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Chronicles of rebels

No.6 OS-Sammlung
von

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Rou's crime

„Ich bin wieder da!“ Der Junge, der bis zu dem Augenblick mit einem Bilderbuch auf einer Bank gesessen hatte, sprang bei diesen Worten auf und lief zu der Frau, die eben die kleine Hütte betreten hatte. Ein breites und glückliches Lächeln lag auf seinem Gesicht, als er sie umarmte.

„Willkommen zu Hause.“

„Vorsicht, sei nicht so stürmisch sonst fällt mir noch das Gemüse runter.“ Ebenfalls mit einem Lächeln befreite sich die Frau aus der Umarmung des Jungen und stellte einen Korb, der bis oben hin mit verschiedenstem Gemüse gefüllt war, auf den Tisch in der Mitte des Raumes. Dann drehte sie sich wieder zu ihrem Sohn. Dieser verzog bei ihrem Blick leicht das Gesicht, denn er ahnte schon, was sie sagen wollte.

„Du musst noch mal weg, oder?“, fragte er enttäuscht und ließ sich auf die Bank, auf der er bis eben gesessen hatte, zurücksinken. Langsam nickte die Frau und der Junge wandte mit einem beleidigten Gesichtsausdruck den Blick ab. Immer war es das Gleiche. In den letzten Tagen war sie ständig bei den anderen Erwachsenen und beredete irgendetwas mit ihnen. Und er durfte natürlich nicht mit. Er wusste nicht einmal wieso.

„Es ist aber nicht lange, versprochen. Ich muss nur kurz mit den andern Erwachsenen etwas besprechen. Und, wenn ich zurückkomme, bringe ich Papa auch mit und dann koche ich uns was Leckeres.“ Mit ruhiger Stimme versuchte sie ihren Sohn dazu zu bringen sie zu verstehen und aufzuhören beleidigt zu sein – mit Erfolg. So beleidigt er noch einen Moment zuvor war, nun sah er sie wieder freudestrahlend an. In den letzten Tagen war sein Vater noch weniger zu Hause als seine Mutter und die Aussicht darauf, dass er nun mal wieder früher zurückkehren würde, machte ihn froh. Und vielleicht …

„Darf ich aussuchen, was es zu essen gibt?“ Die Frau nickte und das Lächeln des Jungen wurde noch breiter. Sie hatte es erlaubt! So etwas kam in den letzten Tagen ebenfalls nur selten vor, da seine Mutter meist nach den Gesprächen mit den anderen Erwachsenen erschöpft war und nur Kleinigkeiten zubereitete. Doch dann verschwand es wieder. Er hatte durchschaut, was seine Mutter damit bezwecken konnte. Zwar war er erst vier Jahre alt aber dumm war er – zumindest seiner eigenen Meinung nach – nicht und solche Taktiken hatte er schon vor einer ganzen Weile zu durchschauen gelernt.

„Ich will trotzdem mitkommen“, erklärte er einen Moment später doch seine Mutter schüttelte den Kopf. Sie kniete sich zu ihrem Sohn und strich ihm sanft über das Haar.

„Das geht nicht, du bist noch zu klein. Aber in zwei oder drei Jahren bist du vielleicht alt genug.“ Für einen Moment flackerte ein seltsamer Blick über ihr Gesicht, den der Junge nicht genau zuordnen konnte. Angst? Trauer? Oder doch etwas anderes? Er wusste es nicht, doch es verwirrte ihn. Vor allem, da er nicht genau wusste, was diesen Blick gerade ausgelöst hatte.

„Mama? Geht es dir gut? Wieso musst du noch einmal mit den anderen Erwachsenen reden?“, wollte der Junge wissen und sah seine Mutter besorgt an, er fühlte, dass irgendetwas nicht stimmte. Doch seine Mutter stand wieder auf und sah ihn erneut mit einem Lächeln an.

„Ja, es ist alles in Ordnung. Ich erkläre dir, worüber wir geredet haben, wenn du alt genug bist. Im Moment würdest du es wohl noch nicht verstehen, weil du auch hierfür noch zu klein bist.“ Die Frau drehte sich um und ging zurück zur Tür. Dann sah sie noch einmal zu ihrem Sohn, der erneut einen beleidigten Ausdruck im Gesicht hatte.

„Du und Papa, ihr sagt immer, dass ich noch zu klein bin. Dabei bin ich doch schon groß!“, beschwerte er sich, während seine Mutter die Tür öffnete.

„Ich weiß, du bist schon groß. Aber für diese Sachen musst du eben noch etwas größer werden. Ich muss jetzt aber gehen, bis später.“ Mit diesen Worten verließ sie das Haus und die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, der kleine Junge blieb alleine zurück. Für einen Moment blieb er, wo er war, dann drehte er sich um und kletterte zurück auf die Bank, auf der immer noch sein Buch lag. Er schlug die Seite, die er eben angeschaut hatte, auf und begann weiter durch das Buch zu blättern. Besonders viel Text hatte das Buch nicht – eher im Gegenteil, es bestand aus mehr Bildern als Text – doch das war auch so gedacht. Ein paar Worte hatte er schon gelernt zu lesen, da er von Büchern schon lange fasziniert war, aber meistens spielte er dann doch lieber mit den anderen Kindern des Dorfes. Nur in den letzten Tagen hatte er meist im Haus bleiben müssen, wenn seine Eltern nicht da waren. Warum? Das wusste er nicht und auf seine Fragen bekam er auch keine Antworten, nur, dass es so besser war und er auf seine Eltern hören sollte.

Vertieft in das Buch merkte er auch gar nicht, wie die Zeit verging und ehe er sich versah waren seine Eltern bereits wieder zurück. Zu seiner Freude durfte er sich auch wirklich wie versprochen das Abendessen aussuchen und so dauerte es nicht lange, bis er mit seinen Eltern an dem kleinen Tisch saß und sich das Essen schmecken lies. Als es dann Zeit war, schlafen zu gehen sang seine Mutter ihm sogar zu seiner großen Freude etwas vor, bis er glücklich über diesen schönen Tag einschlief. Ja, der Tag war nicht sonderlich ereignisvoll gewesen, sondern ein ganz gewöhnlicher, doch das störte ihn nicht und änderte nichts daran, dass er glücklich war.

Mitten in der Nacht – er war inzwischen von seinem eigenen Bett in das seiner Eltern gewandert – wurde er jedoch von einem lauten Knall aus dem Schlaf gerissen. Erschrocken setzte er sich auf und in der Dunkelheit, die ihn umgab, konnte er zuerst nicht klar zuordnen, wo das Geräusch hergekommen war. Er merkte, wie seine Eltern sich ebenfalls aufsetzten und griff nach der Hand seiner Mutter, als draußen plötzlich ein rötliches Licht aufflackerte und Leute zu rufen begannen.

„Was ist hier los Mama? Was ist das für ein Lärm? Ich … ich hab Angst!“ Er wusste nicht warum, aber während er sprach, stieg Angst in ihm hoch, er spürte, dass etwas nicht stimmte. Plötzlich begann der Junge zu zittern und er spürte, wie seine Mutter ihn zu sich in eine Umarmung zog.

„Ihr bleibt hier, ich gehe nachschauen, was los ist. Vielleicht ist ein Feuer ausgebrochen.“ Sein Vater stand auf und ging zur Tür. Vorsichtig öffnete er einen Spalt und sofort drang Rauch in die kleine Hütte ein. Einen Moment später hatte sein Vater ihm und seiner Mutter gedeutet zu kommen und er fühlte, wie seine Mutter ihn hochhob und bei der Tür an seinen Vater übergab.

„Ich kann selber gehen!“ protestierte der Junge leise. Er war noch nie gerne getragen worden und dieses Mal war es keine Ausnahme, doch seine Eltern ignorierten seinen Einwand. Durch die geöffnete Tür strömte immer mehr Rauch und auch die Schreie waren lauter als zuvor. Und sie klangen keineswegs wie Rufe nach Wasser, wie der Junge erschrocken feststellte, sondern mehr wie panische Rufe.

„Irgendetwas stimmt nicht, wir sollten versuchen zu verschwinden“, murmelte sein Vater und der Junge sah zuerst ihn und dann seine Mutter an.

„Was ist hier los?“, wollte er einmal mehr wissen, doch er bekam keine Antwort. Stattdessen öffnete seine Mutter die Tür etwas mehr und schlüpfte dann durch den Spalt nach draußen, sein Vater folgte ihr. Im nächsten Moment war eine Explosion in nächster Nähe zu hören und der Junge drehte den Kopf. Das übernächste Haus stand lichterloh in Flammen und war bereits dabei einzustürzen und Männer in seltsamer Kleidung liefen durch die Gegend. Und überall … lagen Menschen auf dem Boden. Nicht nur das Haus stand in Flammen … überall, wo er hinsah, war Feuer. Die Augen des Jungen weiteten sich und seine Hände krallten sich in das Gewand seines Vaters. Immer wieder hörte er ein Knallen, das er nicht zuordnen konnte. Was sollte das hier? Was war hier los?

Einen Augenblick später brannte auch das Haus, in dem er bis eben noch mit seinen Eltern gewesen war.

„Hier sind noch welche! Los, ein paar Männer hierher!“

Seine Eltern, die bis eben still dagestanden hatten, zuckten bei den Worten zusammen und sahen sich an. Der Junge sah zu seiner Mutter.

„LAUF!“ Mit der freien Hand machte sein Vater eine Bewegung und seine Mutter lief los, während sein Vater ihr folgte. Der Junge klammerte sich an seinen Vater und sah über seine Schulter wie die seltsam gekleideten Männer ihnen folgten. Wer waren die? Und was wollten sie? Er verstand es einfach nicht. Noch nie waren Fremde hier im Dorf – im Wald – gewesen. Und jetzt waren sie plötzlich da und alles stand in Flammen.

„Papa …“ Der Junge stieß ein Wimmern aus und spürte, wie sein Vater ihn etwas dichter an sich drückte.

„Keine Sorge, es wird alles gut“, bekam er als leise Antwort, doch so recht glauben konnte er das irgendwie nicht. Vielleicht, weil auch nicht sonderlich viel Überzeugung in der Stimme seines Vaters lag.

Dann hallte ein Knall durch die Nacht und der Junge musste tatenlos zusehen, wie seine Mutter stolperte und stürzte … und nicht mehr aufstand. Sie war mit dem Gesicht nach vorne zu Boden gestürzt und auf ihrem Rücken breitete sich ein roter Fleck aus. Blut?!

„Mama!“ Der Junge stieß einen Schrei aus und streckte eine Hand nach ihr aus, doch sein Vater lief nach einem kurzen Blick auf die leblose Frau einfach weiter.

„Was soll das, Papa? Mama ist gestürzt! Wir müssen zurück und ihr helfen!“ Er sah seinem Vater ins Gesicht doch er bekam keine Antwort. Stattdessen sah er Tränen in den Augenwinkeln seines Vaters, doch dann knallte es erneut und auch sein Vater stolperte. Hart schlug der Junge auf dem Boden auf und sein Vater fiel auf ihn.

„Papa? Papa?! Steh auf!“ Verzweifelt rüttelte er an seinem Vater, auf dessen Rücken sich nun auch ein roter Fleck ausbreitete und als er den Kopf hob, lief Blut aus seinem Mund.

„La … uf …!“, war alles, was sein Vater herausbrachte, dann sackte er leblos zu Boden und der Junge starrte ihn an. Was … was war gerade geschehen? Wo kam das Blut überhaupt her? War sein Vater etwa … und seine Mutter auch …?

Als er Schritte hörte, sah er auf und erblickte einen der seltsam gekleideten Männer vor sich stehen. Mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck richtete er ein seltsames Gerät, das der Junge nicht kannte, auf ihn und drückte ab. Etwas streifte das Gesicht des Jungen und er spürte, wie etwas Warmes an seiner Wange hinablief. Die Augen des Jungen weiteten sich und erneut packte ihn die Angst, nun jedoch heftiger als zuvor. Er musste hier weg! Er musste weg von diesem Mann! Sonst würde er sterben, das spürte er instinktiv.

„Aaahhh!“ Mit einem Schrei sprang der Junge auf, drehte sich um und lief so schnell er nur konnte. Immer wieder hörte er diesen seltsamen Knall und mehr als einmal spürte er, wie etwas knapp an ihm vorbeiflog, doch nie wurde er von etwas getroffen. Die Schritte des Mannes hinter ihm waren kaum zu hören, doch auch ohne sich umzudrehen wusste er, dass er verfolgt wurde und die Angst ließ ihn noch schneller werden. Seine Schritte führten ihn zwischen die brennenden Hütten, da er hoffte, sich hier verstecken zu können. Doch der Qualm brachte ihn zu husten und die Hitze war beinahe unerträglich. Es war heiß … so unendlich heiß. Er lief kreuz und quer zwischen den Häusern herum in der Hoffnung das andere Ende des Dorfes zu erreichen und fliehen zu können und mehr als einmal wich er weiteren seltsam gekleideten Männern aus, die ihm den Weg in den rettenden Wald versperrten und ihn wieder zurück zu den Häusern zwangen. Er musste irgendeinen Ausweg finden und … und … seinen Eltern helfen. Er hätte nicht weg sollen von seinem Vater!

Doch langsam ging ihm die Energie für das Laufen aus, wodurch er einen Moment unachtsam war und über ein Stück Holz fiel … möglicherweise auch eine Wurzel oder etwas anderes – er wusste es nicht. Hart schlug er auf dem Boden auf und rang keuchend nach Luft. Nein, er durfte nicht liegen bleiben, er musste weiter … musste entkommen. Mühsam drehte er den Kopf und sah, dass sein Verfolger stehen geblieben war und nun langsam auf ihn zukam. Er hatte keinerlei Eile, weil er sich sicher war, ihn einzuholen erkannte der Junge nun. Erschöpft versuchte er sich aufzurichten, doch im gleichen Moment fielen mehrere Holzbalken von dem brennenden Haus neben ihm und versperrten dem fremden Mann den Weg.

Erschrocken schrie der Junge auf, als er von einem der Balken getroffen wurde und ein höllischer Schmerz sich an der Stelle, an der er getroffen wurde, ausbreitete. Tränen traten in seine Augen und begannen über sein Gesicht zu laufen. Es tat so weh. Es tat so verdammt weh. Er wollte zu seinen Eltern, er wollte von ihnen in den Arm genommen und getröstet werden. Er wollte, dass das alles nur ein Albtraum war. Er wollte aufwachen.

Schritte, die sich ihm von vorne näherten, ließen ihn matt den Kopf heben. Es war ihm egal, wer das war, er würde sowieso nicht entkommen können. Dennoch hatte er immer noch furchtbare Angst. Durch den Tränenschleier hindurch merkte er, wie sich jemand zu ihm runterkniete. Ah, sollte er jetzt also sterben? Doch im nächsten Moment wurde er gepackt, für einen Moment auf die Füße gestellt und dann hochgehoben. Und gleichzeitig erkannte er die Person, die nun bei ihm war.

„Baa- … chan?“ Seine Stimme war schwach und rau, der Rauch kratzte nach wie vor in seinem Hals und machte es schwer zu sprechen. Er kannte die ältere Frau, die nun mit ihm durch das brennende Dorf lief. Sie war immer wieder bei ihnen – bei ihm und seinen Eltern – zu Besuch gewesen und hatte ihm oft ein neues Buch oder Spielzeug gebracht. Sie war immer nett zu ihm gewesen.

Seine Finger klammerten sich an das Gewand der Alten und er schüttelte heftig den Kopf.

„Wir … wir müssen zurück … Baa-chan! Mama … Mama und Papa … sie sind …!“ Er wollte zu seinen Eltern zurück, doch die Frau lief einfach weiter.

„Dafür ist jetzt keine Zeit. Wir müssen hier weg, das ist jetzt das Wichtigste. Keine Sorge, ich bring uns hier raus.“ Mit diesen Worten blieb die Alte stehen, dann hörte der Junge erneut zwei dieser seltsamen Knalle und vermutete schon fast, dass er nun sterben würde, doch im nächsten Moment lief sie auch schon weiter und er sah zwei der seltsamen Männer am Boden liegen. Hatte Baa-chan etwa …

Nach wie vor pulsierte der Schmerz, wo der Balken ihn getroffen hatte und am liebsten hätte er sich schreiend am Boden gewälzt – statt besser schien es schlimmer zu werden. Doch er klammerte sich lediglich weiter an das Gewand der alten Frau und schluchzte leise.

„Ich weiß, dass es wehtut, aber halte noch etwas durch, bis wir in Sicherheit sind, dann helfe ich dir. Kannst du das?“ Die Stimme ließ ihn zusammenzucken, sie kam unerwartet und benebelt vom Schmerz bekam er kaum noch etwas mit, trotzdem schaffte er ein schwaches Nicken. Dennoch wurde die Dunkelheit um ihn herum immer dichter. Und das lag nicht daran, dass sie inzwischen das brennende Dorf hinter sich gelassen hatten.

„Nicht einschlafen, hörst du! Du musst wach bleiben! Kämpf dagegen an!“ Er wurde etwas aus seiner Benommenheit gerissen und erneut nickte er schwach. Er musste auf sie hören, er musste brav sein und tun, was sie sagte.
 

Ruckartig öffnete der Junge die Augen. Ein Traum. Ein Albtraum. Nein, Erinnerungen. Langsam setzte er sich auf und sah sich verwirrt um. Wo war er hier? Nach und nach begann er sich zu erinnern. Richtig, der Junge aus Kronos hatte ihn in sein Zimmer gelassen. Er wandte den Kopf und sah den anderen an, der immer noch seine Hand hielt und friedlich schlief. Vorsichtig befreite er seine Hand aus dem Griff, woraufhin sich der andere Junge einen Moment lang unruhig bewegt, jedoch weiterschlief. Und das war auch gut so.

Behutsam darauf bedacht keine Geräusche zu machen stand der Junge auf, er durfte den schlafenden nicht wecken. Die Erinnerungen an den Traum schob er zur Seite, für so etwas hatte er nun keine Zeit. Außerdem erinnerte er sich sowieso kaum noch an das Geträumte … was jedoch auch kein Wunder war, da diese Geschehnisse inzwischen bereits acht Jahre zurücklagen. Doch das Gefühl der Angst hatte sich in seiner Brust festgesetzt. Mehrmals atmete er tief ein und aus. Er musste sich beruhigen, wenn er heil von hier verschwinden wollte. Und, wenn er hier gefasst werden würde, dann wäre der Tod seiner Eltern und der, der alten Frau sinnlos gewesen. Das durfte er nicht zulassen. Mehrere Momente sah er sich im Zimmer um, dann entschloss er sich den Verbandskoffer, das Handtuch und – aufgrund der Ermangelung einer Alternative – auch das Shirt, das er trug, mitzunehmen.

Er öffnete die Tür nach draußen einen Spalt, schlüpfte hindurch und schloss die Tür dann wieder ebenso lautlos, wie er sie geöffnet hatte. Es dämmerte gerade erst, doch das kam ihm gerade recht, so war die Wahrscheinlichkeit, dass er gesehen wurde, geringer. Ein Teil von ihm wäre am liebsten im weichen Bett liegen geblieben, doch er wusste, dass er das nicht durfte, denn das würde dem anderen Jungen nur Schwierigkeiten machen. Und er wollte ihm keine machen.

Fiep. Fiep.

Der Junge zuckte zusammen und sah zu Boden. Vor ihm saß eine schwarze Maus. Er erkannte, dass es eine von denen war, die ihm aus dem Wald gefolgt war. Oder eher ein Nachfahre jener Mäuse. Sie waren einfach einen Tag nach seiner Flucht bei ihm und der alten Frau aufgetaucht. Und er hatte genauso wenig jetzt wie damals eine Ahnung, wie sie ihn gefunden hatte.

„Kannst du mir einen Weg hier raus zeigen?“, wollte er flüsternd von dem kleinen Tier wissen. Jeder andere hätte ihn für verrückt gehalten, doch er wusste, dass diese kleine Maus viel intelligenter war, als ihre Artgenossen außerhalb des Waldes in dem er aufgewachsen war.

Fiep. Fiep.

Die Maus sah ihn an, dann drehte sie sich um und lief davon nur, um gerade so in seiner Sichtweite wieder zu ihm zu schauen und zu warten. Er wusste, was das hieß – er sollte ihr folgen. Also lief er los und ließ sich von dem kleinen Tier führen, in der Hoffnung, dass sie ihn wirklich hier rausbrachte. Alleine würde er es auch schaffen, davon war er überzeugt, aber mit einem Helfer wie dieser Maus war es wahrscheinlich noch einmal eine Spur einfacher.
 

Und er behielt recht. Nach nicht allzu langer Zeit, die ihm aber wie eine Ewigkeit vorkam, hatte er No.6 verlassen und befand sich wieder in dem Stauraum der Bibliothek, den die alte Frau kurz nach ihrer Flucht gefunden hatte. Einen anderen Ort, an den er hätte zurückkehren können, kannte er nicht und so war er wieder hierhergekommen. Überall lag Staub, doch darum würde er sich später kümmern. Er war müde und erschöpft, eventuell sogar wieder etwas fiebrig, so ließ er sich einfach auf das Bett sinken, nachdem er die Laken getauscht hatte, und war bereits wenige Augenblicke später wieder eingeschlafen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Shizana
2012-05-01T12:46:02+00:00 01.05.2012 14:46
Vielen Dank für den OS. Das war wirklich ein schönes Geburtstagsgeschenk. Ich habe mich sehr darüber gefreut. :)
Ein sehr schönes Thema hast du hier gewählt. Und es umzusetzen war gewiss nicht so einfach. Aber du hast wirklich das Beste draus gemacht. Es kommt sehr viel rüber - gut gemacht.

Deine Beta hat noch Fehler übersehen. ^^'
Ich weiß, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Ich will mich da jetzt auch gar nicht lange dran aufhalten. Mir ist es nur aufgefallen und, ja, ist aber nicht so schlimm. Ich habe mich trotzdem wahnsinnig gefreut. x3

Ganz viel Liebe für dich! Vielen vielen Dank.


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