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Federspiel

von

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Erkannt

Mit etwas Verspätung nach diesem unvorhergesehenen Zwischenfall traten sie ihre Reise erst am darauffolgenden Tag wieder an. Abermals überflogen sie Dörfer und Städte, unbewohnte Gegenden, dichte Wälder und weite, freie Flächen.

So kamen sie einige Tage voran, ohne dass sich ein weiterer Zwischenfall ereignete. War das ein Grund, um aufzuamten? Oder sollte es sie vielmehr beunruhigen? Das Gefühl der Ungewissheit nagte an ihnen, und es wurde mit jedem Tag unerträglicher. Es missfiel den dreien, dass sie bisher nichts weiter tun konnten. Natürlich, sie hatten ein Ziel vor Augen, und große Pläne zu schmieden, noch bevor sie die ganze Legende kannten, war wahrscheinlich sowieso übereilt. Nur stand noch immer offen, was danach geschehen würde, und das Gefühl, dass Ishi es jederzeit auf sie abgesehen haben konnten, war alles andere als ermutigend.

 

Als sie in einigen Kilometern Entfernung schließlich das Meer erblicken konnten, wussten sie, dass sie ihr Ziel fast erreicht hatten. Nur noch die Lichter einer kleinen, recht belebt wirkenden Stadt lagen davor.

„Meint ihr, wir sollten gleich heute Abend noch raus zur Insel fliegen?“ Gary blickte seine beiden Gefährten fragend an.

„Ich weiß nicht.“ Misty legte die Stirn in Falten. „Es sieht nicht mehr so weit aus, aber ich denke, bis wir wirklich draußen wären, wär es sicherlich Nacht. Vielleicht sollten wir lieber bis morgen früh warten.“

„Das denke ich auch“, meldete sich nun auch der Dritte im Bund zu Wort. „Wir wissen nicht, ob Ishi nicht vielleicht bei der Legende auf uns lauert oder sonst irgendetwas vorhat, wenn wir den dritten Teil gelesen haben. Zapdos ist müde, und ich hätte auch nichts gegen eine Mütze voll Schlaf. Gehen wir lieber ausgeruht an die Sache. Irgendwo in der Stadt da unten wird es schon ein Pokémoncenter oder ein Hotel oder so etwas geben.“

 

Wie sich herausstellte, gab es in dem Städtchen nicht nur eine Unterkunft für Reisende – Dansazu City entpuppte sich als kleines Touristenparadies. Dicht gedrängt stand hier ein Hotel neben dem nächsten, reihten sich Pensionen und Ferienhäuser aneinander. Praktisch jeder Shop verkaufte eine umfangreiche Auswahl an Ansichtskarten des Örtchens, und als sie sich im Pokémoncenter für die Nacht niederließen, gab man ihnen sogleich den Tipp, möglichst früh am Strand zu sein, um noch einen der begehrten Plätze nah am Wasser ergattern zu können.

„Danke. Aber eigentlich sind wir mehr an der Insel interessiert als am Meer.“ Die Diensthabende Schwester Joy blickte Gary ein wenig irritiert an, doch ihr perfektes Lächeln erstarb keine Sekunde.

„Die Insel?“

„Ja, es gibt doch eine Insel dort draußen? Ich meine, dass sie gar nicht so weit von Dansazu City entfernt sein kann.“

„Schon, es gibt eine… Aber da gibt es eigentlich nichts zu sehen. Nur zerklüftete Felsen, nicht einmal Pokémon leben dort. Aber wenn sie euch interessiert, wünsche ich euch natürlich viel Spaß auf eurer Reise.“

Sie bedankten sich und gingen etwas ratlos auf eines der drei Zimmer, zu denen sie gerade die Schlüssel erhalten hatten.

„Ein wenig merkwürdig ist das schon, oder?“ Misty blickte zwischen den beiden Jungen hin und her. „Ich meine, wo die Insel doch so nah ist, wäre es doch denkbar gewesen, dass die Menschen hier wüssten, dass dort ein Text in die Felsen geschrieben steht.“

„Na ja, aber nur wenn wir davon ausgehen, dass dieser Text auch schon da war, bevor Arktos und du dort hingekommen seid. Schließlich war es bei Lavados und mir mehr Text, wer weiß, vielleicht stand da vor euch noch gar nichts.“

„Oder nicht jeder kann die Inschrift lesen. Vielleicht liegt irgendein Zauber darauf, sodass nur Federn sie sehen können.“ Er richtete seinen Blick durch ein Fenster nach draußen, wo sich im Laufe des Abends erneut Gewitterwolken zusammengebraut hatten. Jetzt lagen sie in der Dunkelheit der Nacht verborgen, doch der Wind, der an Baumkronen zerrte und um Ecken heulte und die ersten Blitze, die nun vom Himmel zuckten, waren dafür umso deutlicher wahrzunehmen. Es gewitterte häufig in letzter Zeit, was für diese Jahreszeit eigentlich nicht ungewöhnlich war. Trotzdem wirkte der Sturm, der da gerade aufkam, angesichts ihrer derzeitigen Situation fast ein wenig dramatisch

„Gut, dass wir nicht mehr rausgeflogen sind.“ Misty war seinem Blick offensichtlich gefolgt, wandte sich nun aber wieder ab. „Was Ishi wohl gerade macht? Wir haben beunruhigend lange nichts mehr von ihr gehört… Worauf wartet sie, was hält sie auf?“

„Vielleicht schmiedet sie neue Pläne? Vielleicht gehen ihr die Ideen aus, weil ihr auch klar geworden ist, dass sie nicht wirklich viel ausrichten kann.“ Ein keckes Grinsen legte sich in Garys Mundwinkel und überspielte sogar das leise Husten, das ihm während seiner Worte entwichen war.

„Aber das wäre ja auch keine wirkliche Lösung für alles. Solange diese Macht existiert und jemand sie benutzt, solange irgendwer weiterhin davon beeinflusst werden könnte, könnten wir uns nie ganz sicher sein, dass alles in Ordnung ist.“

„Das stimmt. Um wirklich sicher zu sein und die Legende zu erfüllen, müssen wir Ishi auf jeden Fall stoppen.“

Es war einen Moment still, unterbrochen nur von dem Grollen und Tosen vor dem Fenster, während jeder der drei seinen eigenen Gedanken nachging. Schließlich war es Ash, der das Gespräch von zuvor nur schweigend verfolgt hatte, der nun seinen Blick vom Fenster abwandte und als erster wieder das Wort ergriff.

„Habt ihr mal darüber nachgedacht, wie dieser Mensch sich fühlen muss?“

Die anderen beiden sahen auf.

„Was meinst du?“

„Na ja… Gehen wir mal davon aus, wir schaffen es letztendlich tatsächlich, Ishi irgendwie zu besiegen, indem wir den Menschen, der sie beherrscht, wieder zur Besinnung bringen. Was ist dann, wenn er vorher aber schon… irgendwas Schlimmes angerichtet hat, irgendwas, was sich nicht wieder gutmachen lässt? Ich…“ Er druckste herum und man sah ihm an, dass ihm die Worte schwerfielen. „Ich war ja nun ein wenig in einer ähnlichen Lage. Ich weiß, wie furchtbar es ist, wenn man wieder zu sich kommt und begreift, was man fast getan hätte. Oder dann vielleicht sogar, was man getan hat…“

Gary nicke betreten.

„Du hast recht, und ehrlich gesagt hab ich mir darüber bisher noch gar keine Gedanken gemacht…“

„Ich weiß ja, momentan ist es auch nicht so wahrscheinlich, dass Ishi vorhat, irgendwem etwas anzutun. Sie scheint es für den Moment ja nur auf uns abgesehen zu haben, und uns zu töten zum Beispiel würde ihr nichts nützen. Aber trotzdem…“

„Trotzdem sollten wir auch für diesen Menschen dafür sorgen, dass niemand zu Schaden kommt, dass Ishi kein Unheil anrichtet, das nicht mehr ungeschehen zu machen ist“, beendete Misty seinen Satz.

„Also schön.“ Gary sah die anderen beiden an. „Dann sehen wir zu, dass wir nicht nur die Menschen um uns herum beschützen, sondern auch alles dafür tun, dass dieser jemand, wer auch immer er nun sein mag, sich im Anschluss an diese Geschichte nichts vorzuwerfen hat.“

Ash und Misty nickten.

 

Früh am nächsten Morgen ließ der strahlend blaue Sommerhimmel nicht mehr erahnen, was für ein Unwetter in der Nacht zuvor über den kleinen Ort gefegt war. Hier und dort waren Gehwege und Strandmobiliar zwar noch ein wenig nass von den Regengüssen, doch die Sonne, die selbst zu dieser frühen Stunde schon kraftvoll und wärmend war, war bereits dabei, auch diese letzten Erinnerungen auszulöschen.

In der Tat hatten sich am Strand bereits die ersten Urlauber eingefunden, um sich ein besonders begehrtes Plätzchen zu ergattern, doch glücklicherweise hielt sich die Schar der Sonnen- und Meereshungrigen noch in Grenzen, und die drei Federn hatten eine Stelle etwas abseits vom Hauptstrand gefunden, wo einige große Steine und dichtes Palmengestrüpp sie vor den Augen der Touristen verborgen hielten.

„Also, bereit? Es wird Zeit, dass wir endlich erfahren, ob es einen dritten Teil der Legende gibt.“ Er öffnete den Pokéball mit Lavados darin.

Ash nickte, seinen eigenen, grellgelben Pokéball noch fest umklammernd.

„Ich bin sicher, dass es den gibt.“ Er ließ Zapdos Lavados folgen.

„Und wenn wir ihn kennen, werden wir es sicher auch endlich schaffen, Ishi zu besiegen.“ Arktos schloss sich den beiden anderen Vögeln an.

Die drei Federn nickten einander zuversichtlich zu, und kurz darauf saßen sie auf den Rücken ihrer Pokémon, flogen dicht über die Wasseroberfläche, um durch das plötzliche Aufsteigen der Vögel keine Aufmerksamkeit zu erregen, und lenkten sie erst höher, als sie sicher waren, dass niemand ihnen mehr Beachtung schenken würde.

 

Eine alte Frau, die bis eben dabei gewesen war, mit einem Reisigbesen ihre Terrasse vom aufgewirbelten Sand der letzten Nacht zu befreien, hielt mit einem Mal in ihrem Tun inne. Irritiert sah sie auf und blickte hinüber aufs Meer, wo sich am Horizont, weit in der Ferne, drei dunkle Schatten vorm Himmel abzeichneten.

Sie kniff die Augen zusammen.

„Geht es also wieder los…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Heibara
2013-11-27T14:19:50+00:00 27.11.2013 15:19
Wer is diese Frau?!?
Von: MiyaToriaka
2013-11-27T09:45:16+00:00 27.11.2013 10:45
Der letzte Satz der alten Dame macht den Eindruck, als würde soetwas "öfter vorkommen". Ich bin gespannt, was es damit auf sich hat.
Um ehrlich zu sein, habe ich angefangen, das Kapitel zu lesen und gerade in dem Moment, als ich dachte, es gehe los - war es fertig! O__O Demzufolge kann ich irgendwie nichts Gescheites dazu schreiben, denn in dem Kapitel ist ja eigentlich nicht viel passiert.
Ich mache mir allerdings immer mehr Sorgen um Gary und ich habe da ein ganz komisches Gefühl, was Isshi anget. Ich bin echt sehr gespannt!

Und jetzt kann ich es ja schreiben: YAY, EIN NEUES KAPITEL!!! \^o^/ ♥

LG
Miya


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