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Armageddon

Auch die Hoffnung stirbt irgendwann ... [Trailer online]
von

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Alte Liebe stirbt nicht

Sakura fühlte sich wie mit kaltem Wasser übergossen. Sasuke murmelte einen Fluch. Sie hatten sie entdeckt! Das kleine Mädchen von vorhin, dem sie nicht hatten helfen wollen … „Sasuke!“, flehte Sakura und packte ihn am Arm.

„Vergiss es“, zischte er. „Sie sind zu zehnt.“

„Und das schaffst du nicht?“, fragte Sakura, die Augen schmal. „Ich dachte, du hättest noch Chakra übrig?“

„Ich werde es nicht für ein Mädchen vergeuden, das nicht auf sich selbst aufpassen kann“, knurrte er.

„Aber … sie werden sie aufs Grausamste foltern und umbringen!“, rief Sakura.

„Sie haben es sich bei dir auch anders überlegt, oder? Vielleicht hat sie auch Glück.“

Sakura sah betreten zu Boden. „Nein“, murmelte sie. „Bei ihr sicher nicht.“

„Wieso?“ Sein Blick war forschend, misstrauisch.

Sakura biss die Zähne und Augen zusammen. Was konnte sie ihm erzählen? Was würde sie ihm nie erzählen können, nach allem, was er zu wissen glaubte? „Es … ist eine Prophezeiung“, sagte sie, um Zeit zu gewinnen. „Sie brauchen das Blut der … der Jungfrau, die dem Donner entsprang. Der Donner ist für sie der Chakrasturm.“

In seinen Augen änderte sich etwas, als würde er beginnen, zu verstehen, aber sein Blick blieb nach wie vor unnachgiebig.

„Als sie ... gemerkt haben, dass … ich keine Jungfrau mehr bin, haben sie mich verschont“, presste sie unter Anstrengung hervor.

Nun war der Blick, mit dem Sasuke sie maß, verwundert. Hatte er nicht erwartet, so etwas von ihr zu hören? Oder war er vielleicht sicher gewesen, dass sie noch Jungfrau war? Aus irgendeinem Grund beschämte es sie, es vor ihm zugeben zu müssen. Wenigstens ersparte er ihr die Frage, wie genau die Jashinisten das herausgefunden hatten, aber Sakura wäre dennoch am liebsten im Boden versunken.

Die Schritte, die Stimmen und das Licht waren im Regen untergetaucht. „Sasuke, bitte“, sagte sie. „Hilf ihr, ich flehe dich an!“ Itachi würde unmöglich ein so junges Mädchen nehmen, und er kannte es auch nicht. Er würde das Ritual durchführen, um sein Ansehen nicht zu verlieren. Er war kein Kinderschänder, aber immerhin hatte er seinen eigenen Clan ausgelöscht …

Sasuke starrte sie unbewegt an und sie erkannte, dass er keinen Finger rühren würde. „Du bist …“ Sie fühlte sich hilflos, niedergeschlagen. „Ich dachte, du wärst … Aber ich habe mich in dir getäuscht.“

„Ich bin was?“, fragte er höhnisch. „Der strahlende Retter, der jede arme Seele in dieser Hölle beschützt? Ich wäre der erste, der stirbt, und das kann ich nicht, ehe ich nicht mein Ziel erreicht habe.“

Sakura wandte den Blick ab. Er fühlte sich dem Mädchen nicht verpflichtet, natürlich. Er war nicht einmal ihr, Sakura, verpflichtet, und dass er ihr half, war schon mehr, als sie erwarten konnte. Für einen Moment war sie versucht, ihm von Itachi zu erzählen.

Tatenlos saßen sie da, Sasuke grimmig, Sakura verzweifelt, und warteten, bis irgendwann die Sonne aufging und die schändliche Nacht wegwusch. Der Regen hörte auf.

„Ich suche uns Frühstück“, sagte Sasuke und stand auf. Sein Schwert nahm er in die Hand. Sakura blieb, wo sie war. Das angenehme Gefühl seiner Nähe war in etwas anderes, Ernüchterndes umgeschlagen, und nun war es ihr lieber, allein zu sein. Wie von selbst trugen ihre Füße sie dann nach draußen. Konoha war Grau in Grau, der Himmel war wieder zugezogen. Leichter Dunst umwaberte ihre Füße, als sie raschelnd durch den Schutt ging. Auf Anhieb fand sie die Stelle wieder, wo das Mädchen gehaust hatte. Das Dach aus Gerümpel war leer. Natürlich. Sakura hätte die kaum erkennbaren Fußspuren, die die Männer in den Trümmern hinterlassen hatten, nicht sehen müssen, um zu wissen, wohin sie gegangen waren. Eine feuchte Zelle kam ihr in den Sinn, wo sie den größten Albtraum ihres Lebens erlebt hatte, der sie auch nachts immer wieder heimsuchte. Nein, nicht die Zelle. Der Altarraum. Er würde der Albtraum dieses unschuldigen, ausgestoßenen Mädchens werden. Und das letzte, was sie in ihrem Leben sehen würde.

Ohne nachzudenken lief Sakura los. Sie fühlte sich schuldig. Nicht nur, weil sie und Sasuke dem Kind nicht geholfen hatten. Wenn sie damals geopfert worden wäre, wäre Jashins Blutdurst gestillt gewesen. Dafür hasste sie sich selbst. Und Itachi, weil er es verhindert hatte. Und Sasuke, weil er nicht helfen wollte. Dann würde sie das Mädchen eben alleine befreien! Liebend gern hätte sie die Chakrakristalle angezapft, aber hier im regennassen Schutt konnte sie kaum ein Feuer entfachen und sie hatte auch keine Zeit, die Kristalle zu kochen. Es würde schon gehen, es würde schon gehen …

Ihre noch wackeligen Beine rutschten auf einer vom Regen glitschigen Mauerplatte aus und sie fiel kopfüber in den Dreck. Matsch klebte sich ihn ihr Gesicht, eisig kalt und schleimig wie Schnecken. Mühsam wischte sie sich über die Augen, sah aber nur das, was sie schon den ganzen Tag gesehen hatte: Zerstörung. Trümmer. Alle hier waren tot. Machte das Leben eines Mädchens einen Unterschied?

Ja. Sakura ballte die Fäuste. Je weniger Menschen noch am Leben waren, desto wertvoller wurde ein einzelnes Leben.

„Ich hatte dich für vernünftiger gehalten.“ Sasuke stand neben ihr auf einem Schutthaufen, blickte auf sie herab, abfällig, so wie früher.

„Und ich dich für mutiger“, gab sie zurück und rappelte sich auf, wäre fast wieder ausgeglitten. Es hatte wieder zu regnen begonnen.

„Ich bin vernünftig“, sagte er nur. „Ich werde auch keinen Kristall für eine Rettungsmission aufgeben.“

Es hätte ohnehin nichts gebracht. Bis sie hier trockenes Holz für ein Feuer gefunden und die Kristalle zerkocht, zerstampft und aufgelöst hatten … Das Mädchen mochte bereits tot sein.

„Ich fühle mich wieder gesund“, murmelte Sakura. Das war nicht ganz die Wahrheit, aber sie hielt es hier nicht mehr aus, sicherer Unterschlupf hin oder her. „Ziehen wir weiter.“

„Wenn der Regen vorbei ist“, sagte er. „Dein Zustand verschlimmert sich sonst.“

„Was interessiert dich mein Zustand?“, fauchte sie ihn an. „Dir ist ja auch das Schicksal eines hilflosen Mädchens egal!“

Er sah sie nur aus seinen unergründlichen Augen an. Schließlich straffte sie die Schultern und stapfte zum Hokage-Gebäude zurück, schon weil er wieder einmal recht hatte. Drinnen sah sie Medikamente liegen, die er wohl irgendwo gefunden hatte. Sie las die Etiketten und fand das eine oder andere nützlich – wenn es vom Sturm nicht verändert worden war. Auf einem gesprungenen Teller hatte Sasuke schwarze Körner aufgeschichtet. Beim näheren Hinsehen entpuppten sie sich als Reiskörner; sie schmeckten auch so, nur dass sie eben schwarz waren. Sakura war es egal. Wenn die von selbst gebratenen Fische verträglich waren, dann wohl das hier auch. „Wo hast du das gefunden?“, fragte sie mit vollem Mund. Sie wollte nicht mehr streiten und auch nicht mehr über das Mädchen reden. Vielleicht konnten sie ihr wirklich nicht helfen. In dieser Welt war kein Platz für Nächstenliebe mehr.

„Da war ein gedeckter Tisch“, sagte er. „Das war darauf.“

Plötzlich verging ihr der Appetit. Jemand hatte das hier gegessen, als der Sturm losgebrochen war. Tsunade vielleicht? Shizune?

Sasuke hatte auch irgendwo eine Flasche Sake gefunden, die er ihr anbot. Sakura trank normalerweise keinen Alkohol, aber nun nahm sie die Flasche dankbar entgegen. Vielleicht wirkte der scharfe Schnaps wie Medizin. Er wärmte jedenfalls ihren Körper von innen heraus, erzeugte berauschende Wärme in ihrem Magen, als sie den Reis damit hinunterspülte.

„Nur, bis der Regen nachlässt“, sagte sie tonlos. Sasuke nickte. „Dann werde ich es dir zeigen.“

„Was?“, fragte er.

„Wie man das Chakra aus den Kristallen herauslöst.“
 

„Hohepriester!“ Fukitas glänzende Augen verrieten, dass etwas geschehen war, womit er äußerst zufrieden war.

Itachi sah von seiner Lektüre auf. Er saß in seiner eigenen Kammer, einer relativ luxuriös eingerichteten Wohnhöhle inmitten des Bergwerks, nicht weit von der Tropfsteinhöhle entfernt, und hatte begonnen, die verschiedensten Prophezeiungen Jashins zu lesen, da diese das machtvollste Mittel zur Kontrolle der Bergleute zu sein schienen.

„Wir haben sie gefunden!“, rief Fukita freudig erregt aus. „Die Jungfrau, die dem Donner entsprang!“

Itachi musste ein Seufzen unterdrücken. Hörte dieser Irrsinn denn nie auf? „Ich habe euch gesagt, ihr sollt sie nicht verfolgen. Sie ist nicht von Wert für uns.“

Fukita grinste nur. „Bringt sie herein!“

Das Mädchen, das seine Männer gefesselt und geknebelt hereinführten, war nicht Sakura. Sie war viel jünger und kleiner, ihre Augen waren groß und mit Tränen gefüllt und bedachten ihn mit einem flehenden Blick. Itachi fragte sich, wo sie sie wohl aufgegabelt hatten.

„Seht Ihr?“, sagte Fukita eifrig. „Das ist sie, mit Sicherheit!“

„Fukita“, sagte Itachi leise und legte sein Buch weg. „Ich werde dir jetzt etwas anvertrauen. Selbst wenn das Blut von neunundneunzig Prozent aller Menschen von Jashin geholt wurde, wirst du unter den Überlebenden noch viele Jungfrauen finden, wenn du lange genug suchst. Warum denkst du, dass das das Mädchen aus der Prophezeiung sein sollte?“

Fukita starrte ihn entgeistert an, dann trotzig. „Sie war in den Ruinen von Konoha! Dort hat der Donner am schlimmsten gewütet!“

„Und als wir sie gefunden haben, hat es tatsächlich gedonnert!“, fügte ein anderer hinzu. Sein Name war Rosoku, wenn Itachi sich richtig erinnerte.

Der Drang zu seufzen wurde stärker. Diese Männer waren wie kleine, sture Kinder. „Also gut. Lasst sie bei mir. Ich werde ein Auge auf sie haben, bis das Ritual beginnt.“

Fukita verbeugte sich. „Wir werden sofort den Altar vorbereiten, Gesandter.“

„Das hat Zeit.“

„Aber wir müssen doch so schnell wie möglich …“

„Jashins Wille ist es, dass das Ritual bei Sonnenaufgang stattfindet“, unterbrach ihn Itachi. „Die Sonne ist bereits aufgegangen. Wir dürfen bei einem so wichtigen Ritus keinen Fehler machen.“

Fukita verbeugte sich noch tiefer. „Selbstverständlich, Gesandter. Entschuldigt uns.“

Als er mit dem Mädchen allein war, löste er ihren Knebel; die Hand- und Fußfesseln ließ er zur Sicherheit, wo sie waren. „Wie heißt du?“

Das Mädchen erwiderte nichts. Ihre Augen waren schwarz vor Angst.

„Keine Sorge, sie werden dir nichts tun“, sagte er sanft. Noch nicht, fügte er in Gedanken hinzu.

„Bist du …“, piepste das Mädchen, „bist du der Mann aus den Ruinen?“

„Was meinst du?“

„Nein … du bist es nicht …“

Itachi ging neben ihr in die Hocke und sah ihr fest in die Augen. „Hast du denn jemanden gesehen, der so ähnlich aussieht wie ich?“, fragte er. Das Mädchen nickte. „Wo war das?“

„In den Ruinen“, wiederholte sie. „In den großen Ruinen.“

Itachi stand wieder auf und legte den Riegel seiner Tür vor. „Wir beide werden uns ein wenig unterhalten“, sagte er.

Das Mädchen sah sich zitternd in dem Raum um. „Was passiert denn jetzt mit mir?“, fragte sie. „Was wollen die Leute von mir?“

„Mal sehen“, antwortete Itachi nur. In Wahrheit wusste er genau, was zu tun war. Es gab nur eine einzige Möglichkeit, den ewigen Blutdurst seiner Jünger ein für alle Mal zu stillen. Sie wollten ihr Opfer – sie sollten es bekommen.
 

Als der Regen aufgehört hatte, waren sie wie vereinbart aus Konoha fortgegangen und der Straße nach Norden gefolgt, allerdings waren sie nicht direkt auf der Straße gegangen, sondern in der Nähe im Schutz der Wälder. Die Jashinisten mochten ihre Patrouillen überall hin schicken. Nachdem sie einen halben Tag unterwegs gewesen waren, erreichten sie eine der vielen heißen Quellen, die Konoha umgaben. Das Etablissement war natürlich komplett verfallen, aber den Wasserdampf sahen sie schon von weitem. Eine bessere Gelegenheit, die Kristalle zu kochen, gab es nicht.

Sakura war nicht wohl bei der Sache, Sasuke nun das Geheimnis anzuvertrauen. Aber andererseits konnte sie ihn nicht ewig hinhalten, und es nagte an ihr, dass sie dem Mädchen hätten helfen können, wenn sie nur schon vorher wieder ihre Chakravorräte gefüllt hätten. Jetzt war sie sicher schon in den Klauen von Itachi und den konnte sie, Sakura, wohl nie besiegen, und Sasuke konnte sie immer noch nicht erzählen, dass sie ihn belogen hatte.

Ihr Begleiter runzelte die Stirn, als sie über das eingestürzte Onsen-Haus kletterte, sagte aber nichts.

Das Wasser der Quelle war von einem tiefen Grün und wie dichter Nebel hing der Dampf in der Luft, verhüllte vieles der Zerstörung vor ihren Blicken. „Hier“, sagte Sakura und hockte sich an den Rand des Wassers. Die feuchte Luft fühlte sich seltsam angenehm in ihren Lungen an und die Hitze des Dampfes trieb die Kälte aus ihren Knochen.

Sasuke, der die ganze Zeit über nicht nur die beiden Kristallsäcke, sondern auch die Fässer getragen hatte, lud beides ächzend auf dem Kiesboden ab. Sakura tauchte einen Finger in die Quelle. Das Wasser war heiß, aber es kochte nicht. „Wir brauchen ein Feuer“, sagte sie.

Ohne ihre Worte infrage zu stellen, suchte Sasuke in den Ruinen trockene Holzstücke zusammen und hatte im Nu aus Brettern und Möbeln ein kleines Lagerfeuer entfacht. Sakura fand in den Trümmern zwei hölzerne Badezuber, die sie sich auf die Seite legte, dann drang sie tiefer in das Gebäude ein. Die Küche war in verhältnismäßig gutem Zustand; nur ein Teil des Daches war dort eingestürzt. Sie fand einen Metallkochtopf mit langem Stiel, füllte ihn mit heißem Wasser aus der Quelle und hielt ihn über das Feuer. Es dauerte nicht lange, bis das Wasser kochte. Sie wies Sasuke, der ihre Taten aufmerksam verfolgte, an, den Topf zu halten, und legte so viele der kleineren Kristalle hinein, bis das Wasser fast überlief. Etwa dreißig Minuten lang hielten sie und Sasuke den Topf abwechselnd über das Feuer, dann leerten sie die Kristalle auf eine Metallplatte aus den Trümmern, und Sakura hieb mit einem stabilen Mauerbrocken darauf ein. Vom Kochen spröde geworden, brachen die Kristalle problemlos. Sakura zermahlte sie, bis nur noch blau schimmerndes Pulver übrig war. Sie füllte einen der Badezuber mit der gelblichen Flüssigkeit aus den Fässern und streute das Kristallmehl hinein. „Jetzt müssen wir warten, bis es sich aufgelöst hat. Dann wird es grün“, sagte sie.

Sasuke nickte. „Wie lange wird das dauern?“

Sakura zuckte mit den Schultern. Sie war nie lang genug in dem Saal gewesen. „Eine halbe Stunde, mindestens. Bis dahin können wir nur warten.“

Es begann langsam zu dämmern. Das Wasser dampfte gleichmäßig vor sich hin. Wassertröpfchen kondensierten wie glitzernde Perlen in Sasukes Haar. Sakura sah sehnsüchtig auf die ruhige Wasseroberfläche.

„Wenn du baden willst, tu es. Es wird dir guttun“, sagte Sasuke.

„W-was?“, rief sie aus und wandte hastig den Blick von der Quelle ab. Waren ihre Gedanken so offensichtlich gewesen? „Nein, ich …“

„Mach schon“, sagte er. „Wir sollten hier ungestört sein. Du hast ein Bad dringend nötig – man kann dich kaum ansehen, so schmutzig bist du.“

Sakura sah an sich herab. Er hatte natürlich recht. Ihr letztes richtiges Bad lag Wochen zurück. Ihre Arme und Beine und ihr Gesicht waren mit Schlamm verschmiert, genauso wie ihre Kleider, die nach Schweiß stanken und ihr an der Haut klebten.

Sasuke stand auf. „Ich behalte die Straße im Auge. Melde dich, wenn du fertig bist.“ Er kletterte über den eingestürzten Teil des Onsen-Gebäudes und verschwand aus ihrem Sichtfeld.

Unschlüssig sah Sakura auf das ruhige, grüne Wasser. Der Chakrasturm hatte die Holzwand weggerissen, die Frauen- und Männerbereich trennte, aber das war jetzt wohl sowieso unerheblich. Sakura zog ihre Sandalen aus und ließ einen Fuß ins Wasser gleiten. Es war so angenehm, dass sie laut aufseufzte. Also schön – sie konnte ein heißes Bad wirklich gebrauchen und Sasuke war auch nicht der Typ, der spannen würde. Sie schälte sich die kratzende Bergarbeiterkleidung von der Haut, hielt sich am Rand des Beckens fest und ließ sich langsam ins Wasser sinken. Die Hitze kribbelte wie ein Ameisenschwarm über ihre Haut und sie fühlte, wie sich ihre verspannten Muskeln bereits lockerten. Seufzend legte sie den Kopf an den Rand. Hier war ein abgerundeter Felsen, auf dem sie bequem sitzen konnte. Nie hätte Sakura gedacht, dass es in der neuen Welt etwas so Angenehmes geben würde.

Nachdem sie sich lange genug in dem heißen Wasser, das einen leicht schwefeligen Geruch verströmte, entspannt hatte, begann sie sich den Dreck von der Haut zu waschen. Vielerorts musste sie so lange rubbeln, bis die Haut darunter gerötet war, um ihn loszuwerden. Sie tauchte auch kurz unter, genoss die Hitze, die ihre müden Augen umfing, und wusch sich das Gesicht. Als sie fand, dass sie sauber genug war, lehnte sie sich wieder zurück, atmete den Dampf ein und schloss genießerisch die Augen.

Sie blieb so lange im Wasser, bis ihre Finger schrubbelig waren und ihr von der Wärme schwummrig wurde. Als sie schon im Begriff war, sich aus dem Wasser zu ziehen, fiel ihr Blick auf den unordentlichen Kleiderhaufen. Wieder wurde ihr bewusst, dass sie genauso gut zugeschnittene Säcke mit Löchern drin sein konnten, und außerdem waren sie so dreckig, dass ihr bei dem Gedanken graute, sie wieder anzuziehen. Kurzerhand zog sie das unförmige Oberteil und die Hosen ins Wasser, wusch sie so gut es ging aus und wrang das Wasser aus dem Stoff. Wenn das schon das einzige sein sollte, das sie anziehen konnte, dann sollte es annehmbar sauber sein.

Sie breitete die Kleider am Rand der Quelle aus und stutzte. Und jetzt? Sie wieder anzuziehen, während sie klamm wurden, war kein erfreulicher Gedanke. Ewig konnte sie aber auch nicht mehr in der Quelle bleiben. Es war finster geworden und der Schweiß lief ihr schon in Bächen übers Gesicht, brannte in ihren Augen. Kurz zögerte sie, dann rief sie: „Sasuke! Kommst du bitte?“

Sie tauchte bis um Kinns ins Wasser und wandte sich zur Sicherheit ab, als sie ihn über die Trümmer klettern hörte. „Was ist?“, fragte er und sie hörte deutlich an seiner Stimme, wie verwundert er darüber war, dass sie noch im Wasser war.

„Ich hab meine Kleider gewaschen“, murmelte Sakura und schon war ihr die ganze Situation wieder peinlich. „Könntest du mir aus dem Haus irgendwas holen? Bitte?“, fügte sie kleinlaut hinzu.

Er schwieg eine ganze Weile, ehe er sich in Bewegung setzte. Sakura drehte sich um und sah, wie er in den besser erhaltenen Teil des Gebäudes ging. Kurze Zeit später kam er mit einem weißen, wollenen Handtuch zurück. „Ist das alles?“, fragte sie stirnrunzelnd.

„Wenn du Bademäntel gemeint hast, solche habe ich nicht gefunden.“ Er reichte ihr das Tuch, darum bemüht, nicht in ihre Richtung zu sehen, obwohl der Dampf sowieso zuverlässig die Quelle verschleierte. War es ihm ebenfalls peinlich? Gab es überhaupt etwas, das ihm peinlich war?

„Danke“, murmelte Sakura. „Ich … komm dann raus.“

Er drehte sich abrupt um und ging zum Haus zurück, kletterte aber nicht über das eingestürzte Dach. Sakura zögerte noch einen Moment, dann zog sie sich aus dem Wasser, trocknete sich in Windeseile ab und schlang sich das Handtuch um den Körper, wobei sie ihn genau im Auge behielt.

„Bist du fertig?“, fragte er.

„Äh … ja.“

Er drehte sich immer noch nicht um. „Ich glaube nicht, dass hier jemand vorbeikommt. Wenn es dir nichts ausmacht, steige ich jetzt auch in die Quelle.“

Das überraschte Sakura jetzt, obwohl die Tage im Schlamm und die Nächte im Schmutz auch seiner Hautfarbe nicht gut getan hatten. „Ist gut“, sagte sie.

Ohne sie anzusehen ging er an ihr vorbei zur Quelle. „Das wird hier nicht trocknen, im Dampf“, sagte er und hob ihre Kleider auf. Er trat zu den Ruinen und hängte sie an einen spitzen Pfahl, der hoch über dem Rest aufragte. „Hier müsste es besser gehen.“

„Danke“, sagte sie leise.

Er drehte sich zu ihr um und fragte mit gelangweiltem Blick: „Gibt es noch was?“

„Äh – nein!“ Sakura drehte sich rasch um und betrat das Haus. Die Situation hatte etwas Befremdliches an sich, fand sie. Sie hockte sich in einen der hölzernen Gänge, der von der Zerstörung nur wenig betroffen war, und wartete. Mondlicht fiel durch ein Loch im Dach und Sakura sah, wie ihre Haut und das Handtuch schneeweiß darin leuchteten.

Nach wenigen Minuten schon biss sie der Wahnsinnswurm. Ohne es verhindern zu können, wandte sie den Kopf und spähte um die Ecke zur Quelle zurück, obwohl etwas in ihr sie praktisch anschrie, ob sie eigentlich noch richtig tickte.

Sie hatte erwartet, dass er schon im Wasser war, aber tatsächlich war er gerade erst dabei, hineinzusteigen. Der Dampf verhüllte das meiste von seinem Körper, aber Sakura erhaschte einen Blick auf seinen Oberkörper von hinten. Hatte er immer schon so muskulöse Schultern gehabt? Er hatte sich zwar, seit sie ihn nach drei Jahren das erste Mal bei Orochimaru gesehen hatte, nie die Mühe gemacht, diesen Bereich seines Körpers effektiv zu verstecken, aber zum ersten Mal hatte sie wirklich Zeit, ihn zu bewundern. Sicher gab es Männer mit breiteren Schultern, aber übertriebene Muskelpakete fand Sakura nicht sehr anziehend. Sasuke war nicht einfach durchtrainiert; als der Mond seine helle Haut beleuchtete, erweckte es den Eindruck, als wäre er tatsächlich aus Stahl geformt. Er tauchte ganz ins Wasser und Sakura wandte den Blick ab. Ihre Wangen brannten. Was war denn überhaupt los? Sie hatte nichts gesehen, was sie nicht ohnehin gekannt hatte, aber … vielleicht war es auch die Erfahrung, dass Sasuke, der unnahbare, kraftsuchende Rächer, etwas so Gewöhnliches tat wie Baden.

Er brauchte nicht so lange wie sie. „Du kannst kommen“, rief er, gerade so laut, dass sie es hören konnte. Sie stand auf, rückte sich ihr Handtuch zurecht und ging zum Wasser zurück. Als sie aus dem Gang trat, stockte ihr der Atem. Sasuke war ihrem Beispiel gefolgt und hatte auch seine Klamotten gewaschen, soeben hängte er sie neben ihre. Er hatte sich ein weißes Handtuch um die Hüften geschlungen und seine nasse Haut dampfte in der kühlen Abendluft. „Ist was?“, fragte er und wirkte irritiert.

„Äh, nein, nichts“, sagte Sakura und hoffte, dass sie nicht knallrot anlief. Immerhin, sie beide, allein, an so einem Ort … Nein, die Welt war untergegangen. Alles, was damals war, war vorbei. „Ich … ich glaube, die Kristalle sind jetzt so weit.“

Die Flüssigkeit im Zuber hatte einen tiefgrünen Ton angenommen. „Und das trinkt man jetzt?“, fragte Sasuke.

„Also, ich denke schon“, murmelte Sakura. „Genau weiß ich es leider nicht. Die gewöhnlichen Arbeiter haben nichts davon gekriegt.“

„Ist die Wirkung temporär? Oder hat man das Chakra, bis man es verbraucht?“

Sakura biss sich auf die Lippen. „Das weiß ich leider auch nicht“, gestand sie.

Er zuckte mit den Schultern. „Wir werden es ausprobieren müssen.“ Kurzerhand nahm er den Waschzuber in die Hand und trank. Er verzog das Gesicht und schluckte unter Anstrengung. Schließlich reichte er ihr den Zuber.

Sakura sah ihn erstaunt an. Die Hälfte der Flüssigkeit war noch übrig. „Ich soll auch …?“

Er nickte. „Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, warst du noch eine Kunoichi, oder? Zu zweit kommen wir weiter. Es kann immer jemand Wache halten.“

Ungläubig nahm sie den Behälter entgegen. Plötzlich wurde ihr warm ums Herz. Hieß das, er akzeptierte sie? Als seine … Teamkameradin? Sie war kein Hindernis mehr, niemand Ersetzbares? Etwas in ihr versuchte ihr einzureden, dass er das nur tat, weil es weit und breit keinen anderen Ninja gab, der ihn begleiten könnte, aber sie weigerte sich beharrlich, auf diese Stimme zu hören – vor allem, da ihre andere innere Stimme gerade vor Glück aufschrie. In einem Zug stürzte sie die grausige Brühe hinunter. Sie schmeckte widerlich süß und brannte im Rachen. Mit einem Knall warf sie den leeren Waschzuber von sich und sah Sasuke an. Nun waren sie beide wieder gestärkt. Sie fühlte, wie pure Energie durch ihre Adern rauschte, sich ihre Chakravorräte regenerierten und ihre Kraft zunahm, sah, wie seine Augen kurz und tiefrot aufblitzten. Sie waren wieder die Alten. Was hatte sich nun geändert?

„Wir sollten nichts von den Kristallen verschwenden“, sagte Sasuke.

Sakura nickte.

„Dann tu es auch nicht“, erklärte er. Als sie ihn verständnislos ansah, streckte er den Finger aus und berührte ihren Mundwinkel. Ein winziger, glitzernd grüner Tropfen klebte an seiner Fingerspitze. Sakura hatte ihn gar nicht gespürt, so sehr war sie mit ihrem Chakrafluss beschäftigt gewesen. Wie von selbst saugten ihre Lippen den Chakratropfen von Sasukes Finger. Als sie erkannte, was sie gerade getan hatte, lief sie knallrot an und schlug die Hand vor den Mund. Selbst Sasuke wich plötzlich ihrem Blick aus und zum ersten Mal, seit sie ihn wiedergesehen hatte, schien er verlegen. Sakuras Herz hämmerte wie wild. Was geschah mit ihr? Versuchte ihr Körper das neue Chakra zu verarbeiten oder … nein, da konnte nicht mehr sein, oder? Erst jetzt fiel ihr auf, wie nah beieinander sie eigentlich standen. Nein, nein, nein – ihre Gefühle für Sasuke waren beim Ende der Welt begraben worden, vielleicht auch schon vorher!

… oder lag vielleicht gerade darin der Schlüssel? Eine neue Welt, wo die Taten aus der alten nichts mehr zählten, wo sie und Sasuke andere Personen waren und neu anfangen konnten?

Er räusperte sich unbehaglich und sagte dann mit rauer Stimme: „Es ist spät. Wir sollten über Nacht hier bleiben. Der Dampf aus der Quelle wird uns gut verbergen. Morgen früh schmelzen wir die übrigen Kristalle, dann haben wir weniger zu tragen.“

Sakura nickte apathisch. Das bedeutete, sie würden nahe dem Wasser übernachten. Ihr Blick glitt zu ihren Kleidern, die im sanften Nachtwind vor sich hin trockneten, wenig außerhalb der Dampfwolke. Wenn sie sie in der Nacht anhatten, wären sie am Morgen wieder durchnässt. Sasuke schien ihre Bedenken zu teilen. „Wir könnten auch in das Gebäude gehen.“

„Da ist kaum Platz“, murmelte Sakura. „Die Küche ist vollgerammelt und am Gang ist es unbequem.“ Sie wusste nicht, warum sie das sagte. Wenn sie sich Platz schufen, würde es ohne Schwierigkeiten gehen – von der brüchigen Decke einmal abgesehen, die vielleicht der einzige Grund war, nicht im Gebäude zu übernachten. Aber irgendwie wollte sie diesen Ort nicht verlassen, das ruhige, heiße Wasser, den warmen Dampf, der sie vom Rest dieser kalten Welt abschirmte, den leichten Schwefelgeruch, der die Hitze begleitete, die feuchte Luft, die in der Kehle gut tat. Sakura zögerte. „Spricht etwas dagegen, wenn wir hier unser Lager aufschlagen?“

Sasuke sah sie an. „Nicht unbedingt“, sagte er. „Aber willst du ohne Kleider schlafen?“

„Nein“, sagte sie. „Aber ich hab ja das hier.“ Sie zupfte an ihrem Badetuch und verknotete die Ecken demonstrativ so fest sie konnte unter der Achsel. Sie konnte an seinem Blick sehen, wie dumm diese Idee war. Wenn sich der Knoten löste, während sie schlief, und sie sich fortrollte … Sie würde vor Scham sterben. Schon jetzt fühlte sie sich unbehaglich, hatte das Gefühl, ihm zu viel von sich zu zeigen, obwohl es kaum einen Unterschied zu ihrer Bergarbeiterkleidung machte. Alles in ihr sträubte sich dagegen, nur mit einem Handtuch bekleidet neben Sasuke zu schlafen, obwohl sie sich sicher war, dass er die Gelegenheit niemals ausnutzen würde. Erinnerungen an eine bestimmte Nacht keimten in ihr hoch, Erinnerungen, die sie am liebsten abgetötet hätte, doch sie sickerten wie giftige Regentropfen durch ihr Bewusstsein.

Sasuke schien ihre Unsicherheit zu spüren, denn er drehte sich plötzlich um und machte sich am Schutthaufen zu schaffen. Nacheinander zerrte er ein Metallschild und Mauerbrocken heran, die er auf dem Kies aufschichtete, bis er eine stabil aussehende Wand errichtet hatte, im rechten Winkel zum Wasser. Auf jede Seite davon breitete er weitere Handtücher aus der Umkleidestube aus, damit sie nicht direkt auf dem Kies liegen mussten. „Jeder bekommt eine Seite“, entschied er.

Sakura nickte erleichtert. Das war in Ordnung. So sahen sie einander nicht.

Den Vorsatz, schnell einzuschlafen, konnten sie dennoch in den Wind schlagen. Sakura lag auf dem Rücken auf ihrer Seite der Wand und beobachtete die Sterne, die immer wieder kurz und blinkend aus dem Dampf hervortraten, aber sie war hellwach. Ihr wiedergewonnenes Chakra wirkte wie schwarzer Tee und hielt sie wach; immer noch pulsierte die Kraft durch ihren Körper, die sie so lange vermisst hatte. „Sasuke?“, flüsterte sie in die Dunkelheit.

„Hm?“, kam es von jenseits der Mauer.

„Erzähl mir von dir“, bat sie.

„Wozu?“

„Ich will wissen, wie es dir ergangen ist – bei Orochimaru. Nachdem du Konoha verlassen hast …“

„Du denkst immer noch darüber nach?“, unterbrach er sie. „Vergiss es endlich. Konoha gibt es nicht mehr.“

„Nachdem du uns verlassen hast, hab ich mich oft gefragt, was du wohl gerade machst“, sagte sie unbeirrbar.

Eine lange Pause folgte. „Ich habe trainiert.“

„Das ist alles?“

„Reicht das nicht?“

„Ich … weiß nicht …“ Sakura druckste herum. „Und … als du dann von Orochimaru fortgegangen bist?“

Diesmal dauerte die Pause noch länger, und gerade, als Sakura vermutete, dass er nicht darüber reden wollte, antwortete er: „Ich habe ihn getötet und mir mein eigenes Team zusammengestellt.“

„Erzähl mir darüber.“

„Warum willst du das alles wissen?“, fragte er und klang gereizt.

„Das nennt man Smalltalk“, versetzte sie spitz. „Außerdem interessiert es mich wirklich.“

Sie hörte ihn seufzen. „Es waren alles Leute, die ich über Orochimaru kennen gelernt hatte. Sie hießen Suigetsu, Juugo und Karin.“

Das Mädchen mit den roten Haaren, erinnerte sich Sakura. „Haben sie dir etwas bedeutet?“, fragte sie. Auch er hatte seine Teamkameraden verloren, aber das war nicht der wahre Grund, warum sie danach fragte. Der wirkliche, wahre Grund beschämte sie.

Sie konnte sein Achselzucken förmlich spüren. „Sie waren mir eine Hilfe bei der Jagd nach Itachi. Meine Freunde waren sie nicht“, behauptete er.

„Was ist mit mir?“, fragte Sakura mit erstickter Stimme. „Und mit Naruto und Kakashi-sensei? Was bedeuten wir dir?“

Wieder Schweigen. Sie wünschte sich, in seinem Gesicht lesen zu können. „Reden wir nicht über die Toten, Sakura“, sagte er. „Versuch zu schlafen. Morgen müssen wir weiter.“

„Du nimmst mich also weiterhin mit?“, fragte sie zaghaft.

„Natürlich“, sagte er, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Zu zweit sind unsere Chancen vielleicht besser.“

Sakura zauberten die Worte ein Lächeln auf die Lippen. Danke, Sasuke-kun, sagte sie, indem sie nur die Lippen bewegte.

Irgendwann, es musste nach Mittenacht sein, schlief sie ein. Und als hätte das Chakra endlich ihre Albträume bezwungen, war es eine ruhige Nacht, traumlos. Oft wachte sie dennoch auf, geweckt von Energieschüben oder anderen, bedeutungslosen Geräuschen, und obwohl hier auf dem Boden zu schlafen nach wie vor unangenehm war, fühlte sie sich doch jedes Mal glücklich, als sie die angenehm warme Luft einatmete und sich in Sasukes Nähe wusste. Irgendwann konnte sie dann gar nicht mehr weiterschlafen. Sie stand auf, streckte die Zehen ins Wasser, ließ sich von den Dampfschwaden einhüllen. Es war hier so schön friedlich, und wenn sie sich nicht umdrehte, sah sie auch nicht die Spuren der Verwüstung. Wenn es irgendwo auf der Welt noch den Himmel auf Erden gab, dann war er hier. Seufzend schloss sie die Augen, als sie seine Schritte hörte, nackte Zehen auf Kies. Sie wandte sich langsam um. Wie ein Geist trat seine Gestalt aus dem Nebel, stellte sich neben sie und gemeinsam betrachteten sie sich in der spiegelglatten Wasseroberfläche. „Ich habe vorher nicht gefragt“, sagte er plötzlich und leise, „aber wie ist es dir in den Jahren ergangen, Sakura?“

Sie sah ihn überrascht an. Sein Blick war ungewöhnlich weich. War das ehrliches Interesse? Oder nur das Gefühl, ihr nichts schuldig bleiben zu wollen? „Naja, ich habe … bei Tsunade-sama trainiert und bin ein Medic-nin geworden“, sagte sie. Kurz schnitt sie die Abenteuer an, die sie später zusammen mit Naruto erlebt hatte, nur kurz, um keine frischen Wunden aufzureißen. Sasuke schien es nicht begreifen zu können, wie erpicht sie darauf gewesen waren, ihn zu finden und nach Konoha zurückzuholen. Als sie geendet hatte, wirkte er nachdenklich.

„Als ich damals gegangen bin“, sagte er plötzlich, „hast du behauptet, dass du mich liebst.“ Es klang fast anklagend.

„Nun ja, ich …“ Was sollte sie sagen? Dass es die Wahrheit gewesen war? Dass sie jung und naiv gewesen war? Dass sie ihn nur am Gehen hatte hindern wollte? Dass sie um jeden Preis mitkommen hatte wollen? Alles davon war wahr und nichts. Sie wusste den Grund selbst nicht mehr genau.

„Deine Gefühle für mich“, sagte er dann, „haben sie sich geändert?“

Sakura blickte in sein Spiegelbild. Seine Augen dort im Wasser schienen so fremd und doch so vertraut, voller Ernst und mit einer Tiefe, die sie schaudern ließ. Vorsichtig streckte sie die Hand nach seinem Gesicht aus, berührte seine Wange, sah nochmal in seine Augen, wie um sich zu vergewissern, dass er seine Sharingan nicht benutzte. Sie sah Wassertröpfchen auf seiner Haut glitzern, die im gedämpften Mondlicht wie Silber leuchtete. Eines war mit Sicherheit anders, das erkannte sie. Selbst wenn er immer noch seinen Clan rächen wollte, waren die Umstände anders. In der alten Welt, die voller Ninjas und Jutsus war, die man erlernen musste, hatte Sasuke keinen Platz für Gefühle gesehen. Nun jedoch, wo sie beide plötzlich über dem Großteil der Überlebenden standen, konnte er es sich leisten, zu leben. Er musste es nur erkennen, dann wäre die neue Welt nicht mehr ganz so finster. Sakura lehnte sich gegen ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Sie fürchtete, er könnte sie wegstoßen, so wie sie ihn vielleicht weggestoßen hätte, hätte er den ersten Schritt gemacht, doch er fuhr mit der Hand durch ihr vom Dampf feuchtes Haar. Sie löste sich von ihm, zog die Hand zurück, und er tat es ihr gleich. „Sie haben sich geändert“, sagte Sakura und fühlte, dass sie diesmal nicht rot wurde. Zu viel hatte die Situation von einem Traum, zu unwirklich erschien das alles inmitten der Wärme und des weißen Dampfnebels. „Aber in welche Richtung genau, weiß ich noch nicht.“

Es sah aus, als würde er etwas sagen wollen, dann sah er wieder aufs Wasser hinaus, stumm wie eine Statue. Sakura hatte das Gefühl, dass es besser wäre, wenn sie ihn allein lassen würde. Vielleicht hatte sie ihn überrumpelt und es war ihm peinlich – vor allem wenn er tatsächlich Gefühle für sie hegte. Sie ging zu ihrem Schlafplatz zurück, während er im Nebelschleier stehen blieb, unbewegt und nachdenklich.
 

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Sooo ... was gibt es zu dem Kapitel noch zu sagen? Erstens - ich habe die 5000er-Grenze einmal mehr geknackt, juche^^ Zweitens, ja, der Titel ist kitschig, aber mir ist kein besserer eingefallen. Dann zum Inhalt: Ich dachte einfach, ein wenig Entspannung und Zwischenmenschliches wäre nach ihren vergangenen Strapazen ganz gut. Was das "Zwischenmenschliche" angeht, hoffe ich, dass es nicht aufgesetzt oder unrealistisch wirkt. Ich habe versucht, Sasukes Verhalten auch aus Sakuras Sicht zweifelhaft erscheinen zu lassen, also dass sie nicht wirklich weiß, warum er sich so verhält und ob er nicht Hintergedanken hat.

Es ist wieder keine Action vorgekommen - war irgendwie anders geplant, aber der Schluss hat, finde ich, so gut gepasst, dass die Action aufs nächste Kapitel verlegt wird ;) Es sollte eigentlich von vornherein eher nicht so viel Kampf und Action in der FF vorkommen, aber da anscheinend die Nachfrage da ist, werde ich dann auch mal ein wenig Stahl blitzen lassen^^

Bleibt nur noch zu sagen, dass ich hofffe, dass es euch gefallen hat, und vielen Dank für die vielen Kommis beim letzten Kapitel :) Ich weiß nicht, ob das Kapitel hier noch vor dem Neujahrsanbruch freigeschaltet wird, aber ich wünsche euch jedenfalls allen einen guten Rutsch :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (16)
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Von:  Meyumi
2016-02-21T14:39:03+00:00 21.02.2016 15:39
Argh wann kommt endlich wieder kakashi vor? D: er ist doch nicht tot???!!! nein natürlich nicht D:
kanns kaum erwarten, wies weiter geht :o ich bin die ganze zeit so angespannt wenn ich les x3 du beschreibst die situationen wirklich gut, auch wenn ich nicht verstehen kann wie sakura sich eher in sasuke als in kakashi verlieben kan xPP mal guckn wies damit weiter geht :)
Von:  Kasumi_Ripper
2014-07-07T13:46:31+00:00 07.07.2014 15:46
Respekt ich finde es sweet aber...
Du hättest ruhig mehr beschreiben können zum beispiel was für Abenteuer
Er mit juugo , suigetzu und karin erlebt hat
(Zb.der kampf gegen Killer Bee)
Antwort von:  UrrSharrador
09.07.2014 17:28
Danke für deine Kommis!
Du kannst es dir im Prinzip so vorstellen, dass ich die Original-Handlung irgendwo, bevor Sasuke gegen Itachi antritt, abgeschnitten habe und ab da ein neuer Handlungsstrang mit der Chakra-Katastrophe beginnt. Bis dahin sind seine Abenteuer also genau dieselben wie im Original ;)
Von:  L-San
2013-05-05T15:45:55+00:00 05.05.2013 17:45
Yo. ;D

Ich muss schon sagen. Ich hab wieder nichts zum Meckern.
Mir. Pingelig wird hier seinem Ruf bei deiner FF nicht mehr gerecht.
Ich finde einfach gar nichts.
Es ist makellos.
So langsam muss ich dich von Platz 3 auf Platz 2 katapultieren auf meinem Steckbrief.
Chapeau.
War wie immer ein interessantes Kapitel, auch wenn da kein Action vorhanden war.
Ist nicht schlimm.
Etwas Abwechslung tut immer gut.
Uh, diese passive Erotik zwischen den beiden. ;DD
Mir gefallen wie immer deine skizzenhaften Beschreibungen.
Ich wiederhole mich: es war makellos.
;D
Von:  bombenmeister
2013-01-12T13:07:51+00:00 12.01.2013 14:07
Cooles Kapitel. Ein bisschen Erholung und Entspannung zwischen der ganzen Hölle muss auch mal sein. Jetzt sind sie wieder stärker. Nicht gut für die Jashin-Anhänger, wenn sie nun auf die beiden treffen, hehehe... Sakura würde sie bestimmt alle umbringen^^
Von:  Pamina
2013-01-11T10:10:42+00:00 11.01.2013 11:10
Wow .. also das nenne ich mal einen unerwarteten Handlungsverlauf!
Ich habe mit vielem gerechnet, aber damit wohl nicht : )
Großes Lob an den Autor, der uns Leser nach wie vor verblüffen kann!

Das Kapitel kam doch erst im neuen Jahr, ist aber nicht schlimm.
Ich freu mich, dass du uns jetzt ganz flott mit neuem Lesestoff versorgst!

Mittlerweile bin ich wohl richtig süchtig nach deiner Geschichte geworden^^
Ich war bis 03.01. bei Bekannten und weil ich den nächsten Tag nicht abwarten konnte habe ich mitten in der Nacht sicher 20 Minuten auf dem Handy versucht das neue Kapitel zu lesen! Das war recht mühsam, aber ich meine mich zu erinnern, dass ich mit einem Lächeln dann ins Bett gegangen bin!

Wieder erstklassig geschrieben - wenn auch SEHR unerwartet ;)
Freue mich wie immer auf das nächste Kapitel!

Liebe Grüße
Pamina
Von:  MiezMiez
2013-01-10T19:43:15+00:00 10.01.2013 20:43
Du schaffst es wirklich durchgehend einen an deine Geschichte zu fesseln. Ich bin immer wieder überwältigt. Mach weiter so.
ENS wie immer gewünscht :-)
glG Miez Miez
Von:  narutoistcool
2013-01-04T00:23:16+00:00 04.01.2013 01:23
-Glubsch Augen bekomm mit Tränchen- Ich hab geweint. JAWOHL ich habe gweint als sie ihn geküsst hat aber...
Ich dachte sie liebt bzw verliebt sich in Kakashi Q.Q
Ich vermiss ihn x__x
Aber dennoch ein schönes Kappi.. herzhaft.
Schreib schnell weiter Q.Q -heul-

mfg Narutoistcool
Von:  Meeryem
2013-01-03T21:25:11+00:00 03.01.2013 22:25
sie hat ihn geküsst!!!!!
ich glaub ich träume *-*
es ist soo ein schönes kappi
& ach schreib so schnell wie möglich
echt toll
weiter so
glg meeryem

Von:  Ushia-sama2011
2013-01-03T12:35:14+00:00 03.01.2013 13:35
hammer kapitel

freue mich wenn es weiter geht
Von:  Nebetha
2013-01-02T22:52:12+00:00 02.01.2013 23:52
Ein wahnsinnig schönes Kapitel. Ich liebe es einfach, wie du der ganzen Geschichte Leben einhauchst, mit deinem wunderbaren Schreibstil. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich es großartig von dir finde,dass du deinen Lesern treu bleibst und die Geschichte, nicht so wie viele andere, einfach abbrichst. Also ein ganz großes Lob an dich.
Die Szene im Bad war sehr schön beschrieben, wobei ich mich doch wundere, wie schnell sich die beiden näher gekommen sind. Fast zu schnell für meinen Geschmack. Doch ich glaube auch, dass Sasuke im nächsten Kapitel herausfinden wird, dass Sakura ihn belogen hat. Und er wird ihr dann wohl nicht mehr so schnell vertrauen.
Ich weiß nicht wie andere darüber denken, aber ich mag am liebsten Geschichten die voller Überraschungen und nicht leicht vorhersehbar sind. Bis jetzt hast du diese Erwartungen alle erfüllt und ich kann es kaum erwarten, das nächste Kapitel zu lesen.
Glg Nebetha


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