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Schneestürme aus der Hölle

ehemals 'Sie können dich zerbrechen'
von

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Mein großer Scharlatan

Fortführung zur abgeschlossenen Geschichte ‚Wettschulden‘
 

Das geistert mir nun schon seit Abschluss der FF durch den Kopf, ich möchte anknüpfen, wo ‚Wettschulden‘ endet, wobei es nicht von Nöten ist, es vorher gelesen zu haben.
 

Viel Spaß :)
 

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Schweiß, abgestandene Luft, das Rascheln vom Bettbezug, eine fremde Stimme im Ohr.

Das waren die Faktoren, die Raphael bevorzugt in seinem Schlafzimmer vorzufinden gedachte und unter denen er sich im Moment verausgabte. Das leichte Gewicht auf seinem Schoß machte es ihm nur noch einfacher, Herr über die Lage zu werden, zu bestimmen und seinen Willen durchzusetzen. Die mangelnde Erfahrung von besagtem Gewicht erleichterte es hierbei ungemein, denn trotz des zierlichen Körpers war Michael nicht dafür bekannt, einfach über sich entscheiden zu lassen.
 

Bedingungslos gehorsam war er ohnehin nicht, immer wieder grub Raphael die Hände in den schlanken Rücken des Rothaarigen und zog ihn fest an sich heran, wenn dieser wieder mit dem Oberkörper nach hinten auswich. Dabei schaute er in diese ihn so faszinierenden Augen, welche ihn trotz immer näher rückender Ekstase mit der gleichen Härte betrachteten, die immer in ihnen lagen. Er schien ihn fast schon zu beobachten, immer wieder huschten die Pupillen über die Gesichtszüge des Blonden, welcher sich noch ein Lächeln abzwang, dann wieder gegen Michaels Rücken drückte und ihn fest an die eigene Brust holte.
 

Einmal hatte er bisher den Fehler gemacht und ihm gesagt, dass er nicht so böse schauen sollte; zumindest nicht in solch einem Moment. Er hatte es sogar mit einem Lächeln getan, ein liebevoller Tonfall. Dass es ein Fehler war, zeigte sich deutlich an dem Schmerz, den Michaels Schlag im Gesicht des Heilers verursacht hatte, ehe er wütend an dessen Haaren gerissen hatte. Da ertrug er lieber dieses Misstrauen in den goldgelben Augen; auch, wenn es ihm beinahe das Herz zerriss.
 

„Mika-Ch…“

„Sprich das aus und ich reiße dir lebenswichtige Körperteile ab!“, zischte es vor seinem Gesicht, woraufhin Raphael prompt den Mund schloss, damit dieser Kosename nicht doch noch herausrutschte. Nicht lange, da öffnete er die Lippen wieder einen Spalt weit, um ein Stöhnen in den Raum zu setzen. „Michael…“, korrigierte er den beinahe begangenen Fehler noch ein letztes Mal. Eine Hand grub sich in das zottelige Haar des Kleineren, dessen Kopf er zu einem Kuss an sich heranzog. Hauptsache, er musste diesen Blick nicht mehr ertragen.
 

Wenig später angelte er wieder nach den schmalen Lippen des Feuerengels, kreuzte die Hände auf seinem Rücken und ließ sich zusammen mit ihm zurück auf die Matratze sinken. Schwer atmend löste er sich von ihm, fuhr mit einer Hand noch einmal über die angenehm weiche Haut des Rückens, ehe er sich dann doch eine der im Gesicht klebenden, blonden Strähnen von der eigenen Wange löste. Das Gewicht verschwand von seinem Schoß, verlagerte sich neben ihn auf das Bett und zog sich die Decke heran, legte sich diese bis auf den Bauch.
 

Die Augen Raphaels glitten über den Körper neben sich, machten nun genau das, was er vorhin noch als so befremdlich empfunden hatte: Beobachten. Das rote Haar stand wirr in alle Richtungen ab; an und für sich kein großer Unterschied zu sonst, doch der Blonde wusste es besser: Als Michael bei ihm aufgeschlagen war, hatte er sich Gel in die Zotteln gemischt, von der Igelfrisur war allerdings nichts mehr übrig. Das lag zum größten Teil wohl an den Händen Michaels, die er sich immer wieder selbst auf das Haar gelegt und an diesem gezogen hatte, um ein zu lautes Stöhnen zu unterdrücken. Der Engel des Feuers drehte sich auf den Bauch, die Decke lag gerade noch über dem Po, den Kopf bettete er halb auf dem Arm, war doch von der Nase an nichts mehr vom Gesicht zu erkennen.

Die Feuchtigkeit auf seiner Haut hatte sich etwas verzogen, noch atmete er schwerer als gewohnt.

Und er schaute Raphael an.
 

„Was glotzt du?“

„Ah, wo ist dein Sinn für Romantik, Mika-Chan?“ Ein süffisantes Lächeln von Raphael.

„Schnauze“, grollte es von weiter unten, dann wandte der Rotschopf ihm doch den Rücken zu.
 

Sinn für Romantik? Wenn er einen Draht für solchen Humor haben würde, könnte Michael nun lachen, doch er tat es nicht. Seit einiger Zeit schon sahen sie sich immer mal wieder, um eben nur miteinander zu schlafen; das hatte nichts zu bedeuten, bis auf ihre ihn teilweise wirklich entnervende Freundschaft war da nichts, was ihn an den blonden Schleimerling band. Immer musste er seine gute Laune zerstören! Oder zumindest war sie nach dem Sex relativ neutral, das genügte ihm ja schon. Eigentlich war es auch so wie es lief perfekt. Schlechte Laune? Auf zu Raphael, sich mit diesem über seine viel zu kurze Leitung streiten, wütend ausziehen, nackt sein, Sex haben, schlafen, gehen. Das oft leider nicht ausbleibende Gequatschte…

„Was möchtest du morgen frühstücken, Mika-Chan?“

…nervte ihn einfach nur!
 

„Halt doch mal die Klappe! Nichts, ich will pennen und dann hau ich ab!“

Er hatte sich wieder zu ihm herumgedreht, doch nur um sich demonstrativ die Decke über den Kopf zu ziehen. Neben ihm ein tadelndes Geräusch des Amüsements. „Ein gesundes Frühstück ist das A und O für einen erfolgreichen Tag und gerade du als Zappelheini brauchst genug Energie, um diesen zu überstehen.“ Wobei… wenn Raphael sich das genau überlegte… Michael mit weniger Energie… „Selbstverständlich bist du alt genug, um das selbst zu entscheiden“, schloss er das Thema schnell ab, knipste dann endlich die Lampe aus.
 

Später in der Nacht öffnete Raphael kurzweilig die Augen, da sich etwas Warmes an seinen Körper geschoben hatte; ganz leicht, kaum zu bemerken. Irritiert tastete er herab, fühlte deutlich einen Körper an sich gedrückt liegen. Das war neu und wenn er ehrlich sein sollte, ängstigte ihn diese unschuldige Nähe zu Michael ein Stück weit. Wenn dieser plötzlich aufwachte und die Situation mit seiner oftmals zu oberflächlichen Logik falsch deutete, würde der Blonde in ernsthafte Bedrängnis geraten.
 

Ganz langsam schob er an dem leichten Körper; bloß nicht aufwecken, aber bitte etwas mehr Distanz zu ihnen. Klar, er konnte hoffen, vor Michael aufzuwachen… aber das war leider nahezu utopisch, denn wenn er sich trotz der frühen Termine im Krankenhaus endlich mal bequemte aufzustehen, zog sich der Rothaarige oft schon die Schuhe an oder war längst verschwunden. „Mika-Chan… sei nicht so stur“, flüsterte er dem Schlafenden zu, hob sanft dessen Oberkörper an und bettete ihn im Arm, damit er ihn möglichst ohne viel Bewegung auf die andere Seite des wahrlich riesigen Bettes ablegen konnte. Ein leises Grollen, bei dem der Windengel erstarrte, doch nichts weiter von Michaels Seite. Das schwache Licht im Zimmer – eine Schale mit tanzender Flamme, was allein Michaels Wohlbefinden wegen aufgestellt war, denn in vollkommener Dunkelheit würde er nicht schlafen – tauchte die Züge des Rotschopfes in tiefe Schatten, kaum eine Kontur war wirklich klar zu definieren. Zumal beruhigt es auf eine irritierende Art und Weise schoss es Raphael durch den Kopf, als er noch einmal einen Blick auf das Feuer an der Wand warf. Das - oder der - in seinem Arm Liegende war ja für das Gegenteil bekannt.
 

Obwohl… jetzt gerade wirkte sein kleiner Kumpane so brav und anschmiegsam, als könne er keiner Fliege was zu Leide tun. Dass es ganz anders war, würden ihm jedoch so ziemlich alle Engel dies- und jenseits der zweiten Schale bestätigen können. Mit einem Lächeln auf dem müden Gesicht legte er Michaels Oberkörper wieder auf die Matratze ab, schob dessen Beine nach und deckte ihn wieder zu. Wirklich viel Platz war nicht zwischen sie gekommen, er würde ihn mit ausgestrecktem Arm vermutlich noch immer erreichen. Trotzdem fühlte Raphael sich so besser, legte sich wieder auf seinen Platz – die Bettkante, um genau zu sein denn trotz der erschlagenden Masse des Bettes hatte man ihn im Laufe der Nacht mit einigen argumentativ schlagfertigen Tritten dorthin befördert.
 

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Wie erwartet wachte Raphael alleine auf, riskierte trotzdem einen genaueren Blick auf die Seite. Leer, niemand mehr da. Das war ganz gut so, er hatte schon vor langer Zeit die Erfahrung gemacht, dass neben Michael aufzuwachen wirklich kein schöner Morgen war; nicht am Waschtag. Nicht am Tag einer Ratssitzung. Nicht am Tage eines Gottesdienstes… am besten gar nicht. Zwar hatten sie aus anderen Gründen in einem Bett gelegen, doch trotzdem war das stets so sonnige Gemüt des Feuerengels eine wahrliche Herausforderung für jeden Morgenmuffel wie auch Raphael einer sein konnte. Eigene schlechte Laune hatte da keine Chance. Armer Uriel, ihn hatte es am Schlimmsten erwischt…
 

Im Gegensatz zu ihm hatte Michael sich nicht den Luxus gestattet, seinen Körper noch länger in einem weichen Bett zu verlagern, da er sich unbedingt waschen musste. An sich schon traurig genug, dass ihn ausgerechnet dieses Bedürfnis den Heimweg antreten ließ, doch noch weniger als das Wasser mochte er die fremden Körperflüssigkeiten auf seiner Haut. Schweiß und weitere Ausscheidungen, die beim Akt nun einmal nicht ausblieben. Natürlich war er nicht die gepflegteste Person; das ließ sich schlichtweg nicht bewerkstelligen, wenn man sich Woche um Woche auf einem Schlachtfeld verausgabte. Zumal schützte ihn eine dezente Schicht aus Schmutz und besten Falles noch Blut vor lästigen Krankheitserregern. Ja, das war die Logik des Feuerengels, Dreck schützte vor Bakterien. Wer nahm ihn schon ernst, wenn er sich permanent ein Taschentuch unter die Nase hielt?
 

„Michael-Sama?“ Die Stimme ließ den Rotschopf aufhorchen, doch auf die Gesellschaft eines Offiziers hatte er nun wirklich keine Lust; mit den neuen Plänen bezüglich der Gebiete, in denen die Schalen ineinander gekracht waren, konnte er sich auch später auseinandersetzen. Wenn er nicht mehr nach Raphaels schrecklich aufdringlichem Parfüm duftete zum Beispiel. In sein Badezimmer würden sie ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Feuerengels sowieso nicht eintreten und so schöpfte er sich im Wasser stehend etwas von dem nassen Element in die Hände, wusch sich die Gewissheit ab, sich in irgendeiner Weise zu verändern. Äußerlich nicht, aber er fühlte sich anders als sonst. Zum Glück konnte er jedoch bestimmen, dass sich nicht plötzlich irgendwelche Gefühle für Raphael aufbauten, die er nicht gebrauchen konnte, doch trotzdem war etwas anders. Fremd. „Ach scheiß drauf… Wird Zeit für eine Jagd“, murrte er und der Gedanke an Kampf und Zerstörung erheiterte ihn schon wieder etwas. Er war eben so, der Engel des Krieges.
 

Dass Michael sich in den Kampf gestürzt hatte, dachte Raphael sich nach spätestens drei Wochen ohne jegliches Lebenszeichen vom Rothaarigen, doch dass er ihn weitere vier Wochen später ausgerechnet so vorfinden musste, brach ihm fast das Herz.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  The_Onliest
2012-01-03T22:06:30+00:00 03.01.2012 23:06
Ich habe mich heute gefragt, ob ich eine Fortsetzung zu deiner Geschichte finden würde und war schon recht erstaunt, als ich sie soeben tatsächlich entdeckt habe.

Was kann man groß dazu schreiben? Man merkt schon anhand der Beschreibung, dass es wohl eine längere und ich formuliere es mal so, "breitere" Geschichte wird, als der Vorgänger, aber ich will mich nicht festlegen, denn der erste Eindruck kann ja täuschen.

Es ist schön, zu sehen, dass Alles beim Alten geblieben ist und sich Michael nicht wirklich verändert hat, jedoch verwirrt mich das Ende am bisschen. Ist Michael etwas zugestoßen?
Wenn ja, dann frage ich mich natürlich, was passiert ist, um ihn so zu schaden. Ich meine, Michael ist ein ziemlich mächtiger Engel, den man nicht leicht unterkriegt.

Puh, ich kann bislang nichts an deiner Story aussetzen. Du hast einen schönen Schreibstil, der zu den Charakteren passt und sie richtig gut in Szene setzt. Die Geschichte scheint ebenfalls Potenzial zu haben, also warte ich mal ab, was kommt und bleibe gespannt.
Fehler habe ich auch nicht entdecken können, aber ich muss zugeben, nicht allzu genau darauf geachtet zu haben.

LG,
The_Onliest


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