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Green Eyes

von

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Nidhöggr

Loki´s POV:
 

Ich landete auf einer riesigen, vereisten Fläche. Ein wenig benommen von der Geschwindigkeit des Bifröst war ich einen Moment völlig desorientiert, bis ich meine Gedanken soweit sortiert hatte, dass ich mich eingehend umschauen konnte.

Die Fläche, auf der ich stand, stellte sich als eine Art Plattform heraus, die an einem Berghang lag. Generell schien Niflheim vor Allem aus weiten Ebenen, leblosen grauen Gesteins und Bergen zu bestehen.

Von meinem Plateau aus konnte ich die gigantische Ebene vor mir perfekt überblicken und einen Moment lang fragte ich mich, wo hier eine Quelle sein sollte, bis ich in der Ferne ein grünliches Schimmern ausmachte. Selbst mit meinen Augen konnte ich nicht erkennen was sich hinter der Erscheinung verbarg und auch wenn es gegen meiner Natur entsprach, einfach ohne Plan loszustürmen, wie es mein Bruder so gerne tat, wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte, wenn ich diese Prüfung einmal beenden wollte.

Also machte ich mich an den Abstieg und spürte, mit jedem Meter, den ich mich weiter der Ebene näherte, die Kälte, die scheinbar hier vom Boden aufstieg. Unwillkürlich musste ich an Geschichten denken, die Odin, Thor und mir an manch einem kühlen Winterabend vor dem Kamin erzählt hatte. Er berichtete uns oft von den Abenteuern, die er erlebt hatte, als er noch jünger gewesen war und eines Abends, als die Sterne Asgards von einem der seltenen Unwetter verdeckt wurden, berichtete er uns auch von Niflheim, dem Eisreich. Sofort musste ich damals widersprechen, denn schließlich wusste jedes Kind, das doch Jotunheim das Reich des ewigen Eises war doch Odin sagte nur: „Du irrst dich Loki. Früher war Jotunheim ein blühender Ort voller Leben. Auch die Eisriesen lebten noch nicht dort, doch dann kam Nidhöggr und nahm Niflheim, die alte Heimat der Eisriesen, in seine Gewalt. Die Eisriesen flohen nach Jotunheim, die Heimat aller Riesen, doch sie wurden dort nicht akzeptiert und dann forderte der König der Riesen, den König der Eisriesen heraus und provozierte so einen Krieg, den die Eisriesen gewannen. Deshalb ist Jotunheim heute die Heimat der Eisriesen.“

Seine Erklärungen zu diesen Ereignissen und seine Beschreibung von Nidhöggr bescherte mir damals heftige Albträume.

„Und heute sollst du gegen dieses Ungeheuer kämpfen, welches ein ganzes Volk, hartgesottener Krieger vertrieben hat. Super gemacht, Loki!“, murmelte ich, während ich die letzten paar Meter des Abhanges herunterrutschte. Die Stille um mich herum machte ich fertig und ich fragte mich plötzlich, ob man durch Einsamkeit wahnsinnig werden konnte.

„Denk lieber nicht über so was nach. Aber es wäre schon interessant! Nein wäre es-“ Erschrocken hielt ich mit sämtlichen Bewegungen inne. Hatte ich gerade mit mir selbst geredet? Wütend schüttelte ich den Kopf und biss mir auf die Zunge um meine eigenen Gedanken nicht zu kommentieren. Ich würde nicht mit mir selbst reden, nur weil ich einmal allein einen Auftrag übernehmen musste.

Um mich von mir selbst abzulenken, betrachtete ich kurz meine Umgebung, denn mittlerweile hatte ich es geschafft, den Berg hinter mir zu lassen und befand mich nun auf der weiten Ebene. Sie war mit kleinen, grauen Steinen bedeckt und Reif bildete sich an den scharfkantigen Steinbrocken. Nirgendwo sah man Pflanzen oder wenigstens Gras, nur eine triste, graue Landschaft, die von einem noch tristeren, grauen Himmel überspannt wurde.

Ich wusste, würde ich noch länger hier stehen bleiben, würde es wahrscheinlich schneller Nacht werden, als mir lieb war und ich hatte eigentlich nicht vor, in dieser Einöde zu übernachten. Also ging ich entschlossen los, auch wenn es mir nicht behagte, den schützenden Berg zu verlassen.
 

Je weiter ich mich von der Felswand entfernte, desto kleiner fühlte ich mich, denn ich schien das einzige Lebewesen an diesem trostlosen Ort zu sein und ohne es zu bemerken, beschleunigte ich meine Schritte.

Der grüne Schimmer, den ich noch von der Plattform aus sehen konnte, war nun vollends verschwunden und ich war dankbar für die anderen Berge, welche die Ebene begrenzten, denn ohne sie wäre ich wahrscheinlich im Kreis gelaufen.

Als meine Beine langsam zu schmerzen begannen, weniger wegen des Laufens, sonder viel eher wegen der eisigen Temperaturen, die durchgehend gleich blieben, da es hier ja scheinbar auch keine Sonne gab, sah ich endlich wieder einen grünen Flecken in der Ferne und ich betete innerlich zu allen mir bekannten Göttern, dass dies keine Illusion war, denn meinem überanstrengten, gestressten Gehirn traute ich mittlerweile alles zu.

Doch mit jedem Schritt, den ich näher an das undefinierbare Grün herantrat, kam dieses auch näher und bald darauf ließ ich die letzte grauen Steine hinter mir und stand kurz darauf an einem… Sumpf?

„Ach komm schon.“, murmelte ich und ignorierte dabei geflissentlich, dass ich schon wieder Selbstgespräche führte: „Das kann doch nicht euer Ernst sein. Erst eine Eistundra und jetzt ein Sumpf?“

Wütend vor mich hinmurmelnd ging ich am Rande des Sumpfes auf und ab, denn diesmal ohne Plan loszulaufen, könnte mich das Leben kosten, also besah ich mir Bodenbeschaffenheit und Pflanzenwachstum um einen geeigneten Weg zu finden, bis ich plötzlich auf einen kleinen Pfad traf, der, verborgen unter allerlei Sumpfpflanzen, scheinbar durch das Moor führte.

Vorsichtig stellte ich einen Fuß auf den schlammigen Weg und stellte fest, dass er scheinbar noch benutzbar war, also machte ich mich misstrauisch und äußerst angespannt auf den Weg durch den Sumpf.
 

Es stellte sich als schwieriger heraus, als gedacht, denn der Pfand war mit Schlamm bedeckt und wenn man nicht genau aufpasste, konnte man ausrutschen und wäre mitten in die morastigen Seen gefallen. Wieder musste ich an Thor denken und ein leichtes, wehmütiges Lächeln umspielte meine Lippen, als ich daran dachte, dass auch diese Aufgabe ohne mich in einer Katastrophe geendet wäre.

„Scheinbar hat man diese Prüfung nicht nur wegen meiner strategischen Erfahrung ausgesucht.“, sagte ich. Mittlerweile erschien es mir völlig sinnlos zu unterdrücken, dass ich mit mir selbst sprach. Es war keiner da um es zu hören und ich würde die Tatsache, das ich mich bereits nach wenigen Stunden allein, einsam fühlte, sicher niemanden unter die Nase reiben.

Eine plötzliche Bewegung in meinem Augenwinkel riss mich aus meinen Gedanken und als ich herumwirbelte, die Hand bereits am Gürtel um die Dolche zu ziehen, sah ich mich einer gigantische Schlange gegenüber. Unwillkürlich erkannte ich, dass es sich scheinbar um einen Basilisken handelte, denn die Schlange war beinahe zwanzig Meter groß und ihre Giftzähne so lang wie mein ganzer Arm.

Mit einem aggressiven Zischen stürzte sich das riesige Reptil auf mich und ich konnte im letzten Moment den Giftzähnen mit einem beherzten Sprung nach hinten ausweichen. Jetzt stellte sich der Schlamm als besonders knifflig heraus, denn ich hatte keine Zeit mir einen festen Stand zu suchen und der Schlange schien der glitschige Untergrund nichts auszumachen. In Sekundenschnelle war sie wieder zum Angriff bereit und ich hatte alle Hände voll damit zu tun, nicht in den Sumpf um mich herum, zu fallen.

In dem Moment, als die Schlange wieder den Kopf hob, um mich kurz darauf wieder anzugreifen, hatte ich einen Gedankenblitz und blieb still stehen. Erst im allerletzten Moment sprang ich nach hinten und schleuderte im selben Moment eine Feuerkugel, die ich beschworen hatte, auf den Kopf des Tieres. Der rotglühende Ball explodierte in einer Supernova direkt am linken Auge des Tieres und vor Schmerz zischend, zog sich das hässliche Vieh zurück.

Als ich sicher sein konnte, nicht noch einmal angegriffen zu werden, drehte ich mich wieder um und bemerkte zu meinem Erstaunen, dass ich scheinbar das Ende des Sumpfes erreicht hatte. Ich stand auf einem Ring aus trockenem Boden, der einen riesigen See umschloss. Das Wasser des Sees war glasklar und in der Mitte des Gewässers, auf einer kleinen Insel, stand ein wunderschöner Baum.

Der Baum hatte bläulich schimmernde Blätter und aus seinen Wurzeln floss klares Wasser in den See. Hvergelmir die Quelle aller Flüsse und Seen. Es hätte ein atemberaubend schöner Ort sein können, wäre da nicht der riesige Drache gewesen, der sich am anderen Ende des Sees zusammengerollt hatte.

Er war gigantisch! Sein riesiger, dreieckiger Kopf lag auf, mit Krallen, so lang wie Schwerter, besetzten, Klauen, die so groß waren, wie ein ganzer Schrank. Der überdimensionale Körper war am Rücken mit scharfen Zacken bewehrt, die in den langen Schwanz übergingen und an der Spitze eine Speerähnliche Verformung bildeten. Die Augen, die ungefähr so groß waren, wie die Schilde der Eisriesen, waren geschlossen und auch sein Maul verbarg noch die scharfen Zähne, welche mit einem einzigen Biss, ein Pferd durchtrennen konnten.

Mein entsetzter Blick fiel auf die Schuppen des Tieres und überrascht stellte ich fest, das diese sogar eine ziemlich schöne Farbe hatte. Im ersten Moment hatte ich geglaubt, das Nidhöggr´s Schuppen einfach nur schwarz waren, doch nun, wo ich genauer hinsah, konnte ich sehen, dass sie scheinbar die Farbe wechselten, wie ein gefangener Regenbogen.

Ein lautes Grollen, welches klang wie Thor´s Donner, riss mich aus meinen Gedanken und ich blickte wieder zu dem Ungetüm. Er schien zu schlafen und unwillkürlich musste ich grinsen. Scheinbar waren meine Ahnen mir doch wohlgesonnen, denn wenn ich es schaffte Nidhöggr von drei seiner Schuppen zu befreien, ohne das er erwachte, hätte ich meine Aufgabe erledigt und das sogar ohne, höchstwahrscheinlich tödliche, Verletzungen.

Mit einem gemurmelten Spruch machte ich mich unsichtbar und begann mich mit lautlosen Schritten der Bestie zu nähern. Die Unsichtbarkeit hielt nicht lange und wenn ich diese Schuppen haben wollte musste ich mich beeilen.

Je näher ich dem Drachen kam, desto heftiger wurde der Gestank von verwestem Fleisch und ich musste an mich halten, nicht zu würgen. Den grässlichen Geruch so gut es ging ignorierend, versuchte ich so leise wie möglich zu sein und als ich endlich vor dem Drachenkopf stand, raste mein Herz wie wild.

Vorsichtig schob ich mich seitlich an dem Wesen vorbei und versuchte mich daran zu erinnern, wo die Schuppen am leichtesten zu entfernen waren. Drachen waren in dieser Hinsicht nämlich wie Schlangen und häuteten sich, um zu wachsen. Zwar warfen Drachen ihre Schuppen nicht auf einmal ab, doch es gab immer Stellen, bei denen sich die Schuppen leicht lösten. Die Flügel zum Beispiel!

Ich stand neben Nidhöggr´s Schulter, als mir dies einfiel und als ich die Kopf hob, um zu sehen, wo die Flügel saßen, konnte ich nur mühsam ein Aufstöhnen unterdrücken, denn um an die Flügel zu kommen, musste ich mich wohl oder übel auf den Rücken des Drachens begeben.

Innerlich vor mich hin fluchend, suchte ich eine gute Stelle zum Hinaufklettern und fand diese in zackenähnlichen Ausbuchtungen am Ellbogen des Vorderlaufs. Behutsam berührte ich die Schuppen an dieser Stelle des großen Körpers und als der Drache sich nicht rührte, begann ich vorsichtig mit dem Aufstieg. Nidhöggr schien gar nicht zu bemerken, dass ihm gerade jemand auf den Rücken kletterte und ich flehte meine Ahnen an, dass dies so bleiben möge.

Als ich den Rücken endlich erreicht hatte, schien mein Herz aus meinem Brustkorb springen zu wollen, mein Mund war staubtrocken und ich schwitzte, doch ich durfte jetzt nicht innehalten. Ich saß auf dem Rücken des größten Drachens aller neun Welten und wenn ich nicht wollte, dass ich immer noch dort saß, wenn dieser erwachte, musste ich mich jetzt beeilen.

Vorsichtig, immer einen Schritt nach dem anderen setzend, näherte ich mich der anliegenden Flügelmembran. Dort, wo der Flügel in den Körper des Drachen überging, gab es nämlich Tellergroße Schuppen und ich sah schon von weitem, das einige bereits halb abgeworfen waren.

Als ich die Stelle erreichte, lauschte ich einen Moment, doch scheinbar war Nidhöggr durch meine Aktion nicht aufgewacht. Der gleichmäßige Atem des Drachen vibrierte durch seinen Körper und er hatte sich auch noch keinen Millimeter bewegt. Langsam ließ ich mich auf ein Knie sinken und betrachtete die Schuppen vor mir. Ungefähr ein dutzend schien schon gelockert zu sein und als ich meine Finger unter einer dieser Schuppen schob, spürte ich, dass sie nur noch von den darunter bereits nachgewachsenen Schuppen gehalten wurde. Mit langsamen und präzisen Bewegungen, eines Uhrmachers gleich, löste ich die erste Schuppe vom Panzer und als diese sich mit einem leichten Zischen lösten, wartete ich einen Moment. Nidhöggr schien von der ganzen Prozedur immer noch nichts mitzubekommen und so machte ich mich an die anderen beiden Schuppen.

Als ich endlich die dritte gelöst hatte, atmete ich erleichtert auf, steckte sie in meine mitgebrachte Satteltasche, die zur Zeit als eine Art Rucksack fungierte und machte mich vorsichtig wieder an den Abstieg.

Ich hatte kaum wieder festen Boden unter den Füßen, da begann ich schon schnell loszulaufen, mit dem einzigen Gedanken an Asgard im Kopf. Doch als ich mich gerade an Nidhöggr´s Kopf vorbeigeschlichen hatte, spürte ich plötzlich ein unheilvolles Kribbeln im Nacken und resigniert schloss ich die Augen. Als ich mich dann umdrehte, sah ich in blutrote Augen, mit geschlitzten Pupillen und der letzte Gedanke, bevor ich die Beine in die Hand nahm war: Nidhöggr war wach!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Witch23
2012-12-27T14:51:41+00:00 27.12.2012 15:51
Ein echt interessantes und auch witziges Kapitel. Loki führt Selbstgespräche die er sich verbietet. Er klettert auf den Drachen um sich drei schuppen zu besorgen und dann wacht der Drache auf. einfach ein herrlich schon fast episches Kapitel und Abenteuer.


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