Zum Inhalt der Seite

Philipp

Wichtelstory für trinithy
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Philipp
 


 

Es gab einen Moment beim kochen, kurz bevor man das Essen versalzte, den Timo immer wieder verpasste.

Er konnte kochen. Gut sogar. Nur ab und an meinte er es ein wenig zu gut mit den Gewürzen. Vorallem mit Salz. Timo mochte sein Essen gerne stark gewürzt. Er mochte es, verschiedene Geschmackskompositionen auszuprobieren und wenn er es nur hinbekommen würde, dass Pflanzen ihn überlebten, würde er sich seine eigenen Kräuter anbauen.

Tatsache jedoch war, dass er sich nicht mehr an eigene Kräuter gewagt hatte, seid ihm Basilikum eingegangen war. Laut einem Liebeszauber, den er als Jugendlicher gelesen hatte, war Basilikum die italienische Pflanze, die Amor bei seinem Tun unterstützte, wenn man einen Zettel mit den Namen des Menschen, in den man verliebt war unter ihren Wurzeln begrub. Ging die Pflanze ein, war es um die Liebe schlecht bestellt. Lebte sie, sah es deutlich positiver aus. Timos Pflanzen segneten relativ rasch das zeitliche. Er hatte sich damals eingebildet, dass es vielleicht am Papier lag und es noch einmal gewagt. Mehrfach. Insgesamt fünf Versuche brauchte er, bis er es schließlich aufgab. Und natürlich wurden seine Gefühle nicht erwidert, was sicherlich an dem verwelktem Basilikum lag.

Seid dem hatte er seine Finger von selbst angebauten Kräutern gelassen.

Manchmal bereute er diese Entscheidung. Aber meistens kam er gut mit dem zurecht, was ihm zur Verfügung stand. Außerdem kochte er zwar gut und gerne, doch es war weder Beruf noch Berufung. Timo vertrat die Meinung, dass man nicht alles was man gut und gerne machte auch gleich zum Verdienen des Lebensunterhaltes nutzen muss. Manches tat man einfach nur zur Entspannung. Aus Freude. Einfach nur so.

Und heute hatte er besonders viel Freude am kochen und er würde das Essen auch nicht versalzen. Es war wichtig, dass die Gewürze heute genau richtig eingesetzt wurden. Immerhin sollte es Philipp ja auch schmecken.
 

„Guten Morgen.“

Mit einem freudigem Lächeln schloss Timo durch einen gezielten Fußtritt die Tür zu dem Schlafzimmer.

Philipp lag auf der rechten Seite des Bettes. Einen Arm hatte er unter seinen Kopf gelegt und sein linkes Bein wenig angewinkelt. Die dunkel Haare fielen ihm wirr in sein Gesicht und verdeckten die fast schon femininem, dunklen Wimpern. Seine Lippen waren ein wenig geöffnet und Timo hörte ihn leise schnarchen.

Timos Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln.

Er stellte das Tablett auf dem Beistelltisch des Lesesessels am anderen Ende des Zimmers ab. Eine Stehlampe aus den sechziger Jahren stand an der anderen Seite des Sessels. Er sollte sich wirklich mal wieder ein wenig Zeit für ein gutes Buch nehmen. Doch im Augenblick war ihm gar nicht nach lesen zumute.

Timo trat an das Fenster und zog die Schlaufenschals beiseite um Sonnenlicht in den Raum zu lassen. Philipp murrte und als Timo sich zu dem anderen Mann umsah, beobachtete er, wie dieser die Bettdecke höher zog und sein Gesicht in der schützenden Dunkelheit versteckte. Erbarmungslos öffnete Timo das Fenster. Der Schlafgeruch musste raus. Außerdem weckte das auf kurz oder lang jeden.

Im Kopf zählte er langsam bis zehn und wurde mit dem Geräusch einer Decke belohnt, die zurückgeschlagen wurde.

„Guten Morgen.“, wiederholte er und als er sich erneut umsah, saß Philipp bereits aufrecht im Bett und strich sich die Haare aus dem Gesicht.

Ja, da machte es sich schon bemerkbar, wie gut sie einander kannten. Nur in letzter Zeit hatte er das Gefühl, dass sich etwas in ihrer Beziehung geändert hatte. Es waren kleine, versteckte Zeichen, die ihn alarmierten.

Philipp war ein lebenslustiger, offener junger Mann der fast völlig in der Gegenwart lebte. Er war herzlich, neugierig und brauchte überraschend viel Körperkontakt, den er auch selber suchte. Kleine, versteckte Berührungen, dann und wann eine Umarmung, Berührungen bei Gesprächen, wenn er etwas zeigen wollte. Timo selber war da wesentlich zurückhaltender und er brauchte seine Zeit, bis er sich an den stetigen Kontakt gewöhnt hatte.

Nun aber war das anders. Er spürte, dass Philipp etwas vor ihm verbarg. Der Körperkontakt wurde auf einmal eingeschränkt und der andere kam ihm distanzierter vor.

Deshalb auch das Frühstück.

Vielleicht hatte er sich nicht genug um ihn bemüht.

Allein der Gedanke, dass Philipp ihn verließ, machte Timo nervös, fast ein wenig ängstlich. Wenn er ihm zeigte, dass er sich auch für ihn da sein konnte, dass er sich bemühte, dass er an sich arbeiten konnte, änderte er vielleicht seine Meinung noch einmal.

Es war ihm durchaus bewusst, dass das was er tat nicht unbedingt richtig war. Sie waren noch nicht wirklich lang zusammen und Timo kannte genug Leute in seiner direkten Umgebung, die ihm sagen würde, dass es zu früh war, sich für jemanden den er so lang nicht kannte, zu verändern. Früher hatte er eine ähnliche Meinung vertreten. Aber hieß es nicht auch, dass man in einer Beziehung stetig an sich arbeiten sollte, dass man Kompromisse eingesehen sollte? Beiderseits natürlich. Vielleicht war es nun für ihn an der Zeit, dass er genau das tat.

Da er jedoch nicht wusste, wo genau das Problem lag und direkten Konfrontationen lieber aus dem Weg ging, hieß es nun verdeckt Feldforschung zu betreiben. Und das war aufregend. Es war ein bisschen wie in einem Spionagefilm. Nur ohne die teuren, schnellen Wagen und die Explosionen. Und ohne Verfolgungsjagden.

„Guten Morgen.“, erwiderte Philipp seinen Gruß und gähnte.

Verschlafen verbarg er sein Gesicht für einen Moment in seinen Händen, rieb sich über die Augen und sah schließlich zu ihm rüber.

„Bist du schon lange wach?“

Timo schüttelte seinen Kopf und seine dunkelblonden Haare fielen ihm in die Augen. Er musste sie dringend mal wieder schneiden lassen.

„Noch nicht sehr lange.“

Noch bevor Philipp etwas sagen konnte, fügte Timo hinzu: „Ich hab uns Frühstück gemacht. Toast französischer Art.“

Philipp neigte seinen Kopf und musterte ihn aus inzwischen wachen, grauen Augen. Nervös senkte Timo den Blick.

„Toast französischer Art?“

„Ja. Also, eigentlich nimmt man dafür Baguette, aber ich hatte nur Toast. Man wendet ihn in einer Mischung aus Milch, Eiern, Zimt, Zucker und Muskatnus, lässt ihn ein wenig einweichen und brät ihn in einer Pfanne goldbraun. Dazu gibt es auch gebratenen Speck.“, erklärte Timo, woraufhin Philipp nickte.

„Ich bin nicht so der Koch. Bei mir muss es schnell und einfach sein.“, murmelte er und schenkte Timo ein Lächeln.

„Oh, dann ist das eigentlich was für dich.“, grinste Timo und holte das Tablett her.

„Hier wird man ja richtig verwöhnt.“, meinte Philipp mit einem Blick auf das Tablett.

„Nur ein klein wenig. Ein gutes Frühstück ist doch das A und O des Tages. Deshalb gibt es nicht nur Essen sondern auch Kaffee.“

Wie um seine eigenen Worte zu bestätigen nickte Timo. Er freute sich darüber, dass Philipp dem Essen gegenüber nicht abgeneigt war. Das war gut, denn es rückte die Feldstudie in greifbare Nähe. Je früher er damit anfing, desto besser.

Aber wie fing er an?

Philipp erzählte so viel und doch wusste er nichts über ihn, was wirklich von Belang war. Es war, als würde er etwas vor ihm geheim halten, womit Timo wieder beim Kern seines Problems angekommen war. Von Philipp hatte er so viele Informationen bekommen. Er wusste so viel. Und dann wieder gar nichts. Als würde er versuchen, ihn mit dieser Fülle an Angaben von etwas Wesentlichem abzulenken. Und bisher hatte das auch sehr gut funktioniert. Vielleicht war sein Gegenüber doch nicht so offen, wie Timo bisher angenommen hatte.

Aber damit war jetzt Schluss!

Ab jetzt würde er lernen zwischen den Zeilen zu lesen. Er würde sich dafür Zeit nehmen und er wusste, dass Philipp sie ihm auch geben würde.

„Frühstück am Bett also.“, stellte Philipp fest und zwinkerte ihm zu.

„Ja, kann man so sagen. Gesünder als die Zigarette danach.“, lächelte Timo.

„Ah, also ist es eine Art Bestechung, damit ich gesünder lebe?“

Kein Argwohn ihn der Stimme. Nur Schalk. Verriet ihm das etwas? Vielleicht nicht jetzt, sondern später. Warum hatte er nicht früher auf solche Kleinigkeiten geachtet? In Zukunft würde er darauf ein Auge haben.

„Ein ganz kleines bisschen vielleicht. Hätte ich denn Chancen?“

„Mhmmm... Ich kann recht stur sein.“

Philipp goss zuerst Timo und dann sich Kaffee ein.

„Magst du nichts essen?“, fragte er, als sein Blick auf den angerichteten Teller auf dem Tablett fiel.

„Ich hab beim Zubereiten schon genascht. Es ist mächtiger als ich gedacht habe.“

„Das hab ich immer gemacht, wenn meine Mutter gebacken hat. Die Schüssel auszukratzen war für mich immer das Größte!“

Da war wieder eine kleine Information, die sich nahtlos einfügte in der Informationsflut, mit der Philipp ihn fütterte und doch geheimnisvoll blieb. Oder aber er setzte die Puzzlestücke falsch zusammen.

Philipp sah zu ihm auf und wieder fielen ihm wirre, dunkle Strähnen in die grauen Augen.

„Moment. Willst du damit sagen, dass ich jetzt praktisch allein esse?“, hakte er nach und Timo hörte deutlich die Überraschung in der Stimme des anderen.

Er wertete dies als gutes Zeichen, denn es bedeutete, dass er seinen Freund noch immer erstaunen konnte. Seid er das Gefühl hatte, dass Philipp sich von ihm zurück zog, war Timo unsicher. Das war sonst gar nicht seine Art. Sonst war er doch so zielstrebig, selbstsicher und wusste genau wo er stand. Jetzt aber fühlte es sich an, als stünde er im Nebel, seiner Sinne beraubt. Kein schönes Gefühl.

„Ja, schon.“

Das klang...dumm. So würde Philipp sich sicher nur noch mehr von ihm entfernen. Die letzte Nacht hatte er weit von ihm fort gerückt geschlafen. Solche Situationen kannte Timo schon zur genüge, war es doch nicht seine erste Beziehung, die sich auf einmal in diese Richtung wendete. Es war wie mit dem kochen. Immer wieder verpasste er den Moment, in dem er das Ruder herumreißen würde. Er arbeitete ja schon an sich, aber vielleicht an den falschen Stellen.

„Zuviel genascht.“, fügte er hinzu.

„Hab ich gestern ja auch.“, zwinkerte Philipp ihm zu und Timos Mundwinkel zogen sich sofort nach oben.

Ihm war bewusst, dass er sich gerade mit Brotkrumen begnügte, die ihm dann und wann beiläufig hingestreut wurden, damit er nicht ganz die Orientierung verlor. Aber was sollte er anderes machen? Erstmal musste er nehmen, was er kriegen konnte.

Erstmal.

„Ein Grund mehr sich mit einem guten Frühstück zu stärken.“

„Na, so verwöhnt werde ich sonst nicht.“

Der Satz irritierte Timo. Wie kam Philipp denn auf sowas? Man konnte ihm wirklich vieles vorwerfen, aber nicht, dass er sich nicht immerzu bemühte. Vielleicht hatte er seine Bemühungen in letzter Zeit schleifen lassen und eventuell war etwas an der Behauptung, sobald man sich des Partners sicher war sich mehr gehen zu lassen als vorher, etwas dran. Aber bemüht hatte er sich schon und es verärgerte ihn doch etwas, dass Philipp das ganz offensichtlich nicht zu würdigen wusste.

Er grübelte noch darüber, als sein Gegenüber bereits aß.

„Mit Muskatnuss hast du nicht gespart. Aber das mag ich hier sehr gern. Ist überhaupt ein leckeres Frühstück.“

Philipps Stimme drang wie von weit her zu ihm durch und besänftigten seine Gedanken. Zumindest fühlte er sich ruhiger. Die Selbstzweifel der letzten Zeit, die Sorge um die Beziehung mit Philipp, die ganzen Veränderungen zwischen ihnen hatten dafür gesorgt, dass er dünnhäutig geworden war, angespannt und unruhig.

„Dann lass es dir schmecken. Ich bin eben duschen. Wenn du magst, kannst du gerne nach mir.“
 

Philipp duschte nach ihm und Timo nutzt die Zeit, indem er für Ordnung sorgte und alles abräumte. Im Bad brauchte Philipp immer eine kleine Ewigkeit. Also hatte er Zeit genug um das Bett zu machen und zu spülen. Reste wegwerfen musste er ja nun nicht, wie er sehr zufrieden festgestellt hatte.

Wie sich herausstellte, hatte er sogar noch Zeit und Muße genug mit einem Korb voll Wäsche in den Keller zu laufen um sie in die Waschmaschine zu stopfen. Die Post der er auf den Weg zurück in seine Wohnung aus dem Briefkasten holte, entsprach dem erwarteten und durchaus auch deprimierenden Wissen um den Inhalt. Werbung, die neue Karte von seiner Lieblingspizzeria und seine Telefonabrechnung. Heute schrieb niemand mehr Briefe. Oder er erhielt keine. Doch Timo glaubte eher dem ersten Gedanken, lieferte er doch auch sofort eine Antwort auf den zweiten. Natürlich schrieb ihn niemand einen Brief, wenn er nicht auch welche schrieb. Aber er schrieb eher Emails, manchmal ein bisschen über Skype und natürlich hielt er Kontakt über Facebook. So wie fast jeder heute. Da gerieten Briefe einfach ins Hintertreffen.

„Mir ist irgendwie nicht gut...“

Die Stimme, vorhin noch klar und voller guten Laune, war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie war leise, unsicher und krank.

Timo, der gerade die unpersönliche Post beiseite gelegt hatte, sah sich zu Philipp um, der blass und zitternd im Türrahmen stand.

„Wie siehst du denn aus?“, stieß Timo erschrocken hervor und war mit ein paar wenigen Schritten bei dem anderen.

„Komm. Leg dich erstmal ins Bett.“

„Ich kann dir doch nicht so zur Last fallen.“

„Unsinn.“

Timo schob Philipp wieder in das Bett, der sich ohne nennenswerten Widerstand dorthin buxieren ließ.

„Ruh dich etwas aus. Dir geht es sicher bald besser.“

„Nichts für ungut, aber vielleicht sollte ich doch zum Arzt.“, wand Philipp mit dieser ungewohnt schwachen Stimme ein.

„Es gibt kaum was, was sich nicht mit einem Tee und etwas Ruhe wieder kurieren lässt.“

„Aber es kam so plötzlich.“

„Was denn?“, erkundigte sich Timo.

Er streckte seine Hand nach Philipp aus, der im ersten Moment ein wenig zurückwich, sich die Berührung dann aber doch gefallen ließ. Timo legte seinen Handrücken auf die Stirn des anderen.

„Fieber schon mal nicht.“, stellte er mit sanfter Stimme fest und ließ seine Finger über die Wange des dunkelhaarigen Mannes streichen, über seinen Hals.

Der Puls des anderen raste. Nicht wegen der zarten Berührung, dass war Timo durchaus bewusst.

„Nein, dass nicht. Aber mir ist echt übel.“

Ein Zittern erfasste Philipps Körper.

„Und schwindelig. Und mein Magen tut so weh.“

Für gewöhnlich neigte Philipp nicht dazu zu jammern, außer wenn er deutlich über den Durst getrunken hatte. Auch dann halfen in der Regel Kopfschmerztabletten, Saft und ein wenig Ruhe weiter.

„Alles auf einmal?“

„Nee, also... Erst der Schwindel unter der Dusche. Ich dachte, es sei irgendwas mit dem Kreislauf oder so. Meine Schwester hat immer irgendwelche Kreislaufprobleme. Bei Wetterumschwüngen, wenn sie zu wenig trinkt oder was weiß ich. Da dachte ich, vielleicht ist es sowas. Heißes Wasser, eine kurze, aber intensive Nacht...“

Timo nickte verständnisvoll, während er Philipp in das Kissen drückte und ich zudeckte.

„Aber die Bauchschmerzen, die Übelkeit... Vielleicht hab ich mir was eingefangen und steck dich jetzt auch damit an.“, wand Philipp ein und fuhr sich mit beiden Händen durch das Gesicht.

„Ich versteh das nicht. Sonst bin ich fast nie krank.“

„Ich mach dir einen Tee. Dann geht es dir besser. Heute bleibst du erstmal hier.“

„Was?“

Philipp richtete sich auf und hielt sich fast im selben Moment den Kopf.

„Ich sagte ja, dass du dich hinlegen sollst.“, tadelte Timo und drückte Philipp zurück in das Bett.

Das hier war seine Chance. Die Gelegenheit, auf die er die ganz Zeit gewartet hatte. Wenn nicht jetzt, wann dann konnte er Philipp zeigen, dass er durchaus mit ihm mithalten konnte, dass er nicht schwach war? Er war nicht nur unsicher und zurückhaltend, sondern viel mehr. Das war eine Seite an ihm. Sicher. Er leugnete sie auch nicht. Aber Timo hatte auch eine andere Seite und die konnte er Philipp jetzt zeigen.

Natürlich, und auch das wollte er nicht leugnen, hatte er vorher auch Möglichkeiten gehabt zu zeigen, dass er auch anders war und er hatte sie nicht genutzt.

Dabei hasste er eigentlich Leute, die immer im Nachhinein darüber lamentierten, dass sie noch nicht alles von sich gezeigt hatten und es sofort tun würden, wenn sie nur noch einmal die Gelegenheit dazu bekommen würden. Nur noch einmal. In der Regel ließen genau diese Menschen dann auch die neue Chance verstreichen um dann die selbe Leier noch einmal zu jammern.

Und jetzt war er genau so wie diese Leute.

„Ich kann dir doch nicht so zur Last fallen.“

„Jetzt diskutier nicht mit mir. Du liegst ja doch schon. Wenn du mir eine Last wirst, setze ich dich schon vor die Tür.“, entgegnete Timo und stand auf.

„Du bleibst jetzt hier, ich mach dir einen Tee fertig und schau mal, was ich noch machen kann, damit du wieder auf die Beine kommst. Und wenn es dir hilft, kannst du es ja wiedergutmachen.“

Philipp gab sich geschlagen, zog die Decke höher und schloss seine Augen.

„Das wollte ich sehen.“, kommentierte Timo das was er sah und verließ den Raum, um den versprochenen Tee zu kochen.

Ja. Er spürte es. Ab jetzt würde sich alles ändern. Jetzt wurde es besser.
 

Am Abend ging es Philipp augenscheinlich besser.

Er zitterte nicht mehr. Die Magenkrämpfe waren zwar nicht völlig verschwunden, doch sie ebbten immer mehr ab. Das Schwindelgefühl jedoch war geblieben, was Timo zum Anlass nahm, dem jungen Mann weitere Bettruhe zu verschreiben, auch wenn Philipp protestiert hatte. Der Erfolg jedoch gab ihm Recht. Erfolg war eventuell das falsche Wort dafür. Philipp hatte kurz widersprochen, war dann aber einfach eingeschlafen. Wenn er nicht Urlaub hätte sondern am nächsten Tag zur Arbeit gehen müsste, wäre er sicher nach Hause gegangen um sich mit diversen pflanzlichen Mitteln aus seiner Hausapotheke selber zu verpflegen.

Aber er hatte Urlaub und die Hausapotheke war nicht hier.

Hier und jetzt gehörte er ihm!

Und so würde es auch bleiben!

Jetzt war Philipp hier und er hatte die Gelegenheit ihm zu zeigen, wie sehr er ihn wollte, immer gewollt hatte. Seid er ihn das erste Mal gesehen hatte. Sie hatten sich schon einmal getrennt. Noch einmal würde er das nicht durchstehen.

Früher hatte Timo es immer für dummes, gefühlsduseliges Gerede gehalten, wenn man von Herzschmerz und Liebeskummer geredet hatte. Das taten diese ganzen Romantiker, Menschen die bei Liebesfilmen weinten und auch sonst eher nahe am Wasser gebaut waren. Er hatte nie an die große Liebe geglaubt. Nicht weil er sehr unromantisch war, sondern weil er es sich nicht vorstellen konnte, einen Menschen zu treffen, in dem er völlig aufging. Jemand, bei dem er sich fallen lassen konnte. Er war da eher misstrauisch. Immer schon gewesen.

Und dann lief ihm Philipp über den Weg.

Er konnte sich sogar noch an ihr erstes Treffen erinnern, was er davor noch für ausgemachten Unfug gehalten hatte. Sie hatten sich auf einer Party von einem gemeinsamen Bekannten kennengelernt. Philipp war ihm aufgefallen weil er nicht nur zu I love Rock 'n Roll von Joan Jett and the Blackhearts getanzt, sondern auch mitgesungen hatte. Vieles mochte am Alkohol liegen, aber sicher nicht alles. Zumindest das Mitsingen ließ sich nicht darauf zurück führen, denn Philipp sang so ziemliches jedes Lied mit, das er kannte, wenn die Voraussetzung erfüllt war, dass er sich in einem Auto befand und die Musik laut genug war, dass er sich nicht mehr selber hören konnte. Nach diesem Abend hatten sie sich ein paar Mal so getroffen und waren irgendwann ein Paar. Es war also nicht sonderlich spektakulär wie sie zusammen gekommen waren. Keiner hatte die Welt gerettet und sie drohte auch nicht unter zu gehen. Es gab keine Heldentaten, der Song war nicht romantisch und die Umgebung auch nicht.

Alles war gewöhnlich und gerade das empfand Timo als pure Romantik.

Und genau so verlief auch die Beziehung.

Bis sie auf einmal beendet wurde.

Von jetzt auf gleich. Einfach so. Keine Erklärung. Zumindest keine, die Timo in irgendeiner Art und Weise nachvollziehen konnte.

Er war am Boden zerstört gewesen. Natürlich war es nicht das erste Mal, dass eine Beziehung endete. Doch das mit Philipp war anders.

Zum ersten Mal traf er einen Menschen, dem er voll und ganz Vertrauen konnte und dann verließ dieser Mann ihn. Einfach so. Von heute auf morgen. Ohne nachvollziehbaren Grund. Timo konnte und wollte es damals nicht verstehen. Und auch mit etwas Abstand, konnte er nicht nachvollziehen, was Philipp damals geritten hatte. Aber er hatte ihn nie aufgegeben und seine Hartnäckigkeit hatte sich ausgezahlt.

Philipp und er waren wieder zusammen und sie würden es auch bleiben.

Timo legte sich zu den anderen und fuhr die Konturen seines Gesichts mit den Fingerspitzen nach, als könnte die zarte Berührung seinen Freund aus den Schlaf reißen.

Diesmal würde er nicht gehen. Sie würden das hinbekommen. Wo auch immer der Wurm drin saß; er würde ihn raus zerren und völlig entfernen.
 

„Das ist eigentlich gar nicht meine Art.“

Philipp stand nur mit einem Handtuch um seiner Hüfte im Türrahmen. Seine Haare waren noch feucht, die Haut noch immer ein wenig blass. Aber er sah schon viel gesünder aus als gestern. Wenn der leichte Schatten unter seinen Augen nicht wäre, würde man nur denken, dass er einfach eher der blasse Typ sei.

„Was denn?“, fragte Timo, der gerade Kaffee aufgesetzt hatte.

„Das ich mich so einniste.“

„Ach, Quatsch. Los, zieh dir was an. Mal schauen, ob du Hunger hast.“, winkte er ab und scheuchte Philipp aus der Küche.

Wenn er das Frühstück zubereitete, konnte er ihn einfach nicht gebrauchen. Philipp achtete viel zu wenig auf sich und Timo wusste, dass er dazu neigte nicht zu frühstücken und dann unterwegs irgendwas auf die Schnelle zu essen. Wenn überhaupt. Das war natürlich kein guter Start in den Tag und wenn er ihn jetzt ein bisschen verwöhnte, konnte er ihm doch dadurch gut zeigen, dass er sich Sorgen machte, ohne ihn wieder einzuengen.

Außerdem konnte Philipp einfach keinen richtigen Kaffee kochen. Immer war er zu schwach. Kaffee aber musste stark sein. Nicht gerade so, dass er sich selber umrührte und Tote wecken konnte, aber schon so, dass man merkte, dass es nicht nur eigenartig verfärbtes Wasser mit einem Hauch von Geschmack war.

„Ich hab tatsächlich etwas Hunger.“, ließ Philipp ihn aus dem Schlafzimmer heraus wissen.

„Na siehst du. Ein bisschen Schlaf und schon bist du wieder fit.“, antwortete Timo und bereitete die Tassen vor.

„Ich schenk dir schon mal Kaffee ein.“

„Mein Lebensretter!“

Die Worte ließen Timo lächeln. Das sah doch schon mal nach einem ganz guten Start in den Tag aus.

Und so würde es auch bleiben. Es gab Frühstück und Kaffee und draußen schien die Sonne. Ein perfekter Start in den Tag. Was wollte er denn noch mehr?

Doch was war mit Philipp?

Blieb es jetzt so zwischen ihnen, wie es war? So entspannt, losgelöst und vertraut?

Was ist, wenn es war wie vor kurzem, als Philipp ihn verlassen hatte?

Timo ließ seine Hände sinken, spürte die kühle Oberfläche der Arbeitsplatte unter seinen Fingern, in der Hoffnung sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Seine Nägel kratzten über die glatte Fläche und in seinem Kopf war nichts anderes mehr, als lähmende Leere. Angst. Sie kroch durch seine Adern, erfasste jeden Nerv.

Philipps Stimme riss Timo aus seiner Starre.

„Hier duftet es ja richtig nach Kaffee.“

„Selbst aufgebrüht.“

Timo bemühte sich um ein Lächeln, sah sich aber erst zu dem anderen um, als er sich sicher war, dass man ihm diesen Gesichtsausdruck auch wirklich abnahm.

„Bei mir gibt es Instantkaffee.“

Timo nickte. Er wusste das. Wie auch nicht? Er war sobald die Zeit es hergab bei Philipp. Ihm fiel auf, dass auch das mehr von ihm ausging als von seinem Freund, was seiner Sorge nur noch mehr Nahrung gab.

„Nur gut, dass du hier verwöhnt wirst.“, lächelte er und reichte Philipp seine gefüllte Tasse.

„Instantkaffee...“

Er schüttelte missbilligend seinen Kopf.

„Ich weiß, ich weiß. Aber es geht eben schnell.“, rechtfertigte Philipp sich, was Timo nur noch einmal seinen Kopf schütteln ließ.

„Schnell ist nicht immer gut.“, entgegnete Timo.

„Manchmal schon.“, zwinkerte Philipp und lenkte das Gespräch in Bahnen, mit denen Timo in diesem Moment nicht gerechnet hatte, weswegen es ihm die Sprache verschlug.

Philipps Körperhaltung änderte sich, war weniger entspannt als vorher.

„Zu weit aus dem Fenster gelehnt?“, fragte er.

„Nee, es ist nur... Ich hab da jetzt nicht mit gerechnet. Gestern warst du noch krank...“

„Mir geht es besser.“

„Und auf einmal... War nur überrumpelt.“

Philipp grinste ihn an: „Vorletzte Nacht warst du das aber gar nicht.“

Timo, der gerade die Tasse Kaffee absetzen wollte, erstarrte in seiner Bewegung. Damit hatte er nicht gerechnet. Flirtete Philipp mit ihm?

Sein Herz schlug schneller. Wahrscheinlich tat es das gar nicht, doch es kam ihm so vor. Und wenn es stimmte, was ihm gerade durch den Kopf geschossen war, dann lief doch wirklich alles gut. Es hatte funktioniert. Philipp hatte gesehen, dass er sich wirklich darum bemühte, aktiver und bestimmender in ihrer Beziehung zu sein. Eben anders als vorher. Bevor er ihn verlassen hatte. Gut, dass lag alles eine Weile zurück und Timo war sich darüber im Klaren, dass er sich nicht so sehr auf die Vergangenheit fixieren sollte. Aber wie sollte man sich ändern, wenn man Vergangenes nicht reflektierte? Philipp lebte völlig im Hier und Jetzt. Fehler der Vergangenheit ließen sich nicht ungeschehen machen, womit Timo ihm auch recht gab, doch Philipp klammerte sich auch nicht an ihnen fest. Damit unterschied er sich wieder von Timo, den es nach wie vor schmerzte, wenn er an die Zeit der Trennung zurück dachte.

Timo bemerkte, dass Philipp ihn beobachtete. Nein, dass stimmte so nicht. Er starrte ihn an.

Was war los?

Doch dann fiel es ihm auch wieder ein. Philipp hatte ein wenig mit ihm geflirtet. Es kam Timo zumindest so vor. Er war in solchen Dingen nicht sonderlich versiert. Wahrscheinlich erwartete Philipp irgendeine Art der Reaktion.

„Kalt erwischt?“, half der andere ihm schließlich und Timo nickte.

Hatte er es jetzt kaputt gemacht?

Vorsichtig sah er zu Philipp, der seinen Kaffee trank und den Blick gesenkt hatte, so dass seine dichten, tiefschwarzen Wimpern auf der sonnenverwöhnten Haut ruhten. Die Haare fielen ihm wieder in die Stirn und Philipp strich sie sich erneut zurück. Das tat er sehr oft, wie Timo beobachtet hatte. Ein Besuch bei einem Friseur würde da sicherlich Abhilfe schaffen, doch er wagte nicht, diesen Gedanken seinem Freund mitzuteilen, weil er sein Missfallen nicht noch mehr erregen wollte.

Er sollte doch bei ihm bleiben.

Er sollte...

Ein anderer, neuer Gedanke tauchte auf einmal auf, schlug seine Fänge in eine freie Stelle und setzte sich fest um Form anzunehmen.

Philipp sollte bei ihm bleiben!

Und er würde es auch tun, einfach weil Timo nicht der schwache kleine Niemand war, den er selbst in sich sah. Gestern wusste er sehr genau was er tun musste und Philipp hatte sich, entgegen dem was Timo von ihm gewohnt war, seinem Willen gefügt.

Natürlich war es gestern auch nicht ausgeglichen zwischen ihnen gewesen. Philipp war krank und dadurch geschwächt. Aber wie Timo, konnte er einfach nicht übersehen haben, dass sich etwas in ihrer Beziehung verändert hatte. Das Kräfteverhältnis. Und zwar entschieden. Deshalb hatte er doch auch gerade mit Timo geflirtet, denn das hatte er schon sehr lange nicht mehr getan. Auch nicht, als er zu ihm zurück gekommen war. Sie waren nur wieder zusammen gewesen. Das war einfach so. Darüber wurde nie lange geredet.

Weil Timo es zugelassen hatte.

Er war es, der verlassen worden war. Da sollte man doch meinen, dass um ihn geworben wurde, wenn der Partner an diesem Zustand etwas ändern wollte.

Zorn keimte in ihm.

Warum musste er sich verändern, um diese Beziehung zu erhalten?

Natürlich musste auch er sich ändern, wenn es zwischen Philipp und ihm funktionieren sollte. Aber es war nicht nur seine Schuld, dass es zur Zeit zwischen ihnen nicht so lief, wie man es sich erhoffte.

Nur war jetzt nicht der richtige Moment um einen Streit vom Zaun zu brechen. Philipp wusste ja gar nicht warum Timos Stimmung so umgeschlagen war.

„Sowas passiert mir nicht so oft.“, murmelte er.

„Was?“

„Naja...flirten...also...angeflirtet werden.“, antworte Timo und räusperte sich.

Philipp schmunzelte.

„Komisch, den Eindruck hast du auf mich gar nicht gemacht.“

Seine Wut verpuffte, als er den Schalk in der Stimme seines Gegenübers wahrnahm. Dieser Mann brachte ihn völlig aus dem Konzept. Vorhin war er noch so unsicher gewesen, dann glücklich, wütend und jetzt verfiel er Philipp schon wieder.

So launenhaft war er sonst doch auch nicht. Sicher, ein wenig wechselhaft war er durchaus mit seinem Gefühlsleben, doch so extrem wie zur Zeit, war es nie gewesen. Oder er hatte er vergessen. Verdrängt.

Timo erkannte sich selbst nicht mehr wieder.

„Ist sonst nicht so deine Art, mhm?“

Philipp lächelte. Ein warmherziges, sanftes Lächeln.

„Das weißt du doch, Philipp.“, murmelte Timo verlegen und das Lächeln auf den Lippen des anderen wich Irritation.

„Mein Name ist nicht Philipp.“
 

Worte konnten vieles verändern, unabhängig davon, ob sie geschrieben oder gesprochen wurden. Sie hatten viel mehr Macht, als manche Menschen ihnen zutrauten. Und doch spürten sie es instinktiv. Aus diesem Grund, gehörte es sich einfach nicht ein Buch zu verbrennen und deshalb war ein Brief persönlicher als eine Mail, wenngleich sicherlich mehr Emails verschickt wurden als Briefe zur heutigen Zeit.

Worte hatten Macht und sie konnten Welten zum Einsturz bringen.

In Timos Fall, waren sie: „Mein Name ist Matthias.“

Der Satz stimmte nicht. Er war falsch. Und er fühlte sich auch falsch an. Es war, als würde man ihn aus einem Flugzeug stoßen. Die Welt kam mit rasanter Geschwindigkeit näher. Und näher. Die weiche Wolkendecke verschwand und gab die Sicht frei auf Landschaft. Sehr viel Landschaft, die sich sehr schnell nährte. Felder, Wälder, Städte. Alles wurde rasch klarer. Viel zu klar. Einzelheiten ließen sich erkennen. Und dann schlug er auf. Es war hart und er spürte, wie seine Knochen zersplitterten.

„Zieh nicht so ein Gesicht. Du nimmst sonst keine Männer für eine Nacht mit nach Hause, mhm? Das kann passieren.“, versuchte der andere, der nicht Philipp war, ihn aufzubauen.

„Muss dir nicht peinlich sein. Ist mir auch schon passiert. Klar, ist das unangenehm. Aber hey, als würde ich dir einen Vorwurf machen. Ich war noch nie bei jemanden, der mich sogar pflegt und mich nicht vor die Tür setzt.“

Er war nicht Philipp?

Aber wie konnte das sein?

Timo starrte den anderen an, der redete und redete und immer weiter redete. Er starrte in die Augen, die Philipp gehörten, sah auf den Mund, den er schon so oft geküsst hatte. Wie konnte er nicht Philipp sein?

Mit dem Muskatnuss hatte er ihm doch nicht das Erinnerungsvermögen nehmen wollen. Von sowas hatte er auch nichts gelesen. Er wollte Philipp doch nur zeigen, dass er fähig und willens war, sich auch mal um ihn zu kümmern, dass er nicht schwach und klein war. Ihm ebenbürtig.

Und jetzt wusste Philipp nicht einmal mehr wer er war.

„Philipp...hör mal...“

„Matthias.“

„Du redest wirr, aber...“

Unverständnis auf der anderen Seite.

„Ich kann das erklären.“, begann Timo, aber eigentlich entsprach das nicht der Wahrheit.

Er konnte es erklären, seine Beweggründe, die Idee dahinter, sein Plan. Er konnte es Philipp erklären, aber wenn dieser nicht mehr wusste wer er überhaupt war...

„Mein Gott, ich wollte doch nur, dass du merkst, dass ich für dich da sein kann!“

„Wieso da sein?“

„Du kannst doch nicht alles vergessen haben!“, entfuhr es Timo fassungslos.

„Vergessen? Natürlich nicht. Wir haben uns im Club gesehen, du hast mich angesprochen, wir haben ein bisschen getanzt, getrunken und dann sind wir zu dir nach Hause. Wir sind im Bett gelandet und am Morgen...“

„Ich rede doch nicht von dieser Nacht.“, ging Timo dazwischen.

„Es gibt nur diese Nacht!“

In der Stimme des anderen schwang Wut mit. Ein deutliches Zeichen für den Umschwung der Stimmung.

„Es gibt nicht nur diese Nacht!“, fuhr Timo auf.

Der Zorn verdunkelte Philipps Augen, als er ruckartig aufstand.

„Es gibt nur diese Nacht und es wird keine weitere geben. Vielen Dank für die Pflege und das gute Essen.“

Philipps Stimme war kaum mehr als ein Knurren.

Ohne eine weiteres Wort verließ er die Küche und Timo hörte ihn herum laufen. Offenbar suchte er seine Schuhe und seine Jacke. Auch Timo erhob sich und folgte seinem Gast.

„Willst du wieder weglaufen?“, wollte er gereizt wissen.

„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, zischte Philipp und schlüpfte in seinen Schuh.

„Weglaufen? Ich kenne dich gerade mal zwei Tage. Nicht mal.“

Philipp bückte sich um den nächsten Schuh zuzubinden.

Timo zögerte nicht lange, holte aus und schlug zu.
 

„Ich hoffe wirklich, du kommst jetzt wieder zu Verstand.“, lächelte Timo und streichelte Philipp über das Haar.

Seine Finger berührten den Verband, mit dem er den anderen versorgt hatte, nachdem er ihn zurück ins Schlafzimmer gezogen hatte. Jetzt würde Philipp auf jeden Fall bei ihm bleiben. Er ließ ihn nicht mehr weg. Da konnte er noch so oft behaupten ein anderer zu sein. Mit der Wahl des Namens, war er immerhin recht kreativ gewesen. Timo hatte er mit einem anderen Namen gerechnet, wusste er doch, dass Philipp eher sowas wie Robin bevorzugte.

Vielleicht hatte er ihn auch nur necken wollen und er hatte alles nur falsch verstanden. Allerdings musste er sehr vieles sehr falsch verstanden haben.

„Was machst du nur mit mir?“, seufzte er.

Die Lider des anderen flatterten und hoben sich ganz langsam.

„Was...“

Seine Stimme war so schwach.

„Keine Sorge. Ich bin nicht sauer auf dich.“, lächelte Timo.

Unfokussiert huschte Philipps Blick hin und her und ruhte schließlich auf ihm, was Timo nur noch mehr lächeln ließ, denn er konnte Erkennen in den grauen Augen sehen.

„Du...“

„Ich verzeihe dir. Die Muskatnussvergiftung, die Übelkeit und so, die daraus resultiert.“

„Vergiftung?“

Die Mattheit wich wieder dieser Feindseligkeit von vorhin, kehrte wieder in die sonst so angenehme Stimme zurück.

„Vergiftung?“, wiederholte Philipp, mit dunkler, zorniger Stimme.

Die Wut des anderen erfasste auch Timo, fraß sich wie Gift durch seine Venen und erfasste jeden Nerv.

„Was soll ich denn anderes machen, wenn du mir nicht zuhörst?“

„Ich kenne dich doch gar nicht!“, fuhr Philipp auf und wollte sich aufrichten, diesmal jedoch, hatte Timo an die Fluchttendenzen gedacht und ihn diesmal am Bett festgebunden.

Erste Verwirrung wurde rasch von neuem Zorn vertrieben, als er begriff was das bedeutete. Das war natürlich keine gute Basis für ein Gespräch, allerdings war Philipp nicht der einzige im Raum, der über die Situation verärgert war, wenngleich sein Ausgangspunkt selbstverständlich ein anderer war, als Timos.

„Du kennst mich besser, als jeder andere Menschn, Philipp!“

„Ich bin nicht Philipp! Mein Name ist Matthias!“

„Halt den Mund!“, herrschte Timo ihn an und beugte sich über Philipp.

„Du machst alles kaputt...“, flüsterte er dicht vor den Lippen des anderen.

„Ich habe mir wirklich viel Mühe gegeben um das hier zu schaffen, damit wir an unserer Beziehung arbeiten können und du würdigst es gar nicht.“

Philipps Augen huschten hin und her. Sein Mund öffnete sich und schloss sich wieder, ohne das Worte ihn verließend.

„Jetzt nimmst du dir Zeit mir zuzuhören, nicht wahr?“

Noch immer kein Wort von Philipp.

„Oh, du schmollst doch nicht etwa, wegen deinen Fesseln?“

Timo lachte.

„Dabei habe ich mir extra was nettes überlegt. Seidenschals. Fühlt sich doch sicher netter an als kaltes Metall, oder?“

Er streichelte über Philipps Wange.

„Du warst schon immer so stur.“

Timo erhob sich und sah bedauernd auf seinen Freund hinab.

„Ist vielleicht besser, wenn ich dir erstmal ein bisschen Zeit für dich gebe.“
 

Er verstand nicht, warum sein Plan nicht funktionierte. Dabei war er doch gut durchdacht. Sicher war es nicht die feine englische Art, seinen eigenen Freund zu vergiften und es war auf gar keinen Fall, eine maskuline Problemlösung. Aber was konnte er dafür, dass es einem so leicht gemacht wurde?

Muskatnuss!

Die herrlichen Freuden des Internets!

Man musste gerade mal zwei Worte eingeben und schon eröffneten sich einem unglaublich viele Möglichkeiten. Mit Informationen wurde man nahezu überschwemmt. Alles was man dann noch tun musste, war in Ruhe auszusortieren, was geeignet war und an was man gut ran kam. Und es war erstaunlich, dass er das eine oder andere nicht einmal käuflich erwerben musste.

Es wurde ihm so leicht gemacht. So leicht. Wie konnte er das, was ihm angeboten wurde, nicht nutzen?

Philipp und er hatten Probleme und zumindest Timo war das vollkommen klar. Das Hauptproblem war jedoch die mangelnde Kommunikation aufgrund der Tatsache, dass Philipp der stärkere Charakter war. Es ging nicht um körperliche Kraft, sondern um geistige Haltung.

Timo ging Problemen an sich lieber aus dem Weg, anstatt sich ihnen zu stellen, bis es zu spät war und nur noch extreme Maßnahmen als Lösung übrig blieben. So wie diese hier. Er ging Kurven, wich aus. Philipp aber ging einfach geradeaus. Da war ein Problem und es wurde angegangen. Allerdings musste er das Problem dafür erst sehen. Jemand der geradeaus ging, sah nicht nach links und rechts.

Aber jetzt würde Philipp in andere Richtungen sehen. In seine Richtung. Er musste einfach, auch wenn es gerade so gar nicht so war, wie er es sich vorgestellt hatte.

Wer konnte denn auch ahnen, dass Philipp so auf zuviel Muskatnuss reagierte?

Wie konnte er nur vergessen wer er war?

„Matthias...“

Timo schüttelte seinen Kopf.

Das musste sich auf jeden Fall wieder ändern.

Aber diese Änderung hatte seinen Plan durcheinander gewirbelt. Eigentlich hatte Timo sich vorgestellt, dass er Philipp pflegte, dieser eine andere, neue Seite an ihm entdeckte und dadurch erkannte, dass es sich lohnte, bei ihm zu bleiben. In seiner Vorstellung gab es keine Fesseln. Den Schlag hatte es auch nicht gegeben und den Streit auch nicht. Es gab nur sie beide, Romantik und Verständnis.

Was er bekommen hatte, war allerdings etwas ganz anderes. Etwas, was ihm nicht gefiel.

War es denn wirklich zuviel verlangt, eine glückliche Beziehung haben zu wollen?

Philipp war wie Licht. Er brauchte ihn. Er brauchte ihn so sehr, dass seine Sehnsucht eine beinahe körperliche Substanz hatte. Und doch stieß Philipp ihn von sich.

Wie damals.

Wie damals auf der Treppe, als sie sich gestritten hatten. Alle haben gehört, was der andere ihm an den Kopf warf und auch wenn sie nun wieder zusammen gefunden hatten, schienen die Probleme nach wie vor die selben zu sein.

Erzählte er vielleicht zu wenig von sich?

Aber er war eben einfach nicht so offen, wie Philipp, der sogar beim streiten ein Publikum brauchte und immer von Leuten umgeben war. Timo jedoch mochte viele Menschen um sich nicht und er wusste von sich, dass er einfach eher ein Einzelgänger war. Der Zugang zu dem Gefühlsleben anderer, war für ihn wie ein Buch mit sieben Siegeln. Das schloss Philipp durchaus mit ein. Ja, Philipp erzählte viel von sich, wenngleich er soviel erzählte, dass er es schaffte, einen mit Nichts betrunken zu machen. Man glaubte ihn zu kennen, wusste aber eigentlich gar nichts. Timo wusste, dass es auch anderen so ging. Aber die waren ihm egal. Er war nicht andere. Und er arbeitete ja wirklich an sich, um zwischen den Zeilen zu lesen und sich mehr auf das Gefühlsleben des anderen einzulassen. Aber Philipp legte ihm da viele Steine in den Weg.

So wie heute.

Timo kehrte in das Schlafzimmer zurück, doch schon bevor er den Raum erreichte, hörte er, wie Philipp versuchte sich zu befreien.

Kein guter Start.

Aber er würde einfach darüber hinweg sehen.

Timo öffnete die Tür und die Bewegungen, so eingeschränkt sie auch waren, wurden schlagartig eingestellt. Philipp taxierte ihn mit seinen Augen, hing an jeder Bewegung.

„Wir hatten heute morgen keinen guten Start.“, begann Timo und erwiderte den Blick des anderen Mannes, der keine Wiederworte gab.

Nun, genaugenommen war der Start sehr gut gewesen. Alles war perfekt. Bis auf den völligen Absturz.

„Ich gebe zu, dass ich daran zumindest eine Teilschuld trage.“

Philipps Blick sagte deutlich, dass er ihm daran die ganze Schuld gab, aber er sprach es nicht aus, was Timo als kleinen Sieg auf seiner Seite verbuchte, hielt der andere mit seiner Meinung doch sonst nicht hinter den Berg.

„Und eventuell...“

Timo legte viel Wert auf die Betonung des letzten Wortes, denn an sich war diesmal er es, der eigentlich ganz anderer Meinung war, es um des lieben Frieden Willen allerdings in andere Worte kleidete.

„Eventuell waren die Mittel die ich ergriffen habe nicht ganz hundertprozentig korrekt.“

„Ich heiße Matthias und ich bin sechsundzwanzig Jahre alt. Wir haben uns vorgestern im Club kennengelernt. Ich arbeite als Zweiradmechaniker, habe Geschwister, Eltern und Freunde die auf mich warten. Morgen wollen wir an die Nordsee fahren, meine Freunde und ich. Nur für ein paar Tage. Ein bisschen am Strand rumhängen und schwimmen. Ich mag gerne Filme von früher wie Arsen und Spitzenhäubchen, Manche mögens heiß, Bettgeflüster oder Ein Pyjama für zwei. Am liebsten esse ich Kartoffelgerichte. Vorallem wenn es viel Fleisch dabei gibt. Ohne Kaffee kann ich nicht leben. Ich liebe gute Musik, tanze gerne und versuche mich mal mehr und mal weniger erfolgreich, mich um Sport zu drücken.“

Der Wortschwall spülte über Timo hinweg wie eine Flutwelle und riss ihn erneut von seinen Füßen. Was sollte das denn?

„Philipp... Diese Geschichte nervt langsam.“, stöhnte Timo.

„Aber es ist keine Geschichte.“

Philipps Stimme hatte einen flehenden Unterton.

„Ich kenne dich gar nicht. Ja, ich weiß. Wir waren miteinander im Bett und es war auch wirklich gut. Aber jetzt ist Schluss, ja? Das hier ist nicht mehr lustig. Lass mich doch einfach nur gehen. Wir vergessen das hier und gut ist es.“, fuhr Philipp fort.

„Du redest wirres Zeug. Das stand nicht in den Beschreibungen im Internet.“

„Bitte. Ich rede nicht wirres Zeug. Ich sage dir gerade, dass ich dich nicht anzeigen werde, weil du mich vergiftet hast.“

„Ich bitte dich. Was sollte ich denn sonst machen, damit du einfach mal hier bleibst und mir zuhörst?“

„Ich bin zum ersten Mal hier und natürlich höre ich dir nicht zu. Du sagst ja auch gar nichts!“

Oh.

Zumindest in diesem Punkt hatte sich Timos Vermutung also bestätigt.

„Gut, dann rede ich eben jetzt.“

Philipp verdrehte die Augen.

„Das habe ich gesehen.“, tadelte Timo, beschloss dann aber, nicht weiter darauf einzugehen.

„Ich mag nicht, in welche Richtung unsere Beziehung sich entwickelt.“, brachte er es auf den Punkt.

„Beziehung?“

Philipps Stimme schnappte vor Empörung beinahe über.

„Es war eine verdammte Nacht! Hattest du noch nie eine One Night Stand?“

„Nein, ich bin kein Typ für eine Nacht.“

„Ich schon.“, knurrte Philipp.

„Ich bin gerade aus einer Beziehung raus. Es war hässlich und ich will mein neues Leben genießen und nicht gefesselt in fremden Betten liegen und vergiftet werden!“

Man musste Philipp schon lassen, dass er sehr hartnäckig war, mit seiner dummen, kleinen Geschichte. Dann aber fiel der Groschen.

„Du bist nicht aus einer Beziehung raus und wann war es hässlich zwischen uns?“

„Es gibt kein Uns! Es gibt ein Dich und ein Mich, aber kein Uns!“, fuhr Philipp ihn an.

„Zwischen uns war es nicht hässlich. Wir haben uns entfremdet und es gab diesen blöden Streit im Treppenhaus und...“

Timo hielt inne.

Ein Streit im Treppenhaus.

Er hörte wie Philipp ihm sagte, dass er ihn nicht mehr sehen wollte, dass er jetzt einen anderen hatte und Timo aus seinem Leben verschwinden sollte. Er würde sich von ihm belästigt fühlen. Wie ein Schatten würde er ihn verfolgen und ihm vor der Arbeit auflauern.

Dabei war es gar nicht so. Er holte ihn eben ab und um ab und an einen Blick auf seinen Freund erhaschen zu können, spazierte er manchmal vorbei. Das war alles.

Aber Philipp schimpfte immer weiter, warf ihm Dinge an den Kopf und Schimpfnamen. Er nannte ihn einen Stalker, der ihn verfolgte, seid er vor Monaten den Kontakt abgebrochen hatte.

Aber das hatte er nie. Es gab nie einen Schlussstrich. Und als er ihm das sagte, schrie Philipp ihn an, dass er zur Polizei gehen würde.

Zur Polizei.

Und dann...dann gab er ihm einen Stoß. Er war so verletzt und so wütend. Es war nicht beabsichtigt, nicht geplant. Das alles geschah so plötzlich. Und auf einmal lag Philipp unten auf der Treppe und bewegte sich nicht mehr.

„Ich habe mich nie mit dir im Treppenhaus gestritten.“, widersprach Philipp und Timo sah überrascht zu ihm.

Und jetzt sah er es auch.

Der Mann vor ihm sah Philipp so ähnlich. Die Unterschiede waren so gering. Wie eine Illusion. Eine perfekte Trugbild.

Aber das war es auch. Nichts weiter als ein Hirngespinnst.

„Das kann nicht sein...“, brachte er atemlos heraus.

„Wir sind doch wieder zusammen. Ich meine, ich weiß alles von dir.“

„Außer meinen Namen und wer ich bin.“, fiel der Mann, der nicht Philipp war ihm ins Wort.

„Nein ich...Ich war doch immer da. Ich habe dich auf der Arbeit gesehen.“

Das hatte er. Das hatte er wirklich. Aber er hatte ihn nicht im Tierbedarfsgeschäft gesehen, sondern zwischen Rollern und Motorrädern, mit Kunden und Kollegen.

Es war, als würde sich ein Schleier lüften und den Blick in eine verborgene Welt preis geben, von der er bisher gar nicht Teil gewesen war. Er sah sich selber, wie er den anderen beim einkaufen beobachtete, wie er sich mit Freunden traf. Timo notierte sich, was der Mann, der aussah wie Philipp am liebsten trank und aß, wann er aus dem Haus ging, wer seine Freunde waren und wohin er gerne ging. Ihr Leben hatte sich nur einen kurzen Moment lang überschnitten. Sie waren nur zufällig zusammengestoßen. Es war nur eine Sekunde, die ihm jedoch zurück brachte, wonach er sich so sehr verzehrt hatte. Die Wärme war wieder da, die Geborgenheit, die Helligkeit.

Und jetzt war da nur noch Dunkelheit und Kälte.

„Du hast was? Du hast mich verfolgt?“

Die Empörung schwappte beinahe über, als gäbe es nicht genug Körper um sie zu halten.

„Ich...“

Timo fehlten die Worte.

Was sollte er darauf auch sagen?

Wie von selber löste er die Knoten die den anderen Mann, der den Menschen, den er so sehr liebte unglaublich ähnlich sah, gefangen hielten.

Der andere rieb sich die Handgelenke und rutschte langsam und mit misstrauischen Blick aus dem Bett. Noch immer langsam, voller Bedacht und Misstrauen, zog er sich immer mehr von ihm zurück.

Aber er konnte ihn nicht gehen lassen!

Er hatte ihn vergiftet.

Das war Körperverletzung. Und er hatte ihm von Philipp erzählt, von dem Streit. Ging der andere zur Polizei, würde er das erwähnen. Es würden Nachforschungen angestellt werden. Nachforschungen.

Und die würden zu Tage fördern das...er den Menschen den er liebte für immer verloren hatte.

Allein der Gedanke war so schmerzlich, dass Timo sich am liebsten gekrümmt hätte.

Doch das konnte er nicht.

Jetzt musste er handeln.

Auf einmal musste es schnell gehen.

Es gab keine Planung, keine Überlegungen.

Er handelte völlig unorganisiert und ins Blaue herein, als er dem anderen folgte.

„Du bist doch völlig verrückt!“, wurde er beschimpft, als der Mann ihn sah.

Der Mann.

Nicht Philipp.

Matthias.

„Sowas wie dich sollte man wegsperren! Du bist...“

Es war nur ein kleiner Stoß.

Ganz leicht.

Es fiel ihm nicht einmal schwer.

Fassungslos starrte Timo auf seine Hände, auf den Körper auf Ende der Treppe. Matthias lag anders da als Philipp. Der nächste Blick galt der Tür ihm gegenüber. Unten war nichts zu hören. Wie auch? Eine ältere, fast taube Dame bewohnte die Wohnung unter ihm und der andere Nachbar war arbeiten. Die Tür gegenüber verriet nichts.

Aber was, wenn jemand hinter dem Türspion alles gesehen hatte.

Doch darum musste er sich später kümmern. Erst galt es, den anderen Mann zu entfernen.
 

Seine Schritte hallten auf dem regennassen Boden wieder. Die Nacht verschluckte die Geräusche nicht, sondern schien sie eher noch zu intensivieren. Der Geruch von Regen hing noch in der Luft. Es war eine sternenklare Nacht und der Mond warf ein blasses, silbernes Licht auf die Pfützen und auf einen Autofahrer, der gerade ausstieg.

Er hatte direkt unter einer Laterne geparkt und Timo sah, wie ihm dunkles Haar ins Gesicht fiel, als er den Wagen zuschloss.

„Philipp...“

Er wusste doch, dass er ihn wiedersehen würde.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  trinithy
2013-02-09T16:17:36+00:00 09.02.2013 17:17
Wie versprochen ist es Wochenende, mein Stress seit gestern Nachmittag vorbei und ich komme endlich dazu deine wunderbare Geschichte zu kommentieren.

Ich habe angefangen diese Geschichte zu lesen und muss zugeben ich war nur mäßig angetan, weil ich ihrem waren Sinn noch nicht erkannt habe. Was sich mit bot war das Bild eines Hauptcharakters der irgendwie hin und her wankt zwischen den Ängsten zu versagen und verlassen zu werden, der zugibt, dass Philipp ihm irgendwie überlegen war, also eigentlich eher ein wenig weinerlich und schwach rüber kommt, dabei aber gleichzeitig aber dieses Touch hat, der gar nicht zu ihm passt – zumindest dachte ich das nach den ersten Absätzen noch.

Weil es so paradox war, dass Timo einerseits immer von sich „erzählt“ er sei derjenige gewesen, derjenige der Bindungsprobleme in der Beziehung gehabt hatte, aber auch derjenige, der mit diesen weinerlichen ‚verlass mich nicht‘ Ängsten Frühstück gekocht hat.
Da dachte ich mir: Na das passt doch mal gar nicht zusammen!

Wie gesagt, sehr zu meiner Schande muss ich eingestehen, dass ich diese Geschichte anfangs wirklich nach dem beurteilt habe, was sich mein Kopf als weitere Handlung gedacht hat, und in diesem Zusammenhang wirkte es alles so unkoordiniert und der Protagonist so gar nicht fundiert und durchdacht….

Aber dann kam DER Satz beim Lesen:
>>„Mein Name ist nicht Philipp.“<<
Und mir klappte die Kinnlade auf den Boden und deine Geschichte hatte schlagartig alle meine Aufmerksamkeit und ich konnte gar nicht schnell genug weiter lesen..
Das war dieser Schockmoment an dem ich dachte : Was ist denn da los?
Ab da machte alles Sinn und vor allem auch dein Hauptcharakter.

Ich entschuldige mich also hochachtungsvoll für meine vernichtenden Gedanken am Anfang der Geschichte und muss jetzt da ich die Story bereits dreimal gelesen habe ebenfalls sagen: Ich habe selten so einen durchdachten und fundierten Charakter gesehen wie den, den du mit Timo erschaffen hast. Es passt jetzt im Nachhinein alles zusammen, jedes Puzzlestück, jeder seiner Gedanken macht Sinn, diese ganzen Widersprüche in seinem Verhalten zwischen Klammernd, anhänglich, wütend, bemüht…etc..

Er ist der „perfekte“ Psychopath.
Da hast du anscheinend ganz genauso gut wie ich von Criminal Minds gelernt – woran mich diese Geschichte ja schon beim ersten Lesen erinnert hat, da war mein Instinkt dann wohl wieder richtig^^ .
Ein Psychopath muss so sein, dass man ihn stellenweise mag, muss sich verstellen können, im Grunde ist er immer der Sympathieträger…solange bis er sein wahres Gesicht zeigt und selbst als er Matthias da ans Bett gefesselt hat, hatte er noch diesen wahnsinnigen und dennoch fürsorglichen Tonfall drauf.

Ich hab vor Spannung und innerer Anspannung fast in meinen Laptop gebissen beim ersten Lesen, weil ich unbedingt wissen wollte was da sonst noch so passiert.
Dann kann ja der „Unfall“, den er mit Matthias genauso wiederholt wie anscheinend mit Philipp, und ich dachte schon…was ein tragisches Ende.
Und in mir blieb die Frage, was passiert jetzt mit dem Protagonisten, der ja kurz vorher die Einsicht hatte, dass er nichts weiter ist als ein Stalker und Wahnsinniger.

Ja und dann kam der letzte kleine Absatz:
Vorher war die Geschichte schon spannend und gut und hat mir Herzrasen beschert, aber mit diesem Teil, als er seinen „neuen Philipp“ findet und man genau weiß, dass man im Grunde oben anfangen könnte und diese Geschichte so lange in der Dauerschleife lesen, bis er eine lange Liste von Todesopfern hinter sich her zieht…
Dieser Absatz macht deine Geschichte von gut zu GENIAL!


Ich bedanke mich ganz herzlich bei dir, für dieses tolle Wichtelerlebnis, denn du hast dir anscheinend tatsächlich Gedanken gemacht über diese Geschichte. Zumindest interpretiere ich es so, dass du in meinen sonstigen Angeboten und Wünschen gestöbert hast und festgestellt hast, dass ich anscheinend so etwas mag (Criminal Minds^^)
Damit lagst du goldrichtig!

Ich bin hin und weg!
Einfach nur Danke! *_*


Antwort von:  trinithy
09.02.2013 17:27
"denn du hast dir anscheinend tatsächlich Gedanken gemacht über diese Geschichte"

Mir fällt gerade auf, dass das irgendwie vernichtend klingt -.-
Sorry, es ist nicht so gemeint^^" Also dieses "anscheinend tatsächlich" soll nicht sarkastisch oder ironisch oder sonst was sein, ich benutzte nur gerne Füllwörter...kleine Angewohnheit von mir ^^"""

Es soll heißen, wie sehr ich mich gefreut habe, dass du so irgendwie ja auf mehr als einen Wunsch eingegangen bist...eine Pyscho-Krimi-Shonen-ai-Story. Ich liebe es :)
Von:  Avrora
2013-02-06T19:54:08+00:00 06.02.2013 20:54
also die geschicht macht echt Angst... sorry

aber super gut geschrieben, 2 däumchen^^


Zurück