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Bakaito und Ahoko

Eine Kaito-Aoko-Romanze
von

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Case 3: StereoTyp

In sicherem Abstand folgte Kaito Aoko. Ab und an ließ er sich kurz zurückfallen, indem er sich auf Straßenschilder oder Ähnlichem zu konzentrieren schien, damit Aoko keinen Verdacht schöpfte oder sich gar beobachtet vorkam. Während er hier also so hinterherschlich, malte er sich aus, weswegen sie sich wohl so herausgeputzt hatte… bisher hatte er sie nur einmal so aufgedonnert gesehen – und das war damals, als sie zusammen in das Billiard-Café gegangen waren, um den legendären Queue zu stehlen. Und da war sie kläglich gescheitert. Er selbst hatte sie noch mal komplett umziehen müssen… damals war ihr Outfit kein Vergleich dazu gewesen, wie sie jetzt aussah.
 

Vielleicht traf sie sich mit Keiko, um einfach mal ein bisschen das Leben als Oberstufenschülerin zu genießen… oder eventuell ins Theater – für so eine schnöde, schnulzige Romanze… vielleicht traf sie sich ja auch mit diesem Möchtegerndetektiv Saguru Hakuba! Baah, das mochte sich Kaito gar nicht vorstellen… dieser schmierige, komische Typ mit Aoko… pfff, dabei passten sich doch so gut zusammen. Der erfolglose Detektiv und die Tochter des erfolglosen Kommissars. Trotzdem konnte Kaito den Gedanken nicht ausstehen. Schlimm genug, dass Hakuba schon offenkundig Interesse an Aoko geäußert hat, als er damals zu ihnen in die Klasse kam.
 

‚Dämlicher Typ‘, grummelte Kaito vor sich hin, während Aoko in hochhackigen Schühchen vor ihm entlang stakste und ab und zu dezent umknickte. Sie könnte ja fast elegant wirken, wenn sie nicht so burschikos und tollpatschig wäre...

Fünfzehn Minuten Fußmarsch später blieb Aoko vor einem Café stehen. Sie kramte ein kleines Zettelchen aus ihrem Handtäschchen und verglich die Adresse auf dem Stück Papier mit der Anschrift auf dem Café. Sie blickte unsicher nach links und rechts, als würde sie noch jemanden erwarten – oder vielleicht ein Zeichen, dass dies hier wirklich der Ort war, zu dem sie wollte. Sie schluckte kurz, sammelte sich und betrat dann entschlossen das Lokal. Kaito folgte ihr in einem sicheren Abstand von exakt vierzehn Sekunden. Ob das nun ein sicherer Abstand war, ist jedem selbst überlassen zu entscheiden. Für Kaito war es das – immerhin wollte er keinesfalls verpassen, was da so vor sich ging!
 

Es war ein kleines, kuschliges Lokal, das vom Eingang aus komplett einsehbar, weil es wirklich eher klein war. Überall an den Wänden waren Holzvertäfelungen. An den Wänden des Cafés waren Bänke mit rotem Lederbezug um die Holztischchen aufgestellt, während es in der Mitte des Raumes nur Tische mit Stühlen mit demselben Lederbezug gab. Ein ganz normales Lokal eben. Das gottseidank keine Trennwände hatte. Das hieß, Kaitos Lauschangriff stand nichts im Wege! Die vereinzelten Gäste, die über das Lokal verstreut waren, schienen sich relativ leise und eher mit sich selbst und ihren Laptops zu befassen. Eine geschäftig wirkende Servicekraft huschte von einem Tisch zum anderen, um Bestellungen aufzunehmen, zu servieren und abzuräumen.
 

Wenige Schritte von Kaito entfernt stand Aoko, die sich immer noch umsah. Es gab genügend freie Plätze, warum setzte sie sich nicht einfach? Nein, natürlich! Sie hielt Ausschau nach jemandem… nach einer Verabredung! Entweder war der- oder diejenige noch nicht da, oder Aoko war sehr blind. Sie wirkte hilflos und überfordert und Kaito hatte kurz das Bedürfnis, sie tröstend in den Arm zu nehmen, ihr über den Kopf zu streicheln und ihr zu sagen, dass sie sich nicht weiter umzusehen, nicht weiter zu suchen brauchte, weil er doch direkt hier war! Kaito vergaß diesen Gedanken schnell wieder. Das war doch dümmlich. So ein Unfug!
 

Plötzlich wurde weiter hinten im Café ein Arm gehoben, der zu Aoko rüberwinkte. Aha. Der Arm gehörte zu einem Typen, der Kaito auf seltsame Weise vertraut vorkam. Vermutlich, weil er aussah, wie irgendein x-beliebiger Typ, dem man ständig auf der Straße begegnete. Kaito schnaubte instinktiv verächtlich. Dies irritierte eine gerade zufällig vorbeikommende Kellnerin, die sich verwundert nach Kaito umsah. Kaum bemerkte er, dass er aufgefallen war, täuschte er einen Husten vor, um sein Schnauben so zu tarnen. Aoko war unterdessen federnden Schrittes zu dem winkenden Typen gelaufen, verbeugte sich artig und setzte sich ihm dann gegenüber. Es war ein Tisch für zwei Personen – es war also recht eindeutig, was da so laufen sollte. Kaito erstickte ein erneutes Schnauben rechtzeitig im Keim. Schließlich bewegte er sich eher widerwillig in Richtung des Tisches, an dem Aoko und Mr. X-beliebig saßen und suchte sich einen Tisch in unmittelbarer Nähe dazu aus. So konnte er sich ungeniert an dem Gespräch der beiden ergötzen und wunderbar alles mitbekommen, was ihn eigentlich überhaupt nichts anging.
 

Zuerst kam das standardgemäße Small-Talk-Geplänkel. Wie war dein Weg, wie geht’s dir so, dann dümmliches Gekicher – nicht von Aoko, nein, von diesem dümmlichen Typen, der sich erdreistete, hier in vermeintlich vertrauter Zweisamkeit mit Aoko vor sich hin zu grinsen -, was machst Du so, wie gefällt’s dir hier, blablabla, früher hätte ein Kaffee nicht so viel gekostet.
 

Während dieser trivialen Kommunikation hatte sich Kaito eine heiße Schokolade geordert und rührte nun gelangweilt in diesem herum. Man, er hatte sich das hier wesentlich spannender vorgestellt. Das hier war nur langweiliges Geplänkel. Wo waren die Emotionen, die Geheimnisse, das Flüstern, das Tuscheln, … die Action! Der Grund, aus dem Kaito Aoko so aufwendig nachgeschlichen war!
 

Doch Aoko schlürfte nur langsam durch einen Strohhalm ihre Cola. Plötzlich fiel das Gespräch dann immerhin auf ein Thema, bei dem auch Kaito mitreden konnte. Na ja, hätte mitreden können, wenn er denn gedurft hätte.

„Und, wie geht es deinem Vater?“, fragte der Typ mit dem 0815-Gesicht. Was hatte er für ein Recht, nach ihrem Vater zu fragen? War er… ihr Onkel? Ihr Cousin? Ein noch weiter entfernter Verwandter? Er kam Kaito ja gleich so bekannt vor… vielleicht hatte er ihn ja mal bei Aoko gesehen? Nichtsdestotrotz wurde Kaito hellhöriger. Eventuell würde er nun ja die Identität dieses… dieses… Kaito wusste nicht einmal wie er ihn angemessen beschimpfen sollte. Der Typ hatte einfach keinerlei bemerkenswerte Merkmale! Kein Quadratschädel, kein Fettsack, kein Schluffi, kein gar nichts!
 

Nun, wäre Kaito nicht so wahnsinnig voreingenommen gewesen, hätte er vielleicht das markante Kinn und die buschigen Augenbrauen aufgefallen. Aber er hatte sich bereits darauf versteift, dass dieser Typ einfach wahnsinnig langweilig aussah. Nervös tippte er mit den Fingern auf der polierten Tischplatte herum.

Aoko winkte gelangweilt ab und sagte: „Ach, es ist das Übliche. Er ist ganz versessen auf diesen Kaito Kid.“
 

Aokos besondere Art und Weise „Kaito Kid“ auszusprechen beeindruckte Kaito immer wieder. Es gab nichts, was Aoko noch verachtungsvoller und hasserfüllter aussprechen konnte. Und es gab niemanden, der „Kaito Kid“ mit noch mehr Hass ausspucken konnte. Es war fast ein erbarmungswürdiges Kunstwerk. Ein Meisterwerk.

Ihre Begleitung erwiderte etwas, doch Kaito konnte nicht verstehen, was er sagte – genau in diesem Moment schob sich eine Bedienung zwischen den beiden Tischen durch und fing so das Gespräch ab. So blieben Aoko und dieser seltsame Typ nun doch tatsächlich einen Moment lang unbelauscht!
 

Als Kaito wieder freie Sicht und freies Gehör hatte, konnte er einen Blick auf Aoko erhaschen, die gerade munter vor sich hin kicherte. Dabei benahm sie sich seltsam. Seltsam ungewöhnlich. Ungewöhnlich seltsam. Kein bisschen wie Aoko, wenn man es recht betrachtete. Sie hielt die Hand vor den Mund – sie tat fast so, als wäre sie… eine Dame. Wer zum Teufel war dieser Kerl das Aoko sich so für ihn verstellte? Als nächstes würde sie vermutlich auch noch eine Serviette benutzen! Dieses… dieses… Kaito fand keine Worte. Das war doch nicht mehr Aoko! Wo war das Mob schwingende Monster hin, das ihn seit seiner Kindheit auf die Palme trieb?
 

Mittlerweile konnte Kaito die beiden am Nachbartisch jedoch wieder ungehemmt belauschen. Er versenkte seinen Blick in die heiße Schokolade vor sich, um die beiden nicht ansehen zu müssen. Es fiel ihm schwer, seinen Blick an die Tasse vor sich zu fesseln anstatt an Aoko – aber andererseits wollte sie auch nicht sehen, wie sie diesen Typen so dümmlich anlächelte. Kaito grummelte in Gedanken vor sich hin. Warum gab sie sich überhaupt mit so jemandem ab? Er musste, zumindest nach dem zu urteilen, was Kaito bislang so von ihm gesehen hatte, doch viel älter sein als sie. Mindestens… vier oder fünf Jahre! Also viel, viel zu alt für sie. Sie sollte sich jemanden in ihrem Alter suchen. Und in seinem. Hey, warum nahm sie nicht einfach diesen netten, sympathischen Typen am Nebentisch, den sie schon seit Ewigkeiten kennt, und alles wäre gut? Weil’s nun mal nicht so ist. Weil Aoko eine dumme Gans ist. So. Darum saß Kaito nun ja auch alleine am Nebentisch wie ein abgehalfterter Voyeur anstatt zusammen mit Aoko an einem Tisch für zwei.
 

Kaitos Gedankenschwall, in dem er sich herzlichst über Aoko ausließ, hatte ihn für einige Momente von seinem eigentlichen Ziel abgelenkt – nämlich die beiden zu belauschen. Als er wieder einstieg, konnte er Mr. X-Beliebig gerade sagen hören: „Haha, ja, das kann ich mir vorstellen, ich weiß ja, wie der Kommissar uns immer rumkommandiert, wenn Kid eine Ankündigung gemacht hat!“

Und nun kam Kaitos geniale Kombinationsgabe zum Zug. Zwei Dinge enttarnten diesen Typen. Es war ganz klar zu sehen, dass er ein vollkommener Trottel war. Aber das wusste Kaito auch schon vorher, nein, nun hatte er was Neues entdeckt. Zwei Dinge. Zwei Dinge, die alles aussagten.

Da wäre Beweisstück 1: Dieser Typ sagte nicht „dein Vater“ oder „Kommissar Nakamori“. Nein, er sagte nur „der Kommissar“. Das legte zum einen die Vermutung nahe, dass er einen engeren Kontakt zu Kommissar Nakamori hatte, als zu Aoko selbst. Hinzu kommt Beweisstück 2: „uns immer rumkommandiert.“ Uns. Uns. Er sagte „uns“. Er gehörte eindeutig zur Polizei. Und ist einer der Polizisten, die von Nakamori befehligt werden.
 

Kaito warf sich verächtlich in seinem Stuhl zurück. Was für ein billiges Klischee. Die Tochter des Kommissars und ein Polizist. Das war ja noch schlimmer als… die Tochter des Polizeikommissars und ein Schülerdetektiv. Oder die Tochter des Polizeikommissars und ein gesuchter Meisterdieb. Kaito schluckte.

Plötzlich überkam ihn das seltsame Gefühl des Angestarrtwerdens. Er wagte einen kurzen Blick nach rechts… und sah direkt in Aokos fragendes Gesicht. Sie starrte ihn in der Tat von ihrem Platz aus an. Als sie bemerkte, dass er zurücksah, blickte sie schnell wieder ihren Gesprächspartner an.

Hatte sie seine undurchschaubare Maskerade etwa durchschaut?! Kaito wurde ganz mulmig zumute. Aber… wenn sie ihn durchschaut hätte… wäre sie dann nicht ausgerastet? Hätte ihm Dinge an den Kopf geworfen? Mit seiner eigenen heißen Schokolade verbrüht?
 

Der Dialog des Nachbartisches wehte gedämpft zu ihm rüber. Anscheinend war Aoko nur auf ihn aufmerksam geworden, weil Kaito sich so impulsiv in seinen Stuhl fallen lassen hatte. Zumindest war das das, was sie ihrer Begleitung soeben erzählt hatte, nachdem er gefragt hatte, ob sie ‚den schrägen Vogel am Nachbartisch‘ kenne. Aber vielleicht log sie ja auch? Aaargh, dieses Mädchen! Es war zum Haareraufen! Warum bemühte er sich eigentlich so um sie?!
 

Kaito gab sich nun wieder mehr Mühe, unauffällig zu sein. Wie es sich für einen Meisterdieb gehörte. Zum ersten Mal wagte er einen genaueren Blick in das Gesicht seines ‚Rivalen‘. Und plötzlich wusste er, warum es ihm so bekannt vorkam. Warum er das Gefühl hatte, dass dieser Typ wie jeder x-beliebige Kerl auf der Straße aussah.
 

Dieser Typ… dieser elende, schmierige Typ, der sich da an Aoko ranmachte, musste schon mal von Kaito als Verkleidung benutzt worden. Er musste Kaito schon mal bei einem Juwelenraub die Identität leihen.

Kaito war also… schon mal dieser Typ gewesen.



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