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Opfer für Camelot

von

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Kapitel 3

Merlin hatte keine Ahnung, wie lange er auf dem kalten Boden vor dem Ratssaal saß. Gemütlich hatte er sich gegen das Treppengeländer gelehnt, seinen Blick gelangweilt zur Decke gerichtet. Es hatten ihn bestimmt schon zehn Diener mit einem verwirrten Blick betrachtet, da sie sich anscheinend fragten, was er dort trieb. Merlin konnte es egal sein. Er würde sich sicherlich nicht vor irgendwem rechtfertigen und wenn man genau war, hatte Arthur ihm nur befohlen, die Ställe auszumisten. Da er diese Aufgabe schon vor Stunden beendet hatte, konnte er also nun seine freie Zeit genießen und das tat er, indem er darauf wartete, dass sein König aus der Besprechung kam.

Als ob die Personen hinter der Tür seine Gedanken gelesen hatten, öffnete sich diese in eben jenen Moment. Die Ersten schauten den Diener irritiert an, zuckten aber nur mit den Schultern, als sie weiter gingen, vermutlich zu ihren Gemächern, um sich von der langen Besprechung zu erholen. Mehr und mehr Leute kamen aus dem Saal und mit bei den letzten Personen war Arthur. Er schien irgendetwas mit Gwaine zu besprechen, verstummte aber abrupt, als er seinen Diener erblickte. Merlin hatte sich mittlerweile aufgerichtet, seine Hände hinter seinen Rücken gefaltet und wippte ein wenig auf der Stelle herum, um seine Beine und Füße wieder mit genügend Blut zu versorgen.

„Merlin?“, kam es überrascht von Arthur. Kurz warf er Sir Gwaine noch einen Blick zu, bevor er sich vollends seinen Diener zuwandte. „Was tust du hier?“

„Ich habe auf Euch gewartet, Sire.“

Arthur gefiel es nicht, seinen Diener hier zu sehen. Er fand den Gedanken zwar unwahrscheinlich, dass Merlin vielleicht etwas gehört haben könnte, aber dennoch zeigte er mit seiner Anwesenheit durchaus Interesse und wenn der König ehrlich war, fiel ihm keine gute Ausrede ein, um Merlin nicht daran teilnehmen zu lassen. Mit einer Handbewegung schickte er zuerst seine Ritter fort. Die Letzten, Sirs Leon, Gwaine und Percival, waren noch stehen geblieben, wohl darum bemüht, stumm ihre Unterstützung anzubieten. Arthur würde jedoch lieber alleine mit Merlin sprechen, da er auch befürchtete, dass einer seiner Ritter ausversehen zu viel erzählen könnte.

„Du bist ja noch ein größerer Idiot, als ich bisher gedacht habe“, meinte Arthur und stieg langsam die Treppe hoch. Er wollte eigentlich nur noch in seine Gemächer und ein wenig Ruhe haben. Der Tag war anstrengend gewesen und die Nächsten würden wohl nicht unbedingt besser werden. „Du hattest die Chance auf einen freien Tag und sitzt die ganze Zeit vor diesem Raum.“

Merlin war seinem Herrn direkt gefolgt. Durch seine müden Beine waren die ersten Schritte etwas unbeholfen, aber er hatte sich bereits an der Treppe wieder gefangen. Auf die Worte von Arthur ging er jedoch nicht ein. „Ich habe mit Gwen gesprochen“, meinte er stattdessen.

Sofort blieb Arthur abrupt stehen. Langsam drehte er sich zu seinem Diener um und sah ihn mit einem furchtvollen Blick an. Er glaubte nicht, dass Gwen etwas verraten würde, schließlich war ihr Merlin genauso wichtig wie ihm. Sie würde nichts verraten, zumindest nicht absichtlich. Dennoch bestand die Möglichkeit, dass Merlin es bereits wusste. Aber wäre er dann noch hier? Würde er noch einmal die Konfrontation mit Arthur suchen?

Ja, schoss es Arthur durch den Kopf. Um sich zu verabschieden, würde er es sicherlich tun.

„Sie macht sich Sorgen, Arthur“, fuhr er fort und sah seinen König argwöhnisch an. So hatte er Arthur noch nie erlebt. Er wirkte regelrecht erschrocken nach seinen Worten. Was ging in diesem Raum nur vor sich? Liebend gerne hätte er gefragt, aber ihm war klar, dass er aus Arthur nichts raus bekommen würde. Wenn schon Gwen nichts erzählte, würde Arthur dicht halten. Es war auch nicht mehr so wichtig. „Und ich tue es auch.“

Arthur war noch nie so glücklich darüber gewesen, zu hören, dass seine Frau sich Sorgen machte. Natürlich war es alles andere als erfreulich, aber dass Merlin noch unwissend war, zählte im Moment mehr. „Ich habe alles unter Kontrolle.“ Merlin sollte sich nun wirklich keine Sorgen machen, das übernahm schon Arthur für Beide. Bei seinen Worten glitt seine Hand wie selbstverständlich zu seinem Schwert, wie zu überprüfen, ob es noch an Ort und Stelle war, bereit, sofort zuzuschlagen, sollte es nötig sein.

Merlin blieb diese Geste nicht verborgen und beunruhigte ihn nur noch mehr. Wenn Arthur innerhalb der Mauern von Camelot schon so vorsichtig war, musste die Lage ernst sein. Er musste die Augen offen halten. Vielleicht war der Feind näher, als es Merlin lieb war. „Das bezweifle ich nicht, Sire.“ Er hatte großes Vertrauen in Arthur. Wenn jemand die Situation unter Kontrolle hatte, dann er. Allerdings war ihm auch bewusst, dass Arthur jede Hilfe gut gebrauchen konnte. Das war schon immer so gewesen und nur gemeinsam hatten sie bereits so viel erreicht. „Trotzdem würde ich gerne meine Hilfe anbieten, Mylord.“ Ganz bewusst benutzte Merlin die förmliche Anrede, wollte er Arthur damit vermitteln, dass ihm durchaus bewusst war, wer hier welche Stellung hatte. Ihm war es nicht wichtig, ob Arthur nur einen Diener in ihm sah oder vielleicht mehr. Er wollte einfach nur an Arthurs Seite sein, um ihn beschützen zu können, wie war dabei zweitrangig.

„Das wird nicht nötig sein“, meinte Arthur nüchtern und blieb vor der Tür seiner eigenen Kammer stehen. „Ich brauche deine Hilfe nicht.“

Merlin tat sein Bestes, um sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn diese Worte verletzten. Eigentlich hatte er nichts Anderes von Arthur erwarten sollen. Er hatte noch nie zugegeben, dass er Hilfe brauchte und sicherlich würde er niemals die Hilfe seines Dieners annehmen. „Trotzdem werdet Ihr mich nicht los“, grinste er daher frech. Merlin würde Tag und Nacht vor Arthurs Tür Wache schieben und vielleicht würde der König ihn dann irgendwann einweihen. Um dies zu unterstreichen ließ er sich auf den Boden nieder und lehnte sich gegen die Wand. „Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Sire.“

Arthur seufzte nur frustriert. Natürlich hätte er Merlin jetzt anschreien können, ihn fortschicken, aber was würde das schon großartig ändern? Eher erhoffte der junge König sich davon, dass Merlin am nächsten Tag so müde sein würde, dass er nicht die Kraft hatte, herumzuschnüffeln, denn das konnte der Diener ziemlich gut, wie Arthur klar war. „Vielleicht bist du dann ja endlich mal pünktlich, wenn du auf den Flur schläfst.“ Mit diesen Worten öffnete er die Tür und verschwand in seinen Gemächern. Kaum, dass er den Raum betreten hatte, fiel seine Maske ab, er lehnte sich erschöpft gegen die geschlossene Tür und fuhr sich müde mit einer Hand über das Gesicht. Seine Augen schloss er für einen Moment und öffnete sie erst wieder, als er eine Hand auf seinen Oberarm spürte.

„Arthur“, begrüßte ihn die sanfte Stimme seiner Frau. So voller Sorge schmerzte Arthur es jedoch nur noch mehr. „Alles in Ordnung?“

Arthur nickte, legte eine Hand auf die von Gwen und nickte erneut. Das war wohl einmal zu viel nach dem misstrauischen Blick seiner Frau zu urteilen. „Merlin ist vor der Tür“, gab er nur zur Erklärung. „Er hat sich wohl in den Kopf gesetzt, dass er mich nicht aus den Augen lassen darf.“

Gwen biss sich auf die Unterlippe und schaute schuldbewusst drein. „Das habe ich wohl zu verantworten. Er hat mich gefragt, was los ist und ich konnte ihn einfach nicht anlügen.“ Als sie das bestürzte Gesicht von Arthur sah, fügte sie schnell noch hinzu: „Keine Sorge, ich habe nichts verraten, aber ich konnte ihm auch nicht verheimlichen, dass ich beunruhigt bin. Ich mache mir Sorgen um dich, Arthur. Es ist löblich, dass du Merlin beschützen willst, aber ich habe Angst, dass du damit direkt in eine Falle läufst.“

Arthur stieß sich von der Tür ab und ging hinüber zu dem Tisch. Mit Bedacht legte er sein Schwert darauf. „Mir ist klar, dass es riskant ist, Gwen, aber ich muss diese Chance nutzen.“ Er drehte sich um und sah seiner Frau in die Augen. „Entweder so oder Morgana wird Camelot angreifen. Und Letzteres kann ich nicht zulassen.“

Gwen nickte verstehend. Sie wusste, dass Camelot und deren Einwohner Arthur sehr am Herzen lagen. Nie würde er riskieren, dass ihnen etwas geschah, wenn er es verhindern konnte. „Wie groß wird der Einsatz sein?“ Gwen hatte nicht mehr alles mitbekommen und die wichtigsten Entscheidungen hatte sie wohl verpasst.

„Das diskutieren wir noch, aber es sollte nicht zu groß sein, sonst würde es auffallen.“ Unter seinen Rittern waren die Meinungen geteilt, so waren sie noch zu keinem richtigen Ergebnis gekommen. Bei manchen Kommentaren glaubte Arthur sogar unterschwellig die Frage gehört zu haben, warum sie Merlin nicht einfach auslieferten. Sie würden es zwar nie direkt ansprechen, aber Arthur war überzeugt, dass Viele in diesem Raum es gedacht hatten.

Während Gwen ihren Mann dabei half, die Kleidung auszuziehen, sah sie immer wieder zu ihm hoch. „Wirst du Merlin mitnehmen?“, fragte sie schließlich.

„Nein!“, kam sofort die Antwort. „Ganz gleich, was Morgana mit ihm vorhat, ich werde nicht zulassen, dass sie ihn in die Finger bekommt.“

Gwen seufzte schwer. „Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass sie Merlin gar nicht will? Vielleicht will sie dich nur verwirren mit dieser Forderung. Sie kennt dich, Arthur, und sie kennt deine Schwachpunkte. Merlin ist einer davon und im Gegensatz zu mir hat er keine hohe Position am Hofe. Für die anderen Mitglieder des Rates ist er entbehrlich und das ist dir bewusst. Sie will nicht nur, dass du dich fragst, was sie mit Merlin will, nein, sie will auch Zweifel in dir streuen, ob du richtig handelst. Ob du es dir als König leisten kannst, diese Forderung auszuschlagen. Ob es angemessen ist.“

Arthur sah sie geschockt an bei den Worten. Auch wenn er Morgana viel zutraute, wusste, dass sie gut darin war, Intrigen zu schmieden, hatte er keine Sekunde daran gedacht, dass das vielleicht genau ihre Absicht war. Denn genau das ging ihm schon den ganzen Tag durch den Kopf und er konnte es nicht abstellen. War dies von Anfang an Morganas Ziel gewesen?

Völlig überfordert wusste Arthur nicht mehr, was er tun sollte. Vorsichtig legte er seine Stirn gegen die von Gwen. Er brauchte diese Nähe jetzt einfach. „Ist es angemessen?“, fragte er leise. Auch wenn er Merlin einfach nicht ausliefern konnte, fragte er sich, ob ihm das als König überhaupt zustand. Durfte ein Diener einen so großen Stellenwert bei ihm haben?

Gwen legte ihre Hand an die Wange ihres Mannes, schob ihn einige Millimeter von sich weg, um ihn in die Augen sehen zu könne. Ihr Blick war voller Mitgefühl. „Es ist angemessen, Arthur. Du hast bisher immer mit deinem Herzen regiert und das solltest du auch beibehalten. Lass dich von Morgana nicht verwirren.“ Sanft gab sie ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich und ich stehe bei deiner Entscheidung hinter dir.“

Erleichtert über die Worte von Gwen erwiderte er ihren Kuss und drückte sie schließlich ganz nah an sich. „Danke, Gwen.“ Manchmal wüsste er wirklich nicht, was er ohne sie tun würde.

Nach einiger Zeit lösten sie sich wieder voneinander. Gwen hatte sich nun auch ihr Nachtgewand genommen und war hinter der Umkleidewand verschwunden. Auch wenn sie nun mit Arthur verheiratet war, hatte sie sich das angewöhnt, da Merlin häufiger ohne Vorwarnung ins Zimmer stürzte. So war sie auf der sicheren Seite. „Wirst du Merlin denn nun mitnehmen?“, fragte sie erneut.

„Das Risiko ist mir zu groß, dass Morgana ihn doch für irgendeinen Plan haben will.“ Er konnte diese Gefahr einfach nicht eingehen. Außerdem würde er sich nie verzeihen können, wenn er Morgana direkt in die Hände gespielt hätte und Merlin dabei etwas geschah. „Er ist sicherer in Camelot.“

Gwen verstand ihren Mann, aber aus irgendeinem Grund würde sie es mehr beruhigen, wenn Merlin mit ihm reiten würde. „Du weißt, dass er sich nicht so leicht abschütteln lassen wird.“ Sie grinste und schaute zur geschlossenen Tür, nachdem sie hinter der Wand wieder hervorgekommen war. „Er schläft sogar vor unserem Gemach.“

„Für ihn bin ich nur auf einem Jagdausflug.“

Gwen hob eine Augenbraue und sah Arthur ungläubig an. „Du weißt schon, dass Merlin nicht so dumm ist, wie du manchmal denkst? Wenn du dich tagelang in der Ratskammer einschließt und dann zufällig auf einen Jagdausflug gehst, wird er Verdacht schöpfen und ich befürchte, dass er dir dann folgen wird. Er ist sehr bedacht darauf, dich zu beschützen, auch wenn er nicht weiß, wovor genau.“

Arthur seufzte. Diese Seite an Merlin hatte ihm noch nie gefallen. Auch wenn es ihm schmeichelte, wollte der König nicht, dass sein Diener sich nur seinetwegen in Gefahr brachte und das konnte Merlin sehr gut. Wie oft wäre er schon beinahe gestorben?

„Mir wird schon was einfallen, sodass er die Mauern von Camelot nicht verlassen wird.“ Im Moment fiel Arthur nur eine Sache ein, die er tun könnte, um Merlin daran zu hindern, ihm zu folgen. Er hoffte inständig, dass ihm noch eine andere Idee kam, denn zu diesen Mitteln wollte er eigentlich nicht greifen. „Lass uns jetzt einfach schlafen gehen.“ Seine Stimme klang müde. Er war ausgelaugt und wollte im Moment nicht mehr weiter darüber nachdenken. Das Problem wäre auch am nächsten Morgen noch da. Vermutlich konnte er dann bessere Entscheidungen treffen.

 
 

* * *
 

 

Verschlafen, von den ersten Sonnenstrahlen halbwegs geweckt, drehte sich Arthur noch einmal um. Am Liebsten würde er den ganzen Tag im Bett verbringen, die dunklen Gedanken, die ihn direkt wieder eingenommen hatten, vergessen und einfach nur den Tag genießen. Aber das war ihm nicht vergönnt. Als ihm das bewusst wurde, schälte er sich aus dem Bett und zog die Vorhänge auf. Die Sonne war bereits aufgegangen und Arthur konnte nicht anders, als die Augen zu verdrehen. Ohne sich etwas anzuziehen, verließ er sein Zimmer und fand sofort das, was er gesucht hatte. Merlin lag auf den Boden, ruhig schlafend und wirkte richtig friedlich. Hoffentlich nicht mehr lange. Laut räuspernd trat er an seinen Diener heran, ignorierte dabei die Wachen, die am Ende des Flurs standen und vermutlich Merlin die ganze Nacht beobachtet hatten. Wieso sein Freund unbedingt hatte hier bleiben müssen, verstand er zwar noch immer nicht, da die Wachen von Camelot ziemlich zuverlässig waren, aber Arthur würde auch nicht nachfragen. Dennoch erwartete er von Merlin, dass er seiner Arbeit nachging, besonders wenn er nicht mal einen Schritt davon entfernt war.

Nachdem Merlin keine Anstalten machte, sich zu bewegen, verschränkte Arthur seine Arme vor seiner nackten Brust und lächelte debil, als er näher an seinen Diener herantrat. „Aufstehen, Sonnenschein“, begrüßte er ihn mit einer lieblichen Art, wie es sonst Merlin bei ihm selber tat. Um auch der Grausamkeit seines Dieners gleichzukommen, wenn er die Vorhänge ohne Vorwarnung aufzog, trat er ihm einmal in die Seite. Da er noch keine Schuhe anhatte, hatte es sicherlich nicht so weh getan. Es erzielte zumindest den gewünschten Effekt. Mit einem Schmerzensschrei wachte Merlin auf, schaute sich verwirrt um und sein Blick blieb schließlich bei Arthur hängen.

„Sire?“

Arthur beugte seinen Oberkörper nach vorne, sodass er genau auf Merlin hinabschauen konnte.

Bei dem Anblick von seinem Herrn, der mehr als offensichtlich sauer war, schluckte Merlin einmal schwer. „Frühstück?“, riet er und Arthur nickte nur stumm, aber bedrohlich. „Ich werde mich sofort darum kümmern, Sire.“ Er bemühte sich, sich zu erheben, darauf bedacht, Arthur nicht zu berühren, der sich immer noch zu ihm runter beugte. Sein Rücken war steif, da der kalte Steinboden nicht gerade die optimalste Schlafstätte gewesen war. „Ich glaube, dass ich mir morgen Nacht vielleicht ein Kissen mitnehmen sollte“, sprach er vor sich hin und drückte seinen Rücken einmal nach vorne, um die Schmerzen loszuwerden. „Vielleicht könntet Ihr mir ja eins ausleihen?“, grinste er frech und wandte sich der immer noch eisernen Miene seines Herren zu.

„Merlin?“

Jede andere Person, die noch halbwegs bei Verstand war, wäre bei dem Tonfall so schnell wie möglich abgehauen. Nicht jedoch Merlin. Dieser grinste nur breiter. „Ja, Sire?“

„Halt die Klappe“, kam es von dem König.

Merlin nickte untergeben. „Natürlich werde ich das tun und ich werde Euer Frühstück besorgen und ich werde Euch helfen, Euch anzuziehen. So könnt Ihr nicht durch das ganze Schloss rennen. Sonst fällt es ja schon auf, dass Ihr nicht die perfekteste Figur habt, aber so ist es gar nicht zu übersehen.“

„Merlin?“ Die Stimme von Arthur war schon wesentlich lauter als noch einige Augenblicke zuvor, was die Wachen sich neugierig umdrehen ließ.

„Bin schon weg.“ Mit einer eleganten Bewegung stieß er sich von der Wand ab und rannte den Gang hinunter in Richtung Küche.

 
 

* * *
 

 
 

„Merlin? Was glaubst du, was du tust?“

Nachdem Gwen und er gefrühstückt hatten und der König soweit angezogen war, dass er präsentabel aussah, hatte er sich sofort auf den Weg zum Ratssaal begeben. Die nächste Sitzung würde in wenigen Minuten beginnen. Zu seinem Missmut jedoch folgte ihm Merlin auf Schritt und Tritt.

„Ich geleite euch zum Ratssaal“, kam es vollkommen unschuldig von Merlin. Die vertraute Art, wie sie heute Morgen miteinander umgegangen waren, hatte seine Laune steigen lassen.

„Du weißt, dass du an der Sitzung nicht teilnehmen wirst?“, fragte Arthur und hatte sich nun zu seinem Diener umgedreht. Sie standen an der Spitze der Treppe.

Merlin nickte. „Darüber bin ich mir bewusst.“ Das hatte Arthur am gestrigen Tag ziemlich deutlich gesagt, auch wenn er es nicht direkt angesprochen hatte. Seine Absichten waren für jedermann klar gewesen und ganz besonders für Merlin. Trotzdem hatte sich der junge Zauberer in den Kopf gesetzt, seinen König zu beschützen und dabei durfte er ihn nicht aus den Augen lassen. Wenn es nötig sein sollte, würde er Tag und Nacht vor diesen Hallen sitzen.

„Und warum folgst du mir dann?“ Merlin konnte doch nicht wirklich so dumm sein? Konnte er es nicht einfach hinnehmen und verschwinden? Das würde es um einiges leichter machen. Aber nein, er musste wie eine Klette an ihm hängen. Arthur befürchtete, dass Merlin weitaus mehr plante, als er zugab. Normalerweise würde er sich keine Sorgen machen. Merlin war dumm und trottelig, zumindest schien es auf den ersten Blick so, aber in den letzten Jahren hatte sein Diener mehrmals bewiesen, dass er vieles sah, was Anderen nicht auffiel. Vieles hatte er sogar bemerkt, bevor Arthur es überhaupt hatte wahrhaben wollen. So glaubte der König, dass es Merlin durchaus gelingen könnte, heraus zu finden, was in diesem Raum vor sich ging. Zuzutrauen wäre es ihm und das war etwas, was einfach nicht passieren durfte. Er musste ihn also irgendwie loswerden.

Merlin faltete seine Hände hinter den Rücken und grinste frech. „Ihr werdet mich nicht los.“ Dieselben Worte, die er am Abend zuvor schon benutzt hatte und sie trieben Arthur fast in den Wahnsinn. Was sollte er noch tun, um seinen Diener loszuwerden? „Ich möchte nicht, dass du den ganzen Tag vor dieser Tür sitzt“, stellte er klar. „Nimm dir von mir aus den Tag frei, aber ich möchte dich nicht dort unten sehen.“ Klare Befehle konnte Merlin nicht entgehen und besonders nicht, wenn für ihn auch noch ein freier Tag raussprang. So häufig fragte er danach, da könnte er jetzt doch nicht nein sagen, oder?

„Ich tue selten das, was Ihr mir sagt“, erinnerte der Diener ihn an seine größte Schwäche, was Arthur nur seufzen ließ. Merlin schaffte es noch, dass Arthur wirklich darüber nachdachte, Merlin an Morgana auszuliefern, damit er nicht so viel Ärger mit ihm hatte. Es würde auf jeden Fall schneller gehen. Aber dies wollte er ja eigentlich verhindern. Es musste doch noch irgendetwas geben, was den Diener umstimmen konnte. Wenn Befehle nicht die gewünschte Wirkung erzielten, vielleicht dann ein wenig Logik. Wenn Merlin erkannte, wie wenig es ihm brachte, den ganzen Tag vor dieser Tür zu sitzen, würde er sich möglicherweise eine andere Beschäftigung suchen.

„Du wirst nichts durch diese Türen hören können, das ist dir klar?“

Merlin nickte. Die Türen waren groß und dick. Man musste schon im Raum sein, um zu hören, was gesprochen wurde und da Merlin diese Aussicht vergessen konnte, musste er sich entweder etwas Anderes einfallen lassen oder mit der Tatsache leben, dass er es nicht erfahren würde.

„Du wirst nicht erfahren, was wir besprechen!“

Ein weiteres Nicken.

„Und dennoch willst du hierbleiben?“

Merlin sah Arthur tief in die Augen, bevor sein Kopf erneut die Bewegung machte. „Ja, denn mein Platz ist an Eurer Seite, ob Ihr das nun vergessen habt oder nicht.“

Dieser Sturkopf, schoss es Arthur durch den Kopf und verfluchte Merlins Loyalität. Er ließ ihm keine andere Wahl. Arthur hätte sich so sehr gewünscht, dass es einen anderen Weg gäbe, aber wenn Merlin stur sein wollte, blieb Arthur nichts Anderes übrig, als es ihm gleich zu tun.„Vielleicht sollte man das dann ändern.“ Seine Stimme war nüchtern, wollte er sich nicht anmerken lassen, wie schwer ihm diese Worte schon gefallen waren.

„Was?“ Merlin war sichtlich verwirrt, was noch deutlicher zeigte, wie falsch es eigentlich war, was Arthur im Begriff war zu tun. Es war so abwegig, dass Merlin nicht einmal im Leben damit rechnete, dass der König solche Maßnahmen ergreifen würde.

„Du bist entlassen, Merlin“, sagte Arthur mit einer Autorität in der Stimme, über die er sich selber wunderte. Eigentlich fühlte er sich nicht stark, sondern hätte sich am Liebsten selber geschlagen für diese Worte. „Ich will dich nicht mehr in meiner Nähe sehen“, befahl er weiter. Nach diesen Worten drehte er sich um und ging die Treppe herunter.

Zurück ließ er einen vollkommen überrumpelten Merlin, der seinen König einfach nur ungläubig hinterher schauen konnte. Mehrere Gefühle gleichzeitig prasselten auf ihn ein. Erst ein unglaublicher Schmerz, größer als er es je für möglich gehalten hätte, das Worte ihn verursachen konnten. Dann Schuld, weil er glaubte, vielleicht doch zu weit gegangen zu sein und somit sein Schicksal in Gefahr gebracht zu haben und schließlich Wut. Gewaltige Wut, die er gegen Arthur richtete. Er lehnte sich über das Treppengeländer und schaute zu seinem König hinunter. „Und was soll das ändern, Arthur? Jetzt muss ich erst recht nicht auf Euch hören.“

Arthur blieb kurz stehen, hörte die Worte seines ehemaligen Dieners, drehte sich aber nicht um. Trotzdem bekam er mit, wie dieser wütend davon stürmte. Genau das sollte es ändern. Merlin sollte ihn hassen, damit er ihn nicht mehr um jeden Preis beschützen wollte.

Kurz ließ er es zu, dass sein Gesicht den Schmerz widerspiegelte, den er in diesem Moment empfand, bevor er mit einer ernsten Miene den Ratssaal betrat.

Da nun für die Sicherheit von Merlin gesorgt war, konnten sie besprechen, wie sie Camelot beschützen konnten.



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