6. Kapitel
"D-das ... das ist unmöglich " Mit weit aufgerissenen Augen starrte Shu Gai an . Bilder zogen an ihm vorbei . Mana. Gai ... oder besser gesagt Triton . Alles . "Nein ... das kann nicht sein ... du ..."
"Ja ... ich habe dir damals geschworen stärker zu werden . Für dich . Um mich um dich zu kümmern . Ich dachte ich würde dir in dem Moment sowieso nichts bringen . Also ging ich , bis zu dem Zeitpunkt in dem ich dir nützlich sein könnte . Doch dann hast eher du mich wieder gefunden " Gais leises , freudloses Lachen erfüllte die Zelle.
"A-aber ... wärst du bei mir geblieben dann..."
"Es war damals schon zu spät. Du warst unter Schock . Dein Gehirn hat alle Erinnerungen an die Vorfälle gelöscht um dich zu schützen "
"U-um micht zu schützen ... aber was schützt mich daran schon ... ich habe alles vergessen . Dich auch ..." Shu sah Gai jetzt mit ganz anderen Augen . Er war ein langjähriger Freund . Besser gesagt der beste Freund , den er je gehabt hatte. Und jetzt hatte er ihn auch noch vor dem Tod bewahrt ...auch wenn es hieß , dass er selbst gefangen genommen wurde ...
"Vielleicht war es ja besser so . Du hättest einfach so weitergelebt wie bisher , ohne die schrecklichen Erinnerungen an deine Schwester . Ohne die Erinnerung überhaupt an eine Schwester ... ich habe dich wirklich immer bewundert . Für deine aufgeschlossene , starke Persönlichkeit . Als ich dich verließ , hatte ich mir vorgenommen erst wiederzukehren , wenn ich so geworden wäre wie du . Doch jetzt habe ich begriffen , dass das nie so sein wird . Und nun komme ich langsam gegen den Druck nicht mehr an . Der Druck alle zu führen , immer die richtige und logischste Entscheidung zu treffen , auch wenn andere mich dafür hassen sollten . Es ging niemals um mich , es ging immer nur um das Wohl der anderen ..."
Und zum ersten Mal im Leben merkte Shu eigentlich was für eine Last auf Gai lag . Alle verließen sich auf ihn . Er war sich sicher , wenn Gai auf einmal verschwinden würde , dass alles aus dem Ruder laufen würde und keiner mehr wusste was er machen soll .. weil keiner mehr da war um die Befehle zu geben . Alle respektierten ihn , aber niemand beachtete ihn selbst dabei . Sie kannten ihn alle nur als die starke , ernste und doch optimistische Person . Er selbst ja auch . Und nun ... saß der richtige Gai vor ihm ... oder eher gesagt Triton ?
"W-warum hast du es nicht von Anfang an gesagt ... von da an , wann ich zu den Undertakern gekommen bin . "
"Ich sagte doch es hätte nichts gebracht . Doch jetzt konnte ich die Maske nicht mehr aufrecht halten . Tja . Ich bin einfach nicht zum Anführer geeignet . Vielleicht hätte ich das Opfer bringen müssen . Dich . Aber ich konnte es nicht . "
Hätte Shu denn jetzt nicht sauer sein müssen ? Dass er das Opfer hätte sein müssen ? Hätte Gai sich gewehrt wäre er sicher entkommen , aber er selbst wäre dabei gestorben . Und so hatte er es doch nicht aufbringen können . Doch bei den folgenden Worten des Blonden stieg eine unerwartete Wut in Shu auf .
"Verdammt !" rief er und gab ihm einen schallende Ohrfeige . "...Verdammt !" rief er noch einmal .
"Red nicht so einen Unsinn ! Ist das der Anführer den alle verehren ? Hängst nur in der Vergangenheit , merkst gar nicht wie wichtig du allen bist . Und jetzt nur wegen einer Sache , denkst du du wärst kein geeigneter Anführer ? Ich sag dir was ! " Shu schnaufte sauer auf . "Du bist der beste Anführer den man sich vorstellen kann , ja , auch wenn du manchmal Entscheidungen triffst , die nicht für alle das beste sind . Du siehst immer das , was die anderen nicht sehen . Und du lässt dich nicht runtermachen . Und nun behauptest du , du willst so sein wie ich ? Ich bin ein Schwächling ... " er lachte leicht hyterisch auf . "Das sieht man doch selbst daran , dass ich mich an nichts mehr erinnern konnte . Sei nicht so verdammt egoistisch ! Sieh auch mal auf die anderen . Die Undertaker die zu dir aufsehen . Und dann sag mir noch einmal , dass du kein guter Anführer wärst !"
Tränen sammelten sich in seinen Augen . Wieso gerade jetzt ?!
Doch da schlossen sich schon ein paar Arme um seinen Körper . "Es tut mir leid" murmelte Triton leise an seinem Ohr . "Es tut mir leid ... ja ... der frühere und der heutige Shu hätte sich nie so hängen lassen ... ich werde wirklich nie wie du sein ... vergib mir , dass ich dich allein gelassen habe... vergib mir , dass ich dich so schlecht behandelt habe ... ich konnte dir nie sagen wie sehr ich dich gebraucht habe ... damals wie heute . Es tut mir alles so leid . Es wird niemals wieder passieren ... "
"Idiot " meinte der Braunhaarige leise. "Du hast gar nichts verstanden . Ich habe damit gemeint , dass du immer zu mir hättest kommen können . Mit mir darüber reden . Und nicht einfach deine Gefühle verschließen . Denn das macht dich doch nur kaputt . Was hätte es gebracht , wenn du bei mir geblieben wärst ? So wie es ist konntest du vielen Menschen helfen und ihnen Hoffnung geben ... Wofür soll ich dir da denn vergeben ? Du hast nichts falsch gemacht . Ach Gai...." auf einmal kraftlos lies sich Shu in dessen Arme zusammen sinken .
"Ich dachte immer ich wäre allein .... allein und unwichtig "
Eine gewisse Härte war jetzt doch in Gais Stimme zu hören . "Denk nie wieder , dass du unwichtig wärst ... oder allein . Wir sind alle da . Besonders ich ... Werde immer da sein , wenn du mich brauchst .. denn du warst auch immer da , wenn ich dich gebraucht habe... "
Stille erfüllte den Raum .
So saßen die Jungen nun , auf dem Boden , in einer Umarmung verwickelt und sahen sich gegenseitig in die Augen . Jetzt , da Shu seine Erinnerungen wieder hatte und Gai eine Seite an sich geöffnet hatte , die er nie für möglich gehalten hatte...
Eine ungeahnte Zuneigung wuchs in dem kleinen Jungen auf . Er erkannte sie von früher , doch es waren noch andere Gefühle dabei . Als hätte man zu einem alten Rezept noch etwas neues hinzugemischt . Man erkannte noch Basis und doch war es etwas völlig neues . So wisch er auch nicht zurück , als Gai langsam sein Gesicht zu seinem hinunter senkte und so seine Lippen mit seinen eigenen versiegelte .
Niemals hätte er soetwas für möglich gehalten . Es schien als würde die Zeit stillstehen und für einen Moment kümmerte ihn die momentane Situation nicht . Es kümmerte ihn nicht , dass sie eingesperrt waren , ja , es kümmerte ihn noch nicht mal , dass dort draußen Menschen unschuldig ermordert wurden . Denn gerade ... zählte einfach der Moment.
"Shu , ich -" setzte der Große an . Doch dann wurde die Tür aufgerissen .
"Undertaker raus . "
