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Rainbow Alliance

The last Gods on Earth
von

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Kapitel 0

Unter der heißen Sonne Griechenlands herrschte die zähe Mittagsflaute, kein Lüftchen ging und kein Mensch war so leichtsinnig, bei diesen Temperaturen draußen noch unterwegs zu sein. Das Meer lag nicht weit entfernt, doch Abkühlung brachte es nicht. Die Gluthitze ließ alles verdorren, was an Pflanzen noch wuchs. Das einzige Tier, das man erspähen konnte, war ein Salamander, der die glatte, weiße Säule eines Tempelgebäudes emporkletterte und oben verharrte. Er starrte in die Ferne, wo sich auf einem Hügel ein kleiner Wald erstreckte. Dort bewegte sich etwas das sein Interesse geweckt hatte.
 

Dort rannte eine Gruppe von sechs Mädchen zwischen den knorrigen Bäumen, die eine schattige Oase in der heißen Sonne bildeten. Die alten Olivenbäume ließen nur fleckenweise das Licht hindurch, sodass der felsige Boden wie marmoriert aussah.

Der kantige Schotter, der den Waldboden bedeckte, schepperte laut unter den Sohlen der Mädchen, sie alle trugen Sandalen und einfache, weiße Kleider. Die prächtigen Kleider, die kunstvoll um ihre Körper gewickelt gewesen waren, hatten sie auf ihrer Flucht längst verloren, ohne sie kamen sie schneller voran. Zu Beginn der Flucht waren sie zu siebt gewesen, doch eine hatten sie bereits verloren. Aber nachtrauern konnte ihr niemand.
 

"Ich kann nicht mehr... es ist vorbei." Eines der sechs Mädchen stützte sich mit einem zitternden Arm an einem Eukalyptusbaum ab. Die Füße taten ihr weh, und in ihrem Kopf hörte sie ein hektisches Klopfen, es waren die ersten Anzeichen einer Überhitzung.

Ein anderes, hochgewachsenes Mädchen stellte sich vor sie und ging leicht in die Hocke.

"Komm." Sie deutete ihr an, sie auf dem Rücken tragen zu wollen. Nach kurzem Zögern stieg die Geschwächte auf, während die anderen Mädchen, die noch mehr Kraft besaßen, ungeduldig von einem Fuß auf den anderen traten. Ihnen allen lief der Schweiß über das Gesicht.
 

Dann rannten sie weiter durch den Wald mit seinen geduckten Bäumen, bis sie die Spitze des Hügels erreicht hatten. Von dort oben konnte man das türkisblaue Meer sehen, und endlich wehte ihnen der Wind entgegen. Doch es war nur eine kurze Illusion von Abkühlung. Die Brise war unerträglich heiß.

Die sechs Mädchen ließen sich auf den Boden sinken und verschnauften. Keine von ihnen wusste, wie lange sie nun schon auf diesem Höllenmarsch durch die Mittagshitze waren.

Eine von ihnen stand auf und ging nach vorne an den Abgrund, wo sie den besten Blick über das Gelände hatte. Aber dort war nichts zu sehen, was ihnen Schutz bieten konnte. Diese Gegend war nicht von Menschen bewohnt, die letzte Siedlung hatten sie vor einer Ewigkeit hinter sich gelassen. Sie schien resigniert zu haben und ließ die Schultern hängen.

"Das ist doch nur Schikane! Wir hatten eigentlich nie eine Chance zu fliehen."

Eine andere stellte sich neben sie und lachte schallend, sie legte ihr eine Hand auf die Schulter und kam aus ihrem hysterischen Lachanfall kaum heraus. Während bei den anderen Mädchen betretenes Schweigen herrschte, das nur von erschöpften Atemgeräuschen und dem unendlichen Singsang der Zikaden durchbrochen wurde.
 

Plötzlich raschelte es in den Bäumen. Eine Hundertschar von Vögeln schoss in die Luft und verstreute sich unter lautem Kreischen in alle Himmelsrichtungen.

"Er kommt."
 

Das erste Mädchen, das vorne an der Klippe stand, suchte hektisch eine Stelle, an der man halbwegs unbeschadet hinuntergelangen konnte. Als sie endlich eine gefunden hatte, zögerte sie nicht und rutschte den Abhang hinunter. Die anderen folgten ihr. Sie stolperten und fielen, doch alle rappelten sich schnell wieder auf. Als letztes rutschte die Gruppe aus drei Mädchen hinunter, die Geschwächte unter ihnen musste nun wieder selber laufen. Doch auch sie schaffte es mit einigen Kratzern und Blessuren nach unten. In der Hälfte des Abhangs begann ein Weinberg, und der Untergrund mit den spitzen Steinen verwandelte sich in weiche Erde. Sogar einige Blumen wuchsen hier still im Schatten der Reben.
 

Die drei schnelleren Mädchen rannten durch die Weinstöcke, bis sie so weit entfernt waren, dass man sie nicht mehr sehen konnte. Das langsamere Dreiergespann blieb gleich am Anfang an einem Weinstock stehen, an dem dicke, rote Trauben die Zweige bogen.

"Wir müssen los!" Das zarte Mädchen der Gruppe wollte die beiden anderen weiterziehen, doch die, die zuvor auf dem Rücken des großen Mädchens getragen worden war, ließ sich ins Gras sinken, während die Große nervös in alle Richtungen schaute.
 

"Ja, ich komme." Sie holte tief Luft und kam wieder auf die Beine. Als die beiden anderen losrannten, tat sie so, als ob sie ihnen folgen würde. Doch dann tauchte sie hinter einem Weinstock unter und wechselte auf die andere Seite des Weges, wo sie unter einem Ginsterbusch hocken blieb. Verzweifelt presste sie sich in das Gestrüpp. Trotz eingeschränkter Sicht konnte sie erkennen, wie ihre Freundinnen sich immer weiter entfernten, und sie atmete durch. Ihr Körper war einfach zu ausgelaugt, und sie wollte nicht die Fußfessel der Gruppe werden. Als sie aber sah, wie ihre Freundinnen vollständig hinter den traubenschweren Weinstöcken verschwanden, quollen ihr die Tränen aus den Augen. Sie weinte vor Wut und Verzweiflung und schluchzte, dann legte sie ihr Gesicht auf den geschundenen Knien ab. Ihre Sandalen lösten sich langsam von den Füßen, auch sie hatten unter dem unmenschlichen Marsch gelitten.
 

Plötzlich sah sie auf dem Weg direkt neben sich einen Mann herannahen. Sie hielt die Luft an und presste sich noch enger in den stacheligen Busch. Der Mann ging langsam und selbstsicher. Das Mädchen verfolgte seine Schritte mit aufgerissenen Augen. Sie wusste, wer er war.
 

"Das Spiel ist jetzt vorbei." Er klang unendlich ruhig und gelassen. Fast schien es, als säße ihm der Schalk im Nacken. Das Mädchen im Gebüsch spürte, wie sämtliches Blut aus ihrem Gesicht verschwand und sie kreideweiß wurde.

Alle Tiere, ob nun Insekten, Schlangen oder Vögel, ergriffen die Flucht, und wollte nur weg vom Geschehen. Ameisen strömten aus ihren unterirdischen Höhlen und krabbelten dem Mädchen eilig über die Füße, und eine gelbe Sandviper schlüpfte unter ihren Beinen hindurch und schlängelte hastig über den heißen Boden.
 

Mit einem Mal riss der Mann die Hand empor und ballte sie in der Luft zu einer Faust. Im selben Moment wurde beinahe der gesamte Weinberg gesprengt, und alles ging in Flammen auf. Nur dort, wo der Mann stand und wo das Mädchen im Busch saß, blieb die Landschaft verschont. Ohne Vorwarnung wurden die anderen Mädchen, die über den Weinberg verstreut waren, von einer unmenschlichen Kraft in den Himmel gerissen. Die beiden Mädchen, die nicht bemerkt hatten, wie ihre Freundin verlorengegangen war, hielten sich an den Händen, wurden aber durch die unbekannte Kraft wieder getrennt. Nun schwebten alle fünf hoch am Himmel, und die Todesangst war ihnen in die Gesichter geschrieben. Rauchschwaden zogen über dem Gelände, und die Hitze wurde noch lebensfeindlicher. Selbst der Himmel färbte sich schwarz, während gleißende Blitze ihn durchzuckten. Die gesamte Luft schien wie aufgeladen zu sein.

Das Mädchen im Busch hielt sich Mund und Nase zu, es war unerträglich, jetzt nicht husten zu können. Aber irgendwie schaffte sie es.

"Ihr hattet eure Chance, doch die habt ihr vertan! Für Verräter habe ich nur eine Antwort: ich werde euch in den Tartaros werfen!"
 

Die Flammen, die den Weinberg in Asche verwandelt hatten, züngelten noch vor sich hin, doch das Futter ging ihnen langsam aus, und sie wurden immer kleiner. Die Blitze hingegen zischten immer noch mit voller Kraft vom Himmel und das Mädchen im Busch blickte nach oben und fühlte, wie sie zu zittern begann. Irgendetwas Unheimliches geschah um sie herum. Etwas, vor dem sie mit aller Kraft geflüchtet waren und das sie nun einholte. Doch es war nicht nur ein Zittern aus Angst, es war auch ein Beben vor Zorn.

Ein bedrohliches Grollen kündigte eine große Energiewelle an, die sich unterirdisch näherte und vor den Füßen des Mannes aufbrach. Der trockene Boden öffnete sich wie der Schlund einer Kreuzotter, die bereit war, ihr Opfer zu verschlingen. Einige der Mädchen, die in der Luft hingen, schlossen verzweifelt die Augen, andere starrten wie betäubt in das Loch, das sich unter ihnen auftat.
 

Der Tartaros, die schlimmste Abart der Hölle, war ihnen allen aus unheimlichen Erzählungen bekannt. Sie erinnerten sich an den jungen Mann namens Tantalos, der zu ewigen Qualen verbannt wurde und bis zum Kinn im Wasser stehen musste, ohne je einen Schluck davon nehmen zu können. Der bis in alle Ewigkeit Hunger litt, obwohl Äste mit köstlichen Äpfeln und Feigen über seinem Kopf hingen, die ihm aber jedes Mal entwichen, wenn er sie erreichen wollte. Tantalos' Mutter, die Okeanide Pluto, saß seitdem auf einer winzigen Insel im Ägäischen Meer und weinte sich die Augen aus. Weshalb von da an niemand mehr diese Insel betreten wollte und Pluto mit ihrem Kummer alleine blieb. Auch waren sie mit dem Schicksal des Sisyphos vertraut. Er sollte bis zum Ende aller Zeiten einen Fels den Berg hinaufrollen, der ihm, oben angekommen aber immer wieder entglitt und hinunterrollte. Beide hatten Verrat an den Göttern begangen und bei beiden hatten die unbarmherzigen Konsequenzen zu tragen.
 

Der Mann, der immer noch seine Hand gen Himmel gerichtet hatte und damit die Mädchen oben festhielt, schien zufrieden. Er bewegte seine Finger rhythmisch, und augenblicklich wuchsen aus dem Höllenschlund Arme heraus, die nach den Mädchen griffen, die wenige Meter über dem Boden schwebten. Alles Zappeln und Winden nützte nichts, die Arme kamen immer näher.
 

Unter dem Ginsterbusch war ein Augenpaar fest auf das grausame Geschehen gerichtet und als die erste Höllenhand das zarte Mädchen, dem bereits die Tränen aus den Augen nach unten tropften, packen wollte, löste sich ein roter Lichtstrahl. Er schnellte durch die Luft und traf den monströsen Arm. Er schnitt ihn am Gelenk, vor Schreck zuckten alle anderen Höllenhände zurück. Auch der mächtige Mann drehte sich blitzschnell um und ballte wieder seine Faust, was dazu führte, dass die schwebenden Mädchen augenblicklich zu Stein erstarrten.

"Komm raus!" Er brüllte in die Richtung des Ginsterbusches. Es verging ein Moment, in dem nur das leise Knistern der Flammen zu hören war. Die steinernen Mädchen hingen immer noch in der Luft.

Würdevoll und mit festem Blick tauchte die angesprochene Person hinter dem Busch auf, ihre Haltung war aufrecht und ihr Kinn gehoben. Ihre roten Haare flatterten im Rhythmus der Flammen.
 

"Du begehst einen großen Fehler, Zeus." Unauffällig streifte sie die kaputten Sandalen ab und trat ihm entgegen.

Ein winziges Lächeln umspielte seine Lippen, den Arm hielt er im heißen Wind immer noch gehoben.

"So, ich mache also einen Fehler?" Er bewegte den kleinen Finger, und sofort löste sich eins der fünf steinernen Mädchen vom Himmel und krachte zu Boden.

"NEIN!"

Ein Riss bildete sich an ihrem Kopf, als sie aufkam. Er ging von der Stirn bis über das linke Auge.
 

Das Mädchen, das sich Zeus entgegengestellt hatte, schluckte und fühlte, wie ihr Mund trocken und ihre Augen nass wurden. "Du verdammter Mistkerl!" Ihre Fingernägel drückten sich in der geballten Faust in ihre Handballen. So fest, dass es weh tat. Sie riskierte einen Blick nach oben, wo die Mädchen hingen. Sie sah, dass das Gesicht ihrer zarten Freundin im Moment der größten Angst zu Stein erstarrt war während sie die Arme schützend um ihren Körper geschlungen hatte. So verharrte sie nun durch den bösen Zauber und der Anblick war einfach nicht zu ertragen. Das Mädchen richtete ihren Augen wieder auf Zeus. Der wollte gerade mit einem finsteren Lächeln einen weiteren Finger ausstrecken, nachdem er mit dem ersten schon so großes Unheil angerichtet hatte. Die Gedanken rasten ihr durch den Kopf und das Klopfen der Überhitzung, das sie bis jetzt gehört hatte, wurde zu einem ekstatischen Hämmern, das sich langsam mit dem Wummern ihres pumpenden Herzens anpasste. Ihr gesamter Körper stürzte innerlich zusammen und doch ging sie einen Schritt nach vorne. Es war die pure Wut die sie antrieb. Blitzartig stürzte sie sich mit einem lauten Schrei auf Zeus und drückte ihm mit ihren knochigen Händen die Kehle zu. Überrascht ließ Zeus das Mädchen gewähren, er starrte sie wortlos an. Natürlich konnten ihre Hände seinem starken Hals nichts anhaben, und doch spürte er die Sturmwellen des Zorns die sie aussandte. Das Mädchen war der blanke Hass und die Aggression steckte so tief in ihr, dass sie von innen heraus leuchtete. So wie manche Menschen vor Liebe leuchten konnten, leuchtete bei ihr all das, was die Menschheit als schlechte Eigenschaften verachtete. Zeus wurde innerlich ganz ruhig und wusste, dass dieses Mädchen seinen eigenen Zorn überstrahlte, und er erkannte sich in ihr wieder.

Er lächelte, diesmal milder, aber nicht mit weniger Schalk im Nacken.

"Es wäre doch eine Schande, diese Energie zu verschwenden. Ihr alle sollt der Nachwelt erhalten bleiben."
 

Die Höllenhände verharrten inzwischen ungeduldig im Schlund und zuckten vor lauter Anspannung. Doch sie hielten sich immer ein Stück von den steinernen Mädchen fern, denn ohne die Anweisungen des Zeus trauten sie sich nicht, zuzuschlagen.

Das Feuer ringsherum war fast erloschen. Zurück blieb die verbrannte Erde, die eben noch ein üppiger Weinberg in der Mittagshitze gewesen war.
 

"Ihr habt gut gekämpft, meine Freundinnen." Zeus packt das rothaarige Mädchen und löste es von seiner Kehle. Sofort erstarrte sie und ihr Körper schien sich in Glas zu verwandeln, genauso die Körper der anderen Mädchen. Auch sie wurden leicht durchsichtig, und der Höllenschlund schloss sich widerwillig mit leisen Knirschen und verschwand, als ob er nie dagewesen wäre. Dann schwebten die Mädchen langsam zu Boden und ruhten auf der schwarzen Erde. Mit einer Bewegung des kleinen Fingers seiner linken Hand ließ Zeus das fehlende siebte Mädchen dazukommen. Sie hatte er während der Flucht sofort erwischt. Auch sie war nun gläsern und die Gruppe war wieder komplett.

Zeus schnippte mit den Fingern und plötzlich hielt er einen funkelnden Schlüssel in der Hand. Er drehte sich zu den heilgebliebenen Eukalyptusbäumen hinter sich um.

"Kümmer dich darum, Hera." Diese schaute etwas erschrocken hinter den Blättern hervor, fing dann aber den Schlüssel auf, den Zeus ihr unvermittelt zuwarf.

"Ich danke dir, Geliebter, dass du es so nicht hast enden lassen."

Er grummelte tief und wandte sich zum Gehen.

"Aber wie lange willst du sie in diesem Zustand lassen?" Hera hätte ihn gerne festgehalten, doch sie traute sich nicht.

"Das hat dich nichts anzugehen. Triff jetzt Vorbereitungen für die Rückkehr aller Götter nach Elysium."

Sie nickte.
 

Intermedium
 

Mehr als zweitausend Jahre sind seitdem vergangen und die Welt ist eine andere geworden. Die Erinnerungen an die antiken Götter verstauben in alten Büchern und die Menschen, die einst an sie geglaubt und sie verehrt hatten, sind längst tot und begraben.

Die Welt hat seit damals ungezählte Katastrophen erlebt und hunderte Kriege überstanden und viele Menschen glauben, dass es keine Magie mehr auf der Erde gibt, dass dieser Planet völlig entzaubert ist. Alles Übernatürliche sei getilgt und alle Götter verschwunden. Doch was geschah mit den sieben Mädchen, die Zeus erstarren ließ?
 

***
 

Berlin im 21. Jahrundert. Donnerndes Getöse drang vom Norden her und Dutzende sich überlagernder Polizeisirenen waren zu hören. Irgendetwas Gewaltiges stapfte auf die Stadt zu.
 

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