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Farbenspiel

K2
von

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Farbenspiel

Farbenspiel
 

„Du bist nichts weiter als ein Nichtsnutziger Schmarotzer“

Es war mal wieder soweit. Kenny wusste genau was jetzt folgen würde. Es passierte in unregelmäßigen Abständen doch seit ein paar Monaten immer häufiger. Wann genau sein Vater damit angefangen hatte wusste er nicht mehr, doch es dauerte mittlerweile schon so lange an das er sich kaum noch erinnern konnte wie es davor gewesen war.

Kenny sagte nichts auf die Schimpftiraden seines Vaters. Kühl sah er ihn nur aus seinen blauen Augen an. Die übliche orangene Kapuze auf dem Kopf, die beinahe komplett seine flachsblonden Haare verbargen. Die Hände hatte er in die Taschen seines Kapuzenpullis vergraben, die Finger zu Fäusten geballt und der Magen verkrampft wartete er darauf das der Mann vor ihm schließlich endlich zuschlagen würde. Lange musste er nicht warten, bis Stuart die Beherrschung verlor, seinen Sohn erst Ohrfeigte und dann mit der Faust zuschlug.

Kenny schloss einfach nur die Augen. Es würde vorbei gehen. Die Schmerzen spürte e schon kaum mehr. Wenn er Glück hatte würde es sogar ohne Blutvergießen über die Bühne gehen. Am Anfang hatte Kenny sich noch gefragt was er falsch gemacht hatte, doch mittlerweile fragte er nicht mehr. Es war wohl die Kombination aus Armut und dem vielen Alkohol, die sein Vater in sich hineinschüttete. Warum allerdings er der einzige war der den Jähzorn seines Vaters zu spüren bekam, fragte sich Kenny immer noch. Weder Kevin noch Karen hatte Stuart McCormick je angefasst. Seit Kevin allerdings vor einem Jahr ausgezogen war, war es schlimmer geworden.

Mit einem lauten Rumsen landete Kenny auf dem Boden und schlitterte über die schmutzigen Fließen der Küche. Stuart stand breitbeinig und mit geballten Fäusten über seinem Teenagersohn und sah auf ihn herab. Der Mann atmete schwer und seine Augen glänzten vor Wut und Alkoholgenuss. Wie immer schien er sich schon nach kurzer Zeit wieder beruhigt zu haben. Ohne noch etwas zu sagen drehte er sich um und ging zurück ins Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel vor den Fernseher fallen.

Kenny blieb zurück. Er rührte sich nicht bis er hörte dass sein Vater sich umdrehte und die kleine und schäbige Küche verließ. Erst dann setze er sich auf und berührte sein Gesicht. Das würde wieder ein blaues Auge geben. In der Schule glaubten sie alle das er sich viel Prügelte. Niemand wusste was im Haus der McCormicks los war. Kenny schämte sich viel zu sehr dafür als das er jemandem davon erzählen würde. Nur eine Person wusste davon und das war wirklich nicht mehr als ein Zufall gewesen. Sich immer noch sein Auge halten kramte Kenny in den Untiefen seines Pullovers nach seinem Handy. Es war so ein uraltes Teil, hatte nicht mal ein Farbdisplay, das nichts weiter konnte als Nachrichten verschicken. Als er sich bewegte, zischte er leise auf. Sein Magen tat unglaublich weh. Sein Vater musste ihn am Bauch erwischt haben. Die Zähne zusammen beißend suchte er die richtige Nummer heraus und wartete das Tuten des Telefons ab. Es dauerte nicht lange bis sich eine Stimme am anderen Ende meldete.

„Ich bin es Kenny. Es ist wieder passiert. Kann ich vorbei kommen?“

Keine fünf Minuten später eilte er aus dem Haus. Stuart hatte ihn nicht weite beachtet. Eilig, beinahe rennend, lief Kenny durch die Straßen von South Park. Er wollte nur weg von seinem Elternhaus und sich verkriechen.

Kyle war der einzige der wusste was sein Vater mit ihm anstellte. Es war eigentlich ein ziemlich blöder Zufallen gewesen. Irgendwann in der neunten Klasse hatte sein Vater angefangen ihn zu schlagen. Stan, Kyle und er hatten an einem Projekt arbeiten müssen für die Schule. Cartman hatten sie von vornerein nicht mit eingeplant. Dann war Stan krank geworden und Kyles Eltern hatten das Haus der Broflovskis renovieren lassen, so das Kenny und Kyle nichts anderes übrig geblieben war als zu Kenny nachhause zu gehen. Es war einer der Tage gewesen in denen Stuart so viel getrunken hatte das er nicht einmal mehr mitbekam wenn Leute um ihn herum waren. Kenny war sich sicher dass sein Vater bis heute nicht gemerkt hatte, dass er vor den Augen Kyles auf seinen Sohn los gegangen war. Seit dem flüchtete Kenny immer zu Kyle. Das einzige Positive daran war wohl das sich ihr Verhältnis sehr gebessert hatte. Früher wäre Kenny mit Probleme wohl eher zu Stan gegangen, doch mittlerweile war Kyle seine erste Anlaufstelle und das war auch ganz gut so.

Leicht keuchend kam Kenny vor Kyles Haus an. Er war wirklich die ganze Strecke gerannt. Kyle stand schon im Türrahmen. Er sah Kenny leicht besorgt an, als dieser etwas ausgelaugt die letzen Schritte bis zur Wohnungstüre hoch schlappte.

„Lass mal sehen“ Wie selbstverständlich beugte sich Kyle etwas nach vorne und berührte Kennys Gesicht, wo es bereits begann blau zu werden. Kenny brummte nur schlecht gelaunt ließ es aber zu. Auch daran war er schon gewohnt. Kyle machte sich wie immer viel zu viele Sorgen um seinen verletzen Freund. Sie gingen hinein und der Rothaarige drückte Kenny sofort den Kühlakku in die Hand den er schon auf dem Wohnzimmertisch liegen gehabt hatte.

„Lass uns in mein Zimmer gehen, wir können ein bisschen Zocken wenn du Lust hast“

Schweigend folgte Kenny Kyle die Treppe nach oben. Auf dem Weg nach oben betrachtete er den anderen vor sich. Kyle war jetzt 16 und würde 17 werden in ein paar Wochen. Er war nicht gerade groß für ihr Alter. Kenny überragte ihn um mindestens einen Kopf, doch das schien den Rothaarigen nicht weiter zu stören. Er war schmal, doch noch lange nicht so zierlich wie Butters oder Pip, die regelmäßig von Cartman wegen ihrer Figur gehänselt wurden. Kyles Haare waren noch immer so rot und lockig wie früher. Kenny mochte Kyles Haare. Sie waren eben anders als die Haare von anderen, genauso wie Kyle eben etwas anderes war als andere Teenager. Er war ruhiger, beinahe schüchtern und sehr viel liebevoller. Kenny würde jederzeit für Kyle einstehen. Niemand kannte ihn so gut wie der Rothaarige und er auch wusste Dinge über ihn, die nicht einmal Stan wusste.

Sie betraten Kyles Zimmer und ließen sich auf das Bett fallen. Die Konsole war schnell eingestellte und sie zockten eine ganze Weile schweigend irgendeinen Ego-Shooter dessen Namen sich Kenny einfach nicht merken konnten. So machten sie das immer. Kenny kam zu Kyle, bekam von ihm ein Kühlpad, sie zockten und irgendwann würde Kyle die Stille brechen und ihm irgendetwas erzählen das er in der Schule gehört hatte. Gerade hatte Kenny einem Zombie, zumindest glaubt er dass es einer war, dem Kopf weg geschossen als Kyle die Stille neben ihnen brach. Er ließ den Kontroller etwas sinken und sah zu Kenny herüber, der stur auf den Bildschirm starrte.

„Hast du gehört dass sich Wendy und Stan wieder gestritten habe. Ich glaub dieses Mal hat Stan endgültig die Schnauze voll von ihr“ Kenny war es eigentlich egal ob Stan und Wendy zum x-ten Mal Schluss machten und wieder zusammen kamen oder nicht, doch weil er wusste das es Kyle wichtig war mit ihm zu sprechen schaltete er auf Pause und drehte sich in seiner Position ein Stück, so dass er den Kleineren ansehen konnte.

„Ne, aber Stan sagt jedes Mal das er sich endgültig von ihr trennt und drei Wochen später knutschen sie wieder auf dem Schulhof rum“ Er zuckte leicht mit den Schultern und sah ein wenig Sehnsüchtig zum Fernseher. Doch Kyle wollte wohl lieber mit ihm reden. Seufzend strich sich Kenny die Kapuze vom Kopf und wühlte einmal durch seine blonden Haare.

„Ich glaube das es dieses Mal wirklich soweit sein könnte… aber egal, eigentlich geht uns das Garnichts an…“ Kyle sah nicht zu Kenny als er sprach. Der Blonde kannte das schon. Wenn Kyle so reagierte wollte er eigentlich auf etwas anderes heraus, traute sich aber nicht direkt ihn zu fragen. Seufzend fuhr er sich noch mal durch die blonden Haare.

„Spucks schon aus, Kyle“ Kyle sah ihn überrascht und dann zerknirscht an. Er Grinste etwas betreten und zupfte an ein paar seiner Haarsträhnen herum. Schließlich gab er sich einen Ruck.

„Okay, also es gehen Gerüchte um das du auf dem Klo auf der Schule …. Naja… Sex hattest mit einem Jungen“ Kenny begann zu grinsen als Kyle etwas peinlich berührt weg sah. Er lachte auf und ließ sich nach hinten fallen. An die Decke starrend schüttelte er den Kopf. Kyle neben ihn sah zu ihm und atmete leise aus.

„Also ist es nicht wahr?“ fragte er leise. Jeder wusste dass Kenny sich nicht um das Geschlecht scherte. Er nahm was er kriegen konnte und das nicht gerade knapp. Doch normalerweise war Kenny vorsichtig. Er mochte es nicht wenn seine Bettgeschichten in der Öffentlichkeit herum kursierten.

„Es war nur ein Blow Job und das während der Unterrichtszeit. Hätte nicht gedacht dass das so schnell die Runde macht!“ Mit einem Ruck hatte sich Kenny aufgesetzt. Für ihn war das Thema erledigt. Er wollte mit Kyle nicht über Sex reden. Er wusste dass der andere in solchen Sachen komplett unerfahren war und wollte nicht vor ihm prahlen. Kyle war sein Freund, einer seiner besten. Es kam ihm falsch vor, vor ihm anzugeben.

„Was ist eigentlich mit Craigs Party heute Abend? Gehen wir hin? Ich hab keinen Bock hier zu versauern“ Kyle war sichtlich froh über den Themenwechsel. Er nickte schnell. Craig wurde 18 und hatte die ganze Stufe eingeladen. Seit knapp einer Woche wurde nur noch darüber geredet.

„Sicher, hab vorhin noch mit Stan geschrieben, wir treffen ihn dort. Cartman kommt leider auch.“ Der Rothaarige verzog das Gesicht. Das Verhältnis zwischen ihm und Cartman hatte sich über die Jahre noch verschlechtert. Früher waren sie viel mehr mit Eric herumgehangen, es war einfach bequem gewesen, doch seit ein, zwei Jahren, hatte sich das mehr und mehr im Sand verlaufen. Nur noch Stan hatte wirklich noch Kontakt zu Eric.

Kenny brummte nur. Er machte sich kaum Gedanken über Cartman. Er ignorierte ihn einfach wenn möglich und wenn nicht war es auch nicht weiter schlimm. Sich streckend sah er auf die Uhr. Es war Samstag am späten Nachmittag. Vor acht würden sie nicht los müssen. Schließlich drehte er sich zu Kyle um, der noch immer auf dem Bett saß.

„Hast du vielleicht ein T-Shirt das ich mir leihen könnte für heut Abend?“
 

***

Die Party war laut und voll und ziemlich alkoholisiert gewesen. Kenny stand in der Küche und unterhielt sich leise mit Clyde. Im Gegensatz zu den anderen trank er, keinen Alkohol. Dafür war seine Erfahrung damit einfach zu schlecht. Es war kurz nach vier Uhr Morgens. Nur noch die wenigsten waren hier. Die meisten hatten schon vor einer halben Stunde aufgegeben und waren nach Hause gegangen. Pip hatte schon vor einer Stunde gekotzt und war dann nach Hause gewangt, gestützt von Butters. Aus dem Wohnzimmer hörte er Stan, der sich lautstark mit Wendy stritt. Kyle hatte er seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen, doch er vermutete ihn ebenfalls im Wohnzimmer. Kenny trank noch einen Schluck von seiner Coke und sah zu Craig rüber, der Tweek in eine Ecke gedrückt hatte und ihm etwas leise ins Ohr flüsterte, was den anderen erröten ließ. Die beiden schlichen schon ewig umeinander herum.

Als Token aus dem Wohnzimmer nach Clyde rief, folgte ihm Kenny ebenfalls und ließ sich nach kurzem umsehen, neben Kyle auf das Sofa fallen. Wendy und Stan standen am Fenster und diskutierten leise mit einander. Bebe saß bei Token und es sah ganz so aus, als wäre da mehr gelaufen als sie zugeben wollten.

„Was hab ich verpasst?“ Kenny beugte sich zu Kyle, der mit angewinkelten Beinen neben ihm saß. Der Rothaarige hatte auf seine grüne Mütze verzichtet an diesem Abend und ein paar gelockte Haarsträhnen vielen ihm ins Gesicht. Er lächelte und pustete sich eben diese Haarsträhnen aus dem Gesicht.

„Nicht besonderes, das übliche Drama!“ Er zuckte mit den Schultern. Kyles Blick ging weiter durch den Raum und er seufzte. Kenny folgte seinem Blick. Cartman war gerade, eine leere Flasche schwenkend, herein gekommen. Irgendwie wusste Kenny, dass das nichts Gutes heißen würde.
 

Kenny seufzte leise. Er hatte doch gewusst es würde schrecklich werden. Doch natürlich hatte er mitgezogen. Das gehörte eben dazu. Er fand dieses Spiel zwar furchtbar kitschig und vor allem sich selbst viel zu alt für Wahrheit oder Pflicht, aber vielleicht war er auch nur nicht von der Idee begeistert gewesen weil er im Gegensatz zu den anderen nicht getrunken hatte. Etwas gelangweilt saß Kenny neben Craig und starrte auf die Flasche. Es war natürlich Cartmans Idee gewesen. Eric liebte Spiele, die für alle peinlich endeten weil er sich so am besten kaputt lachen konnte. Der Fettsack kannte einfach keine Schamgrenze. Kenny brummte nur leise als Token die Frage beantwortet hatte, die Wendy im gestellt hatte. Wieder fragte er sich wieso er sich nur dazu hatte breitschlagen lassen. Doch die Antwort war so einfach. Gruppenzwang. Selbst Kyle, der sonst immer irgendwo einen Bedenken fand, hatte ohne zu Murren mitgemacht als alle zugestimmt hatten, da hatte er keine Lust gehabt sich quer zu stellen.

Gelangweilt stütze Kenny seinen Kopf auf seinem Knie ab und sah Token zu wie er die Flasche drehte. Es erwischte Cartman. Auch er wählte Wahrheit und gab bereitwillig Auskunft, prahlte sogar beinahe damit. Wie konnte man nur so selbstverliebt sein? Kenny war es wirklich ein Rätzel wie Eric so beliebt sein konnte obwohl er so ein Penner war. Doch im Grunde war es ihm eigentlich egal.

„Kenny… hey Kenny…“

Erics Stimme riss Kenny aus seinen Gedanken. Blinzelnd hob er den Kopf und sah ihn an. Was wollte er den jetzt bitte.

„Was ist den Fettarsch?“ Kenny schnaufte leise. Doch Eric deutete nur nach unten in die Mitte ihres Kreises. Kenny folgte mit den Augen seiner Hand und entdeckte die Flasche die auf ihn deutete. So ein Mist aber auch. Grummelnd seufzte er auf. Na wenn es denn sein musste.

„Wahrheit“ Er setze sich etwas gerader hin und sah Eric jetzt an. Das konnte ja was werden. Sicher würde er eine absolut dämliche Frage stellen.

„Vergiss es Kenny, du kennst die Regeln. Nicht mehr als drei Mal Wahrheit hinter einander“ Eric grinste ihn gemein an und Kenny schnaufte nur leise. Das durfte doch nicht wahr sein, war das jetzt der vierte Mal das er dran war? Normal hatte er mehr Glück bei diesem dummen Spiel. Gelangweilt zuckte Kenny schließlich mit den Schultern. Da war dann wohl der Freifahrtschein für Eric, der sich tierisch freute.

„Na gut…. Da du ja sowieso alles anmachst was nicht bei drei auf dem Baum ist, will ich das du Kyle küsst und zwar richtig“ Kenny versteifte sich beinahe sofort. Er musste nicht Mal zu Kyle sehen um zu wisse das er leichenblass geworden war. Der Rothaarige japste erschrocken auf und Kenny warf ihm schließlich doch einen Blick zu. Eric war wirklich ein Arsch. Er genoss es sichtlich Kyle so verunsichert zu sehen. Jeder wusste dass die Erfahrungen Kyles mit Mädchen noch nicht wirklich vorhanden waren, es war ein offenes Geheimnis, doch niemand außer Kenny wusste dass er sogar noch ungeküsst war. Wütend drehte er sich zu Eric.

„Vergiss es Cartman, such dir was anderes aus und halt Kyle daraus“ Er schüttelte abneigend den Kopf. Das würde er Kyle nicht antun. Den ersten Kuss vor einem Haufen Gaffer und dann auch noch von einem Kerl. Sicher nicht. Lieber würde er sich Erics Gemaule anhören.

„Kneifen gibt es nicht Kenny. Küss Kyle verdammt noch mal“ Eric wirkte wirklich an genervt. Er hatte Kyle und Kenny demütigen wollen und hatte nicht damit gerechnet dass Kenny sich so anstellen würde. Kyle saß immer noch da als würde er gleich in Ohnmacht fallen. Bleich und beinahe zittrig. Kenny schnaubte nur leise. Er sprang auf und schüttelte den Kopf. „Vergiss es, klar“ Mit wenigen Schritten war er um den Kreis herum gegangen und schnappte Kyle unter den Achseln. Schnell war er auf die Beine gestellt.

„Lass uns gehen, ich hab keinen Bock mehr auf den Mist hier“ Kenny sah Eric noch mal sauer an, nickte Stan und den anderen zu und schleifte den verdutzen Kyle hinter sich her. Draußen schlug ihnen die kalte Nachtluft entgegen. Es war vier Uhr morgens an einem Sonntag, es war nicht gerade warm und Kenny war sauer. Nicht gerade die beste Mischung. Kyle ging schweigend neben ihm her. Fröstelnd schlug Kenny seine Kapuze nach oben und vergrub die Hände in seinen Hosentaschen. Innerlich war er immer noch wütend und aufgebracht über Eric Worte, doch er dachte auch nach. Kenny fragte sich warum er noch nie selbst darüber nachgedacht hatte Kyle zu küssen. Immerhin war ihm durchaus schon aufgefallen, dass der Rothaarige nicht gerade schlecht aussah und seinem Typ Mann entsprach, doch er wollte ihre Freundschaft nicht zerstören nur weil er Lust hatte Kyle zu küssen. Sicher Kyle war sein bester Freund, doch für ihn war der Rothaarige doch sehr viel wichtiger, als er für Kyle. Der hatte ja immerhin immer noch Stan als seinen besten Freund. Er war nur der Kerl, den er wieder zusammen flickte. Kenny wusste dass das nicht stimmte, doch er wollte es lieber so sehen als anders, dann würde es nicht so schwer sein, falls Kyle ihn irgendwann doch stehen lassen würde.

Sie liefen schon eine ganze Weile schweigend neben einander her, als Kyle plötzlich stehen blieb. Kenny blinzelte und blieb ebenfalls stehen. Er drehte sich um. Sie standen im Licht einer Straßenlaterne, die alles in ein Dämmerlicht tauchte.

„Danke für eben…“ Kyle sah ihn nicht an. Die ganze Sache war ihm sichtlich unangenehm. Kenny zuckte nur minimal mit den Schultern. Es war wirklich nichts Besonderes gewesen.

„Schon gut. Cartman ist ein Arsch, vergiss es einfach“ Sagte er ruhig und wollte schon weiter gehen. Doch Kyle hielt ihn auf. Die schmale Hand des Rothaarigen hatte sich um sein Handgelenkt gelegt und hielt ihn zurück. Überrascht drehte sich Kenny um. Er sah zu Kyle runter, der ihn mit einem seltsamen Blick musterte. Schluckend trat der Rothaarige noch einen Schritt näher.

„Würdest du es machen? Also mich küssen?“ Kenny klappte leicht der Mund auf. Er starrte weiter zu Kyle hinunter. Was war denn jetzt auf einmal mit ihm los? Wo war der schüchterne, zurückhaltende Kyle den er kannte? Oder lag es vielleicht am Alkohol von dem der Rothaarige heute Nacht definitiv genug getrunken hatte.

„Wieso solltest du das wollen?“ Kyle war nicht Bi oder Schwul, soweit Kenny wusste. Wieso also sollte er wollen dass er ihn küsste. Es wäre immerhin Kyles erster Kuss. Kyle seufzte leise und zuckte schließlich mit den Schultern.

„Wieso nicht? Ich werd 17, jeder hat schon mal jemand geküsst nur ich bin immer noch ungeküsst und du hast Ahnung davon, Kenny. Von dir geküsst zu werden ist bestimmt besser als irgendwen zu küssen nur damit ich es endlich getan haben..“ zum Ende hin war Kyle immer leiser geworden doch Kenny hatte trotzallem seine Worte verstanden. Schluckend leckte sich Kenny über die Unterlippe und sah auf Kyles Hand, die weiter sein Handgelenkt fest hielt.

„DU meinst das echt, ernst oder?“ Seine Stimme klang rau und etwas nervös. Wieso war er plötzlich so aufgeregt? Kyle hob den Blick er sah hoch in Kennys Gesicht. Seine lockigen Haare vielen ihm sanft ins Gesicht und wippten mit als er nickte. Ohne es wirklich zu realisieren war Kenny bereits näher an Kyle heran getreten. Es war nur ein Gefallen, nichts besonderes. Er würde Kyle von seinem Status als Ungeküsster erlösen, immerhin tat der Kleinere so viel für ihn, jedes Mal nach dem seinem Vater die Hand ausrutschte. Kyles Griff um seine Hand lockerte sich und ließ schließlich ganz nach. Kenny war gefangen von der Situation. Er griff nach Kyle, zog ihn an der Hüfte zu sich und hob mit einer Hand dessen Kinn ein Stück an. Um den Rothaarigen küssen zu können musste er sich nach unten beugen.

„Beweg deine Lippen einfach gegen meine und mach den Mund auf wenn ich es auch mach, der Rest kommt von selber…“ nuschelte Kenny Kyle noch entgegen bevor er dessen Lippen vorsichtig zu einem Kuss einfing.

Kyle versteifte sich ein wenig in seinen Armen, schloss aber ergeben die Augen. Kenny folgte seinem Beispiel und schloss ebenfalls die Augen. Kyle zu küssen war schön. Er roch gut und seine Lippen waren weich aber fest. Sanft bewegte Kenny seine eigenen Lippen gegen Kyles und spürte wie der Rothaarige es ihm nachmachte. Sein Herz begann etwas heftiger zu pochen. Kenny wusste nicht wieso, vielleicht weil er wusste das er der erste war der Kyle küssen durfte, doch er spürte ein sanftes Kribbeln in seinem Inneren. Eine Weile küsste Kenny Kyle nur mit geschlossenen Lippen, bis er merkte dass sich der andere merklich entspannte. Erst dann öffnete er leicht die Lippen, saugte Kyles Unterlippe leicht ein und strich mit der Zungenspitze über sie. Er spürte das kurze zögern Kyles, doch schließlich öffnete er doch seine Lippen. Als sich ihre Zungenspitzen berührten, zog Kenny Kyle instinktiv näher an sich, schlang seine Arme um dessen Schultern und spürte wie Kyle seine Hände in seinem Nacken verschränkte.

Es war Kyle der den Kuss vertiefte. War er bis jetzt noch schüchtern gewesen, packte ihn jetzt der Ehrgeiz. Sein Griff in Kennys Nacken wurde fester und er erwiderte den Kuss beinahe heftig. Kenny hatte wirklich nicht damit gerechnet, doch es störte ihn auch nicht, im Gegenteil. Kyles Initiative gefiel ihm sogar recht gut. Eine Hand die bis jetzt auf der Schulter des Rothaarigen geruht hatte, rutschte nach oben in dessen Haarmähne, die Kenny so faszinierte und ihm so gefiel. Er hatte noch nie Kyles Haare berührt, doch es war genauso weich, wie er es erwartet hatte.

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen bis sie sich schließlich von einander lösten. Sie beide atmeten etwas heftiger und Kyles Lippen waren dunkelrot angelaufen. Er leckte sich bedächtig über die Lippen und sah hoch in Kennys Augen. Er wirkte als wollte er etwas sagen, doch Kenny schüttelte nur leicht den Kopf. Beugte sich noch mal runter, küsste Kyle kurz auf die roten Lippen und zwinkerte ihm zu.

„Schlaf gut Kyle, wir sehen uns am Montag in der Schule“ Ohne ein weiteres Word, drehte er sich um und machte sich auf den Weg nach Hause.
 

***

Jetzt war es Amtlich. Irgendetwas stimmte mit Kyle nicht. Kenny starrte sein Telefon an und hielt sich den Bauch. Er saß im Flur seines Familinhauses und hörte seinem Vater zu, wie er durch die Wohnung polterte. Gerade eben hatte er erst wieder Kenny verprügelt, der hier saß und sich den schmerzenden Magen rieb.

Sorry Kenny, aber ich hab heute wirklich keine Zeit für dich.

Kyle hatte ihn noch nie so abgefertigt.

Wie immer hatte Kenny Kyle angerufen, sofort nach dem sein Vater von ihm abgelassen hatte, doch dieses Mal hatte er nicht von ihm ein besorgtes „Natürlich“ gehört. Kühl hatte der Rothaarige ihn abgefertigt und aufgelegt, bevor Kenny hatte etwas antworten können. Es drehte sich ihm der Magen um. Kenny war sich nicht sicher ob es an Kyle lag oder daran das sein Vater ihn mal wieder geschlagen hatte. Er fühlte sich verlassen. Kyle war Kenny wichtig und plötzlich war er wohl nicht mehr wichtig. Es war nur das letze Zeichen von vielen.

Die erste Woche nach ihrem Kuss war noch alles okay gewesen. Am Anfang der Woche war Kyle fröhlich wie immer gewesen, hatte ihm irgendwelche unsinnigen Dinge erzählt, doch je mehr Tage vergingen, desto stiller wurde er. Kenny hatte es am Anfang nicht wirklich bemerkt. Es gab eben Tage an dem man stiller war. Doch dann hatte Kyle angefangen ihm aus dem Weg zu gehen. Am Wochenende hatten sie sich gar nicht gesehen. Auch Stan hatte nichts von Kyle gehört. Am Montag hatte Kyle so gut es ging seine Nähe gemieden und Gründe gefunden zu verschwinden.

Jetzt war Mittwoch und Kyle hatte ihn nicht nur Versetzt, sondern ihn völlig abgeblockt. Kenny spürte dass er dabei war Kyles Freundschaft zu verlieren und er wusste nicht wieso.

Ächzend rappelte sich Kenny auf. Mit schleppenden Schritten schlurfte er die Treppe nach oben in den zweiten Stock um sich in seinem Zimmer zu verkriechen. Schnell war die Tür hinter ihm zugezogen und er ließ sich auf sein Bett fallen. Starr sah Kenny an die Decke. Was war nur mit Kyle los?

Konnte es wirklich der Kuss sein, der alles geändert hatte? Kyle hatte ihn doch darum gebeten. Sie hatten beide Gewusst dass es nur ein Kuss war, damit Kyle endlich mitreden konnte. Sicher Kenny hatte es genossen, doch er wollte nicht anders über Kyle nachdenken als über einen besten Freund. Trotzdem er spürte das er den kleinen Rotschopf vermisste und das er Angst davor hatte ihn zu verlieren. Frustriert drehte sich Kenny auf die Seite und zog die Beine, an seinen schmerzende Körpermitte.

Es hatte sich etwas verändert zwischen ihnen und der Kuss war schuld. Kenny hatte es nicht wahrhaben wollen und hatte es deshalb ignoriert. Doch es war offensichtlich. Am Montag nach dem Kuss war er nervös geworden als er auf Kyle gewartet hatte, sogar Stan hatte gemerkt dass mit ihm etwas nicht stimmte. Doch das war noch nicht genug. Jedes Mal wenn Kyle ihn angesehen hatte, hatte er wärme in seinem Körper gespürt, die durch seine Adern floss und drohte überzuschwappen. Genauso einsam hatte er sich Gefühlt wenn Kyle nicht da war. Jedes Mal wenn er vor ihm geflohen war, hatte er ein Stechen in seiner Brust gespürt. Ein Stechen das durch Kyles Worte am Telefon zu einem Dauerzustand geworden war. Kenny passte es zwar nicht, doch er war dabei sich in den Rothaarigen zu verlieben. Verfluchte Scheiße. Das durfte nicht sein.

Kenny fragte sich ob er sich Kyle gegenüber anders verhalten hatte? Hatte man gemerkt das er mehr als nur platonischen Interesse für ihn entwickelte und wollte Kyle deshalb nichts mehr von ihm wissen? Was es auch war, Kenny wusste das sie dringend etwas daran ändern mussten. Ob ihm das gefiel oder nicht, Kyle würde mit ihm sprechen müssen. Doch dafür würde er Kyle erst einmal abfangen müssen. Aufseufzend drehte sich Kenny auf den Rücken und starrte die Decke an.
 

***

Der Donnerstag verging, der Freitag verging und das Wochenende folgte genauso, ohne das Kenny es geschafft hatte mit Kyle unter vier Augen zu sprechen. Es war frustrierend. Selbst den anderen war schon aufgefallen das Kyle nicht mehr mit ihm sprach. Stan war besorgt und Eric ließ nur einen abfälligen Kommentar fallen. Kenny ignorierte beide und versuchte es weiter. Doch langsam hatte er wirklich das Gefühl das wenn er nicht bei Kyle zuhause aufschlug, würde er den Rothaarigen nicht mehr in die Finger kriegen. Obwohl sie zusammen viele Kurse in der Schule hatte, schaffte es Kyle irgendwie immer vor ihm zu flüchten. Egal was er versuchte, er bekam ihn einfach nicht zu fassen. Montagmorgen hatte Kenny aber beschlossen dass damit Schluss wäre. Sie hatten Sport und Kyle würde dieses Mal nicht einfach so verschwinden können. Dieses Mal nicht. Dafür würde er sorgen.

Kenny lief durch die Sporthalle, so wie alle anderen. Strafrunden weil sie nicht aufgepasst hatten. Normalerweise ließ ihr Sportlehrer den Unterricht ruhig ausklingen, doch dieses Mal war ihm der Geduldsfaden gerissen. Kenny war das nur recht. Er rannte ein paar Schritte hinter Stan und Kyle, die sich beim Laufen leise und unterhielten. Normalerweise hätte er die beiden längst überholt und wäre in seinem eigenen, sehr viel schnelleren, Tempo die zehn Runden gerannt um schnell weg zu kommen. Doch dieses Mal hatte er etwas anderes vor. Kyle war immer einer der Letzen der ging, meist blieb nur Stan genauso lange und quatschte mit seinem besten Freund. Kenny gehörte zu denen die sehr schnell verschwanden. Doch dieses Mal würde er Kyle eine kleine Falle stellen und ihn in die Finger bekommen. Während er darüber nachdachte starrte Kenny weiter Kyles Hinterkopf an. Die roten Locken hüpften leicht mit wenn er rannte und Kenny liebte den Anblick. Kyles Haare waren so eigen, so wunderbar. Kenny hatte viel über den anderen nachgedacht. Ihm war klar geworden das er schon sehr lange etwas für Kyle übrig hatte, doch bis jetzt hatte er es immer gut Unterdrückt und nicht weiter darüber nachgedacht. Doch nach dem Kuss war das alles hochgebrochen. Die Nichtachtung des anderen, gefiel ihm deshalb umso weniger.

Das schrille Pfeifen des Sportlehrers ließ Kenny zusammen zucken. Er blieb abrupt stehen und atmete schwer ein und aus. Ein paar knappe Worte und sie waren entlassen. Kenny schlappte eilig in die Umkleide und lief Richtung Dusche. Er war immer froh wenn er die Dusche in der Schule nutzen konnte, da war es wenigstens Sicher dass es warmes Wasser gab. Hatte sein Vater wieder mal vergessen die Wasserrechnung zu zahlen, musste er oft kalt duschen. Doch dieses Mal hielt er sich nicht lange unter der Dusche auf. Nur in Short, sein Handtuch auf der Schulter trat er zurück in die Umkleide. Die meisten saßen noch herum und warteten darauf dass eine der Duschen frei wurde. Kenny saß neben Stan und unterhielt sich mit Craig und Tweek. Er hatte ein Bein angezogen und sah kurz zu ihm rüber. Als er bemerkte dass Kenny sich seines Blickes Bewusst war, drehte er den Kopf schnell wieder weg und sah wieder zu Craig. Kenny presste die Lippen nur aufeinander, zog sich hastig an und verließ die Umkleide.

Doch statt nach Hause zu gehen setze er sich vor der Sporthalle auf eine Mauer und sah zu wie seine Klassenkameraden, einer nach dem anderen, aus der Sporthalle kamen. Am Ende fehlten nur noch Stan und Kyle. Wie immer eigentlich. Sich noch mal umsehend sprang Kenny von der Mauer und ging zurück in die Sporthalle er schlug den Weg zur Umkleide ein. Leise öffnete er die Türe.

Stan stand fertig angezogen da und wartete auf Kyle, der sich seine Schuhe zuband und mit dem Rücken zu Kenny auf dem Boden kniete.

„… und Cartman, der Fettarsch, musste wieder seine Klappe aufreißen, ich hab langsam wirklich… Kenny?!“ Kyle hatte weiter geredet ohne zu merken dass Kenny eingetreten war. Doch als er sich umdrehte, war er merklich erstarrt und blieb nun stocksteif stehen. Stan sah von Kenny, der unbewegt neben der Türe stand, zu Kyle, der aussah als hätte er ein Gespenst gesehen.

„Okay, was zum Geier ist eigentlich mit euch los?“ brummte er etwas genervt. Er hatte schon X –Mal gefragt, doch keiner von beiden hatte auch nur einen Pieps gesagt. Kenny sah zu Stan und seufzte.

„Hey würdest du bitte mal Eben draußen warten…“ Sein Blick ließ keine Wiederrede zu, so das Stan, die Hände leicht gehoben, die Umkleide verließ. Kyle rührte sich die ganze Zeit nicht vom Fleck. Er sah an die Wand und weigerte sich Kenny anzusehen. Dem wurde das ganze langsam zu bunt. Mit wenigen Schritten war er bei dem Kleineren.

„Ich denke wir sollten uns Mal unterhalten, Kyle“ Kyle hob den Kopf und sah Kenny an, als dieser ihn direkt ansprach. Sein Blick war traurig beinahe verzweifelt, doch er wollte wohl nicht dass Kenny davon etwas merkte. „Ich wüsste nicht worüber“ blockte er nur ab und schüttelte den Kopf. Kenny seufzte nur leise. Er packte Kyle mit etwas Kraft am Arm und zwang ihn, sich zu ihm zu drehen. Grün traf auf Blau und er sah ihm Sekunden lang nur in die Augen.

„Ich denk du weist ganz genau worüber. Erst bittest du mich dich zu küssen, dann lässt du mich links liegen und lässt mich verrotten als ich dich gebraucht hätte“ Während Kenny sprach, wurde er lauter und auch ein wenig wütend. Seine Stimme zitterte unterdrückt vor Wut, die sich in ihm angestaut hatte. Kyle konnte dem Blick aus den blauen Augen nicht länger stand halten. Er senkte den Blick und Kenny sah genau wie er schluckte.

„Das tut mir Leid, Kenny, ich… ich hatte einfach keine Zeit….“ Murmelte er leise, doch Kenny wusste genau das der Kleinere log. Keine Zeit, Kyle hatte noch nie kleine Zeit gehabt. Sein Griff um Kyles Arm wurde fester. „Warum lügst du mich an, Kyle. Damit hat es nichts zu tun. Meine Güte. Seit diesem verdammten Kuss benimmst du dich so bescheuert. Es war nur ein Kuss, nichts anderes… warum also stellst du dich so an?“ Kenny war immer noch wütend. Es tat ihm weh, wie Kyle ihn behandelte und deshalb wählte er seine Worte auch so. Er wollte Kyle weh tun, wollte dass er da gleiche Fühlte was er gefühlt hatte und es schien zu klappen. Besser als er wohl geglaubt hatte. Etwas betreten ließ er Kyles Arm los, als er sah dass diesem die Tränen in die Augen stiegen. Der Rothaarige fuhr sich leicht über die Augen und funkelte Kenny an.

„Genau das ist doch das Problem, du Idiot“ seine Stimme zitterte, doch seine Augen funkelten entschlossen. Bevor Kenny wirklich wusste was geschah, war Kyle schon an ihn herangetreten, hatte die Hände in seinem Nacken gelegt, sich auf Zehenspitzen gestellt und ihn geküsste. Erstarrt und verwundert küsste er nicht zurück. Zu sehr war Kenny überrascht von der Situation. Doch der Kuss war auch zu kurz um groß zu reagieren. Kyle löste sich von ihm und blickte ihm ein paar Sekunden einfach nur in die Augen.

„Für dich war es nur ein Kuss, für mich nicht…. Ich wollte das nicht, aber verrat mir wie soll ich es in deiner Nähe aushalten wenn ich weiß das du nicht genauso darüber denkst?“ Er gab Kenny nicht die Möglichkeit zu antworten. Stattdessen schnappte er sich seine Tasche und rannte aus dem Raum. Kenny blieb noch ein paar Minuten einfach nur stehen. Eine Hand an den Lippen und mit klopfendem Herzen. Kyle ging es genauso wie ihm. Ruckartig drehte er sich um und rannte aus dem Raum. Er musste mit Kyle reden, so schnell wie möglich. Er musste das Missverständnis aus dem Weg schaffen.
 

***

Es war Dienstagmittag. Kyle war auf dem Weg nach Hause. Kenny war nicht in der Schule gewesen. Niemand hatte ihn gesehen, seit er am Tag zuvor im Sportunterricht gegangen war. Von der Situation in der Umkleide wusste nur Stan und dem hatte er nicht erzählt was passiert war. Kyle machte sich Sorgen. Es war zwar Kennys Art ab und an einfach nicht aufzutauchen, doch er hatte ihm immer eine SMS geschrieben. Dieses Mal nicht. Kyle spürte wie sein Herz sich verkrampfte. Lag es an dem was in der Schule passiert war. Wollte Kenny nicht mehr mit ihm reden? Er hatte ihn aufs Handy angerufen, doch der Blonde musste es ausgeschaltet haben.

An der letzen Kreuzung hatte sich Kyle von Stan verabschiedet. Er machte sich vorwürfe. Wegen ihm drohte die Freundschaft zwischen Kenny und ihm in die Brüche zu gehen. Alles war seine Schuld. Wieso auch musste er mehr sehen in diesem dummen Kuss. Kyle hatte das nicht gewollt. Am Anfang war da auch nichts gewesen, doch am Montag nach dem Kuss war etwas anders gewesen. Als er Kenny gesehen hatte, hatte sein Herz plötzlich schneller geschlagen. Kyle hatte es ignoriert, hatte es darauf geschoben das er in die Schule gerannt war, weil er den Bus verpasst hatte, doch das Herzklopfen war nicht weg gegangen. Stattdessen war es nur schlimmer geworden, bis er sich eingestehen musste, dass er wohl dabei war sich in Kenny zu verlieben. Ausgerechnet in Kenny. Kyle war sich sicher gewesen nicht schwul zu sein und er war sich immer noch sicher. Er hatte sich selbst getestet. Frauen fand er nach wie vor immer noch anziehend und mit Männern konnte er immer noch nichts anfangen. Kenny war die große Außnahme. Er war einfach Kennysexuell, auch wenn das völlig bescheuert klang.

Seufzend kramte Kyle in seiner Hosentasche nach dem Hausschlüssel, nach dem er vor seinem Elternhaus angekommen war. Er schloss auf und betrat den Flur. Schweigend hängte er seine Jacke weg und schlüpfte aus seinen Schuhen. Die grüne Mütze zog er von seinen roten Locken und stellte auch den Rucksack ab.

„Mum, ich bin wieder da“ Sheila Broflovski, kam aus der Küche. Die beleibte Frau lächelte ihren Sohn an. „Kyle da bist du ja wieder“ Sie trocknete ihre Hände mit der Küchenschürze ab. „Du hast Besucht, Liebling. Ich hab deinen Freund hoch geschickt. Er sieht wirklich übel aus, du solltest ihm sagen das er sich nicht so viel prügeln sollte.“ Kyle fuhr herum bei den Worten seiner Mutter. Sie mussten von Kenny reden. Niemand sonst würde so schlimm aussehen, wie der Blonde.

„Kla..ar Mum, ich sag es ihm….“ Nuschelte er mit klopfendem Herzen, bevor er polternd die Treppe nach oben rannte, nicht auf den Protest seiner Mutter achtend. Mit einem Ruck riss Kyle die Türe in sein Zimmer auf.

„Kenny!... OH Gott… was ist mit dir passiert?“ Wie versteinert blieb Kyle im Türrahmen stehen. Das eben noch freudige Glitzern in seinen Augen, hatte sich in ein schockierten verwandelt. Kenny saß auf seinem Bett, hatte die Beine angezogen und zockte auf Kyles Konsole. Er hob den Kopf als Kyle reinkam. Seine eine Gesichtshälfte war beinahe vollständig blau-grün und eine tiefe Wunde an seiner Schläfe war genäht worden. Seine Arme steckten in Verbänden und er saß da als würde ihm jede Bewegung schmerzen.

„Hey Kyle, ich hoff es ist okay das ich deine Konsole angemacht hab“ Er hob leicht die Hand, in der er den Kontroller hielt. Kyle schien seine Worte kaum zu hören. Er stürzte sich mit einem Mal auf ihn und packte seinen Arm. Mit geweiteten Augen zog er Kenny zu sich und berührte vorsichtig dessen Gesicht. Kenny zuckte nicht zurück, doch Kyle sah auch so dass ihm die Berührung nicht behagte. Kyle biss sich auf die Unterlippe.

„Wieso hast du mich nicht angerufen?“ flüsterte er erstickt und ließ von Kenny ab. Bebend plumpste er neben ihn auf sein Bett. Kenny sah ihn lange schweigend an. Er dachte darüber nach was er sagen sollte.

„Du hättest mich doch wieder abgeblockt oder… außerdem ist mein Handy kaputt gegangen als mein Dad die Beherrschung verloren hat“ Kyle senkte etwas betreten den Blick. Irgendwie hatte Kenny recht. Wahrscheinlich hätte er Kenny wieder abgeblockt. Doch das war jetzt zweitranging. Er sah Kenny wieder an, der ihn ruhig und ohne Vorwurf ansah.

„Wie ist das passiert, ich mein… so schlimm hast du noch nie ausgesehen“ Kenny seufzte. Er lehnte sich zurück und zog die Beine mühsam noch etwas enger an seinen Körper. Er sah Kyle an und hob eine Hand um ihn ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen. Sein Blick war beinahe zärtlich.

„Naja es hat eigentlich angefangen wie immer Er hat rumgepöbelt und ihn hab ich gelassen. Dann aber … hat er angefangen mich als Schlampe zu bezeichnen und das war noch nicht mal das Schlimmste… er…“ Kenny unterbrach kurz und senkte den Blick. Sich über die Lippen leckend sah er Kyle in die Augen.

„ …Er meinte ich würde ja doch immer nur zu meiner kleinen rothaarigen Hure abhauen… er hätte ja jetzt Beweise, weil einer seiner Kumpels uns beim Küssen gesehen hat und… da bin ich ausgerastet und hab ihn angeschrien“ Kenny zuckte leicht mit den Schultern und drehte den Kopf. Kyle war blass geworden. Es war seine Schuld? Wegen ihm sah Kenny so aus!

„Es tut mir Leid Kenny, das ist alles nur weil ich wollte das du mich küsst… und dann bin ich auch noch so dumm und verlieb mich in dich“ Kyle rieb sich über die brennenden Augen und lächelte entschuldigend. Er würde einfach Kenny vergessen müssen, dann würde dieser ihn nicht mehr vor seinem Vater verteidigen müssen. Kenny schüttelte den Kopf und drehte sich jetzt so, dass er Kyle gegenüber saß. Er lächelte und sah Kyle ruhig an.

„Vergiss das mal ganz schnell wieder. Es ist nicht deine Schuld. Mal davon abgesehen, wollt ich dir eigentlich noch was sagen, aber du bist gestern zu schnell abgehauen“ Sie saßen sich ein paar Sekunden nur gegenüber. Kyle wollte fragen was es war das Kenny ihm sagen wollte, doch er brachte kein Word heraus. Schluckend versuchte er es noch mal und spürte dabei sein Herz schneller schlagen.

„Was wolltest du mir den sagen?“ seine Stimme war unsicher und er konnte Kennys Blick nicht standhalten. Doch das war auch nicht weiter wichtig. Statt zu antworten beugte sich Kenny zu ihm rüber, legte eine Hand in seinen Nacken und küsste ihn. Dieses Mal war der Kuss nicht kurz und verzweifelt, wie der in der Umkleide. Nein es war ein langer Kuss, ein Kuss der mehr sagte als tausend Worde. Kyle spürte das warme Kribbeln in seinem Körper das ihn immer befiel wenn er Kenny sah, nur dieses Mal tausend Mal stärker. Die Welt blieb stehen, nur für ein paar Sekunden, um dann in einem viel schnellen Tempo weiter zu gehen. Als sie sich lösten, waren sie beide überwältigt.

„Das du nicht der einzige bist, der in dem Kuss mehr als nur einen Kuss gesehen hat…“ Kenny lächelte leicht und strich durch Kyles rote Locken. Der Kleinere konnte nicht anders als leicht rot zu werden. Er leckte sich über die Unterlippe und sah fragend in Kennys Augen.

„Heißt das… du willst mit mir zusammen sein?“ Kenny nickte nur als Antwort, strich weiter über Kyles Haare und küsste ihn erneut. Nur für einen kurzen Moment, doch es war genug. Kyle schlang die Arme um Kenny und wollte sich stürmisch auf ihn stürzen, doch der Blonde japste vor Schmerzen auf.

„Au… vorsichtig Kyle“ Kyle ließ sofort los. Sein glücklicher Blick, wurde betrübt. Er kaute auf seiner Unterlippe und sah zu Kenny, der sich die Seite hielt, die schmerzhaft pochte.

„Sorry… aber was ist mit deinem Vater, wird er nicht noch wütender wenn wir…“ Kenny unterbrach Kyle mit einem Kopf schütteln. Er lehnte sich an die Kopfstütze des Bettes und zog Kyle neben sich. Lächelnd lehnte er seinen Kopf an Kyles und verschränkte seine Finger mit denen des Rotschopfs.

„Mach dir keine Gedanken um meinen Vater. Er wird mich nie wieder anfassen, dafür hab ich gesorgt, Schatz
 

***
 

edit: Teil II -http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/286307/



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SaRiku
2012-12-05T13:05:33+00:00 05.12.2012 14:05
Hallöchen~ :D

So... ich denke, ich bin dir einen Kommentar schuldig, weil ich deine ff nun schon zum zweiten mal lese. *breit grins*
Im Gegensatz zu den meisten anderen South Park Fans bin ich noch ein Frischling, ich hab mit der Serie erst vor ca 3 Wochen angefangen! ^///^
Und jetzt kann ich mich nicht bremsen und lese fanfictions ooohnee Ende... leider gibt es nicht allzu viele auf deutsch und die meisten sind auch gar nicht fertig... *seufz*
Tja, und weil K2 eines meiner Lieblingspairings ist, habe ich mich eben spontan dazu entschieden, deine ff nochmal zu lesen. Und diesmal muss ich dir auch einfach nen Kommi schreiben x//D (ich böser Schwarzleser)

Also zum Inhalt: Vor allem die Stelle, als sich die beiden unter der Straßenlaterne geküsst haben, das war so ungalublich süüüß! *___* Und gut geschrieben.

Außerdem finde ich, dass du die Charaktere recht gut getroffen hast. <3 (über die kleine Nebenbei-Bemerkung zu Craig und Tweek habe ich mich übrigens sehr gefreut ;D)

Und ich war froh, dass in deiner Story nicht gleich alles Schlag auf Schlag ging, sondern dass die beiden jeweils etwas Bedenkzeit gebraucht haben.

Und noch ein bisschen Kritik zum Ende hin, damit du was von diesem Kommi hast xD:
achte ein bisschen mehr auf Tippfehler und auf deine Kommasetzung, dann lässt sich der Text flüssiger lesen. War jetzt nicht super schlimm, aber mir ist es eben doch aufgefallen. ^^

So, fertig! :D
Wobei - eine Sache noch: wie war denn bitte Kennys letzter Satz gemeint?! O___O Oh Gott, er ist doch kein Mörder, oder?! >n<
Von: abgemeldet
2012-08-02T17:44:03+00:00 02.08.2012 19:44
OMG, ich weiß nicht warum, aber ich hatte zum Schluss irgendwie Tränen un den Augen ^^"
Das war sooooo süß und ich war total gefesselt...

Ich musste auch total lachen, als ich das mit Kenny 'Sexleben' gelesen hab.
Ich wusste schon immer das Kenny SO EINER ist XD

LG Dana


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