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Maskierter Morgen

von

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[File 1] Aufmerksamkeit

Hallöchen,

es freut mich, dass ihr den Weg in die FF ‚Maskierter Morgen‘ gefunden habt. Die Idee kam mir recht spontan und in einer Situation, wo ich eigentlich nichts schreiben sollte (wegen Lernen). Aber trotzdem breitete sich meine Idee sehr schnell in meinem Kopf aus und ich sah sämtliche Kapitel vor meinem geistigen Auge. Aus dem Grund kam ich einfach nicht umher, die FF zu schreiben. Maskierter Morgen beinhaltet die ‚Was wäre wenn…‘ Frage. Alles beginnt im Tropical Land. Shinichi ist dabei Wodka zu folgen, doch alles wird anders. Viel Spaß beim Lesen.

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Kapitel 1: [File 1] Aufmerksamkeit
 

Schluchzend ging die Braunhaarige neben ihrem Schulkameraden entlang. Es hätte so ein schöner Abend werden. Es fing nicht einmal schlecht an, doch sobald sie die Achterbahn betraten, änderte sich ihr Glück.

Neben den ganzen unscheinbaren Menschen, gab es einige, die die Aufmerksamkeit auf die beiden Oberschüler zogen; eine Gruppe, bestehend aus drei jungen Frauen und einem Mann, sowie zwei ältere, in schwarz gekleidete Männer. Männer, von denen man nie gedacht hätte, dass sie in einen Vergnügungspark gingen. Trotzdem waren sie vor Ort und fuhren, wie die beiden Oberschüler mit der Achterbahn. Ein Szenario welches man sich nicht einmal im Traum vorstellte. Doch es waren nicht die beiden Männer, die so sehr auffielen. Viel eher war es eine junge Frau, die mit ihrer Tat den Abend unvergesslich werden ließ. Bittere Tränen weinte sie ihm nach, ihr schmerzerfülltes Herz sah keinen Ausweg mehr…und dann der Mord in der Dunkelheit.

Nur acht Menschen kamen dafür in Frage, drei schieden aus; der Schülerdetektiv, seine Schulfreundin und der Tote. Sein erster Gedanke kreiste um die Männer in Schwarz. Sie verhielten sich verdächtig, wollten den Ort gerne wieder verlassen und sprachen mehrfach von ihrer Unschuld. Doch reichte es aus? Gewiss nicht. Jeder, der so vehement seine Unschuld beteuerte, hatte irgendwas zu verbergen. Die Frage war nur was. Doch ohne Beweise ging nichts. Und schnell stellte sich die Unschuld der Fremden heraus. Sie sagten die Wahrheit; wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben. Aber dafür war zu diesen Zeiten noch nicht zu denken.

Meisterlich klärte der Oberschüler den Fall, dessen er sich annahm, auf. Nicht nur die Polizisten versetzte er in Erstaunen, auch die Männer in Schwarz. Dabei war es nur ein Zufall, dass er sich an jenem Tag in der Achterbahn befand, es hätte auch eine andere Attraktion sein können. Aber das Schicksal meinte es anders mit ihm.

Shinichis Blick richtete sich auf seine Mitschülerin, der es nach dem Mord immer noch nicht gut ging. Sie war aufgelöst, trauerte mit den Angehörigen und Verbliebenen des Opfers und hatte immer noch nicht gelernt, Abstand zu halten. Egal wie schlimm ein Fall war, man durfte ihn nicht allzu nah kommen lassen, sonst war es aus. Eigentlich sollte sie das wissen; ihr bester Freund ein Detektiv, der überaus oft zu solchen Fällen gerufen wurde und ihr Vater, ein weniger erfolgreicher Detektiv, der aber auch schon einiges sah.

Egal was Kudo auch sagte, es waren nicht die richtigen Worte, bis er dann schließlich verstummte. Einer der Männer in Schwarz kreuzte wieder seinen Weg. Er lief schnell und alleine, bis er schließlich in der Dunkelheit verschwand. Ein ungutes Gefühl überkam den Oberschüler. Jetzt musste er schnell handeln. Entschuldigend blickte er Ran an. „…ich muss mal schnell wohin“, rief er ihr im Laufen zu.

Dadurch erwachte das langhaarige Mädchen aus ihrer Trauer. Sogleich folgte ein ‚Wohin denn?‘, ehe auch sie sich auf den Weg machte. Weit kam Ran nicht, als ihr Schnürsenkel rieß, blieb sie stehen und sah hinunter. Ein schlechtes Gefühl machte sich in ihrer Bauchgegend breit, so als würde sie gleich die wichtigste Person verlieren. Dieses Gefühl verstärkte sich, als ihr Klassenkamerad in der Dunkelheit verschwand.

„Shinichi“, rief sie aus vollem Leib. Was sollte sie nun machen? Tatsächlich warten? Die Oberschülerin schüttelte den Kopf. Nicht heute, nicht schon wieder. Es war schon so lange her, dass sie was zusammen unternahmen und jetzt, wo es endlich soweit war, schien er in Arbeit zu versinken. Doch so einfach wollte sie es ihm nicht machen. Die Langhaarige kniete sich hin und stopfte den gerissenen Schnürsenkel soweit in den Schuh, dass er sie beim Laufen nicht behinderte. Dann lief sie erneut los.
 

Shinichi verlor sich in der Dunkelheit. Der Oberschüler war ratlos. Seine Schritte verlangsamten sich, als er langsam dem weiteren Gelände näher kam. Aber nirgends war auch nur eine Spur von dem Mann in Schwarz zu sehen. Wie war das nur möglich? Menschen konnten nicht einfach so verschwinden. Nicht er, der selbst in der größten Menschenmenge noch auffiel. Sein Verstand arbeitete, er lief auf Hochtouren, und trotzdem verlor er jemanden in der Dunkelheit. Shinichi blickte sich um, vielleicht konnte er irgendwie eine Spur aufnehmen und dem Fremden noch folgen. Sein ungutes Gefühl beschlich ihn immer noch.

Der Oberschüler sah nach rechts, nach links. Überall Leere und kaum Menschen. „Wie kann das nur…“, murmelte er leise. Er wollte nicht zugeben, dass die Möglichkeit bestand, dass er, der Schülerdetektiv Shinichi Kudo, einen Fehler beging. Das war eine Schmach. Aber zum Glück war keiner da, der irgendwas von seinem Plan wusste.

„Hier steckst du also, Shinichi. Von wegen: ‚ich muss mal wo hin‘!“

Der Oberschüler erschrak. Es war eines von den Malen, wo er mit einer Begebenheit nicht rechnete. Eigentlich ging er alleine, bekam gar nicht mit, dass Ran ihm doch folgte, aber nun stand sie direkt hinter ihm. Wütend, die Hände in die Seiten gestemmt, blickte sie ihn an.

„Also? Ich höre“, wütend tippte sie mit ihrem rechten Bein auf den Boden. Jetzt musste sich der Oberschüler etwas Gutes einfallen lassen. Mit Ran stand man ungern auf Kriegsfuß, besonders wenn man wusste, dass sie dann wieder bei einem ihren legendären Karatetritt anwenden würde.

Leicht verlegen hob Shinichi den rechten Arm an seinen Hinterkopf und kratzte sich diesen. „Ich glaub, ich hab mich einfach nur verguckt“, erklärte der Oberschüler.

„Du hast…du hast…“, wiederholte Ran ungläubig. „…dich verguckt?“, mit einem Mal wurde ihre Stimme lauter und man sah ihr regelrecht an, dass sie wütend wurde. „Du lässt mich einfach so stehen und dann erzählst du mir, dass du dich nur verguckt hast?“

Kudo nickte. Etwas Besseres war ihm in diesem Zusammenhang nicht eingefallen. Er konnte schließlich schlecht sagen: ‚Ich hab einen Kerl in Schwarz verfolgt, es sah so aus, als würde er krumme Geschäfte treiben und nun hab ich ihn verloren. Hilfst du mir beim Suchen? Vier Augen sehen bekanntlich mehr als zwei.‘ Nie im Leben würde sie ihm das abkaufen und selbst wenn, sie hätte sicherlich besseres zu tun, als einen möglichen Verbrecher zu suchen.

„Selbst mir kann das passieren“, antwortete er mit einem Schulterzucken darauf.

„Das glaub ich jetzt nicht“, die Anspannung in Rans Augen war deutlich sichtbar, auch wenn sie versuchte sich zusammen zu reißen, aber irgendwann ging es nicht mehr.

Shinichi machte sich auf eine gehörige Standpauke bereit, er war für alles, was sie ihm nun sagen würde, bereit, doch es kam alles anders.

„Du bist gemein, Shinichi.“

Kudos Augen weiteten sich. Mit einem Gefühlsausbruch der anderen Sorte rechnete er nicht. Wie auch? Zwar wusste er, dass Ran eine weiche Seite besaß, aber die zeigte sie selten. „Eh?“ Vollkommen perplex sah der Oberschüler seine Mitschülerin an.

„Wir haben so lange nichts mehr zusammen gemacht, und kaum sind wir hier, redest du von Sherlock Holmes. Es stört mich nicht, ich hör dir da wirklich gerne zu, aber dann passiert irgendein Fall, der deine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht und du vergisst wieder alles um dich herum und dann verschwindest du einfach. Und jetzt sagst du mir, dass es doch nur wieder falscher Alarm war. Ich hab mich auf den heutigen Abend so gefreut, aber schau nur, was daraus geworden ist. Wir stehen hier ganz abseits vom Park und…“

„Schh…ist ja schon gut“, wisperte der Oberschüler und zog die Mitschülerin in seine Arme. „Ist ja gut“, wiederholte er sich, während er über ihr Haar strich. „Ich weiß doch, was ich dir versprochen habe und ich werde mein Versprechen auch halten.“

„Shinichi.“ Ran lief rot an, mit einem Mal stieß sie den Oberschüler von sich. „Was fällt dir ein“, schnaubte sie wütend, versuchte ebenso ihr schlagendes Herz zu verstecken.

Daraufhin lachte der Oberschüler. „Du müsstest mal dein Gesicht sehen“, gab er von sich.

„Das ist nicht lustig, Shinichi.“

„Na komm, lass uns wieder zurück gehen. Du willst doch noch einen schönen Restabend hier verbringen. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich nicht wieder von einem Mord angezogen werde, der vor unseren Augen passiert“, warf der Detektiv ein.

„Jaja, das sagst du immer“, kam es von Ran, welche sich sogleich an Shinichis Arm klammerte. „Aber ich hoffe, du versuchst es diesmal wirklich.“

„Versprochen“, nickte der Oberschüler. „Also? Wohin willst du jetzt?“

„Hmmm“, dachte die Angesprochene nach, zog ihren Freund dann mit sich und sah sich die einzelnen Attraktionen an. „Keine Achterbahn.“

„Gut. Keine Achterbahn“, stimmte Kudo leicht lächelnd zu.
 

„Na endlich“, ein schwaches Murmeln der Worte waren zu vernehmen. Worte, die man nur verstand, wenn man direkt neben der Person stand. „Wären die noch länger dort, hätte ich sie abgeknallt, was ist mit dir, Gin?“

„Mach dich nicht lächerlich“, gab der Angesprochene von sich. Er bewegte sich von der Wand weg und sah seinen Partner an.

„Eh?“

„Pass gefälligst auf. Du kannst dir keinen weiteren Fehler leisten.“

Wodka schluckte hart. „Ich hab nicht geahnt, dass der Junge…“, versuchte er sich zu rechtfertigen. Doch Gin schnitt ihm das Wort ab.

„Du solltest langsam wissen, was die Menschen können. Du hast ihn selber gehört, er ist ein Schnüffler und als du so offensichtlich herum gelaufen bist, hast du seine Aufmerksamkeit auf dich gezogen“, zischte der Mann.

Diesmal nickte Wodka und versicherte sich selber, dass er es sich für das nächste Mal merkte. „Ich kann froh sein, dass du das rechtzeitig bemerkt hast, Aniki.“

Daraufhin nickte der Angesprochene. „Sei froh, dass ich die Übergabe um eine halbe Stunde verlegt habe.“

„Eh? Ja, Aniki“, stimmte Wodka dem zu. „Sag mal…“, murmelte er dann leise. „Woher wusstest du, dass es besser ist, die Übergabe zu verlegen? Du konntest doch nicht wissen, dass der Schnüffler mich verfolgt.“

Augenrollend schüttelte Gin den Kopf. „Wenn die Polizei hier herum schnüffelt, kann es nicht schaden, das Treffen zu verschieben. Oder möchtest du, dass wir ihre Aufmerksamkeit auf uns ziehen? Der Boss wäre darüber sicher alles andere als erfreut. Aber keine Sorge, du würdest nicht allzu lange im Gefängnis verweilen.“

„Ich verstehe“, nickte der Dickere. „Du würdest mich dann sicher schnell rausholen.“

„Wenn du dort raus kommst, dann nur im Sarg“, grinste Gin.

„A…ni...ki…“, murmelte Wodka leicht erschrocken. Er schluckte hart.

„Jetzt mach dir nicht in die Hose. Sie haben dich ja nicht geschnappt.“

„Ja, da hast du recht“, nickte Wodka ein weiteres Mal. Trotzdem war es doch zu Beginn ein kleiner Schock. Und wenn Gin so etwas sagte, dann musste auch was Wahres dran sein.

„Na los!“, wies Gin seinen Partner an. „Wickel das Geschäft ab und pass auf, dass dir diesmal kein Schnüffler folgt.“

„Ja, Aniki.“
 

Shinichi streckte sich. Während er neben Ran herging, beobachtete er sie beim Essen der Schokolade, die sie sich an einem Stand holte. „Na siehst du, keine weiteren Zwischenfälle“, sprach der Detektiv.

„Zum Glück. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre. Ich will noch einen abgetrennten Kopf irgendwo herum liegen sehen.“

„So etwas passiert schon nicht zweimal. Keine Sorge, ich kenn mich damit aus“, schmunzelte Shinichi.

„Ich will gar nicht wissen, mit was du dich sonst noch so auskennst“, wisperte die Langhaarige leise seufzend. Zwar mochte sie es, wenn er über seinen ‚Beruf‘ sprach, aber manchmal war es auch einfach nur viel zu viel. Es waren Tage wie diese, an denen sie nicht noch mehr davon hören wollte. Reichte es denn nicht, dass sie heute direkt dabei war und mit ansehen musste, wie ein Mensch umgebracht wurde? Auch wenn sie es nicht direkt sah, der Anblick, den sie danach hatte, reichte aus, um ihre Welt zu erschüttern.

„Ach komm, das war doch nicht so gemeint“, meinte Shinichi ruhig. „Ich werd dir schon nicht alles ausführlich erzählen. Ich weiß doch, dass du das nicht so gerne magst.“ Dabei war es schon irgendwie merkwürdig. Rans Vater war selber Detektiv, ihre Mutter Anwältin, da musste man doch davon ausgehen, dass ihr solche Dinge wie heute, nicht allzu viel ausmachen würden. Aber Ran war da anders, ihr Vater war da anders. Im Vergleich zu Yusaku nahm Kogoro seine Tochter nie mit zu seinen Fällen, er beschützte sie mehr. Aber war das ein Leben, welches Shinichi für sich wollte? Wohl eher weniger. Er wäre nie Detektiv geworden, wäre er nicht mit dem Ganzen aufgewachsen.

„Bei dir kann man ja nie wissen. Manchmal fängst du einfach an über Sherlock Holmes zu philosophieren und dann gibt es kein Halten“, warf die Langhaarige ein.

„Aber das ist doch was ganz anderes. Holmes ist ein Meisterdetektiv. Er bezieht viele seiner Schlussfolgerungen auf detaillierten Beobachtungen. Er sieht dich an und kann dir vieles über dich erzählen, ohne dass du mit ihm viele Worte gesprochen hast…“

„Ja, ich weiß“, gab Ran missmutig von sich. „Das hattest du mir bereits vor der Achterbahnfahrt erzählt.“

„Man kann es nicht oft genug sagen“, kicherte Kudo.

Ran schüttelte einfach nur den Kopf. „Wie du meinst. Ich werd bestimmt sicher noch in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren viel mehr über ihn erfahren, wenn das überhaupt noch möglich ist.“

„Na komm, so viel hab ich dir jetzt auch nicht über ihn erzählt.“

„Nein, gar nicht“, kicherte Ran. „Wahrscheinlich weiß ich jetzt schon genau so viel über Holmes, wie du.“

„Das glaub ich noch nicht. Es gibt vieles, dass ich dir bisher noch nicht erzählt hab.“

„Stimmt. Und dann vieles, was du mir mehr als einmal erzählt hast.“

„Du tust ja schon fast so, als würde ich nur über ihn reden.“

„Das machst du ja auch“, kicherte Ran.

„Ich kann noch viel mehr erzählen. Aber ich halte mich damit zurück.“

„Du hältst dich zurück? Davon hab ich ja bisher noch nichts mitbekommen.“

„Das kann ich gerne ändern. Dann siehst du, wie viel ich dir bisher noch nicht erzählt habe“, konterte Shinichi.

„Ich verzichte lieber“, schmunzelte die Langhaarige.

„Schade. Ich hätte so viele Geschichten zu erzählen…“

„Das glaub ich dir aufs Wort.“

„Vielleicht mach ich das ja irgendwann später“, entgegnete der junge Detektiv, ehe er sich ein weiteres Mal streckte. „Wir sollten uns langsam auf den Weg machen, sonst reißt mir dein Vater noch den Kopf ab.“

„Das war jetzt gemein, Shinichi.“

„Eh? Was hab ich denn gesagt?“, wollte er wissen.

„Kopf abreißen“, wiederholte das Mädchen leise murmelnd.

Shinichi kratzte sich leicht verlegen am Hinterkopf. „Ach ja, tut mir leid, Ran. Ich hab nicht mehr daran gedacht“

„Ich wünschte, ich könnte nach so etwas auch so schnell abschalten wie du“, wisperte das Mädchen.

„Das kann man lernen, allerdings muss man dafür mehr als einmal in einen solchen Fall hinein gezogen werden. Ich hatte das Glück, dass mich mein Vater schon sehr früh mit genommen hat und ich damit aufgewachsen bin“, erklärte der Oberschüler ruhig.

„Ich werde mich nie an so was gewöhnen können“, gab Ran von sich.

„Das erwarte ich ja auch nicht. Du sollst so bleiben, wie du bist.“

„Shinichi“, wisperte das Mädchen.
 

„Hast du das Geld?“

„Ja“, nickte der Angesprochene endlich und überreichte dem dickeren Mann einen Koffer.

Mit einem Grinsen nahm Wodka diesen an sich, öffnete die Verriegelung und sah sich die einzelnen Geldscheine an.

„Es ist alles, was Sie forderten.“

Wodka nickte.

„Was ist…was ist mit dem Film?“

„Hier.“ Mit dem knappen Wort überreichte der Mann in Schwarz seinem Handelspartner einen Koffer.

Sein Gegenüber schluckte hart und öffnete ganz langsam den Koffer.

„Einen Fernseher habe ich nicht dabei“, gab Wodka nüchtern von sich.

„Das…das hab ich auch nicht behauptet. Gibt es…Kopien?“

„Nein.“

„Gott sei Dank.“

„Nun machen Sie, dass Sie weg kommen“, entgegnete Wodka kaltherzig.

„Ja…ja…natürlich“, nickte der Mann schluckend.

„Ach und noch was!“, fing der Dickere dann an. „Es gibt keine Verbindung zwischen uns Beiden. Merken Sie sich das.“

„Aber natürlich“, nickte er erneut. „Ich habe…Sie nie im Leben gesehen.“

„Sehr schön. Jetzt verschwinde.“

„Ja.“

„Schade, du hast zum Verschwinden zu lange gebraucht“, gab Gin anschließend von sich. Die ganze Zeit über war er in der Nähe, beobachtete arglistig den Austausch und wartete nur, bis seine Zeit gekommen war. Mit einer Eisenstange in der Hand, schlug er dem Anzugträger auf den Kopf.

„Hng…“, die Augen weiteten sich, der Schreck war ihm ins Gesicht geschrieben, sein Körper gab langsam nach und sank zu Boden.

„Eh? Aber Aniki…“, sagte Wodka, während er den Mann auf dem Boden beobachtete.

„Keine Zeugen“, entgegnete der Angesprochene nur knapp. „Los, nimm den Koffer.“

„Ja“, nickte der Dickere und tat, was man ihm auftrug. „Ich verstehe“, grinste er dann. „Wenn wir ihn beseitigt haben, können wir eine andere Person aus der Firma um das Geld bringen.“

Gin grinste. „Ein kinderleichter Auftrag, sogar für jemanden wie dich.“

„Ich bringe es nun zu Ende“, entgegnete Wodka und zog aus seinem Anzug seine FN Browning HP. Mit einem eiskalten Lächeln zielte er auf den Mann, der am Boden lag.

„Bist du verrückt geworden?“

„A…aniki…?“, erschrocken blickte Wodka zu seinem Partner.

„Hier ist überall die Polizei. Schießt du, kommen sie sofort angelaufen.“

„Stimmt…“, murmelte er leise. „Daran hab ich nicht mehr gedacht.“

„Was für ein Glück, dass du Spatzenhirn nicht auf dich alleine gestellt bist“, kam es schnippisch von Gin.

„Und was machen wir jetzt mit ihm?“

Ein Grinsen legte sich auf Gins Gesicht, ehe er eine kleine Box aus seiner Manteltasche zog. „Wir nehmen das hier.“

Misstrauisch beäugte Wodka seinen Partner, der dem Geschäftsmann das Gift einflößte. „Das war es jetzt?“

„Ja“, nickte Gin. „Das Gift tötet dich in den nächsten Minuten und es ist nicht nachweisbar. Verwisch unsere Spuren!“
 

„Ah, Kudo. Du bist immer noch hier.“

„Oh, Inspektor Megure, Sie sind auch noch da“, stellte der Oberschüler fest.

„Ja, es gab hier wohl noch einen zweiten Fall, um den wir uns kümmern mussten.“

„Einen Fall? Was ist denn passiert?“, wollte Shinichi wissen. Sogleich schlug sein Detektivenherz höher, Rans Herz allerdings tat genau das Gegenteil

„Nun ja“, räusperte sich der Inspektor. Durfte er das überhaupt sagen? Er beäugte den jungen Schüler eine Weile. „Wir haben eine weitere Leiche gefunden, abseits des Parks.“

„Eine Leiche? Wissen Sie schon, was passiert ist? Gibt es Verdächtige? Wer ist das Opfer…“, Fragen über Fragen die schon gleich in den ersten Momenten aus Shinichi heraus brachen.

Megure schüttelte den Kopf. „Nichts“, gab er von sich. „Ein paar Polizisten hatten ihn zufällig gefunden. Er hatte noch alles bei sich. Er wird in die Pathologie überführt. Wir nehmen an, dass er aufgrund seines Alters das Gleichgewicht verlor, mit dem Kopf auf den Boden fiel und binnen weniger Sekunden verstarb.“

„Sind Sie sich sicher, dass es kein Mord war?“

„Wir überprüfen es noch, gehen aber davon aus, dass er eines natürlichen Todes starb. Du kannst in dem Fall nichts mehr machen“, antwortete Megure.

„Verstehe“, nickte der Oberschüler murmelnd. Mein Gefühl sagt mir, dass da irgendwas nicht stimmt. Ob diese komischen Männer irgendwas damit zu tun haben? Was wollten sie hier?

„Shinichi? Hey Shinichi“, holte Ran ihren Klassenkameraden aus seinen Gedanken.

„Eh? Ran? Was…was gibt es denn?“, wollte der Angesprochene wissen.

Das Mädchen seufzte. „Der Inspektor hat sich verabschiedet. Und du bist wieder in deiner eigenen Welt.“

„Entschuldige. Das ist so eine kleine Angewohnheit von mir. Ich gelobe Besserung.“

„Das will ich dir aber auch geraten haben“, sprach sie leise und klammerte sich an seinen Arm. „Es muss schlimm sein, wenn man alleine in einem Freizeitpark stirbt. Der Mann dachte bestimmt, dass er noch sein ganzes Leben vor sich hat und nur weil er nicht auf seine Gesundheit achtete, musste er sterben…“

„Ran…?“

„Tut mir leid. Auch wenn ich die Angehörigen nicht kenne, fühle ich immer in solchen Situationen mit“, sagte die Langhaarige.

Shinichi schüttelte den Kopf. „Ist schon gut. Du musst dich dafür nicht entschuldigen. Komm, wir fahren nach Hause.“

[File 2] Neugier

Hallöchen,

es freut mich, dass ihr euch in mein zweites Kapitel verirrt habt, ich hoffe, es gefällt euch wie das erste Kapitel.

@Malerin: Vielen Dank für deinen Kommentar, ich werd versuchen, dass ich die Charas nicht anhand ihrer Haarfarbe klassifiziere.
 

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Kapitel 2: [File 2] Neugier
 

Seufzend blickte Shinichi an die Decke seines Zimmers. Direkt nach dem Tropical Land brachte er Ran nach Hause und machte sich dann selber auf den Weg zu seiner Villa. Wie immer war er alleine zu Hause, aber daran gewöhnte man sich schon.
 

Schnell war er eingeschlafen, doch in seinen Träumen verfolgten ihn die Männer in Schwarz. Shinichi lief und lief, solange bis er ihnen irgendwann gegenüber stand.

Gin und Wodka warteten bereits auf ihn. Die beiden Männer starrten ihn mit ihren eiskalten Augen an. „Da bist du ja“, gab einer der Beiden von sich.

„Was wollt ihr hier?“, kam es von Kudo fragend. Er wollte keine Angst zeigen, nicht jetzt, nicht hier. Der Oberschüler blieb stark, auch wenn er wusste, dass er in der Dunkelheit ihnen zum Fraße vorgeworfen war. Keiner war da um ihm zu helfen. Er war auf sich alleine gestellt. Das wussten die beiden Männer in Schwarz. Sie wussten, dass keiner auftauchen würde, keiner würde ihn retten.

„Kannst du dir das nicht denken, du kleiner Schnüffler?“

„Die Polizei ist noch im Freizeitpark. Sie würden sofort kommen“, entgegnete der Oberschüler.

„Ja richtig, die gute, alte Polizei“, sprach Gin. „Der Helfer in der Not, sie sind immer dann da, wenn man sie braucht“, fügte er an.

Shinichi schluckte leicht, doch er wich keinen Schritt nach hinten. „Damit werdet ihr nicht durchkommen.“

„Und da bist du dir so sicher? Wir kommen immer damit durch. Und jetzt verabschiede dich von der Welt.“ Grinsend zog Gin seine Waffe heraus und schoss auf den Oberschüler.
 

Mit einem spitzen Schrei erwachte Shinichi aus seinem Traum. Er schwitzte, lange Zeit schwitzte er nicht mehr so sehr, wie an jenem Abend. Zum Glück war es nur ein Traum, trotzdem spürte er auch in diesem die schwarze Aura.

„Verdammt“, wisperte der Oberschüler leise und ballte seine Fäuste. Er war ihnen so nah und dann doch wieder so fern. Sie hatten definitiv Dreck am Stecken, aber er konnte nicht mehr über sie heraus finden. Sie waren weg, von der Bildfläche verschwunden.

Der Oberschüler stand auf, mit langsamen Schritten trat er aus seinem Zimmer heraus, ging nach unten und trank noch einen Schluck Wasser. Sein Weg führte ihn anschließend in die große Bibliothek – einen Ort, der Ruhe und Zufriedenheit ausströmte. Aber nicht nur das. Der Oberschüler fühlte sich viel geborgener, sicherer. Wie immer, wenn er nicht schlafen konnte, was recht selten vor kam, zog er sich einen Doyle aus dem Regal. Das Buch, eine Studie in Scharlachrot, kannte er schon auswendig, so oft las er es schon. Trotzdem war er jedes Mal, bei jedem erneuten Lesen, begeistert, begeistert, wie Holmes durch Beobachtungen einfach nur vieles über Watson erkannte, ohne mit ihm vorher ein Wort zu wechseln. Mit dem Buch in der Hand, verließ der Oberschüler die Bibliothek und suchte sein Schlafzimmer und dann sein Bett auf. Der Oberschüler schlug die erste Seite auf und begann zu lesen…
 

Shinichi warf einen Blick zur Seite. Das Buch lag auf seinem Nachttisch, aber jetzt wieder mit dem Lesen anzufangen, würde zeitlich kaum noch was bringen. In wenigen Minuten würde sein Wecker anfangen zu klingeln und dann würde er sowieso aufstehen müssen. Auch an Wochenende wollte der Oberschüler früh wach sein. Meistens nutzte er die freien Tage für seine Arbeit als Detektiv. Man konnte viel mehr Recherchearbeit leisten und war auch am Vormittag für die Arbeit zu haben. Es lohnte sich.

Und dann war es auch schon. Das morgendliche Klingeln. Mit einem Ruck stellte er den Wecker aus, blickte noch einmal auf die Uhrzeit und streckte sich. Langsam stand der Oberschüler wieder aus dem Bett heraus, ging ins Badezimmer und zog sich anschließend an.
 

Auch Sonoko war am frühen Morgen bereits unterwegs. Sie wollte alles wissen, da war die Uhrzeit egal und sie wusste schließlich auch, dass es Ran nichts ausmachte, wenn sie am frühen Morgen bereits vor der Tür stand. Außerdem konnten sie dann endlich wieder über alles reden und wer musste auch sonst alles über das Date erfahren? Nur eine beste Freundin hatte den Anspruch daran. Sonoko grinste. In ihren Gedanken malte sie sich bereits aus, was passiert war und die Geisterbahn war der perfekte Ort dafür.

Mit einem breiten Schmunzeln auf den Lippen lief sie die Treppen zur Mori-Wohnung hoch. „Guten Morgen, Herr Mori“, grüßte sie den, ihr entgegenkommenden, Detektiv.

„Morgen…“, grummelte Kogoro verschlafen.

„Was hat den denn gebissen?“, murmelte die Kurzhaarige leise. Sie schüttelte den Kopf und ging die paar Schritte weiter nach oben. An der Tür angekommen, klingelte sie.

Man konnte ein Grummeln hören. „Mensch, Paps, du bist doch eben erst los. Was ist denn noch?“, wollte das Mädchen wissen als sie die Tür öffnete. „Ach du bist das, Sonoko.“

„Guten Morgen.“

„Morgen, Sonoko“, lächelte die Angesprochene.

„Na was ist das denn für eine Begrüßung? Willst du mich nicht rein lassen? Oder hast du immer noch Besuch von deinem Freund? War das der Grund, warum dein Vater gerade so schlecht gelaunt an mir vorbei ging? Von ihm hätte ich ja was anderes erwartet. Er hätte dich zu sich mit nehmen können, aber doch nicht hier…“

„Jetzt sei mal kurz still, Sonoko“, rief Ran ihrer Freundin entgegen. Sie war knallrot angelaufen, auch wenn nichts passiert war. Aber warum musste Sonoko immer damit anfangen?

„Eh? Aber Ran…“, nuschelte die Angesprochene.

„Tut mir leid. Komm erstmals rein.“

„Also? Was ist nun passiert? Ich möchte alle Details.“

Ran schloss die Tür. Sie seufzte auf. „Warum nimmst du immer an, dass irgendwas passiert ist? Wir waren nur im Freizeitpark…“

„Ach komm“, Sonoko stieß ihr mit dem Ellbogen grinsend in die Seite. „Ihr seid an einem Freitagabend zusammen weg gewesen. Wer weiß, was es dort alles gibt, Achterbahn, Geisterbahn, Liebestunnel…“

Ran seufzte erneut. „Damit kommst du der Sache schon recht nah“, wisperte sie leise, während sie Sonoko in ihr Zimmer brachte und sich auf ihr Bett setzte.

„Also doch“, kicherte die Kurzhaarige. „Liebestunnel…hab ich es mir doch gedacht.“

„Nein, da sind wir nicht rein“, gab Ran von sich. „Für mich war der Abend schon recht früh gelaufen.“

„Was? Warum? Was hat Kudo gemacht?“

„Eigentlich nicht viel. Er war er selbst.“

„Okay…ich versteh nicht, was da jetzt so schlecht sein soll.“

„An sich ist da nichts schlecht dran. Es ist nur…“, murmelte das Mädchen. „In der Achterbahn wurde ein junger Mann ermordet.“

„Er…mordet?“

„Ja. Shinichi konnte den Fall zum Glück aufklären.“

„Aber?“

„Ich weiß auch nicht. Er geht bei so was immer so locker mit allem um. Vor unseren Augen ist ein Mensch gestorben und er schaltet einfach so ab und geht auf die Tagesordnung über, als wäre nichts passiert.“

„Ach du kennst ihn doch. Es ist sicher nicht das erste Mal, dass er so etwas Gesehen hat“, warf Sonoko ein.

„Trotzdem. Er sollte doch wissen, dass es mir da anders geht. Aber kurz danach fängt er einfach wieder an zu reden und zu erzählen…“

„Vielleicht ist es ja auch seine Art dich auf andere Gedanken zu bringen. Hat es denn geklappt?“

„Nein, ganz im Gegenteil. Aber das war auch noch nicht alles.“

„Was ist denn noch passiert?“, wollte die Kurzhaarige wissen.

„Kaum waren wir draußen, lief er einfach so los. Ich weiß immer noch nicht so genau, warum er es getan hat. Ich bin ihm dann nach, aber irgendwie brachte es nicht wirklich viel“, seufzte sie.

„Hmm…man hat es wohl nicht immer leicht, wenn man mit einem Detektiv befreundet ist.“

„Nein, das hat man wirklich nicht. Aber es kommt noch schlimmer.“

„Was ist denn noch passiert?“

„Als wir nach Hause wollten, kam uns der Inspektor noch entgegen. Es gab wohl noch einen zweiten Fall im Tropical Land, allerdings stellte es sich als normaler Unfall heraus.“

„Tut mir ja leid, aber ich weiß gerade nicht wirklich, was daran jetzt so schlimm sein soll, wenn es ein Unfall war.“

„Das ist es ja auch nicht. Du hättest ihn mal sehen müssen. Kaum kam der Inspektor und hat ihm davon erzählt, war er wieder Feuer und Flamme. Ich mag das ja so an ihm, das man ihn für etwas Begeistern kann, aber mir ging’s immer noch nicht so gut, da denkt er schon an den nächsten Fall. Ich wünschte…ach ich weiß auch nicht…“, entgegnete die Langhaarige leise. „Wahrscheinlich erwarte ich, dass er in seiner Freizeit ein wenig wie Paps ist.“

„Kann sein. Apropos, was war eigentlich heute Morgen mit deinem Vater los?“, wollte das Mädchen wissen.

„Ach du weißt doch, wie das momentan so bei uns läuft. Shinichi ist erfolgreicher als Paps, was Paps wieder ärgert, zumal er kaum noch Aufträge bekommt. Am Anfang wollte er nicht einmal die kleinen Aufträge annehmen. Ich musste ihn richtig dazu zwingen. Jetzt hat er wenigstens eingesehen, dass auch die kleinen Aufträge viel einbringen könnten“, erläuterte die Langhaarige. „Trotzdem stört es ihn, dass er am Wochenende so früh aufstehen und die Detektei eröffnen muss.“

„Gut, dass ist irgendwie verständlich. Aber so wie er aussah, sollte er lieber nicht aufmachen. Nachher vergrault er noch seine Klienten“, kicherte sie.

„Das glaub ich nicht. Es kommen so wenig, da kann er keinen vergraulen“, seufzte sie. „Aber wenn welche da sind, dann ist er auf einmal total charmant.“

„Ach ja, das kennt man ja von ihm.“

„Und es wird noch schlimmer, wenn er sich dabei einen von Yokos Auftritten ansieht.“

Sonoko kicherte. „Deine Mutter hatte es auch nicht leicht mit deinem Vater.“

„Nein, hatte sie wirklich nicht. Aber ich würde die beiden trotzdem gerne wieder zusammen sehen. Auch wenn man es nicht glauben kann, sie haben sich wirklich sehr gut ergänzt“, seufzte Ran.

„Tut mir leid, ich wollte nicht damit anfangen.“

„Ist schon gut. Du kannst ja nichts dafür.“

„Sag mal, Ran, wann triffst du dich wieder mit Kudo?“

„Was? Warum willst du das wissen?“

„Einfach nur so. Dann weiß ich, wann ich euch zwei lieber alleine lasse.“

„Haha, Sonoko.“

„Also? Wann trefft ihr euch wieder?“

„Du weißt doch, es ist das Übliche.“

„Und was ist das Übliche?“

„Er kommt wahrscheinlich heute Abend wieder vorbei. Wie Paps arbeitet er auch am Wochenende.“

„Ieh? Wie kann man nur am Wochenende arbeiten? Wir sind doch noch Schüler, wir haben es verdient am Wochenende frei zu haben“, gab die Kurzhaarige von sich.

„Tja, Shinichi ist nicht so. Er arbeitet immer wenn er kann. Und am Wochenende läuft es bei ihm noch besser.“

„Wünscht du dir manchmal, dass es bei deinem Vater auch so laufen würde?“

„Manchmal schon. Aber wenn ich mir Shinichi anseh, dann will ich nur, dass es bei meinem Vater besser läuft, aber nicht so, wie bei ihm.“

„Hmm…das ist verständlich“, nickte die Kurzhaarige. „Wenn er auch so viel zu tun hätte wie Kudo, dann würden wir ihn ja kaum noch zu Gesicht bekommen. Kudo sehen wir ja eigentlich auch nur, weil er zur Schule muss.“

„Ja, außer er ist für einen wichtigen Fall freigestellt.“

„Aber so oft ist das ja nicht.“
 

Gedankenversunken blickte Shinichi auf die große Uhr im Zimmer. „Hmm“, gab der Detektiv von sich, sah herab auf sein Notizheft. Seine Gedanken kreisten erneut um die Männer in Schwarz, die beiden Fremden, die ihm immer noch einen Schauer über den Rücken laufen ließen. Wer waren sie? Und woher tauchten sie auf einmal auf? War es Schicksal, dass sich nun ihre Wege kreuzten? Er seufzte auf, stand anschließend auf und holte sich seine Jacke. Zu Hause fiel ihm die Decke auf den Kopf. Es ging nicht mehr. Egal was er machte, die ganze Zeit über dachte er nur noch an die beiden Männer. Das konnte doch nicht wahr sein. Er hatte nicht einmal einen begründeten Verdacht, geschweige denn einen Zeugen, der irgendwas bestätigen konnte. Und wie sollte er irgendwas über die Beiden heraus finden, wenn sie nicht bekannt waren?

Mit langsamen Schritten ging der Oberschüler aus der Villa heraus, blickte dann zum Nachbargrundstück und schmunzelte leicht. Was der Professor wohl gerade machte? Wahrscheinlich arbeitete er wieder an einer neuen Erfindung, die dann doch wieder in Flammen aufging. Und trotzdem mochte er viele der Erfindungen. Er gewann sie sogar lieb, wenn sie nicht gerade explodierten.

Mit einem seichten Lächeln auf dem Gesicht ging der Oberschüler weiter und sah sich um. Die Menschen waren wie immer, ausgelassen, auf den Straßen unterwegs. Sie genossen ihre Freizeit, dachten nicht mehr an die Schule oder die Arbeit, die am Wochenanfang wieder begann.

Als der Oberschüler am Café Poirot ankam, blieb er kurz stehen. Mori erblickte er dort nicht, was dann doch ein wenig seltsam war, wenn man bedachte, dass der Detektiv sehr oft seine Nachmittage in dem kleinen Café verbrachte. Nun daran zu denken, dass er tatsächlich arbeitete, war schon ein wenig lustig. Auf der anderen Seite erinnerte er sich an die Worte von Ran. Es lief bei ihnen wohl nicht so gut, weswegen der ältere Detektiv keine andere Wahl hatte, als wirklich zu arbeiten.
 

„Ruf mich dann an, wenn du heute noch Lust hast einzukaufen“, sprach Sonoko.

„Mach ich, aber momentan ist mir nicht danach.“

„Wir können auch Eis essen gehen. Eis hilft immer.“

„Fast immer. Aber jetzt ist es noch ein wenig früh dafür.“

„Och, Ran, du kannst einem aber auch alles verderben“, warf die Kurzhaarige ein.

„Das war keine Absicht“, schmunzelte Ran. „Komm gut nach Hause.“

„Na klar, bis dann“, nickte Sonoko und lief die Treppen nach unten. „Na sieh einer mal an, der Oberschülerdetektiv“, sprach sie.

„Morgen, Sonoko. So früh schon hier?“

„Aber natürlich“, nickte das Mädchen sofort. „Dich hat es ja auch früh hier her verschlagen.“

„Ich bin meistens so früh wach.“

„Ja, hat mir Ran erzählt. Naja wenn du zu ihr willst, sie ist oben.“

„Danke“, lächelte der Schüler und trat an Sonoko vorbei.

„Schon gut“, murmelte diese, als sie ihm nach blickte. Dann seufzte sie leise auf. „Ich will auch so jemanden“, gab sie schließlich grummelnd von sich. „Ich such mir jetzt einen Freund.“

„Eh?“, Shinichi schüttelte den Kopf. Er wollte gar nicht auf das Gemurmel des Mädchens eingehen. Es konnte ja nur in einer Katastrophe enden. Stillschweigend ging er die Treppe hoch, blieb dann aber vor der Detektei stehen. Ob es bei ihm wirklich so schlecht läuft?, fragte sich der Oberschüler. Aber kaum dachte er an die Arbeitsweise von Kogoro, da merkte er schon, dass sich seine Frage von selber beantwortete. Es war ein Wunder, dass dieser überhaupt die leichtesten Fälle löste – nicht einmal das war selbstverständlich. Nie im Leben würde er Kogoro einen Fall abgeben, allein die Schlussfolgerungen gingen in eine andere Richtung, wie konnte man sich dann auf ihn verlassen? Ihm war schon bewusst, warum es in der Detektei nicht so lief. Und es lag nicht an ihm. Zumindest nicht komplett.

Shinichi wollte nicht länger darüber nachdenken und ging weiter zur Wohnung der Moris. Er klopfte an. „Ran? Ich bins“, sprach er dabei.

Die Tür öffnete sich erst nach einigen Sekunden des Wartens. „Shinichi. Guten Morgen“, lächelte die Langhaarige. „Komm doch rein.“

„Danke“, nickte der Angesprochene. „Ich hatte schon befürchtet, dich geweckt zu haben.“

„Nein nein, ich steh in der letzten Zeit auch am Wochenende früh auf. Meistens bin ich diejenige, die Paps weckt, damit er in die Detektei geht.“

„Das hab ich mir schon gedacht“, schmunzelte Shinichi.

„Ist das wieder so eine Holmes-Geschichte?“

„Nein, das ist einfach nur, weil ich deinen Vater schon länger kenne und weiß, dass er morgens nicht gerne aus dem Bett kommt.“

„Ich dachte die Beobachtung und das damit erhaltene Wissen gehört zu Holmes?“

„Das ist nur teilweise korrekt. Das interessante bei Holmes war die Tatsache, dass er eine Person nicht kennen musste, um etwas über sie aussagen zu können. Bei mir und deinem Vater ist es anders, da wir uns ja schließlich kennen. Meine Beweisführung würde also nicht auf einfachen Beobachtungen gebaut sein.“

„Hätte ich doch bloß nicht damit angefangen“, murmelte das Mädchen.

„So bin ich nun einmal. Ach Ran, was ich dich fragen wollte, geht’s dir heute besser?“

Das Mädchen wurde verlegen, eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen, ehe sie nickte. „Ja…danke der Nachfrage.“

„Das ist gut. Ich war in Sorge, dass dich die Sache von gestern immer noch mitnimmt.“

Ran schüttelte den Kopf. „Nein, es ist schon in Ordnung. Ich hab gut geschlafen und gar nicht mehr daran gedacht.“

„Verstehe“, wisperte Shinichi nachdenklich.

„Was hast du?“

„Ach gar nichts. Es ist nur…gestern diese zwei Männer…ich hab ein ungutes Gefühl bei ihnen gehabt.“

„Die zwei Männer?“, fragen hob Ran die Augenbraue.

„Die, die mit uns in der Achterbahn waren, diese Anzugträger. Ich werd das Gefühl nicht los, dass sie Dreck am Stecken haben.“

„Verdächtigst du jetzt alles und jeden?“

„Nein, aber hast du dich mal gefragt, was zwei Anzugträger in einem Freizeitpark machen?“

„Eigentlich nicht. Vielleicht waren sie ja mit jemanden verabredet und um sich die Zeit zu vertreiben, sind sie mit der Achterbahn gefahren“, gab Ran von sich.

„Im Anzug?“

„Ja? Warum auch nicht?“

„Ich weiß nicht. Das stinkt…“

„Shinichi! Es reicht“, gab Ran schroff von sich.

„Eh? Ran? Was…?“

„Du kommst hier her und erzählst mir, dass es dir um mein Befinden geht, aber in Wahrheit interessierst du dich für zwei Männer, die mit uns in der Achterbahn saßen. Das kann es doch nicht sein“, seufzte sie leise auf.

„Das war nicht so gemeint“, entgegnete Kudo schnell. „Ich hab…ach vergiss es. Lass uns nicht mehr darüber reden.“

„Du glaubst, du kommst so einfach davon?“

„Ich habs gehofft. Ich würde dich ungern zu einem Karatekick auffordern.“

„Shinichi!“

„Nur ein kleiner Scherz. Und keine Sorge, ich werd nicht mehr über den Freizeitpark oder die Männer reden“, versprach der Detektiv.

Ran seufzte auf. „Wenn dich die Männer so sehr interessieren, warum gehst du dann nicht zu Inspektor Megure?“

„Inspektor Megure…“, murmelte Shinichi wiederholend.

„Ja. Er wird doch bestimmt die Daten der Männer haben und wenn du ihn fragst, gibt er sie dir vielleicht.“

„Das ist…danke Ran“, lächelte der Oberschüler und gab seiner Klassenkameradin im Übereifer einen Kuss auf die Wange. „Ich werd die Sache schnell erledigen. Wir sehen uns“, rief er ihr anschließend schon im Gehen zu.

„Shi…ni…chi…“, wisperte die Langhaarige. Mit ihrer rechten Hand fuhr sie langsam an die Stelle, die soeben von Shinichi einen Kuss bekam. „Gern geschehen.“

[File 3] Identitäten

Mit schnellen Schritten ging Shinichi zum Polizeirevier. Warum kam er eigentlich nicht selber auf die Idee? Wahrscheinlich war es einfach zu naheliegend, sodass es ihm nicht einfiel. Während er die Straße entlang ging, sah er sich mehrfach um. Man konnte schon fast meinen, er sei paranoid. Aber bei unbekannten Männern, die solche Gefühle in ihm auslösten, musste er vorsichtig sein.

„Ist Inspektor Megure da?“, wollte der Oberschüler im Erdgeschoss des Polizeireviers wissen.

„Einen Moment bitte, ich sehe nach.“

Der Oberschüler nickte.

„Der Inspektor ist oben in seinem Büro. Du kannst zu ihm, wenn du möchtest“, lächelte die Frau.

„Danke“, gab der Detektiv von sich und ging zu den Fahrstühlen. Hoffentlich konnte er den Inspektor dazu bringen, ihm irgendwas zu sagen. Eigentlich sollte es ja klappen, bei den guten Kontakten, die er hatte. Nur konnte immer irgendwas dazwischen kommen. Hielt der Inspektor die Männer auch für viel zu gefährlich, dann würde es schwer sein, an ihre Daten zu kommen. Er musste es einfach nur versuchen.

„Hallo.“

„Hallo“, grüßte Shinichi den jungen Inspektor zurück. Bisher hatte Shinichi nicht so viel mit Takagi zu tun gehabt, es war nur ein Fall, an dem sie zusammen arbeiteten – eher er arbeitete daran, während ihm der Inspektor interessiert zu sah. Man merkte sofort, dass Takagi Feuer und Flamme für den Schülerdetektiv war. Aber das war jetzt egal. Jetzt musste er Megure überzeugen, aber dafür hatte er schon Argumente. Und selbst wenn er die nicht hatte, er würde es schaffen.
 

Gemeinsam mit Inspektor Takagi ging der Oberschüler zu dem großen Bürokomplex, in welchem die ganzen Polizisten und die Inspektoren saßen. Takagi ging vor und setzte sich an seinen Schreibtisch, während Shinichi zum Arbeitsplatz des Inspektors ging. Da Megure, trotz des gleichen Titels, höher gestellt war, befand sich sein Schreibtisch ein wenig abseits und getrennt von denen, der anderen.

Shinichi trat näher heran, klopfte anschließend kurz auf den Schreibtisch und sah zum Inspektor. „Guten Morgen, Inspektor Megure“, grüßte er den Älteren.

„Ah, Shinichi. Guten Morgen. Was kann ich für dich tun?“, wollte er wissen. „Wenn du auf einen neuen Fall hoffst, dann hab ich keine guten Nachrichten für dich. Momentan ist die Lage ruhig.“

„Hört sich nicht schlecht an“, entgegnete Shinichi. Wenigstens gab es am Wochenende keine ermordeten Menschen. Auch wenn es eigentlich sein Beruf war, so war er froh, wenn die Lage ruhig blieb. „Aber das ist nicht das, weswegen ich hier bin.“

„Worum geht es?“

„Erinnern Sie sich an den gestrigen Fall in der Achterbahn?“

Megure nickte. Er war zwar alt, aber seine Erinnerungen waren nicht schlecht. Außerdem hatte er noch am frühen Morgen die Akte über den Fall weitergegeben.

„Ich würde gerne wissen, wer die zwei Männer waren, die mit uns in der Achterbahn saßen“, sprach Shinichi.

„Du meinst bestimmt die beiden Geschäftsmänner“, murmelte Megure.

„Inspektor?“, eine weibliche Stimme trat näher an den Schreibtisch heran.

„Entschuldige bitte, Shinichi“, sagte der Angesprochene ruhig und sah auf die Frau. „Was gibt es?“

„Inspektor Shiratori möchte Sie gerne sprechen. Es geht um eine Akte.“

Megure seufzte leise auf. „Ich kann mir schon denken, um was es geht“, gab der Ältere von sich und stand auf. Er sah auf Shinichi. „Am besten du gehst zu Inspektor Takagi, er kümmert sich um die Nachbearbeitung der Akte des Falls.“
 

Ruhig nickte Shinichi. Aber das Thema um eine andere Akte interessierte ihn schon. Nur konnte er nicht ein weiteres Mal – was er oft tat, mit der Tür ins Haus fallen. Erst einmal waren die Männer in Schwarz wichtig. Der Oberschüler blickte zu den einzelnen Schreibtischen, ehe er an einem den Inspektor entdeckte.

Takagi war nicht gerade auffällig, viel eher schien er sich zwischen seinen Akten zu verstecken, der Kopf war nach unten gebeugt, zeigte, dass er nicht gern angesprochen werden wollte. Vielleicht ein Schutzmechanismus? Aber warum? Als Polizist sollte und durfte er keine Angst haben, aber irgendwas hatte er an sich.

„Inspektor Takagi?“

„Hmm?“, der Angesprochene sah von seinen Akten nach oben und blickte Shinichi geradewegs an. „Ach du bist das, Shinichi.“

„Entschuldigen Sie, dass ich Sie so einfach störe“, fing Kudo an. „Es geht um den Fall von gestern Abend im Tropical Land.“

„Davon hab ich schon gehört. Der Fall mit der Achterbahn, richtig?“

Shinichi nickte.

„Du hast den Fall souverän gelöst“, lächelte Wataru. „Wie kann ich dir damit nun helfen? Bitte sag mir nicht, dass du dich bei den Schlussfolgerungen geirrt hast.“

„Was? Nein natürlich nicht“, gab der Schülerdetektiv von sich.

„Gott sei Dank“, stieß Takagi aus. Die Erleichterung war ihm ins Gesicht geschrieben.

Shinichi hob die Augenbraue. Für einen Polizisten hatte er wirklich schwache Nerven. Ob er damit weiter kommen würde? Fraglich. „Es geht um die zwei Männer, die auch vor Ort waren. Sie wurden für die Täter gehalten und sagten andauernd, dass sie nichts damit zu tun hätten“, fing Shinichi an. „Ich müsste ganz dringend wissen, wie die beiden Männer heißen. Ich weiß, eigentlich dürfen Sie keine polizeilichen Angaben weitergeben, aber da ich bei dem Fall dabei war und es sehr wichtig ist, könnten Sie doch eine Ausnahme machen.“

„Shinichi, ich…“, murmelte Takagi. Er hatte ein ungutes Gefühl und sah zu dem Aktenstapel, den er heute noch vor sich hatte. „Wofür brauchst du denn die Angaben?“

„Nun ja, wissen Sie…“, nun musste sich der Detektiv etwas Einfallen lassen. Er wusste, dass es nicht einfach werden würde, aber trotzdem musste er eine Angabe machen, wofür er es brauchte. „Ich arbeite momentan an einem anderen Fall und es könnte sein, dass die beiden Männer Zeugen sind. Das müsste ich noch einmal überprüfen, konnte die Beiden aber bisher nicht kontaktieren. Und da Sie nun einmal ihre Angaben haben, dachte ich, dass wir kooperieren könnten.“

Der Inspektor runzelte die Stirn, stand dann aber auf. „Inspektor Megure würde es wohl auch machen“, murmelte Wataru. „Ich kann dir aber nicht die Akte mit nach Hause geben. Komm mal mit.“

„Danke“, lächelte der Oberschüler.
 

Am Kopierer stehend, legte Takagi die Akte auf die Auflage.

„Was soll das hier werden, Takagi?“

Erschrocken drehte sich der Angesprochene um. „Inspektorin Sato...?!“

„Ich habe Sie gefragt, was Sie da machen“, gab die junge Frau von sich.

„Ich…eh…ich…ich wollte nur eine Seite kopieren“, antwortete der Gefragte.

„Eine Seite einer Akte?“, sie stemmte die Arme in ihre Seiten und sah den Inspektor streng an. „Sie wissen aber schon, dass die Akten streng vertraulich sind“, fügte sie an, ehe ihr Blick zu Shinichi wanderte.

„Ja, natürlich“, nickte Wataru. „Aber das ist etwas Anderes. Der Junge ist Shinichi Kudo, Sie haben doch bestimmt schon von ihm gehört, er ist ein Schülerdetektiv und wird von Inspektor Megure zu einigen kniffligen Fällen gerufen. Er war bei dem Fall, um den es in der Akte geht, anwesend und löste ihn. Ich dachte, es wäre nicht schlimm, wenn er die Seite bekommt, er war schließlich dabei.“

„Trotzdem. Es geht nicht, dass Sie ihm irgendwas aus der Akte geben“, warf Miwako erneut ein.

„Ich kann ja Ihre Einwände verstehen“, fing Shinichi an. „Aber bei mir müssen Sie sich wirklich keine Sorgen machen. Ich brauche lediglich nur eine Information über die beteiligten Zeugen“, fügte er an.

„Es geht hier um das Prinzip. Wenn wir einmal etwas Herausgeben, werden andere auch kommen und irgendwas von uns wollen. Wir können nicht andauernd eine Ausnahme machen. Kinder sollten sich nicht in die Arbeit von Polizisten einmischen. Das ist nicht eure Aufgabe. Detektiv hin oder her. Du bist noch minderjährig und damit hast du hier nichts zu suchen. Mach erst die Schule fertig, studier oder mach eine Ausbildung bei der Polizei, aber versuch nicht als Kind zu verstehen, wie ein Täter handelt“, gab die Ältere von sich.

„Ach kommen Sie, Inspektorin Sato“, seufze Takagi. „Es ist doch nur dieses eine Mal. Außerdem bin ich mir sicher, dass Inspektor Megure es auch erlauben wird.“

„Nur weil Sie glauben, dass es der Inspektor macht, heißt es nicht, dass er es wirklich tut“, entgegnete Miwako ruhig.

„Inspektorin Sato, ich weiß, Sie sind noch nicht so lange in unserem Dezernat, aber egal, welchen Polizisten Sie hier fragen, jeder wird Ihnen sagen, dass wir Shinichi Kudo vertrauen können“, sprach Wataru.

„Sind Sie eigentlich ein Polizist oder ein Fan von dem Jungen?“, wollte die Frau von ihrem Kollegen wissen.

„Bitte? Ich bin natürlich Polizist, aber ich…“, murmelte er leise.

Shinichi seufzte auf. So viel Wirbel um die Sache wollte er nun wirklich nicht machen.

Miwako schüttelte den Kopf. „Wissen Sie was? Tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber wenn irgendwelche Probleme dabei auftauchen, halten Sie den Kopf hin.“

„Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird keine Probleme geben“, lächelte der Inspektor und drückte auf den ‚Kopieren‘-Knopf.

„Tut mir Leid“, entgegnete Shinichi leise, als Miwako endlich von ihnen abließ.

„Ach ist schon gut. Sie kriegt sich sicher wieder ein.“

„Ich hab sie bisher noch nie hier gesehen“, sprach Kudo.

„Sie ist noch nicht lange im Dezernat, aber sonst ist sie ganz nett. Und sie hat ein gutes Gespür“, schmunzelte Wataru.

„Sie scheinen Sie ja sehr zu mögen.“

„Was? Nein, nein“, schüttelte er sofort den Kopf, während er rot im Gesicht wurde. Schnell zog er das Blatt Papier aus dem Kopierer heraus und reichte dieses dem Oberschüler. „Die Seite.“

„Danke.“
 

Nachdenklich ging Shinichi zurück zur Villa. Nun hatte er alles, was er brauchte. Mit den Namen in der Hand würde er die beiden Männer in Schwarz sicher leicht finden. Ein siegessicheres Grinsen legte sich auf die Lippen des Oberschülers. Trotz des Aufwandes bei der Polizei war er sich seiner Sache sicher.

Zu Hause angekommen, suchte er die Bibliothek seiner Villa auf. Sie war groß, man konnte schon sagen, dass sie riesig war. Direkt wenn man reinkam, erkannte man die vielen Büchern. Links und rechts standen mehrere Regale, sogar eine Treppe um eine Etage höher zu kommen. Nicht zu vergessen der große Schreibtisch der im Raum stand. Meistens lagen ein oder zwei Bücher auf diesem, ab und an auch einige Zettel mit Notizen, aber trotz der Tatsache, dass Shinichi bereits eine lange Zeit alleine in der Villa lebte, war sie immer aufgeräumt. Darauf legte er Wert – besonders, wenn es sich um die Bibliothek handelte.

Shinichi setzte sich auf den Stuhl des Schreibtisches, legte das Blatt Papier fein säuberlich auf diesem ab und betrachtete es einige Sekunden lag. Knistern lag in der Luft – er war der Wahrheit so nah. Dann blickte er auf die Namen der Zeugen, die Fahrer der Achterbahn: Reiko, Aiko, der Ermordete Kishida, die Täterin Hitomi, Ran, Shinichi und…
 

„Yuudai Manabu, Shigeru Gou“, wisperte Shinichi die beiden Namen. Sie hörten sich so einfach an und trotzdem schien mehr dahinter zu stecken. Der Schülerdetektiv schrieb sich die Namen auf einen Extrazettel, steckte ihn weg und schob das Blatt Papier in die Schreibtischschublade. Jetzt hatte er endlich einen Anhaltspunkt.
 

„Was willst du damit sagen?“

„Ich kann die beiden Männer nirgends finden“, seufzte Shinichi leise.

„Wenn du kein Glück hattest, könnte das doch auch einfach nur heißen, dass die Beiden bisher nicht in Erscheinung traten“, entgegnete der ältere Mann. „Hier, halte das mal“, wies er ihn anschließend an und reichte ihm ein Kabel.

„Soll das eine neue Erfindung von Ihnen werden, Professor?“

„Aber natürlich“, nickte Agasa. „Aber ich werd dir noch nicht sagen, was es sein wird. Das bleibt eine Überraschung.“

„Ich hoffe, es endet nicht wieder damit, dass Rauch aus Ihren Fenstern qualmt“, warf Shinichi ein.

„Erinner mich bloß nicht daran“, murmelte Agasa und nahm das Kabel wieder an sich, ehe er es an die richtige Stelle montierte. „Dann wollen wir mal sehen.“

Agasa drückte den kleinen roten Knopf der Maschine. Es passierte nichts, sodass sie mehrere Sekunden warteten.

„Sollte jetzt etwas Passieren?“

„Eigentlich schon“, nickte der Professor. „Ah! Da!“

Doch kaum erklang das Geräusch der kleinen Alarmanlage, an der der Professor arbeitete, erschien auch schon Rauch. „Oh, Mist“, stieß Hiroshi aus, nachdem seine Erfindung in alle Einzelteile zerfiel.

Shinichi hob die Augenbraue. „Vielleicht wird es beim nächsten Mal was werden.“

„Vielleicht“, nickte Agasa. „Kommen wir wieder zu den beiden Männern. Wenn du sie nirgends finden kannst, könnte das doch ein gutes Zeichen sein.“

„Nein, so ist das nicht“, gab Kudo von sich. „Ich hab die Beiden über eine Woche gesucht. Sie sind wie vom Erdboden verschluckt. Seit dem Tag im Tropical Land hab ich sie kein einziges Mal mehr gesehen, außerdem…“

„Außerdem? Was ist los, Shinichi?“

„Wissen Sie…“, fing der Detektiv an. „Nachdem ich endlich die Namen der Männer in Schwarz heraus fand, ging ich jede einzelne Akte von mir durch. Das Positive ist, dass die Männer bisher in keinem meiner Fälle aufmerksam wurden. Anschließend suchte ich weiter in den örtlichen Verzeichnissen. Es gibt zwar einige Japaner mit ihren Nachnamen, aber keiner, der auf sie passt.“

„Du willst mir doch nicht wirklich sagen, dass du bei denen zu Hause warst?“

„Doch, so kann man das sagen. Machen Sie sich aber keine Sorgen. Ich war vorsichtig und es gab keine Männer mit dem Vornamen“, antwortete der Detektiv.

„Vielleicht haben dich die Menschen angelogen und deine gesuchten Personen waren dort“, warf Agasa ein.

„Das hab ich mir auch bereits gedacht und gewartet. Aber weit und breit war kein Mann zu sehen, der denen in der Achterbahn auch nur ähnlich sieht“, seufzte Shinichi. „Daraufhin habe ich mir im Polizeirevier Zugang zur Datenbank verschafft. Sie wissen ja, dass ich den Zugang öfters bekomme, wenn ich für einen Fall recherchiere. Also war es ganz einfach. Aber in ganz Japan existieren keine Yuudai Manabu und Shigeru Gou. Ich hab sogar versucht indem ich die Namen variierte, aber selbst das zeigte keinen Treffer an“, erzählte Shinichi.

„Ist das überhaupt möglich?“, wollte der Professor wissen.

„Eigentlich nicht. Sie mussten ihre Ausweise vorzeigen, also kann kein Fehler in der Schreibweise der Namen liegen“, antwortete Kudo ruhig, während er sich leicht nach hinten lehnte.

„Ich verstehe.“ Der Professor grübelte. „Wäre es möglich, dass die beiden Männer aus dem Ausland stammen?“

„Diese Möglichkeit zog ich auch schon in Betracht…“

„Aber?“, wollte Agasa wissen.

„Ich kann die Datenbank auch aufs Ausland ausweiten. Aber auch das ergab keinen einzigen Treffer“, sprach er.

„Aber das kann ja nur heißen, dass die Personen gar nicht existieren“, warf Agasa ein. „Und das kann wohl nicht wirklich so sein.“

„Das kann wirklich nicht sein. Aber es kann eine andere Erklärung dafür geben“, entgegnete Shinichi.

„Was meinst du?“

„Ihre Identitäten sind gefälscht. Sie müssen gut gefälscht sein, wenn es der Polizei nicht einmal aufgefallen ist“, erklärte der Oberschüler ruhig.

„Wenn das wirklich so ist…“, murmelte Agasa.

„Ich muss die Beiden so schnell wie es geht, finden. Wer weiß, was hinter ihren falschen Identitäten steckt.“

„Glaubst du nicht, dass es möglich ist, dass sie…vielleicht unter Polizeischutz stehen und sich deswegen ihre Identitäten änderten?“, wollte der Professor wissen.

Shinichi schüttelte die Stirn. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie hätten sie mal sehen sollen. Die stehen bestimmt nicht unter Polizeischutz. Sie haben etwas Böses an sich. Ich bin mir sicher, sie haben irgendwas auf dem Kerbholz, vielleicht haben sie sogar schon einen Mord begangen“, erklärte er weiterhin.

„Das wäre ja schrecklich. Und die Polizei weiß nichts über diese Kerle.“

„Das wird sicher nicht alles sein. Man kann keinen Mord begehen, der nicht unentdeckt bleibt. Da muss mehr dahinter stecken, wahrscheinlich sind es sogar mehr als nur diese zwei Personen“, warf Shinichi ein.

„Du denkst, es gibt ein ganzes Kartell der Verbrecher?“, wollte Agasa wissen.

„Ich kann es nicht ausschließen.“

„Was ist eigentlich mit diesem Mann, der im Tropical Land gestorben ist?“, fragte der Professor nach.

„Es sieht alles danach aus, dass es ein Unfall war. Ich hab mich da noch einmal eingeschaltet. Die Gerichtsmedizin kann keine Todesursache von außen feststellen, er kann also nicht ermordet worden sein. Trotzdem hatte ich zunächst das Gefühl, als würden diese Männer dahinter stecken“, Shinichi schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich bin ich schon paranoid.“

„Das glaube ich nicht, Shinichi. Ich kenn dich jetzt schon seit deiner Kindheit und bisher stellte sich dein Gefühl immer als richtig wahr. Wenn du nicht an einen selbstverschuldeten Unfall glaubst, dann wird es bestimmt keiner gewesen sein, auch wenn alles danach ausschaut.“ Agasa überlegte.

„Ich hab auch schon weiter überlegt. Wenn ich annehme, dass die beiden Männer nicht alleine arbeiten, dann wäre es doch auch möglich, dass einer von ihnen bei der Gerichtsmedizin oder Polizei arbeitet. Damit könnte aufgeklärt werden, warum ein Mord ausgeschlossen werden kann. Dagegen spricht allerdings, dass die Polizisten sorgfältig ausgesucht wurden. Ich kann mir nicht vorstellen, wer von ihnen mit falschen Karten spielt“, seufzte Shinichi. „Und vielleicht irren wir uns auch, und alles geht mit rechten Dingen vor.“

„Was hast du jetzt vor?“

„Ich weiß es nicht. Ich kann nichts machen, außer abzuwarten“, entgegnete der Oberschüler ruhig. „Irgendwann müssen sie wieder an der Oberfläche auftauchen und wenn sie es machen, werde ich dort sein und heraus finden, wer sie sind.“

[File 4] Forschung

[File 4] Forschung
 

Sich streckend lief die junge Frau den Gang entlang. Wo sie nur hin schaute, standen Männer, die in Schwarz gekleidet waren. Jetzt ging es wieder los. Dabei hatte es ihr in ihrer Kindheit und Jugend gereicht.

Egal wo Akemi hin ging, immer tauchten die Männer in Schwarzauf, beäugten sie und wollten sicher gehen, dass sie keinen Unsinn machte. Was sollte sie denn überhaupt machen? Nie würde sie über die Organisation sprechen. Niemals. Sie hatten sie in der Hand. Wäre ihre Schwester nicht, wäre sie niemals in die Organisation eingetreten.

Obwohl…es war ihr Schicksal, ihr Leben, welches sie von ihren Eltern bekam. Elena und Atsushi waren seit vielen Jahren Mitglieder der Organisation. Als sie Akemi bekamen, bekam Elena das erste Mal Zweifel an ihrer Arbeit. Sie hielt das Mädchen aus allem raus, Akemi wurde uninteressant für die Organisation. Dann kam Shiho zur Welt. Und auch sie war für die Organisation uninteressant. Es waren nur zwei Kinder, Kinder die sie eigentlich nicht brauchten, auch wenn Kinder die Zukunft waren, so änderte es nichts daran, dass die Organisation nichts mit ihnen anzufangen wusste. Bis zum damaligen Tag.

Die Forscher bekamen immer mehr Skrupel, dachten schon daran die Organisation zu verlassen. Doch diese wusste genau, was zu tun war. Ein kleiner Unfall der Eltern veränderte das Leben der Kinder schlagartig. Nach dem Tod von Elena und Atsushi übernahm die Organisation die Vormundschaft von Akemi und Shiho. Akemi war unwichtig, sie zwar immer noch ein Kind, allerdings war sie älter und damit konnte die Organisation sie nicht mehr nach ihren Wünschen formen. Dafür war Akemi viel zu nett. Shiho hingegen war noch jung, sie war klein und wusste nicht, was mit ihren Eltern passierte. Sie war genau richtig für die Organisation. Während Akemi eine einfache Kindheit erlebte, wurde Shiho in Internate gesteckt und machte schließlich ihren Abschluss an der Universität. Damit das Band der Geschwisterliebe nicht wieder fester wurde, arbeitete die junge Wissenschaftlerin noch nicht in Tokyo. Doch der Kontakt beider Mädchen riss nicht ab.

Zunächst schrieben sie sich Briefe, telefonierten ab und an mal, und dann durften sie sich sehen, was allein der Verdienst von Akemi war. Obwohl sie ein ganz normales Leben führen durfte, entschied sie sich Mitglied der Organisation zu werden. Sie wollte alles tun, um bei ihrer Schwester zu sein, ihr beizustehen. Trotz anfänglicher Komplikationen erledigte sie jeden Auftrag souverän und die Organisation hörte mit der Überwachung auf. Es hielt nicht lange. Bald hatte Akemi Kontakt zu einem Mann – Dai, der sich am Anfang als Glücksgriff für die Organisation heraus stellte. Er war ein guter Schütze und schien, wie Gin, kein Gewissen zu haben. Sie rekrutierten ihn und schon bald, stieg er in ihren Reihen auf. Akemis Unbehagen konnte er immer zunichtemachen, doch schon bald, fand sie seine wahre Identität heraus. Auch wenn sie mehrfach der Organisation erklärte, dass sie nichts mit dem FBI Agenten zu schaffen hatte, wurde sie weiterhin verdächtig, seine Komplizin gewesen zu sein. Nur mit Mühe und Not und auch dem Handeln von Dai, konnte dieser Verdacht aus dem Weg geräumt werden. Trotzdem fing die Organisation wieder mit Überwachungen an.

Manchmal reichte es Akemi, aber was sollte sie gegen die schwarzen Wölfe tun? Es blieb ihr nichts anderes übrig als abzuwarten und zu hoffen. Selbst jetzt bemerkte sie den strengen Blick der Mitglieder, als sie zum Labor ging. Innerlich seufzte Akemi auf, musste es aber noch eine Weile über sich ergehen lassen. Eigentlich konnte sie sich nicht beschweren. Auch jetzt gab man ihr Freiheiten, hin und wieder ein kleiner Auftrag.
 

Die Langhaarige blickte sich um.

„Ich würde gerne alleine mit meiner Schwester reden“, gab sie von sich.

„Hmm…“, der Mann in Schwarz verzog das Gesicht, sah seinen Kumpanen an, der nickte. „Nicht so lang.“

„Danke“, nickte Akemi und klopfte an die große, weiße Tür.

Weiß…was für ein Kontrast, wenn man die Schwärze der Organisation kannte. Eigentlich war es unbegreiflich, warum die Tür weiß war. Es passte so gar nicht.

„Herein.“

Akemis Hand legte sich an den Türgriff, welchen sie langsam herunter drückte und eintrat. „Hallo, Schwester“, lächelte sie.

„Akemi“, stieß die Angesprochene aus. „Die Schutzbrille“, fügte sie an und wies mit dem Finger an die Tür.

Nickend blickte Akemi zur Seite. Direkt neben der Tür stand ein kleiner Tisch mit zwei Kartons in denen sich die Sicherheitsschutzbrillen für das Labor befanden. Die Organisation sorgte immer dafür, dass genügend vorhanden waren, da man mit einem Besuch der höheren Tiere immer rechnen konnte.

„Hast du ein wenig Zeit?“, wollte die Langhaarige wissen.

Shiho warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Laptop. „Ja, ein wenig“, sprach sie ruhig und sah dann zu den anderen Mitarbeitern. „Ihr könnt Mittagspause machen. Um 13:30 Uhr machen wir weiter“, wies sie diese an, ehe sie wieder zu Akemi schaute. „Hast du wieder einen Auftrag?“, wollte sie von ihrer älteren Schwester wissen.

„Diesmal nicht.“ Mit der Schutzbrille auf der Nase schritt Akemi zu ihrer Schwester. „Sie geben mir schon lange keine Aufträge mehr.“

„Irgendwie ist das beruhigend“, lächelte Shiho. Wenigstens musste sie so keine Angst haben, dass ihrer Schwester irgendwas passierte. Auch wenn Shiho nur im Labor tätig war, sie kannte Gin und sie wusste, dass man es als ‚Agent‘ da draußen nicht so leicht hatte. Man konnte angeschossen, gefasst oder getötet werden. Alles war möglich und nie hätte Shiho zu träumen gewagt, dass ihre Schwester zu ihnen gehörte.

„Es wäre beruhigender, wenn ich wüsste, dass sie mir wieder voll Vertrauen“, seufzte Akemi leise. „Diese ganze Überwachung ist doch sinnlos.“

„Was ist eigentlich passiert, dass sie das wieder machen?“

„Ach nur so eine Lappalie. Ich hab bei einem Auftrag mit einem Polizisten ein wenig zu lange geredet und nachdem der Auftrag schief ging, dachten sie, ich hätte irgendwas verraten. Seitdem observieren sie mich wieder“, erzählte Akemi. Sie log, doch sie wusste, dass es besser war, nicht über die Wahrheit zu reden. Je weniger Shiho wusste, desto besser war es.

Mit der erneuten Überwachung fing es vor zwei Jahren an. Dabei blieb es nicht nur, sie hörten ihr Telefon ab, lasen ihre Post und selbst wenn sie nur in den kleinen Supermarkt ging, blieben sie ihr auf den Fersen. Normalerweise hätten sie die Überwachung schon lange wieder abgebrochen, doch da Dai immer noch am Leben war und für das FBI arbeitete, war es nur eine Frage der Zeit, wann er sich wieder bei der Langhaarigen meldete. Die Organisation musste nur abwarten. Auch wenn zwei Jahre seitdem vergingen.

„Oh man“, murmelte Shiho und rollte mit den Augen. „Was so was angeht, können sie wirklich kleinlich sein.“

„Mach dir keine Sorgen um mich, ich bin sicher, sie werden sehr bald sehen, dass ich mit der Sache nichts zu tun hatte. Es ist nur eine Frage der Zeit.“

„Trotzdem bin ich froh, dass sie dir deswegen erstmals keine Aufträge geben. In der Organisation ist es für dich viel zu gefährlich“, warnte die Wissenschaftlerin.

„Das weiß ich doch“, Akemi schmunzelte ein wenig. „Das sag ich dir doch auch immer wieder.“

„Aber ich kann nicht raus. Du schon. Du hättest nie im Leben hier einsteigen dürfen“, warf Shiho seufzend ein.

„Ich konnte dich doch nicht bei ihnen alleine lassen. Das weißt du selber“, gab Akemi von sich. „Außerdem werd ich ja nicht für die großen Aufträge eingesetzt. Du kannst also beruhigt sein. Unkraut vergeht nicht.“

„Ach, Akemi“, seufzte die Wissenschaftlerin erneut. Bei ihr hörte es sich immer so einfach an, aber das war es nicht. War man einmal richtig tief drin in der Organisation, konnte man sie nicht so einfach verlassen. Es gab nur einen Weg und das war der Tod.

„Du musst dir wirklich keine Sorgen um mich machen. Ich weiß, was ich tu. Außerdem bin ich vorsichtig“, erklärte die Langhaarige.

„Ich hoffe es…du kennst die Organisation doch. Wenn ihnen irgendwas nicht passt, dann kannst du um dein Leben laufen.“

„Ja, ich weiß. Und sie lassen einen nur solange am leben, bis sie ihr Ziel erreicht haben“, murmelte Akemi leise. War sie etwa auch das Mittel zum Zweck? Töteten sie sie deswegen noch nicht? In Akemi keimte ein leiser Verdacht auf. Was wenn sie nur solange warteten, bis sie Dai fangen konnten. Sie musste was tun. So schnell wie es ging, versuchte Akemi den Gedanken abzuschütteln.

„Hab ich was Falsches gesagt?“

„Nein, nein. Wie geht es mit deiner Forschung voran?“

„Willst du das wirklich wissen?“, erstaunt blickte Shiho ihre Schwester an. Sie sprachen selten über die Forschung. Eigentlich wollten sie einfach nur von der Arbeit für die Organisation abschalten, wenn sie einmal die Zeit für sich selber hatten.

„Aber natürlich“, nickte Akemi und stellte sich hinter ihre Schwester. Da Shiho an ihrem Laptop saß, konnte die Langhaarige sie einfach umarmen. „Ich bin froh, dass es dir gut geht.“

„Akemi…“, nuschelte Shiho leise und sah traurig zu ihrer Schwester. „So wie du dich verhältst, hab ich nicht das Gefühl als würde es dir gut gehen.“

„Findest du? Es ist aber wirklich nichts. Ich hab nur an…früher gedacht“, murmelte sie.

„Du meinst die Zeit mit Dai?“, wollte Shiho wissen.
 

Akemi verkrampfte leicht. Es fiel ihr immer noch nicht leicht über ihn zu sprechen. Auch wenn zwei lange Jahre vergingen, dachte sie jeden Tag an ihn, fragte sich, was er tat, wie es ihm ging und ob auch er gerade an sie dachte. Sie wusste, dass er noch lebte. Wäre dies nicht der Fall, hätte sich Gin sicherlich längst damit geschmückt. Akemi wusste genau, wann Dai die Organisation hoch gehen lassen wollte. Den ganzen Abend wartete sie auf eine Nachricht von ihm. Aber sie kam nicht, weder in der Nacht noch am nächsten Morgen. Und da war ihr klar, dass sein Versuch fehlschlug. Keiner konnte die Organisation vernichten.
 

„Tut mir Leid“, wisperte die junge Miyano.

Akemi schüttelte den Kopf. „Ist schon gut. Es ist immerhin schon zwei Jahre her…“

„Was für ein…“

„Shiho!“

„Entschuldige, Akemi“, seufzte die Angesprochene. „Es ist nur nicht fair, dass er nach seinem Aufstieg bei der Organisation per SMS mit dir Schluss machte“, sie ballte die Augen. „Da sieht man, wie die Männer in der Organisation mit uns Frauen herum spielen.“

„So…so ist er nicht“, gab Akemi leise von sich. „Er hatte seine Gründe.“

„Das sind doch nur Ausreden, Akemi. Wahrscheinlich hatte er einfach keine Lust mehr auf dich und hat sich Vermouth geschnappt“, zischte die Jüngere. „Ich…es tut mir Leid…so hart wollte ich es nicht sagen.“

Akemi schüttelte den Kopf. „Du meinst es nur gut mit mir. Und du hast Recht, ich sollte ihn endlich vergessen.“

„Das schaffst du schon. Er ist ja nur ein Mann“, sprach die Jüngere.

Akemi kicherte leicht. „Nur ein Mann…woher hast du diesen Spruch nur?“

„Stimmt doch“, lächelte Shiho. „Hab ich mal gelesen. Aber genug von ihm, lass uns über irgendwas Anderes reden, sonst bläst du wieder Trübsal.“

„Hey. So schlimm bin ich nun auch nicht.“

„Ich weiß“, nickte die Wissenschaftlerin. „Ich will dich nur nicht wieder so unglücklich sehen.“

„Das wirst du auch nicht. Ich bin darüber hinweg, es zählt nur noch das hier und jetzt“, entgegnete Akemi.

Shiho hob die Augenbraue. „Ist mit dir wirklich alles in Ordnung?“

„Ja. Was sollte denn sein?“

„Ich weiß auch nicht. Du bist irgendwie komisch.“

„Ach was“, schüttelte Shiho den Kopf. „Das ist nur, weil ich mir Sorgen um dich mache. Du arbeitest nur noch und das nur wegen irgend so einem Mittel.“

„So einfach ist das nicht, Akemi“, murmelte Shiho.

„Das versteh ich, aber…du musst auch mal raus kommen und ein wenig Spaß haben. Das kann dir die Organisation nicht verbieten“, warf die Langhaarige ein.

„Es geht aber nicht. Nicht jetzt.“

„Warum?“

Shiho seufzte leise auf. „Du musst mir aber Versprechen, dass du ihnen nicht verrätst, dass ich mit dir darüber gesprochen habe.“

Akemi nickte.

„Ich arbeite an einem...nennen wir es Mittel. Ich kam lange Zeit einfach nicht weiter und jetzt bekomme ich haarsträubende Ergebnisse“, erzählte sie leise.

„Mittel? Oh nein, Shiho, sag mir nicht, dass du irgendein Gift für sie produzierst“, empörte sich Akemi. Natürlich wusste sie, dass die Organisation nicht nur mit ihren Waffen tötete, aber nie hätte sie es für möglich gehalten, dass ihre eigene Schwester darin verwickelt war.

„Es ist schon gut. Ich weiß, worauf ich mich da eingelassen hab. Außerdem ist es noch in der Testphase“, entgegnete Shiho.

„Aber versprich mir, wenn es gefährlich wird, hörst du damit auf. Ich will nicht, dass du für die Verbrechen der Organisation büßen wirst.“

„So ist das nicht, Akemi“, warf die Wissenschaftlerin ein.
 

„He! Miyano“, die Tür wurde von einem Organisationsmitglied aufgerissen. „Du hast einen Auftrag.“

„Ich komme gleich“, nickte Akemi und blickte zu ihrer Schwester. Sie drückte diese ganz fest an sich. „Wenn du irgendwas auf dem Herzen hast, kannst du immer zu mir kommen.“

„Das weiß ich doch“, gab Shiho von sich. Sie wirkte leicht traurig und sah ihre Schwester an. „Und du pass bitte auf dich auf.“

„Hatte ich vor“, lächelte die Ältere. Nachdem sie ihre Schwester los ließ, ging sie an die Tür, legte die Schutzbrille ab und ging mit dem Organisationsmitglied nach draußen. „Um was geht es?“

„Du beschaffst uns Geld.“

„In Ordnung“, sprach Akemi ruhig. Geld besorgen war ihre übliche Aufgabe in der Organisation, also stellte sie nicht zu viele Fragen. Außerdem wusste sie, dass sie noch genügend Daten kriegen würde. „Welcher Zeitraum?“

„Ende der Woche musst du es haben.“
 

Shiho stand von ihrem Platz auf. Sie sah sich im Labor um, ehe sie an einige Boxen gingen. Darin befanden sich ihre Testmäuse. Jede Gruppe symbolisierte Menschen. Neben den Mäusen lagen Akten über den bisherigen Verlauf. Viele von ihnen kannte Shiho seit ihrer Geburt, zog sie auf und injizierte ihnen dann das Gift oder mischte es unter ihr Essen. Bislang zeigten fast alle Mäuse die gleiche Reaktion; sie starben.

Shiho nahm den Stapel mit den Akten, suchte das Schriftstück passend zur Maus heraus und trug ‚Tot‘ neben ihren Forschungsnamen ein. Wieder ergaben die Tests das gleiche, doch dann stockte sie. Am frühen Morgen verabreichtete sie jeder Maus das Gift, ließ es wirken und sah sich nun das Ergebnis an. Bisher hatte jede Maus zu Anfang die gleiche Reaktion gezeigt, sie fingen alle an, aktiver zu werden. Sie hetzten sich, ihr Herz schlug höher und dann hauchten sie den Atem aus. Aber diese eine Maus, die in ihrem Käfig saß, war anders.

„Das kann doch nicht sein“, murmelte die junge Wissenschaftlerin, als sie der Maus direkt in die Augen blickte. Sie ging ihre Akte durch. Da stand es ganz eindeutig. Verwendet hatten sie eine 35 cm lange Maus, die relativ alt war. Doch vor Shiho lag eine kleine und nackte Maus. Ein Baby.

Die Wissenschaftlerin fuhr sich durch die Haare. Ihr Herzschlag erhöhte sich und kleine Schweißperlen fanden ihren Weg von der Stirn nach unten.

Wenn es tatsächlich wahr war, dann verjüngte sich eine Maus durch das Gift. Eine mögliche Nebenwirkung? Aber warum trat sie bisher noch nicht aus? Sie hatten so viele Mäuse verwendet, immer wieder alles getestet, nachgebessert, aber nie schrumpfte eine Maus ins Babystadium zurück. Nur ein Zufall?

Shiho schluckte hart, ihre Hand zitterte. War das ein Durchbruch? Oder war es viel mehr eine Schande für die Organisation. Erst jetzt wurde Shiho bewusst, dass Gin ihr Gift hin und wieder an Menschen testete. Was, wenn diese auch wieder jünger wurden? Daran wollte sie gar nicht denken. „Nein“, wisperte sie leise und schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Die Organisation überprüfte den Tod jeder Person, die das APTX zu Schlucken bekam. Und bisher trat diese Nebenwirkung nicht auf. Vielleicht trat sie auch nur dann auf, wenn es sich um Mäuse handelte. Mäuse konnten anders als Menschen reagieren.

Ohne zu zögern, schrieb die Wissenschaftlerin das Wort ‚Tot‘, legte die Akte weg und nahm die Maus aus ihrem Käfig. Ganz vorsichtig brachte sie die Maus in einen anderen Käfig. Sie musste heraus finden, warum eine einzelne Maus jünger wurde.

„Was machst du da, Sherry?“

Erschrocken ließ die Wissenschaftlerin die Maus fast los und drehte sich um. „Ich überlege mir ein neues System für die Jungmäuse.“

„Was wollte deine Schwester hier?“, wollte die eiskalte Stimme von ihr wissen.

„Akemi? Sie wollte nur mit mir reden. Ich hab ihr nichts über meine Arbeit erzählt.“

„Das will ich auch für dich hoffen. Keiner außer uns darf wissen, was du machst. Haben wir uns da verstanden?“

Shiho nickte. „Natürlich, Gin.“

„Sehr gut“, grinste der Angesprochene. „Dann mach weiter.“

„Gin?“

„Was ist?“

„Akemis neuer Auftrag…weißt du, um was es da geht?“, fragte Shiho nach.

„Vielleicht“, gab Gin grinsend von sich.

„Ist sie in Gefahr? Was habt ihr mit ihr vor?“

„Schau mal einer an, wie viele Fragen du hast“, grinste der Langhaarige.

Shiho wich leicht nach hinten. „Gin, bitte…ist sie in Gefahr?“

„Mach dir nicht in die Hosen, kleine Sherry. Wenn sich deine Schwester nicht zu dumm anstellt, wird ihr schon nichts passieren. Sie zahlt nur ein wenig in die Portokasse ein.“

„Portokasse…“, nuschelte die Wissenschaftlerin.

Gin verdrehte die Augen. „Du solltest dir weniger Sorgen um sie machen. Mach deine Arbeit. Der Boss will morgen früh einen neuen Bericht haben.“

„Verstanden“, nickte das Mädchen. „Gin? Habt ihr…das Gift wieder eingesetzt?“

„Warum willst du das wissen?“

„Ich war nur neugierig“, gab sie schnell von sich.

„Hmm? Von mir aus. Ja, haben wir. Und es wirkt wirklich sehr gut. Der Tod trat nach einigen Minuten ein. Er hat gewinselt und ein paar Laute von sich gegeben. Du solltest dafür sorgen, dass die Menschen nicht noch Zeit haben, um um ihr Leben zu rufen.“

„Ich werds mir merken und versuchen es umzusetzen.“

„Sehr schön. Dann mach jetzt weiter.“

[File 5] Erster Auftrag

Kogoro saß am frühen Morgen an seinem Schreibtisch in der Detektei und ging einige alte Akten durch. Er seufzte und dachte zurück an alte Zeiten. Damals bekam er noch Aufträge, aber irgendwann nahm ihm Shinichi Kudo alles weg. Die Menschen gingen lieber zu dem Schülerdetektiv, anstatt sich von einem erfahrenen Ex-Polizisten und jetzigen Detektiven helfen zu lassen. Kogoro ballte die Faust. Warum musste er sich von so einem Jungen auch immer nur vorführen lassen? Er konnte doch viel mehr, auch wenn seine Schlussfolgerungen nicht immer richtig waren.

„Paps!“

„Hmm?“, Kogoro blickte nach oben, gähnte dann. „Was ist denn los, Ran?“

„Kannst du hier nicht einmal ein wenig aufräumen? Was sollen denn deine Klienten davon halten, wenn es hier so unordentlich aussieht?“, wollte Ran leicht mürrisch wissen.

Kogoro verdrehte die Augen. „Sei doch nicht so, Mausebeinchen.“

„Trotzdem. Wenn ich bei Shinichi bin, dann…“

„Was?“, raunte Mori. „Wieso bist du bei diesem Rotzbengel?“

„Paps, was redest du denn da? Du weißt doch ganz genau, dass Shinichi mein bester Freund ist und wir viel zusammen unternehmen. Dazu gehört es auch, dass ich ab und an bei ihm bin“, entgegnete Ran.

„Aha“, murmelte Mori und blickte seine Tochter streng an. „Und? Wie ist es bei ihm?“

„Eh? Paps? Was…was meinst du damit?“

„Du weißt schon. Wie sieht es bei ihm aus? Wie kriegt er seine ganzen Klienten?“

Ran rollte mit den Augen. „Er macht gar nichts. Seine Klienten kommen aus freien Stücken zu ihm. Wobei, es gibt Unterschiede zwischen euch.“

„Lass dir das doch nicht aus der Nase ziehen, Ran. Sag schon, was macht er anders?“, wollte Kogoro wissen.

„Bei ihm ist es immer aufgeräumt. Egal in welches Zimmer du gehst, es ist sauber. Er schaut sich nicht Yoko Okino an, generell schaut er nicht fern, wenn er auf Klienten wartet. Er ist nicht überheblich und er fordert für seine Dienste keine hohen Summen“, zählte das Mädchen auf.

„Er ist ja auch nur ein kleiner Schülerdetektiv“, entgegnete Mori.

„Trotzdem hat er mehr Klienten“, murmelte sie leise.

„Reib es mir nur weiter unter die Nase, Ran“, seufzte Kogoro.

„Tschuldige, Paps…“
 

Die Tür der Detektei ging auf und ein junges Mädchen kam hinein. Man erkannte sofort, dass sie viel Jünger als Ran war. „Entschuldigung?“, leicht verschüchtert trat sie weiter in die Detektei ein.

„Hmm?“ Mori horchte auf und blickte an die Tür. Er war leicht verzückt, entfernte sich von Ran und ging auf das Mädchen zu. „Komm doch rein. Was kann ich für dich tun?“, wollte er von ihr wissen.

„Paps!“, raunte Ran und tippte mit ihrem Fuß auf dem Boden herum. „Du solltest ihr zuerst etwas zu Trinken anbieten“, warf das Mädchen ein, ehe sie zu der Fremden blickte. „Möchtest du einen Tee?“

„Nein, Danke“, sprach das Mädchen leise.

„Dann setz dich doch und sag mir, was ich für dich tun kann“, schlug Kogoro vor und wies auf das Sofa.

„Danke“, lächelte sie leicht und setzte sich hin.

„Also“, Kogoro setzte sich ihr gegenüber, während sich Ran an das Sofa lehnte. „Was kann ich für dich tun?“

„Mein Name ist Masami Hirota, ich bin auf der Suche nach meinem Vater. Er ist verschwunden“, schluchzte die Gefragt.

„Dein Vater ist verschwunden?“, fragte Ran schockiert und hielt sich die Hand an den Mund.

Masami nickte und sah zu Mori. „Ich habe gehofft, dass Sie ihn finden könnten. Ich weiß, ich hab nicht viel Geld, aber ich würde Ihnen mein gesamtes Taschengeld geben. Bitte suchen Sie ihn.“

Kogoro blickte zu Ran, die von der Geschichte des Mädchens berührt war. „Paps? Bitte, du musst den Auftrag annehmen“, bat Ran ihren Vater.

Kogoro gab sich geschlagen und nickte. „Also gut, ich werde deinen Vater suchen. Kannst du mir irgendwas zu ihm erzählen?“, wollte er wissen.

„Ja, natürlich, ja“, gab Masami aufgeregt von sich. „Sein Name ist Kenzo Hirota. Er ist 48 Jahre alt und ungefähr 1.70 m groß. Außerdem ist er nach Tokyo gezogen, um bei einem Taxiunternehmen zu arbeiten. Ich hab die meisten Unternehmen, die ich kenne, angerufen, aber keiner will irgendwas über ihre Fahrer sagen“, erzählte das Mädchen. „Ich hab auch ein Foto von ihm.“

„Zeig mal her“, wies Kogoro sie an.

Masami nickte und zog ein Foto aus ihrer kleinen Tasche heraus. „Das ist er“, lächelte sie anschließend.

„Er sieht nett aus“, sprach Ran. „Und er scheint Katzen zu mögen.“

„Mein Vater ist auch wirklich nett. Die Katze auf seinem Arm ist Kai. Daneben besitzt er noch drei andere Katzen: Go, O und Tai“, erzählte Masami.

„Also gut, Masami. Ich werde mich um diesen Fall kümmern und deinen Vater finden.“

„Wirklich? Vielen, vielen, vielen Dank, Herr Mori.“

„Kein Problem. Ich melde mich dann bei dir, wenn ich deinen Vater gefunden habe“, entgegnete Kogoro.

„Danke, Danke, Sie wissen gar nicht, wie viel mir das bedeutet“, gab Masami von sich. Das junge Mädchen stand von ihrem Platz auf, verbeugte sich leicht und ging dann anschließend aus der Detektei heraus. Als sie sich in Sicherheit wähnte, zog sie ihr Handy aus der Tasche heraus, wählte eine Nummer und wartete, bis sich ihr Gesprächspartner meldete. „Es gab keine Probleme. Er sucht ihn“, sprach sie ruhig, ehe sie wieder auflegte.
 

„Und Paps? Hast du schon eine Idee, wo du Herrn Hirota finden kannst?“, wollte die Langhaarige von ihrem Vater wissen.

„Natürlich“, nickte Kogoro siegessicher. „Er ist Taxifahrer, also ruf ich bei den gängigen Taxiunternehmen an.“

Skeptisch blickte Ran zu ihrem Vater. „Das hat Masami doch auch getan.“

„Aber sie ist ein Kind, ich bin ein Detektiv. Mir geben sie sicher Auskunft.“

„Ich hoffe, du hast Recht und findest ihn. Masami tut mir so leid“, murmelte Ran leise.

„Mach dir da keine Sorgen. Wahrscheinlich ist er zu Hause und hat vergessen sich bei seiner Familie zu melden. Ich kenn solche Fälle“, entgegnete Kogoro und zuckte mit den Schultern.

„Hoffentlich“, wisperte Ran.
 

„Du siehst so bedrückt aus“, entgegnete Shinichi.

„Hmm?“

„Was ist los?“, wollte der Detektiv wissen.

„Paps hat heute einen Auftrag angenommen“, murmelte das Mädchen, während sie ihren Milkshake trank. Das Cafe Poirot war immer gut besucht, aber trotzdem hatten sie nie Probleme einen Sitzplatz zu bekommen.

„Verstehe“, sprach Shinichi und verschränkte die Arme. „Sollte es euch nicht freuen, dass irgendwelche Leute zu deinem Vater gehen?“

„Haha“, gab Ran von sich.

„Ist der Fall kompliziert?“

„Ich weiß nicht.“

„Lass mich raten, dein Vater weiß nicht, wie er den Fall lösen soll? Gut, dann gib mir mal ein paar Infos und ich schau, was sich da machen lässt“, schlug er vor.

„Ich weiß nicht. Wenn Paps erfährt, dass ich mit dir darüber spreche…“

„Dann sag es ihm nicht“, meinte Kudo. „Und wenn ich den Fall löse, führst du ihn auf die richtige Fährte.“

Ran hob die Augenbraue. „Seit wann lässt du meinen Vater einen Fall lösen? Bist du krank?“

„Was? Nein“, beschwichtigend hob Shinichi die Hände hoch. „Ich arbeite momentan an einem größeren Fall, da wäre euer Fall eine kleine Fingerübung.“

„Aber Shinichi…“

„Also? Was ist? Je schneller du mir die wichtigsten Kernpunkte nennst, desto eher kann ich dir helfen.“

„Also gut“, seufzte das Mädchen leise auf. „Kenzo Hirota ist verschwunden. Seine Tochter Masami bat uns ihn zu suchen. Er soll in Tokyo bei einem Taxiunternehmen arbeiten. Und dort verliert sich unsere Spur. Paps hat zwar das Unternehmen ausfindig gemacht, aber keine weiteren Anhaltspunkte bekommen.“

„In wie fern?“

„Wir wissen nur, dass er jeden Abend die gleiche Strecke hin und her fuhr. Außerdem gaben sie uns seine Adresse, aber aus der Wohnung ist er bereits ausgezogen und der alte Vermieter weiß keine neue Adresse. Wir stehen vor dem Nichts“, murmelte sie leise. „Ich weiß nicht, was Paps Masami sagen wird, wenn sie heute Abend anruft.“

„Das ist wirklich ein wenig dürftig. Gibt es irgendwas über den Fahrgast mit dem er die Strecken fuhr?“

„Nein“, schüttelte Ran den Kopf. „Es gibt dazu keine Unterlagen.“

„Hmm…sonst noch irgendwas? Hobbys? Nebenjobs?“, wollte der Detektiv wissen.

„Nein“, antwortete Ran. „Wobei…er hat vier Katzen. Ähm…Go, Kai, Tai und O“, zählte das Mädchen auf.

„Go, Kai, Tai, O“, wiederholte Shinichi nachdenklich.

Ran nickte.

Nachdenklich blickte sich Shinichi um, ehe er wieder zu Ran sah. „Irgendwoher kommt es mir bekannt vor…“

„Du hast eine Idee?“, auch wenn sie ihren Freund gut kannte, war sie trotzdem verwundert, dass er so schnell auf eine Spur.

„Gib mir noch einen Moment.“

„Hast du schon gehört, Gokai Taio hat das gestrige Rennen mit seinem Pferd gewonnen“, erzählte ein junger Mann seiner Freundin.

„Lass mich raten, du hast gestern darauf gewettet?“, wollte seine Freundin wissen.

„Natürlich“, kicherte der Mann.

„Ran, ich habs“, gab Shinichi von sich. „Ihr müsst auf der Pferderennbahn nach sehen. Eure gesuchte Person hat seine Katzen nach dem Jockey benannt.“

„Was? Wirklich?“, das Mädchen hatte ein großes Lächeln auf den Lippen, während sie aufstand. „Ich muss sofort zu Paps. Danke Shinichi.“
 

Erleichtert saß Ran zwei Tage später bei ihrem Vater in der Detektei und lehnte sich in das Sofa zurück. „Ich bin so froh, dass wir Masami helfen konnten“, sprach sie.

Kogoro sah von seinem Schreibtisch und der Zeitung, die er gerade las, hoch. „Ich hab dir doch gesagt, dass das ein einfacher Fall sein wird. Kogoro Mori, der Meisterdetektiv, löst jeden Fall“, gab der Angesprochene von sich.

Ran verdrehte die Augen. „Paps…du hast bisher einen Fall gelöst. Da kannst du dich doch nicht gleich für einen Meisterdetektiv halten“, seufzte das Mädchen.

„Warum nicht? Aus einem gelösten Fall können sehr schnell zwei werden. Und jetzt wo man weiß, dass ich Fälle löse, egal welche, werden wir viel mehr Klienten haben“, lachte er.

„Das weiß ich ja nicht“, nuschelte Ran leise.

„Was willst du damit sagen?“, wollte Mori wissen.

„Ach gar nichts. Ich bin nur realistisch“, entgegnete Ran.

„Wie du meinst. Mal sehen, wann unser nächster Klient hier herein schneit.“ Wieder wandte er sich an seine Zeitung und sah sich die einzelnen Artikel an. „Vielleicht stehe ich ja auch da drin.“

„Glaubst du? Ich denke nicht, dass Masami die Reporter deswegen einschaltet.“

„Sie nicht“, kicherte Mori leise. „Aber ich werd heute mit einem darüber sprechen.“

„Oh nein, Paps. Das kannst du nicht ernst meinen.“

„Warum nicht? Es ist eine gute Werbung für meine Detektei“, zuckte der Angesprochene mit den Schultern.

„Wie du meinst…“, nuschelte das Mädchen.

„Hmm…das ist ja merkwürdig.“

„Was ist los, Paps?“

„Kenzo Hirota wurde erhängt in seiner Wohnung gefunden“, las Kogoro vor.

„Erhängt?“, Ran legte ihre Hände vor den Mund. Sie war schockiert, ehe sich anschließend Angst in ihren Augen wiederspiegelte. „Oh mein Gott, was ist mit Masami?“

„Hier steht nichts über sie“, murmelte Mori. „Ich ruf sie an“, sprach er anschließend und nahm den Hörer des Telefons in die Hand. Er wählte ihre Nummer und wartete.

„Und?“, wollte Ran wissen, nachdem ihr Vater auflegte.

„Die Nummer ist nicht erreichbar. Merkwürdig.“

„Oh nein. Hoffentlich ist ihr nichts passiert“, gab Ran von sich.

„Ich werd den Inspektor anrufen“, entgegnete Kogoro und nahm wieder den Hörer vom Telefon.

„Ja, hier Mori. Es geht um den ermordeten Kenzo Hirota“, fing er an. „Ja, er war ein Fall von mir. Seine Tochter suchte ihn…Aha…ja…verstehe…in Ordnung…auf Wiedersehen.“

„Und?“

„Der Inspektor sagte mir, dass Herr Hirota keine Tochter hat. Außerdem sieht alles nach Selbstmord aus.“

„Was? Aber das kann doch nicht sein“, wisperte Ran.

Mori zuckte mit den Schultern. „Er prüft den Fall und ruft mich an, wenn es irgendwelche neuen Erkenntnisse gibt.“
 

Ran klopfte mehrfach an die Tür der Villa. Sie wurde hektisch, da es keine neuen Erkenntnisse zu dem Tod von Kenzo Hirota gab. Man ging nur von einem Selbstmord aus, aber was war mit der Tochter des Opfers? Hatte sie ihren Vater gefunden und vor Angst untergetaucht? Oder war irgendwas anderes los.

„Shinichi“, rief das Mädchen und klopfte erneut an die Tür der Villa.

„Ich bin ja da“, kam es von drinnen, ehe Shinichi die Tür aufmachte. „Was ist denn los, Ran?“, wollte der Oberschüler wissen.

„Hast du heute schon Zeitung gelesen?“

Shinichi nickte. „Ja, warum?“

„Kenzo Hirota wurde erhängt aufgefunden“, schluchzte Ran und trat in die Villa ein.

„Oh…weiß man schon genaueres?“, fragte der Oberschüler nach.

„Nein“, murmelte Ran und lehnte sich drinnen gegen die Tür. „Es ist so schrecklich. Wir wissen nicht, was mit Masami passiert ist.“

„Jetzt mal ruhig und langsam, Ran. Er wurde erhängt aufgefunden. Mord oder Selbstmord?“

„Der Inspektor sagt Selbstmord“, antwortete die Gefragte.

„Hmm gut…Selbstmord“, murmelte Shinichi. „Weiter. Irgendwelche Auffälligkeiten?“

„Nein, eigentlich nicht…Paps sagte, dass Herr Hirota keine Tochter hat“, entgegnete das Mädchen.

„Sekunde mal, seine Tochter wollte, dass ihr ihn sucht und jetzt stellt sich heraus, dass er keine Tochter hat? Das ist wirklich merkwürdig“, gab Kudo von sich.

„Vielleicht sind die Informationen auch falsch und die Polizei will Masami beschützen“, sprach Ran.

„Wäre natürlich auch möglich. Aber wenn nicht…hältst du es für möglich, dass Masami darin verwickelt ist?“

„Du meinst, sie soll ihn erhängt haben? Nein“, Ran schüttelte den Kopf. „Das kann nicht sein. Sie ist doch erst ein junges Mädchen. Außerdem ist er viel schwerer als sie.“

„Das muss nichts heißen, Ran. Manchmal kann man noch so unscheinbar wirken und ist in Wahrheit der Täter“, gab Kudo von sich. Er dachte nach und rümpfte die Nase.

„Das glaub ich nicht. Masami macht so etwas nicht.“

„Könnt ihr sie erreichen?“, wollte Shinichi deswegen wissen.

„…“

„Ihr könnt sie also nicht erreichen. Dann spricht vieles gegen sie“, murmelte der Oberschüler. „Okay sag mir mal, wie er reagiert hat, als er seine Tochter traf.“

„Er war ein wenig…schockiert sie zu sehen. Aber ich dachte mir nichts dabei. Er hat eben nicht mit ihr gerechnet, vielleicht wollte er ihr auch die Gegend nicht zu muten“, warf sie ein.

„Oder er hatte Angst vor ihr.“

„Shinichi…“, schluchzte Ran. Tränen machten sich in ihren Augen breit. Sie konnte es nicht glauben. Masami konnte nicht die Täterin sein. Das war so…unfair.

„Tut mir leid, Ran. Manchmal sind es Menschen, die wir gerne haben. Aber es kommen auch gute Zeiten“, versuchte er sie zu beruhigen.

„Aber…aber…“, wisperte sie, als ihr Handy anfing zu klingeln.

„Geh ruhig ran.“

„Danke“, sprach sie, zog ihr Handy aus der Tasche heraus und nahm ab. „Paps? Was gibt es?“, wollte sie von ihm wissen. „Ja..wirklich? Ja, ich verstehe…das ist gut…haben sie Masami gefunden?...Verstehe…und was will der Inspektor weiter machen?...Gut, halte mich am Laufen“, lächelte das Mädchen.

„Was gab es? Du hast auf einmal so gute Laune“, entgegnete Shinichi.

„Sie haben einen Mann gefunden, der sich als Bruder von Herrn Hirota ausgab. Er beging Selbstmord, schrieb aber vorher noch einen Brief mit seinem Geständnis. Paps sagt, sie haben ein graphologisches Gutachten machen lassen und die Handschrift ist echt. Das heißt, dass Masami nicht schuldig ist. Du weißt ja nicht, wie glücklich ich bin“, erzählte das Mädchen.

„Zwei Tote…“, murmelte Kudo.

„Sie untersuchen noch alles, aber wenigstens wissen wir jetzt, wer Herrn Hirota umgebracht hat“, entgegnete sie.

„Hat dein Vater gesagt, ob das Mädchen wieder auftauchte?“

Ran schüttelte den Kopf. „Sie bleibt verschwunden. Aber vielleicht hatte sie einfach nur Angst. Die Polizei wird jetzt nach ihr suchen und sie beruhigen.“

Shinichi nickte. „Ich hoffe, du hast Recht und es wird so einfach.“

„Nun sieh das alles doch nicht so schwarz. Nicht hinter allem muss irgendein Fall stecken“, gab Ran von sich.

„Ich weiß“, grinste Shinichi und kratzte sich am Hinterkopf. „Gewohnheiten kann man nicht so einfach abschalten.“
 

„Ich bin hier. Wo sind Sie?“, rief Akemi am Hafen. Es war dunkel und keine Menschenseele war vor Ort.

„Da bist du ja endlich, Masami Hirota – nein, Akemi Miyano.“ Eine Gestalt, in Schwarz gekleidet, trat hervor.

„Warum haben sie das getan?“

„Was getan?“ Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Sie wissen es ganz genau. Warum haben sie Hirota umgebracht?“

„Das weißt du doch selber ganz gut. Der Kerl wollte mit der Kohle fliehen“, zischte er.

„Ja und? Ich hab sie doch wieder beschafft. Hier Ihr Anteil“, entgegnete die junge Frau und warf ihm den Koffer zu Füßen.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mich damit zufrieden gebe.“

„Was? Aber Sie sagten doch…“, Akemi wich nach hinten und zog ihre Pistole, die sie auf den Mann richtete. „Glauben Sie nicht, dass Sie mich so einfach bekommen werden. Ich hab nur Ihren Anteil vom Geld mit und wenn sie mich jetzt umbringen sollten, werden Sie nie an den Rest kommen.“

„Und wenn schon. Irgendwann wird das Geld schon wieder auftauchen. Außerdem brauch ich mich nur dann in deiner Wohnung umzusehen“, sprach er, richtete ebenfalls seine Waffe auf Akemi und schoss.

[File 6] Überleben

Akemi wich zur Seite, als der Schuss fiel. „Verfluchter Mistkerl“, gab sie von sich.

„Als ob du das nicht vorher gewusst hättest“, grinste der Mann, ehe er einen weiteren Schuss abgab.

„Freuen Sie sich nicht zu viel“, entgegnete Akemi und schoss ebenfalls. Nur knapp traf sie an seinem Arm vorbei, aber es war auch schwer richtig zu treffen, wenn man sich andauernd bewegen musste.

„Soll mir das jetzt Angst machen? Arme kleine Akemi.“

„Damit kommen Sie nicht durch. Selbst wenn sie mich erschießen, es werden andere kommen und sich um Sie kümmern“, sprach die Frau.

„Willst du mir jetzt etwa Angst machen? Du bist ja irre“, lachte der Angesprochene.

Erneut schoss er, diesmal aber auf ihre Beine. Zwar wurde Akemi nicht getroffen, doch durch die zu schnellen Bewegungen landete sie schließlich auf dem Boden.

„Wie es aussieht, kommst du hier nicht mehr lebend heraus“, grinste der Mann hämisch. „Dann sag der Welt ‚Leb wohl‘“, fügte er an.

„Leb wohl.“

Der Mann in Schwarz fiel vor Akemi zu Boden. Er rührte sich nicht mehr, seine Augen waren weit aufgerissen, bewegten sich aber nicht.

Verunsichert blickte Akemi den Toten an, ehe sie zu ihrer Waffe sah. Nicht einmal aus Angst drückte sie den Lauf. Der Schuss konnte also nicht von ihr kommen, aber wer war es dann? Sie sah sich um. Als nichts passierte, stand sie langsam auf und sah zu den vielen dunklen Ecken. Die Stimme, die die zwei Worte sprach, kam ihr so vertraut vor. Aber trotzdem wusste sie nicht, ob er nun als Freund oder Feind hier her kam.

„Das hätte ins Auge gehen können.“ Die zweite Person, ebenfalls in Schwarz gekleidet, kam aus dem Schatten hervor.

„Gin!“, gab Akemi von sich. „Was soll das? Kontrolliert ihr wieder, ob ich meine Arbeit ordentlich mache?“

„Und wenn, was machst du dann?“

„Ich wäre da auch alleine heraus gekommen“, entgegnete Akemi. „Trotzdem Danke.“

Gin schüttelte grinsend den Kopf. „Bring das Geld ins Quartier und verwisch all deine Spuren“, wies er die junge Frau an.

„Das hatte ich vor, Gin. Keine Sorge, ich bin kein Verräter.“

„Abwarten.“

„Gin“, raunte sie ihn an. „Du bist auf ihn genauso reingefallen, wie ich. Also mach mir keine Vorwürfe dafür.“

„Sei still“, zischte der Angesprochene wütend und richtete seine Pistole auf Akemi. „Du solltest lernen mich zu reizen.“

Akemi schluckte. „Was hast du jetzt mit mir vor?“, wollte sie wissen.

„Du kannst froh sein, dass wir dich noch brauchen. Schaff das Geld ins Quartier und warte auf weitere Instruktionen.“

Die junge Frau ballte ihre Faust, nickte dann aber. „In Ordnung, das Geld ist spätestens morgen früh im Quartier.“

„Das will ich auch hoffen.“

„Natürlich. Du kannst dich auf mich verlassen“, nickte Miyano.

„Dann geh jetzt. Um die Leiche kümmer ich mich. Das Geld lässt du auch hier“, wies Gin sie an.

Akemi nickte. „In Ordnung.“
 

Mit einem unguten Gefühl im Bauch verließ Akemi den Schauplatz und ging zu ihrem Wagen. Ihr Herz klopfte höher, da sie nicht sicher war, was Gin im nächsten Moment tun würde. Es war komisch, dass er sie so einfach rettete und anschließend gehen ließ. Eigentlich passte das Verhalten nicht zu ihm. Irgendwas musste dahinter stecken. Irgendwas.

Langsam und vorsichtig öffnete Akemi die Tür ihres Wagens. Sie atmete tief durch, setzte sich rein, schnallte sich an und startete den Motor. Den Koffer mit dem Geld für ihren ‚Auftraggeber‘ ließ sie bei Gin.

Kurz blickte die Langhaarige in den Rückspiegel und fuhr dann los. Er kam nicht einmal ihr nach. War Gin etwa krank oder woran lag es, dass er sich so eigenartig verhielt. Sie durfte nicht darüber nachdenken, das machte die Sache nur noch schlimmer. Akemi atmete durch. Jetzt war es vorbei und sie konnte nur noch darauf warten, bis ihr die Organisation einen neuen Auftrag gab.

Akemi griff zu ihrem Handy und wählte die Nummer ihrer Schwester. Es war ein Versprechen, welches sie sich gaben. Immer wenn Akemi einen Auftrag hatte, rief sie am Abend an, um Bescheid zu geben, dass es ihr gut ging. Seit langem wurde dies zu einer Tradition der Schwestern und es war sicher, dass Shiho bereits auf den Anruf wartete.

Es klingelte, bis sich die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung meldete.

„Ich bin’s“, sprach Akemi lächelnd.

„Wie ist dein Auftrag gelaufen? Ist alles in Ordnung?“, wollte die Jüngere wissen.

„Ja, alles in Ordnung. Es ist zum Glück gut ausgegangen“, sagte Akemi, während sie mit dem Wagen weiter fuhr.

„Ich hab in der Zeitung gelesen, dass dieser Hirota erhängt gefunden wurde…“

„Ja, ich weiß. Das musste leider sein“, seufzte Akemi. „Zunächst lief alles gut, aber nachdem Kenzo das Geld bei Seite schaffen wollte, gab es leider keinen anderen Ausweg. Akira hat sich um ihn gekümmert und wurde dann selber umgebracht.“

Shiho schluckte. „Pass auf dich auf.“

„Keine Sorge, es gab einen Brief von Akira in dem er den Mord gestand. Und mein Auftraggeber, den ich mit einer kleinen Teilsumme abspeisen sollte, ist ebenfalls tot.“

„Hast du…?“, murmelte die Jüngere.

„Nein, er hielt sich nicht an unsere Abmachung und wollte mich des Geldes wegen umbringen. Wenn es sein müsste, hätte ich ihn erschossen, aber Gin kam mir zu vor. Shiho, du musst bei ihm aufpassen. Er ist kalt und unbarmherzig“, entgegnete Akemi.

„Das weiß ich, Gin sollte man nicht vertrauen. Es wundert mich, dass er dir zur Hilfe gekommen ist“, murmelte Shiho.

„Mich hat es auch gewundert. Ich weiß nicht, warum er es getan hat, aber mir soll es recht sein. Morgen früh bring ich das Geld ins Quartier und sehe, was sie mir zu sagen haben. Wahrscheinlich wird Gin das von heute Abend irgendwie gegen mich verwenden wollen. Aber so einfach mach ich es ihm nicht. Ich habe den Auftrag innerhalb der Zeit erledigt“, sprach die Ältere.

„Das ist gut. Solange du nichts machst, was sie Zweifeln lässt, werden sie dir weiterhin Aufträge geben und du hast nichts zu befürchten“, nickte Shiho.

„Keine Sorge, so was hatte ich nicht vor“, Akemi seufzte leise auf. „Ich versteh nicht, warum sie immer noch so wenig Vertrauen zu mir haben. Sie sollten wissen, dass ich sie nicht verrate, egal was passiert.“

Shiho dachte nach, lehnte sich dann in ihrem Schreibtischstuhl nach hinten und blickte auf den Bildschirm ihres Computers. „Du kennst sie doch. Sind sie einmal misstrauisch, schütteln sie das nicht so einfach ab. Ich wünschte mir wirklich, sie kämen nicht auf die Idee, dass du eine Verräterin sein könntest.“

„Das krieg ich schon hin. Sie werden mir wahrscheinlich noch ein paar härtere Aufträge geben, aber irgendwann sehen sie ein, dass ich immer noch auf ihrer Seite bin“, sprach Akemi.

„Ich kann ja mal mit Gin darüber reden, wenn du willst. In letzter Zeit kommt er häufiger im Labor vorbei.“

„Nein, lass nur. Sonst denkt er ich hab dich geschickt und fängt an, dir das Leben zur Hölle zu machen. Das pendelt sich sicher bald ein“, entgegnete die junge Frau. „Er kommt also öfters zu dir? Verdammt…ich hätte mir gewünscht, dass er dich in Ruhe lässt.“

„Was meinst du damit?“, wollte die Wissenschaftlerin wissen.

„Das liegt doch auf der Hand. Gin glaubt, wir könnten vielleicht gemeinsame Sache machen, oder ich würde dir irgendwas erzählen, was du ihm dann erzählen kannst. Kein Wunder, wäre ich ein hochrangiges Mitglied der Organisation hätte ich dies wahrscheinlich auch gemacht“, fügte Akemi an. Sie fuhr in die Tiefgarage des Gebäudeblockes und parkte dort ihren Wagen.

„Dabei kann ich ihnen gar nichts sagen, weil ich nichts weiß. Außerdem hast du nicht vor sie zu verraten, nicht wahr?“ Shiho schluckte bei den Gedanken. Vielleicht war er ja nicht einmal so abwegig. Aber sie hoffte es nicht.

„Nein, hab ich nicht vor. Ich gehör zur Organisation“, sprach sie und stieg aus dem Wagen aus.

„Und was hast du jetzt vor?“

„Das übliche. Ich geh nach Hause und bereit für morgen alles vor. Vielleicht setz ich mich mit einem guten Buch auf das Sofa, hör Musik, vielleicht schau ich mir aber auch einen Film an. Und du?“

„Akemi, das meinte ich nicht“, murmelte Shiho. „Was hast du wegen dem Auftrag noch vor? Du hast mir erzählt, dass du für diesen Kenzo einen Detektiv eingeschaltet hast“, murmelte Shiho.

„Ach das meinst du“, entgegnete Akemi, während sie zum Fahrstuhl ging. „Da seh ich kein Problem. Ich hab mir extra einen Detektiv gesucht, der nicht wirklich bekannt ist. Da passte dieser Mori gut ins Schema. Er denkt jetzt, er hätte Kenzo für mich gefunden und das wars.“

„Und wenn er nach dir suchen will?“

„Keine Sorge. Das Handy existiert nicht mehr. Außerdem hat er meine Adresse nicht. Und was noch wichtig ist, im offiziellen Sinne existiert keine Masami Hirota, und selbst wenn, er kennt mich nur als kleine Schülerin.“

„Hoffentlich behältst du damit recht…“

„Mach dir nicht so viele Sorgen. Ich hab vorher über ihn recherchiert. Er hat wenig Klienten, wenn er einen hat, dann löst er die Fälle zu nur 25%, der Rest sind Fehlschläge. Ich wunder mich zwar, wie er Kenzo finden konnte, aber ich werd mir darüber keine Gedanken machen. Und wenn er weiter schnüffeln sollte, dann weißt du, was die Organisation mit ihm macht“, entgegnete Akemi. „Ich werd schon versuchen sie von seiner Spur fernzuhalten. Vielleicht sollte ich mir eine gute Ausrede für Masamis Verschwinden überlegen. Die Tochter könnte eine Gefahr werden“, murmelte sie.

„Dann mach schnell. Wenn sie die Polizei wegen dir Einschalten sollten, könnte es unschön enden.“

„Das musst du mir nicht sagen. Ich kümmere mich morgen darum. Kommen wir doch jetzt zu schöneren Sachen, was machst du heute Abend noch?“

„Nicht wirklich viel. Ich geh noch ein paar Forschungsergebnisse durch und werd wahrscheinlich noch recherchieren“, antwortete Shiho.

„Du solltest wirklich eine Pause einlegen. Wenigstens in er Nacht. Sie können doch nicht von dir erwarten, dass du 24 Stunden pro Tag daran arbeitest“, warf Akemi ein.

„Das tun sie nicht, es ist meine Entscheidung das noch zu machen. Ich bin momentan auf einem guten Weg“, entgegnete die Jüngere.

„Versprich mir trotzdem, dass du nachher eine Pause einlegst“, bat Akemi. Sie zog ihren Schlüssel aus der Hosentasche heraus, steckte ihn ins Schloss und öffnete ihre Tür. Behutsam trat die Langhaarige in ihre Wohnung ein. Alles war dunkel, wirkte unverändert und trotzdem hatte sie die Sorge, dass die Organisation hier war.

„Versprochen“, nickte Shiho.

Akemi sah sich in der Dunkelheit um, schaltete ganz langsam das Licht im Flur an, trat weiter nach vorne, bis sie ins Wohnzimmer kam. Auch dort schaltete sie das Licht an. Erleichtert seufzte sie ins Handy. Keine Organisation. Keine ungebetenen Gäste.

„Akemi? Akemi? Was ist los?“

Die Gefragte schüttelte den Kopf. „Nichts, ich war nur erleichtert, dass sie nicht in meiner Wohnung waren. Shiho? Lass uns morgen weiter reden, ich ruf dich an, nachdem ich das Geld weg gebracht hab.“

Kaum hatte Akemi die Sätze ausgesprochen, hörte Shiho nur noch das Tuten am Hörer. Die Wissenschaftlerin seufzte, legte dann aber auch auf. „Sei vorsichtig, Akemi“, wisperte sie leise.
 

„Aniki?“

Gin beugte sich zum Boden hin und nahm den Koffer mit dem Geld. Sein eiskalter Blick richtete sich auf den Toten. „Werd ihn los!“

„Ja“, nickte Wodka, der aus seiner dunklen Ecke hervor kam. Jetzt hatte er gar nichts zu tun gehabt, dabei nahm Gin ihn doch extra mit.

„Was guckst du so?“, raunte Gin seinen Partner an.

„Sag mal, Aniki, wieso hast du ihr das Leben gerettet?“, wollte der Dickere wissen.

Gin verdrehte die Augen, zog seine Packung Zigaretten aus der Manteltasche und zündete sich eine an. Er rauchte sie genüsslich, während er den Rauch auf Wodka blies. „Ist das nicht offensichtlich?“

„Eh? Tut mir leid, Aniki“, murmelte der Angesprochene und schluckte. E hatte überhaupt keine Ahnung, warum Gin die Frau am Leben ließ. Offensichtlich? Nein, bei Gin war nichts offensichtlich.

Wieder verdrehte Gin die Augen. „Sie ist unser Schlüssel.“

„Schlüssel?“

„Zu Sherry natürlich. Wenn der kleinen Miyano irgendwas passiert, wird Sherry sicher nicht begeistert sein. Der Boss lässt es momentan noch nicht zu, dass sie umgebracht wird.“

„Ja, das versteh ich“, nickte Wodka. „Solange der Boss keinen anderen Befehl gibt, wird wohl keiner von uns an sie ran dürfen.“

„Von euch sowieso keiner“, zischte Gin.

„Wie meinst du das?“

„Hast du mir nicht zu gehört?“, gab Gin wütend von sich.

„Doch…ich…“, fing Wodka leise an und warf sich die Leiche des Mannes über die Schulter. „Willst du Miyano nur wegen Sherry selber erschießen?“

„Idiot, als ob Sherry damit was zu tun hat. Und jetzt komm…“
 

Wodka verstaute die Leiche auf dem Rücksitz des Wagens, mit welchem sie fuhren. Es war immer Gins geliebter Porsche und nur wenige Personen durften ihn fahren. Wodka gehörte zu ihnen und meistens, wenn Gin unterwegs rauchen oder telefonieren wollte, fuhr der Dickere. So auch heute.

Sobald Wodka den Motor startete, griff Gin an sein Handy und wählte eine bekannte Nummer. „Ich bins, Gin“, sprach er in den Hörer.

„Wie ist es gelaufen?“, meldete sich die Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Auftrag erfüllt. Miyano lebt noch.“

„Sehr schön. Sorgt dafür, dass sie weiterhin am Leben bleibt.“

„Das werden wir. Der Kleinen wird nichts passieren“, versprach Gin. „Wir haben sie unter unserer Kontrolle. Sie weiß, wenn sie auch nur irgendwas macht, könnte es für ihre Schwester eng werden.“

„Umso besser. Observiert sie weiterhin, aber zieht die Beschattung fort. Sie soll sich in Sicherheit wiegen“, kam der Befehl.

„Verstanden, Boss“, nickte Gin. „Sie wird keinen von unseren Männern bemerken. Und wenn sie einen Fehler macht, wird sie bestraft“, grinste der Silberhaarige.

„Handel nicht zu voreilig, Gin, wir wollen den FBI Agenten.“

„Ich weiß. Auch wenn er sich zwei Jahre nicht mehr meldete, irgendwann wird er es versuchen. Er lässt sie bestimmt nicht einfach so ziehen. Sie ist seine Quelle“, entgegnete Gin ruhig. „Und wenn er es versucht, werde ich da sein und ihm sein Grinsen für immer aus dem Gesicht verschwinden lassen.“

„Halt dich zurück, Gin. Er ist unberechenbar und vergiss nicht, er hat Vermouths Anschläge überlebt.“

„Ich werde nicht den gleichen Fehler machen wie sie. Mich überlebt er nicht. Das weiß er“, sprach Gin kühl.

„Sorg erstmals dafür, dass Miyano überlebt. Weitere Instruktionen folgen…“

„Verstanden, Boss.“
 

Neugierig blickte Wodka zu seinem Partner. „War das der Boss?“

„Ja.“

„Wie lautet der Auftrag?“, wollte er wissen.

„Wir reduzieren die Beschattung von Miyano, sodass es für sie aussieht, als hätte sie unser Vertrauen zurück.“

Wodka nickte. „Aber wir beobachten sie weiterhin, ohne dass sie es bemerkt?“

„Du bist ja doch intelligenter wie ich dachte. Natürlich beobachten wir sie weiter. Und wenn er sich bei ihr meldet, hauchen Beide ihr Leben aus.“

„Er?“ Wodka überlegte kurz. „Du meinst diesen Rye-Typen?“

„Dieser verfluchte FBI-Agent“, zischte Gin wütend. Er hatte es nicht bemerkt. So viele Jahre hatte er nicht gemerkt, was für ein falsches Spiel sein damaliger Partner trieb. Nichts deutete es an, er arbeitete sich langsam hoch, war kaum bekannt und stellte sich dann als Verräter heraus. Bei dem Gedanken ballte Gin die Faust.

„Aniki?“

„Fahr weiter“, raunte Gin.

„Ja“, nickte der Angesprochene und trat auf das Gaspedal. Selten sah er Gin so wütend, aber wenn, dann hatte es immer einen triftigen Grund. Wodka wusste wenig über seiner Vorgänger. Eigentlich wusste er nur, dass dieser ein FBI-Agent war, der sich lange verdeckt halten konnte.

„Was hat dieser FBI-Agent mit Miyano zu schaffen?“, wollte der Dickere schließlich wissen.

Ein Grinsen legte sich auf Gins Gesicht. „Hast du es nicht gehört? Der gute Rye hatte mit der Kleinen was am Laufen. Er meldet sich sicher irgendwann bei ihr, oder sie sich bei ihm. Und dann erledigen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.“

„Eh? Ich dachte, wir sollen Miyano in Ruhe lassen?“

„Falsch. Wir sollen sie solange in Ruhe lasse, wie sie uns nützlich ist. Taucht er auf, machen wir Beide kalt, besonders sie. Sie werd ich vor seinen Augen töten, das bringt ihn um und dann kümmer ich mich um ihn.“

Wodka schluckte, nickte aber. „Wenn du sie vor ihm tötest, wird er bestimmt versuchen sich an uns zu rächen.“

„Soll er doch. So ein einfaches Spiel hat er nicht gegen uns, sonst hätte er schon längst gehandelt“, entgegnete Gin ruhig. „Nein, er wartet ab, solange bis wir uns in Sicherheit wiegen und dann schlägt er zu.“

[File 7] Einsatzbesprechung

Der große Gebäudekomplex sah unscheinbar aus. Keiner wäre auf die Idee gekommen, dass dort mehrere Männer und Frauen an kniffligen Fällen arbeiteten. So auch an jenem Tag.

„Danke, dass Sie alle her gekommen sind“, fing der Einsatzleiter an und blickte die anwesenden Personen an.

Es waren nicht viele da, aber das war kein Problem. Je weniger Menschen irgendwas wussten, desto besser war es. So konnte keine Information durchsickern.

Shuichi Akai lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten, zog seine Schachtel Zigaretten heraus und behielt sie in der Hand, wofür er sich von seiner Kollegin, Jodie Starling, einen bösen Blick zu zog. Doch es war ihm egal. Er war nun mal Raucher und solange ihn die Zigaretten nicht von der Arbeit abhielten, war es legitim.

Neben diesen drei Personen, waren nur noch zwei Weitere anwesend, die sich relativ im Hintergrund hielten.

„Was gibt es denn?“, wollte Akai von seinem Vorgesetzten wissen. Er hasste solche Einsatzbesprechungen. Viel eher mochte er es, einfach nach seiner Intuition zu handeln. Er hatte gelernt, dass die Intuition bei weitem besser war, als irgendein Plan. Pläne konnte man durchkreuzen, die Intuition aber nicht.

„Wir sollten über unser nächstes Handeln reden“, fing James Black an. „Ich habe mir Ihre Anmerkungen noch einmal durch den Kopf gehen lassen und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir demnächst wieder agieren sollten.“

„Anmerkungen?“, fragte Jodie nach. Dabei blickte sie zu Shuichi. „Was hast du heraus gefunden?“

„Wir müssen uns um mehrere Problemherde kümmern, die alle letzten Endes zu einem Punkt zusammen laufen“, gab der FBI Agent von sich.

James nickte. „Ich konnte die Informationen noch nicht überprüfen, aber wenn Sie sie heraus gefunden haben, werde ich nicht an ihnen zweifeln“, entgegnete James.

„Gut“, sprach Akai und verschränkte die Arme.

„Entschuldigt bitte“, begann die Blonde. „Es ist ja schön, dass ihr euch darüber einig seid, aber Fayden, Bennett und ich, wir haben keine Ahnung, wovon ihr redet. Richtig?“

Die beiden anderen Agenten stimmten ihren Worten mit einem Nicken zu.

„Ich schlage vor, Agent Akai erklärt gleich die ganzen Zusammenhänge, da es durch seine Recherchen gelungen ist, alles aufzudecken. Kurz gefasst, wir haben Informationen, die Vermouth sowie die Kudos betreffen.“

„Kudo?“

„Die Mutter ist Schauspielerin, der Vater Autor und der Sohn Schülerdetektiv“, murmelte Akai.

„Schülerdetektiv? Warum sollte so jemand irgendwas mit der Organisation zu tun haben?“

Shuichi zuckte mit den Schultern. „Das ist noch nicht bewiesen.“

„Hmm…warum denkst du dann, dass er mit ihnen was zu tun hat?“

„Ich hab mich in ihrem früheren Umfeld umgesehen“, fing Shuichi an. „Alles was sie über ihr Talent lernte, weiß sie von einem Magier in Tokyo. Zu gleicher Zeit war auch eine andere Schauspielerin seine Schülerin und das war niemand anderes als Yukiko Fujimine, die mit richtigem Namen Yukiko Kudo heißt. Unter den Umständen ist es nicht besonders verwunderlich, dass sich die beiden Frauen kennen. Meine Informationen ergaben, dass sie selbst jetzt noch miteinander in Kontakt stehen“, gab Akai kühl von sich.

„Die Beiden kennen sich?“, überlegte Jodie. „Wäre es vielleicht möglich, dass sie auch ein Mitglied der Organisation ist?“

„Man kann es nicht ausschließen. Die Jahre danach hatten sie immer noch Kontakt miteinander. Sie war auch auf der Beerdigung der guten Sharon“, meinte Shu.

„Aber das kann doch auch bedeuten, dass sie doch kein Mitglied ist“, warf die Blonde ein.

„Kann es, wären da nicht hin und wieder kleine Anrufe. Als Sharons Tochter kann ihr das auch keiner verübeln.“

„Hmm…“, grübelte Jodie. „Dann könnte es wirklich so sein.“

„Weiterhin ist es sehr verdächtig, dass die Kudos in New York leben.“

„Aber Shu, das muss doch nichts heißen“, warf Jodie ein. „Gut, sie sind Japaner, aber das bist du schließlich auch. Und dir sagt keiner irgendwas.“

„Ich habe keinen Sohn in Japan.“

„Eh? Was? Sie haben ihren Sohn dort gelassen?“

„Das haben sie. Ihr Sohn ist im Übrigen noch minderjährig. Aber da sie nichts zu befürchten haben, konnten sie ihn mit einem ruhigen Gewissen dort lassen. So wie ich gehört hab, wohnt ein Professor nebenan, der sich hin und wieder um den Jungen kümmert“, entgegnete Akai. „Sollen sie doch machen, was sie wollen.“

„Aber du sagtest doch, er sei Detektiv. Wie sieht es denn mit seinen ‚Fällen‘ aus? Kümmert er sich nur so um Kleinigkeiten?“, fragte Jodie.

„Das wird dich wahrscheinlich erstaunen. Um Kleinigkeiten kümmert er sich selten. Er stürzt sich lieber auf die blutigen Geschichten.“

„Er tut was? Welche Eltern verantworten so etwas?“

„Seine“, meinte Shu und lehnte sich tiefer in seinen Stuhl. „Sein Vater nahm ihn schon als kleines Kind mit zu den Fällen. Folglich ist er es schon seit Jahren gewöhnt. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass sie ihn auf ein Leben in der Organisation vorbereiten, aber da stellt doch die Frage, ob das nicht zu offensichtlich ist.“

„Du meinst, weil wir damit rechnen würden? Aber wieso lassen sie einen Jungen dann damit aufwachsen?“, wollte Jodie wissen.

Shuichi zuckte mit den Schultern. „Wer weiß, was ihre Gründe sind. Vielleicht wollen sie ihm zeigen wie schrecklich diese Welt doch ist.“

„Dafür gibt es aber andere Mittel und Wege…“

„Trotzdem löst dieser Schnüffler jeden seiner Fälle. Wenn sie ihn für ihre Seite einsetzen wollen, macht das keinen Sinn“, entgegnete Akai.

„Hmm? Wirklich?“, Jodie runzelte die Stirn und überlegte. „Dann macht das alles langsam keinen Sinn.“

„Kommt drauf an. Vor einiger Zeit war er zusammen mit seiner Freundin in einem Freizeitpark und wurde dort in einen Mord verwickelt. Zwei unserer kleinen Freunde waren mit dabei“, grinste Akai.

„Zwei unserer Freunde?“ Jodie hob die Augenbraue, ehe sie dann anschließend wusste, wer gemeint war. „Also zwei Mitglieder der Organisation“, murmelte sie leise.

James nickte. „Wir wissen nur nicht, was sie dort gemacht haben.“

„Unglücklicherweise weiß keiner meiner Informanten was die Beiden dort machten. Wir können nur spekulieren. Allerdings wissen wir, dass es kurz darauf einen weiteren Toten gab“, entgegnete der FBI Agent.

„Können wir sicher sein, dass es die Organisation war?“, wollte Jodie wissen.

„Nein. Sie hinterließen keine Spuren. Die Gerichtsmedizin geht von einem natürlichen Tod aus. Aber selbst wenn, er war Geschäftsmann und im Anzug dort. Fragst du dich nicht auch, warum ein Geschäftsmann in einen Freizeitpark geht?“

„Ja…doch, schon“, nickte die Blonde.

„Ich mich auch. Aber von der Stelle werden wir nichts heraus finden.“

„Unglücklicherweise. Unsere verbliebenen Männer in Tokyo konnten uns auch keinen Hinweis geben“, fügte James ein.

„Als ob das ein Wunde wäre. Die Organisation arbeitet gründlich, sie hinterlassen keine Spuren“, gab Akai kühl von sich.

„Das ist unser Problem. Es gibt nur wenige Agenten, die in Tokyo agieren können ohne aufzufallen“, seufzte Black.

„Das ist auch ein Grund, warum wir bald wieder zurück sollten. Früher oder später werden sie einen Fehler begehen“, grinste Shu.

„Du scheinst dich ja schon sehr darauf zu freuen“, murmelte Jodie.

„Warum auch nicht? Ich hab lange genug daran gearbeitet. Langsam wird es Zeit, sich um sie zu kümmern.“

„Falls sie in Tokyo wieder aktiv werden. Es würde mich nicht wundern, wenn sie die Flughäfen überwachen lassen und sofort ruhig werden, wenn sie von deiner Ankunft dort erfahren“, warf James ein.

„Damit muss aber immer rechnen. Natürlich werden sie zu Anfang nichts machen, weil sie wissen werden, dass ich schon auf sie warte“, gab Akai von sich. „Oder sie handeln gegenteilig und provozieren mein Auftauchen.“

„Keine guten Voraussetzungen“, murmelte die Blonde leise.

„Das seh ich nicht so. Mir ist beides Recht. Wobei ich mir sehr sicher bin, dass sie an einem größeren Schlag gegen uns arbeiten werden.“

„Haben wir überhaupt Chancen sie dort zu kriegen?“, wollte Jodie wissen. „Selbst wenn sie zu einem größeren Schlag gegen uns ausholen wollen, können wir doch nicht wissen, wen sie auf uns ansetzen.“

„Nein, sie sind berechenbar“, grinste Shu.

„Eh? Woher willst du das wissen?“

„Als ich noch bei ihnen in der Organisation war, konnte ich jeden ihrer Schritte vorher sehen. Das war keine große Sache“, gab der Gefragte von sich. Dabei gähnte er, als wäre die ganze Organisation zu langweilig.

„Das ist doch jetzt nicht mehr das gleiche“, warf Jodie ein. „Shu, du bist schon seit zwei Jahren nicht mehr bei ihnen. Woher willst du wissen, was sie dann machen wollen?“

„Jodie, bleiben Sie ruhig“, entgegnete James.

„Lassen Sie sie nur. Sie wäre nicht Jodie, wenn sie nicht wieder so laut werden würde“, sprach Akai.

„Shu!“

„Stimmt doch.“
 

So war Jodie schon immer. Auch früher. Die junge Frau wusste genau, was sie wollte und was sie machen musste, um an ihr Ziel zu kommen. Egal was passierte, Jodie blieb sie selbst.

„Shu!? Jetzt warte doch mal, Shu“, rief die junge Blondinne. Gerade erst war sie dem FBI beigetreten, da war sie auch schon Feuer und Flamme für ihren Kollegen. Nur sprach sie ihn nie nach der Arbeit an. Obwohl sie relativ selbstsicher war, wartete sie immer, bis er den ersten Schritt machte. Sie hatte es im Gefühl, aber die Tage vergingen ohne dass er sie fragte.

„Was ist?“ Der Agent schloss die Tür seines Wagens auf und lehnte sich an diese.

„Gehen wir mal was trinken?“ Jetzt da er nicht auf die Idee kam sie zu fragen, machte sie es selber. Er konnte ja nur ‚Nein‘ sagen. Aber selbst wenn, sie würde es weiter versuchen und vielleicht hätten sie ja doch noch eine Chance.

„Keine Zeit.“

„Ach komm schon. Wir könnten uns doch einmal mal in eine Bar setzen, was trinken, reden und sehen, wohin der Abend noch führt“, kam es von Jodie.

„…“

„Shu!“

Der Angesprochene seufzte leise auf. „Ich hab dir doch gesagt, dass du mich nicht immer Shu nennen sollst“, murrte er.

„Ja, ich weiß. Du hast es lieber, wenn man dich Shuichi nennt…“, entgegnete sie. „Aber Shu ist doch schön kurz und ich mag das als Spitznamen für dich“, schmunzelte Jodie.

„Mach doch was du willst…“

Jodie kicherte. „Ich mach dir einen Vorschlag. Wir gehen heute Abend zusammen einen Trinken und dann sehen wir weiter.“

„Welchen Vorteil sollte das für mich haben?“

„Du würdest mich besser kennen lernen.“

„…“

„Nun schau nicht so“, gab die Blonde von sich. „Wenn es dir nicht gefällt, dann lass ich dich auch in Ruhe, aber einen Abend gibst du mir mit dir.“

Shuichi verdrehte die Augen.

„Jetzt hab dich doch nicht so“, sprach Jodie. „Wenn wir merken, dass es nicht klappt, lass ich es sein. Versprochen.“

„Nur einmal“, grummelte Akai.

„Natürlich. Nur heute Abend und dann lass ich dich in Ruhe, wenn du willst“, nickte Jodie freudig.

Erstaunlicherweise verstand er sich an dem Abend gut mit seiner Kollegin, sogar sehr gut. Und so dauerte es dann nicht mehr lange, bis aus den Beiden ein offizielles Paar wurde, auch wenn schon bald eine Trennung auf die Beiden zu kam.
 

„Das könnt ihr ja später untereinander besprechen“, entgegnete James und riss den FBI Agenten so aus seinen Erinnerungen. „Wir sind hier, um uns zu überlegen, was wir nun machen.“

„Ist doch einfach“, fing Shuichi an. „Wir fliegen nach Tokyo.“

„Ich denke, daran besteht kein Zweifel“, sprach Jodie.

„Wir haben bisher nur davon gesprochen, dass wir demnächst dort hin fliegen. Wir ändern das, wir fliegen morgen.“

James nickte. „Das wäre wahrscheinlich das Beste.“

„Wir fliegen nicht zusammen. Damit wären wir ein gefundenes Fressen für sie. Und wir fliegen öffentlich. Kein Privatjet.“

„Aber Shu, ist das nicht viel zu gefährlich?“, wollte Jodie wissen.

„Nein, sie würden es nie wagen, eine ganze Fluglinie weg zu fegen. Und selbst wenn eines der Flugzeuge abstürzen sollte, es zieht Untersuchungen nach sich und es werden mehr von uns kommen. Sie werden nicht alle Flugzeuge zum Absturz bringen“, erläuterte der Agent.

„Das nicht, aber sie werden bestimmt solange warten, bis sie deinen Namen auf der Passagierliste sehen“, warf Jodie ein.

Akai schüttelte den Kopf. „Das werden sie nicht.“

„Wie kannst du dir da so sicher sein? Du stehst ganz oben auf ihrer Abschussliste. Oder meinst du, die ganzen Anschläge auf dich, waren einfach nur Spaß?“

„Bestimmt nicht“, sprach Shuichi und sah Jodie ruhig an. „Sie wissen aber, dass sie mich nicht so einfach klein kriegen. Und wenn sie erst einmal bemerken, dass ich auf dem Weg nach Tokyo bin, wird von ihnen erstmals keine Gefahr ausgehen.“

„Warum, Shu?“

„Denk doch mal nach. Seitdem Gin weiß, dass ich ihn verraten hab, lässt er keine Gelegenheit verstreichen um dafür zu sorgen, dass ich sterbe. Wenn er jetzt merkt, dass ich drüben bin, wird er alles versuchen, um mich durch seine eigene Hand zu töten.“

Jodie schluckte. War Gin tatsächlich so gefährlich? Alles was sie von dem Mann in Schwarz wusste, hatte sie von Akai gehört. Und dieser war auf seinen ehemaligen Partner alles andere als gut zu sprechen.

„Du siehst also, Jodie, mir wird nichts passieren, bis ich in Tokyo bin.“

Die Angesprochene nickte. „Was wird in der Zwischenzeit aus Vermouth?“ Jodie verkrampfte bei dem Namen. Der Frau hatte sie alles zu verdanken. Nur wegen ihr verlor sie ihren Vater. Sie allein war schuld.

„Mach dir um die keine Sorgen. Auch sie wird die Staaten in einigen Tagen verlassen. Die gute Chris Vineyard verbringt einige Zeit in Tokyo. Ich nehme an, es war ein Befehl der Organisation. Vielleicht soll uns ihr Handeln auch dazu bringen, dass wir auch zurück kehren“, antwortete Akai.

„Was? Und das sagst du mir erst jetzt? Du weißt ganz genau, was das für mich heißt“, empörte sich Jodie.

Shuichi verdrehte die Augen. „Ich hab dich schon mit eingeplant. Du fliegst ebenfalls rüber, aber nicht in der gleichen Maschine wie ich.“

„Wie viel hast du schon geplant?“, wollte die Blonde wissen.

„Nicht viel. Mir war nur klar, dass wir bald nach Tokyo aufbrechen werden. Für den Rest bin ich nicht zuständig“, sprach er und sah zu James.

„Aus dem, was Sie erzählt haben, finde ich es am besten, wenn wir uns auch das Umfeld des Schülerdetektivs ansehen. Am besten schleust sich einer von euch dort rein“, entgegnete der Angesprochene. „Jodie, ich würde Ihnen diesen Job geben.“

„Mir? Sind Sie sich sicher?“, wollte sie wissen.

James nickte. „Da der Junge noch Schüler ist, sollte einer unserer Männer als Lehrer in der Schule arbeiten. Ich finde, Sie sind dafür die beste Wahl.“

„Ich als Lehrerin?“

„Warum nicht? Es wäre mal was anderes und du könntest die Schüler beobachten. Sei aber nicht zu auffällig. Wenn er dich durchschaut, könnte es nicht gut für uns aussehen“, sprach Shuichi.

„Das weiß ich auch. Aber meint ihr, ich bin die richtige für den Job?“

„Wahrscheinlich nicht“, entgegnete Akai. „Aber sonst gibt es keinen, den ich dafür sehen könnte. Du solltest versuchen ein wenig gebrochen Japanisch zu reden, dann bist du authentischer, auch wenn ich dich sofort durchschauen würde.“

„Shu!“

„Reg dich ab. Du bist eben durchschaubar.“

„Das war nicht gerade hilfreich.“

„Sollte es auch nicht.“

„Na toll“, murmelte die Blonde.

„Jetzt ist aber genug“, sprach James. „Wir haben wichtigeres zu tun. Ich buche die Flüge für die nächsten Tage, wir werden, wie von Agent Akai vorgeschlagen, getrennt fliegen. Für Jodie besorge ich einen Job an der Schule von Kudo, während Akai weiterhin Informationen gegen die Organisation sammelt.“
 

Akai stand an seinem Wagen. Während er die Tür öffnete, zog er mit der anderen Hand eine Zigarette aus seiner Zigarettenschachtel und setzte sich auf seinen Sitz. Er schloss die Tür, zündete sich die Zigarette an und steckte den Schlüssel ins Zündloch.

Shuichi zog sein Handy aus der Hosentasche, klappte es auf und sah sich die Zeitanzeige an. „Ich krieg dich, Gin.“

Es klopfte an der Fensterscheibe.

Shuichi ließ sie langsam nach unten fahren. „Was gibt es?“

„Kommst du damit klar?“, wollte sein Gegenüber wissen.

„Natürlich. Was denken Sie denn?“

„Ich hoffe es. Sie wissen, Sie könnten sie dabei wiedersehen.“

„Das ist mir bewusst“, nickte der FBI Agent. „Aber es wird meine Arbeit nicht behindern. Sie wird nicht einmal wissen, dass ich wieder da bin.“

[File 8] Ausstieg

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, machte sich Akemi auf den Weg zu Gin. Mehrfach ging sie in Gedanken durch, wie sie das alles sagen sollte. Nur mit den besten Worten konnte sie eine Einigung finden und wer wusste schon, vielleicht ließe sich die Organisation auf diesen Deal ein. Zwei Wochen waren seit ihrem letzten Auftrag vergangen und die Organisation hörte mit den dauernden Überwachungen auf. Trotzdem bemerkte sie immer wieder die Blicke der Menschen, die ihr allzu bekannt vorkamen. Es war egal, noch war sie loyal.

Die junge Frau ging weiter bis sie an einer Tür ankam. Sie atmete tief durch und klopfte dann an. Auch wenn keine Antwort kam, trat sie einfach rein. Das Mitglied beäugte sie misstrauisch.

„Was willst du hier?“, wollte Gin von ihr wissen.

„Ich will, dass es aufhört!“

„Es soll aufhören. Wie niedlich“, spottete der Langhaarige.

„Es ist mein ernst, Gin. Ich mach das nicht mehr mit. Ich steige aus“, sprach sie.

„Mach doch“, gab er von sich.

Akemi wich einen Schritt nach hinten. Mit einem solchen Kommentar auf ihre Aussage rechnete sie wahrlich nicht. Seit wann war Gin so? Oder war es nur ein Spielchen das er mit ihr trieb?

„Das ist kein Spaß.“

„…“

„Was soll das, Gin? Wenn du dich über mich lustig machen willst, dann lach wenigstens“, entgegnete sie. Akemi wusste, dass sie gerade keine guten Worte wählte, wahrscheinlich brachte sie ihn noch viel stärker gegen sich auf, doch sie wusste sich nicht anders zu helfen. Die junge Frau wollte aus der Organisation heraus und da sie immer wieder Geld auftreiben musste, konnte sie sich damit freikaufen. War erst einmal der erste Schritt getan, gab es kein Zurück mehr.

„Aniki?“, fragte Wodka und sah seinen Partner dabei an. Er wagte es nicht, sich in der Gespräch der Beiden einzumischen, aber wenn Gin keinen Kommentar abgab, konnte es kein gutes Zeichen sein.

„Wenn du unbedingt raus willst, dann geh doch. Ich halte dich sicher nicht auf“, kam es schließlich von dem Mann in Schwarz. Gelangweilt griff er in seine Manteltasche und zog seine Packung Zigaretten heraus. Sofort griff er nach einer und zündete sie sich an. Den Rauch blies er in den Raum hinein.

„Du weißt ganz genau, dass ich nicht alleine gehen werde. Ich nehme Shiho mit.“

„Ach? Ist das so?“, wollte Gin von ihr wissen. Mit seinen grünen Augen fixierte er sie. „Davon wüsste ich aber.“

„Wir werden nicht mehr für die Organisation arbeiten.“

„Gut…“, nickte Gin. „Unter einer Bedingung.“

Akemi wurde hellhörig. Sie hätte wissen müssen, dass so etwas in der Art dahinter steckte. Und sie hoffte, die Bedingung erfüllen zu können. „Was wollt ihr?“

„Es ist ganz einfach. Du besorgst uns eine Milliarde Yen.“

„Und wo ist der Haken dabei?“, wollte sie wissen.

„Es gibt keinen, außer du findest die Tatsache, dass die Milliarde nur aus einem Coup sein darf, für einen Haken.“

Akemi murrte leicht. „Du verlangst von mir, dass ich eine Milliarde mit einem Mal auftreibe?“

„Ist das etwa zu schwer für dich? Ich denke, du hast Erfahrungen darin Geld aufzutreiben.“

„Ja, natürlich, aber bisher war es nie eine solch hohe Summe, dafür müsste ich ja eine Bank überfallen…“

„Wenn das so ein großes Problem für dich ist, kannst du es auch sein lassen“, sprach Gin.

Akemi schüttelte den Kopf. „Nein, das ist kein Problem. Ich besorg das Geld.“ Ihr mulmiges Gefühl blieb, aber vor Gin wollte sie keine Schwäche zeigen. Zielstrebig drehte sich Akemi um und ging aus der Tür.

„Ach, Miyano“, rief Gin. „Zwei Wochen sollten dir genügen.“

Nur mit Mühe konnte sich die junge Frau zurück halten. Sie ballte ihre Fäuste und schlug die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zu. Nur zwei Wochen, aber dann war es ausgestanden. In zwei Wochen waren sie frei.
 

„Eh? Aniki?“

„Was ist?“, raunte Gin seinen Partner an.

„Du willst sie doch nicht wirklich aus der Organisation lassen? Was wird der Boss dazu sagen?“

„Er ist damit Einverstanden.“

„Was? Aber…aber…wie?“, stammelte Wodka.

„Die kleine Miyano ist berechenbar. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie versuchen würde aus der Organisation heraus zu kommen. Hätte sie es schon damals gemacht, hätten wir sie weiterhin verdächtigt mit denen gemeinsame Sache zu machen.“

„Ich versteh nicht ganz“, gab der Dickere leise von sich.

„Du bist hier auch nicht zum Denken.“ Wieder blies Gin den Rauch seiner Zigarette in den Raum. „Man kann nur über einen Weg aus der Organisation aussteigen und das ist der Tod. Noch braucht Sherry ihre Schwester also wird ihr kein Haar gekrümmt.“

„Das hab ich soweit verstanden“, nickte Wodka.

„Es ist aber eine andere Sache, wenn Miyano versehentlich bei einem Auftrag stirbt. Wir wären sie los und Sherry könnte uns nichts anlasten, stattdessen würde sie seelenruhig weiter arbeiten“, erklärte Gin mit einem Grinsen.

„Ich verstehe. Du erwartest, dass sie bei dem Überfall, womit sie das Geld auftreiben will, getötet wird.“

„Schlaues Kerlchen.“

„Und wenn das nicht klappt?“, wollte er wissen.

„Dann haben wir noch ein Ass im Ärmel.“

„Ein Ass?“

„Vermouth wird vor Ort sein und sich darum kümmern, dass sie erschossen wird. Und wenn nicht…“, grinste Gin. „…dann werde ich das liebend gerne bei der Geldübergabe machen.“

Wodka nickte einfach. Von Vermouth hatte er schon viel gehört, kam aber bisher nie in den Genuss mit ihr zusammen zu arbeiten.

„Und jetzt geh, lass mich allein“, wies ihn Gin an.
 

„Was willst du, Gin?“

„Freundlich wie eh und je, Vermouth.“

„Also? Ich hab nicht viel Zeit. Der Flieger geht in paar Stunden.“

„Hast du alles so erledigt, wie ich das wollte?“, fragte Gin nach.

„Was glaubst du denn? Natürlich. Mich würde es nicht wundern, wenn das FBI in den nächsten Tagen nach Tokyo reist“, grinste die blonde Schauspielerin.

„Sehr schön. Im Übrigen, Vermouth, es ist eine Schande, dass du es noch nicht geschafft hast ihn zu erledigen.“

Vermouth grummelte. „Das hat nichts zu sagen“, gab sie dann von sich. „Der Boss hat es schon gesagt, man sollte ihn nicht unterschätzen. Er kann uns noch überraschen.“

„Das hätte er wohl gerne. Mir soll es recht sein. Wenn er erstmals hier ist, wird er mich kennen lernen.“

„Du brauchst wirklich ein anderes Hobby, Gin, aber mach was du willst und sag dem Boss, dass mein Teil planmäßig verläuft.“
 

Nervös starrte Akemi auf das Display ihres Handys. Sie hatte nur noch drei Tage, dann musste das Geld bei der Organisation sein. Bald würde sie es durchziehen. Ihren Plan. Aus dem Grund fing sie bei der Bank an, besorgte sich Komplizen, die mit ihr den Überfall durchzogen und die sie dann für eine minimalere Summe wieder los werden konnte. Es hörte sich einfach an, war es aber nicht.

Akemi musste nur noch bis zu ihrer Mittagspause warten. Dann würden sie los legen, nur noch wenige Stunden. Erst einmal musste sie den Vormittag durchstehen und nicht auffallen. Momentan hatte sie Frühstückspause.

Langsam tippte sie eine SMS ein. Mehrere Minuten vergingen, die ganze Zeit über sah sie sich ihre Worte an, fragte sich, ob man die Nachricht so abschicken konnte. Aber dann fand sie den Mut dazu und drückte auf senden.

Dai-kun,

Falls es mir wirklich gelingen sollte, nach dieser Sache aus der Organisation auszutreten, können wir dann ein richtiges Paar werden?

Akemi.

P.S.

Ich liebe dich.

Sie lächelte. Noch immer dachte sie an den Mann, der Gefühle in ihr weckte, die sie gar nicht für möglich hielt. Und wenn sie tatsächlich frei sein konnte, wollte sie wieder mit ihm zusammen sein.
 

Ohne größere Vorkommnisse brachte Akemi – als Masami Hirota - ihre Schicht bis zur Mittagspause hinter sich. Erleichtert atmete die junge Frau auf und schloss anschließend ihren Schalter für die weiteren Kunden. Sie blickte ihre Kollegen an und lächelte. „Ich bin dann mal in der Mittagspause“, sprach sie.

Eine Kollegin nickte lächelnd. „Wenn du noch ein paar Minuten wartest, begleite ich dich. Ich hab solchen Hunger.“

Akemi schluckte. „In Ordnung…“, dann hielt sie sich den Kopf. „Ich geh nur noch schnell Kopfschmerztabletten holen…“

„Wenn du willst, kann ich auch in meiner Tasche nachsehen“, schlug die Angestellte vor.

„Nein nein, geht schon. Ich lauf schnell zur Apotheke und besorg mir welche“, winkte Akemi ab und verschwand dann auch sogleich. Akemi achtete darauf, dass ihr Weggang nicht nach Flucht aussah. Sie durfte nicht laufen und trotzdem fühlte es sich an, als wäre sie hinter ihrem eigenen Schatten weggelaufen.

Ihr Blick ging an die Uhr. Sie hatte nur noch fünfzehn Minuten Zeit gehabt um sich umzuziehen und alles vorzubereiten. Danach war nur noch der Raub, der ihr Sorgen machte. Auch wenn alles bis auf die kleinste Minute geplant war, konnte irgendwas schief gehen. Eine falsche Bewegung oder Handlung konnte alles zunichtemachen. Akemi nutzte den Vorderausgang um aus der Bank zu kommen. So konnten sie die Angestellten und die Kunden sehen und keiner würde sie mit dem Raub in Verbindung bringen. Sie musste nur noch auf die andere Straßenseite und sich umziehen. Dann wäre der erste Teil des Plans geklappt und es gab ihr noch den Vorteil, dass das Restaurant, in welchem sie ich Mittag für gewöhnlich einnahm, auf der gleichen Seite lag.

Nur noch wenige Minuten. Nur noch wenige Minuten…, immer wieder sagte sich Akemi diese Worte. Das Adrenalin schoss in ihrem Körper empör und die Zeit drängte.

Doch dann blieb sie abrupt stehe. Sie konnte es nicht glauben.

Akemi verweilte auf ihrer Position, während sie durch das Glas der Restaurantscheibe sah. Er war es. Es gab keinen Zweifel. Zwar waren seine Haare mittlerweile kurz geschnitten, aber sein Gesicht war immer noch das alte. Es war alles da - alles was sie liebte. Die Augenringe, ein an der linken Wange hervorstehender Wangenknochen, die tiefgrünen Augen, die sie so oft in seinen Bann zogen und die schwarze Wollmütze, die er nie ablegte.

Akemi rührte sich nicht vom Fleck. Sollte sie froh und glücklich über sein Auftauchen sein, oder sollte es sie beunruhigen? Seelenruhig saß ihr Freund an dem Tisch, trank seinen schwarzen Kaffee und blickte in die Zeitung. Akemi ging einen Schritt nach hinten.

Ihr Herz fing an laut zu schlagen. Ihre Gefühle erloschen nie, sie waren immer da, aber jetzt wo sie ihn wieder erblickte, kamen sie noch schneller hervor, als es ihr lieb war. Ohne dass er irgendwas tun musste, brachte er sie aus der Fassung.

Und alles woran sie vor der Begegnung dachte, war aus ihrem Kopf gelöscht. Er war leer. Alle Gedanken kreisten nur noch um ihn. „Dai“, wisperte Akemi seinen Namen leise und zögerlich. Fast hatte sie das Gefühl, dass er mit der Nennung seines Namens wieder verschwinden würde, wie ein Gespenst.

Sie merkte gar nicht, wie schnell die Zeit verging und ehe sie sich versah, kam ihre Kollegin angelaufen. „Masami! Danke, dass du gewartet hast“, rief diese.

Erschrocken drehte sich Akemi um. Jetzt war ihr wieder alles klar geworden. Mit einem Mal blickte sie auf ihre Uhr. Es waren zwölf der fünfzehn Minuten vergangen. Zwölf Minuten lang hatte sie Dai angestarrt, ohne dass er auch nur einmal hoch sah.

Für den Auftrag war es nun zu spät. Es brachte jetzt nichts mehr – gar nichts mehr. „Ich…ich hab was in der Bank vergessen“, log sie schnell. Nun war Schadensbegrenzung angesagt. Akemi lief los, doch es war zu spät. In der Ferne hallten Schüsse und Menschen liefen panisch aus der Bank heraus.

„Verdammt“, gab Akemi leise von sich. Sie schluckte und wich einen Schritt nach hinten. Alles war umsonst. Ihr Plan. Das Geld. Die Freiheit. Und jetzt wusste die Organisation war sie wollte. Sie würde keine zweite Chance bekommen. Entweder sie machte es richtig oder sie machte es falsch. Für die Organisation gab es nur einen Weg.
 

Die Polizeisirenen heulten aus der Ferne und auch mehrere Krankenwagen waren unterwegs. Durch den unvermeidlichen Schusswechsel gab es Verletzte und Tote. Noch konnte sie keiner mit dem Überfall in Verbindung bringen. Und auch, wenn es nicht geplant war, so hatte sie ein wasserdichtes Alibi. Nach ihrer polizeilichen Befragung machte sie für den Rest des Tages frei. Die Täter – beides Männer, die sie belasten konnten – waren noch auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. In dem Fall war es ein Glücksfall für die junge Frau. Trotzdem war ein anderer Weg weitaus wünschenswerter.

Akemi atmete tief ein und machte sich selber Mut. Wie zur Mittagspause ging sie zu Restaurantscheibe, an der sie ihn sah. „Weg“, murmelte sie leise. Er war einfach so verschwunden. So wie er auftauchte, war er wieder weg und sie hatte keinen Anhaltspunkt auf seinen Aufenthaltsort. Sie schluckte. War er etwa da, um sie von ihrem Vorhaben aufzuhalten? Wenn ja, warum sagte er dann nichts? Ein Gespräch hätte doch viel mehr gebracht, auch wenn seine bloße Anwesenheit alles veränderte. Langsam trat Akemi in das Restaurant und sah sich um. Den Platz hatte er auch nicht gewechselt. Aber vielleicht konnte sich irgendjemand an ihn erinnern.

„Entschuldigung? Sie hatten heute einen Gast, schwarzes Haar und eine schwarze Wollmütze. Erinnern Sie sich noch an ihn?“, fragte sie nach.

Der Kellner schüttelte den Kopf. „Nein, bei diesem Wetter hätte ich mich an jeden erinnert, der mit Mütze hier saß.“

„Sind Sie sich auch wirklich sicher?“, wollte sie wissen.

„Ja, das bin ich“, nickte der Gefragte.

„Danke…“ Akemi seufzte. Hatte sie sich seine Anwesenheit nur eingebildet? Brauchte sie etwa einfach nur einen Grund, um den Auftrag nicht zu machen? Und dann fiel es ihr wieder ein. Der Auftrag. Jetzt war es vorbei. Wie sollte sie in nur drei Tagen das Geld beschaffen? Aufschub konnte sie unmöglich erbitten.

Wahrscheinlich wusste die Organisation auch schon längst, was sie vor hatte und dass es nicht klappte. Akemi ärgerte sich, aber es änderte nichts an der Situation. Mit schnellen Schritten machte sie sich auf den Weg zu ihrer Wohnung.
 

Shuichi saß in seinem Chevrolet und rauchte eine Zigarette. Hätte Akemi den Glimmstängel gesehen, wäre ihr das Lachen sicher vergangen. Sie akzeptierte ihn, doch sie mochte es einfach nicht, wenn er dauernd rauchte. Auf der einen Seite konnte er sie sogar verstehen. Sie machte sich sorgen, aber so leicht konnte man keine Gewohnheiten ablegen.

Sie nach so langer Zeit wieder zu sehen, zeigte auch ihm, dass Gefühle so einfach nicht erlöschen konnten. Und trotzdem durfte er noch keinen Kontakt zu ihr haben. Noch nicht. Seine Hand juckte und zog sein Handy aus der Jackentasche heraus.

Dai-kun,

Falls es mir wirklich gelingen sollte, nach dieser Sache aus der Organisation auszutreten, können wir dann ein richtiges Paar werden?

Akemi.

P.S.

Ich liebe dich.

Wieder las er ihre Nachricht und sobald sie aus der Organisation austreten wollte, übermahnte ihn ein ungutes Gefühl. So einfach würden sie sie nicht gehen lassen. Was dachte sie sich nur dabei? Oder war es gar ein Hilfeschrei?

Natürlich bemerkte er sie auf der anderen Seite der Fensterscheibe, er wünschte sich, dass sie rein kommen würde, aber alle Handlung, die von ihm ausging, war erstmals verboten. Es war ein Versprechen, welches er seinem Boss gab. Die Sache mit Akemi würde nichts an seiner Arbeit ändern. Doch er musste anders an die Sache heran gehen. Akemi war immer noch Mitglied der Organisation und versuchte nun aus dieser heraus zu kommen. Er konnte nicht warten, bis sie hingerichtet wurde.

Ihm war bewusst, dass die junge Frau nicht alleine aus ihren Fängen käme. Das konnte keiner. Aber was war mit ihrer Schwester? Stieg sie mit aus? Wollte das die Organisation wirklich zu lassen? Akemi war die Einzige, die die Fragen beantworten konnte, nur sie kannte die Wahrheit.

„Sei vorsichtig“, gab der FBI Agent leise von sich.

[File 9]: Neuanfang

Gin sah aus dem Fenster, während Wodka den Porsche fuhr. „Glast du, sie schafft es?“, wollte er von seinem Partner wissen.

„Nein“, gab der Gefragte von sich.

„Und wenn sie uns alle überrascht und es doch in den drei Tagen hinkriegt?“

„Unmöglich“, sprach Gin. „Sie hat sich in der ganzen Zeit nur auf die Bank vorbereitet. Jetzt, da es schief ging, hat sie keinen Plan B, zumindest nicht sofort. Wir werden erst einmal abwarten und dann sehen, was sie machen wird. Schade, dass sie bei dem Schusswechsel nicht dabei war.“

Wodka nickte. „Ich frage mich, woher die Sicherheitsmänner wussten, dass sie vermehrt dort sein sollten. Und die Polizei kam auch recht schnell zum Einsatzort.“

„Man sollte die Organisation eben nie unterschätzen.“

„Du warst das?“, fragte Wodka erstaunt. „Aber was ist mit dem Geld, welches sie erbeutet hätte?“

„Das ist Unwichtig. Sie ist nicht die Einzige von der wir Geld kriegen können.“

„Was passiert, wenn Miyano dahinter kommt?“

„Soll sie doch. Legt sie sich mit uns an, kann ich endlich das machen, was ich so lange machen will“, grinste Gin. „Sie wird um ihr Leben flehen und dann ihrem Schöpfer ins Gesicht sehen.“

„Wenn du dich schon so darauf freust, warum machen wir das dann nicht schon heute?“

„Bist du vollkommen verrückt geworden?“, kam es von Gin. „Wir lassen ihr noch die drei Tage mit der Hoffnung, dass sie doch noch einen Weg findet. Dann und erst dann zerstören wir alles, was sie sich erträumt hat.“

Wieder nickte der Fahrer des Wagens. „Was machen wir, wenn sich vorher dieser FBI Agent einmischt? Vermouth sagte doch, dass er sich bereits in Japan aufhält.“

„Soll er doch. Ich freu mich schon darauf“, sprach Gin. „Dann töte ich zuerst sie und dann ihn.“

Sein Partner schluckte. „Er wird sich nicht leicht töten lassen. Selbst Vermouth konnte nichts gegen ihn erreichen.“

„Ich bin nicht Vermouth“, zischte der Angesprochene. „Mir entkommt er nicht so leicht. Er wird auch nicht weglaufen können.“

„Man sollte ihn trotzdem nicht unterschätzen. Er soll die Organisation gut kennen“, warf Wodka ein.

„Ich weiß“, knurrte Gin. „Er hat damals schnell gelernt, aber das wird ihn nicht weiter bringen. Egal was er macht, ich werde ihn erledigen, egal wie. Der Kerl wird nicht mehr lange am Leben bleiben.“
 

Akemi betrat ihre Wohnung. Wieder sah sie sich mehrfach um. Man konnte nicht sicher genug sein. Und wer wusste schon, ob die Organisation von dem Fehler erfuhr? Bislang gab es zumindest keine Nachricht auf ihrem Handy, aber bei der Organisation wusste man nie. Langsam trat sie nach vorne in den Flur und legte ihre Jacke ab.

Jetzt musste sie schnell Handeln. Die Organisation konnte ihr schon auf der Spur sein, vielleicht warteten sie bereits unten auf sie, aber daran wollte sie nicht denken. Die junge Frau setzte sich auf ihr Sofa und zog den Laptop, welcher unter dem Tisch lag, hervor. Sie schaltete ihn an und wartete. Als er endlich soweit war, suchte sie nach einem Ort, wo sie unterkommen konnte. Doch kurz vor der Bestellung ließ sie es bleiben. Vielleicht beobachtete sie die Organisation genau in diesem Moment. Sie biss sich auf die Unterlippe und nahm ihr Handy. Dann wählte sie die Nummer ihrer Schwester.

„Ich bins. Hör zu, Shiho, egal was passiert, du darfst nichts Unüberlegtes machen. Hörst du? Das ist wichtig“, sprach Akemi.

„Akemi…was ist los?“, wollte die Jüngere wissen.

„Gar nichts. Alles soweit in Ordnung. Ich bin gerade an einem größeren Auftrag für die Organisation tätig“, log sie. „Wahrscheinlich werd ich die nächsten paar Wochen nicht mehr erreichbar sein. Wunder dich deswegen nicht und egal was du tust, sprich nicht mit ihnen darüber. Das ist wichtig.“

„Bist du in Schwierigkeiten, Akemi? Vielleicht kann ich dir ja helfen.“

„Nein, das ist nicht nötig. Es ist nur ein Auftrag und dafür brauch ich meine Zeit. Mach dir keine Sorgen um mich“, entgegnete sie ruhig.

„Wie soll ich das machen, wenn du so komisch zu mir bist?“, warf die Wissenschaftlerin ein.

„Tut mir leid, vergiss es am besten. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich in der nächsten Zeit nicht wirklich erreichbar sein werde.“

„Akemi“, wisperte Shiho in den Hörer.

„Hey, ich bin doch die ältere Schwester, es ist meine Aufgabe sich Sorgen zu machen und nicht deine. Also hör auf damit. Geh am besten deiner Arbeit nach, dann wird schon wieder alles gut werden“, sprach Akemi.

„Du hast gut reden. Ich könnte dir jetzt auch sagen, dass du an deine Arbeit gehen sollst, und dir keine Sorgen um mich machen, aber würdest du da so einfach abschalten können?“

„Wahrscheinlich nicht. Ich glaub das ist normal“, gab Akemi von sich. „Es wird schon wieder alles gut werden, das Verspreche ich dir. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, dann werden sich sicherlich einige Umstände geändert haben.“

„Akemi! Was meinst du damit?“, wollte die Wissenschaftlerin wissen, doch sie hörte nur das Besetztzeichen.

„Es tut mir leid.“
 

Die Ältere der Miyano Schwestern ging in ihr Schlafzimmer. Sie zog eine Reisetasche aus ihrem Schrank heraus und stellte sie auf dem Bett ab. Viele Sachen konnte sie nicht mit nehmen. Je mehr Gepäck sie bei sich hatte, desto auffälliger wurde es. Kaum das Akemi die ersten Sachen in ihre Tasche verstaute, klingelte schon das Handy.

Sie schluckte. Ein Anruf von Gin?

Nur zögerlich zog sie ihr Handy aus der Tasche heraus und blickte auf das Display. Ihr Herz fing an schneller zu schlagen und ihre Hand zitterte. Langsam drückte sie auf den grünen Knopf um das Gespräch entgegen zu nehmen und hielt ihr Handy ans Ohr.

„Dai“, flüsterte Akemi.

„16 Uhr am Tokyo Tower. Sorg dafür, dass dich keiner erkennt.“

„Dai.“ Doch ehe Akemi mehr sagen konnte, war das Gespräch unterbrochen. Es dauerte nicht einmal zehn Sekunden, ehe er auflegte.
 

Akai steckte das Handy weg und sah in den Rückspiegel seines Wagens. Eine andere Möglichkeit gab es nicht mehr. Er versprach, dass sie seine Arbeit nicht behindern würde, doch da sie aus eigener Kraft aus der Organisation aussteigen wollte, konnte er sie nicht zurück lassen. Shuichi wusste genau, dass es ihr Tod wäre, würde er nichts unternehmen und so konnte er wenigstens etwas sagen.

James hatte er mit einem kurzen Gespräch abgespeist. Eigentlich war es ihm egal, ob dieser es erlaubte oder nicht. Er zog es durch. Wieder sah er in den Rückspiegel. Verfolger gab es keine, aber trotzdem musste er darauf achten, dass die Organisation das Gespräch nicht abhörte.
 

Akemi gab sich alle Mühe nicht zu schnell zum Tokyo Tower zu kommen. Auch sie wusste nicht, wer sie verfolgen würde. Je mehr Zeit verstrich, desto sicherer war sie sich, dass die Organisation von dem Fehlschlag wusste. Demnach würden sie früher oder später bei ihr auf der Matte stehen. Sollte die Organisation auch noch bei ihrem Treffen dabei sein, würde alles schief laufen. Doch es verfolgte sie keiner. Dennoch versuchte sie ihr Aussehen zu verändern. So einfach war es nicht. Sie hatte gar nichts zu Hause und band ihre Haare einfach nur nach oben. Auch ihr Make-up variierte sie, sodass es eigentlich schon nicht mehr zu ihr passte. Von der Kleidung her, nahm sie Sachen, die weiter waren und sie dicker zeigten, als sie war. Als Akemi in den Spiegel blickte, seufzte sie. Ein Verkleidungsgenie war sie nicht, aber es musste für diesen Tag reichen.

Nachdem die junge Frau ihre Wohnung verließ, ging sie, auf ihrem Weg zum Tower, in eine Boutique. Dort kaufte sie sich einen Schal und ein Tuch. Den Schal band sie sich um den Hals, während sie das Tuch für den Kopf verwendete. Wahrscheinlich konnte man sie immer noch erkennen, aber für eine bessere Verkleidung reichte die Zeit nicht mehr aus.
 

Bereits seit über einer Stunde observierte der FBI Agent den Tokyo Tower. Noch war kein Mitglied der Organisation aufgetaucht, wahrscheinlich würde es auch keiner tun, aber er musste sicher sein. Ihm selber war eine Begegnung mit der Organisation egal. Kamen sie ihm in die Quere, so würde er handeln. Nur Akemi musste er versuchen aus der Sache heraus zu halten. Ihr durfte nichts passieren, das hatte er sich geschworen.

Sobald Shuichi am Treffpunkt ankam, sah er sich im Inneren des Towers um und trat wieder aus dem Gebäude heraus. Drinnen hatte er keinen richtigen Ausblick und so viele Wege in den Tower gab es nicht.

„Hmm…“, gab er von sich, als sich Akemi dem Tower näherte. Der junge FBI Agent hob die Augenbraue und seufzte auf. Von Verkleidungen hatte sie wirklich nicht allzu viel Ahnung, aber wenigstens konnte sie ohne Probleme herkommen.

Shuichi wartete noch mehrere Minuten. Die Organisation war kein einfacher Gegner und man konnte nicht wissen, wie lange sie Akemi unbeobachtete ließen. Akais Blicke durchsuchten die Gegend. Immer noch war keiner zu sehen.

Mit den Händen in der Hosentasche machte sich Shuichi auf den Weg in den Tower. Auch wenn er am Telefon nur den Tower erwähnte, er wusste genau, wo sie warten würde; oben auf der Aussichtsplattform.

Während er mit dem Aufzug nach oben fuhr, dachte er wieder an die alten Zeiten. Hier im Tower hatten sie ihre erste richtige Verabredung. Zumindest, wenn man es eine Verabredung nennen konnte. Sie planten nichts, da es immer möglich war, einen Auftrag von der Organisation zu bekommen und so war es auch an diesem Tag. Doch man konnte die Arbeit mit der Freizeit verbinden. Als hätte die Organisation genau gewusst, was sie an dem Tag vor hatten, bekam Akai – als Rye - einen Auftrag jemanden auf der Aussichtsplattform zu erschießen. Am Ende waren alle beide voller Adrenalin und gaben sich, bei Akemi zu Hause, ihren Gefühlen hin. Jetzt war das alles Vergangenheit.

Als die Tür oben aufging, trat Akai schwerfällig aus dem Auszug heraus. Wieder beobachtete er seine Umgebung und lauschte den Stimmen, die er hörte. Immer noch nichts. Es dauerte nicht lange, bis der FBI Agent seine Verabredung auf der Plattform stehen sah. Man konnte überall erschossen werden, aber es gab einige Plätze, an denen das schwer werden würde. Und an solchem Platz stand Akemi gerade, im Schutz der Balken und der Überdachung.

„An deiner Verkleidung musst du noch feilen.“

Erschrocken drehte sich die Frau mit dem Kopftuch um. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Dai.“

„Nein“, schüttelte der Agent den Kopf. „Shuichi Akai. Das ist mein richtiger Name.“

„Shu…ichi…“, wisperte Akemi.

„Ich weiß, es ist lange her und ich bin froh, dass es dir gut geht.“

Akemi trat einen Schritt nach vorne. „Du siehst gut aus“, murmelte sie. „Ich hab dich heute im Restaurant gesehen…“

„Ich weiß. Ich dich auch.“

„Aber warum hast du mich dann nicht angesehen? Du hättest auch raus kommen können“, sprach sie.

„Das ging nicht“, schüttelte er den Kopf. „Du hattest deinen Auftrag und auch ich hab gearbeitet.“

„Du hast dort gearbeitet? Seit wann bist du wieder hier? Oder warst du etwa schon die ganze Zeit in Tokyo?“, wollte sie von ihm wissen.

„Willst du aussteigen?“, kam die Gegenfrage.

Die junge Frau nickte. „Ich hab es versucht“, murmelte sie.

„Erzähl mir alles darüber“, wies Akai sie an. „Komm mit!“

„Wohin…?“

„Zu meinem Wagen. Hier könnte es gefährlich werden“, entgegnete der FBI Agent, ehe er sich auch schon wieder umdrehte und zu dem Fahrstuhl zurück ging.

„Dai, warte“, kam es von Akemi. Sofort legte sie ihre Hände auf den Mund, als sie bemerkte, dass sie den falschen Namen sagte. „Tut mir leid.“

Shu schüttelte den Kopf. „Es dauerte eine Weile bis du dich daran gewöhnt hast.“ Er musste kühl zu ihr sein. Alles andere gefährdete die Mission.

Während der Fahrt im Fahrstuhl sowie der Gang zu seinem Wagen, schwiegen sie sich an. Obwohl sie einander solange nicht sahen, konnten die Worte aus ihnen heraus platzen, doch sie hielten sich zurück. Am Chevrolet angekommen, öffnete Shuichi beide Türen und stieg, nachdem Akemi bereits saß, auf dem Fahrerplatz ein. Er startete seinen Motor und fuhr los. „Ich höre.“

„Ich hab schon länger mit dem Gedanken gespielt“, begann Akemi. „Danach bin ich zu Gin und habe ihm gesagt, dass ich aussteigen werde. Er war einverstanden. Als ich dann Shiho erwähnt habe, hatte er zugestimmt. Ich sollte nur eine Milliarde Yen in einem großen Coup besorgen.“

Akai hob die Augenbraue. „Das stinkt doch.“

Akemi zuckte mit den Schultern. „Ich hatte das Gefühl, dass er es ernst meinen würde.“

Shuichi schüttelte den Kopf. „Sicher nicht“, gab er von sich. „Lass mich raten, du wolltest die Bank ausrauben und damit die eine Milliarde Yen erbeuten.“

„Ja, genau. Aber als ich dich gesehen habe, konnte ich mich nicht mehr rühren. Und dann liefen die Menschen auch schon aus der Bank und die Polizei rückte an“, seufzte Akemi. „Jetzt hab ich nur noch drei Tage Zeit um das Geld zu besorgen.“

„Das lässt du bleiben“, befahl Shuichi.

„Was? Das kann ich nicht. Ich muss doch…“

Unsanft unterbrach Akai ihre Worte. „Das war keine Bitte, Akemi.“

„Aber ich kann doch nicht…Shiho verlässt sich auf mich.“

„Mach dir um sie keine Sorgen. Die Organisation wird ihr kein Haar krümmen, dafür brauchen sie ihre Arbeit noch. Und was dich angeht, Akemi, mich wundert es nicht, dass sie deinen Aufforderungen zustimmten.“

„Das kann doch nicht sein.“

„Doch. Wenn du mich fragst, haben sie nur mit dir gespielt. Sie trauen dir die eine Milliarde Yen nicht zu und wollten, dass du bei dem Auftrag entweder im Gefängnis landest oder umgebracht wirst. So schnell, wie die Polizei vor Ort war, würde es mich nicht wundern, wenn diese von der Organisation einen Hinweis bekam. Oder was meinst du, warum gleich so viele da waren?“

Akemi schluckte. „Sie haben mich nur benutzt“, sagte sie leise und ballte ihre Fäuste.

„Und aus dem Grund, lass ich dich auch nicht wieder zurück gehen.“

„Aber was wird aus meiner Schwester?“

„Um die musst du dir keine Sorgen machen. Die Organisation braucht sie, also werden sie ihr auch kein Haar krümmen. Dafür ist es aber wichtig, dass du erstmals den Kontakt mit ihr abbrichst. Ich weiß, es ist schwer, aber nur so kannst du für ihre Sicherheit garantieren“, erklärte Shuichi.

Akemi nickte. „Ich hatte vor für die nächsten Tage unterzutauchen, bis ich eine Möglichkeit finde das Geld zu beschaffen. Shiho weiß, dass ich mich in den nächsten Tagen nicht bei ihr melden werde.“

„Gut. Dann steht dem Ganzen nichts mehr im Weg.“

„Was meinst du?“

„Du bekommst FBI Schutz und wirst in eine andere Wohnung gebracht. Keine Sorge, dort wird rund um die Uhr jemand sein und dir alles bringen, was du brauchst.“

„Aber das kann ich doch nicht machen“, warf Akemi ein.

„Doch. Du musst sogar. Das ist der einzige Weg, den wir haben, um dein Leben zu schützen. Und wenn du es um deinetwillen nicht tust, dann tust du das bitte für mich“, sprach er ruhig.

„Dai“, wisperte Akemi. „Ich mein Shuichi“, korrigierte sie sich und blickte ihn mit einem traurigen und glücklichem Ausdruck im Gesicht an.

„Du kannst mich ruhig weiter Dai nennen, oder wenn es einfacher für dich ist, dann nenn mich einfach nur Shu“, entgegnete er. „Zu deiner Frage von vorhin, ich bin noch nicht lange in der Stadt. Und ich weiß nicht, wie lange ich diesmal bleiben werde.“

„Wieso…wieso bist du wieder hier her gekommen?“

„Mein Auftrag. Je weniger du darüber weißt, desto besser ist es.“

„Ich verstehe“, murmelte die junge Frau. „Kann es sein, dass dich dein Auftrag wieder zurück führt?“

„Kann sein, aber ich glaubs nicht. Die Organisation hat ihren Sitz hier und nicht in den Staaten“, gab der Agent von sich.

„Ich wäre froh, wenn du diesmal nicht gehen würdest. Dann könnten wir uns öfter sehen“, wisperte sie.

Shuichi blickte kurz zu ihr rüber. „So einfach wird das nicht sein. Du darfst meine Arbeit nicht behindern und wenn wir uns öfters sehen würden, könnte es sein, dass ich es nicht schaffe.“

„Aber…“, murmelte sie. „…vor einigen Jahren haben wir das doch auch hinbekommen und es gab keinerlei Probleme.“

„Du warst mit eingeplant. Tut mir leid.“

Akemi schluckte. „Ich weiß…aber wir haben es doch trotzdem geschafft“, entgegnete sie leise. „Wir können es wieder schaffen, auch wenn wir solange warten, bis dein Auftrag zu Ende ist“, fügte sie an.

„Ich weiß nicht, wie lange es bis dahin dauert“, sprach Akai.

„Das nehm ich in Kauf“, nickte die junge Frau.

„Also gut. Wenn die Sache vorbei ist, wagen wir ein Neuanfang.“

„Danke. Shuichi.“

[File 10] Englischlehrerin

Gin saß auf einem Stuhl, die Beine auf dem Schreibtisch und die Mütze ins Gesicht gezogen. Er schlief nicht. Er ließ alles um sich herum passieren und lauschte den Geräuschen, womit er seine Sinne schärfte. Die meisten Mitglieder, die den Raum betraten, erkannte er an ihrem Gang. Einige bewegten sich fast tänzerisch durch die den Raum, während andere einen schweren Gang an den Tag legten. Wodka gehörte zu dieser Gruppe. Doch es war nicht Wodka, der in den Raum eintrat.

„Glaubst du wirklich, dass bringt die Anderen davon ab dich anzusprechen?“, wollte die blonde Frau wissen. Sie war vollkommen in Schwarz gekleidet und trug dazu einen Hut, der ihr Gesicht weitestgehend verdeckte, wenn sie in der Öffentlichkeit stand.

„Was willst du, Vermouth?“

„Das ist ja eine nette Begrüßung von dir, dabei haben wir uns doch so lange nicht mehr gesehen. Ich hätte gedacht, du würdest dich freuen mich zu sehen.“

„Wie du meinst“, gab Gin von sich. Er zog seine Mütze nach oben und fixierte die Schauspielerin mit seinem Blick. „Diesmal nicht in Verkleidung?“

„Das hab ich hier nicht nötig.“

„Also? Was willst du hier? Du kommst doch nicht einfach so hier her“, warf Gin ein.

„Ich wollte mal sehen, wie es läuft.“

„Ja, klar. Und ich bin der Weihnachtsmann.“

„Du solltest nicht immer so schlecht drauf sein, Gin, das könnte dir irgendwann einen Herzinfarkt verschaffen“, entgegnete Vermouth.

„Die gute, alte Vermouth, ist doch immer um meine Gesundheit besorgt. Und jetzt raus mit der Sprache.“

„Wie du willst, Gin. Dein Partner macht sich gerade die Hosen voll“, grinste die Blonde.

Gin verdrehte die Augen. „Und weswegen?“ Warum musste auch er so einen inkompetenten Partner abkriegen? Auch wenn Wodka seine Aufgaben, ohne Rücksicht auf Verluste, erledigte, musste er oft gestoppt werden.

„Der Kleine hat Angst“, machte sich Vermouth über ihn lustig. Auch sie konnte nicht fassen, was für einen Partner Gin an die Seite bekam. Eigentlich konnte es keinen geben, der Akai gut genug ersetzen konnte, aber wie sollte man auch mit einem FBI Agenten arbeiten?

Gin verzog das Gesicht. „Das war mir klar. Sag mir warum!“

„Er kann die kleine Akemi nicht mehr finden.“

„Was?“, wollte Gin wissen und sah sie streng an.

„Sie ist verschwunden. Wenn du mich fragst, ist sie untergetaucht und wartet nun, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Vielleicht ist sie aber auch für immer abgehauen“, gab Vermouth von ich und lehnte sich an die Tür.

„Nein, nicht so lange ihre Schwester noch hier ist. Schick sofort jemanden, der ihre Anwesenheit überprüft“, raunte der Mann in Schwarz.

„Nur die Ruhe, Gin. Erstens, ich bin nicht dein Diener. Also hör gefälligst auf mir Befehle zu erteilen. Und zweitens, wird das bereits gemacht“, zischte die Schauspielerin.

„Mir doch egal, wer du bist. Du bist sein Liebling und nicht meiner.“
 

Shinichi streckte sich. Die Zeit verging und er erfuhr nichts über die Männer in Schwarz, jene Männer die er am Abend im Tropical Land traf. Sie waren vom Erdboden verschwunden, so als hätten sie nie existiert. Nichts half um sie zu finden, sodass er diesen ‚Fall‘ ad acta legte und sich wieder den wichtigeren Dingen im Leben widmete. Dazu gehörte auch die Schule, die er sich eigentlich sparen konnte, aber Ran bestand darauf. Sie holte ihn jeden Morgen an der Villa ab.

„Ich bin schon gespannt, wie unsere neue Englischlehrerin sein wird“, sprach Ran und blickte ihren Kindergartenfreund an.

„Englischlehrerin?“

„Ja, die Neue.“

„…“

„Du hast keine Ahnung?“ Ran seufzte auf. „Was machst du eigentlich, wenn du in der Schule bist? Hörst du unseren Lehrerin überhaupt richtig zu?“

„Natürlich tu ich das. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass man uns was von einer neuen Lehrerin erzählt hat“, gab Kudo von sich.

„Es ist aber so. Letzte Woche hat doch…“

Shinichi unterbrach sie. „Letzte Woche war ich an einigen Tagen nicht da. Oder ich ging früher.“

„Ach ja, das war wegen deinen Fällen“, murmelte Ran.

„Na siehst du. Also solltest du nicht über mich urteilen“, sprach er. „Hast du denn schon was über die neue Lehrerin gehört?“

„Nicht wirklich viel. Sie soll ganz nett sein und einen Akzent haben. Scheinbar ist sie Amerikanerin. Mehr konnte ich aber nicht heraus bekommen“, antwortete Ran.

„Eine Amerikanerin?“ Shinichi hob die Augenbraue. „Seit wann kommen Amerikaner zum Unterrichten nach Japan?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht hat sie in den Staaten keine Anstellung gefunden und ist dann hier her gekommen.“

„Dann müsste sie aber japanisch sprechen“, murmelte Kudo.

„Und wenn sie das kann? Oder sie hat es extra für die Schule gelernt.“

„Kann sein.“
 

„Good morning”, fing Jodie an. Sie lächelte die Schüler ihrer Klasse freundlich an und sah sich in der kleinen Runde um. Shinichi Kudo erkannte sie sofort. Aber das war auch kein Wunder. Von Shu war sie weitestgehend instruiert worden, was auch ein Bild des Oberschülers zur Folge hatte. „I’m Jodie Saintemillion, you can call me Jodie-sensei. I’m your new English teacher”, stellte sie sich anschließend vor.

Nicht nur die Mädchen waren von ihr begeistert, auch die Jungen fanden Gefallen an der gutaussehenden Englischlehrerin.

„So, ich denke, wir fangen damit an, dass sich jeder von euch einmal vorstellt, right?“

Die Schüler nickten.

„So, who will be the first one?“, fragte sie nach. “You mustn’t be shy”, zwinkerte sie anschließend.

Auch wenn sie eigentlich FBI Agentin war, nahm sie ihre Arbeit als Lehrerin sehr ernst. Immerhin sollte das alles kein Zuckerschlecken werden. Während sich die Schüler vorstellten, nahm sie ein Blatt Papier heraus, malte die Platzordnung auf und schrieb zu jedem Schüler einen kleinen Kommentar. Als sie bei Shinichi Kudo angelangt war, hörte sie ausführlich zu. Sie beäugte den Oberschüler kritischer als die anderen, was allerdings wenig auffiel.

„Okay. That was it for today. No homework”, lächelte die Blonde. Die Klasse freute sich. Selten hatten sie Tage, an denen es keine Hausaufgaben gab. Wenigstens mussten sie jetzt nichts übersetzen oder einen Aufsatz schreiben.

Jodie steckte sämtliche Notizen in ihre Tasche und verließ dann den Klassenraum. Ruhig ging sie zu ihrer nächsten Unterrichtsstunde.
 

„Sie scheint doch ganz nett zu sein“, gab Ran von sich und blickte zu Shinichi und Sonoko, die auf ihren Plätzen saßen.

„Mir gefällt sie. Ich hab das Gefühl sie versteht Spaß“, nickte Sonoko.

„Kein Wunder, sie hat die halbe Stunde mit uns gelacht“, kicherte Ran. „Ich frag mich, ob die Lehrer in den Staaten alle so locker drauf sind.“

„Das ist unterschiedlich“, mischte sich Shinichi in das Gespräch ein. „Einige sind streng, andere sind eher locker. Gehst du auf eine Privatschule sind die meisten Lehrer streng.“

„Haben dir das deine Eltern erzählt?“

Der Oberschüler nickte.

„Ich frage mich, ob Jodie-sensei deine Eltern irgendwann mal gesehen hat.“

„Das kann ich dir auch nicht beantworten. Die Straßen sind groß und in New York leben eine ganze Menge Menschen“, gab Kudo von sich. „Mich stören die Notizen, die sie sich von uns gemacht hat.“

„Ach was. Das war bestimmt, weil es ihr erster Tag hier war“, entgegnete Sonoko.

„Ja, genau. Sie will einfach alles richtig machen. Und in einigen Tagen braucht sie bestimmt keine Notizen mehr“, fügte Ran ein.

„Soll mir recht sein“, murmelte der Detektiv und lehnte sich, in seinem Stuhl, nach hinten.
 

Nach dem Unterricht ging Jodie aus dem Schulgebäude heraus. Einigen Schülern, die sich von ihr verabschiedeten, winkte sie hinterher. Sogleich zog sie ihr Handy aus der Jackentasche. „Ich bins“, sprach sie. „Keine Auffälligkeiten, alles normal“, fügte sie leise an.

„Gut. Kommen Sie gut zurecht?“, wollte James am anderen Ende der Leitung wissen.

„Ja, geht schon. Heute war ja nur die erste Stunde“, erzählte sie. „Da haben wir nicht viel gemacht. Reine Vorstellungen.“

„Behalte diesen Kudo weiter in Auge.“

„Keine Sorge. Ich glaube nicht, dass ich irgendwas zu befürchten hab.“

„Seien Sie trotzdem vorsichtig. Bei ihnen kann man nie wissen.“

„Ich weiß“, nickte die Blonde. „Gibt es schon irgendwas Neues von Shu?“

James seufzte. „Er hat sie wiedergesehen.“

„Hmm…“

„Wir besprechen das, wenn Sie zu Hause sind.“

„Alles klar. Ich rufe dann wieder an“, sprach sie in das Handy und legte auf.
 

Shinichi lehnte hinter der Mauer, seine Augen waren geschlossen und er wartete auf Ran. Nur wenige Wortfetzen bekam er von dem Gespräch mit, versuchte es aber wieder zu verdrängen. Manchmal klappte es sofort, an anderen Tagen blieb es noch lange verankert. Nachdenklich sah er der Englischlehrerin hinterher. Was für ein komisches Gespräch, dachte er sich. Wahrscheinlich sah er nur Gespenster.

„He! Shinichi!“

„Wie? Was?“, leicht erschrocken sah er in das Gesicht seiner Freundin. „Ran…“

„Sag bloß, du hast mich nicht bemerkt“, kicherte das Mädchen. „Du bist mir ja einer. Ich dachte, ihr Detektive würdet eure Umwelt nie aus dem Auge lassen.“

„Tun wir auch nicht. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht einmal ablenken lassen dürfen.“

„Ach? Und was hat den großen Schülerdetektiv abgelenkt?“, wollte Ran wissen.

„Unsere Englischlehrerin.“

„Hmm?“

„Ich hab zufällig ein paar Gesprächsfetzen mitbekommen bei denen ich mir nicht vorstellen kann, was sie meint“, gestand der Schüler.

„Also wirklich“, Ran schüttelte den Kopf. „Das du hinter allem aber auch einen Sinn verstehen willst. Manchmal ist das nicht so einfach. Wahrscheinlich hat sie mit einem Freund telefoniert. Es ist doch schön, wenn sie hier schon Leute kennen gelernt hat.“

„Wahrscheinlich“, murmelte Shinichi.
 

Drei Tage vergingen. Die nächste Englischstunde führte Jodie ohne einen Notizzettel durch und auch sonst machte sie sich keine Notizen. Sie gingen berühmte Werke durch. Momentan hangelten sie sich an Shakespeare heran. Als es zum Unterrichtsende klingelte, sahen die Schüler zu ihr hoch.

„Oh yes. You’re right. Your homework for the next lesson will be reading“, erzählte sie. “Prepare the next five Sites. Happy Weekend”, lächelte sie.

Einige Schüler waren nicht gerade davon begeistert, aber wenigstens war lesen eine Aufgabe, der sie nachkommen konnten. So schwer war es nicht.

„Mr. Kudo? Can you wait, please?“

„Sure”, gab der Angesprochene von sich.

„Was hast du gemacht?“, flüsterte Ran ihm leise zu.

Shinichi zuckte mit den Schultern, packte seine Tasche zusammen und trat nach vorne zu seiner Lehrerin. „You want to talk with me.“

„Yes. Aber wir können gerne in deiner Sprache reden“, lächelte sie. „Du sprichst wirklich ein sehr gutes Englisch.“

„Danke. Aber das ist doch sicher nicht das Einzige, was Sie mir sagen wollten.“

„That’s right“, nickte die Blonde. „Sorry. Manchmal fällt mir die Umstellung noch ein wenig schwer. Ich möchte in der nächsten Unterrichtsstunde das Lesen ein wenig interaktiver gestalten. Deine Mitschüler sollen das Gefühl haben, als wären sie mitten im Geschehen.“

„Und wie kann ich da helfen?“, wollte der Oberschüler wissen.

„Ich dachte mir, du bereitest die Szenen so vor, dass du sie weitestgehend ohne Hilfe vorstellen kannst.“

Shinichi hob die Augenbraue. „Ich soll die Szenen also auswendig lernen und dann vorspielen?“

„Right. Und was sagst du?“

„Gut“, nickte der Oberschüler.

„Good. Dann schönes Wochenende.“

„Danke. Ihnen auch.“
 

Nachdenklich ging Shinichi nach draußen zu Ran. Sie wartete bereits, und auch Sonoko war wieder einmal dabei.

„Was wollte Miss Jodie von dir?“, platzte es gleich aus Rans bester Freundin.

„Sie hat mich gebeten, dass ich mir die Szenen genauer ansehe und mit viel Gefühl rüber bringen“, murmelte Kudo. Wäre es doch nur Sherlock Holmes gewesen. Aber nein, er bekam Romeo and Juliet ab.

„Oh“, nuschelte Ran. „Dann sollten wir vielleicht das Kino verschieben.“

Shinichi schüttelte den Kopf. „Das ist nicht nötig. Ich fang erst morgen damit an. Also können wir heute ruhig weg gehen.“

„Bist du dir sicher? Vielleicht solltest du heute die ganzen anderen Hausaufgaben erledigen“, warf Ran ein.

„So lange wird das nicht dauern“, gab er zurück.

„Schönes Wochenende.“

„Eh? Danke, Ihnen auch, Jodie-sensei“, rief Ran der Lehrerin zu.
 

Es war Abend. Die Zeit verstrich. Jetzt waren sie schon seit einiger Zeit in Japan und es passierte nichts Verdächtiges. Die Organisation schien vom Erdboden verschluckt zu sein, aber vielleicht ahnten sie auch, was los war. Jodie saß in ihrem Auto und beobachtete die Straße. Keine Menschenseele. Sie seufzte leise auf und sah auf den Beifahrersitz. Neben ihr lag eine schwarze Tasche mit einigen Instrumenten, die sie für die Arbeit brauchte. Aber erst einmal musste sie eine gute Gelegenheit finden.

Nur durch Zufall bekam sie das Gespräch von Ran und Shinichi mit. Heute Abend würde sie ein leeres Haus vorfinden und das war alles, was sie brauchte. Als sich zwei Gestalten näherten, duckte sich Jodie und drückte ihren Kopf ganz weit nach unten. Sie stand an einer Ecke, abseits der Villa. Wahrscheinlich würde sie keiner entdecken, aber dafür musste sie alles richtig machen.

Sobald ihr Kopf unten war, fing sie an bis Einhundert zu zählen. Es war ein Tipp, den sie von ihrem damaligen Vorgesetzten bekam. War sie mit dem Zählen fertig, konnte sie ihren Kopf langsam wieder hoch richten und sich sicher sein, dass die Personen den Wagen nicht mehr im Blickfeld hatten.

Langsam richtete sich Jodie auf. Sie blickte nach hinten und sah die beiden Gestalten, die sie als Ran und Shinichi identifizierte, um die Ecke biegen. Jetzt konnte es beginnen. Sie nahm die Tasche vom Beifahrersitz und stieg aus. Dann setzte sie sich eine Mütze auf den Kopf und verdeckte, soweit es möglich war, ihr Gesicht. Mit schnellen und wohl bedachten Schritten machte sie sich auf den Weg zur Kudo-Villa. Sie hatte Zeit, nicht zu viel Zeit, aber Zeit. Bis zum Kino würde es eine Weile dauern, dann noch der Film und der Weg nach Hause.

Jodie ging an die Tür. Zuerst klopfte sie an. Auch wenn sie wusste, dass keiner mehr da sein durfte, wollte sie sicher gehen. Überraschungen gab es viele und all die, die auftauchen konnten, wollte sie vermeiden. Natürlich machte keiner auf. Es war die perfekte Ausgangslage. Die Villa war nicht beleuchtet. Die FBI Agentin ließ die Tasche langsam auf den Boden gleiten und kniete sich neben diese. Sie zog einen Schlüssel heraus. Woher ihr Kollege diesen hatte, wollte sie gar nicht erst wissen. Aber er half ihr, um in die Villa zu kommen. Gemeinsam mit der Tasche trat sie ein, zog dann eine Taschenlampe hervor und leuchtete sich den Weg.

Jodie beäugt die große Eingangshalle und den Flur, ehe sie an die Treppe kam. Eltern die sich das leisten konnten, mussten wirklich reicht sein. Aber davon konnte sie sich nun nicht ablenken lassen. Es war wichtig, dass sie ihre Arbeit durchführte. Langsam stieg die Agentin die Treppen nach oben…
 

Jodies Handy klingelte. „Was zum…“, murmelte sie und zog es hervor. Ihr Boss rief an. „Was gibt es? Ich bin gerade in der Villa“, flüsterte sie.

„Kommen Sie sofort raus. Kudo ist wieder auf dem Rückweg.“

„Was? Aber das kann doch nicht sein“, gab Jodie von sich. „Ich hab noch zwei Wanzen“, warf sie ein.

„Das ist egal. Wir lassen es wie es ist. In einer halben Stunde müsste er wieder zu Hause sein. Er bringt gerade seine Freundin nach Hause.“

„Verstanden. Ich mach mich sofort auf den Weg.“

„Seien Sie vorsichtig und lassen Sie sich nicht erwischen“, entgegnete James.

„Natürlich“, nickte die Blonde und legte auf. Dann fluchte sie und nahm die Tasche. Mit schnellen Schritten lief sie die Treppe nach unten und ging zurück in den Eingangsbereich. Penibel hatte sie darauf geachtet, keine Spuren zu hinterlassen. Das Licht der Taschenlampe stellte sie aus, öffnete dann die Haustür und verschloss sie wieder, nachdem sie draußen war. Jetzt musste sie sich beeilen. Jodie lief zum Einfahrtstor und von dort zu ihrem Wagen.

Sie hatte es noch geschafft. Zwar fehlten zwei Wanzen für die komplette Überwachung, aber sie mussten mit dem Leben, was sie hatten. Mehr ging nicht. Sie nahm ihr Handy wieder in die Hand und rief bei ihrem Boss an.

„Bin draußen.“

„Hat er Sie erwischt?“

„Nein. Keiner war da. Mich hat auch keiner gesehen“, entgegnete sie.

James wirkte erleichtert. „Gut gemacht. Welche Zimmer wurden nicht verwanzt?“

„Das Elternschlafzimmer und der Flur“, murmelte sie leise. Den Flur wollte sie als letztes machen, da sie dort wieder heraus kam.

„Nicht schlimm. Sein Zimmer, die Bibliothek und das Wohnzimmer sind die wichtigsten Orte“, entgegnete James.

„Ich werde mir nachher die Aufzeichnung anhören. Wir können nur hoffen, dass er die Wanzen nicht entdeckt.“

„Haben Sie sie dort versteckt, wo wir besprochen haben?“

„Ja“, kam es von Jodie.

„Dann sollte es keine Probleme geben. Akai hat die Orte ausgesucht. Also sind sie sicher genug.“

„Verstanden. Dann ist mein Auftrag für heute Abend erledigt“, sprach Jodie. „Ach Boss? Wissen Sie, warum der Kinobesuch nicht stattfand?“

James runzelte die Stirn. „Unser Mittelsmann erzählte, dass der Film, den sich die Beiden ansehen wollten, bereits ausgesetzt war.“

„Hmm…merkwürdig“, murmelte die Agentin. „Als hätte jemand gewollt, dass ich erwischt werde.“

„Nun sehen Sie aber Gespenster.“

„Wahrscheinlich. Ich sollte wirklich ins Bett“, lachte Jodie. „Ich melde mich morgen noch einmal.“

[File 11] Ruhe vor dem Sturm

Vielen Dank für die Kommentare ^.^ Hab mich wirklich sehr darüber gefreut.
 

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[File 11] Ruhe vor dem Sturm
 

Es klingelte an der Tür, dabei war es gerade erst neun Uhr morgens. Verschlafen torkelte Shinichi an die Tür. Nachdem er am Abend nach Hause kam, las er sich noch Informationen zu einem Fall durch und recherchierte diesbezüglich noch. Es war kein Wunder, dass er am nächsten Morgen lieber im Bett liegen würde.

Da Shinichi auch nicht wusste, wer sein morgendlicher Besucher war, hatte er keine Wahl als aufstehen und nach sehen. Sobald er unten die Tür öffnete, wirkte er hellwach. „Guten Morgen…“, zum Ende hin wurde er leiser. „Professor Agasa?“

„Guten Morgen, Shinichi. Hast du gut geschlafen?“, wollte der Angesprochene wissen.

„Ja. Danke der Nachfrage. Kommen Sie doch rein“, sprach der Oberschüler und trat einen Schritt zur Seite. „Ist irgendwas passiert?“

„Darf ein alter Freund nicht einfach so zu Besuch kommen?“, fragte der Professor. Er trat ein und sah sich um.

„Doch…nur wohnen Sie doch nebenan“, warf Kudo ein. „Was ist los?“

„Hattest du gestern Abend Besuch?“

Shinichi hob die Augenbraue. „Nur Ran“, sprach er.

„Die mein ich nicht“, entgegnete Agasa.

„Hmm…ich hatte gestern Nachmittag einen Klienten, danach kam Ran vorbei und wir sind zum Kino hin“, erklärte der Oberschüler.

„Merkwürdig“, murmelte der Professor.

„Was haben Sie gesehen, Professor?“

„Da war eine Gestalt, die aus der Einfahrt eurer Villa gekommen war“, antwortete der Professor.

„Eine Gestalt? Können Sie die Person besser beschreiben?“, wollte Kudo wissen.

„Ich hab nicht wirklich viel sehen können. Lass mich mal überlegen“, entgegnete er nachdenklich. „Groß und dünn. Ich würde sagen die Person war schwarz gekleidet, natürlich trug sie eine Mütze. Ich konnte das Gesicht nicht erkennen. Und ich glaube, ich hab auch eine Tasche dabei gesehen“, erzählte Agasa.

„Hmm...wissen Sie noch die Uhrzeit?“

„Ich glaube, das war so um 19 Uhr herum. Warum? Macht das was aus?“

„Ja“, nickte Kudo. „Um diese Uhrzeit war ich nicht mehr zu Hause. Haben Sie sonst noch irgendwas Merkwürdiges bemerkt?“

Agasa schüttelte den Kopf. „Obwohl…ich glaub die Person hat sich beeilt.“

„Hmm…“

„Was ist los, Shinichi?“

„Als ich gestern wieder zurück kam, gab es keine Veränderungen.“

„Du glaubst an einen Einbrecher?“

„Ich weiß es nicht. Es wurde nichts gestohlen…aber wenn es ein Klient wäre, wäre er sicher nicht so spät vorbei gekommen oder wäre schnell verschwunden. Die meisten Klienten hinterlassen, wenn ich nicht da bin, einen Zettel oder einen Brief. Aber es gab gar nichts. Sehr merkwürdig“, murmelte Shinichi.

„Und wenn sich die Person in dem Haus geirrt hat?“

„Das wäre natürlich eine Möglichkeit.“

„Aber?“

„Ich weiß nicht. Mein Gefühl sagt mir was Anderes.“

„Was hast du jetzt vor?“, fragte Agasa nach.

„Ich kann da wohl nichts anderes tun, als abwarten“, murmelte Shinichi. „Früher oder später wird die Person wohl wieder auftauchen“, fügte er an.

„Wahrscheinlich“, nickte der Professor. „Ich werd die Augen aufhalten.“

„Danke, Professor. Aber machen Sie sich nicht allzu große Sorgen“, murmelte Shinichi.

„Bist du deswegen gar nicht besorgt?“, wollte Agasa wissen.

„Natürlich bin ich das. Nur weiß ich aus Erfahrung, dass man nichts machen kann, außer abzuwarten“, entgegnete Shinichi ruhig. „Da ich die Person nicht kenne, kann man nicht sagen, wann und ob sie wieder hier auftaucht. Daher können wir nur noch abwarten. Sagen Sie, Professor, erinnern Sie sich noch an die Sache im Tropical Land?“

„Du meinst das mit den beiden Männern in Schwarz?“

Shinichi nickte.

„Ja, daran kann ich mich noch erinnern. Du hast recherchiert und bei der Polizei ihre Namen heraus gefunden. Aber mit den Namen kamst du nicht weiter, da diese Personen nicht existieren“, zählte Agasa kurz auf.

„Genau das meinte ich“, sprach Shinichi. „Was wäre denn, wenn sie mitbekämen, dass ich nach ihnen suche?“

„Das wäre eine Möglichkeit.“

„Ich nehme an, sie wollten sich mal anschauen, wer nach ihnen sucht. Und als sie mich gestern nicht antrafen, sind sie weg“, gab Kudo von sich.

„Wer weiß, was passiert wäre, wenn du zu Hause gewesen wärst“, schluckte der Professor.

„Machen Sie sich keine Sorgen. Ich kenn mich bei mir zu Hause besser aus…Im Notfall hätte ich die Polizei gerufen. Jetzt aber will ich zuerst wissen, wer mich da gestern Abend besuchen wollte.“

„Das kann doch nicht dein Ernst sein, Shinichi. Vielleicht schwebst du in Gefahr“, warf Agasa ein.

Shinichi seufzte leise auf. „Glauben Sie, ich weiß das nicht? Es gibt immer eine Gefahr, aber wenn ich mir deswegen Gedanken mache, werde ich meiner Arbeit als Detektiv nicht nach kommen können“, warf er ein.
 


 

Shuichi fuhr in seinem Wagen durch die Stadt. Während seiner Fahrt blickte der FBI Agent mehrfach in den Rückspiegel.

Keine Verfolger.

Doch das musste nichts heißen. Man konnte nie wissen, was die Organisation als nächstes plante und wie sie ihre Pläne in die Tat umsetzen wollte. Zur Sicherheit fuhr Akai einen Umweg. Und wie immer parkte er relativ abseits. Auch wenn er dadurch einen längeren Fußweg in Kauf nehmen musste, es war besser, als den Feind direkt an den Ort zu bringen. Und so konnte er diesen abschütteln oder in Gewahrsam nehmen.

Shuichi ging die Straße entlang, die Hände in den Hosentaschen und mit einer Zigarette im Mund. Trotz des guten Wetters zierte seine schwarze Wollmütze seinen Kopf. Ohne sich groß in der Stadt umzusehen – was zu auffällig wäre – ging Akai seinen Weg weiter. Doch dann stoppte er.
 

Vermouths Auftauchen in Japan ließ eine Lawine los rollen. Jeder Reporter fragte sich, was die berühmte Schauspielerin nach Japan verschlug. Aber keiner bekam eine Antwort – noch nicht. Auch in Japan wurden die Medien auf sie aufmerksam. Kurz nach ihrer Ankunft am Flughafen belagerten sie Fans und Journalisten. Das einzige, was sie dagegen machte, war es ihre schwarze Sonnenbrille ins Gesicht zu ziehen und an allen vorbei zu gehen. Sie wollte nicht reden, doch sie wusste, dass es besser war ein offizielles Statement abzugeben.

Das Treffen fand im Foyer eines Hotels statt. Natürlich war es nicht das Hotel, in welchem Chris offiziell nächtigte. Die junge Schauspielerin machte sich ihre Haare zurecht, schminkte sich das Gesicht und nachdem auch ihre Kleidung perfekt saß, ging sie aus dem, gebuchten, Zimmer heraus. Mit wohl bedachten Schritten näherte sie sich dem Publikum.

„Guten Morgen“, lächelte sie. „Es freut mich, dass Sie alle so zahlreich erschienen sind.“

Schon gab es die erste Meldung eines Reporters. „Miss Vineyard. Warum sind Sie hier her gekommen? Stimmen die Gerüchte um einen neuen Film?“

Chris lachte leise auf. „Auch wenn ich Ihnen gerne mitteilen würde, dass es einen neuen Film von mir gibt, muss ich diese Gerüchte leider dementieren“, fing sie an. „Momentan befinde ich mich in einer Erholungsphase, aber machen Sie sich bitte keine Sorgen. Sie werden schon wieder früh genug etwas von mir hören.“

„Miss Vineyard“, kam es von einem anderen Reporter. „Warum haben Sie sich ausgerechnet dafür entschieden, in Japan ihre Pause einzulegen?“

„Das hat mehrere Gründe. Wie Sie sicher hören konnten, spreche ich einigermaßen japanisch. Ebenso wissen Sie bestimmt, dass ich in meiner Jugend Japan öfters besucht habe. Da dies schon eine ganze Weile zurück lag, habe ich mich dazu entschlossen hier her zu kommen“, erklärte sie.

„Wissen Sie schon, wie lange Sie hier bleiben wollen?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf. „Ich werde solange hier bleiben, wie ich es für das Beste halte.“

„Stimmt es, dass Sie sich momentan in einem Burn-Out befinden?“

„Nein, das Gerücht weise ich von mir“, sprach die Blonde.

„Wie sieht es mit dem Gerücht aus, dass ihre Liebe hier leben soll?“, kam die Frage von einer anderen Reporterin.

Wieder lachte Chris leise. „Es tut mir leid, Sie da enttäuschen zu müssen, aber momentan gibt es keinen Mann in meinem Leben. Ich bin auch nicht auf der Suche, falls Sie das als nächstes anmerken wollen.“

„Könnten Sie sich denn so was in der Art vorstellen?“

„Ich glaube nicht, dass das zu dieser Pressekonferenz gehört. Falls Sie keine weiteren Fragen haben, beenden wir die Konferenz.“
 

Chris wartete mehrere Minuten. Nachdem keine weiteren Fragen kamen, wurden noch einige Fotos gemacht, ehe die Reporter das Hotel verlassen mussten. Vermouth wollte alleine sein, aber das war nur eine Ausrede. Sobald keiner mehr im Hotel war, nahm sie ihre schwarze Sonnenbrille und setzte sie sich auf. Plan eins hatte schon mal funktioniert. Damit war gegen ihre Anwesenheit in Japan nichts mehr zu sagen. Nun konnte sie weiter arbeiten und ihr nächstes Ziel in Angriff nehmen.

Die Schauspielerin trat aus dem Hotel heraus und sah sich auf der Straße um. „Na sieh mal einer an“, sprach sie leise, als ihr Blick auf den FBI Agenten fiel. Das letzte Mal sahen sie sich in den Staaten. Dort wurde sie auf den FBI Agenten angesetzt und wahrscheinlich wurde er auf sie angesetzt. Sie lieferten sich ein paar heftige Kämpfe, die mit viel Blut endeten. Doch egal was es war, sie überlebten immer wieder.

Auch Akai ihre Anwesenheit nicht entgangen. Der FBI Agent blies seinen Rauch in die Luft und machte einige Schritte auf die blonde Schauspielerin zu. Er grinste sie an.

„Du bist also auch hier“, gab Vermouth von sich.

„Sieht wohl so aus.“

„Wundert mich nicht. So wie du mich verfolgst…“

„Bilde dir nichts darauf ein“, entgegnete Akai kühl.

„Du bist wie immer, hast dich kein bisschen verändert.“

„Warum sollte ich? Du bist doch auch noch der gleiche faule Apfel.“

Vermouth schnaubte verächtlich und ballte dabei die Faust. Doch da sie sich gerade in der Öffentlichkeit befand, konnte sie nicht anders, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ihre Faust öffnete sie wieder und setzte ein Lächeln als Fassade auf. „Dann solltest du mit dem faulen Apfel nicht allzu lange reden. Die Reporter könnten dir irgendwas andichten“, gab sie von sich.

„Und das macht dir so große Angst?“ Akai grinste. „Du hast Glück, noch lass ich dich laufen.“ Er hatte auch keine andere Wahl. Mitten auf der Straße konnte er keine berühmte Schauspielerin verhaften. Außerdem hatte sie gar nichts gemacht. Er konnte nur noch abwarten und sie weiter beobachten.

„Wie nett von dir.“
 

Gereizt suchte Vermouth die Örtlichkeiten der Organisation auf. Sie achtete penibel darauf, dass ihr der FBI Agent nicht folgte. „Mistkerl“, zischte sie dann leise und schlug mit der Hand gegen die Wand. „Was schaut ihr denn so?“, raunte sie die anderen Organisationsmitglieder an.

Lässig ging Chris zu den Fahrstühlen und stieg ein, als dieser seine Türen öffnete. Ihren Daumen drückte sie gegen die weiße Fläche des Aufzugs und wurde dann unten gefahren. Vermouth stieg aus und ging den langen, unterirdischen Gang entlang.

„Du hast aber lange gebraucht.“

Chris rollte mit den Augen. „Hast du mich etwa vermisst, Gin?“

„Das hättest du wohl gerne.“

„Vielleicht“, gab die Schauspielerin von sich.

„Und wie sieht die Lage aus?“

„Überraschend gut“, entgegnete Chris. „Wäre da nicht unser FBI Agent. Ich hab doch gewusst, dass er mir über das Meer folgt.“

„Dann ist er also auch wieder da“, grinste Gin.

„Ja, das ist er.“

„Sehr schön. Du kannst damit aufhören, dich um ihn zu kümmern. Das werde ich jetzt übernehmen.“

„Wie du meinst, Gin. Aber du solltest ihn nicht unterschätzen. In den letzten zwei Jahren hat er noch mehr dazu gelernt. Er ist nicht berechenbar“, gab sie von sich.

„Mir doch egal. Ich töte ihn.“

„Sei dir deiner Sache nicht zu sicher. Wäre es wirklich so einfach, wie du denkst, dann hätte ich ihn schon lange erledigt“, zischte Vermouth.

„Nur weil du dazu zu unfähig bist, heißt das nicht, dass ich es nicht schaffe. Warum hasst du den Kerl so sehr? Ist es etwa, weil er dich, zu Gunsten von Akemi Miyano, abgewiesen hat?“

Vermouth schnaubte. Sie zog eine Zigarette aus ihrer Manteltasche heraus und zündete sie sich an. „Der Kerl wird schon sehen, was er davon hatte.“

„Arme kleine Vermouth. Wie konnte er es nur wagen, dich abzuweisen. Das muss er natürlich büßen. Alles was er der Organisation antat, ist ja so unwichtig.“

„Lass deine Spielchen, Gin. Wenn du glaubst, du könntest mich damit aus der Reserve locken, dann hast du dich geschnitten.“

„Wie du willst. Hast du neue Informationen für den Boss?“

„Nein, es gibt nichts Neues“, entgegnete die Schauspielerin. „Aber ich bin mir sicher, dass die kleine Miyano nicht von alleine auf die Idee kam auszusteigen.“

„Was weißt du?“

„Reg dich ab, Gin, es ist nur eine Vermutung. Ich glaube, Akai hat was mit Miyanos Abtauchen zu tun. Die Kleine kommt doch nicht selber auf die Idee auszusteigen, vor allem nicht ohne ihre Schwester.“

„Da sagst du mir nichts Neues. Das gleiche hab ich dem Boss auch schon mitgeteilt. Deswegen überwachen wir Sherry zur Sicherheit. Wir wollen doch nicht, dass sie ihrer Schwester folgt“, sprach Gin.

Chris murrte leise. Konnte er ihr das nicht eher sagen? „Dann hast du dir doch bestimmt auch schon überlegt, was du deiner Sherry sagen wirst.“

„Wieso sollte ich?“

„Sie wird doch bestimmt wissen wollen, was mit ihrer Schwester ist. Akemi hat ihr bestimmt nicht gesagt, dass sie aussteigt. Sie würde die Kleine niemals in solche Gefahr bringen.“

„Was schlägst du vor, Vermouth?“

„Es gibt viele Möglichkeiten. Ich könnte mich als Akemi verkleiden und mit Sherry reden.“

„Nein“, schüttelte Gin den Kopf. „Mit deiner Art würdest du Hochnäsigkeit ausstrahlen. Und spätestens wenn die Kleine wieder über ihre Eltern reden will, würdest du aus deiner Rolle fallen.“

„Das glaubst auch nur du.“

„Meinst du? Du hasst ihre Eltern doch“, grinste der Mann in Schwarz.

„Und wenn schon. Rolle ist Rolle“, gab Vermouth von sich.

„Welche andere Option schlägst du noch vor?“

„Willst du wirklich meine Meinung dazu wissen?“

„Nein, ich weiß selber, was wir machen werden. Sherry wird weiter für uns arbeiten. Akemi stellt kein Problem für uns dar.“

„Dann solltest du mal bald mit der Kleinen sprechen. Irgendwann wird sie wissen wollen, wo ihre Schwester steckt.“

„Mach dir darum mal keine Sorgen“, fing Gin an.

„Ich hab nicht gesagt, dass ich mir Sorgen mache. Sherry ist deine Angelegenheit, da misch ich mich nur ein, wenn der Boss es will“, gab sie von sich.

„Gut, dann wirst du mich jetzt sicher in Ruhe lassen, wenn ich mit Sherry reden werde.“
 

Ohne zu Klopfen betrat Gin das Labor des Gebäudekomplexes. „Raus!“, befahl er den anderen Wissenschaftlern.

Die Angesprochenen blickten auf, beendeten dann ihre Arbeit und verließen das Labor. Auch Sherry blickte zu ihm. Sie kannte ihn schon lange und gut. Was für die anderen Wissenschaftlern galt, galt nicht für sie. „Was willst du, Gin?“, wollte sie von ihm wissen.

„Was ist das denn für eine kalte Begrüßung?“

„Tut mir leid“, murmelte sie. „Ich hab heute einen schlechten Tag. Alle versuchen zeigten nicht das gewünschte Ergebnis“, seufzte sie leise.

„Hmm…dann änder das“, wies er sie mürrisch an.

„Das versuch ich ja“, gab Sherry von sich. „Es ist nicht so einfach wie man denkt. Die Forschung ist eine komplizierte Aufgabe. Sie verändert sich stetig und Ergebnisse, die gestern zu trafen, können heute schon wieder anders aussehen.“

„Dann kümmer dich gefälligst darum.“

„Ich bin ja dran“, sprach sie.

„Gut. Kommen wir jetzt zu was Anderem“, fing Gin an. „Du wirst deine Schwester für eine ganze Weile nicht mehr sehen können.“

„Was? Warum? Was ist passiert, Gin?“ Shiho schluckte, jetzt erinnerte sie sich wieder an den Anruf ihrer Schwester.

„Sie hat einen größeren Auftrag von uns bekommen. Daher wird sie für eine lange Zeit nicht mehr erreichbar sein“, sprach der Mann in Schwarz.

„Nur einen Auftrag?“, murmelte Sherry.

Gin nickte. „Ja, dauerte eine Weile und ist eine Menge Geld.“ Wie Gin das hasste. Nur weil sie Sherry noch brauchten, musste er ab und an nett zu ihr sein.

„Ich verstehe. Gibt es keine Möglichkeit, damit ich sie erreichen kann?“

„Nein. Sie darf nicht abgelenkt werden.“

[File 12] Schuss

Shuichi saß in seinem Auto. Er lehnte sich zurück. Eine Woche war seit seinem Treffen mit Vermouth vergangen. Bisher tat die Organisation nichts, mit dem man sie festnageln konnte. Sie waren ruhig – viel zu ruhig. Akai wusste genau, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm war. Bald schon, sehr bald, würden sie handeln.

Shuichi griff sein Handy. Er klappte es auf und suchte im Adressbuch nach einer Nummer. Als er sie fand, rief er an. „Wenn Sie Ihren Fehler von damals wieder gut machen wollen, besorgen Sie sich einen Flug nach Tokyo“, sprach er.

„Verstanden“, gab Agent Camel von sich.

„In drei Tagen um 20 Uhr. Den Ort kriegen Sie noch mitgeteilt.“
 

Jodie seufzte leise auf, als der Unterricht ihrer Schulklasse beendet war. Jetzt war wieder ein Tag vergangen und sie hatten keinen einzigen Hinweis. In der Kudo-Villa gab es auch nichts Neues. Der Oberschüler nahm nur hin und wieder ein paar Fälle an, löste sie und erschien jeden Morgen wieder zum Unterricht. So langsam stellte sich wirklich die Frage, ob er Mitglied der Organisation war oder nicht.

Neben ihrer Suche nach Vermouth war dies die einzige Aufgabe, die sie im Moment hatte. Alles andere konnte sie ja nicht machen, da sie vormittags und an einigen Tagen auch am Nachmittag in der Schule war und unterrichtete. Warum hatte sie eigentlich zugestimmt den Lehrer zu spielen? „Okay, that was it“, sprach sie zu ihren Schülern, ehe sie die Sachen einpackte. Jodie streckte sich und sah den Schülern beim nach Hause gehen zu. Sie lächelte leicht. Jetzt, wo dieser Teil des Tages erreicht war, konnte sie eigentlich machen was sie wollte – zumindest dachten das ihre Schüler. Mittlerweile stand nicht nur Shinichi Kudo im Mittelpunkt ihrer Ermittlungen, auch Ran Mori war betroffen. Als beste Freundin wusste sie wahrscheinlich das meiste über den Oberschüler als alle andere. Und man sollte nicht vergessen, dass ihr Vater ebenfalls Detektiv war. Zwar war Mori nicht bekannt, doch das konnte auch nur ein taktisches Spiel der Organisation sein. Ihrem Kollegen teilte sie diese Begebenheit mit, sodass Shuichi oft am späten Abend vor der Detektei stand und diese beobachtete. Es entging ihm nichts.

Auch wenn sie jetzt erst mit der ganzen Arbeit gegen die Organisation anfingen, war es nicht gerade positiv, dass sie keine neueren Informationen bekamen. Bis auf Akemis Ausstieg gab es nichts Neues.

Akemi – wenn Jodie schon daran dachte. Noch immer fiel es ihr schwer, damit umzugehen. Auch wenn es schon so lange her war und sie sogar seine Gründe kannte, war es eine Qual. Innerlich behielt sie die Hoffnung und dachte noch an eine gemeinsame Zukunft mit ihrem FBI Agenten. Die ganze Zeit über hatte sie Angst vor einer Begegnung der Beiden und hoffte, dass es sich lange hinaus zögern würde, doch er traf sie schneller, als gedacht. Und jetzt hatte er wieder nur Augen für sie. Er machte zwar seinen Job und das genauso gut, wie vorher, vielleicht sogar noch besser, jetzt da er sie wiedersah, trotzdem versetzte es ihr einen Stich im Herzen.

Während Jodie aus der Schule ging, zog sie ihr Handy aus der Tasche. Sie hatte keine neuen Nachrichten, was eigentlich nur hieß, dass die Organisation keinen Schachzug gegen sie anstrebte. Die FBI Agentin steckte ihr Handy wieder weg und ging die Straße entlang.
 

Akemi strahlte. Endlich konnte sie ihre neue Wohnung, die sie über das FBI bezog, verlassen. Die ganze Zeit über sollte sie nur in ihrem neuen zu Hause bleiben, durfte nicht ans Telefon gehen oder die Tür aufmachen. Sie musste die Füße still halten und solange warten, bis die Gefahr vorbei war. Selbst nach einer Woche meldete sich die Organisation nicht. Natürlich war es nicht einfach für diese, sie zu finden, aber rechnen tat sie mit mehr.

Shuichi nahm ihr das Handy ab und kontrollierte es nach Anhaltspunkten, die für die Organisation sprachen. Bereits nachdem er das Gehäuse öffnete, erblickte er einen kleinen Chip – eine Art Sender, mit dem die Organisation ihre Mitglieder verfolgte. Der FBI Agent war nicht verwundert. So überwachte die Organisation jeden und wenn man ihn finden musste, konnte man ihn ganz einfach orten. Zum Glück kannte sich Shuichi mit solchen Dingen aus. Das Handy war keine Gefahr mehr. Und auch sonst musste Akemi ihm alles geben, was sie hatte. Jeder kleinster Gegenstand konnte von der Organisation genutzt werden. Selbst eine normale Armbanduhr konnte einen Sender haben.

Ein weiterer Grund, warum ihr das raus gehen erlaubt war, lag an der Öffentlichkeit der Straßen. Die Organisation würde niemals so offensichtlich jemanden umbringen. Menschen würden Fragen stellen, die Polizei würde schnüffeln und möglicherweise die Tarnung der Männer in Schwarz aufdecken. Selbst wenn sie es gewollt hätten, am besten war ein Mord, wenn nicht zu viele Menschen draußen waren. Nicht wegen der Zeugen – eher wegen dem, was passieren konnte. Man wusste nie, ob jemand in den wenigen Sekunden zwischen Schuss und Treffer den Weg kreuzte. Die Organisation kalkulierte vieles ein, aber Menschen konnten sie nicht steuern.

Außerdem bekam Akemi einen Aufpasser an die Seite gestellt, der sich um sie kümmern sollte, sobald sie in eine missliche Lage geriet. Gleichzeitig hatte er die Aufgabe Akai anzurufen. Und zu aufdringlich durfte er auch nicht sein. Es wäre das Schlimmste, wenn man bemerken würde, dass die junge Frau unter persönlichem Schutz stand. So hielt er sich zurück, ließ sie vorgehen und folgte ihr. Immer wieder blickte er in die Schaufenster der Läden, an denen sie vorbei kamen, sah dann aber wieder zu Akemi und folgte ihr.
 

Jodie stand auf der anderen Straßenseite, als sie das Gesicht einer ihr bekannten Person entdeckte. Es war tatsächlich Akemi. Beide Frauen kannten sich nicht persönlich, doch sie sah viele Fotos von der Japanerin, die ihr den Freund ausspannte. Und nun erkannte sie sie eindeutig auf der Straße. Zunächst hielt sie es für eine Sinnestäuschung. Akemi war in Sicherheit, es war unmöglich, dass sie nun auf der Straße herum lief. Jodie zog ihre Brille herunter und rieb sich die Augen. Wieder blickte sie durch das Brillenglas hindurch. Die Frau war immer noch die gleiche und sie schien einzukaufen.

Immer wieder blickte Akemi in die Schaufenster, überlegte und ging dann weiter. Sie schlenderte herum. Schnell zog Jodie ihr Handy aus der Tasche heraus. Sie rief bei Shu an und wartete. Erst als sie die Stimme ihres Kollegen hörte, atmete sie nicht mehr so hektisch.

„Ich seh sie! Wir sind in der Einkaufsstraße in Beika“, sprach sie. „Ich kümmer mich darum“, fügte sie dann an und legte auf.

„Jodie“, raunte Akai ins Handy. Er zischte. „Verflucht.“ So wie er seine Kollegin kannte, würde sie die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich ziehen und die junge Japanerin in Gefahr bringen. Er zögerte nicht lange und setzte seinen Wagen in Bewegung. Vielleicht konnte er das Schlimmste noch verhindern, wenn sie sich im Hintergrund hielt.
 

Langsam folgte Jodie der jungen Frau. Sie beobachtete jeden ihrer Schritte, aber auch ihr Verfolger blieb in ihrem Augenwinkel. Hellhörig wurde sie, als dieser an sein Handy ging.

„Ja? Verstanden“, nickte Camel. Er sah sich um, direkt in Jodies Augen. Er hatte bereits viel von ihr gehört und wusste, wie sie arbeitete. Auch war ihm bewusst, dass man sie nun per Handy schwer kontaktieren konnte. Wahrscheinlich hatte sie es auf lautlos gestellt, damit es keine Unterbrechungen gab. Einfach zu ihr herüber gehen, konnte er auch nicht machen. Es gab fast keine Möglichkeit. Camel beschleunigte seine Schritte und schloss zu Akemi auf.

„Verdammt“, fluchte Jodie leise. Jetzt ging es los und weit und breit war keiner ihrer Kollegen zu sehen. Das war alles andere als gut. Auch sie ging schneller und überquerte die Straße.

Camel tippte Akemi auf den Rücken, woraufhin sich diese umdrehte. „Wir…“, fing er erklärend an, doch dann umschloss Jodies Hand seinen Arm. Er blickte zur Seite.
 

„Ist das Miss Jodie dort vorne?“, wollte Ran von ihrem Begleiter wissen. Zusammen mit Shinichi und Sonoko waren sie noch nach Schulschluss in einer kleinen Bibliothek. Danach schlenderten sie langsam in Richtung ihres zu Hauses.

„Sieht ganz so aus“, gab Shinichi von sich.

„Was macht sie denn so früh hier?“, fragte Ran.

„Wieso? Ist das so ungewöhnlich?“, kam es von Sonoko.

„Naja sie ist Lehrerin“, fing Ran an. „Unserer Lehrer sind doch meistens bis spät nachmittags in der Schule und bereiten den nächsten Tag vor oder sprechen mit anderen Lehrern.“

„Merkwürdig“, murmelte Shinichi. Auch wenn sie neu war, so war es komisch, dass sie viel mehr Zeit hatte, als die anderen Lehrer der Schule.

„Das muss doch nichts heißen. Ihr seid ja schon paranoid“, warf Sonoko ein. „Sie ist neu, aber das heißt doch nicht, dass sie alles wie unsere anderen Lehrer machen muss. Außerdem hab ich gehört, dass sie ein Videospiel-Fan sein soll.“

„Sie ist was?“

„Ja, viele haben sie in der Videohalle gesehen, wo sie den Rekord bei so einem Schießspiel hält. Es soll wohl ganz lustig sein, wenn man gegen sie spielt“, entgegnete Sonoko.

„Das ist ja interessant“, murmelte Shinichi.

„Ich hätte ihr so etwas gar nicht zu getraut“, warf Ran ein.

„Ich auch nicht. Aber da sieht man, dass man Lehrer nicht nur nach ihrem Beruf einschätzen sollte“, kicherte das andere Mädchen. „Wahrscheinlich ist sie jetzt wieder auf dem Weg zur Spielhalle.“

„Möglich wäre das schon“, nickte Ran.

„Hmm…ich weiß ja nicht“, entgegnete der Oberschüler.

„Wieso?“

„Schaut doch mal da. Die Videospielhalle liegt rechts von der Straße. Gerade hat sie die Straße zur linken Seite überquert.“

„Vielleicht hat sie jemanden entdeckt, den sie kennt. Nur weil sie noch nicht so lange hier ist, muss sie keine Freunde haben. Ich kann mir bei ihr sogar sehr gut vorstellen, dass sie die Straße entlang geht und einfach so wildfremde Menschen anspricht.“

„Das würde zu ihr passen“, nickte Ran.

„Ja, aber das auch?“, wollte Shinichi wissen und wies auf die Lehrerin.

„Wir sollten hin und fragen, ob sie Hilfe braucht“, schlug Ran vor.

Sonoko nickte und schon liefen die beiden Mädchen los.

„War…“, Shinichi unterbrach sein Wort und seufzte. Dann folgte er den Beiden.
 

Jodie blickte Camel streng an. „Was glauben Sie eigentlich, was Sie hier tun?“, wollte sie dann von ihm wissen.

„Eh? Ich…ich…“, stammelte der FBI Agent, während Akemi einen Schritt nach hinten machte.

„Ja? Ich höre?“, sie tippte mit dem Fuß auf dem Boden und machte dann einen Schritt auf Camel zu. „Ich beobachte Sie und es gefällt mir gar nicht, was sie hier machen“, flüsterte sie ihm zu.

„Hören Sie“, begann Andre beschwichtigend. „Es ist nicht das, für was Sie es halten.“

„Ist es nicht? Woher wollen Sie denn wissen, für was ich das hier gerade halte?“, fragte sie nach.

„Ich kanns mir denken. Wahrscheinlich sind sie der Meinung, ich würde die junge Frau verfolgen, aber das stimmt so nicht“, gab er von sich.

„Hmm?“, Jodie stemmte ihre Hände in die Seiten, blickte dann kurz zu Akemi herüber und sah wieder zu dem Verfolger. „Sie sollten sehr gut aufpassen. Ich bin zwar blond, aber nicht blöd.“

„Miss Jodie?!“

Die Angesprochene drehte sich um. „Oh Ran, Sonoko, was macht ihr denn hier?“, wollte sie wissen. Sofort schlüpfte sie in ihre Rolle als Englischlehrerin mit Akzent.

„Wir haben Sie zufällig gesehen und wollten fragen, ob alles in Ordnung ist“, entgegnete Ran.

Jodie nickte. „Es ist alles in bester Ordnung. Sure“, sprach sie. „Ich habe hier nur ein paar Freunde getroffen und wollte sie ein wenig…ärgern.“

„Ich wusste gar nicht, dass Sie hier Freunde haben“, meinte Shinichi, der zu den beiden Mädchen aufschloss.

„Oh, no no. So ist das nicht. Ich habe sie am Flughafen getroffen, wo wir ins Gespräch kamen und wo ich sie jetzt sah, ging ich rüber“, log die Lehrerin. Sie stieß Camel leicht in die Seite.

„Ja, das stimmt“, nickte der Agent sofort. „Wir müssen dann auch mal weiter“, fügte er an.

„Jetzt schon?“, wollte Jodie wissen. Ihre Augen funkelten.

„Ja, wenn ihr uns dann Entschuldigen würdet“, murmelte Camel und blickte Akemi an.

Akemi nickte und lächelte leicht verlegen. Sie wich zur Seite und machte sich bereits auf den Weg.

Jodie grummelte. „Hmm…“, gab sie leise von sich. Sie sah zu den Schülern. „Ihr solltet jetzt auch nach Hause gehen. Ich bin mir sicher, ihr habt noch ein paar Hausaufgaben zu machen, right?“

„Ja, natürlich“, stimmte Ran zu. „Entschuldigen Sie bitte, dass wir sie gestört haben.“
 

„Interessant“, murmelte ein älterer Mann, während er sich seine Zigarette anzündete. Er bezahlte seinen Kaffee und stand von seinem Platz, von welchem er eine gute Aussicht hatte, auf. Mit schnellen Schritten ging er zu seinem Wagen, den er hinter dem Café parkte. Nachdem er auf seinem Handy die Nummer eines Kollegen wählte, wartete er ab.

„Was gibt es?“

„Ich habe sie gesehen. Akemi Miyano spaziert am helllichten Tage in den Straßen herum“, sprach er.

„Wirklich? Das ist ja interessant. Ist sie alleine?“

„Nein. Da ist ein Kerl, der sie keinen Augenblick aus den Augen lässt. Ein paar Schüler kamen auch dazu. Es sieht aber nicht so aus, als würden sie mit ihr unter einer Decke stecken“, erklärte er.

„Hast du Bilder gemacht?“

„Natürlich. Ich schicke sie gleich an das Quartier. Du musst mir nicht sagen, was ich zu tun habe. Ich bin bei Weitem länger in der Organisation“, grummelte er.

„Und wenn schon“, gab Gin von sich. „Lass die Kleine nicht aus dem Auge. Wenn sie dort ist, wird Akai nicht weit sein.“

„Ich hab ihn nicht gesehen.“

„Du Idiot“, raunte das Organisationsmitglied. „Nur weil du ihn nicht siehst, heißt das nicht, dass er nicht da ist.“

Der Angesprochene hatte Mühe ruhig zu bleiben. „Was schlägst du vor?“

„Tu nichts Unüberlegtes.“

„Gin, das ist die Gelegenheit, auf die wir die ganze Zeit gewartet haben. Ich lass sie jetzt nicht so einfach verstreichen“, gab der Mann von sich. „Wenn du sie nicht erschießen willst, dann werde ich das jetzt tun.“ Aus seinem Anzug zog er eine Pistole heraus, die er mit einem Schalldämpfer versah. „Der Boss wird es mir danken.“
 

Vermouth lehnte sich nach hinten und sah zu Gin.

„Alles nach Plan.“

„Sehr gut. So werden wir den alten Knacker los“, grinste die Schauspielerin. „Und gleichzeitig schicken wir dem FBI die Warnung, dass wir wissen, wo sie Akemi versteckt halten.“

„Freu dich nicht zu früh. Noch kann der Plan vereitelt werden. Bei ihm würde mich nichts wundern“, zischte der Angesprochene.

„Hab dich nicht so“, gab Chris von sich. „Du hättest es auch einfach haben können, wenn du ihn selber umgebracht hättest.“

„Dann wäre das Szenario nicht so interessant.“

„Das ist wieder einmal typisch für dich“, sprach sie ruhig.

„Wenn du nicht willst, arbeite doch auf eigene Faust. Aber nichts ist so interessant, wie Akai zappeln zu lassen. Er soll leiden und sehen, wie das ist, wenn man Angst hat“, grinste der Silberhaarige.
 

Er fuhr in einem schwarzen Wagen die Straße ab. Pisco atmete tief durch. Jetzt durfte er sich keinen Fehler erlauben. Er war schon lange Mitglied der Organisation und auch wenn er länger als Gin dort war, spürte er, wie seine Kräfte langsam nach ließen und er der Arbeit müde war. Bald würde es nicht mehr lange dauern und der Boss würde sich seiner entledigen. Nur mit einer guten – in dem Fall einer sehr bösen Tat - konnte er die Gunst des Bosses zurück erlangen. Um sein Gesicht zu verbergen, zog er eine schwarze Skimütze auf. Es war nicht perfekt, aber für den Anfang reichte es. Menschen merkten sich sowieso selten Gesichter und sie vergaßen sie schnell, wie sie einen Schock hatten.

Er näherte sich der Englischlehrerin und damit auch den gerade weggehendem Camel, wobei er das Fenster herunter fahren ließ und dann Akemi Auge in Auge sah. Die junge Frau fühlte sich beobachtete und während sie auf die Straße sah, blieb sie stehen. Auch sie erkannte ihn. Natürlich – er war ja auch da, nachdem ihre Eltern diesen schrecklichen Unfall hatten.

Und dann ertönte ein Schuss…

[File 13]Erste Hilfe

Der Wagen fuhr weiter. Zunächst grinste Pisco. Alles lief nach seinem Plan – auch wenn dieser erst seit wenigen Minuten stand. Er glaubte, alles unter Kontrolle zu haben. Doch dann mischte sich ein FBI Agent ein. Pisco zischte, als er, über den Rückspiegel, sah, dass es nicht Akemi war, die von seiner Kugel getroffen wurde. Es hatte also nicht geklappt. Jetzt musste er seinen Fehler ausbügeln. Zum Glück war die Waffe, die er verwendete, nicht registriert und konnte nicht zu ihm zurück verfolgt werden. Wegen dem Auto hatte er auch keine Sorgen. Das Kennzeichen war gefälscht und würden sie nach dem Halter suchen, würden sie ihn nicht finden.

Pisco zog eine Zigarette aus seiner Jackentasche und zündete sie an. Rauchen half ihm oftmals beim Denken und jetzt brauchte er ganz dringend eine Idee. Die Organisation konnte er, aufgrund seines fehlerhaften Verhaltens, nicht um Hilfe bitten.
 


 

Alles lief wie in Zeitlupe ab.

Der Schuss fiel und drohte Akemi zu treffen. Die junge Frau wusste nicht, wie ihr geschah. Allein der Blick des Mannes ließ sie erstarren. Sie hatte das Gefühl, als würde sie das Profil auf sie zu fliegen sehen. Und dann traf die Kugel das Fleisch eines Armes.

Schockiert blickte Akemi auf Camel, der mit seiner Handlung ihr Leben rettete. Auch wenn man es ihm nicht ansah, konnte er schnell sein, wenn etwas Wichtiges auf dem Spiel stand. So auch jetzt. Camel schnellte hervor und stieß Akemi ein wenig unsanft zur Seite und wurde selber angeschossen.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht sah er auf Akemi. „Ist Ihnen irgendwas passiert?“, wollte er wissen.

Die junge Frau schüttelte den Kopf, woraufhin Camel dem Wagen hinterher sah. Nur mit Mühe konnte er sich jetzt noch das Autoschild merken.

Jodie lief zu der kleinen Gruppe zu. Sie sah auf Akemi. „Alles in Ordnung?“, fragte auch sie nach. Dann blickte sie zu Camel. Jetzt verstand sie fast nichts mehr. Sie hielt ihn für den Feind, doch so wie er Akemi beschützte, konnte er eigentlich nicht auf der falschen Seite stehen.

„Ran, ruf einen Krankenwagen und Inspektor Megure“, wies Shinichi seine Freundin an. Dann lief er los und folgte dem Auto. Am Anfang war er noch guter Hoffnung, hatte sogar das Gefühl, zum Wagen aufzuschließen, doch schon bald stellte der Oberschüler fest, dass seine zwei Beine nicht mit den vier Rädern mithalten konnte. Der Fahrer des Wagens beschleunigte, bog dann in eine Ecke ein und fuhr sogar über die rote Ampel. Shinichi konnte nichts anderes machen, als stehen zu bleiben.

„Miss Jodie“, rief Ran ihrer Lehrerin zu. „Ist alles in Ordnung?“

„Eh? Ja ja“, nickte die Englischlehrerin.

„Wir haben schon einen Krankenwagen und die Polizei gerufen“, fügte sie an.

„Was?“, Jodie schluckte leicht. „Ja…gut gemacht“, gab sie dann leise von sich. Sie sah wieder zu Camel und nahm seinen rechten Arm. „Sieht nicht nach einem Durchschuss aus“, murmelte sie.

„Geht schon“, entgegnete Camel ruhig. Mit der linken Hand hielt er sich die blutende Wunde auf dem anderen Arm.

Shinichi kam zu der Gruppe zurück. „Haben Sie eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“, wollte er von Akemi wissen. Mittlerweile gesellten sich Schaulustige zu der kleinen Gruppe.

Akemi schüttelte den Kopf.

„Ich auch nicht“, sprach Camel ruhig.

Kudo sah zu Ran. „Habt ihr Polizei und Krankenwagen gerufen?“

Ran nickte. „Sie sind auf dem Weg.“
 

Der Chevrolet parkte direkt auf der Straße. Dem Fahrer war egal, ob er damit den Verkehr lahm legte oder nicht. Akai stieg aus dem Wagen aus und schloss die Tür. Die Hände steckte er wie immer in die Hosentasche und ging auf die Gruppe um Jodie zu. Er hatte ein ungutes Gefühl, welches sich bestätigte, als er Camel erblickte. „Was ist hier los?“

Ran drehte sich um. Sie erstarrte, als sie den Mann erblickte. Es gab keinen Zweifel, sie kannte ihn. Aber was machte er in Japan? Ihre erste und letzte Begegnung lag über ein Jahr zurück und fand in den Staaten statt.

Auch Shinichi blickte den Fremden an. Sofort überkam ihm ein schlechtes Gefühl. Es war das gleiche Gefühl, dass er bei den Männern in Schwarz – im Tropical Land – hatte. Sofort stellte er sich beschützend vor Ran. „Wir haben hier alles unter Kontrolle“, fing der Oberschüler an. „Ich möchten jeden, der in die Sache nicht involviert ist, bitte, weiter zu gehen. Die Polizei ist bereits auf dem Weg“, fügte er an.

„Hmm“, murmelte Akai und blickte erneut zu Camel. Er ging an das Schaufenster eines Ladens und lehnte sich gegen dieses.

Der hat ja die Ruhe weg, dachte sich Jodie. Kurz sah sie ihren Kollegen an, blickte dann aber wieder auf Akemi und Camel. Wahrscheinlich musste Akai so tun, als würde er die junge Frau nicht kennen und wahrscheinlich wollte er so öffentlich keine Gefühle zeigen. „Warten Sie“, gab sie von sich und zog ein Taschentuch aus ihrer Manteltasche heraus. Sie faltete es auseinander und legte es auf Camels verletzten Arm. Dann drückte sie drauf. Sie wusste noch immer nicht, was es mit dem Mann auf sich hatte, aber eines stand fest: er wollte Akemi nichts tun.

Shinichi beäugte Akai immer noch. Erst als die Sirenen der Polizei und des Krankenwagens sich näherten, trat er einen Schritt nach vorne und begrüßte den Inspektor.

„Kannst du mir sagen, was hier passiert ist?“, wollte Takagi von ihm wissen.

„Es ist nicht wirklich viel“, seufzte der Oberschüler. „Wir standen auf der Straße als ein Wagen angefahren kam. Dann ging alles schnell und ein Schuss fiel. Der Mann dort drüben ist dazwischen gegangen. Der Wagen fuhr gleich weiter, ich konnte ihn nicht verfolgen. Wenn Sie wollen, geb ich ihnen das Kennzeichen.“

Takagi nickte. „Gern“, sprach er und sah zu den Sanitätern. „Und Sie kümmern sich bitte um die Verletzten.“

Miwako trat zu den Schaulustigen. „Polizei“, sprach sie und hielt ihren Ausweis hoch. „Ich möchte jetzt jeden bitten, der nicht daran beteiligt war, zu gehen. Sollten Sie ein Augenzeuge sein, bleiben Sie bitte hier.“

Akemi blickte zu Shuichi, der einfach nur gegen die Scheibe lehnte und abwartete.

„So“, fing sie an und blickte zu Camel. „Da Sie verletzt sind, werden wir Ihre Befragung im Krankenhaus beginnen. Möchten Sie, dass irgendjemand mit Ihnen fährt?“

„Danke“, sprach Camel und sah den Sanitäter an. Ob jemand mit kommen sollte oder nicht, wusste er nicht. Aus dem Grund blickte er zu Akai.

„Fahr mit“, gab der FBI von sich, als er zu Jodie blickte.

„Eh“, murmelte die Englischlehrerin. „Ich werd mitfahren“, sprach sie.

„Und wer sind Sie?“

„Ich bin Englichlehrerin an der Teitan Oberschule. Ich war dabei, als der Schuss fiel und habe erste Hilfe geleistet“, erklärte sie.

„In Ordnung“, nickte Miwako. „Steigen Sie ein und halten Sie sich im Krankenhaus für die Befragung bereit.“
 

„Inspektorin Sato“, rief ihr Takagi zu.

„Was gibt es?“, wollte die Angesprochene wissen.

„Wir haben das Kennzeichen von dem Wagen. Ich rufe sofort eine Fahndung aus“, sprach er.

„Machen Sie das“, nickte Miwako. Sie blickte zu den übrigen Anwesenden. „Wer genau sollte das Opfer werden?“

„Die junge Frau“, entgegnete Shinichi und wies auf Akemi.

„Du schon wieder?“

„Tut mir leid, die Fälle ziehen mich an wie die Fliegen“, gab der Oberschüler von sich.

„Solange ich hier ermittel, möchte ich dich bitten, dich fern zu halten. Du bist nur ein Zeuge. Haben wir uns verstanden?“

„Miwako, hören Sie“, begann Takagi. „Er kann uns doch helfen.“

„Inspektor Takagi, ich glaube nicht, dass es gut ist, wenn man einen Schüler in die Polizeiarbeit mit einbezieht. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn ihm irgendwas passiert?“, wollte sie wissen. „Sie etwa?“

„Wenn es sein muss, würde ich das machen“, nickte der Angesprochene. „Ich bin mir sicher, dass uns Shinichi bei den Ermittlungen helfen kann.“

Miwako schüttelte den Kopf. „Befragen Sie die Schüler, ich nehme mir die anderen Zeugen vor“, wies sie ihn an. Miwako trat auf Akemi zu. „Ich bräuchte zunächst einmal Ihre Daten.“

Akemi nickte und zog aus ihrer Handtasche ihren Ausweis heraus. Diesen reichte sie dann der Inspektorin.

„Danke. Haben Sie den Täter erkennen können?“

Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Es ging alles so schnell“, log sie. Sie wusste, dass es besser war, jetzt nichts zu sagen.

„Verstehe“, murmelte sie und machte sich ein paar Notizen in ihrem Notizbuch. „Haben Sie irgendwelche Feinde?“

Wieder schüttelte Akemi den Kopf. „Nicht das ich wüsste.“

„Denken Sie bitte nach. Jeder noch so kleiner Hinweis könnte uns helfen.“

„Ich weiß niemanden.“

„Falls Ihnen doch noch jemand einfällt, melden Sie sich bitte bei mir“, gab Miwako von sich und reichte Akemi ihre Karte. „Es wäre auch möglich, dass es jemand aus Ihrer Vergangenheit, den Sie nicht vermuten.“

Akemi steckte die Karte weg und nickte. „Ich werde es mir überlegen“, murmelte sie.

„Gut“, nickte Miwako und blickte zu Akai. „Dann bräuchte ich nun Ihre Daten.“

„Von mir aus“, kam es von Akai. Er holte seine Geldbörse aus der Jackentasche heraus und reichte seinen Ausweis weiter.

„Gut…Können Sie mir sagen, was Sie gesehen haben?“

„Nein.“

„Nein? Sie wissen, dass Sie damit die Polizeiarbeit behindern, oder?“, wollte sie von ihm wissen.

Akai zuckte mit den Schultern. „Da ich erst vorhin hier her gekommen bin, habe ich nichts gesehen“, gab er von sich.

Miwako grummelte leicht. Da hatte sie doch noch alle, die keine Zeugen waren, zu gehen und dann blieb dieser Mann hier. „Sind Sie sich sicher?“

„Ja. Oder glauben Sie, ich hätte das sonst gesagt?“

„Ich wollte nur noch einmal nachfragen“, entgegnete Miwako und ging zurück zu Takagi. „Wie schaut es aus?“

„Alle drei sagen das gleiche. Ein Wagen fuhr heran und dann ertönte ein Schuss. Der Mann, der mit dem Krankenwagen weg gebracht wurde, warf sich vor die junge Frau da vorne. Der Wagen fuhr einfach weiter“, erzählte Takagi.

„Hmm, sehr merkwürdig. Wir haben keine Indizien für die Tat.“

Takagi nickte. „Vielleicht wurde die Frau auch verwechselt“, gab er von sich.

„Das wäre möglich. Aber dann stellt sich mir trotzdem die Frage, ob die Tat spontan durchgeführt wurde oder ob sie geplant war.“
 

„Das ist so schrecklich“, wisperte Ran leise und sah zu Shinichi.

„So schlimm ist das nicht, Ran. Wir haben Glück, dass es nur eine leicht verletzte Person gab.“

„Es hätte aber viel schlimmer enden können, Shinichi“, murmelte sie leise und sah zu Akemi. „Die arme Frau. Sie musste bestimmt Angst haben.“

„Wahrscheinlich“, nickte der Oberschüler. „Ich frage mich, warum sie jemand umbringen wollte“, murmelte er.

„Ich weiß es nicht“, sprach das Mädchen leise.

„Ich werd mich mal umhören. Vielleicht kann ich ja irgendwas Herausfinden“, entgegnete Shinichi.

„Aber Shinichi…sei bitte vorsichtig“, murmelte sie.

Der Oberschüler nickte. „Geh mit Sonoko nach Hause, ich kümmer mich um das hier.“
 

Shinichi ging auf Akai und Akemi zu. Er beäugte den fremden Mann. „Entschuldigen Sie, wahrscheinlich hat die Polizei Sie schon dazu befragt, aber können Sie jemanden benennen, der als Täter in Frage kommt?“, wollte er von Akemi wissen.

Erneut schüttelte Akemi den Kopf und wich einen Schritt nach hinten.

„Du hast es doch gehört“, fing Akai an. „Sie weiß nicht, wer das gewesen sein könnte und nun lass sie damit in Ruhe“, raunte er. Er blickte zu Akemi. „Komm mit. Wir gehen“, wies er sie an.

Die junge Frau nickte und ging zum Chevrolet.

Shinichi sah den Beiden nach. Wieder beschlich ihn kein gutes Gefühl bei der Sache. Irgendwas war merkwürdig. Der Kerl tauchte einfach so auf und nahm sie jetzt mit. Außerdem hatte er immer noch nicht in Erfahrung gebracht, wer der Fahrer am Steuer war. Der Oberschüler blickte auf das Kennzeichen des Chevrolets und merkte es sich. Wer wusste noch, für was es wichtig wäre.

„Dieser Kerl“, murmelte Shinichi. Er blickte zurück zu den Polizisten und ging zu diesen. „Was wissen Sie über den Typen, der die Frau abholte?“, wollte er von Takagi wissen.

Der Angesprochene zuckte mit den Schultern. „Wir wissen gar nichts über ihn“, seufzte Takagi. „Er war kein Zeuge, deswegen wurde seine Aussage nicht aufgekommen. Warum fragst du?“

„Ich weiß nicht“, gab Shinichi von sich. „Es kommt mir so komisch vor. Das alles…“

„Kannst du das näher erläutern?“, kam es von Miwako.

„Ich dachte, Sie wollten nicht, dass ein Schüler uns hilft“, warf Takagi ein.

„Das ist jetzt was Anderes. Er soll sich nicht mehr in unsere Arbeit einmischen. Das heißt nicht, dass seine Zeugenaussage nicht wichtig ist.“

„Wie ich schon gesagt habe, zuerst sah ich, wie Miss Jodie über die Straße zu der Frau und dem Angeschossenen Mann ging. Sie redeten miteinander, wobei ich nicht das Gefühl hatte, als würden sie sich kennen. Trotzdem entgegnete Miss Jodie, dass das Bekannte von ihr seien“, fing Shinichi an. „Kurz nachdem wir dazu gekommen waren, verabschiedeten sich auch schon. Ich hatte das Gefühl, wir hätten sie bei irgendwas überrascht. Kurz nachdem die Beiden los gingen, fuhr der Wagen an uns vorbei und der Schuss fiel. Kurz darauf fuhr der Fremde vor und ist jetzt mit der jungen Frau weg.“

„Dann glaubst du, dass das alles geplant war?“, wollte Takagi wissen.

„Das wäre möglich“, gab Shinichi von sich. „Wenn es tatsächlich so ist, dann haben wir hier vier Verdächtige. Miss Jodie, den Angeschossenen, den Fremden und den Täter. Mich würde es nicht wundern, wenn der Täter mit einem von ihnen unter einer Decke steckt“, erzählte der Oberschüler.

„Wäre es dann nicht möglich, dass die Englischlehrerin dann nicht als Täter in Frage kommt?“, warf Wataru ein.

„Natürlich“, nickte Shinichi. „Außer es wäre der Plan. Täter versuchen sich oftmals als Unschuldige oder Retter zu profilieren.“

„Moment mal!“, sagte Sato. „Das sind doch alles nur Vermutungen. Ihr habt keinerlei Hinweise darauf.“

„Ja, das wissen wir“, nickte Wataru. „Es sind auch alles nur Spekulationen, aber wenn Shinichi damit Recht hat, dann sollten wir das genauer untersuchen.“

„Das werden wir auch tun. Wir werden erstmals ins Krankenhaus fahren und die beiden Anderen befragen. Danach sehen wir weiter“, gab Miwako von sich. „Wenn wir Zweifel hegen, werden wir das potentielle Opfer noch einmal kontaktieren.“

„Haben Sie die Daten von dem Mann, mit dem sie mitgefahren ist?“, wollte Shinichi wissen.

„Natürlich“, nickte Miwako. „Wir werden ihn kontaktieren, wenn sich neue Ergebnisse ereilen.“

Sofort blickte Shinichi den Inspektor an. Mit den Daten würde er selber recherchieren können. Er überlegte. Vor Miwako konnte er Takagi nicht darauf ansprechen. Also müsste er wieder abwarten und Takagi davon überzeugen, dass er die Daten dringend brauchte. Vielleicht würde es wieder klappen, aber nur, wenn die Inspektorin nicht da war.

„Solange er nicht untertaucht“, murmelte Shinichi.

„Warum sollte er?“, fragte Miwako. „Ich denke, er weiß ganz genau, dass es nicht vorteilhaft ist, wenn er die Polizeiarbeit behindert.“

Shinichi zuckte mit den Schultern. „Ich hab kein gutes Gefühl bei ihm.“

„Dann hältst du ihn für den Täter?“

„Nein, das ist es nicht. Es ist…ich kann diesen Kerl nicht einschätzen. Er könnte unberechenbar sein“, sprach der Oberschüler.

„Das könnte aber jeder Mensch sein“, warf Miwako ein.

„Natürlich, aber ich behaupte, dass ich ein gutes Gespür für Menschen habe. Nur einige, so auch er, haben eine Aura, die ich nicht einschätzen kann“, entgegnete er ruhig.

Takagi schluckte. „Wenn du das schon sagst…“, murmelte er.

„Das ist doch Unsinn, Takagi. Sie sollten sich nicht immer auf einen Schüler verlassen.“
 

„Inspektorin Sato!“

„Was gibt es?“, wollte die Angesprochene wissen.

„Wir haben den Wagen gefunden“, sprach Chiba.

„Was? So schnell?“, mischte sich Shinichi wieder in das Gespräch ein.

Chiba nickte. „Mit dem Kennzeichen war das gar nicht mal so schwer“, entgegnete er.

„Was haben Sie über den Fahrer des Wagens heraus gefunden?“

„Nun ja. Das ist ein wenig komplizierter“, fing er an. „Der Wagen liegt zwei Straßen weiter in einem Graben. Der Fahrer ist tot.“

[File 14] Ermittlung

„Was? Er ist tot?“, wollte Miwako von Chiba wissen. Sie war leicht schockiert. Normalerweise starben solche Attentäter nicht sofort. Meistens riefen sie ihren Auftraggeber an und versuchten es noch einmal. Nur in seltenen Fällen starben sie. Wahrscheinlich hatte Shinichi doch Recht und der Fahrer war nicht der Haupttäter, eventuell wurde dieser nur dazu angestiftet und jetzt, wo sein Plan gescheitert war, musste der Schütze erledigt werden.

„Ja“, nickte Chiba. „Wir lassen die Todesursache noch untersuchen“, sprach er.

„Gut. Sobald Sie irgendwas heraus gefunden haben, geben Sie Bescheid.“

„Natürlich.“

Besorgt blickte Shinichi zu Miwako und dann zu Chiba. „Wissen Sie schon, wer der Schütze war?“

„Kenzo Masuyama.“

„Kenzo Masuyama“, murmelte Shinichi wiederholend. „Das ist doch ein bekannter Firmen-Chef.“

Miwako nickte. „Oh ja, das ist er. Aber warum sollte Masuyama einen Mord begehen wollen?“

„Das weiß ich nicht“, entgegnete der Oberschüler. Es war merkwürdig. „Wir sollten versuchen heraus zu finden, welcher Zusammenhang zwischen der Frau und unserem Firmenchef oder den beteiligten Personen besteht.“

„Ja, aber das werden wir machen. Das ist keine Aufgabe für einen Schüler.“

„Ach kommen Sie, Inspektorin Sato. Wenn wir zusammen arbeiten, geht es schneller“, entgegnete Shinichi.

„Das ist viel zu gefährlich für dich“, warf sie ein.

„Ich bin mir der Gefahr bewusst. Hören Sie, ich weiß, Sie wollen nicht, das ich mich in Gefahr begebe, aber wenn es so einen Fall gibt, dann werde ich sicherlich nicht daneben stehen und anderen zu sehen. Sie können jetzt machen was Sie wollen, ich werd Inspektor Megure anrufen. Wenn ich seine Unterstützung kriege, recherchiere ich“, erklärte er.

„Nur mal ruhig. Wir stehen doch alle auf der gleichen Seite“, fing Takagi ein. „Warum arbeiten wir nicht einfach zusammen?“, schlug er dann vor.

„Und was sollen wir Ihrer Meinung nach machen?“

„Ich schlage vor, wir fahren jetzt erstmals ins Krankenhaus.“

„Einverstanden“, nickte Miwako.
 

Shuichi fuhr die Straße weiter entlang. Immer mal wieder sah er aus dem Augenwinkel zu Akemi. Er schwieg – erstmals. Erst als sie weit genug waren, setzte er zum Reden an. „Hast du ihn erkannt?“

„Ja“, nickte die junge Frau. Sie blickte zu ihrem Freund hinüber.

„Wer war es?“

„Kenzo Masuyama“, wisperte sie leise. „In der Organisation ist er als Pisco bekannt“, fügte sie dann an.

„Pisco also“, grummelte Akai.

„Er ist schon lange Mitglied der Organisation. Ich kenne ihn noch von früher. Nach dem Tod unserer Eltern hat er sich um uns gekümmert. Ich hab ihn lange nicht mehr gesehen…“

„Und dann taucht er wieder auf und versucht dich umzubringen. Was für eine Ironie“, gab Akai von sich.

Akemi nickte. „Ich hoffe, es geht deinem Kollegen bald wieder besser.“

„Der ist hart im nehmen. Mach dir keine Sorgen um ihn. Jodie hat ihn ins Krankenhaus begleitet“, sprach Shuichi.

„Jodie?“

„Die blonde Frau die vor Ort war“, entgegnete er. „Sie ist meine Kollegin.“

„Hmm?“

„Sie wusste nur, dass ich dich in Sicherheit gebracht hab“, sprach er.

„Warum hast du ihr nicht gesagt, dass mich euer Kollege beschützt?“, wollte sie wissen.

„Zu deiner Sicherheit. Sie ist zwar kein Spitzel, aber man kann nie wissen, wer dich abhört“, erzählte Akai ruhig. „Je weniger wissen, dass du einen persönlichen Beschützer hast, desto besser ist es für dich.“

„Ich verstehe“, murmelte Akemi. „Und jetzt hab ich ihn auch noch in Gefahr gebracht.“

„Mach dir nichts draus. Als FBI Agent muss man auf alles gefasst sein“, fing Shu an. „Außerdem wussten wir alle, was passieren würde, wenn du wieder auf die Straße gehen darfst.“

Akemi blickte nach unten auf ihre Hände, die auf ihrem Schoss lagen. Sie verkrampfte. „Trotzdem bin ich schuld“, murmelte sie. „Wenn ich dich nicht so oft gebeten hätte, raus zu dürfen, wäre das nicht passiert.“

Akai schüttelte den Kopf. „Das war ein einkalkuliertes Risiko. Es ist nichts passiert, mit dem wir nicht gerechnet haben“, entgegnete er.

Die junge Frau blickte wieder hoch. „Hast du es deswegen erlaubt?“

„Ja. Tut mir leid“, sprach er. „Ich fahr dich jetzt in eine andere Wohnung. Wir wissen nicht, seit wann du von Pisco beobachtest wurdest. Es könnte sein, dass er euch schon die ganze Zeit über folgte…“

„Und wenn er uns erst in der Stadt sah? Er kam mit dem Wagen, wir hätten ihn doch bemerken können“, warf Akemi ein.

„Das hättet ihr. Aber bei der Organisation kann man sich nicht sicher sein. Außerdem war die Wohnung, in der du jetzt warst, nur ein Übergang“, erklärte er.
 

Jodie ging im Flur auf und ab. Immer wieder, hin und her. Sie sah sich um. Aber alles was sie machen konnte, war es zu warten.

Camels Wunde wurde von den Sanitätern im Krankenwagen soweit behandelt, dass man ihn im Krankenhaus direkt in den Operationssaal bringen konnte. Die Blutung hatte zwar aufgehört, doch die Kugel befand sich immer noch in seinem Arm.

Wieder einmal zog Jodie ihr Handy aus der Tasche heraus und blickte auf ihren Display. Es gab noch keinen Anruf von Akai. Was sollte sie denn jetzt mit einem völlig Fremden machen?

Nach einer halben Stunde kamen Miwako, Takagi und Shinichi im Krankenhaus an. Wegen ihren Ermittlungen wurden sie von der Rezeption direkt zu Jodie geschickt. Die blonde Lehrerin blickte hoch, als Shinichi mit den anderen kam.

„Miss Jodie? Sie sind noch hier?“, wollte Shinichi von ihr wissen.

„Yes“, nickte Jodie. „Ich dachte mir, dass es besser wäre, wenn jemand hier ist, wenn er wieder aufwacht.“

„Sie sind also Englischlehrerin?“

Jodie stimmte nickend zu.

„Wie kommt es, dass Sie als Amerikanerin jetzt hier sind?“

„Ich wollte etwas Anderes machen und Japan zog mich an“, sprach sie. „Aber was hat das mit dem Unfall zu tun?“

„Sie nennen das Unfall?“

„Yes.“

„Hmm…was haben Sie genau gesehen?“, wollte Miwako wissen.

„Wir waren auf der Straße. Und dann sah ich nur noch, wie das Auto an uns vorbei fuhr. Im nächsten Moment blutete der junge Mann am Arm“, erzählte sie.

„Und Sie denken immer noch, dass das ein Unfall war?“

Jodie nickte. „Vielleicht hat der Fahrer des Wagens irgendwas raus geworfen und es traf ihn“, warf sie ein.

Miwako schüttelte den Kopf. „Sie können mir glauben, dass ist nicht so gewesen. Der Mann wurde angeschossen. Und nun möchte ich wissen, warum.“

„Das weiß ich nicht“, gab Jodie von sich. „Ich kenne ihn noch nicht so lange.“

„Wollen Sie damit sagen, Sie haben ihn erst heute kennen gelernt?“

„No no“, meinte Jodie. „Ich habe ihn schon mal vor einer Weile gesehen und heute wieder getroffen. Daher kann ich Ihnen auch nicht viel über ihn erzählen.“

„Wie können Sie eigentlich nichts von dem Schuss mitbekommen haben?“, fragte Shinichi nach. „Sie müssten doch gehört haben, wie die Männer im Krankenwagen darüber sprachen.“

„No, mein japanisch ist noch nicht so gut“, entgegnete sie ruhig. „In der Hektik hab ich die Sanitäter nicht gut verstanden“, log sie.

„Hmm…und warum sind Sie in den Krankenwagen eingestiegen?“

„Ich wollte nicht, dass er alleine ist.“

„Und was war das mit dem Mann, der auch vor Ort war? Hatte er nicht irgendwas zu Ihnen gesagt?“, wollte der Oberschüler wissen.

„Der Mann?“, Jodie überlegte. „Er hat mich gebeten einzusteigen. Wahrscheinlich wollte er sich um seine…Freundin kümmern.“

„Hmm“, murmelte Miwako. „Das bringt uns nicht wirklich weiter.“

„Sorry, aber ich kann Ihnen nichts erzählen, was ich nicht weiß“, sprach sie.

„Sagen Sie, Miss Saintemillion, wissen Sie zufällig, wann der Mann vernehmungsfähig wäre?“, wollte Takagi wissen.

Jodie zuckte mit den Schultern. „Das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

„Wir warten am besten“, entgegnete Miwako und setzte sich auf einen der freien Plätze im Gang.
 

Die Operation dauerte noch eine Stunde an, ehe Camel auf ein Zimmer gebracht wurde. Dort musste er erst einmal wach werden und war dann erst für die Vernehmung bereit. Eine Krankenschwester kontrollierte, nachdem er aufwachte, seine Vitalzeichen. Dann ging sie aus dem Zimmer heraus und sah die wartenden Menschen an. „Sie können jetzt zu ihm.“

„Danke“, nickte Miwako. Sie blickte zu Takagi. „Ich gehe zusammen mit Inspektor Takagi rein. Der Rest bleibt bitte hier“, fügte sie an und klopfte an die Tür an. Nach einem leisen ‚Herein‘ trat sie ein. „Inspektor Sato, das ist mein Kollege Inspektor Takagi“, stellte sie sich vor. „Sind Sie für eine Vernehmung bereit?“

Camel nickte und setzte sich langsam auf. Sein Arm schmerzte noch, aber es war nichts im Vergleich zu dem, was er sonst in seinem Beruf erleben konnte.

„Zunächst einmal bräuchten wir Ihre Personalien.“

„Andre Camel“, sprach er leise.

„Haben Sie einen Ausweis dabei?“, wollte Takagi wissen.

„In meiner Jacke…ist eine Geldbörse.“

„Gut“, nickte der Inspektor und ging zu der Jacke, die am Kleiderbügel stand. Er griff in die Innentasche und zog die Geldbörse heraus. „Darf ich?“

Camel nickte und Takagi zog den Ausweis heraus. Er notierte sich die ganzen Personalien der Person.

„In Ordnung. Können Sie uns erzählen, was vorhin passiert ist?“, fragte Miwako nach.

„Wir gingen die Straße entlang…dann war da dieses Auto…und dann hab ich nur noch einen Knall gehört…ich wollte zu meiner Bekannten…dann schmerzte mein Arm…“

„Haben Sie den Fahrer erkannt?“

Camel schüttelte den Kopf. „Ich habe gar nichts gesehen“, sprach er leise.

„Verstehe“, murmelte Miwako nachdenklich. „Wissen Sie, ob ihre Bekannte irgendwelche Feinde hat?“

„Mir fällt keiner ein.“

„Haben Sie hier irgendwelche Feinde?“

„Nein…ich bin erst seit einigen Tagen hier. Sie ist die Einzige, die ich kenne“, gab Camel von sich.

„Das macht den Fall kniffliger“, sprach Takagi leise.

„Kannten Sie einen Kenzo Masuyama?“

„Nein“, schüttelte Camel den Kopf.

„Gut, dann halten Sie sich in den nächsten Tagen für weitere Befragungen bereit. Wenn wir mehr wissen, melden wir uns bei Ihnen.“
 

Seufzend gingen die beiden Polizisten aus dem Zimmer heraus. „Das hat uns auch nicht weiter gebracht.“

Shinichi beäugte Jodie misstrauisch. Die Englischlehrerin machte nichts. Sie stand einfach so da und lehnte sich an die Wand. Sie wartete einfach nur.

„Er weiß nichts?“, wollte Shinichi wissen.

„Leider nicht. Er ist neu in der Stadt und kennt hier noch keinen“, antwortete Wataru.

„Und was haben Sie jetzt vor?“

„Wir schauen uns jetzt diesen Masuyama an, danach schreiben wir den Bericht.“

„Ich komm mit.“

Miwako hob die Augenbraue. „Von mir aus“, gab sie dann von sich.

„Wenn Sie mich dann entschuldigen würden“, fing Jodie an und ging an die Tür des Krankenzimmers. Sie klopfte an und trat auch schon binnen weniger Sekunden ein.
 

Die Englischlehrerin wartete mehrere Sekunden. Am liebsten wäre sie sofort mit der Sprache heraus geplatzt, doch sie wartete. Und bevor Camel ein Wort sagen konnte, legte sie ihren Zeigefinger auf ihre Lippen. Sie wartete. Dann öffnete sie die Tür und sah nach draußen. Die Polizei war wieder weg. Was für ein Glück, dann konnten sie wenigstens normal miteinander reden. Jodie schloss die Tür und ging an das Bett von Camel. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. „Also? Wer sind Sie?“, wollte sie wissen.

Camel blickte sie an. Dann seufzte er. Jetzt konnte er ihr es ja sagen. „Ich arbeite für die gleiche Institution wie sie.“

Jodie hob die Augenbraue. „Sie sind Lehrer?“

Der FBI Agent schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin wie Sie FBI Agent.“

„Das kann nicht sein“, gab Jodie von sich.

„Doch. Ich würde als Verstärkung hier her gebracht.“

„Nein“, meinte sie. „Wäre Verstärkung hier her gekommen, hätte mich der Boss informiert“, warf sie ein.

„Es war nicht James Black, der mich hier her geholt hat“, sprach er leise.

„Wer dann? Nun reden Sie doch schon“, wies Jodie ihn an.

„Agent Akai.“

„Was?“, gab Jodie schockiert von sich. „Aber…warum hat er es mir nicht gesagt?“

„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich wurde her geholt, um auf Akemi aufzupassen“, erzählte er. „Deswegen ging ich weit hinter ihr. Sollten sie versuchen sie zu kriegen, hätten wir einen Anhaltspunkt. Es wäre zu auffällig gewesen, wenn ich direkt neben ihr gelaufen wäre.“

„Oh man und ich hab Sie auf offener Straße angemeckert. Wussten Sie, dass ich auf der gleichen Seite stehe?“, wollte sie wissen.

Camel nickte. „Ich hab Sie schon mehrfach im Büro gesehen.“

„Oh! Ich dachte, Sie wären neu bei uns“, murmelte Jodie.

Sogleich schüttelte er den Kopf. „Nein. Wenn ich ehrlich bin, arbeite ich schon mehrere Jahre beim FBI.“

„Wie kommt es dann, dass ich Sie bisher noch kein einziges Mal sah?“

„Ich nehme an, es hat was damit zu tun, dass mir vor zwei Jahren dieser Fehler unterlief“, seufzte der FBI Agent.

„Fehler?“, wollte Jodie wissen.

„Sie haben es sicher schon gehört. Damals machte ein FBI Agent einen Fehler, weswegen dem FBI ein hohes Mitglied der Organisation durch die Lappen ging. Ich bin der Agent, der diesen Fehler gemacht hat“, seufzte Camel. „Ich erinnere mich noch, als wäre es erst gestern gewesen. Agent Akai wartete in einer Lagerhalle auf die Mitglieder der Organisation und wir lagen auf der Lauer. Statt den Mitgliedern der Organisation kam ein alter Mann herein. Er setzte sich und wurde von Akai ignoriert, aber nicht von mir. Ich kam hervor und sagte ihm, dass es sehr bald gefährlich werden würde. Damit war unser Plan hinüber. Der Mann ging und kein einziges Mitglied der Organisation tauchte auch. Somit flog Akai auf.“

„Ich erinnere mich. Als ich die Kollegen zurück kommen sah, ließ einer unter ihnen den Kopf hängen“, murmelte sie.

„Das war ich“, entgegnete Camel. „Akai sagte mir danach zwar, dass ich mir keine Vorwürfe machen sollte, aber ich machte es trotzdem. Wir wussten alle, was zwischen Akai und Akemi vor sich ging und wir ahnten, dass sie weiterhin in Gefahr schweben würde. Akai erklärte mir, dass sie genau wisse, was los sei und stark genug ist, um sich nicht töten zu lassen“, fügte er an. „Trotzdem mache ich mir seitdem immer wieder Vorwürfe. Verstehen Sie? Ich bin schuld, dass der Auftrag mit der Organisation noch nicht vorbei ist.“

„Ich kann verstehen, dass Sie deswegen diesen Auftrag annahmen“, gab Jodie von sich.

„Nein, das war nicht meine Idee. Akai rief mich an und fragte, ob ich das von damals wieder gut machen möchte. Natürlich sagte ich sofort zu. Es war das Einzige, was ich tun konnte. Und ich schwor, dass ich Akemi mit meinem Leben beschützen würde, egal was komme.“

„Das haben Sie heute auch getan“, nickte die Blonde.

„Ja, aber es ist noch nicht vorbei. Ich muss sie auch weiterhin beschützen, nur so kann Akai an seinem Auftrag weiter arbeiten.“

„Machen Sie sich darum nicht so viele Gedanken. Wenn Shu sagte, dass es in Ordnung ist, dann können Sie mir glauben, meint er es auch so. Shu ist kein Mann, der viele Worte sagt und sie dann nicht ehrlich meint.“

Camel nickte. „Ich weiß. So hab ich ihn auch schon kennen gelernt. Immer wenn ich ihn in den Staaten sah, senkte ich meinen Blick. Ich konnte ihm gar nicht mehr in die Augen sehen. Ich schämte mich so. Ich ahnte damals, auf was wir uns einstellen mussten, ich bin jedes einzelne Szenario durchgegangen und schwör, dass ich keinen Fehler begehen würde.“ Er seufzte auf. „Schließlich habe ich dann doch einen Fehler begangen und die ganze Mission gefährdet. Jedes Mal, wenn ich von einem Anschlag auf Akai hörte, wusste ich, dass das mein Verdienst war.“

„Sie sollten nicht so streng mit sich sein. Damals waren Sie noch ein junger Agent und jedem konnte ein Fehler unterlaufen. Sie haben daraus gelernt und wissen jetzt, was zu tun ist, um diesen Fehler zu vermeiden“, warf Jodie ein.

„Sie haben ja Recht…“, murmelte er. „Ich wünschte nur, ich wäre nicht angeschossen worden und ich hätte das Gesicht des Schützen sehen können. Wenn es bereits einen Anschlag gab, wird es sicher noch einen Zweiten geben. Ich schwöre, diesmal werde ich das Gesicht des Angreifers erkennen.“

„Das wird nicht mehr nötig sein. Er wurde tot aufgefunden.“

[File 15] Verschwunden

Erschrocken drehte sich Jodie zur Tür. „Boss“, gab sie leise von sich. „Was machen Sie denn hier?“

„Agent Akai rief mich an und erzählte mir, was los ist“, antwortete er.

„Sie sagten, der Schütze ist tot, woher haben Sie diese Information?“, wollte Camel wissen.

„Wir hatten Glück. Akai vor frühzeitig vor Ort. Er konnte den Wagen noch sehen und sich das Kennzeichen merken. Anhand des Kennzeichens haben wir den Wagen zwei Straßen weiter gefunden“, erzählte er.

„So schnell? Und dann noch zwei Straßen weiter?“

„Wir haben es auch nicht geglaubt. Der Wagen stand in einem Graben, der Fahrer war sofort tot“, entgegnete James.

„Schon tot? Gab es einen Unfall?“, wollte Jodie wissen.

„Nein. Zumindest fuhr der Wagen nirgends gegen“, sprach er. „Wir konnten uns noch keinen Überblick über die Todesursache machen.“

„Verstehe“, murmelte Jodie.

„Wissen Sie wenigstens, wer der Täter ist?“

„Ja“, nickte James. „Kenzo Masuyama. Laut unseren Unterlagen handelt es sich bei dem Mann um Pisco, einem Mitglied der Organisation.“

„Irgendwie hab ich es geahnt“, entgegnete Camel leise.

„Wir haben auch damit gerechnet, dass die Organisation irgendwann wieder zu schlägt.“

„Ich hätte aber nicht gedacht, dass danach das Mitglied stirbt“, warf Jodie ein.

„Das dachten wir auch nicht.“

„Was wissen wir über diesen Pisco?“, wollte die FBI Agentin dann wissen.

„Nicht besonders viel. Pisco ist eines der ältesten Mitglieder der Organisation. Er hat nicht allzu viele Aufgaben in der Organisation und soll sich um die Rekrutierung neuer Mitglieder kümmern. Angeblich soll er Gin in die Organisation gebracht haben. Da kann man sehen, wie Gin in der Organisation aufgestiegen ist.“

„Verstehe“, murmelte Jodie. „Wäre es dann möglich, dass die Organisation seinen eigenen Tod wollte?“

„Solange wir keinen Befund über die Todesursache haben, können wir darüber nur spekulieren“, sprach James.

„Was schlagen Sie jetzt vor?“, wollte Camel wissen.

„Ich hab die Polizei hier gesehen. Wir sollten uns etwas Einfallen lassen, damit sie nicht weiter recherchieren.“

„Wir haben auch noch das Problem, dass sich Shinichi Kudo eingeschaltet hat“, warf Jodie ein. „Der Junge beäugt mich jetzt kritischer als zuvor. Wir sollten aufpassen.“

„Das werden wir“, nickte James. „Am besten Sie entlassen sich selber. Wir haben genügend ärztliche Versorgung für sie.“

„Verstanden“, nickte Camel.

„Was ist jetzt mit Shu?“

„Agent Akai wird sich melden.“
 

Jodie ging aus dem Krankenhaus. Sie grübelte und zog ihr Handy aus der Tasche heraus. Wieder bekam sie keine Nachricht. Ob er wohl wütend war? Wahrscheinlich.

Sie seufzte und wählte dann seine Nummer.

Mehrere Sekunden lang meldete sich niemand, aber dann hörte sie seine Stimme. „Was ist?“

„Shu, es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass sie einen Aufpasser hat“, sprach Jodie dann schnell. „Ich konnte es doch nicht ahnen…“

„Vielleicht solltest du nächstes Mal dein Handy auf einen Klingelton einstellen“, gab Shuichi von sich.

„Ich hab ihn extra ausgestellt, damit das Klingeln des Handys mich nicht verrät“, gestand sie leise. „Ich wollte das wirklich nicht…“

„Ich hab so was mit einkalkuliert“, warf der FBI Agent dann ein.

„Eh? Deswegen hast du ihr diesen Camel besorgt?“

„Du kennst Akemi nicht so gut wie ich. Sie ist ein Freigeist. Du kannst sich nicht dauerhaft zu Hause festhalten.“

„Verstehe“, murmelte Jodie. „Was hast du jetzt vor?“

„Mach dir darum keine Sorgen. Ich hab sie in eine andere Wohnung gebracht. Sie ist erstmals sicher.“

„Das ist gut“, lächelte sie. „Der Schütze wurde auch schon identifiziert. Es war Pisco“, erzählte sie dann.

„Ich weiß. Akemi hat ihn erkannt“, gab Akai von sich. „Habt ihr weitere Informationen über ihn?“

„Er wurde tot aufgefunden.“

„Was? Verflucht“, zischte Akai.

„Du warst es also nicht?“ Jodie klang erleichtert.

„Nein. Ich hab Akemi weg gebracht und wollte mich danach um diesen Kerl kümmern“, grummelte Akai mürrisch.

„Tut mir leid. Das merkwürdige dabei ist nur, dass es wohl kein Unfall war.“

„Das hab ich mir schon gedacht. Wahrscheinlich die Organisation“, murmelte der Gesprächspartner.

„Ja, aber warum?“, wollte Jodie wissen.

„Liegt das nicht auf der Hand? Er hat mitten auf der Straße auf Akemi geschossen. Es wäre nicht lange und man hätte ihn erwischt. Hätte er Akemi erschossen und wäre, was seine Identität angeht, auffällig geworden, hätten sie das als Grund genommen, um ihn zu erledigen“, sprach er.

„Du meinst, sie haben das nur gemacht, damit sie Pisco töten können?“

„Sehr wahrscheinlich.“

„Unglaublich“, murmelte Jodie.

„Jodie?“

„Ja?“

„Sorgt dafür, dass sich die Polizei nicht einmischt. Wenn sie Fragen stellen, dann wisst ihr von nichts. Kümmer dich um Camel, ich werd ihn bald wieder brauchen.“

„Verstanden“, nickte sie. „Camel wird sich heute Abend auf eigenen Wunsch aus dem Krankenhaus entlassen. Da er hier keine offizielle Adresse hat, können sie ihn auch nicht so einfach finden.“

„Gut. Melde dich, wenn es was Neues gibt.“

„Das mach ich. Bis dann, Shu.“

„Pass auf dich auf.“

„Danke“, wisperte Jodie leise und legte auf. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung. Er sorgte sich um sie, auch wenn sie einen Fehler machte und seine Freundin in Gefahr brachte.
 

Direkt am nächsten Morgen machte sich Shinichi auf den Weg zum Polizeirevier. Den ganzen restlichen Tag machte er sich Notizen über das Vorgehen der Tat. Nichts machte einen Sinn. Egal welchem der Anwesenden er eine Mittäterschaft zuschrieb, es brachte nichts. Außer Akemis Freund, war keiner länger in Japan. Da konnte man sich nur Fragen, welche Gründe vorlagen.

Ohne polizeiliche Hilfe brachte die Recherche nichts, sodass Shinichi bereits am frühen Morgen die Schule hinter sich ließ und die Polizei aufsuchte.

„Guten Morgen“, begrüßte er Miwako und Takagi. „Haben Sie schon Neuigkeiten?“

„Das kann man so sagen“, nickte Takagi. Er blickte zu Miwako. Durfte er überhaupt was sagen?

Die Angesehene nickte. „Inspektor Megure hat sein Einverständnis gegeben.“

„Unser Schütze starb nicht normal.“

„Nicht? Dann war es Mord“, murmelte Shinichi. Und das musste heißen, dass es noch eine weitere Person gab, eine, die sich im Hintergrund hielt.

„Oder Selbstmord“, warf Miwako ein.

„Wie kommen Sie darauf?“

„Wir fanden keine Fremdeinwirkungen“, erzählte Sato. „An seiner Zigarette befanden sich Reste von Zyankali.“

„Zyankali? Wieso denken Sie, dass es kein Mord war?“

„Seine Wagentür war von Innen versperrt. Und er lächelte. Die Gerichtsmedizin bestätigt eindeutig, dass an der Leiche nichts bewegt wurde.“

„Hmm…“, murmelte Shinichi. „Damit kommen wir nicht weiter. Wir wissen immer noch nicht, warum er das getan hat. Und er ist der Einzige, der es uns hätte sagen können“, fügte er an.

„Wir haben aber noch die Möglichkeit mit Akemi Miyano zu sprechen. Sie konnte den Täter zwar nicht erkennen, aber wenn wir ihr seinen Namen nennen, könnte uns das vielleicht helfen“, schlug Takagi vor.

„Etwas Anderes können wir auch nicht machen“, entgegnete Miwako. „Gut, gehen wir zu meinem Wagen.“

„Nein. Wir sollten nicht alle auf einmal dort auftauchen. Ich hab das Gefühl, dass sie Angst hat. Wenn Sie mich fragen, ist die Polizei zu viel.“

„Oh. Was schlägst du dann vor?“, wollte Takagi wissen.

„Ich würde sagen, Sie geben mir die Adresse von ihr und ich such sie dann auf. Da ich ein Schüler bin, wird sie sicherlich weniger Probleme damit haben. Und Schülern sagt man eher etwas“, meinte Shinichi.

„Das macht mir ein wenig Sorgen“, gab Miwako von sich.

„Ach kommen Sie, Miwako, Sie wissen doch selber, dass wir Shinichi vertrauen können“, sprach er.

„Wir machen das anders. Wir fahren dich hin und du darfst zu ihr gehen. Das ist mir lieber.“

Shinichi nickte. „Einverstanden.“
 

„Hier wohnt sie?“, fragte Shinichi nach.

Miwako nickte. „Die Adresse stimmt“, sprach die junge Frau und parkte ihren Wagen.

„Gut, dann geh ich mal zu der Hausnummer und werde mal sehen, was sie mir sagen kann.“

„Wenn irgendwas passiert, ruf uns sofort an“, wies sie ihn an.

„Keine Sorge. Ich weiß, was ich tue“, gab er von sich.

„Trotzdem, du bist als Schüler in einer polizeilichen Ermittlung. Wir müssen sicher gehen.“

„Gut, ich verspreche, dass ich auf mich aufpassen werde“, nickte Shinichi und stieg aus. Er sah sich in der Gegend um.

Mit schnellen Schritten ging Shinichi zu dem Hochhauskomplex und sah an die kleinen Namenschilder. Als er die Klingel zu Akemis Wohnung fand, klingelte er. Dann hieß es warten. Als keiner ausmachte, klingelte er erneut.

„Hmm“, murmelte er. Keiner machte auf oder keiner wollte aufmachen. Doch Shinichi hatte schon einen Plan. Wollte Akemi nicht aufmachen, dann klingelte er bei einer Nachbarin. Diese öffnete bereitwillig die Tür.

Der Oberschüler ging nach oben und nachdem er die Wohnungstür entdeckte, klingelte und klopfte er dort mehrfach. Wieder machte keiner auf. Langsam legte er seinen Kopf auf die Tür. Er horchte, doch von innen kamen keine Geräusche.

„Wenn du die junge Frau suchst, die wohnt hier nicht mehr“, sprach die Nachbarin, bei der der Oberschüler klingelte.

„Bitte?“ Shinichi hob die Augenbraue.

„Die ist vor kurzer Zeit umgezogen.“

Shinichi ging auf sie zu. „Ich bin Shinichi Kudo, ein Privatdetektiv. Könnten Sie mir bitte alles sagen, was Sie darüber wissen?“ Er wusste, dass es wichtig war sich vorzustellen, damit die Menschen wussten, mit wem sie es zu tun hatten. Meistens reichte es, wenn er seinen Namen nannte. Oftmals war er in den Medien und wenn er tatsächlich Fragen hatte, waren viele Menschen verzückt.

„Privatdetektiv?“, die alte Dame lachte. „Du bist doch höchstens ein Schüler.“

„Könnten wir das jetzt bitte außer Acht lassen und zu Akemi Miyano kommen?“, bat er.

„Ach ja, die gute Akemi. Sie ist so ein liebes Mädchen. Jeden Sonntag kommt sie zu mir in die Wohnung und kocht für mich. Danach essen wir zusammen“, erzählte sie. „Meistens kümmert sie sich dann auch um meine Katzen.“

„Verstehe“, murmelte Shinichi und überlegte. Das brachte ihn nicht wirklich weiter. „Wissen Sie, warum sie umgezogen ist?“

„Ich nehme an, es war wegen ihrem Freund.“

„Ihr Freund?“

„Ja, ich habe ihn einmal gesehen. Er ging einfach so an mir vorbei und grüßte mich nicht einmal. Ein unhöflicher Kerl. Deswegen habe ich mir genau angeschaut, zu welcher Wohnung er will“, erzählte die Ältere.

„Und da haben Sie dann gesehen, wie er in die Wohnung von Akemi ging?“

„Ja, er hatte einen Schlüssel.“

„Einen Schlüssel?“

Sie nickte. „Ich glaube, Akemi hat ihm ihren Schlüssel gegeben. Vorher war er nämlich nie bei ihr.“

„Wie kommen Sie davon darauf, dass Akemi umzog?“, wollte Shinichi wissen.

„Ich bin neugierig. Eine Stunde nachdem er in die Wohnung rein ging, kam er auch wieder heraus, mit einer Reisetasche. Ich habe mir nichts dabei gedacht, aber die letzten Tage habe ich immer wieder Interessenten für die Wohnung gesehen“, kam es von ihr.

„Wissen Sie noch, wie dieser Freund aussah?“

„Er war groß. Ja, er hatte schwarzes Haar und eine schwarze Skimütze auf. Darüber habe ich mich sehr gewundert, da wir doch Sommer haben“, entgegnete sie. „Aber irgendwie dachte ich, dass es sein Markenzeichen ist“, fügte sie an.

„Ich verstehe“, murmelte Shinichi.

„Ich bin so froh, dass sie sich endlich wieder gefunden haben.“

Der Oberschüler wurde hellhörig. „Wiedergefunden?“

„Als ich einmal bei ihr in der Wohnung war, sah ich ein Foto von ihr und ihrem Freund. Nachdem ich Akemi darauf ansprach, wurde sie traurig und erzählte mir, dass sie sich von dem Bild nicht trennen konnte. Wenn du mich fragst, haben sie Schluss gemacht“, antwortete die ältere Frau.

„Sie wissen nicht zufällig, wie lange die Beiden getrennt waren?“

„Ich schätze, dass es länger als ein Jahr war. Da habe ich das Foto das erste Mal bemerkt und sie auf ihn angesprochen.“

„Und nach einem Jahr haben Sie ihn immer noch wieder erkannt?“, wollte Shinichi wissen.

„Ja, er hatte sie nicht verändert“, nickte sie.

„Danke. Damit haben Sie mir wirklich sehr weiter geholfen“, bedankte sich Shinichi. Gerade als er gehen wollte, wurde er von der Frau am Arm festgehalten.

„Was ist denn mit Akemi? Geht es ihr nicht gut?“, wollte sie wissen.

„Es geht ihr bestimmt gut. Machen Sie sich keine Sorgen.“
 

Shinichi seufzte, als er zurück zum Wagen kam. Er stieg ein und sofort wanderten die Blicke der Polizisten zu ihm.

„Und? Spann uns nicht weiter auf die Folter“, fing Takagi an.

„Fehlanzeige. Akemi wohnt hier nicht mehr. Sie ist vor einigen Tagen ausgezogen.“

„Das hatte sie aber gestern nicht erwähnt“, gab Miwako von sich.

„Ich hab ein ungutes Gefühl“, sprach der Oberschüler. „Die Nachbarin erzählte mir, dass ihr Freund ein paar Sachen abgeholt hat. Nach der Beschreibung passt es zu dem Mann, der sie gestern mit dem Auto mitnahm. Aber da ist noch eine Sache, die merkwürdig ist.“

„Jetzt sag schon“, wies Takagi ihn an.

„Sie und ihr Freund waren getrennt. Die Nachbarin meinte, dass es etwa ein Jahr gewesen sein muss, weil sie erst da Akemi darauf ansprach. Und ihr Ex-Freund ist der gleiche, der sie gestern abgeholt hat.“

„Dieser Shuichi Akai“, murmelte Miwako.

„Genau der. Ich hatte schon gestern bei ihm so ein Gefühl…“, murmelte Shinichi. „Akemi hatte gestern eindeutig Angst, was aber, wenn sie nicht vor dem Schützen Angst hatte, sondern vor ihrem Freund? Sie trennten sich vor langer Zeit, jetzt tauchte er wieder auf und will sie zurück. Vielleicht will sie aber nicht“, warf er ein.

„Das wäre natürlich eine Möglichkeit. Ohne die heutige Information konnten wir das gestern gar nicht in Betracht ziehen“, nickte Miwako.

„Haben Sie zufällig seine Adresse dabei? Wir sollten zu ihm hin fahren.“

„Natürlich“, nickte die Angesprochene. „Dann schnall dich mal an.“

Die Fahrt zu Akai dauerte nicht lange. „Diesmal gehen wir mit. Wir wissen nicht, wie gefährlich er sein kann.“ Miwako stieg aus dem Wagen aus. Sie blickte ihren Partner und den Oberschüler an. „Wir müssen vorsichtig sein“, wies sie die Beiden an.

„Gehen wir“, nickte Shinichi. Er sah zu der kleinen Hochhaussiedlung und machte sich dann auf den Weg. Der Oberschüler wusste nicht, was ihn erwarten würde, aber rechnen musste er mit allem. Sobald sie an der Wohnung ankamen, es war ein Hochhaus mit insgesamt zwei Etagen, klingelte er. Wie zu erwarten war, öffnete auch diesmal keiner die Tür.

„Wir sollten es bei einem Nachbarn versuchen“, schlug Takagi vor.

„Schon geschehen“, nickte Miwako und drückte die Klingel der Person, die, wie Akai im Erdgeschoss wohnte. Wenige Sekunden später meldete sich ein Mann an der Türsprechanlage.

„Polizei! Könnten Sie uns bitte die Tür öffnen?“

„Sofort“, kam es von dem Mann. Mit der Eingangstür öffnete er auch seine Wohnungstür und trat heraus. „Habe ich irgendwas angestellt?“, wollte er wissen.

Takagi schüttelte den Kopf. „Es geht um Ihren Nachbarn. Shuichi Akai.“

„Hmm?“, murmelte der Mann. „Ach der. Hat er was ausgefressen? Würde mich ja nicht wundern, so wie der immer rumlief.“

„Machen Sie sich keine Sorgen. Bisher hat er nichts gemacht. Das ist nur eine Routine. Wissen Sie, ob er zu Hause ist?“, fragte Takagi nach.

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie können es gerne versuchen. Es wäre ein Wunder, wenn er wieder da wäre…“

„Wie meinen Sie das?“

„Den Kerl hab ich das letzte Mal vor…“, er überlegte. „…vor ungefähr zwei Jahren hier gesehen.“

„Seitdem ist er nicht wieder aufgetaucht?“

„Zumindest nicht hier. Wir dachten schon, er wäre gestorben und baten den Hausmeister die Tür zu öffnen. Aber es war keiner in der Wohnung. Pflanzen besitzt der Kerl auch nicht.“

„Warum wurde die Wohnung nicht weiter vermietet?“, kam es von Shinichi.

„Das haben wir uns auch gefragt, der Vermieter sagt, dass weiterhin Geld auf dem Konto eingeht. Selbst Mieterhöhungen sind für diesen Kerl kein Problem. Fragen Sie mich nicht, ich weiß nicht, wie er das macht.“

„Kennen Sie zufällig seine Freundin?“

Der Mann lachte. „Was? Der und eine Freundin? Das hätte ich dem Kerl nicht zu getraut.“

„Also war sie nicht hier“, murmelte Miwako.

„Ich hab hier nur einmal eine blonde Frau gesehen. Aber ob das seine Freundin war? Als er sie erblickte, wimmelte er sie ziemlich schnell ab.“

„Wie lange ist das her?“

„Eine Weile“, antwortete er.

„In Ordnung. Damit haben Sie uns weitergeholfen.“

„Sagen Sie mal, warum suchen Sie den Kerl eigentlich?“

„Er war Zeuge in einem Unfall und mein Kollege hat sich nur die Personalien geben lassen.“

„Verstehe. Schade, dabei dachte ich, der Kerl hätte was ausgefressen.“

Miwako schüttelte den Kopf. „Da muss ich Sie leider enttäuschen. Schönen Tag noch.“ Sie drehte sich um und blickte zu Kudo und Takagi. „Das war wohl nichts…“

„Die Geschichte wird immer merkwürdiger“, murmelte Shinichi. „Das Opfer verschwindet, ihr Freund taucht auch ab…“

„Wir sollten jetzt ins Krankenhaus und noch einmal mit diesem Camel reden“, schlug Takagi vor.

„Außer der ist auch verschwunden…“

„Inspektorin Sato, rufen Sie sofort im Krankenhaus an“, wies Shinichi sie an.

„Natürlich“, nickte die Angesprochene und zog ihr Handy heraus und wählte die Nummer. „Miwako Sato, Kriminalpolizei“, sprach sie. „Es geht um einen Patienten von Ihnen, der wegen einer Schussverletzung eingeliefert wurde.“

„Warten Sie einen Moment, ich verbinde mit der Station.“

Miwako wartete, ehe sich dann eine Krankenschwester meldete. „Sato, Kriminalpolizei. Es geht um einen Patienten, Andre Camel, bitte Sorgen Sie dafür, dass er das Krankenhaus nicht verlässt.“

„Einen Moment bitte“, sprach die Krankenschwester. Sie legte den Hörer zur Seite und suchte die Akte heraus. Nach wenigen Minuten nahm sie den Hörer wieder hoch. „Es tut mir leid, der Patient hat sich nach der morgendlichen Untersuchung selber entlassen.“

„Was? Ich verstehe“, grummelte Miwako. „Danke“, sprach sie leise und legte auf. „Er ist weg.“

[File 16] Falsche Schlüsse

„Wie meinen Sie das?“, fing Takagi an.

„Das haben Sie doch gehört“, raunte Miwako. Sie war wütend und verärgert. „Er hat sich nach der Untersuchung am Morgen selber aus dem Krankenhaus entlassen.“

„Verdammt“, fluchte Shinichi. Er überlegte. „Wir sollten trotzdem ins Krankenhaus fahren. Vielleicht finden wir eine Person, die irgendwas gesehen hat.“

„Du glaubst, dass das was bringen soll?“, wollte Wataru wissen.

„Ich denke schon. Er wird sicherlich nicht allein gewesen sein. Allein wegen der Verletzung könnte er kein Auto bedienen. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass er abgeholt wurde.“

„Ah verstehe. Du glaubt, dieser Akai hat ihn abgeholt.“

Shinichi nickte. „Wir haben nichts zu verlieren.“

„Gut, steig ein“, stimmte Miwako zu. Sie ließ es sich nicht zweimal sagen, stieg ein und sobald die anderen Anwesenden ebenfalls drinnen waren, startete sie den Motor.
 

Am Krankenhaus angekommen, sahen sie sich auf der Station um. Shinichi war der erste, der zum Schwesternzimmer ging und wartete, das eine der Schwestern Zeit für ihn hatte. Es dauerte nicht lange und nach wenigen Minuten, kam auch schon die erste Person.

„Kann ich dir helfen?“, wollte sie wissen.

„Das hoffe ich“, nickte Kudo. „Gestern wurde ein Patient eingeliefert, Andre Camel.“

„Lass mich mal nachsehen“, murmelte sie und sah in die Akten. „Hmm…“, gab sie leise von sich. „Auf einem Zimmer liegt er nicht.“

„Das wissen wir“, kam es von Miwako. „Er soll sich heute Morgen selber entlassen haben.“, sprach sie.

„Verstehe“, entgegnete die Krankenschwester. „Über unsere ehemaligen Patienten darf ich Ihnen keine Auskunft geben.“

„Das verstehen wir“, nickte die Inspektorin und zog dann ihren Ausweis hervor. „Inspektorin Sato, Polizei, ich untersuche den gestrigen Schusswechsel zwischen ihrem Patienten und dem Schützen. Es wäre hilfreich, wenn Sie uns dafür einige Auskünfte geben könnten.“

Die Krankenschwester nickte. „Natürlich. Was wollen Sie wissen?“

„Wissen Sie zufällig, wer ihn gestern noch alles besuchte?“

„Tut mir leid, das weiß ich nicht. Meine Schicht begann erst heute Morgen“, sprach sie. „Die Schwester, die gestern Abend Dienst hatte, ist jetzt zu Hause. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die Adresse geben.“

„Das wäre nett“, nickte Miwako und hielt ihr ein Notizbuch hin. „Wenn Sie heue Morgen schon da waren, wissen Sie doch bestimmt, ob der Patient Besuch empfing.“

„Lassen Sie mich mal überlegen“, gab die Krankenschwester von sich.

„Ja…da war eine junge Frau in seinem Zimmer. Ich sollte ihm noch ein paar Schmerzmittel vorbei bringen, da hatte sie ihm gerade in die Jacke geholfen.“

„Erinnern Sie sich noch an ihren Namen?“, wollte Takagi wissen.

„Nein, die Besucher melden sich bei uns nicht an. So etwas könnten wir gar nicht handhaben“, sprach sie.

„Hatte sie eher braunes oder blondes Haar?“, kam nun Shinichi.

„Es war blond und kurz. Sie war definitiv eine Ausländerin.“

„Das muss Miss Jodie gewesen sein“, murmelte der Oberschüler.

„Aber warum sollte ausgerechnet sie ihn abholen und weg bringen?“, fragte Takagi.

„Das ist eine wirklich sehr gute Frage. Es würde nur einen Sinn machen, wenn sie in die Geschichte involviert wäre“, gab Kudo von sich.

„Aber war sie nicht nur zufällig vor Ort?“

„Es gibt Zufälle, die sind keine Zufälle“, warf Shinichi ein. „Wenn Sie mich fragen, sollten wir die gute Miss Saintemillion zu Hause besuchen.“

„Wenn sie dort ist“, murmelte Takagi. „Bei unserem Glück ist auch sie verschwunden.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist Lehrerin, irgendwann muss sie zu Hause sein.“

„Vielleicht sollten wir sie bei der Schule abfangen“, schlug Wataru vor.

„Das sehe ich auch so“, nickte Miwako. Sie sah zu Shinichi. „Weißt du, wie lange sie heute unterrichtet?“

„Sie hat meine Klasse in der letzten Stunde. Ich könnte an die Schule und sie nach dem Unterricht abfangen.“

„In Ordnung. Wir bringen dich hin.“
 

Gerade noch rechtzeitig schaffte es Shinichi zur letzten Stunde in seine Schule. Abgehetzt, da er die Treppen hochlaufen musste, kam er im Klassenzimmer an.

„Shinichi?“

„Hallo Ran, tut mir leid, dass ich dich heute Morgen so schnell abgewimmelt habe. Ich musste noch an einem Fall arbeiten und konnte nicht früher Bescheid sagen“, sprach der Oberschüler.

Ran hob die Augenbraue. „Du hast einen neuen Fall angenommen?“

„Ja, das kann man so sagen. Ich erzähl dir nachher alles.“

„Hello“, begrüßte Jodie ihre Klasse. „Ich hoffe, ihr habt euch alle auf den kleinen Test vorbereitet“, sprach sie anschließend und teilte dann auch die Zettel aus. „Ihr habt 45 Minuten, wer früher fertig ist, kann abgeben und gehen.“
 

Obwohl Shinichi der Erste war, der mit dem Test fertig war, saß er auf seinem Platz und wartete. Er ließ die Zeit verstreichen und überlegte. Langsam lichteten sich die Schatten und die Zusammenhänge wurden klarer. Doch noch war nicht alles aufgedeckt.

Nachdenklich und besorgt blickte Ran zu Shinichi. Sie machte sich Sorgen um ihn.

„Miss Mori? Augen auf deinem Blatt Papier“, mahnte Jodie.

„Eh…yes“, nickte die Angesprochene und blickte wieder auf ihren Zettel.

Jodie beäugte weiterhin die Gruppe an Schülern, die nach zwanzig Minuten immer noch im Raum waren. Wenn man Englisch konnte, konnte man den Test in der Zeit schaffen. Es beunruhigte sie etwas, dass Shinichi, mit seinem hervorragenden Englisch, immer noch im Klassenraum saß. Da musste mehr dahinter stecken.

Die Englischlehrerin blickte auf die Uhr. Die Zeit verstrich langsam und dann war sie endlich vorbei. „So, that was it“, sprach sie. „Gebt jetzt bitte ab.“

„Miss Jodie? Könnte ich Sie gleich noch einmal kurz sprechen?“, fragte Shinichi nach.

Die Angesprochene nickte. „Natürlich. Warte einen Moment“, meinte sie und packte die Zettel in ihre Tasche. „Jetzt bin ich für dich da.“

„Es geht um gestern“, fing Shinichi an.

„Hmm? Ist gestern noch irgendwas passiert?“, wollte Jodie wissen.

„Nicht direkt. Ich war heute Morgen im Krankenhaus und wollte mit Herrn Camel sprechen.“

„Oh. Yeah, der ist heute Morgen weg“, gab sie von sich.

„Das hab ich auch gehört. Die Krankenschwester konnte sich noch an Sie erinnern. Sie sagten doch gestern, dass Sie den Mann gar nicht so richtig kennen. Warum haben Sie ihn dann abgeholt?“

„Ach das“, winkte sie ab. „Ich find ihn eben süß.“

„Süß?“, Shinichi hob die Augenbraue. „Das kann ich irgendwie nicht wirklich glauben. In welchem Zusammenhang stehen Sie zu Akemi Miyano und Shuichi Akai?“

Jodie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Sind Sie sich sicher? Ich werd das Gefühl nicht los, als wüssten Sie etwas.“

„Ich kann dir nicht weiter helfen. Ich weiß nichts. Für mich kam die gestrige Sache ebenso überraschend wie für dich“, sprach sie. „Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss noch die Tests korrigieren“, fügte sie an.

„Noch eine Frage. Wissen Sie wo sich Herr Camel aufhält?“

Jodie schüttelte den Kopf. „Ich wollte ihn heute Morgen nur Besuchen, als ich aber dort war, bat er mich ihm in die Jacke zu helfen und wollte dann gehen. Als wir draußen waren, rief er sich ein Taxi und nahm mich mit. Wir fuhren zuerst zur Schule, wo er mich absetzte. Danach fuhr er weiter. Wohin, kann ich dir nicht sagen“, erklärte sie.

„Hmm…“, murmelte Shinichi.

„Darf ich jetzt gehen, oder hast du noch Fragen?“

„Sie wissen nicht zufällig, welches Taxiunternehmen es war?“

„Nein. Ich hab nicht darauf geachtet. Ich konnte doch nicht wissen, dass das wichtig ist, right?“

„In Ordnung. Wenn Ihnen irgendwas einfallen sollte, sprechen Sie mich gleich darauf an.“
 

Jodie nickte. Sie nahm ihre Tasche und verschwand dann aus dem Klassenraum. Sie zog ihr Handy heraus und rief bei James an. „Wir müssen aufpassen“, fing sie an. „Shinichi Kudo ist skeptisch geworden. Er sucht nach Camel, Akai und Akemi.“

„Verstehe. Die drei werden sich erstmals bedeckt haben“, nickte James. „Ich werd nachsehen, wie die momentanen Ermittlungen laufen.“

„Notfalls müssen wir die Akten irgendwie verschwinden lassen. Wenn schon Shinichi schnüffelt, könnte die Polizei auch noch auf die Idee kommen“, warf sie ein.

„Machen Sie sich keine Sorgen. Ich kümmer mich darum.“
 

Der Oberschüler sah seiner Lehrerin mehrere Minuten nach. Sie verhielt sich merkwürdig. Und irgendwie glaubte er ihr nicht. Da gab es noch einen kleinen Anhaltspunkt, den er übersah. Irgendwo gab es einen Zusammenhang zwischen dem Schützen, dem Opfer und den Zeugen. Er musste diesen nur noch finden.

Er lehnte sich gegen den Schreibtisch und überlegte. Das brachte doch alles nichts mehr. Kudo seufzte, dann trat er aus dem Klassenzimmer heraus und ging nach unten. Auf dem Parkplatz stand immer noch der Wagen von Miwako. Er ging auf sie zu.

„Sie sagt, sie wüsste nichts“, gab er von sich.

Miwako blickte ihn nachdenklich an. „Bist du dir sicher, dass sie nichts weiß?“

„Nein. Es wäre das Beste, wenn Sie sie überprüfen. Wir übersehen etwas und ich kann nicht sagen, was es ist“, entgegnete der Oberschüler.

„Das hatten wir vor. Wir werden auch noch die anderen Anwesenden überprüfen. Vielleicht finden wir da einen Hinweis“, nickte die Angesprochene.

„Ich hoffe“, murmelte Shinichi.

„Gut, damit wäre die Arbeit auch für die fertig. Wir fahren ins Revier“, gab Miwako von sich.

„Wenn wir irgendwas heraus finden sollten, werden wir dich informieren. Du solltest jetzt nach Hause“, fügte Takagi an.

„Sie wollen mich unbedingt los werden“, sprach Kudo.

„Du bist immerhin noch ein Schüler“, entgegnete Miwako.

Shinichi seufzte auf. „Gut, aber wenn Sie irgendwas heraus finden, melden Sie sich wirklich bei mir. Ich will das nicht erst auf Nachfragen heraus finden.“

„Keine Sorge. Du hast mein Wort“, nickte Takagi.
 

Shinichi schlenderte die Straße entlang. Er überlegte und überlegte, doch auch nach dem ganzen herumgelaufe, konnte er sich keinen Reim auf die Geschichte machen. Shinichi sah sich um. Er war wieder auf der Straße, wo sich das gestrige Unglück ereignete. Der Oberschüler blieb stehen und sah sich den Ort des Geschehens noch einmal genau an. Normalerweise fand er bei seinen Fällen einen oder mehrere Anhaltspunkte, aber hier war so gar nichts. Und die ganzen Zeugen brachten auch nichts heraus.

„Shinichi!“, rief Ran nach ihrem Freund.

Der Angesprochene drehte sich um. Er lächelte. „Und wie war der Test?“

„Was? Du fragst mich, wie der Test war?“, wollte sie wissen. „Shinichi, du hast mich heute Morgen an der Tür abgewimmelt und erscheinst ein paar Stunden später in der Schule, als wäre nichts gewesen. Und dann bei dem Test…du bist doch immer der Erste, der abgibt“, warf sie ein.

„Tut mir leid, Ran. Ich wurde aufgehalten.“

„Du wurdest aufgehalten?“, sie hob die Augenbraue.

„Ja…ich hab ein wenig wegen gestern recherchiert. Aber frag mich nicht, ich hab keinen einzigen Anhaltspunkt.“ Er seufzte. „Die Polizei weiß auch nichts.“

„Haben Sie den Täter denn wenigstens schon geschnappt?“, wollte das Mädchen wissen.

„Ja, er war gar nicht weit entfernt. Scheinbar hat er sich danach umgebracht“, murmelte Shinichi. „Ich seh aber noch nicht, in welchem Zusammenhang alles steht. Zwar habe ich eine Vermutung, aber dafür hab ich keine Beweise“, seufzte er dann.

„Tut mir leid, dass ich dir nicht helfen kann, Shinichi“, wisperte Ran leise.

„Das ist doch nicht deine Schuld“, entgegnete Shinichi. Langsam setzten er und Ran sich wieder in Bewegung.

„Willst du über deine Vermutung reden?“, wollte sie von ihm wissen. „Ich hab mal gehört, dass es für Detektive einfacher ist, wenn sie darüber reden. Vielleicht klappt es ja und du hast danach eine Idee, nach was du suchen musst“, schlug sie vor.

„Bist du dir sicher? Sonst hört du doch auch nicht gern, was ich zu den Fällen zu sagen hab.“

„Das stimmt doch nicht“, warf Ran ein. „Wenn du glücklich bist…dann…freut es mich“, murmelte sie. „Also sag mir ruhig, woran du bei dem Fall denkst.“

„Ran“, wisperte Shinichi ihren Namen. „In Ordnung, aber wenn es zu viel für dich ist, dann sagst du es mir.“

„Einverstanden.“

„Ich bin mir sehr sicher, dass der Schütze nicht alleine arbeitete. Und einer der Anwesenden müsste sein Komplize sein.“

„Und wenn es jemand anderes war?“, wollte Ran wissen.

„Diese Möglichkeit besteht natürlich auch. Aber dafür finde ich die Vergangenheit der Personen komisch“, sprach er.

„In wie fern?“

„Ich war heute Morgen bei dieser Akemi Miyano. Sie ist vor einigen Tagen aus ihrer Wohnung gezogen. Die Nachbarin erzählte mir, dass sie und ihr Freund sich vor mindestens einem Jahr trennten. Jetzt ist er wieder da und holte ein paar Sachen aus ihrer Wohnung“, erzählte Shinichi.

„Ach so, vielleicht haben sie sich ja wieder zusammen gerauft und sind zusammen gezogen?“, gab Ran von sich.

„Hab ich auch überlegt. Da ihr Freund gestern auch dabei war, hatten wir seine Personalien und sind zu seiner Wohnung. Auch er war nicht da. Der Nachbar erzählte uns, dass er ihn seit zwei Jahren nicht mehr dort sah. Trotzdem wäre die Miete wohl immer pünktlich überwiesen.“

„Das hört sich ja merkwürdig an“, nickte Ran.

„Daraufhin sind wir auch ins Krankenhaus gefahren und wollten zu diesem Camel. Er warf sich gestern quasi vor Akemi und fing die Kugel auf…“

„Moment, ich dachte der, der die Kugel abbekam, wäre ihre Freund“, warf Ran ein.

„Nein, scheinbar nicht“, sprach Shinichi. „Vielleicht ist er aber ihr neuer Freund und der Alte wurde das einfach nicht verstehen.“

„Und was hast du von diesem Camel heraus gefunden?“, wollte Ran wissen.

„Gar nichts. Er wurde am frühen Morgen abgeholt und hat sich selbst aus dem Krankenhaus entlassen. Miss Jodie hat ihn abgeholt. Als ich sie nach dem Test darauf ansprach, meinte sie, sie fände ihn ganz süß. Aber irgendwie Kauf ich es ihr nicht ab.“

„Du beschuldigst Miss Jodie auch?“

„Das weiß ich noch nicht. Die Umstände sind alle sehr…mysteriös“, entgegnete der Oberschüler.

„Tut mir leid, Shinichi, ich kann dir da auch nicht helfen“, sprach sie leise.

„Schon gut. Ich bin gerade soweit, dass ich mir sogar vorstellen könnte, dass dieser Akai die Trennung von ihr nicht hinnahm. Vielleicht hat er den Schützen selber engagiert und wollte zur Sicherheit, dass sich auch dieser Camel um sie kümmert, sollte es nicht klappen.“

„Und dann?“

„Nun ja…“, murmelte der Oberschüler. „Es gebe eine Wendung, wenn sich dieser Camel in die Frau verliebt hat. Deswegen rettete er sie. Und dieser Akai kam ja auch erst später zu uns. Nur weil er nicht der Schütze war, muss das nicht heißen, dass er es nicht in Auftrag gab.“

„Dieser Akai ist das der Mann mit der Wollmütze?“, fragte Ran dann nach.

„Ja, genau der“, nickte Shinichi.

„Ich glaube…ich kenne ihn…“

„Was?“

„Er kam mir gestern schon so bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht einordnen, jetztweiß ich es wieder“, erzählte sie. „Ich bin mir ganz sicher, dass er kein schlechter Mensch ist.“

„Wie kommst du jetzt darauf?“, wollte Kudo wissen.

„Erinnerst du dich noch, als wir zusammen in New York waren? Ich hab damals von Sharon das Taschentuch bekommen“, fing das Mädchen an.

„Das werd ich wohl nicht so schnell vergessen. Weil du das Taschentuch verlorst, musste ich es zurück holen“, schmunzelte er.

„Zu der Zeit gab es auch diesen japanischen Serienkiller. Ich hatte solche Angst, als er mir entgegen kam. Und dann fuhr auch noch der Taxifahrer los“, schluckte Ran. „Er gab mir die Anweisung zu verschwinden. Er wollte mich schützen.“

„Hmm…“

„Später kam dann noch ein Wagen vorbei und ein paar Männer gingen zu ihm. Auf ihren Jacken hatten sie dann die Aufschrift ‚FBI‘“, entgegnete das Mädchen.

„FBI?“

„Ja, ich bin mir ganz sicher. Deswegen glaube ich auch nicht, dass der Mann böse ist.“

„Wie ist das möglich…“, murmelte Kudo. „Das FBI in Japan…“

Ran zuckte mit den Schultern. „Vielleicht Urlaub? Würde das nicht auch erklären, warum sie sich nicht so lange sahen?“

„Schon. Aber warum hat er das nicht gestern gesagt?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht war es nicht relevant?“

„Ich finde das schon relevant. Das lässt das alles in einem anderen Licht stehen“, murmelte er nachdenklich.

Ran hob die Augenbraue. „Konnte ich dir wenigstens etwas Weiterhelfen?“, wollte sie wissen.

„Natürlich“, nickte der Angesprochene. „Danke, Ran“, lächelte er und ging weiter. „FBI also…“

[File 17] Komplott

Hiho,

ich mal wieder. Langsam geht es auf das Ende zu. Es kommen nur noch 4 Kapitel und dann wars das auch von Maskierter Morgen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Sobald die FF abgeschlossen ist, startet 'Idyllisches Inferno' von mir. Sie schließt nicht an diese FF an und spielt nach den Ereignissen des Bell Tree Express. Außerdem habe ich mich in der FF um das Ende von DC bemüht. Aber das könnt ihr dann ja in vier Wochen sehen.

Viel Spaß beim Lesen

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[File 17] Komplott
 

Gin blickte Vermouth an. „Was macht dein Auftrag?“

„Läuft wie geplant. Die Polizei denkt nun, dass Pisco nach seiner Tat Selbstmord beging. Sie haben die Akte geschlossen und werden nicht weiter recherchieren“, erzählte sie.

„Sehr gut“, grinste Gin.

„Unsere Spuren sind verwischt“, murmelte Vermouth. „Ich brauch wirklich mehr anspruchsvolle Aufgaben hier“, fügte sie an.

„Ach reicht es dir nicht, dass du einen Polizisten spielen durftest?“

„Was geht es dich an, Gin? Wenigstens habe ich mit meiner Aktion unsere Identität nicht gefährdet.“

„Sei froh. Sonst hätten wir dich auch noch eliminieren müssen.“

„Ich frage mich wirklich, wie Pisco so dumm sein konnte“, lachte Vermouth.

„Der Kerl wusste auf seine alten Tage nichts mehr mit sich anzufangen“, sprach Gin darauf.

„Ich hätte erwartet, dass es dir näher gehen würde, immerhin kamst du nur durch Pisco in die Organisation.“

„Und wenn schon“, gab Gin von sich.

„Soll mir auch recht sein. Nervt dich Sherry immer noch?“

Gin schnaubte.

„So schlimm also“, murmelte Vermouth.

„Hätte der Boss nicht verlangt, dass ich nett zu ihr bin, hätte sie mich schon lange kennen gelernt“, zischte der Angesprochene. Er hasste es nett zu sein, aber bei Sherry musste er einfach eine Ausnahme machen.

„Och du Armer“, gab Vermouth gehässig von sich. „Dann solltest du versuchen die Kleine irgendwie los zu werden.“

„Als ob das so einfach klappen wurde“, raunte er. „Alles nur wegen Akemi“, knurrte er.

„Es war doch klar, dass die Ältere der Miyano Schwestern uns irgendwann Ärger machen würde. Was meinst du, warum die Organisation nicht wollte, dass sie einsteigt?“, kam es von Chris.

„Wir hätten sie schon viel eher erledigen sollen. Jetzt haben wir den Salat.“

„Wir erledigen sie jetzt. Diesmal gibt es kein Entkommen für sie.“

„Wenn wir sie finden. Akai versteckt sie gut vor uns. Seit der Sache mit Pisco versteckt er sie noch besser“, knurrte der Mann in Schwarz.

„Ich weiß. Immer wenn wir ihn finden, schüttelt er uns irgendwie ab“, sie lächelte dabei leicht. „Er ist wirklich kein normaler Mann.“

„Sag mir nicht, du bewunderst ihn jetzt dafür.“

„Warum nicht? Es ist aufregend ihm zu zusehen. Ich frage mich, ob er es auch noch in der nächsten Zeit schafft, sie zu beschützen.“

„Du bist doch krank.“

„Das geb ich zurück“, entgegnete sie.

„Sei still“, zischte Gin. „Du bist nicht aus Spaß hier.“

Vermouth verdrehte die Augen. „Wofür brauchst du meine Hilfe?“

Der Mann in Schwarz grinste. „Ich brauche deine Künste.“

„Das ist natürlich auch eine gute Umschreibung dafür“, gab Vermouth von sich.

„Nicht diese Künste“, zischte Gin. „Deine Verkleidungskünste.“

„Das hab ich mir schon gedacht. Was soll ich für dich tun?“, wollte sie gelangweilt wissen.
 

„Kümmern Sie sich noch um die Kleinigkeiten“, sprach Shuichi in sein Handy.

„Sie können sich auf mich verlassen“, entgegnete Camel. „So etwas, wie vor einer Woche, wird nicht noch einmal passieren. Ich verspreche es.“

„Ich weiß. Diesmal wird sie erstmals zu Hause bleiben. Wenn sie Kontakt nach draußen haben will, dann machen Sie das Fenster auf“, gab Akai von sich.

„Verstanden.“

„Sollte es irgendwelche Auffälligkeiten geben, rufen Sie mich sofort an“, wies er seinen Gesprächspartner an.

„Natürlich.“

Shuichi legte auf. Der FBI Agent sah nach oben. Der Himmel verdunkelte sich und die ersten Straßenlaternen wurden angeschaltet. Dunkelheit. Es passte zu seiner Stimmung, aber auch zu seinem Auftrag. Die Organisation versteckte sich in der Dunkelheit, wo sie auch agierten. Shuichi ging in eine Gasse. Er blickte stur nach vorne und blieb dann auf einer Stelle stehen. Er wartete.

„Was willst du?“

„Ich dachte, wir könnten ein wenig plaudern.“

Akai drehte sich um. Soll ich dich jetzt mit Akemi ansprechen?“

„Wenn du möchtest. Das könnte dir die Umstellung erleichtern.“

„Nur weil du jetzt so aussiehst wie sie, heißt das nicht, dass du Akemi bist“, gab er von sich.

„Du bist ein Spielverderber“, entgegnete Vermouth. „Dabei hab ich mir doch mit der Verkleidung extra viel Mühe gegeben.“

„Also? Was willst du?“

Vermouth rollte mit den Augen. Sie strich sich durch das braune Haar ihrer Perücke. „Das du aber auch immer gleich zum Geschäftlichen kommen willst.“

„Glaubst du wirklich, ich lass dich jetzt noch einmal laufen?“, kam es von dem FBI Agenten, der sogleich seine Waffe auf Vermouth richtete.

„Schade, dabei dachte ich doch, dass du wenigstens einige Minuten zögern würdest“, sprach sie ruhig.

„Denkst du wirklich, ich fall auf deine kleine Masche herein?“ Dann schoss er.

Vermouth fiel nach hinten und hielt sich den Bauch.

„Jetzt tu nicht so. Ich eh doch genau, dass du eine schusssichere Weste trägst. Du kannst einen echt langweilen.“

Langsam setzte sie sich auf und blickte den FBI Agenten an. Sie grinste.

Wieder fielen einige Schüsse. Akai musste zurück weichen. Doch das hielt ihn nicht davon ab weiterzukämpfen. Er sah in die Richtung, aus der der Schuss kam. „Scharfschütze“, sprach er und richtete seine Waffe auf den Schatten der Häuserwand. Dann schoss er erneut.

Vermouth stand auf und wich sofort einem weiteren Schuss aus, der von Akai kam. Der FBI Agent war gut. Nicht nur, dass er den Schüssen ausweichen konnte, er hatte auch noch mehr als eine Waffe da und konnte mit beiden Händen ausgezeichnet schießen.

Das war beeindruckend. Vermouth stolperte nach hinten. Aber es machte nichts. Das alles gehörte zu ihrem Plan.

„Mach weiter, Calvados“, wies sie ihren Scharfschützen an. Sie hatte leichtes Spiel mit ihm. Calvados versteckte seine Gefühle nicht. Und das machte ihn zu einem guten Spielball.

Die nächsten Schüsse hallten durch die Gegend und schon bald lief Vermouth ins nebenstehende Gebäude.

„Verflucht“, gab Akai von sich und schoss ihr noch hinterher. Er streifte sie nur am Arm, konnte ihr aber, wegen Calvados, nicht hinterher. Wieder blickte er nach oben und schoss erneut. „Na warte.“ Im Feuerhagel konnte er nichts tun, aber sobald der Scharfschütze seine Munition wechselte oder kurz inne hielt um Akais neue Position zu lokalisieren, kletterte er an der Feuerleiter nach oben. Das metallische Gerüst der einzelnen Etagen gab ihm den Schutz vor den Kugeln.

Kurz vor der letzten Etage blieb er stehen. Er wartete ab, genauso wie Calvados. Der Schütze wusste, dass er nur den Moment abwarten musste, bis der Agent wieder hervor kam. Dann konnte er schießen. Shuichi lud seine Waffe neu. Mit komplett neuer Munition war er auf der sicheren Seite. Dann horchte er.
 

Vermouth packte alles zusammen. Sie blickte hinüber. Solange Calvados die Stellung hielt, hatte sie freie Bahn und konnte wieder verschwinden. „Verschwinde von dort, Calvados“, sprach sie in ihr Funkgerät.

„Verstanden“, gab dieser von sich. Er lud noch einmal sein Scharfschützengewehr. Wenn er schon wieder verschwinden sollte, dann musste er wenigstens den Anschein erwecken, als würde er noch handeln wollen. Es passte ihm nicht, dass er Akai so einfach leben lassen sollte, aber es war der Befehl. Nur Gin durfte den FBI Agenten vernichten. Calvados ballte die Faust.

Dann lief er los.

Das rief Akai wieder auf den Plan. Der Agent hangelte sich die letzte Etage nach oben. Von Calvados erblickte er nur noch den Rücken. Shuichi schoss und Calvados strauchelte durch die Tür des Daches wieder in das Gebäudeinnere.

Shuichi blickte sich um. Vermouth war nirgends zu sehen. Er fluchte, ging dann aber zu der Tür. Akai war bereit. Am liebsten hätte er den Schützen der Organisation sofort erledigt, aber sie brauchten jemanden, der Informationen gab. Er ging weiter und blieb an den Treppen stehen. Sogleich drückte er auf den Lichtschalter des Flures und sah das Blut, welches an den Treppen herunter hing. Er hatte Calvados erwischt und wahrscheinlich würde er ihn auf einem der nächsten Gänge erwischen.

Doch dann hörte er einen weiteren Schuss.

Shuichi lief die Treppen nach unten. Nach zwei Etagen erblickte er das Organisationsmitglied. Calvados hatte sich selber in den Kopf geschossen und war sogleich verstorben. Akai ballte die Faust.

„Vermouth“, gab er leise von sich und lief weiter nach unten. Unten sah er sich um. Die Frau, die noch vorhin in Verkleidung seiner Freundin auftauchte, war verschwunden. Shuichi griff zu seinem Handy.

„Akai hier. Ich hatte gerade ein Treffen mit Vermouth und einem weiteren Mitglied der Organisation“, fing er an.

„Konnten Sie sie stellen?“, fragte James nach.

„Nein. Vermouth ist ins Nebengebäude, während es ein Scharfschütze auf mich abgesehen hat. Ich hab mich zuerst um den Schützen gekümmert“, erzählte er. Der Scharfschütze war viel einfacher zu stellen und würde weniger Arbeit machen als Vermouth, weswegen bei diesem die Chance höher war, weitere Informationen zu bekommen.

„Wie ist es ausgegangen?“

„Der Schütze hat sich selbst erschossen“, knurrte Akai.

„Mist“, murmelte James. „Er wäre unsere Chance wieder an die Organisation zu kommen.“

„Das ist nicht nötig. Da sie mir hier aufgelauert haben, werden sie sicherlich nicht damit aufhören.“

„Sehe ich genauso. Was wurde aus Vermouth?“

„Die ist verschwunden“, sprach Shuichi. „Ich bin jetzt im Nebengebäude und guck mir an, was Vermouth hier wollte.“

„Passen Sie auf sich auf“, entgegnete der Einsatzleiter. „Sie wissen nicht, was Sie dort drinnen erwartet.“

„Glauben Sie mir, das weiß ich selber. Es wäre gut, wenn Sie jemanden schicken, der unser totes Mitglied abholt. Ich hab ihn erstmals im Gebäude gelassen. Nachher ruft noch jemand die Polizei.“

„Ich schicke sofort jemanden los“, stimmte James zu. „Apropos Polizei, die Akte mit Ihnen und Akemi wurde geschlossen. Die Polizei hat während ihrer Ermittlungen nichts heraus gefunden. Es war gut, dass ihr euch noch mal bei der Polizei gemeldet habt.“

„Man tut was man kann“, entgegnete Akai. Er trat die Treppen nach oben und blickte sich um. „Hmm…auf dem Dach ist nichts. Die anderen Etagen sind leer. Ich frage mich wirklich, was Vermouth hier oben wollte.“

„Ich verstehe. Ich schicke Ihnen Verstärkung, dann schauen wir uns die Sache noch ein wenig genauer an“, schlug James vor.

„In Ordnung. Ich warte unten.“
 

Vermouth zog die Maske und die Haare hab. Sie knurrte als sie sich auf den Weg zurück zu Gin machte. Calvados‘ Tod war nicht eingeplant und zählte jetzt als Kolletaralschaden. Selbst wenn sie wollte, sie konnte nichts mehr für ihn tun. Die Schauspielerin parkte ihren Wagen in der Tiefgarage und hielt sich beim Aussteigen den Bauch. Trotz der Weste spürte sie, dass einige Rippen gebrochen waren. Da musste sie jetzt durch und bis zur Heilung warten.

Sie atmete tief ein und ging dann zu dem Fahrstuhl, nur um mit ihm wieder nach unten zu fahren. Die junge Frau wartete bis die Tür aufging und dann stand sie ihm auch schon gegenüber.

„Hier“, gab sie von sich. In ihrer Hand hielt sie eine DVD, die sie Gin gab.

„Wenigstens dabei kann man sich auf dich verlassen.“

„Mach damit was du willst. Und quäl die kleine Sherry ein wenig“, gab Vermouth von sich. „Ich werde mir derweil ein Bad einlaufen lassen.“

„Hattest du nicht behauptet besser als Akai zu sein? Der Kerl muss dich ja zugerichtet haben…“, grinste Gin.

Vermouth verzog das Gesicht. „Wegen ihm jetzt Calvados tot.“

„Ihn können wir verschmerzen.“

„Aniki?“

„Siehe da Gin, dein Schoßhund kam.“

„Was ist?“, wollte Gin von Wodka wissen.

„Sherry hat wieder nach ihrer Schwester gefragt“, antwortete der Gefragte.

Gin verdrehte die Augen.

„Nervt sie dich etwa wieder damit?“, kicherte Vermouth.

„Das geht dich nichts an“, zischte er. „Sag ihr nichts, das Problem werden wir schon sehr bald gelöst haben.“

„Was hast du vor?“, wollte Wodka wissen.

„Das wirst du schon früh genug mitbekommen.“
 

Shiho blickte auf den Bildschirm ihres Computers. Sie machte Pause und sah sich alte Fotos von Akemi an. Die junge Wissenschaftlerin seufzte auf. Es war schon so lange her, seitdem sie ihre Schwester wiedersah. Nicht einmal Telefonate konnten sie durchführen. Shiho bekam ein ungutes Gefühl. Egal wie verzwickt ein Auftrag war, Akemi meldete sich immer, auch wenn es nur wenige Minuten waren. Und jetzt war sie komplett von der Bildfläche verschwunden.

Wieder seufzte sie. Genau in diesem Moment öffnete sich die Tür. Shiho sah auf. „Ich hab Pause, Gin“, sprach sie dann leicht beschwichtigend.

„Deswegen bin ich hier“, entgegnete er und schob die DVD in ihrer Hülle zu Shiho hin. „Das solltest du dir ansehen.“

„Was ist das?“

Shiho nahm die DVD und führte sie in das Laufwerk ihres Computers. Sie hatte Angst und wusste nicht, was passieren würde. Und dann sah sie es. Ihre Augen weiteten sich. „Nein…“, wisperte sie.

„Doch. Er hat sie umgebracht“, sprach Gin. Er hatte nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gestrigen Treffen zwischen Akai und Vermouth, die sich als Akemi verkleidete, gezeigt. Die Abschlussszene zeigte den Schuss auf Vermouth und wie diese auf den Boden fiel. „Sie ist tot.“

„Nein…nein…“, murmelte Shiho leise. Sie schluckte. „Sie kann…sie kann nicht tot sein.“ Kleine Tränen liefen ihr über die Wangen.

Gin blickte sie einfach nur an, ehe er die DVD aus dem Laufwerk zog und wieder einsteckte.

„Wieso?“, wollte sie wissen. Shiho sah Gin an. „Wieso habt ihr sie umgebracht?“

„Sie wurde nicht im Auftrag der Organisation umgebracht.“

„Das ist nicht wahr“, raunte Shiho. „Sie hat irgendwas gemacht, was ihr nicht wolltet. Wahrscheinlich hat sie einfach nur einen kleinen Fehler begangen und ihr habt sie dann umgebracht. Ihr Mörder.“

„Sei still“, zischte Gin und schlug ihr mit der flachen Hand mitten ins Gesicht.

Shiho blickte zu ihm hoch. Sie legte ihre Hand an die Wange. Sie pochte und das Mädchen schluchzte. „Ich hör auf. Ich arbeite nicht mehr für euch. Es ist vorbei, Gin.“

„Das meinst du nicht so“, gab er von sich und kniete sich nach unten.

„Und ob ich das so mein. Ich werde nie wieder für die Organisation arbeiten. Zuerst müsst ihr mir sagen, warum ihr meine Schwester getötet habt. Ich hasse die Organisation“, entgegnete die Wissenschaftlerin und spuckte Gin ins Gesicht.

Der Mann in Schwarz fand dies alles andere als gut. Er zog ein Tuch heraus und wischte sich das Gesicht wieder trocken. „Du weißt selber, was passiert, wenn du dich dazu entschließt, die Organisation zu verlassen.“

„Und wenn schon. Dann tötet mich doch. Ihr habt mir alles genommen, was ich habe.“

„Du wirst dir noch wünschen, dass ich dich umbringe“, kam es von Gin. Er stand wieder auf. Er legte seine Hand auf Shihos Arm und zog das Mädchen unsanft nach oben. „Ich mach dir das Leben zur Hölle.“

„Das hast du schon, Gin.“

„Sherry, Sherry, kleine Sherry“, sprach der Mann in Schwarz. Er zog sie weiter und brachte sie in einen Nebenraum. „Hier kannst du darüber nachdenken.“

„Wieso bringst du mich nicht gleich um?“, wollte sie von ihm wissen. Immer noch schluchzte sie.

Gin knurrte. Das konnte er leider nicht alleine entscheiden. Er brauchte die Antwort seines Bosses und solange bis es dazu kommen würde, musste das Mädchen hier verweilen.

Der Mann in Schwarz fesselte sie an die Heizung. „Bis wir entschieden haben, was mit dir passiert, bleibst du hier.“

Shiho sank auf den Boden. „Akemi…“, wisperte sie den Namen ihrer Schwester. „Es tut mir so leid“, fügte sie dann leise an. Nur wegen ihr war Akemi in die Organisation eingetreten und jetzt war es ihre Schuld, wieso diese starb.

„Was für ein Drama“, gab Gin von sich. Er grinste dabei. Auch wenn es so nicht geplant war, nun war es eben passiert. Der Mann in Schwarz blickte sie einige Minuten lang an. Dann verließ er den Nebenraum.

[File 18] Flucht

Gin saß in einem weißen Raum. Außer einem Stuhl, einem Tisch und einem Computer befand sich nichts in diesem. Gin blickte auf den Computer. Er fuhr sich hoch.

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Gin tippte sein Passwort an, bestätigte es und wartete dann ab. Der Bildschirm zeigte sich. Das Organisationsmitglied suchte einige Dateien und nachdem er sich in einen Unterordner klickte, startete ein Programm.

Gin lehnte sich nach hinten.

Auf dem Bildschirm erschien eine schwarze Gestalt. Sein Gesicht war nicht zu erkennen und seine Stimme wurde verzerrt. „Du hast einen Fehler gemacht, Gin.“

„Ich weiß“, murrte der Angesprochene. „Das war nicht so geplant.“

„Was ist schief gelaufen?“

„Sherry wusste nicht, dass Akai zum FBI gehört. Ich nahm fälschlicherweise an, dass Akemi ihr alles erzählt hätte“, knurrte er.

„Hast du das nicht vorher in Erfahrung gebracht?“, kam die Frage.

„Nein. Ich wollte sie deswegen nicht ansprechen. Sonst hätte Sherry irgendwas geahnt“, antwortete Gin.

„Zeigt sie Einsicht?“

„Nein. Ich hab sie an die Heizung im Nebenzimmer gefesselt. Sie kriegt täglich zweimal etwas zu Essen und alle fünf Stunden etwas zu Trinken“, entgegnete Gin.

„Gut. Lass sie noch eine Weile so zappeln und sichere ihre Forschungsergebnisse. Wir warten ab. Wenn Sherry in einer Woche immer noch nicht einsieht, dass sie einen Fehler machte, eliminierst du sie“, befahl er.

„Verstanden, Boss“, nickte der Angesprochene.

„Ich verlasse mich auf dich. Mach keinen Fehler.“

„Natürlich nicht.“

„Und lass Vermouth aus deinen Plänen heraus. Sie wird nur noch eingesetzt, wenn ich dazu mein Einverständnis gebe.“

Gin ballte die Faust, versuchte aber wieder ruhig zu sein. „Sie können…sich auf mich verlassen.“

Der Bildschirm wurde wieder Schwarz. Gin sprang wütend von seinem Platz, sodass der Stuhl nach hinten fiel. Er ließ sich nie irgendwas sagen und machte schon lange keinen Fehler mehr. Jetzt fühlte er sich wieder wie ein Neuling und er wusste genau, was mit den Mitgliedern passierte, die einen Fehler machten.

Missmutig verließ er den Raum und erblickte Wodka.

„Gin?“ Wodka schluckte.

„Gibt es von Sherry was Neues?“

Der Gefragte schüttelte den Kopf. „Sie sitzt im Nebenraum und reagiert nicht auf das, was wir zu ihr sagen. Wenn du mich fragst, können wir Sherry vergessen.“

„Das hab ich mir schon gedacht“, knurrte Gin.

„Stimmt es, dass Akemi tot ist?“, wollte er dann wissen.

„Nein. Aber das können wir Sherry nicht sagen.“

„Warum?“

„Glaubst du wirklich, sie würde uns das glauben?“, stellte Gin die Gegenfrage.

„Wahrscheinlich nicht“, murmelte Wodka.

„Genau. Also lassen wir es wie es ist“, fing Gin an. „Wenn Sherry nicht innerhalb der nächsten Wochen wieder bereit ist, für uns zu arbeiten, eliminier ich sie.“

Wodka schluckte. „Du willst sie töten?“

„Ich hab die Erlaubnis dafür“, grinste der Mann in Schwarz.

„Oh. Dann muss die Lage ernst sein, wenn es der Boss erlaubt“, nuschelte der Dickere.

„Mach dir darum keine Gedanken. Wir sichern jetzt Sherrys Arbeit. Sie kriegt weiterhin zweimal pro Tag etwas zu Essen und alle fünf Stunden etwas zu Trinken.“

„In Ordnung. Ich werde dafür sorgen, dass man ihr was bringt.“
 

Shiho saß auf dem Boden. Sie tat gar nichts mehr. Auch wusste sie nicht, wie viele Tage bereits vergingen. Es kam ihr schon so lange vor. Der Raum hatte keine Fenster, weswegen sie nicht sagen konnte ob es hell oder dunkel war. Die junge Wissenschaftlerin suchte sich einen Punkt an der Wand und beobachtete diesen die ganze Zeit. Immer wieder musste sie an Akemi denken. Sie gab sich die Schuld. Hätte sie nach dem letzten Telefonat irgendwas getan, hätte sie es vielleicht verhindern können.

Und dann kam Wut in ihr hoch. Sie erkannte den Mann der schoss. Dai Moroboshi. Akemi hatte ihn geliebt und nun war er die Person, die ihr das Leben nahm. Shiho konnte nur mutmaßen, wie sich ihre Schwester fühlte, als sie ihm gegenüber stand. Wahrscheinlich hatte Akemi Hoffnungen, die er dann wieder zerstörte.

Sie senkte ihren Blick auf den Boden und seufzte leise auf. Wut stieg in ihr auf. Die Organisation wusste genau, was Akemi ihr bedeutete und nun nahmen sie sie ihr weg. Gab es dafür überhaupt einen Grund? Shiho fiel keiner ein. Akemi hatte immer wieder paar Andeutungen gemacht, dass es einen Fehler gab. Aber wegen einer Kleinigkeit wollte sie ihre Schwester nicht verlieren.
 

Die Tür ging auf und ein junger Mann, der in etwa das gleiche Alter wie Shiho hatte, kam hinein. Er arbeitete bereits seit über einem Jahr für das Mädchen und verstand sich auch ganz gut mit ihr. Er selber war kein hohes Mitglied und auch kein Wissenschaftler, zumindest nicht, was es studientechnisch bedeutete. Er hatte nur eine normale Ausbildung in einem Labor. Und jetzt war er dafür zuständig seiner Vorgesetzten Essen und Trinken zu bringen.

Langsam trat Yuto auf sie zu. Er lächelte, auch wenn ihm nicht danach war, aber er wollte freundlich sein. „Ich bin mir sicher, sie werden dich bald wieder raus lassen“, sprach er leise.

Shiho blickte auf die Seite. Sie wusste genau, wie die Organisation arbeitete und auch, dass es für sie kein Zurück mehr gab. Seine Worte waren zwar nett, aber sie brachten gar nichts.

„Du solltest jetzt was Essen“, entgegnete er anschließend und schob das Tablett zu ihr rüber.

„…“

„Sherry.“

„Nenn mich nicht mehr so“, zischte sie.

„Aber…“, murmelte er daraufhin.

„Sherry existiert nicht mehr.“

Yuto schluckte.

„Du solltest jetzt gehen.“

Er nickte, seufzte und stand dann wieder auf. Er verließ das Nebenzimmer und ging zurück ins Labor.
 

„Hast du Sherry immer noch nicht unter Kontrolle gebracht?“, wollte Vermouth von Gin wissen, der gerade in seinem Wagen saß und genüsslich eine rauchte.

„Ihr ist ihr Leben egal“, knurrte Gin und blies den Rauch gegen die Fensterscheibe.

„Hast du ihr schon erzählt, dass ihre Schwester noch am Leben ist?“

„Nein. Warum sollte ich das machen? Hältst du mich für bescheuert?“, kam es von Gin.

„Vielleicht. Dein Plan hat schließlich auch nicht geklappt“, warf die Schauspielerin ein.

„Ich konnte ja nicht wissen, dass Akemi ihr nichts erzählt hat. Hätte sie gewusst, dass Akai vom FBI ist, wäre sie tiefer in unsere Fänge geraten“, sprach er wütend.

„Man kann nicht alles haben“, entgegnete Vermouth. „Wenigstens sind wir nun die Kleine los.“

„Sind wir nicht. Der Boss räumt ihr noch eine Chance ein“, grinste Gin. „Tut mir ja leid, dass du damit nicht gerechnet hast.“

Vermouth knurrte leise. „Welche Chancen hat sie?“

„Schau nicht so“, fing Gin an. „Ich glaube nicht, dass sie das tun wird. Sherry hat genau eine Woche Zeit um sich wieder zu entscheiden für die Organisation zu arbeiten. Ansonsten wird sie liquidiert.“

„Sehr gut. Sie wird sicher nicht von alleine zurück kommen.“

„Das glaube ich auch. Aber der Boss möchte, dass sie diese Chance hat. Also warte ich noch die letzten zwei Tage“, entgegnete Gin.

„Wenn es nach mir ginge, könntest du sie jetzt schon kalt machen.“

Gin zuckte mit den Schultern. „Mir doch egal“, sprach er und sah sie an. „Ach, damit wir uns nicht falsch verstehen. Du wirst ihr kein Haar krümmen. Ich hauche ihr Leben aus.“

„Mach doch was du willst.“
 

Shiho kauerte in der Ecke. Täglich kam Gin zu ihr und wollte eine Antwort. Shiho aber weigerte sich weiter für die Organisation zu arbeiten. Sie wollte nicht mehr. Bereits vor einiger Zeit bekam sie die ersten Skrupel und je mehr sie an dem Gift arbeitete, desto größer wurden ihre Zweifel. Akemi gefiel die ganze Geschichte auch nicht, aber sie konnte nicht nur deswegen aufhören. Jetzt hatte sie wenigstens einen triftigen Grund, auch wenn es die Organisation nie verstehen würde.

Die Wissenschaftlerin blickte erneut an ihre Wand. Sie malte sich aus was bald passieren würde. Eigentlich gab es für sie nur noch eine Lösung: Tod. Aber wie sollte sie das schaffen? Zwar trug sie immer ihr Gift mit sich, kam aber nicht an dieses heran. Sie war mit beiden Händen an die Heizung gefesselt. Man wollte kein Risiko eingehen und wenn sie zu Essen bekam, wurde nur eine Hand entfesselt. Unter dem kritischen Auge des Organisationsmitgliedes konnte sie das Gift auch schlecht einnehmen. Und selbst wenn, noch hatte sie die Nebenwirkung mit dem Schrumpfen nicht erforscht.

Wieder ging die Tür auf. Wie jedes Mal ignorierte sie das Kommen und ließ sich nichts von ihren Qualen anmerken.

„Dein Essen“, sprach Yuto. Er lächelte sie an und schob ihr das Tablett hin.

„Ich will nicht.“

„Das sagst du jedes Mal“, kam es von dem jungen Mann. „Und dann muss ich solange hier warten, bis du dich doch dafür entscheidest, etwas davon zu nehmen.“

„Sag Gin, dass er mich erschießen kann. Warum noch länger warten“, gab sie von sich.

Yuto zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, sie wollen dich nicht erschießen.“

„Das dachte ich mir schon“, murmelte sie leise. „Sie wollen zuerst meinen Willen brechen. Aber das schaffen sie nicht.“

„War es das Wert?“

„Hmm?“

„Ich meine, jetzt wo deine Schwester in Frieden ruhen kann, musst du da deine Arbeit niederlegen und dich mit ihnen anlegen?“

„Hast du Geschwister?“

„Nein“, schüttelte er den Kopf.

„Dann weißt du nicht, wie das ist. Ich habe meine Eltern nicht kennen gelernt. Akemi war meine einzige Familie. Jetzt wo sie nicht mehr da ist, will ich auch nicht“, Shiho lehnte sich nach hinten an die kalte Wand. „Ich dachte, es wäre mein Schicksal für die Organisation zu arbeiten. Und als Akemi einstieg, wollte ich nichts sehnlicheres, als mit ihr raus zu kommen. Und jetzt merke ich, dass es mir gar nichts mehr bedeutet für die Organisation zu arbeiten. Ich hielt sie für meine Familie, wurde aber eines Besseren belehrt.“

Yuto sagte nichts. Er blickte sie nur mitleidig an. Dann nahm er den Schlüssel zu ihren Fesseln – den Handschallen – und schloss beide auf.

Shiho rieb sich die Handgelenke und blickte ihn an. „Ich dachte, du darfst mir immer nur eine Hand los machen“, warf sie ein.

„Darf ich normalerweise auch“, murmelte er. Er öffnete seinen Kittel und griff sich dann an die Hose. Er zog seine Beretta heraus. „Nimm sie und geh.“

„Was?“

„Das könnte mir eine Menge Ärger machen, aber ich möchte, dass du gehst. Du solltest hier nicht sterben nur weil du deine Prinzipien vertrittst“, entgegnete er. „Sie ist komplett geladen. Mach, was du tun musst, vielleicht findest du irgendwann den Mörder deiner Schwester.“

„Yuto…“, wisperte Shiho leise.

Er schüttelte den Kopf. „Geh jetzt. Du wirst nicht viel Zeit haben.“

„Danke“, sprach sie. Shiho stand auf. Noch war sie wackelig auf den Beinen. Sie stolperte an die Wand und blieb für einen Moment an dieser stehen. Durch das Sitzen in den letzten Tagen, hatte sie mehr an Gleichgewicht verloren, aber das regelte sich wieder langsam ein.

Yuto trat an die Tür. Langsam öffnete er sie und steckte seinen Kopf heraus. „Es ist keiner da“, sprach er. „Beeil dich.“

Shiho nickte. Leise trat sie aus dem Raum heraus. Sie sah sich um und tatsächlich war kein Mitglied der Organisation draußen. Ein wenig verwundert lief sie durch den Gang.
 

Yuto blieb zurück. Erst Minuten später kam er aus dem Nebenraum heraus. Er ging zum Telefon im Labor und wählte eine Nummer, die er auswendig kannte.

„Sherry ist abgehauen.“

„Was? Seit wann?“, wollte Gin knurrend wissen.

„Frag mich das nicht. Ich wollte nur mal nach ihr schauen.“

„Nur nach ihr schauen? Du hasst sie doch. Ich schwöre dir, Vermouth, wenn du dahinter steckst…“, entgegnete Gin.

„Ich habe nichts damit zu tun. Wie ich es dir schon sagte, ich wollte nur mal sehen, wie sie sich bisher schlägt“, zischte die Schauspielerin.

„Ist jemand im Labor?“

„Nein, die sind wohl alle Mittag essen.“

„Gut, dann kann sie noch nicht soweit sein. Ich kümmere mich darum“, sprach er und legte auf. Gin stieg aus seinem Wagen und zog seine Waffe. Er lud sie und grinste.

„Was ist passiert?“, wollte Wodka wissen.

„Ich geh Sherry jagen.“

„Eh? Aber das kannst du doch nicht. Der Boss wollte ihr doch noch Zeit geben“, warf Wodka ein.

„Wollte er. Sag dem Boss, dass die Kleine abgehauen ist und ich mich um sie kümmer“, sprach Gin und lief ins Gebäude rein.
 

Sherry konnte nicht weit sein. Die Mittagspause für die Angestellten des Labors begann erst vor knapp fünfzehn Minuten. Bedachte man dies sowie die Tatsache, dass sie eine Weile brauchen würde um von den Fesseln los zu kommen und dann auf den Beinen zu stehen, konnte sie nicht weit sein.

Gin ahnte, dass es nur zwei Möglichkeiten gab, wo sie sich aufhalten konnte. Entweder im Raum, wo er mit dem Boss kommunizierte oder auf dem Weg nach draußen. Naheliegend war die zweite Option. Sie war schwach und nie würde sie es schaffen irgendetwas gegen andere Organisationsmitglieder auszurichten. Folglich konnte Sherry nur einen Ausgang suchen.
 

Shiho atmete tief ein und aus. Sie hatte es geschafft. Ihr war die Flucht aus dem ‚Gefängnis‘ gelungen und nun stand sie in Freiheit. Sie spürte die Luftbrise, die durch ihr Haar wehte und schmeckte sogar ihren Geruch. Nur durfte sie nicht stehen bleiben. Sie musste weiter laufen.

„Du hast es aber eilig, Sherry.“

Die Angesprochene drehte sich um. Da stand er. Gin. Sie schluckte. Wie hatte er sie nur so schnell gefunden? „War das dein Plan? Habt ihr mich absichtlich laufen gelassen, damit du mich jagen konntest?“

„Und wenn, was dann?“

„Ich hätte es mir denken sollen“, murmelte die Wissenschaftlerin. „So einfach lass ich mich nicht von dir erledigen“, sprach sie dann. Sie züchte die Waffe, die sie bekam und drückte ab.

Gin wich aus. Auch er richtete seine Waffe auf sie und schoss. Nur konnte Shiho nicht ausweichen. Der erste Schuss streifte ihren Arm, der zweite ihren Oberschenkel und der dritte ihr Gesicht. Sie lag am Boden. Ihr ganzer Körper schmerzte. Die letzten Tage nahmen ihr ihre ganze Kraft.

Gin trat auf sie zu. „Ja, Sherry, hasse uns. Hasse die Organisation für das, was wir dir angetan haben.“

„Mistkerl“, wisperte sie leise.

„Hast du wirklich geglaubt, du könntest uns entkommen?“, kam es von Gin. „Du bist doch nur ein kleines Mädchen“, sprach er dann. Er kniete sich runter zu ihr und zog ihr Gesicht, in dem er ihre Haare hoch zog, nach oben. „Goodbye my baby.“

Shiho schluckte. Sie blickte direkt in den Lauf des Organisationsmitgliedes. Ihre Stunde war gekommen. Dann erinnerte sie sich wieder an Akemi. Ihre Schwester strahlte wenn sie über das Leben sprach. Sie liebte das Leben. Sie hätte nie so leicht aufgegeben. Shihos Augen füllten sich mit Tränen. Nur mit großer Mühe kontrollierte sie ihre Hand. Sie hob sie an und hielt die Waffe damit an Gins Schulter. Dann schoss sie.

„Hng…“ Gin ließ ihre Haare los. Er stolperte einige Schritte nach hinten und sah auf die Stelle, die sich mit Blut füllte. Jetzt war das Fass am Überlaufen.

Shiho atmete schneller. Sie sah, was sie dem Mann, dem sie einst vertraute, antat. Aber sie konnte nicht anders. „Fahr zur Hölle!“, wies sie ihn an und schoss noch einmal.

Der Überraschungsmoment war ihr gelungen und anstatt weiter auf Gin zu schießen und das Monster von der Welt zu befreien, strauchelte sie wieder, bis sie auf ihren eigenen Füßen stand. Sie lief los, humpelte dabei, doch sie nahm alle Kraft zusammen, die sie hatte. Hinter ihr hörte sie das Fluchen. Aber sie konnte nicht anders. Immer wenn sie meinte, einen Schuss gehört zu haben, versuchte sie schneller zu laufen oder wich zur Seite. Shiho hatte massive Probleme damit und wurde erneut am Bein getroffen. Doch sie gab nicht auf.

Und schon bald sah sie keinen anderen Weg mehr, als in den Fluss zu springen und zu hoffen.

[File 19] Der Retter

Shiho stand am Fenster ihres Labors. Sie mochte es, wenn sie von dort dem Verlauf des Flusses zu sehen konnte, oder wenn einige Schiffe vorbei fuhren. Es gab ihr das Gefühl als würde die Zeit weiterlaufen und ihr zeigen wollen, dass auch ihre Arbeit eine Tages enden konnte. Gemeinsam mit Akemi sahen sie dem Verlauf oft zu und machten ihre Scherze darüber, was wohl passieren würde, wenn eine von ihnen in ihn hineinfiel.

Und jetzt trieb Shiho im Wasser. Kurz nach ihrem Eintauchen merkte sie, wie die Kraft verschwand. Sie konnte sich nicht mehr rühren. Ihr Körper wollte nicht mehr. Nur mit Mühe schaffte sie es, kein Wasser zu schlucken. Irgendwie musste sie sich über Wasser halten, nur noch wenige Minuten durchhalten. Shihos Augenlider wurden schwer, immer schwerer.

„Halte durch, Shiho.“

Sofort öffnete die Wissenschaftlerin ihre Augen wieder. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und schwamm an die Oberfläche. Dort rang sie nach Luft.

Shiho war nicht mehr am Gebäude der Organisation. Die Strömung trieb sie weg. „Akemi…“, wisperte sie leise. Sie sah sich um und schluchzte dann. Akemi war nicht mehr da. Sie konnte sie nicht beschützen und trotzdem hatte sie das Gefühl ihre Stimme deutlich zu hören.

„Ich werde deinen Tod rächen“, nuschelte sie. Doch dazu musste sie erst einmal überleben und ihren Körper weiterhin dazu zwingen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schwamm die Wissenschaftlerin bis sie an den Steg kam und aus dem Wasser konnte. Mehrere Sekunden verharrte sie im Sitzen. Sie wischte sich das Blut aus dem Gesicht und blickte auf ihre Beine. Auch wenn sie nicht Medizin studierte, wusste sie genau, dass es jetzt wichtig war um nach größeren Verletzungen Ausschau zu halten. Langsam sank das Adrenalin und sie merkte erst, wie sehr ihr alles weh tat.
 

Shinichi seufzte leise als er auf die Uhr blickte. Es war bereits spät abends, aber manche Aufträge dauerten so lange. Immer noch war er enttäuscht, dass er im Fall des Firmenchefs – Kenzo Masuyama – kein Ergebnis erzielen konnte. Er wusste, dass irgendwas in der Luft lag, doch es war nicht nachweisbar. Das war auch der Grund, weswegen er wieder einen Auftrag nach dem anderen annahm. Er wollte sich gut fühlen und den Menschen helfen. So auch an diesem Abend. Wie er es nicht anders erwartete, löste er den Fall schnell, musste aber noch zur Befragung mit aufs Revier. Und dort dauerte es lange, bis er seine Aussage machen konnte.

Der Oberschüler schlenderte die Straße weiter entlang, bis er von leuchten Scheinwerfern getroffen wurde. Schützend legte er sich die Hände auf die Augen.

„Da bist du ja, Shinichi.“

„Professor Agasa? Stellen Sie das Licht aus“, entgegnete er.

„Oh. Entschuldige. Das ist eine neue Erfindung von mir. Die Scheinwerfer leuchten jetzt heller, wenn man sie anmacht“, sprach der Professor und stellte diese ab.

„Das hab ich gemerkt“, sagte Kudo. „Was machen Sie hier eigentlich?“

„Ran rief mich an. Sie machte sich Sorgen um dich, weil du so schnell verschwunden bist. Und da du nicht zu Hause warst, rief ich im Revier an, die mir sagten, wo du bist.“

„Und jetzt wollen Sie mich abholen?“

Agasa nickte.

„Ich soll doch nicht wieder Versuchskaninchen für eine neue Erfindung spielen?“

„Nein, natürlich nicht“, schüttelte er den Kopf. „Wie war dein Fall?“

„Hmm“, murmelte Shinichi. „Annehmbar. Ich hab ihn gelöst.“

„Du scheinst aber nicht sehr erfreut darüber zu sein“, fiel es ihm auf, während er die Beifahrertür öffnete und selber einstieg.

Shinichi stieg ein. Er schloss die Tür und schnallte sich an. „Eigentlich sollte ich glücklich darüber sein, aber…Erinnern Sie sich noch an den Fall von Miss Jodie?“

Agasa nickte und fuhr los. „Der Täter war doch dieser Firmenchef.“

„Genau. Aber da ist noch eine Sache, die hab ich bisher keinem erzählt. Ran erinnerte sich an einen der Männer. Sie traf ihn vor mehreren Jahren als wir ihn New York waren.“

„Und was ist da das Besondere?“, wollte der Professor wissen.

„Sie ist sich ganz sicher, dass sie ihn mit dem FBI zusammen sah.“

„Dem FBI? Aber was sollte das FBI in Japan machen?“

„Das frage ich mich auch. Es liegt nahe, dass er einfach nur Urlaub macht, immerhin ist er Japaner.“

„Aber?“, wollte Agasa wissen.

„Wenn er nur Urlaub macht, dann weiß er, dass er wieder in die Staaten zurück geht. Warum sollte er dann wieder mit seiner Freundin zusammen kommen? Verstehen Sie, was ich meine? Er würde sie doch nur hier lassen. Ich hab auch schon überlegt, ob sie dann mit ihm geht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass die Sache nicht so einfach ist“, erklärte Shinichi.

„Hast du schon die Polizei nach Informationen gebeten?“, fragte der Professor.

„Ja, es wurden schon Vorstrafen oder Auffälligkeiten überprüft. Seine Weste ist rein. Die der anderen Personen vor Ort ebenfalls. Irgendwas übersehe ich“, murmelte Shinichi.

„Dann befasst du dich immer noch damit?“

„Es lässt mich nicht los. Ich weiß, ich sollte nichts aufwühlen, was abgeschlossen ist, aber ich kann den Fall nicht mit gutem Gewissen abschließen“, entgegnete er leise.

„Ich kann dir leider nicht helfen, Shinichi“, seufzte Agasa. „Leider kann ich keine Droge erfinden, die ein Wahrheitsserum enthält.“

„Das müssen Sie auch nicht“, schüttelte der Angesprochene den Kopf.
 

Shiho schleppte sich mühsam hoch. Ihre Beine fühlten sich wie Blei an. Sie wusste, sie durfte nicht stehen bleiben. Die Organisation würde nicht so einfach aufgeben. Sicherlich suchten sie schon nach ihr. Um nicht gefunden zu werden, war es wichtig so weit weg vom Fluss zu kommen, wie es nur ging. Es war nicht einfach. Das Blut tropfte und sie bewegte sich nur mühsam weiter. Doch dann wähnte sich Shiho in Sicherheit. Sie hatte Beika erreicht. Vielleicht konnte sie hier irgendeinen Unterschlupf finden.

Die Wissenschaftlerin konnte nicht mehr. Sie atmete schwer und lehnte sich an die Straßenlaterne.
 

Professor Agasa fuhr in seinem Käfer weiter. Er gähnte und blickte dann auf die Uhr. „Musst du immer bis so spät im Revier sein?“

„Nein, nicht immer. Ich wollte diesmal nur bleiben, bis alles aufgenommen wurde“, gab er von sich.

„Verstehe“, nickte Agasa. „Hmm…Ist das ein Mensch?“

„Was?“, Shinichi blickte nun auch direkt auf die Straße. „Sieht so aus. Vielleicht halten Sie an und wir fragen nach.“

„Gut“, stimmte Agasa zu. Er fuhr weiter vorwärts und blieb erst dann stehen, als sich der Schatten als junge Frau darstellte. Sofort stellte er den Motor aus.

Shinichi stieg aus und ging zu ihr. „Hallo? Können wir Ihnen helfen?“, fragte er dann.

Shiho drehte sich langsam um. Der schwere Atem machte ihr zu schaffen, als sie in das Gesicht des Oberschülers blickte. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, ehe sie zu Boden sank. Gerade noch rechtzeitig fing Shinichi sie auf. Er kniete sich nach unten. „Hey…“, er tätschelte ihr Gesicht und bemerkte die Wunden. „Was ist passiert?“, wollte er dann wissen. Er wandte sich zu Professor Agasa, der ebenfalls ausstieg. „Rufen Sie einen Krankenwagen.“

„Ne..in…kein…und keine…Polizei…“, wisperte sie leise.

Shinichi blickte zu Agasa, dann wieder auf das Mädchen. „Gut, vorerst keine Polizei, aber einen Krankenwagen.“

Shiho schüttelte den Kopf. „Nicht…bitte…“

„Was machen wir jetzt, Shinichi?“, wollte der Professor unsicher wissen.

Langsam stand der Oberschüler auf. In seinen Armen hielt er die Wissenschaftlerin. „Wir bringen Sie zuerst zu mir nach Hause und dann…sehen wir weiter.“

„Du willst wirklich keinen Krankenwagen rufen?“, murmelte Agasa.

„Das sehen wir noch.“

„Nein…nur oberflächliche…Wunden.“

Shinichi sah zu Shiho. „Machen Sie sich keine Sorgen, wir bringen Sie erstmals zu mir nach Hause und kümmern uns um die Wunden.“ Er trug sie zum Wagen. Professor Agasa machte die Tür des Hintersitzes auf, während Shinichi sie vorsichtig rein setzte und anschnallte. Dann stieg er selber ein.

Besorgt blickte Agasa den Beiden zu. Er stieg wieder auf seinen Platz und fuhr los. Immer wieder schaute er in den Rückspiegel.

„Was ist passiert?“, wollte Shinichi von ihr wissen.

„…“

„Hören Sie, wenn wir Ihnen helfen sollen, müssen Sie auch mit uns reden“, entgegnete er anschließend.

Shiho schloss ihre Augen. „P…au…se…“

„Wir sind da“, gab der Professor von sich. Er fuhr in die Einfahrt der Kudo-Villa und parkte direkt vor der Tür.

„Danke, Professor. Könnten Sie bitte noch mit rein kommen?“, bat er diesen. Shinichi stieg aus, er ging wieder nach hinten und hievte Shiho hoch.

„Natürlich“, nickte Agasa.
 

„Am besten wir bringen Sie in das Gästezimmer.“

„Ich hole aus dem Badezimmer nasse Tücher“, meinte Agasa.

Shinichi ging die Treppen der Villa nach oben. Immer wieder blickte er die Wissenschaftlerin an, die sich an ihm festhielt und gerade so die Augen offen halten konnte. Nur mühsam konnte er die Tür des Zimmers öffnen, trat dann ein und legte sie auf das Bett. „Gleich geht es Ihnen besser.“

„…“

„Hier der erste-Hilfe Kasten“, sprach Agasa und legte diesen auf dem Bett ab.

„Wunderbar. Danke“, nickte Shinichi. Er öffnete ihn und nahm alles heraus, was er brauchte, Schere, Verband, Tücher und Desinfektionsspray. „Wie ist das passiert?“, wollte er von Shiho wissen.

Sie versuchte sich aufzusetzen, scheiterte aber daran.

„Nein nicht, bleiben Sie liegen“, meinte Kudo. Er setzte sich an das Kopfende und strich ihr mit einem Tuch über die Wange. „Es scheint tatsächlich nur oberflächlich zu sein“, murmelte er.

„Kratzer“, wisperte Shiho.

„Ich würde trotzdem gern wissen, woher Sie die haben…“

„Unfall…“

„Verkehrsunfall? Hören Sie, wenn Sie einen Verkehrsunfall hatten, dann müssen Sie die Polizei rufen.“

Shiho schüttelte den Kopf. „Gestolpert…“, log sie anschließend.

„Sie sind gestolpert?“, der Oberschüler hob die Augenbraue. Für einfaches Hinfallen waren ihre Verletzung zu unterschiedlich und an verschiedenen Stellen.

Die Wissenschaftlerin nickte und verzog dann das Gesicht als sie das kalte Spray auf diesem spürte.

„Tut mir leid, ich hätte Sie warnen sollen, dass es kalt wird“, entgegnete Agasa.

„Sollen wir jemanden anrufen? Ihre Eltern oder Ihren Freund?“

Shiho schüttelte den Kopf. „Ich…hab keinen…“, murmelte sie leise.

„Oh. Tut mir leid. Wenn Sie wollen, können Sie heute Nacht hier bleiben und morgen sehen wir dann weiter“, schlug er vor und wandte sich an ihre verletzten Beine.

„Danke…“, gab Shiho leise von sich. „Bitte…keine Polizei…“

„Versprochen“, nickte der Oberschüler und legte einen Verband um ihre Beine.

„Wenn Sie trotzdem darüber reden wollen, ich habe ein offenes Ohr.“

„Shinichi“, fing Agasa an und legte seinen Zeigefinger auf den Mund.

„Hmm?“, der Angesprochene blickte zu der Frau im Bett. „Oh…sie ist eingeschlafen.“

„Lassen wir sie schlafen“, schlug Agasa vor.

Shinichi nickte und verließ das Zimmer. Er lehnte sich gegen die Tür. „Das gefällt mir gar nicht“, gab er von sich.

„Wenn du mich fragst, sollten wir die Polizei rufen.“

„Wahrscheinlich wäre es das Beste…ich will morgen früh abwarten. Vielleicht erzählt sie mir dann was passiert ist. Aber dafür brauch ich erst einmal ihr Vertrauen. Wenn heute oder morgen die Polizei vor der Tür steht, dann sagt sie bestimmt nichts“, warf der Oberschüler ein.
 

Piep…Piep…Piep…

Das monotone Geräusch des Monitors erklang im Raum. 24 Stunden pro Tag. Sieben Tage in der Woche. Zwei Jahre lang.

Piep…Piep…Piep…

Vier Wände. Eine Decke. Ein Boden. Ein leerer und kahler Raum, stünden nicht Bett, Monitore und diverse Geräte an der Wand. Eine Blumentapete stellte den einzigen fröhlichen Lichtblick her.

Ein Seufzen.

Eine braunhaarige Frau betrat den Raum. In ihrem Gesicht spiegelten sich Sorge und Hoffnung auf. „Wach doch bitte auf“, flüsterten ihre Lippen, während ihr Blick auf die Patientin gerichtet war. Sie gab nicht auf. Nicht jetzt, nicht nach zwei Jahren.

Piep…Piep…Piep…

Erneut. Sie starrte auf den Monitor. Herzschlag und Puls hatten sich in den letzten Sekunden nicht verändert. Wieder entwich ein Seufzen ihrer Kehle. Nur langsam drehten sich die Beine zur Tür, der Oberkörper noch halb flehend in die andere Richtung.

Piep…Piep…Piep…

Hoffnung. Noch immer. Mittlerweile drückte ihre rechte Hand die Türklinke herunter, als…

Piep.Piep.Piep.

Die Abstände kürzer, das Bild am Monitor anfälliger. Erschrocken drehte sich die Braunhaarige um, lief aufgeregt zum Bett und beugte sich über die ‚schlafende‘ Person. Auf einmal sah sie die Farbe in ihren Augen. Sie war wach. Endlich wach.

„Shiho? Shiho?“, mehrfach nannte sie diesen Namen.

Als Antwort bekam sie lediglich ein leises und kaum hörbares ‚Hng‘.

„Shiho“, wieder der Name.

Und dann der Versuch zu sprechen. Er misslang.

„Nein, warte“, die Worte kamen schnell und gezielt. „Du bist wirklich wach.“ Tränen bildeten sich auf ihrem Gesicht. „Streng dich nicht so an. Du bist noch schwach. Willst du etwas Trinken?“

Das Mädchen nickte.

„Ich bin gleich wieder da.“
 

Shiho lag in dem Bett. Zu Beginn blickte sie starr auf die Decke und gab keinen Laut von sich. Man konnte meinen, dass sie die Situation beobachtete, doch in Wirklichkeit versuchte sie zu begreifen, wo sie war. Wenige Sekunden später drehte sie ihren Kopf. Zuerst links, dann rechts und dann nach vorne. Rechts und links erblickte sie nur das Blumenmuster der Tapete und vor ihr ein Fenster. Doch sie war zu weit weg um einen ordentlichen Blick nach draußen werfen zu können. Shiho seufzte auf als die Tür wieder aufging.

Die Frau von vorhin trat ein. In ihrer Hand hatte sie ein Glas mit Wasser. Sie lächelte, war überglücklich. Langsam trat sie zu ihrer Schwester. Das Glas legte sie auf die Seite. „Warte, ich helf dir auf.“ Fürsorglich half Akemi ihr.

„Was…passie…rt?“, murmelte Shiho leise.

„Du hattest im Labor einen Unfall. Es war alles explodiert. Sie konnten dich retten“, erzählte Akemi. „Das war vor zwei Jahren. Seitdem lagst du im Koma. Aber jetzt bist du endlich wieder aufgewacht.“

„Wo…Arbeit…?“

„Ein Pharmakonzern. Du solltest ein neues Schmerzmittel entwickeln, dabei lief aber scheinbar etwas Schief. Aber das ist jetzt nicht wichtig. Du bist wieder aufgewacht“, lächelte die ältere Schwester.

Shiho nickte. Sie blickte zu dem Glas, was auch Akemi bemerkte und es ihr reichte. „Danke...“

„Gerne“, nickte Akemi. „Du weißt gar nicht, wie glücklich ich bin.“

„Doch“, wisperte Shiho leise. Sie schaute in ihr Glas. „Alles…nur ein Traum.“ Sie war überglücklich. Langsam führte sie das Glas an ihren Mund, stoppte dann aber. Noch war das alles zu anstrengend.

„Entschuldige“, sprach Akemi. „Ich hole dir einen Strohhalm, damit geht das Trinken bestimmt leichter.“

Kaum hatte sie diese Worte gesagt, öffnete sich die Tür.

Shiho schluckt.

Der Mann trat ein. Er hatte langes, schwarzes Haar und trug eine Wollmütze auf dem Kopf. Sein Blick konnte Menschen töten.

„Dai“, lächelte Akemi.

„Ich hab euch einen Strohhalm gebracht. Sie wird sicher nicht ohne Trinken können“, sprach er.

„Danke“, nickte Akemi und nahm ihm den Halm ab. Sie steckte ihn in das Glas von Shiho.

„Trink ruhig“, gab Dai von sich. Er grinste sie an.

Wieder schluckte Shiho. Sie blickte in ihr Glas und starrte das Wasser einfach nur an.

„Wir gehen jetzt!“, wies er Akemi an.

„Aber…“, entgegnete die junge Frau.

Shiho konnte nichts machen. Sie blickte nach oben, entdeckte, wie Dai ihre Schwester unsanft am Arm raus zog. Er zerrte sie raus und schloss die Tür mit einem lauten Knall. Die Wissenschaftlerin zuckte zusammen. Dann hörte sie nur noch einen Schuss.

„Akemi!“

[File 20] In Gewahrsam

„Akemi!“, schrie Shiho den Namen ihrer Schwester. Sie begann zu schwitzen und setzte sich automatisch im Bett auf. Ihr Atem ging schneller.

Sekunden später lief Shinichi rein. Er schlief extra vor der Tür, damit er genauestens mitbekam, wenn irgendwas Passierte. Professor Agasa schlief im Zimmer seiner Eltern und schien immer noch einen festen Schlaf zu haben.

Shinichi sah die Wissenschaftlerin auf dem Bett sitzen. Langsam ging er auf sie zu. „Es ist alles in Ordnung“, sprach er ruhig. „Sie müssen keine Angst mehr haben. Hier sind Sie in Sicherheit.“

Shiho blickte auf. Jetzt erinnerte sie sich wieder wo sie war und wie sie hier her kam. Sie schluckte. „Ich…ich muss hier weg.“

„Sie sind verletzt.“

„Sie? Ich bin vielleicht zwei Jahre älter als du“, gab sie leise von sich. Sie zog die Bettdecke weg du versuchte aufzustehen.

„Warten Sie…warte doch. Du bist verletzt. Du solltest erst einmal deine Wunden auskurieren“, schlug er vor.

„Nein…das geht nicht. Sie werden nach mir suchen“, wisperte sie. „Ich muss weg.“

„Sie? Ist irgendjemand hinter dir her? Soll ich die Polizei rufen?“, wollte der Oberschüler wissen.

„Nein!“, energisch legte sie ihre Hand auf seinen Arm. „Keine Polizei.“

Shinichi blickte sie mehrere Sekunden an. Dann lächelte er. „In Ordnung. Keine Polizei. Willst du mir nicht trotzdem erzählen, was passiert ist?“

Es klopfte an der Tür. Professor Agasa trat ein. „Ich wollte fragen, ob ich helfen kann.“

„Danke, Professor. Das ist nicht nötig. Aber vielleicht könnten Sie etwas zum Frühstück machen?“, schlug Shinichi vor.

Agasa nickte. „Geht es dir wieder besser?“, wollte er dann von Shiho wissen.

„Ja…“

„Das freut mich“, lächelte Agasa und verließ das Zimmer wieder.
 

Zusammen mit James saß Jodie in ihrer Wohnung. Wie jeden Tag hörte sie die Gespräche in der Kudo-Villa mit den Wanzen ab. Bisher erschien nichts Verdächtiges. Doch der Abend stellte alles auf den Kopf. Zunächst hielt sie es für Zeitverschwendung, aber dann wurde ihr bewusst, dass das alles auf den Kopf stellen könnte. Noch am gleichen Abend informierte sie ihren Vorgesetzten, der nun ebenfalls dabei war.

Beide horchten. Und dann hörten sie den Schrei. Jodie erschrak.

„God…jetzt hat sie mich auch erschreckt“, gab sie von sich.

James kicherte ein wenig. „Bei Observierungen müssen Sie mit allem rechnen.“

Die Angesprochene nickte. „Gleichen sagen Sie das gleiche, wie Shu: Man muss mit allem rechnen.“

„Da hat der gute Akai auch recht“, stimmte Black zu.
 

Shiho saß immer noch auf dem Bett. Sie legte ihre Hände in den Schoss und ballte diese zu Fäusten.

„Im Übrigen hattest du mit deinen Verletzungen recht, sie sind alle nur oberflächlich. Du musst tierisches Glück gehabt haben“, sprach Shinichi.

„Nein“, wisperte Shiho leise. „Ich habe kein Glück.“

„Hmm?“

„Mir wurde alles genommen…meine Eltern…meine Schwester…“

„Das tut mir leid“, entgegnete der Oberschüler. „Entschuldige die Frage aber verrätst du mir deinen Namen?“

Shiho schluckte, nickte dann aber zaghaft. „Ich heiße Sh…“, sie stockte, fast hätte sie ihren Codenamen verraten. Sie war ihn so gewohnt, dass es ihr schwer fiel einen anderen zu benutzen. „Shiho. Shiho…Miyano…“

„Freut mich dich kennen zu lernen, Shiho. Ich bin Shinichi Kudo.“

Ihr Atem gefror. „Der…Detektiv…“

„Eh? Ja“, nickte er. „Wie ich sehe, scheinst du von mir gehört zu haben.“

„Ich…ich sollte jetzt gehen“, sprach sie schließlich.
 

„Haben Sie das gehört?“, wollte Jodie wissen.

„Ja, wir schreiten sofort ein“, nickte James. „Machen Sie sich auf den Weg. Wenn es geht, bringen Sie das Mädchen mit.“

„Verstanden. Was ist mit Shinichi?“

„Würde er zur Organisation gehören, hätte er sie schon längst erkannt. Falls es keinen anderen Weg gibt und Sie sich sicher sind, dass wir ihm vertrauen können, weihen Sie ihn ein.“

Jodie nickte…
 

„Warte mal! Hab ich irgendwas Falsches gesagt?“, wollte er von ihr wissen.

„Nein…das ist es nicht“, gab Shiho von sich. „Ich kann nicht länger hier bleiben.“

„Aber warum? Ist es, weil ich Detektiv bin?“

Shiho hielt inne. Sie fühlte sich ertappt. „Vergiss, dass wir uns gestern Abend getroffen haben. Am besten vergisst du auch meinen Namen. Und such nicht nach mir. Glaub mir, es ist besser so.“ Shiho stieg aus dem Bett. Noch immer war sie wackelig auf den Beinen und hatte das Gefühl gegen den nächsten Schrank zu fallen. Doch der Schrank war Shinichi, an den sie sich lehnte.

„Das kannst du nicht machen. Du bist verletzt“, warf er ein.

„Das ist kein Grund für mich“, murmelte die Wissenschaftlerin.

„Aber…“, fing Shinichi an. Dann musste er eben andere Waffen aufziehen. „Du kannst nicht so einfach gehen. Wenn ich nicht weiß, was mit dir passiert ist, bleibt mir keine andere Wahl, als die Polizei einzuschalten.“

Shiho blickte ihn schockiert an. „Nein…nicht…“, wisperte sie. „Wenn du die Polizei rufst, dann ist alles vorbei. Das geht nicht. Du darfst das nicht…wirf deinen Leben nicht so einfach weg“, rief sie ihm entgegen.

Shinichi sah sie mehrere Sekunden lang an. Mit einem solchen Gefühlsausbruch rechnete er nicht. Und es kam ihm komisch vor. „Was meinst du?“

„Sie werden sich suchen…du würdest alles verlieren.“

„Wer denn?“

Shiho schüttelte den Kopf. „Es ist gefährlich“, murmelte sie leise.

„Aber wer? Shiho? Wer wird nach mir suchen, wenn ich die Polizei einschalte?“

„Die Organisation“, wisperte sie. Sie schluckte und bemerkte, dass sie das Geheimnis fast ausgeplaudert hatte.

„Organisation? Was für eine Organisation?“

Shiho wandte ihren Blick nach unten. „Ich muss jetzt gehen.“
 

Es klingelte an der Tür der Kudo-Villa. Professor Agasa, der sich in der Küche befand, ging zur Haustür. Er machte sie auf.

„Guten Morgen“, fing er an. „Kann ich Ihnen helfen?“

„Entschuldigen Sie bitte, dass wir Sie so überfallen“, entgegnete Jodie. Sie lief an dem Professor vorbei.

„Eh? So warten Sie doch“, gab dieser von sich, aber schon traten weitere Männer in die Villa ein. Sie sicherten das Gebäude.

Jodie lief die Treppen nach oben und schon bald fand sie das Zimmer, in welchem sich Shinichi und Shiho befanden. Sie riss die Tür auf.

Die Blicke der Beiden waren sofort auf sie gerichtet.

„Miss Jodie?“

Jodie lief an den Beiden vorbei. Sie trat ans Fenster und blickte nach draußen. Wenn sie jemanden von der Organisation so leicht fand, konnte das nur bedeuten, dass auch die Organisation daran arbeitete. „Keine Auffälligkeiten“, sprach sie dann in ein Funkgerät, welches sie anschließend wieder weg steckte. Jodie zog die Vorhänge des Zimmers zu. Dann wandte sie sich an Shiho. „Tut mir leid, aber es ist besser, wenn du mit mir mitkommst.“

Die Angesprochene wich nach hinten. Sie schüttelte den Kopf. „Ich komme nicht mit. Sie müssen mich schon töten.“

„Was? Oh, du hältst mich für eine von denen“, entgegnete Jodie. Sie griff in ihre Jackentasche.

Shinichi stellte sich automatisch vor Shiho. „Wer sind Sie wirklich, Miss Saintemillion?“

Jodie zog einen Ausweis hervor. Immerhin hatte sie die Erlaubnis dafür und sie ahnte, dass es ohne die Wahrheit nicht gehen würde. Langsam klappte sie den Ausweis auf. „Ich bin vom FBI.“

„FBI?“

Die Angesprochene nickte. „Das alles ist Top secret“, sprach sie. „Wir sollten an einem ruhigeren Ort reden. Es wäre besser, wenn ihr mitkommen würdet, ich kann euch nämlich nicht sagen, ob wir nicht abgehört werden.“

„Warum sollte die Villa abgehört werden?“, wollte Shinichi wissen.

Jodie zuckte mit den Schultern. „Wenn sie dich für eine Gefahr halten, wäre das schon möglich. Das FBI hat dich auch abgehört“, gab sie zu.

„Sie haben was? Dann war diese mysteriöse Gestalt vom FBI“, murmelte Kudo.

„Welche Gestalt?“

„Ich war an einem Abend mit Ran im Kino. Dabei sah Professor Agasa eine Gestalt in meiner Einfahrt.“

„Ich verstehe“, nickte Jodie. „Dann hat er wohl mich gesehen…“

„Sie?“

„Ich war für deine Überwachung zuständig“, entgegnete die FBI Agentin.

„Jetzt wird mir einiges klar“, murmelte Shinichi.

„Woher kann ich wissen, dass ich Ihnen vertrauen kann? Sie können alles behaupten“, warf Shiho ein.

„Wenn ich andere Absichten hätte, hätte ich doch sicherlich schon längst erledigt. Stimmst du mir da nicht zu?“

Shiho schluckte. „Wahrscheinlich“, nuschelte sie. Die Organisation würde ihr sicherlich nicht wieder Zeit einräumen um ihre Entscheidung zu überdenken.

Shinichi hob die Augenbraue. „Ich gehe mit, aber nur, wenn Sie mir erzählen, was hier los ist.“

„Einverstanden“, nickte Jodie und sah zu Shiho. „Keine Angst. Wir tun dir nichts.“
 

„Shinichi, was ist hier los?“, wollte Agasa von dem Jungen wissen, als er, Shiho und Jodie nach unten kamen.

„Machen Sie sich keine Sorgen, Professor. Gehen Sie am besten nach Hause und wenn Ran nach mir fragt, denken Sie sich etwas aus. Ich werd für eine Weile unterwegs sein.“

„Shinichi…“

„Ist schon gut. Alles ist in Ordnung“, sprach er ruhig.

„Sei vorsichtig“, gab Agasa von sich.

Shinichi nickte. Er ging nach draußen und erblickte dann einen großen schwarzen Van vor seiner Villa.

„Da rein“, sprach Jodie und öffnete die Seitentür.
 

„Gut“, fing der Oberschüler an. „Und nun möchte ich wissen, was hier gespielt wird.“

Shiho setzte sich und sah sich um.

„Keine Sorge, von draußen kann uns keiner sehen“, gab Jodie von sich. Anschließend sah sie zu Shinichi. „Ich weiß, dass du vor einigen Wochen im Tropical Land einen Fall hattest. Erinnerst du dich noch an die zwei Männer, die du dort getroffen hast?“

„Ja, ich weiß, wenn Sie meinen. Yuudai Manabu und Shigeru Gou“, sprach er. „Sie sind mir deswegen noch so bekannt, weil sie Anzüge tragen und in der Achterbahn fuhren. Auf meinen Recherchen nach ihnen habe ich heraus gefunden, dass ihre Namen nicht existieren.“

„So ist es. Ihre richtigen Identitäten sind geheim. Nicht einmal das FBI weiß, wer sie sind. Wir kennen nur ihre Codenamen.“

„Deswegen konnte ich sie auch nicht finden“, murmelte Shinichi.

„Genau. Sie sind sehr gut organisiert und verstehen es, die Dinge im Untergrund zu vollziehen. Wir können auch nicht sagen, wer alles bei Ihnen arbeitet und welche Berufsgruppen mit involviert sind.“

„Berufsgruppen?“

„Ja“, nickte Jodie. „Wir können sicher sein, dass einige Firmenchefs involviert sind. Die Frage ist nur, wer noch. Wir halten die Polizei für möglich.“

„Wieso ausgerechnet die Polizei?“, wollte der Detektiv wissen.

„Weil die Organisation nicht erst seit einigen Wochen existiert. Meine Eltern waren bereits Mitglieder…“, entgegnete Shiho leise.

„Sie schafften es die ganze Zeit über verdeckt zu handeln. Das würde ihnen nie und nimmer gelingen, wenn sie nicht polizeiliche oder politische Hilfe haben.

Der Oberschüler musste schlucken. „Sie wissen nicht, wer verdächtig ist?“, wollte er dann wissen.

Jodie schüttelte den Kopf. „Nein. Und wir können auch nicht mit der Polizei zusammen arbeiten. Das wäre viel zu gefährlich. Sie können nicht einmal einschätzen, wie stark die Organisation ist, wir schon.“

„Aber wieso das FBI? Sie arbeiten doch in den Vereinigten Staaten“, warf Shinichi ein.

Jodie nickte. „Normalerweise agieren wir wirklich nicht so stark im Ausland. Allerdings sind wir in den Staaten bereits auf sie gestoßen. Und seitdem ermitteln wir.“

„Das kann doch nicht sein“, murmelte Shinichi. „Und was soll ich jetzt für Sie machen?“

„Gar nichts. Du kannst da leider nichts machen“, seufzte Jodie. „Wir stellen dich ab heute unter FBI Schutz. Es wäre besser, wenn du dieses Land verlasen würdest.“

„Vergessen Sie es. Ich lass mich nicht vergraulen. Diese Organisation weiß doch gar nicht, dass ich irgendwas über sie weiß…“

„Das glaub ich nicht“, entgegnete Shiho. Sie blickte zu Jodie. „Sie hat dir nicht einfach so von der Organisation erzählt. Sie denkt, du wärst in Gefahr. Wenn die Organisation bemerkt, dass wir uns getroffen haben, werden sie dich im Auge behalten und sie werden nicht mit der Wimper zucken und dich erledigen. Unter der Annahme, dass du sie in diesem Freizeitpark gesehen hast, würden sie denken, dass du gegen sie ermittelst. Sie dürfen dich also nicht mehr am Leben lassen“, fügte sie an.

„Hmm“, murmelte Shinichi. „Aber wenn ich mich verstecke, dann kommen sie doch erst recht auf die Idee, dass ich irgendwas weiß“, gab er von sich.

„Diese Möglichkeit besteht immer. Aber das FBI wird sich da schon was einfallen lassen. Mach dir keine Sorgen“, lächelte Jodie. „Ich informiere jetzt meinen Kollegen, während wir euch in eine andere Wohnung bringen.“

„Sie finden mich trotzdem“, murmelte Shiho.

Jodie schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn wir da auch noch ein Wörtchen mitzureden haben“, sprach sie und zog ihr Handy heraus.
 

„Was gibt es?“

„Wir haben Shiho“, entgegnete Jodie ins Telefon.

„Sehr gut“, nickte Akai. „Bringt ihr weg?“

„Ja“, nickte sie schließlich. „Kommst du nachher noch vorbei?“

„Mal schauen. Ich guck mir die Lage an, falls sie euch folgen. Erzähl ihr, dass ihre Schwester in Sicherheit ist“

„Verstanden.“
 

Shinichi hob die Augenbraue. „Ihr Kollege ist ja ziemlich wortkarg.“

„Das ist er wirklich“, nickte die FBI Agentin. „Aber man muss ihm auch nicht allzu viele sagen und er weiß, was los ist.“

„Das ist ein Vorteil.“

„Shiho? Deiner Schwester geht es gut, sie befindet sich momentan in unserer Obhut.“

„Was?“, die Wissenschaftlerin blickte schockiert zu Jodie. „Das…das kann nicht sein…“, wisperte sie.

„Wieso denn nicht?“, wollte Shinichi wissen.

„Ich hab…ich hab gesehen, wie sie von der Organisation erschossen wurde.“

Jodie hob die Augenbraue. „Das kann nicht sein. Er hätte es mir erzählt“, gab sie leise von sich. „Wann soll das gewesen sein?“

„Vor einigen Tagen.“

„Deine Schwester ist schon seit ein paar Wochen bei uns. Wenn du willst, ruf ich meinen Kollegen an und du kannst mit ihr sprechen“, schlug Jodie vor.

Shiho nickte. „Bitte.“

„Gut, einen Moment“, sprach die Agentin. Sie blickte auf ihr Handy und wählte die Nummer von Camel, die sie nach dem ‚Unfall‘ bekam.
 

„Jodie hier“, fing sie an. „Lassen Sie mich mit Akemi sprechen?“

Camel saß auf dem Sofa, Akemi ihm gegenüber, die gerade die Zeitung las. „Natürlich“, sprach er und reichte das Telefon anschließend weiter.

„Hallo?“

Auch Jodie gab ihr Handy weiter.

„Hallo? Akemi? Hier ist Shiho“, sprach die Wissenschaftlerin ins Handy.

„Shiho…“, wisperte die ältere Schwester. „Woher weißt du, das ich hier bin?“

„Ich dachte er hätte dich erschossen. Deswegen hab ich meine Arbeit bei der Organisation einstellt“, schluchzte die junge Frau. „Gestern gelang mir dann die Flucht und heute bin ich dem FBI über den Weg gelaufen.“

„Das ist gut, Shiho“, lächelte Akemi. „Bleib bei ihnen, dann wird dir nichts passieren.“

„Aber ich versteh nicht…ich hab gesehen, wie er dich erschossen hat…“

Akemi überlegte. „Ich wurde aber nicht angeschossen. Es gab nur einen Tag, als man auf mich schießen wollte, aber da ging ein FBI Agent dazwischen“, erzählte sie. „Vielleicht hat die Organisation eine Möglichkeit gefunden, das aufzunehmen und so zu bearbeiten, dass es nach meinem Tod aussah.“

„Das wäre möglich“, murmelte Shiho. „Ja…das ergibt sogar einen Sinn. Aber ich versteh nicht, warum sie es mir zeigten.“

„Ich weiß es auch nicht. Vielleicht hättest du dann nicht geglaubt, das ich gestorben bin.“

„Kann sein“, nuschelte die Wissenschaftlerin. „Akemi? Werden wir uns bald wiedersehen?“

„Ich weiß es nicht. Ich kann nachfragen, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie uns momentan lieber getrennt lassen wollen“, wisperte sie.
 

Shinichi blickte zu Jodie. Er rückte ein wenig näher zu ihr. „Die beiden Männer von damals waren auch FBI Agenten, richtig?“

Jodie nickte. „Ja.“

„Verstehe…deswegen konnte ich rein gar nichts finden. Und der Schütze war das…ein Mitglied?“

Erneut nickte Jodie. „Soweit wir wissen, gehörte er schon früher zur Organisation und kümmerte sich um die Rekrutierung neuer Mitglieder. Allerdings schien er schon lange nicht mehr positiv aufgefallen zu sein. Wir nehmen an, dass er deswegen den Auftrag hatte sich um Akemi zu kümmern.“

„Dann ist sie ihre Schwester und auch ein Mitglied“, folgerte der Oberschüler.

„Genau. Allerdings ist sie, im Vergleich zu den anderen Mitgliedern, nur ein kleiner Fisch im Becken. Trotzdem lassen sie keinen Ausstieg ungestraft.“

„Dann ist es auch kein Wunder, dass ich so wenig über sie heraus gefunden habe. Jetzt macht die Sache mit ‚ihren Freund‘ auch mehr Sinn“, entgegnete er.

„Ihrem Freund?“

„Ja, ich traf eine Nachbarin, die mir erzählte, dass ihr Freund die Sachen abgeholt hat. Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, warum eine junge Frau wie sie einen Freund hat, der so grimmig drein schaut“, erzählte Shinichi.

Jodie schmunzelte leicht. „Du meinst damit bestimmt Shu. Nur weil er ein FBI Agent ist, muss das eine, das andere nicht ausschließen.“

„Ah. Ich verstehe…“
 

„So ihr zwei“ sprach Jodie. Sie stieg aus dem Wagen aus und sah sich um. Dann nickte sie und wies Beide, mit einer Handbewegung dazu an, auszusteigen. „Wir werden euch erst einmal hier unterbringen. Ich weiß, es sieht nicht nach einer Wohnung aus, aber wir wollen nichts riskieren. Ihr werdet erst einmal in diesem Bürogebäude bleiben.“

„Das wird sie nicht davon abhalten“, murmelte Shiho.

„Ich weiß. Aber sie werden nicht am helllichten Tage versuchen an euch heran zu kommen. Und ihr hättet hier rund um die Uhr Schutz.“

„Versuchen wir es“, nickte Shinichi.
 

Shuichi kam in die Wohnung. Er stellte eine Tüte mit ein paar Lebensmitteln in die Küche und ging dann ins Wohnzimmer. Er hob die Augenbraue. „Was ist los?“

„Tut mir leid“, fing Camel an, während er zu Akemi sah, die ihre Hände vors Gesicht hielt und weinte. „Sie will ihre Schwester sehen…“

„Das geht nicht“, entgegnete Akai und setzte sich zu seiner Freundin. Er legte den Arm um sie, sodass sie sich an ihn lehnen konnte. Dann schwieg er.

„Ich…“

Akai schüttelte den Kopf. Worte halfen hier nichts und egal, was Camel alles sagen wollte, es brachte nichts.

Der FBI Agent wartete solange, bis sie sich beruhigte, dann stand er wieder auf. „Du kannst jederzeit mit ihr telefonieren.“

Akemi nickte.

„Wir sehen uns morgen früh“, sprach er anschließend. Shuichi beugte sich nach unten und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut.“
 

Akemi lag die ganze Nacht über wach. Sie konnte nicht schlafen, drehte sich hin und her. Es half nichts. Immer wieder dachte sie an ihre Schwester. Jetzt waren sie endlich frei und konnten sich wieder nicht sehen. Seufzend setzte sie sich auf. Sie griff zur Seite und nahm die Tasse mit dem Tee.

Langsam stand sie auf. Sie ging ins Badezimmer und blickte sich im Spiegel an. Als kleines Kind versprach sie, auf ihre Schwester aufzupassen und jetzt war sie nicht dazu in der Lage. Erneut seufzte sie.

Erst das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Akemi trat aus dem Badezimmer.

„Camel!“, hörte sie die Stimme des FBI Agenten.

„Sie müssen so schnell wie möglich weg. Die Organisation hat Ihr Versteck gefunden.“

„Jodie? Wie kommen Sie darauf?“, wollte er wissen.

„Shu rief an. Er wollte wissen, ob sie bereits bei mir aufgetaucht sind. Ihr müsst sofort von dort verschwinden“, sprach die junge Frau.

„Eh? Ja, verstanden“, nickte Camel.

„Am besten, Sie kommen zu uns. Wir haben bessere Möglichkeiten um Akemi zu beschützen.“

„Wir machen uns sofort auf den Weg“, sprach er. Camel stand auf und blickte zu Akemi.

„Seien Sie vorsichtig.“

Camel legte auf. „Wir müssen hier weg. Sie haben unser Versteck entdeckt.“

Akemi schluckte. „Was ist mit Shu…ichi?“, wollte sie von ihm wissen.

„Er wurde auch schon informiert. Ziehen Sie sich an. Wir nehmen nichts mit.“

Akemi nickte und lief zurück in ‚ihr‘ Zimmer. Sie zog sich an und kam dann wieder heraus. „Es gibt kein Entkommen“, murmelte sie. „Egal, wo wir uns verstecken, sie werden uns finden.“

„Nein. So dürfen Sie nicht denken“, gab er von sich. „Ich bringe Sie jetzt zu Ihrer Schwester.“

„Zu Shiho?“

Camel nickte und zog sich eine Jacke an. Er zog seine Waffe aus dem Holster und vergewisserte sich, dass sie geladen war. „Ich gehe vor“, sprach er dann.

Zusammen schlichen sie sich aus der Wohnung. Mit der Treppe gingen sie nach unten. Immer wieder blickte sich Camel um. „Raus“, meinte er dann und hielt ihr die Tür auf. Auch draußen sah er sich um. Es gab nichts Verdächtiges, aber auf so was durfte man sich nicht verlassen. Sorgsam ging Camel zu seinem Wagen. Er öffnete ihr die Tür und stieg dann selber ein. Camel war kein vorsichtiger Fahrer, er konnte auch mal gut auf das Gaspedal drücken und das brauchten sie gerade jetzt.
 

„Wir haben sie“, sprach Vermouth in ihr Funkgerät, welches an ihrem Motorradhelm befestigt war.

„Verfolg sie und finde Sherry“, befahl Gin.

„Das hatte ich vor, Gin“, grinste die Frau. Anschließend fuhr sie los und blieb hinter dem Wagen von Camel.
 

„Wir sind da“, entgegnete der FBI Agent. Er sah zu Akemi, die sich von ihrem Sicherheitsgurt befreite und aussteigen wollte. „Warten Sie“, wies er sie an.

„Hmm?“

„Ich ruf Jodie zunächst an. Sie kriegen bestimmt FBI Schutz für das Gebäude.“ Camel griff nach seinem Handy. Er wählte dann die Nummer seiner Kollegin.

Jodie drehte sich im Bett um, bis sie das Klingeln des Telefons weckte. Langsam setzte sie sich auf und griff nach der Brille, ehe sie das Handy ans Ohr hielt. „Starling“, sprach sie rein.

„Wir sind jetzt vor dem Gebäude.“

„Eh? Camel? Sind Sie das?“, wollte sie wissen.

„Ja, wir haben doch schon vorhin miteinander telefoniert“, warf er ein. „Oh, verdammt. Wir sind der Organisation in die Falle gegangen…“

„Camel…was ist passiert?“, kam es von Jodie. Dann hörte sie nur noch ein Tuten.

[File 21] Alles auf Anfang

„Camel“, rief Jodie in den Hörer. „Verdammt“, fluchte sie dann. Sofort wählte sie Shuichis Nummer. Sie wurde nervös.

„Akai.“

„Shu, ich bins“, fing sie an. „Camel ist auf einen Trick der Organisation hereingefallen. Er ist mit Akemi vor dem Gebäude, wo wir Shiho und Shinichi haben“, sprach sie schnell.

„Was?“, zischte der FBI Agent.

„Ich weiß nicht, wie das passieren konnte.“ Jodie setzte sich auf. Sie ging an den Schrank und versuchte sich während des Telefonats umzuziehen. „Als er bemerkte, dass es eine Falle ist, legte er auf.“

„Wir treffen uns dort.“

„Shu!“, kam es von Jodie nachdem er auch auflegte. Jodie schüttelte den Kopf. Sie hatte keine Zeit um groß darüber nachzudenken. Sogleich informierte die FBI Agentin die Männer, die im Bürogebäude die Stellung hielten.
 

Der schwarze Porsche fuhr durch die Stadt, bis Gin dem Fahrer den Befehl zum Anhalten gab. Der Mann in Schwarz stieg aus und zündete sich eine Zigarette an. Er grinste und sah zu dem Gebäude hoch.

„Da bist du ja“, sprach Vermouth.

„Auffälligkeiten?“

„Nein“, schüttelte sie den Kopf. „Sie sind eben erst angekommen.“

„Sehr schön“, grinste er. Gin zog seine Waffe heraus und ging auf den Wagen zu.
 

Camel schluckte. „Wir müssen sofort hier weg“, sprach er und blickte zu Akemi.

„Eine Falle…“, murmelte sie leise.

„Leider…verdammt…und ich bin darauf reingefallen“, entgegnete er. Camel startete den Motor, doch dafür war es schon zu spät. Es klopfte an der Fensterscheibe von Akemi und nachdem Beide dorthin sahen, erblickte sie nur noch den Lauf der Waffe.

Wodka trat an die andere Seite, er richtete seine Browning auf Camel. Dann wies Gin, mit einer Handbewegung, die Beiden dazu an, das Fenster zu lassen.

„Wir haben keine andere Wahl“, entgegnete Camel leise und ließ beide Fenster herunter.

„Danke, dass ihr uns zu Sherry geführt habt“, sprach Gin lächelnd.

„Lasst sie in Ruhe“, raunte Akemi.

„Ich an deiner Stelle würde nicht so große Töne spucken. Los aussteigen.“

Camel knurrte leise und machte die Tür langsam auf.

„Oh nein, du warst nicht gemeint“, gab Gin von sich. „Nur die Kleine.“

„Nur über meine Leiche“, entgegnete Camel.

„Das kann schneller gehen als du denkst.“

„Nicht“, warf Akemi ein. „Ich steig schon aus“, fügte sie dann an und öffnete langsam die Tür. Akemi stieg aus und blickte Gin an. „Ihr werdet Shiho nicht kriegen.“

„Was macht dich da so sicher?“, wollte er von ihr wissen.

„Das FBI ist schon auf euren Fersen. Sie kriegen euch vorher“, gab sie von sich.

„Das werden wir noch sehen“, sprach das Organisationsmitglied. „Hast du wirklich geglaubt, wir würden dich einfach so gehen lassen?“, wollte Gin von ihr wissen.

„Ihr wolltet mich doch nie gehen lassen. Das war alles nur euer Plan. Hab ich Recht? Ihr wolltet, dass ich bei dem eine Milliarde Yen Raub sterbe.“

„Kamst du alleine darauf oder hat es dir jemand erzählt?“, kam es von Gin.

Akemi wich nach hinten, spürte aber nur die kalte Tür des Autos.
 

Shinichi lag wach auf dem Boden. Er starrte die Decke an. Doch egal was er machte, er konnte einfach nicht schlafen. Immer wieder dachte er an die Organisation. Nun hatte er zwar verstanden, um was es ging, aber die ganzen Zusammenhänge waren immer noch fern. Der Oberschüler stand auf und ging an das Fenster, welches er öffnete. Dann schloss er die Augen und atmete tief durch. Die Kälte tat seinem Gesicht gut.

„Kamst du alleine darauf oder hat es dir jemand erzählt?“, hörte Shinichi.

Er öffnete die Augen und erblickte nur Schatten. Das Auto erkannte er aufgrund der leuchtenden Scheinwerfer. Und dann sah er auch schon, wie mehrere Männer aus dem Gebäude los liefen.

Ihn konnte nichts mehr aufhalten. Allein seine Berufung als Detektiv führte dazu, dass er aus dem Zimmer, an dem FBI Agenten, der Wache hielt, heraus lief und den Ausgang des Gebäudes suchte.

Shinichi blickte sich um. Als er die Schatten wieder sah, versteckte er sich hinter einem Pfosten. Er wartete und versuchte mehr zu erkennen.
 

„Das werden mir zu viele Leute“, entgegnete Gin. „Deine Schwester wird nicht mehr lange solch ein Glück haben“, fügte er an und schoss Akemi in den Bauch.

„Du…wirst…“, die junge Frau sank auf den Boden. „…sie nicht…kriegen…“, wisperte sie leise.

„Los weg hier“, wies Gin seinen Partner an.
 

„Schießt auf sie“, kam es von einem FBI Agenten, der aus dem Gebäude kam. Er richtete seine Waffe auf Gin und schoss. Doch da er nur einen Schatten sah, traf er das Organisationsmitglied nicht. „Verflucht. Macht weiter.“

Gin grinste. In der Dunkelheit konnten sie ihn nicht treffen. Dafür waren sie nicht ausgebildet. Gin schoss mehrfach auf die Männer vom FBI und traf auch einige von ihnen. Dann lief er zu seinem Wagen. Es waren zu viele, um sie alle zu erledigen.

„Warte, Aniki“, gab Wodka von sich. In dem Moment, wo er los laufen wollte, schlug Camel die Tür auf und das Organisationsmitglied wankte nach hinten.

Camel sprang aus dem Wagen und richtete seine Waffe auf Wodka. „Ich würde mich nicht rühren“, gab er von sich und ging an dem Wagen herum. Durch die Scheinwerfer konnte er von seinen Kollegen – zumindest von denen, die von Gin nicht getroffen wurden – gesehen werden. Jetzt galt es sich zu entscheiden. Wollte er die Organisation fassen oder wollte er Akemis Leben retten? Egal für was er sich entschied, er würde immer etwas falsch machen.

Camel knurrte. Er lief um den Wagen herum und kniete sich zu Akemi. Sogleich nahm er sein Handy hervor und rief einen Krankenwagen.

„Halten Sie durch.“
 

Gin zischte. Wieder schoss er auf die FBI Agenten. Jetzt konnte und wollte er nicht mehr warten. Gin stieg auf dem Fahrersitz ein. Er wechselte sein Magazin und gab erneute Schüsse von seiner Waffe ab.

„Steig schon ein“, raunte er zu Wodka, der zu dem Wagen torkelte.

„Ja“, nickte dieser und stieg mit Mühe in den Wagen.

Gin fuhr los. Er trat so kräftig wie es nur ging, auf das Gaspedal.
 

Nachdem der Kugelhagel endete, lief Shinichi zu dem Wagen. Sogleich erblickte er Camel und kniete sich zu der, am Boden liegenden, Frau. Dann sah er zu Camel. „Haben Sie schon einen Krankenwagen gerufen?“

Camel nickte. „Er wird gleich da sein“, sprach er. Camel zog seine Jacke aus und drückte sie auf Akemis Wunde.

Die junge Frau hustete Blut aus. Sie blickte schwach zu Shinichi. „Die Organisation ist gefährlich…“, wisperte sie.

Shinichi nickte. „Ich weiß, ich hab schon von ihnen gehört.“

„Pass…auf meine Schwester…auf…“

„Keine Sorge. Soll ich Ihre Schwester holen?“, wollte Shinichi wissen.

„Nein…sie soll…nicht sehen…“, murmelte Akemi. Sie hustete erneut. „Sh..u..i…“

„Er kommt bestimmt gleich. Jodie hat ihn sicher angerufen. Sie dürfen nicht so viel reden“, entgegnete Camel.
 

Shuichi drängte den Porsche von der Straße. Der FBI Agent war angespannt und versuchte alles um Gin jetzt zu fassen. Er zog seine Waffe aus dem Holster und schoss in die Fensterscheibe seines Gegners.

Gin knurrte. „Sollte uns Vermouth nicht Rückendeckung geben?“

„Weiß nicht, Gin“, murmelte Wodka.

„Nun sitz hier nicht so blöd, schieß endlich.“

„Ja“, nickte Wodka. Er zog seine Browning heraus, kurbelte das Fenster herunter und steckte dann den Arm raus. Er schoss und hoffte, sein Ziel zu erreichen.

„So schnell entkommst du mir nicht“, sprach Akai zu sich selber. Er trat noch einmal auf das Gaspedal, genauso wie Gin, der als nächstes die Abkürzung über die Brücke nahm. Die Brücke fuhr hoch und Akai hatte keine Chance mehr ihnen nach zu fahren. Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder mit Vollgas über die Brücke fahren und rüber kommen oder in den Fluss fallen.
 

Jodie parkte ihren Wagen und sprang aus ihm heraus. Sie lief zu Camel und Shinichi. „Oh nein“, murmelte sie dann.

„Doch“, nuschelte Camel leise. Er blickte zur Seite. „Sie wollte Akai sehen…“

„Ich hab ihn angerufen…“, entgegnete Jodie. Sie schluckte.

„Wir konnten nichts mehr für sie tun“, gab Shinichi von sich und stand auf.
 

Mehrere Blaulichter standen vor dem Gebäude. Darunter auch die Polizei, die wissen wollte, was passiert war. Doch viele Informationen bekamen sie nicht.

Als Akemi auf die Trage gelegt und ein weißes Tuch über ihren Körper gelegt wurde, kam Shuichi an. Er stieg aus seinem Wagen und ging zu der kleinen Gruppe. Sobald er sah, was los war, ballte er die Faust.

Nach zwei Jahren bekam er sie wieder und nun verlor er sie erneut.

„Shuichi…“

Der FBI Agent schüttelte den Kopf. Er ging an Jodie vorbei.

„Shu“, wisperte Jodie erneut. Sie seufzte und blickte zu Shinichi. „Du solltest jetzt wieder rein gehen.“

Der Oberschüler nickte.
 

„Hat sich Akai immer noch nicht gemeldet?“, wollte James wissen.

Jodie schüttelte den Kopf. „Seitdem er gestern an mir vorbei lief, hab ich nichts mehr von ihm gehört. An sein Handy geht er auch nicht“, entgegnete sie.

„Verständlich. Mit so einem Verlust hat keine gerechnet.“

„Ich weiß.“

„Habt ihr es schon Shiho gesagt?“

Jodie schüttelte den Kopf. „Wir wollten noch warten. Shinichi wollte es ihr lieber selber mitteilen.“

„Wir sollten nicht länger warten. Wir haben zwar die Wachen für heute Nacht aufgestockt, aber es ist wichtig, dass wir sie an einen anderen Ort bringen.“

„Gut…dann gehen wir“, nickte die FBI Agentin.
 

Shinichi saß auf dem Boden. Immer wieder blickte er zu Shiho. Er brachte es noch nicht über das Herz ihr davon zu erzählen. Der Oberschüler überlegte sich immer wieder, wie er es am besten sagen konnte, aber ihm viel einfach nichts Gutes ein.

„Ist irgendwas?“, wollte Shiho von ihm wissen.

Shinichi schwieg eine Weile, ehe er anfing. „Ich muss dir was sagen.“

„Nur raus damit“, entgegnete sie.

Es klopfte an der Tür. Alle Blicke waren auf diese gerichtet, als James Black und Jodie Starling den Raum betraten. „Hast du es ihr schon gesagt?“, wollte Jodie von Shinichi wissen.

Der Oberschüler schüttelte den Kopf. „Ich wollte es ihr gerade sagen.“

„Gut“, nickte Jodie.

„Shiho…“, fing Shinichi an. „Gestern gab es einen Unfall. Die Organisation hat das FBI in eine Falle gelockt. Dabei…“

„Dabei?“

„Deine Schwester starb dabei“, wisperte er leise.

Shiho schluckte, ehe sie den Kopf schüttelte. „Nein, das glaub ich nicht“, meinte sie. „Ich hab doch noch mit ihr telefoniert. Das…ihr sagt das nur so.“

„Nein, ich war dabei. Sie starb in meinen Armen“, sprach der Oberschüler.

„Es war Gin“, fügte Jodie hinzu.

„Gin…“ Shiho verschränkte die Arme vor ihrem Gesicht. „Nein…“ Sie weinte.
 

Shiho stand am Fenster der neuen Wohnung, die sie vom FBI bekam. Sie seufzte und blickte nach draußen.

„Wie geht’s dir?“

Shiho zuckte mit den Schultern. „Hast du deine Freundin schon erreicht?“

„Ja“, nickte er. „Ran macht sich zwar Sorgen um mich, aber versteht, dass ich wegen einem Fall erstmals nicht nach Hause kann.“

„Du kannst es nicht mit der Organisation aufnehmen. Ich rate dir, vergiss sie und geh nach Hause zurück“, sprach sie leise.

Shinichi schüttelte den Kopf. „Ich kann und werde das nicht so einfach vergessen.“

„Bist du bescheuert?“, raunte Shiho. „Du hast doch gesehen, was sie mir angetan haben.“

„Deswegen breche ich auch den Kontakt zu allen ab. Wenn es Keinen gibt, zu dem ich gehen kann, wird sie die Organisation in Ruhe lassen.“

„Du bist verrückt. Selbst wenn du keinen mehr wiedersehen solltest, sie würden sich trotzdem um deine Familie und deine Freunde kümmern“, warf sie ein.

„Ich bin mir dem Allen bewusst.“

„Du bist ein Idiot“, gab Shiho von sich.
 

Ran sah den Professor an. „Sie wissen doch bestimmt etwas. Wo ist Shinichi?“, wollte sie wissen.

Der Gefragte schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Ran, er hat mir nichts gesagt. Ich weiß nur, dass er für eine längere Zeit nicht da sein wird, wegen einem Fall.“

Das Mädchen seufzte auf. „Er war so komisch am Telefon.“

„Shinichi wird schon seine Gründe haben“, entgegnete der Professor.
 

Gin knurrte. Er warf einen Stuhl im Raum um und zischte.

„Habt ihr sie gefunden?“

„Bisher nicht“, antwortete Wodka.

„Dann sucht weiter. Sie kann nicht einfach so verschwunden sein“, knurrte Gin wütend.

„Bist du immer noch wütend, Gin?“

„Sei still, Vermouth.“

Die junge Frau lachte. „Reicht es dir nicht, dass ich dir vor drei Tagen den Aufenthaltsort von Sherry gesagt habe? Ich erinnere dich gerne daran, dass es dein Fehler war, dass du sie nicht schon erledigt hast. Hättest du dich nicht so sehr auf Akemi konzentriert, hättest du Sherry bekommen.“

„Pff…und wenn schon“, entgegnete Gin.

„Es geht dir immer noch um deine Rache. Hast du sie wenigstens bekommen? Bist du jetzt glücklich, dass du es warst, der Shuichi Akais Freundin umbrachte?“

„Das geht dich nichts an, Vermouth. Und wenn schon, warum sollte ich mich rechtfertigen?“

„Mach was du willst. Ich wollte dir nur sagen, dass sich Sherry jetzt besser versteckt hat.“

„Wir finden sie schon noch. Daran besteht kein Zweifel.“
 

„Das ist deine Meinung“, sprach Shinichi. Er lächelte leicht. „Hör zu. Wir sitzen jetzt im gleichen Boot. Du solltest dich mit der Situation anfreunden“, meinte er.

„Siehst du immer alles so positiv?“, wollte Shiho wissen.

„Das ist wohl eine Berufskrankheit“, antwortete Shinichi. „Wenn ich alles düster sehen würde, würde ich meinen Beruf nicht machen können.“

„Hmm…musst du wissen. Ich seh es nur realistisch.“

„Das mach ich auch oft. Aber wenn du trotzdem nicht den Glauben daran hast, dass es gut ausgeht, dann bist du in dieser Welt verloren“, warf er ein.

„Mag sein…“, murmelte Shiho. „Ich geh jetzt ins Badezimmer“, sprach sie.
 

Shiho stand am Spiegel. Sie blickte ihr Spiegelbild an und seufzte. Egal wie viel Tage vergingen, nichts war besser geworden. Der Schmerz war immer noch da. „Ich bin bald bei dir, Akemi“, wisperte sie leise. Shiho griff in ihre Hosentasche. In der Organisation trug sie ihr Gift immer in der Kitteltasche bei sich. Und nachdem sie den Schutz des FBIs hatte, verstaute sie dieses in der Hosentasche. Die Wissenschaftlerin sah sich die kleine Pille an. Sie würde ihr Leben beenden.

Shiho drückte den Wasserhahn hoch und blickte dem Wasser mehrere Sekunden zu. Dann beugte sie sich runter, nahm einen großen Schluck und anschließend das APTX.

Sie schrie.

„Shiho“, rief Shinichi. Er lief an die Badezimmertür und warf sich dagegen. Die Tür war abgeschlossen, sodass er es immer wieder versuchen musste.

Langsam öffnete Shiho ihre Augen. Sie lebte noch. Trotz Einnahme von APTX 4869 lebte sie noch. Shiho sah auf ihre Hände. Dann begriff sie schockiert, dass sie ein Kind war.
 


 

Professor Agasa blickte sie an. Er hob die Augenbraue und grübelte eine Weile. Die ganze Zeit über reagierte sie nicht auf das, was er sagte. Dann blinzelten ihre kindlichen Augen mehrmals, ehe sie realisierten was passiert war.

„Professor…Agasa…“, murmelte Ai.

Erleichtert seufzte der Angesprochene auf. „Zum Glück, dir geht es gut“, sagte er.

„Eh?“, dann aber nickte sie. „Alles in Ordnung.“ Ai schloss das Buch, welches auf ihrem Schoss ruhte und streckte sich.

„Bist du dir sicher?“

„Aber ja doch“, entgegnete sie.

„Du kannst runter kommen, das Essen ist gleich fertig.“

„Ich bin gleich da“, nickte sie. Ai stand auf. Langsam ging sie ans Fenster und blickte heraus. Es regnete und die Stimmung war trist.

„Selbst wenn alles anders gekommen wäre, unser Schicksal hätten wir nicht aufhalten können.“

_________________________
 

Moin moin,

das war auch schon das letzte Kapitel von 'Maskierter Morgen'. Ich hoffe, euch hat die kleine FF gefallen.

In der nächsten Woche geht es auch mit einer neuen FF von mir weiter. Sie heißt 'Idyllisches Inferno' und es wird hauptsächlich darum gehen, wie die Organisation von Conan unter Hilfe des FBI's gefunden und vernichtet wird. Es wird direkt nach den Ereignissen im Bell Tree Express spielen, aber mehr möchte ich momentan nicht dazu sagen, ich will ja nicht alles ausplaudern. ^.^

Also dann, vielen Dank, für das Lesen von 'Maskierter Morgen' und wenn ihr wollt, sehen wir uns nächste Woche wieder.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  charlie94
2012-08-19T18:06:47+00:00 19.08.2012 20:06
tolles kapi!!!!!
es geht in einem ruhigen atmosphäre spannend weiter :D
ich freue mich schon riesig afdas nchste kapi ;)
lg charlie
Von:  charlie94
2012-08-08T23:18:21+00:00 09.08.2012 01:18
mir gefäält deine idee wirklich gut :D
ich wollte schon immer so eine geschichte lesen :)
ich bin wirklich daruf gespannt wie es weitergeht
ich erinnere mich ein paar geschichte von die gelsen zu haben , sie sind wirklich toll!
lg charlie
Von:  Smaragd
2012-07-30T11:52:59+00:00 30.07.2012 13:52
Deine Geschichte ist einfach der helle Wahnsinn!
Die Atmosphäre welche du hier webst ist unglaublich autentisch!
Ich mag einfach die Bilder welche dadurch in meinen Gedanken entstehen.
Auch an deinem Schreibstil habe ich nichts auszusetzen.
Ich freue mich auf jedes weitere Kapitel!
lg von Smaragd
Von:  Malerin
2012-06-18T08:45:21+00:00 18.06.2012 10:45
Hi!

Also erstmal: ich finde deine Idee super! Ich bin mal gespannt wie du das alles alleine von Anfang neuaufziehen willst. Könnte schwierig werden.^^

Deine Sprache ist auch klasse. Man kann alles fließend lesen und sich gut hineinversetzen. Das einzige was mich wirklich nervt ist, wenn du Ran "Langhaarige" oder "Braunhaarige" nennst. Ich muss dann immer an Pferde oder Langhaardackel denken xD Außerdem mag ich es nicht, wenn ein so wichtiger Hauptcharakter auf seine Frisur reduziert wird. Ich hoffe du verstehst, was ich meine.^^ Aber ich denke, dass es andere auch anders sehen werden.

Das Kapitel an sich ist nicht unbedingt so spannend, aber das liegt daran, dass wir alle ja den Anfang auch ungefähr so kennen.^^ (nur das Schrumpfen wurde ausgelassen)

Aber insgesamt: super! Mach weiter so! Ich lese bestimmt weiter :-)

lg die Malerin




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