle sind in Form, Farbe, Duft… Manche können heilen, andere tödlich sein… und dabei sind es… ´nur` Blumen.“

Als sie ihren Blick ihm wieder zuwandte hielt er ihr einen Zweig mit wunderschönen blauen bis violetten Blümchen hin.

„Ihr seid wahrlich ein Magier…“, lächelte sie und nahm den Zweig entgegen. „Die sind wunderschön.“

„Das ist die Belladonna.“, lächelte er. „Ich hatte Euch davon erzählt.“

„Ja, eine Tinktur aus der Belladonna hilft gegen Verbrennungen.“

„Genau. Die Blüten sind schön anzusehen… äußerlich kann sie heilen, aber nimmt man die Früchte zu sich, sind sie tödlich. Sie ist perfekt für Salben und Tinkturen. Aber wenn man sie schluckt in hohen Dosen ist sie giftig. Ein klein wenig ist ungefährlich, sie wirkt dann eher wie eine Droge.“

„Das etwas so schönes, so gefährlich sein kann…“

„Es gibt viel Schönes das einen töten kann.“

„Glaubt Ihr das etwa auch von mir?“, schmunzelte sie.

„Ihr seid schön, ohne Zweifel. Es hat hier vielleicht nicht viel zu bedeuten, es gibt hier viele schöne Frauen… aber… Ihr seid es auf eine besondere Art. Genauso wie diese Blume. So schön… dass sie einen in den Tod verführen kann.“

Sie lachte leise. „Seid unbesorgt, Loki, ich habe keineswegs vor Euch in den Tod zu führen.“

„Das ist beruhigend.“, lachte er.

„Das könnte ich niemals.“

Er hingegen wusste, dass es einige gab, die ihn gewiss liebend gerne tot sehen würden.

„Seid ihr Euch da so sicher?“

„So sicher war ich selten. Ihr habt mir erneut meinen Aufenthalt hier um ein vielfaches versüßt. Ich hätte mich zu Tode gelangweilt ohne Euch. Außerdem würde ich unsere Gespräche fürchterlich vermissen.“ Lächelnd legte sie ihre Hand auf seine.

Die Geste, das Gefühl ihrer Hand auf seiner, überrumpelte ihn dermaßen, dass er starr auf diese hinab sah. Ihre weiche, sanfte Hand auf der seinen. Die Wärme ihrer Hand auf seiner zu spüren. Noch nie hatten sich ihre Hände berührt, noch nie hatte ihre Hand auf seiner gelegen. Erst zu spät bemerkte er, dass sie sich zu ihm hinüber gebeugt hatte, zu späte schaute er auf und… und plötzlich lagen ihre Lippen auf den seinen.

Auf den warmen Lippen konnte er den Met schmecken, den sie vor wenigen Minuten noch getrunken hatte. Ihr Duft umhüllte ihn wie ein Kokon, ein Duft so süß und verführerisch… Er konnte noch immer nicht ganz beschreiben was es war… eine feine Nuance von Zimt, der Hauch von Haselnüssen… das war das Einzige, was er herausfiltern konnte. Düfte, die er nur noch mit ihr in Verbindung brachte. Zögerlich legte er seine freie Hand auf ihre Wange. Unter seiner Hand spürte er die Wärme ihrer Wange, die ein reizendes Rot annahm. Eine Wärme die ein angenehmes Prickeln auf seiner Haut verursachte. Erst als sie ihre Lippen von einander trennten, merkte er, dass er eigentlich noch Luft zum Atem benötige. Obwohl er sonst immer wusste was er zu sagen hatte, versagte seine silberne Zunge bei dem Blick in ihre Augen, den Anblick ihrer erröteten Wangen und dem zarten Rosa ihrer Lippen. Verlegen räusperte er sich, sprang auf und trat einen Schritt zurück, wandte den Blick ab, wandte ihr den Rücken zu.

„Verzeiht… Lady Sigyn… Es… ich sollte Euch wieder in das Innere begleiten…“ Er versuchte wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Versuchte die plötzliche Nervosität in sich zu unterdrücken. Das… das was eben geschehen war, war so surreal… Sie war doch nur eine Freundin… Freunde küssen sich doch nicht. Und dennoch fühlte er wie ihm das Herz plötzlich raste, wie das Atmen ihm schwer fiel, wie ihm heiß und kalt zugleich wurde. In seinem Kopf drehte sich alles. Träumte er wieder?

„W-warum? Es… ist doch angenehm hier draußen.“

Ihrem fragenden Blick wich er aus. Was hatte er eigentlich getan, so etwas gehörte sich einfach nicht! Er wusste was Anstand war und dies hier hatte gerade nichts mehr damit zu tun gehabt. Sie… sie war doch nur hier weil sie… für seinen Bruder in Frage kommt als Braut, für seinen Bruder! Wieso…

„Ich… will Euch in keine unangenehme Situation bringen, einer in der Familie sollte immerhin Anstand bewahren, man glaubt es kaum aber es gibt hier genügend für die solch ein Szenerie ein gefundenes Fressen ist um zu reden und ihr ahnt ja nicht wie spitz die Zungen am Hofe sein können und…“

Ehe er sich versah war sie aufgestanden und wurde er in seinem Redefluss gestoppt indem er erneut ihre Lippen auf seinen spürte. Dieses Mal mit mehr Druck und ihre Hände, die den Revers seiner Kleidung ergriffen und ihn zu sich hinunter gezogen hatten. Solch eine Impulsivität hätte er nicht von ihr erwartet, aber es gefiel ihm. Ein weiteres Mal verlor er sich in dem Kuss, konnte nicht anders als seine Augen zu schließen und die Hände auf ihren bloßen Schultern zu platzieren. Die Wärme ihres Körpers unter seinen Händen zu fühlen… er wollte mehr davon, soviel mehr. Aber… verdammt noch eins! Sie war hier weil sie als Braut für seinen Bruder in Frage käme! Außerdem war sie eine Freundin. Nur eine Freundin. Er… er konnte doch nicht… auch wenn sein Bruder manchmal seiner Meinung nach so etwas verdient hatte… aber… es wäre solch eine Verschwendung wenn sie wirklich… Thor hätte sie einfach nicht verdient, sie war viel mehr als ein hübsches Anhängsel, das man präsentieren konnte zu offiziellen Anlässen. Sie war klug, gebildet, hatte ihren eigenen Willen, verstand etwas von Magie! Sie schenkte ihm richtige Aufmerksamkeit, mit ihr konnte er diskutieren! Einfach reden! Sie hörte ihm zu! Vor allem hörte sie ihm zu…. Aber da war immer noch der Gedanke an seinen Bruder. Seine Eltern hatten sie hierher geladen weil Thor auf Brautschau war, nicht er. Aber… wie weich ihre Lippen waren, wie sanft ihre Haut sich unter seinen Fingern anfühlte, die Wärme die sie ausstrahlte, wie ihre Augen funkelten und erst ihr Lachen…

Plötzlich waren Schritte zu hören und dies ließ sie beide aufschrecken und auseinander treten. Eine Dienerin seiner Mutter trat um die Ecke und knickste als sie beide entdeckte. „Königliche Hoheit, Eure Mutter schickt mich, man vermisst Euch und die Lady auf dem Fest.“

„Soll Sie der Königin sagen, dass wir uns gleich zu ihr begeben.“, nickte der Prinz, räusperte sich leise.

Als die Dienerin verschwunden war wandte er sich wieder Sigyn zu, tat einen tiefen Atemzug.

„Lady Sigyn… wir sollten uns wieder in das Innere begeben.“

Sachte nickte sie. „Das sollten wir wohl.“ Und sie hakte sich bei ihm unter als er ihr seinen Arm anbot.

Er sollte so schnell wie möglich vergessen was eben geschehen war, sicherlich hatte sie nur einen Becher Met zu viel gehabt, das Getränk hatte ihr den Verstand umnebelt. Sie würde es bereuen wenn sie wieder bei klarem Verstand war. Aber ihre Hand auf seinem Unterarm zu spüren erschwerte ihm sein Vorhaben.

Wieder im Festsaal angelangt, sah er schon von Weitem seine Mutter mit seinem Bruder zusammen stehen.

„Da seid ihr ja wieder.“, lächelte Frigga. „Schön euch wieder hier zu haben. Geht es Euch wieder besser?“, fragte sie Sigyn.

„Vielen Dank, Majestät. Mir geht es wieder ausgezeichnet, der Met war nur ein wenig zu viel für mich.“, lächelte Sigyn entschuldigend und knickste vor der Königin.

Wie er gedachte hatte, nur ein wenig zu viel Met. Irgendwie enttäuschte der Gedanke ihn sogar und das Gefühl mochte er nicht.

„Wunderbar.“, lächelte die Königin.

„Ich habe schon angefangen Euch zu vermissen.“, lächelte Thor. „Lust auf ein Tänzchen?“

„Sehr gerne.“, lächelte Sigyn, löste sich von Loki und legte ihre Hand in die von Thor.

Loki und Frigga sahen ihnen beide nach wie sie die Tanzfläche betraten.

„Ich muss dir danken, mein Sohn. All seine Fehler weißt du sie vergessen zu lassen.“, lächelte sie. „Und dein Bruder scheint wirklich Interesse zu haben. Vielleicht hast du ja bald eine Schwägerin.“

Ein Diener brachte ihm einen Becher Met, den er entgegen nahm. Erst nachdem er einen Schluck zu sich genommen hatte, antwortete er. „Ja… vielleicht… zumindest hat sie ihn bis jetzt noch nicht verflucht.“ Seine Augen fixierten die zwei, wie sie tanzten, wie die Hand seines Bruders auf ihrer Taille lag, die ihre auf seiner Schulter und wie sie sich nahe waren, obwohl sie sich beide erst eben noch so nahe waren… Er spürte einen Stich in seiner Brust und wusste, dass es der Stachel der Eifersucht war, der sich in sein Herz bohrte. Immer tiefer, je länger er den beiden zusah. Eifersucht auf seinen Bruder, wegen dieser Frau. Er konnte den Anblick nicht allzu lange ertragen und wandte den Blick ab, nahm einen großen Schluck zu sich. „Verzeih, Mutter, aber ich habe noch einiges zu tun. Wenn du mich entschuldigst?“ Er deutete eine Verbeugung an und drehte ihr den Rücken zu, verließ den Festsaal. Ihm gefiel das Gefühl nicht das er hatte, das versuchte sein Herz zu vergiften. Wenn sie sich für Thor entschied, dann war es so, da konnte man nichts anderes erzwingen. Und deshalb war sie ja auch hier oder? Und seinem Bruder sollte er das Glück aller neun Welten wünschen, gerade in solch einer Angelegenheit. Aber… wenn er eifersüchtig war… entschieden schüttelte er den Gedanken von sich. Sie war eine Freundin. Liebe… was war das schon… das war im Grunde ein rein chemischer Prozess in dem allerlei körpereigene Stoffe involviert waren. Da war nichts Mystisches, nichts Magisches, nichts Romantisches. Das hatte nichts mit Schicksal oder dergleichen zu tun. Aber… der Kuss hatte sich so gut angefühlt… so richtig, so… erleichternd. Keine anderen Lippen je zuvor haben sich so gut an seinen gefühlt, so perfekt als… wären sie für die seinen geschaffen worden.

Sie war nicht die erste Frau in seinem Leben, bei Weitem nicht. Er war zwar in dieser Angelegenheit nicht wie sein Bruder, aber auch er war ein Prinz und das war für genügend Frauen reizvoll genug. Meist genügte ein Lächeln oder eine kleine Geste und die betreffende Dame wusste wann sie sich in seinen Zimmern einzufinden hatte. Es war relativ leicht als Prinz. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass Thor jemals eine ernsthafte Beziehung hatte oder eine so tiefe Ehe wie ihre Eltern, das Gleiche galt auch für seine eigene Person. Der Gedanke wirkte irgendwie… abstrus und erschreckend zugleich. An jemanden ewig gebunden zu sein, jemanden mit dem man den Rest seines Lebens verbringen würde und das war bei ihnen nun einmal bis zur Ragnarök, also eine sehr, sehr lange Zeit. Der Gedanke konnte durchaus erschreckend auf einen jungen Mann wirken. Ob Thor sich tatsächlich dazu überwunden hatte dieser Pflicht nachzukommen? Und ob er sich wirklich für Sigyn entschieden hatte? Das hätte er ihm sicherlich erzählt. Selten konnte er etwas für sich behalten. Aber… er sieht sie länger und öfter als die anderen Frauen in seinem bisherigen Leben, sie war nun schon zum zweiten Mal Gast in Gladsheim und vor allem wusste er noch ihren Namen. Alleine diese Tatsachen ließen in ihm den Verdacht aufkommen und die Eifersucht keimen. Eifersucht die völlig irrational war, vollkommen unsinnig. Warum sollte er auch eifersüchtig sein? Eifersüchtig war man nur wenn man etwas begehrte, etwas… ´liebte`. Wann hätte das passieren sollen? Während ihren Gesprächen? Den Spaziergängen? Als er ihr die Magie näher brachte? Und vor allem, warum sollte er…

Ohne jede Frage war sie eine Schönheit. Aber das waren hier viele Frauen. Das war also nichts Besonderes. Auch die klaren blauen Augen waren hier keine Seltenheit. Sie waren tief wie die Meere, verrieten wie klug und aufgeweckt sie war, wie wissbegierig. Und… sie bekamen ein strahlendes Funkeln wenn sie etwas bewunderte. Ihre Locken mussten sich wie Seide anfühlen, goldbraun wie Honig… mit dem süßen Duft von Zimt und Haselnüssen… Wie der Duft ihrer Haare ihn umgarnt hatte… wie weich und zart ihre Lippen waren… wie warm ihre Haut… Er schüttelte den Gedanken fort an das Geschehen vor wenigen Minuten. Sie hatte nur zu viel Met getrunken gehabt. Sie war nicht mehr Herr ihrer Sinne gewesen. Man küsste bei klarem Verstand keine Freunde. Sonst hätte sie sich nie dazu hinreißen lassen. Sie war zu intelligent um so etwas bei klarem Verstand zu tun. Wenn er nur daran dachte wie angeregt sie sich unterhalten konnten, miteinander diskutierten, wie sie seine Arbeiten bewundert hatte… Sie verstand etwas davon! Es faszinierte sie! Wenn er daran dachte wie sein Vater ihn manchmal in seinem Eifer und Drang bremste, als solle er gar nicht weiter forschen, als solle er nicht weiter in der Magie vordringen.

Lediglich ihr hübsches Antlitz wäre für seinen Bruder reizend, der Rest würde ihn langweilen und er wusste ihre Meinung über Thor. Sie folgte den Einladungen nur weil er der Kronprinz war und es auf Anlass des Königs geschah. Nicht weil sie seinen Bruder unheimlich ansprechend fand. Sie hatten nichts gemeinsam. Es wäre eine reine Verschwendung an seinen Bruder sollte sie wirklich… er wollte gar nicht weiter denken in die Richtung, das schon wieder bei dem bloßen Gedanken das nagende Gefühl in ihm hoch kam und er erwischte sich selbst dabei, wie er daran dachte was sie und Thor wohl gerade taten.

Wütend auf sich selbst trank er den Becher leer und warf diesen zu Boden. Es war nur ein Kuss, ein vermaledeiter Kuss! Das war bei Weitem nicht sein erster! Warum also… ob sie selbst mehr von der Zauberkunst beherrschte als sie zugab? Ob er selbst einem Zauber erlegen war…? Nein, er hatte gesehen wozu sie im Stande war. In der Zauberkunst machte sie sich hervorragend, aber sie hatte noch keine Ahnung von Tränken. Außerdem waren das schwere und komplizierte Zauber, dazu war sie noch nicht in der Lage. Er wollte sich nicht eingestehen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte, dass der Kuss in ihm mehr ausgelöst hatte als wohl gut wäre und ihn an seinen Traum erinnerte. Dass er offensichtlich doch mehr wollte als nur Freundschaft.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rubyca
2013-11-23T22:45:45+00:00 23.11.2013 23:45
Und da wären wir wieder beim Thema... Freunden schenkt man nicht einfach so Schmuck. Du hast Sigyn Schmuck geschenkt... Ergo?? xD
Na aber Odin sei Dank hat sie die Initiative ergriffen! ^^


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