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PMD Himmel jenseits von Zeit und Dunkelheit - Reptains Sicht

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo, liebe Leser. In diesem Kapitel bin ich wirklich auf konstruktive Kritik angewiesen, da meine persönliche Empfindung was dieses Kapitel angeht... merkwürdig ist. Ich würde mich über lange Kommentare oder auch ENS'n freuen in denen ihr mir eure Meinung zu diesem Kapitel sagt, was euch stört und auch ob ihr etwas daran gut findet. Komplett anzeigen

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10 - Über das Meer der Zeit

 

         Sanftes Meeresrauschen und das krächzen von ein paar Wingull die über das Meer kreisten um sich Beute zu fangen weckten Reptain schließlich auf. Er öffnete blinzelnd seine Augen. In der vergangenen Nacht hatte er noch zugesehen, wie die Sonne letztendlich über die Bergketten geklettert war, ehe er über den Schleichpfad zurück zur Tohaido-Klippe gegangen war. Sofort nachdem er sich hingelegt hatte, war er auch schon eingeschlafen.

         Reptain schob den Beutel mit den Zahnrädern der Zeit von sich, den er während er geschlafen hatte fest an sich gedrückt hatte. Er entrollte sich langsam und richtete sich auf um seine Gliedmaßen und seine Halmblätter an den Unterarmen durchzustrecken. Seit langem hatte er wieder das Gefühl mal wieder richtig ausgeschlafen zu haben, auch wenn seine Gedanken sehr trüb waren. Die Sonne hatte noch nicht ganz ihren höchsten Punkt erreicht, während sie ihr Licht über die Insel warf und den strahlend blauen Himmel erleuchtete. Reptain vermutete, dass Tobutz womöglich gerade dabei war die letzten Kristalle, die das Zahnrad der Zeit noch umschlossen zu entfernen. Möglicherweise war er auch bereits fertig, da Selfe ihm in seine Hilfe anbieten wollte.

         Mit einem letzten, müden seufzen rieb er sich das Gesicht um sich selbst etwas munterer zu machen. Diesmal hatte er keinen Traum von Skampis Erinnerung gehabt. Vielleicht war dies auch der Grund, warum er sich so ausgeruht fühlte. Dass er akzeptiert hatte, dass sie tot war, hatte ihn möglicherweise vor einem weiteren, verwirrenden Traum bewahrt, aber sicher war er sich nicht.

         Reptain wand sich dem Regal zu, welches an der Höhlenseite des Hohlraumes in der Tohaido-Klippe gelehnt stand. Er entdeckte einen Stapel Papiere, die mit einem Stein gesichert waren, um sicherzugehen, dass sie nicht wegflogen. Nach näherer Betrachtung stellte Reptain fest, dass die Blätter leer waren. Er nahm ein Blatt Papier von dem Stapel und legte den Stein wieder über ihnen. In einer kleinen, länglichen Schatulle, direkt neben dem Stapel Papiere, entdeckte er mehrere Pinsel und verschiedene Tintenfarben und auch eine Feder. Mit der Klaue nahm er die Feder heraus, die wahrscheinlich von einem Schwalbini stammte und ebenso ein schwarzes Tintenfläschchen. Damit setzte er sich auf den Boden, schraubte das Fläschchen vorsichtig auf und tunkte den Kiel der Feder darin ein. Kurz überlegte er noch ein paar Sekunden lang wie er beginnen sollte, ehe er anfing die Fußabdruckrunen zu schreiben.

 

'An Skampi und Karnimani.

Wie geht es euch? Wie läuft eure Suche nach dem Verborgenen Land?

Für mich läuft es ganz gut. Ich habe schon vier Zahnräder der Zeit eingesammelt. Ich muss nur noch das Zahnrad der Zeit aus dem Kristallsee einsammeln. Tobutz ist damit beschäftigt die Kristalle die den Weg versperren aus dem Weg zu räumen.

Ich habe vor wieder zu euch zu stoßen, sobald ich alle Zahnräder beisammen habe.

Alles läuft nach Plan. Vesprit und seine Freunde haben die Situation verstanden und kooperieren.

Selfe erzählte mir, dass Mitglieder der Gilde gekommen waren und ihn wissen ließen, dass ich käme. Vielen Dank dafür.

Es ist ermutigend, dass immer mehr Pokemon dazu übergehen mir zu vertrauen.

Trotzdem werde ich mich von Schatzstadt und der Gilde fernhalten.

Zunächst einmal, weil ich nicht weiß ob mir die Pokemon in dieser Welt völlig vertrauen.

Aber es gibt noch etwas beunruhigenderes.

Es ist damit zu rechnen, dass Zwirrfinst jederzeit aus der Zukunft zurückkommen kann.

Dies ist der andere Grund, warum ich Schatzstadt und die Gilde meiden werde.

Stattdessen werde ich zur Tohaido-Klippe oder zum Strand kommen.

Falls wir uns treffen, können wir dann Informationen austauschen.

Euch auf jeden Fall viel Glück.

Wir stoppen die Lähmung des Planeten!

Reptain.'

 

         Das beschriebene Blatt Papier wird etwas angehoben und noch einmal genau durchgelesen, ehe Reptain zufrieden nickte. Er positionierte das Schriftstück so, dass man es bei Eintritt des Klippenraumes gut sehen konnte. Danach griff er zu dem Beutel in dem die Zahnräder der Zeit waren und ging die Treppen hinauf um in den angrenzenden Wald zu verschwinden. Die Sonne erreichte gerade ihren höchsten Punkt während Reptain gedankenversunken durch den Wald seinen Weg zur Kristallhöhle lief.

         Er überlegte, ob er Skampi vielleicht einen Brief hätte schreiben sollen, indem er ihr erklärt, dass wenn sie den Lauf der Geschichte verändern würden, sie nicht mehr existieren würden und verschwinden müssen. Letztendlich war er froh, es nicht getan zu haben. Ein Brief wäre viel zu unpersönlich gewesen. Sie hätte wahrscheinlich Fragen gehabt, die er ihr nicht hätte beantworten können, wenn er nur einen Brief hinterlassen hätte. Auch wenn die Skampi die er kannte tot war, war Evoli dennoch seine Freundin. Freunde verdienten es, dass man wichtige Dinge direkt mit ihnen besprach.

 

         Reptain hing während seines Weges zur Kristallhöhle mit seinen Gedanken mehreren Dingen nach. Unter anderem dachte er an sein eigenes Verschwinden, welches immer näher rückte. Er fragte sich ob es schmerzhaft und qualvoll sein würde, oder ob er es überhaupt bemerken würde. Seine Existenz würde enden, ebenso wie die von Skampi und Celebi. Ebenso wie die von Schatten-Dialga, Zwirrfinst, den Zobiris und vielen weiteren zahllosen Pokemon. Er überlegte, ob es noch irgendetwas gab, was er unbedingt machen wollte, aber ihm fiel nichts ein. Allein dass er den Sonnenaufgang ansehen durfte und für eine Weile in dieser lebendigen Welt leben konnte, war vermutlich mehr als er sich je hätte erträumen können.

         Reptain hielt inne als er feststellte, dass sich vor der Kristallhöhle der Grauschleier über den Vormittag ausgebreitet hatte. Beunruhigt spähte er zu dem Eingang der Höhle, von dem er in der letzten Nacht noch nichts von den Veränderungen gesehen hatte. Der Grauschleier breitete sich also kontinuierlich aus, was nur bedeuten konnte, dass sich der Zustand des Zeitturms mit jeder verstreichenden Sekunde verschlechterte.

         Die grauen, kleinen Kristalle schmückten die Tunnel der Höhle, die um ein vielfaches finsterer waren, als zu dem Zeitpunkt, an dem er sie das erste Mal betreten hatte. Es lag daran, dass die Kristalle den Weg nicht mehr mit ihrem sanften, dimmenden Licht beleuchteten, da die Zeit in der Kristallhöhle gestoppt hatte. Das Licht welches von ihnen ausgegangen war, ist gestorben und ihre sonst so blaue bis violette Färbung hatte sich in ein hässliches grau verwandelt. Doch er sah bereits, dass es etwas heller wurde am Ende des Höhlentunnels auf dem er gerade ging.

         Reptain folgte dem Pfad, bis er schließlich auf der Plattform in der Mitte des Sees stand. Je näher er herangekommen war, desto deutlicher konnte er die Arbeit von Tobutz sehen. Er hatte wirklich ganze Arbeit geleistet und Selfe hatte ihm wohl dabei geholfen. Fast alle Kristalle welche den Kristallsee in der Mitte vor wenigen Stunden noch bedeckt hatten, waren entfernt worden und türmten sich zu den Seiten der Höhle auf. Zu der Mitte des Kristallsees ging es immer tiefer hinein, nicht nur die Kristalle waren dort entfernt worden, sondern auch die massigen Kristallstämme und ihre Wurzeln. Beeindruckt stellte Reptain fest, dass Tobutz und Selfe es innerhalb von ein paar Stunden geschafft hatten das Zahnrad der Zeit freizulegen. Das sanfte, grüne Schimmern befand sich nur nicht mehr im See, was Reptain stutzen ließ.

         »Da bist du ja Reptain. Ich habe bereits auf dich gewartet.«, sprach Tobutz' müde Stimme durch die Höhle, nach der sich Reptain sogleich umsah. Tobutz glitt durch die Luft zu Reptain hinüber, ein müder Schleier der Erschöpfung lag über seinem Gesicht. Das Zahnrad der Zeit ruhte in einer seiner kleinen Händen als er sich Reptain näherte.

         Tobutz stoppte vor Reptain und hielt ihm mit der ausgestreckten Hand das Zahnrad der Zeit entgegen. »Du hast nicht gelogen als du sagtest dass du rechtzeitig hier sein wirst. Ich hatte Hilfe von Selfe bekommen, weswegen ich früher fertig war als angenommen.« Reptain nahm mit einem Kopfnicken das Zahnrad der Zeit an sich. Während er es in seinen Beutel gleiten ließ sprach er. »Ich hörte davon. Am Morgen bin ich Selfe noch begegnet.« Tobutz sah Reptain fragend und müde zugleich an, er machte sich sichtlich keine Mühe es zu verbergen. »Du bist Selfe noch begegnet? Ich dachte du bist direkt nach Schatzstadt gegangen?«

         »Ich hatte noch etwas zu erledigen.«, antwortete Reptain prompt und Tobutz schüttelte mit dem Kopf. »Du hast bestimmt deine Gründe in Rätseln zu sprechen.«, sagte er matt und sah mit einem wehleidigen Gesichtsausdruck zum Kristallsee. »Wenn die Zeit wieder normal fließt, wird es ein leichtes sein, den Rest des Kristallsees freizulegen.«

         Reptain ließ seinen Blick über die Trümmer, welche aus grauen, großen Kristallen bestanden die noch immer über den Kristallsee ragten schweifen. »Es wird bestimmt nichts von seinem Glanz verloren haben, wenn es wieder ein See ist.«, stimmte er zu. »Du kannst dich darauf verlassen, Tobutz. Skampi, Karnimani und ich werden die Lähmung des Planeten stoppen.«

         Tobutz nickte und lächelte müde. »Danke, Reptain.« Seine müden Augen hafteten dabei unverwandt auf Reptain.

         »Ich werde dich auch wieder verlassen. Du siehst sehr müde aus und solltest dich ausruhen, Tobutz.«, empfahl Reptain ehe er sich abwand. »Leb wohl, Tobutz.«, fügte er nach einem verstrichenen Herzschlag hinzu.

         »Leb wohl?«, fragte Tobutz und Reptain hielt inne, nachdem er bereits einen Schritt gegangen war. »Wie meinst du das Reptain?«

         Reptain dachte kurz nach. Er hatte inzwischen eine Hand voll Pokemon in dieser vergangenen Welt kennengelernt die ihm vertrauten und auch sein Vertrauen gewonnen hatten dass er sich von ihnen verabschieden wollte. Es war natürlich, dass sie nicht alle verstanden, warum er sich verabschiedete. Nur natürlich war Tobutz' Frage danach. »Nun, sobald der Lauf der Geschichte verändert wird, werde ich verschwinden. Die Welt der Dunkelheit wird nicht weiter existieren und die Pokemon die damals lebten ebenfalls nicht.«

         »Oh.«, entkam es Tobutz und eine knappe Stille folgte. »Dann, lebe wohl, Reptain. Wir werden dich nie vergessen.« Reptain nickte matt und ging los. Er konnte den müden und traurigen Blick spüren, mit dem Tobutz ihm hinterher sah.

         Auf dem Weg durch die Kristallhöhle ließ Reptain seine Gedanken wieder schweifen. Es war merkwürdig, aber mittlerweile wurde es immer leichter über sein eigenes, bevorstehendes Verschwinden zu sprechen. Fast so, als wäre es belanglos. Aber die Pokemon würden sich an ihn erinnern. Es erfüllte ihn sogar mit Freude mit ein paar Pokemon so vertraut geworden zu sein. Tobutz und Selfe waren zwei von ihnen, ebenso wie er Karnimani dazu zählte.

Warum fühlte es sich auf einmal so leicht an, wo er sich doch den Kopf auf dem Weg zur Kristallhöhle zerbrochen hatte? Es erfüllte ihn mit Trauer zu verschwinden, aber da war noch etwas anderes... War es Stolz? Ja, es fühlte sich gut an, andere Pokemon durch seine selbstlose Tat zu inspirieren. Tobutz, Selfe und vielleicht auch Vesprit würden ihn nie vergessen. Ein angenehmes Gefühl kroch Reptain über den Rücken.

         Als Reptain den Ausgang der Höhle erreichte und den Grauschleier der davor lag hinter sich ließ, blickte er ihn den Nachmittagshimmel und fühlte sich merkwürdig entspannt. Zwar juckte in ihm die Dringlichkeit über den weiteren Verlauf der Mission, dennoch war er sehr zufrieden mit sich selbst. So zufrieden wie schon lange nicht mehr. Bald wäre es so weit, er lief auf sein eigenes Ende zu um das Ende von anderen zu verhindern. Ein sanftes Lächeln zog sich über seine Lippen nachdem er auf einen stämmigen Ast gesprungen war und über den Wald spähte. Langsam trat er den Weg nach Schatzstadt zurück an. Es war ein gutes Gefühl, wenn die Welt für die man sein eigenes Ende vorbestimmt hat, nicht mehr so fremd war und die Bewohner ebenfalls nicht.

 

Als Reptain in Schatzstadt angekommen war, ging er zuerst zur Tohaido-Klippe zurück in der Hoffnung, dass Skampi oder Karnimani dort waren. Doch die Klippe und auch die Höhle waren vollkommen leer. Dieser Ort bekam wirklich sehr wenig Aufmerksamkeit von den Bewohnern von Schatzstadt. Reptain blinzelte als er etwas auf dem Boden entdeckte, das bei seinem Verlassen noch nicht dort gewesen war. Unter einem Stein lag ein beschriebener Zettel in der Fußabdruckrunensprache. Er beugte sich vor um ihn aufzuheben und begann die Runensprache zu lesen.

 

'An Reptain.

Hallo Reptain, uns geht es sehr gut. Wir schlafen wieder in der Knuddeluff-Gilde in unseren alten Betten.

Die Gilde denkt, dass es zu auffällig ist, wenn mehrere Pokemon immer wieder zur Tohaido-Klippe gehen. Sie haben Recht damit, deswegen werden wir nicht allzu bald wieder hierher kommen.

So kannst du beruhigt sein, denn dein Aufenthaltsort bleibt geheim.

Wir hatten zuerst Angst, dass uns die Gildenmitglieder nicht glauben würden, vor allem Skampi. Ihre Geschichte klingt wahrhaftig abenteuerlich für jemanden der das alles nicht selbst gesehen hat.

Aber sie vertrauen uns und alle helfen uns bei der Suche nach dem Verborgenen Land.

Die Suche nach dem Verborgenen Land geht leider nur schleppend voran.

Wir waren bei dem Dorfältesten, er konnte uns etwas darüber erzählen, aber sein Gedächtnis ist sehr lückenhaft und das was er uns erzählen konnte war eher belanglos und hilft uns nicht weiter.

Aber wir lassen uns nicht unterkriegen.

Wir werden die Lähmung des Planeten aufhalten!

Karnimani und Skampi.'

 

         Reptain las sich das Schriftstück noch einmal durch und seufzte schließlich beruhigt aus. Was für ein gutes Gefühl es doch war, nicht alleine zu sein. Wie gerne würde er jetzt zu der Gilde gehen um Skampi und Karnimani bei ihrer Suche zu unterstützten. Außerdem fragte er sich was der Dorfälteste wohl zu dem Verborgenen Land gesagt hatte. Aber allein der Gedanke, er würde in ein Gebäude voller Pokemon gehen, die ihn immer noch als 'Reptain der Dieb' im Gedächtnis hatten und ihn gefangen nehmen wollten ließ ihn dieses Vorhaben verwerfen.

         Eigentlich wollte Reptain noch einmal zum Strand gehen um dort nach Anzeichen von Skampi oder Karnimani zu suchen, aber sie haben geschrieben dass sie sich nicht allzu bald blicken lassen werden. Vermutlich waren sie gerade in der Gilde und schliefen möglicherweise auch schon. Reptain wand sich an die offene Klippenwand und sah zu dem Vollmond hinauf. Zufriedenheit legte sich über ihn während er den Vollmond betrachtete, den er nun auch in dieser Welt gesehen hatte. Selten gab es diese Momente in denen er an nichts dachte. Dieser war einer davon.

         Reptain sah zu seiner Klaue hinab, an welcher der Traumsplitter befestigt war und betrachtete ihn mehrere Atemzüge. Der Anhänger war nun wieder komplett zu einem Tropfen zusammengeschmolzen und die grasgrüne Farbe zog sich über ihn. Wenn er verschwinden würde, wem würde er das Artefakt übergeben in dem nun eine seiner Erinnerungen innewohnt? Wollte er seine Erinnerung wirklich in jemanden weiter leben lassen? Etwa in Karnimani oder Selfe?

         Konnte der Traumsplitter in der Vergangenheit überhaupt existieren? Oder würde er verschwinden, genauso wie er selbst und Skampi? Reptain wusste darauf keine Antwort. Viel zu wenig wusste er über dieses seltsame Artefakt. Auch fragte er sich, ob es gut war sich für ewig an einer Erinnerung festzuklammern. Ihn selbst hatte die Erinnerung von Skampi in einige Zweifel gestürzt, auch wenn sie ihm sehr oft geholfen und viele Fragen beantwortet hatten.

         Mit einem resignierten seufzen wand er sich von der Klippenseite ab und ging tiefer in den Höhlenraum hinein. Er fühlte sich merkwürdig müde, als würde er zusätzliche Gewichte mit sich herumtragen. Reptain legte sich hin und drückte den Beutel mit den fünf Zahnrädern der Zeit fest an sich. Seine gelben, reptilienartigen Augen schweifen noch einmal über den Nachtschwarzen Himmel mit den funkelnden Sternen, ehe seine Augen schwer wurden und er einschlief.

 

Reptain öffnete seine Augen, während um ihn herum nur Stille herrschte und die Schwärze ihn verschluckte. Ein Zustand der ihm bereits nur allzu bekannt geworden war. Er blickte sich suchend um, doch der feine Nebel der sich gewöhnlicher weise zu Skampis menschlicher Gestalt zusammensetze blieb aus. Verwirrt starrte er aufmerksam in die Leere der Schwärze und wartete mehrere Momente ab, in denen allerdings nichts geschah. Er senkte seinen Blick und starrte auf seine Klauen. War dies doch nur ein völlig normaler Traum? Was für ein merkwürdiger, dunkler Traum.

         Leise und kaum wahrnehmbar wisperte eine leise Stimme um ihn herum und drang an seine Ohren. »Ein Fremder wird dich aufsuchen. Verschließe dich nicht sofort, er wird dir helfen.« Die Stimme hallte Herzschläge später immer noch nach und Reptain hob seinen Blick wieder.

         Er sah sich suchend um, doch noch immer war kein Nebel zu sehen der sich manifestierte. Das Flüstern wurde weiter getragen, fort von ihm, fast so als würde jemand um ihn herum gehen. Eine lange Pause trat ein und Reptain wusste nicht so recht ob er etwas erwähnen sollte, oder wollte. Er wollte sich nicht für immer an eine Erinnerung klammern. Wie von einem Windhauch herangetragen erhob sich das Flüstern erneut. »Die Erinnerungen in dem Traumsplitter ist mehr als nur ein bloßer Gedanke an die Vergangenheit. Mit dem richtigen Glauben können sie wunderbares bewirken... Aber dies benötigt viel Zeit die du leider nicht hast...«

         Abermals entfernte sich das Flüstern von ihm und Reptain kam sich merkwürdig hilflos vor. Was sollte ihm Skampi damit nur sagen? »Du meinst, dass ich verschwinden werde, ehe ich wirklich verstehen kann...?«, begann er doch das Wispern erhob sich diesmal lauter und energischer. »Viel Zeit wird benötigt! Die du nicht hast, mein treuer Freund... Die Dunkelheit wird sich um dich herum wieder erheben und du musst eine Entscheidung treffen.«

         Reptain verengte seine Augen. »Heißt das, die Lähmung des Planeten ist nicht mehr aufzuhalten?!« Das konnte nicht sein, all die Mühen die er und Skampi auf sich genommen hatten. Und nun Skampi und auch Karnimani, soll das alles umsonst gewesen sein? Das durfte nicht sein. Doch Reptain erhielt keine Antwort auf seine Frage, stattdessen sah er, wie die Schatten über seinen Körper huschten und er langsam von der Schwärze umschlossen wurde.

 

In dieser Nacht hatte es begonnen zu regnen, weswegen noch mehrere Wolken den Himmel bedeckten und die Sonne den Kampf auch am frühen Morgen noch nicht gewonnen hatte. Reptain vermutete aber, dass sie es im Laufe des Tages schaffen sollte ihre Sonnenstrahlen über der Insel zu entfalten. Seit ungefähr einer Stunde war er nun wach und hatte sich seit dem nicht von seiner sitzenden Position gerührt. Er vermutete, dass er schrecklich aussah. Als er von diesem Traum erwachte, fühlte er sich wie gelähmt. 'Die Dunkelheit wird sich wieder um dich herum erheben und du musst eine Entscheidung treffen.' Die Worte wollten ihn nicht loslassen und schwirrten in seinen Gedanken herum während sein Blick starr nach draußen auf das Meer gerichtet war.

         'Die Dunkelheit wird sich wieder um dich herum erheben...' Sollte das bedeuten, dass egal wie sehr Skampi, Karnimani und er sich anstrengten, es nicht ausreichen würde um die Lähmung des Planeten aufzuhalten? '... Und du musst eine Entscheidung treffen.' Was für eine Entscheidung wird er treffen müssen? Hat es mit der Lähmung des Planeten zu tun? Die Entscheidung zu verschwinden musste nicht getroffen werden, denn sie wurde bereits vor Monaten gefällt und akzeptiert. Doch das wusste Skampi, warum würde sie ihn darauf aufmerksam machen wollen?

         Reptains Blick schweifte unruhig über den wolkenverhangenen Himmel. Nun, da er alle Zahnräder der Zeit beisammen hatte, fragte er sich ob es nicht vielleicht doch besser wäre sich Karnimani und Skampi auf der Suche nach dem Verborgenen Land anzuschließen. Aber er würde vermutlich für viel mehr Schwierigkeiten sorgen als für Lösungen und Antworten. Die Pokemon in Schatzstadt und die aus der Gilde, würden vielleicht versuchen ihn wieder einzufangen und das würde kostbare Zeit kosten. Es würde zu lange dauern sie aufzuklären, dass er nicht derjenige war für den sie ihn hielten. Reptain entschied sich dafür, dass es besser wäre, wenn er nicht an der Suche nach dem Verborgenen Land teilnahm. Skampi und Karnimani waren vermutlich schon an einer heißen Spur dran und er würde ganz von vorne anfangen müssen Informationen zu sammeln. Also blieb ihm nur eines übrig, was er tun konnte. Warten.

         Seine gelben, reptilienartien Augen sahen den Wolken dabei zu, wie sie vom Wind über den Himmel getragen wurden. Mehrmals sah er Wingull, welche im Sturzflug in das Meer vorstießen und dann mit einem kleinen Exemplar eines Karpador ihm Schnabel wieder in die Lüfte flogen. Das Meer kräuselte sich unter dem Wind, der eindeutig an Stärke zugenommen hatte. Reptain erhob sich plötzlich und griff nach dem Beutel mit den Zahnrädern der Zeit, den er sich um die Schultern band. Er ging die Treppen nach oben wo ihm der Wind bereits stürmisch über den Kopf wehte.

         Mehrere Atemzüge stand er auf der Tohaido-Klippe und blinzelte in Richtung Schatzstadt. Das Dorf war aus irgendeinem Grund belebter als sonst und die Pokemon um einiges aktiver. Reptain wollte sich nicht zu viele Gedanken darüber machen, warum es so war. Er duckte sich und huschte in den naheliegenden Wald. Die Schatten zogen sich lange durch die Wolken, welche die Sonne versperren. Reptain sprang eine Weile durch den Wald und versuchte die grauen Gedanken seines Traumes abzuschütteln. Teilweise gelang ihm dies auch während er den Wind zwischen seinen Halmblättern spürte und die Blätter der Bäume ihn streiften. Er hielt inne und prüfte die Luft ehe Reptain eine bestimmte Richtung einschlug.

         An einem Apfelbaum machte er halt und pflückte sich einen Apfel um ihn zu essen. Eigentlich wollte er danach direkt wieder zurück zur Tohaido-Klippe, für den Fall dass Skampi und Karnimani dort auftauchen würden, doch irgendetwas zog ihn tiefer in den Wald hinein. Er konnte nicht sagen, was es war, aber es beunruhigte ihn. Es war merkwürdig still im Wald. Reptain stieß sich von dem Ast ab auf dem er saß und sprang den Apfelbaum hinauf. Er durchbrach die Baumkrone und überblickte den Wald. Sein Atem stockte und er verengte die Augen als sein Blick über den Teil des Waldes  schweifte der im Grauschleier lag der sich über die Nacht abermals ausgebreitet hatte. Doch hatte es in diesem Teil des Waldes nie ein Zahnrad gegeben. Reptain knirschte mit den Zähnen während er sich wieder auf dem schnellsten Weg auf den Rückweg begab.

         Die Lähmung des Planeten schreitet sehr schnell voran. Der Grauschleier tauchte in immer mehr Gebieten auf und vergrößert sich dramatisch. Reptain fragte sich wie groß der Schaden an dem Zeitturm bereits war und wie viel Zeit ihm noch blieb um die Lähmung des Planeten aufzuhalten. Wieder kam ihm sein Traum in den Sinn. Würde er es überhaupt noch aufhalten können? Unweigerlich biss Reptain die Zähne zusammen. Solange er noch im Stande war etwas an dieser Situation zu verändern, würde er kämpfen und alles geben um dies zu tun. Diese Welt durfte nicht aufhören zu existieren. Sein Ziel zu erreichen hatte die höchste Priorität.

         Seine Gedanken schweifen zu Celebi und er fragte sich wie es ihr wohl gerade geht. Es schien ihm, als habe sie sich schon lange darauf vorbereitet zu verschwinden. Sie war ihm immer so vorgekommen, als hätte sie Dinge gewusst die kein anderer wissen konnte. Vielleicht hatte sie auch bereits gewusst, dass Skampi und er von Zwirrfinst angegriffen werden als er sich auf den Weg machte um ihr zu folgen. Reptain hatte vor gehabt noch einmal mit Skampi zu reden, um sie umstimmen zu können dem Ziel weiterhin zu folgen. Nachdem sie ohne ein Wort der Erklärung aus dem Wald verschwunden war, hatte ihn das zutiefst erschüttert, denn er hatte geglaubt dass sie es sein würde, die ihm Halt gab. Doch sie hatten sich gegenseitig Halt gegeben und sich im Glauben bestärkt. Er musste ihr folgen und hätte er es nicht getan wäre Skampi vermutlich dort schon gestorben. Als sie auf dem Dach waren, umzingelt von Zobiris und Zwirrfinst war Celebi erschienen. Sie sagte zwar, dass sie Reptain gefolgt war, doch er hatte sie nicht wahrgenommen. Es konnte gar nicht möglich sein, dass sie ihm gefolgt war.

         Als Reptain wieder die Tohaido-Klippe erreichte, hob er seinen Blick zu der Sonne die es tatsächlich geschaffte hatte sich einen Weg durch den wolkigen Himmel zu kämpfen. Warm schien sie ihm entgegen, während er sich wieder in das innere seines Unterschlupfes begab. Er wünschte Celebi hätte diese Welt wenigstens einmal gesehen, diese wunderbaren Farben eines Sonnenaufgangs, die sich über das Land verteilten wenn sie nach einer langen Nacht wieder über den Horizont kletterte und alles in ihrem Licht einhüllte. Das Leben welches sie durch ihr bloßes Erscheinen über das Land brachte wenn es langsam erwachte. Worte konnten dieses Ereignis eines Sonnenaufgangs nicht beschreiben.

 

         Er hasste es auf etwas zu warten. Mittlerweile hatte die Sonne den höchsten Punkt bereits überschritten und Reptain wurde zunehmend unruhig. Vielleicht würden Skampi und Karnimani auch heute nicht mehr kommen weil sie noch keinen Anhaltspunkt hatten. Die meisten Wolken hatten sich inzwischen auch schon verzogen und schoben sich nur noch vereinzelt über den Himmel. Sein Blick fiel abermals über das Meer, wie so oft schon an diesem Tag, an dem er nur wartete. An einem bestimmten Punkt stoppte er aber auf einmal und kniff die Augen zusammen. Er beugte sich vor doch er konnte nicht genau erkennen was er glaubte gesehen zu haben. Am Rand der Klippe zu seiner Rechten glaubte er für den Bruchteil einer Sekunde eine merkwürdige Veränderung wahrgenommen zu haben. Reptain hätte es vermutlich überhaupt nicht bemerkt, wenn er nicht zufällig in genau diese Richtung gesehen hätte. Er beugte sich vor, doch an dem Klippenrand fern von ihm war auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches zu entdecken. Schweigend hielt er inne und dann verengten sich seine gelben, reptilienartigen Augen argwöhnisch, als er die langsame Veränderung doch wahrnahm. Es war nur eine minimale Veränderung und Reptain erkannte es in der Ferne nicht genau, doch er bildete sich ein dass die Umgebung sich verfärbte. Als würde die Farbe aus dem Gras und der Erde gesogen werden.

         Reptain sprang auf und eilte die Treppen zu Tohaido-Klippe nach oben um eine bessere Sicht zu bekommen. Oben verengte er abermals seine Augen, während er auf die selbe Stelle starrte die er nun besser sehen konnte, ohne sich zu verrenken. Der kurze Weg die Treppe nach oben hatte ausgereicht, dass sich die Einbildung in Realität umwandelte, denn von der grauen Erscheinung sind bereits die Klippen zum Meer betroffen. Es entfaltete sich zu einer langsam, herannahenden Drohung während sich der Grauschleier immer weiter über den Boden fraß. Reptain zischte ehe er sich abwand und den Pfad entlang an Schatzstadt vorbeieilte. Der Zeitturm stürzte ein, die Lähmung des Planeten rückte immer näher. Vielleicht würde nun sein Alptraum wahr werden und die Dunkelheit würde ihn einhüllen.

         Reptain schlug den Weg in die Richtung vom Strand ein und sprang auf einen der Felsen. Von seiner neuen Perspektive erkannte er, dass sich der Grauschleier abermals ausgebreitet hatte, allerdings sehr schnell. Er fraß sich über die Klippenhänge entlang und erreichte schließlich auch die Tohaido-Klippe auf der Reptain noch vor wenigen Minuten gestanden hatte. Doch dort stoppte der Grauschleier schlagartig und entfaltete sich nicht weiter. Als würde er lauern und sich einen nächsten, brillanten Schachzug überlegen.

         Mit verengten Augen betrachtete Reptain das Ausmaß des Grauschleiers der sich gerade ausgebreitet hatte. Viel würde nicht mehr fehlen und Schatzstadt wäre in dem Grauschleier gefangen. Der Zeitturm musste einen ziemlich schweren Schaden davongetragen haben, dass sich der Grauschleier so dramatisch ausgebreitet hatte. Doch hatte er auch inne gehalten, was bedeuten musste dass der Zeitturm noch nicht völlig eingestürzt ist. Doch wie lange könnte sich der Zeitturm in einem solchen Zustand noch halten? Reptain konnte nur vermuten, wie schwer die Beschädigungen bereits waren.

         Er malte mit den Zähnen, während er überlegte wie viel Zeit wohl noch bleiben würde um die Zahnräder der Zeit in den Zeitturm zu setzen. Plötzlich raschelten rechts von ihm Sträucher auf und Reptain wand sich ihnen schnell zu. Er hatte seine Deckung aufgegeben um den Grauschleier zu beobachten, den wohl inzwischen jeder Bewohner in Schatzstadt gesehen haben musste. Seine gelben, reptilienartigen Augen ruhten auf dem Gebüsch und Reptain spannte sich an. Es war bereits zu spät um sich ein Versteck zu suchen, außerdem gab es in der Umgebung kein geeignetes, welches ihn verdeckt hätte. Ein rosafarbenes Pokemon mit zwei großen, blauen Augen und Hasenohren trat aus dem Gebüsch hervor. Der Blick der runden Augen bohrten sich durch Reptain hindurch und er fühlte sich mehr als einfach nur unwohl.

         Reptain war bereit sich zu verteidigen, wenn dieses Pokemon ihn als 'Reptain den Dieb' identifizieren würde, doch das große rosafarbene Pokemon sah ihn keineswegs feindselig an. »Hallo, Freund. Mein Name ist Knuddeluff.«, sprach es in einem merkwürdig, fröhlichen Singsang was Reptain perplex werden ließ. Die Bedrohung welche nur wenige Fuß von Schatzstadt entfernt war, schien dieses Pokemon nicht zu bedrückten. »Ehm... Hallo.«, grüßte Reptain zusehends verwirrt.

         Knuddeluff ging einige Meter auf Reptain zu. »Endlich habe ich dich gefunden, Reptain.«, sprach Knuddeluff laut und hob seine Hände in die Luft. Reptain war mit dieser Situation zusehends überfordert. Jede Zelle in seinem Körper verlangte von ihm dass er weglaufen oder einen Unterschlupf suchen sollte, doch eine wispernde Stimme kam ihm in den Sinn. 'Ein Fremder wird dich aufsuchen. Verschließe dich nicht sofort, er wird dir helfen.' Reptain starrte nur weiterhin zweifelnd auf dieses Knuddeluff welches ihn mit großen, blauen Augen anstarrte. Innerlich seufzte er, doch dann rang er sich die Frage ab. »Du suchst nach mir? Warum?«

         »Skampi und Karnimani werden bald den Eingang zum Verborgenen Land finden.«, antwortete Knuddeluff in einem merkwürdigen Singsang. »Lange werden sie nicht mehr brauchen!«, fügte er lachend hinzu und hüpfte dazu noch nahezu lächerlich in die Luft.

         »Wer bist du?«, kam es dann nach einigen Sekunden des Schweigens endlich aus Reptain heraus. Dieses merkwürdige, überfreundliche Pokemon war ihm sehr suspekt. Erkannte Knuddeluff etwa nicht den Grauschleier, der sich auf der Klippe niedergelassen hatte? Er könnte sich jeden Augenblick weiter ausbreiten und Schatzstadt einhüllen. »Das sagte ich doch bereits. Ich bin Knuddeluff. Ich bin der Gildenmeister der Knuddeluff-Gilde, Freund!«, erklärte Knuddeluff übermäßig freundlich und strahlte.

         »Der Gildenmeister. Ich verstehe.«, entwich es Reptain leise. »Skampi und Karnimani sind also bereits auf dem Weg, sagst du? Weißt du wohin sie gegangen sind?«

         Der Gildenmeister nickte und schloss für den Bruchteil eines Herzschlags seine Kulleraugen. »Natürlich, Freund. Folge mir, ich werde dich zu ihnen bringen. Mein Partner ist im Moment bei ihnen und passt auf die beiden auf.« Dann drehte sich Knuddeluff um und begann singend den Weg entlang zu hopsen. Nach wenigen Schritten blieb er aber schon wieder stehen und sah sich nach Reptain um. »Kommst du, Freund? Oder stimmt etwas nicht?«

         Reptain, der von dem hopsenden Knuddeluff mehr als einfach nur verwirrt war, nickte dementsprechend verwirrt und sprang die Felsen hinab, auf denen er noch eben gestanden hatte. Seine Füße berührten den Sand und folgte dem auffälligen, rosa Hüpfball. Er fühlte sich mehr als unwohl in seiner Gegenwart. Knuddeluff war einfach viel zu auffällig, mit dem Gesinge und Gehopse, aber dem Gildenmeister schien es nicht sehr viel auszumachen, dass er mit 'Reptain dem Dieb' unterwegs war. Vielleicht war es ihm sogar völlig egal, wenn Reptain aufgrund seines auffälligen Verhaltens gesehen wird. Wieder musste Reptain an seinen Traum denken und musste resigniert seufzen als Knuddeluff noch lauter vor sich hin trällerte. Ganz Schatzstadt musste ihn hören.

         »Würde es dir etwas ausmachen etwas leiser zu sein?«, unterbrach Reptain Knuddeluffs Gesang als sie nach wenigen Schritten rechts eingebogen waren und einen steinigen Felspfad entlanggingen. »Und wenn es möglich ist... Etwas unauffälliger sein?«

         Knuddeluff hielt inne und drehte sich mit großen, verwunderten Augen zu Reptain um. »Warum?«, fragte Knuddeluff erstaunt. »Bist du denn nicht fröhlich, wenn du auf einer Erkundung bist?«

         Reptain starrte Knuddeluff ungläubig an. »Das hier ist keine Erkundung, es ist viel wichtiger. Außerdem solltest du als Gildenmeister eigentlich wissen, dass ich in dieser Welt ein gesuchter Verbrecher bin. Nicht viele sind darüber aufgeklärt, was ich wirklich mache.«

         »Das weiß ich doch.«, rief Knuddeluff und lachte. »Ich selbst habe die Suche nach dir geleitete und viele, viele Erdundungsteams nach dir ausgeschickt damit sie nach dir oder den Zahnrädern der Zeit suchen. Das war ein großer Spaß eine solch große Operation zu leiten!«

         Reptain blinzelte als Knuddeluff sich kurz umsah, ein erstauntes »Oh, da geht es lang!«, von sich gab und singend weiter den Felspfad entlangging. Dieses Pokemon... Knuddeluff war... Reptain schüttelte den Kopf, ihm fielen die Worte nicht ein die ein solches Wesen auch nur ansatzweise beschrieben hätten. Er folgte ihm während er sich versuchte einen Reim darauf zu machen. Wie sind Karnimani und Skampi auf die Idee gekommen ausgerechnet den Gildenmeister zu schicken um ihn zu holen? Nach mehreren Minuten erreichten beide Pokemon den Eingang einer Höhle in der Felswand. »Hier, das ist der Eingang zur Salzwasserhöhle.«, erklärte Knuddeluff fröhlich. »Ich war schon lange nicht mehr hier und auch nicht mehr auf einer Erkundung.«

         »Ich sagte doch bereits, wir sind nicht hier für eine Erkundung.«, versuchte Reptain möglichst ruhig zu erklären. »Die Suche nach dem Verborgenen Land ist viel wichtiger. Du wolltest mich zu Skampi und Karnimani bringen.«

         »Genau das werden wir doch tun. Also ist das hier eine Erkundung!«, rief Knuddeluff und fügte ein »LUU FII!« hinzu, was Reptain verwunderte. In ihm keimte die Frage auf, ob er sich wohl noch mehr über Knuddeluff wundern konnte. »Genau das ist es doch auch, was ein Erkundungsteam macht. Nach Pokemon suchen, Missionen erfüllen und Aufgaben bestreiten die absolut nicht der Gewohnheit entsprechen. Schätze finden und Entdeckungen machen.« Knuddeluff lachte und sah den Boden fasziniert an. »Sieh nur, auf dem Boden sind Spuren. Die Fußabdrücke meiner Gildenmitglieder. Sie haben sich alle auf den Weg in die Salzwasserhöhle gemacht um Skampi und Karnimani zu unterstützten.« Knuddeluff hob den Kopf und für einen Augenblick lang wirkte er ruhiger und sehr stolz.

         Reptain schüttelte den Kopf und spähte in die Höhle. Sie wurde durch mehrere Lichteinflüsse durch die Decke erhellt. »Wind weht durch diese Höhle. Es gibt also einen weiteren Eingang.«, stellte er laut fest während er an Knuddeluff vorbei wenige Schritte in die Höhle hineinging.

         »Ganz richtig.«, sagte Knuddeluff und nickte zufrieden als würde er einem seiner Rekruten etwas unglaublich wichtiges erklären. »Plaudagei und ich waren bereits vor langer Zeit einmal in dieser Höhle um sie zu Erkunden. Diese Höhle geht sehr tief hinunter und grenzt an das Meer. Es ist eine natürliche Ausbuchtung und die Höhle ist bei Flut nahezu gänzlich mit Wasser gefüllt.«, erklärte Knuddeluff.

         Reptain nickte und ging tiefer in die Höhle hinein. Knuddeluff folgte ihm und war zu Reptains Erleichterung nicht mehr ganz so aufgeregt und sang auch nicht mehr. Auch wenn Knuddeluff nach wie vor ziemlich aufgeregt war. Nach wenigen Schritten löste Reptain die Stille. »In dem Brief den Skampi und Karnimani mir geschrieben hatten stand etwas davon, dass sie einen Dorfältesten über das Verborgene Land ausgefragt haben. Warum glaubt man, dass dies der Eingang zum Verborgenen Land ist? Und wie kommt es, dass Plaudagei und du schon einmal hier waren?«

         Der Gildenmeister lachte leise. »Eine gut gewählte Frage, Freund.«, sprach er sehr leise und begann zu erklären. »Qurtel, so heißt unser Dorfälteste, konnte Skampi und Karnimani eine Legende übermitteln. Er hat erzählt, dass man einen bestimmten Nachweis braucht um den Weg zum Verborgenen Land zu öffnen. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin etwas und es hat uns auch letztendlich zu dieser Höhle geführt.«

         Reptain nickte matt und schlug in eine Weggabelung ein, doch Knuddeluff tippte ihm auf die Schulter. »Wir müssen hier entlang.«, sprach er und übernahm die Führung, während sie in einen sehr schmalen Seitengang einbogen. »Wir müssen auf der Hut sein.«, fügte Knuddeluff hinzu. »Hier wohnen unruhige Pokemon. Auf meiner letzten Erkundung haben sie meinen Partner schwer verletzt.«

         »Plaudagei?«, fragte Reptain und hielt kurz inne. »Bitte beantworte noch meine erste Frage. Was hat die Suche nach einem Nachweis mit dieser Höhle hier zu tun?«, fragte Reptain sogleich. Auf eine bizarre Art und Weise war Knuddeluff sehr interessant für ihn, auch wenn er sich noch nicht erklären konnte warum.

         »Plaudagei ist mein treuer Partner, als ich wieder angefangen habe zu Erkunden und auch ein sehr wichtiger Freund. Am Ende dieser Höhle sind wir auf etwas sehr interessantes gestoßen. Es ist ein Muster in der Felsawand. Dieses merkwürdige Muster hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nie in meinem Leben gesehen. Aber dieses Muster ist genau dasselbe wie auf dem Reliktfragment, welches Karnimani ständig mit sich in der Tasche herumträgt.«, erklärte Knuddeluff. Reptain stutzte. »Ich erinnere mich. Er hat es mir einmal gezeigt.«, sprach er. »Plaudagei und du seid nicht gleich darauf gekommen, dass es der Eingang zu dem Verborgenen Land sein könnte, oder?«, fragte Reptain weiter.

         »Nein. Plaudagei wurde schwer verletzt weswegen wir es nicht genauer untersuchen konnten.« Knuddeluff bog in einen anderen Seitengang ein, der eine deutliche Senkung nach unten hatte. »Die unruhigen Pokemon wollten eigentlich mich angreifen, aber er hat sich tapfer dazwischen geworfen und mich beschützt. Er weiß das aber nicht mehr und ist der Überzeugung, dass sich die Pokemon ohnehin auf ihn gestürzt hatten.« Eine kurze Stille folgte in der Knuddeluff wohl nach den passenden Worten suchte. »Deswegen wollte er unbedingt mit Skampi und Karnimani in diese Höhle. Einerseits weil er sie gut kennt, andererseits weil er denkt er sein schwach und er müsste sich mit den unruhigen Pokemon noch einmal messen. Wie hätte ich ihn aufhalten sollen? Es war sein Wunsch.«

         Reptain überdachte Knuddeluffs Worte. Skampi wusste nicht, dass sie verschwinden würde. Wäre es immer noch ihr Wunsch die Zahnräder der Zeit in den Zeitturm zu setzen und die Lähmung des Planeten aufzuhalten, wenn sie wüsste welches Opfer sie bringen müsste? Er blickte zu Boden und konzentrierte sich auf den Weg der sich unter seinen Füßen erstreckte. Würde Skampi anders handeln, wenn sie wüsste, dass sie ihn bei der ersten Zeitreise beschützt hatte?

         Sofort schob Reptain diese Gedanken bei Seite. Das Hier und Jetzt war entscheidend. »Wer sind diese Pokemon die Plaudagei angegriffen haben?«

         »Es waren drei Pokemon, ein Kabutops und zwei Amoroso. Es sind Gesteinspokemon. Sie haben angegriffen, weil wir einfach nur da waren. Es war nicht sehr höflich von ihnen.«, antwortete Knuddeluff.

         »Hmm, die sollten kein großes Problem werden.«, sprach Reptain gedämpft und streckte seine Halmblätter an den Unterarmen durch. »Warum seid ihr nicht früher auf die Idee gekommen das Muster noch einmal zu untersuchen? Ihr hättet schließlich wieder hierher kommen können, nachdem es Plaudagei wieder besser geht.«

         Knuddeluff schwieg eine Weile in dem er Reptain um eine Ecke lotste welche den Weg wieder gerade ebnete. Scheinbar kannte sich Knuddeluff in dem Gewirr der Gänge sehr gut aus, als wäre er den Weg öfters als nur einmal gegangen. »Nachdem Plaudagei verletzt wurde, habe ich alles versucht um ihm zu helfen, aber ich konnte es nicht richtig. Wir hatten keine Beeren oder Samen mehr die ihm geholfen hätten. Ein Freund hat sich aber zu erkennen gegeben und hat ihm geholfen. Wir haben dem Pokemon versprochen, dass wir dieses Muster nicht untersuchen und auch niemanden davon erzählen. Bis wir das Muster auf dem Reliktfragment von Karnimani gesehen haben, dachten wir noch nicht einmal daran. Du musst verstehen, wenn man lange Zeit über etwas bestimmtes nicht mehr spricht und es vollkommen außer Acht lässt, dann gerät es mehr und mehr in Vergessenheit.«, erklärte Knuddeluff langsam.

         »Ich verstehe.«, murmelte Reptain leise.

         Nach weiteren Minuten in denen die beiden Pokemon durch die Tunnel liefen, fragte sich Reptain wie groß diese Salzwasserhöhle überhaupt war. Er bemerkte wie sich Knuddeluffs Schritte verlangsamten, als sie einen großen Höhlenraum erreichten an dessen gegenüberliegende Seite ein weiterer, schmaler Tunnelgang zu sehen war. Knuddeluff ging vorsichtig weiter und sah sich unverwandt um. »Du denkst an die Pokemon die Plaudagei und dich damals angegriffen hatten, richtig?«, fragte Reptain. »Keine Sorge. Sie werden kein großes Problem darstellen.«

         Knuddeluff ließ den Kopf sinken als er auf den Tunnelgang zuging, bedacht auf jeden Schritt den er tat. »Das ist es nicht. Mich beschäftigt nicht, dass sie Probleme bereiten könnten.«, gab Knuddeluff zu. »Es muss einen Grund gegeben haben, warum sie uns damals angriffen. Vielleicht sind wir auf etwas getreten, oder so.«

         Reptain legte den Kopf unsicher schief. »Es sind doch, so wie du sie beschrieben hattest, böse Pokemon gewesen. Pokemon die unruhig sind und auf Stunk aus sind. Warum sollte es also einen Grund geben?«

         Knuddeluff schüttelte den Kopf und lächelte. »Du irrst dich, Freund. Es gibt keine bösen Pokemon.«, erklärte Knuddeluff ruhig. »Es gibt nur Handlungen die wir nicht verstehen können, da wir dessen Hintergründe nicht kennen. Umstände die jemanden daran hindern das Warum zu erzählen. Du solltest es am besten wissen, Freund.« Er warf Reptain einen zuversichtlichen Blick über die Schulter zu ehe er durch den Tunnelgang vorausging. Reptain hielt inne und dachte über die Worte des Gildenmeisters nach. Ja, er selbst sollte es am besten wissen. Immerhin war er 'Reptain der Dieb'. Und so war aus einer Handlung, die Zahnräder der Zeit zu sammeln der Irrtum entstanden er würde die Lähmung des Planeten anstreben. Zwirrfinst hatte leichtes Spiel gehabt, den Samen des Misstrauens unter den Pokemon von Schatzstadt zu streuen.

         Reptain duckte sich durch den Tunnel und folgte Knuddeluff. Schatten-Dialga war ebenfalls nicht wirklich böse. Es war verwirrt und hatte die wahnsinnige Gestalt seiner selbst angenommen als die Zeit außer Kontrolle geriet. Es war ein verzerrtes Bild seiner selbst. Was Zwirrfinst anging... Er konnte ihn absolut nicht einschätzen. Und wenn er zu sich selbst ehrlich sein sollte, wollte er ihn auch nicht einschätzen. Zwirrfinst hatte Skampi und ihn immer nur gejagt. Er war in Reptains Augen nicht einfach nur ein böses Pokemon, Zwirrfinst war sein Feind.

         Am Ende des Tunnelgangs, der im Gegensatz zu dem Weg den sie vorher gegangen waren sehr kurz war, breitete sich die Höhle zu seinen Seiten wieder großräumig aus. Reptain erkannte einen buschigen, braunen Schweif der unruhig zuckte und eine kleine, blaue Gestalt die daneben über etwas gebeugt stand. Erleichterung breitete sich in Reptains Körper aus und Freude. Knuddeluff und er beschleunigten ihre Schritte und kamen näher. Skampi und Karnimani standen über etwas gebeugt, das Skampi mit ihrer Nase zaghaft anstupste. »Plaudagei!«, rief Knuddeluff entsetzt und begann zu rennen. Reptain folgte ihm und erkannte nun auch den blauen Wrack der sich über das Gefieder des Vogels zog. Die Flügel waren voneinander gespreizt und der Melodienotenkopf lag mit dem Schnabel zur Seite auf dem Boden. Plaudagei bewegte sich kaum, als der Gildenmeister und Reptain ihn erreicht hatten. Skampi hob ihren Kopf und sah erleichtert in Reptains gelbe Augen. Karnimani hingegen sah viel mehr verwirrt aus. »Knuddeluff.«, sprach er verwundert. »Und... Reptain?« Ungläubig machte Karnimani Knuddeluff Platz, der sich über seinen Partner beugte.

         »Plaudagei!«, rief Knuddeluff und versuchte Plaudagei wach zu bekommen. Der kleine Leib erzitterte und das Flugpokemon hob schwach seinen Kopf. »D-diese Stimme... Gildenmeister?«, fragte er sichtlich benommen und blinzelte.

         »Reptain, was machst du denn hier?«, fragte Karnimani und sah verwirrt von Knuddeluff zu Reptain der mit respektvollem Abstand zu dem Gildenmeister und seinem Partner stand. »Nicht dass ich es schlecht finden würde...«, fügte Karnimani schnell hinzu, wurde aber von mehreren Stimmen und dem Gewirr aus Fußgetrappel, welches sich hinter Reptain erhob unterbrochen.

         »Gildenmeister!«, raunte eine nahezu lächerlich laute Stimme durch die Höhle. Im Gesicht von Skampi spiegelte sich Erleichterung als sie hinter Reptain zu den herannahenden Pokemon blickte. Reptain drehte sich in dem Augenblick um, als die Pokemon wohl nur noch wenige Meter von ihm entfernt sein musste. Fast Augenblicklich blieben sie stehen und ein Bidiza - wie er es erkennen konnte - sprang sogar vor Schreck einen Meter zurück. »Uahh! Reptain!«, entkam es einem Sonnflora. Ein anderes, ein Palimpalim tuschelte: »Wie kommt es, dass der Gildenmeister mit Reptain unterwegs ist?« Reptain musste sich zwingen, sich nicht allzu auffällig anzuspannen, dennoch konnte er es nicht gänzlich vermeiden. Wie wunderbar wäre es gewesen, wenn mehr Pokemon wie Selfe, Tobutz oder Knuddeluff ihr Misstrauen ihm gegenüber bei Seite schieben konnten. Doch verriet ihm auch diese Reaktion, dass er sich nicht geirrt hatte was sein Erscheinen in Schatzstadt oder der Gilde ausgelöst hätte.

         Knuddeluff drehte seinen Kopf zu den Pokemon hinter sich. »Das erkläre ich später. Das hier ist viel wichtiger.« Reptain sprang zur Seite und stellte sich hinter Skampi auf, während die anderen Pokemon den Gildenmeister und Plaudagei umkreisten. Skampi ging einige, kleine Schritte Rückwärts und sah Reptain verständnisvoll an. »Das sind die Rekruten der Knuddeluff-Gilde.«, erklärte sie ihm leise. Reptain nickte nur während Krebscorps zu Digdri murmelte: »Hey, hey. Plaudagei ist zu Boden gegangen.« Digdri tuschelte zurück: »Er scheint schwer verletzt zu sein.«

         Knuddeluff hingegen kamen die Tränen die aus seinen großen, blauen Augen heraus kullerten. »Plaudagei, bist du in Ordnung? Bist du verletzt?«, fragte er mit zuckender Unterlippe.

         Plaudagei richtete seinen Kopf schwach auf, jedoch waren seine Augen zusammengekniffen als würde er gegen einen Schmerz ankämpfen. »Ha... Ha... Ich bin in Ordnung. Ich bin gesund und munter... Wie ihr seht...« Es war offensichtlich dass Plaudagei alles andere als gesund und munter war, aber keiner der beteiligten wollte ihn darauf hinweisen.

         Knuddeluff schniefte laut. »Es tut mir leid, Plaudagei. Wäre ich doch nur früher gekommen...« Ein weiteres, lautes Schniefen folgte und Plaudagei rang nach Worten als er krächzte: »Bitte mach dir keine Vorwürfe... Gildenmeister. Aber... Das ist so erniedrigend. Von den selben Gegnern besiegt zu werden... Schon wieder.« Er klang sehr entmutigt während er versuchte weiterhin den Blickkontakt mit Knuddeluff aufrecht zu erhalten.

         Der Gildenmeister schüttelte heftig mit seinem Kopf. »Das ist nicht wahr, Plaudagei! Als wir das erste Mal hierher kamen, da wurdest du sofort K.O. geschlagen. Deswegen wirst du dich kaum erinnern können, aber damals als die Bande von Kabutops sich auf uns gestürzt hat, da hast du mich vor der Attacke beschützt, Plaudagei.«

         Plaudagei sagte mehrere Herzschläge lang nichts, nur ein verwirrtes »Wie bitte?«, folgte schließlich.

         Knuddeluff nickte und erzählte weiter. »Gleich danach habe ich mir die Bande von Kabutops vorgeknöpft...«, ein weiteres Schniefen unterbrach den Gildenmeister. »Wenn du nicht gewesen wärst um die Attacke abzufangen, Plaudagei... Ich wäre auf der Stelle zu Boden gegangen. Ohne dich hätte es für mich übel ausgesehen.«

         Plaudagei gab sich mühe dem Gildenmeister in die Augen zu sehen. Er blinzelte und krächzte schwach: »Das ist... Wirklich geschehen?«

         »Plaudagei, du bist mein unverzichtbarer Partner. Mein bester Freund.«, sprach Knuddeluff und schenkte Plaudagei ein schmerzhaftes Lächeln.

         Das verletzte Pokemon sah Knuddeluff warm an. »Gildenmeister, diese Worte zu hören macht mich... Zu einem sehr glücklichen Pokemon...« Plaudagei kniff die Augen zusammen und brach mit einem »... Uff.«, wieder vornüber zusammen. Fast alle Rekruten der Gilde riefen aufgeregt den Namen des Flugpokemons.

         Reptain räusperte sich leise und sprach: »Leute, bleibt ruhig.« Zumindest alle Rekruten der Knuddeluff-Gilde, außer Skampi und Karnimani sahen Reptain nun an und er hatte ihre Aufmerksamkeit. Auch wenn einige erschrocken wirkten, als hätten sie vergessen dass er immer noch da war, wo hingegen andere ihn aus zusammengekniffenen Augen heraus anfunkelten, als hätte er kein Recht zu sprechen. Ein wenig unbehaglich ging Reptain auf Plaudagei zu und Evoli ging einen Schritt zur Seite um ihm Platz zu machen. Er beugte sich vor und tastet Plaudagei ab, während sein prüfender Blick auf ihm lag. Dann sah er zu dem Gildenmeister auf. »Er wird durchkommen. Ihm bleibt noch Zeit. Ihr solltet ihn jetzt zur Gilde zurückschaffen.«

         Karnimani nickte. »Dann gehen wir alle schnell zurück zur Gilde.« Reptain sah Karnimani an und wollte ihm wiedersprechen, doch der Gildenmeister selbst schniefte noch einmal ziemlich laut, ehe er sprach: »Nein, Karnimani. Wir werden Plaudagei zurück zur Gilde bringen, aber ihr, Skampi, du und Reptain, ihr drei müsst weiter machen.« Mit den großen, blauen und noch immer feuchten Augen sah Knuddeluff abwechselnd Karnimani, Skampi und dann auch Reptain an.

         Karnimani wollte schon mit einem »Aber...!«, wiedersprechen, doch der Gildenmeister schnitt ihm das Wort ab. »Ihr müsst weitergehen. Wenn ihr das jetzt nicht tut, dann hat sich Plaudagei für nichts und wieder nichts vor euch geworfen um euch zu schützen.« Es war Karnimani anzusehen, dass er ziemlich unsicher war, nur Skampi nickte fest entschlossen. »Das seltsame Muster liegt direkt vor euch.«, erklärte Knuddeluff und deutete hinter Reptain in den schmalen Tunnelgang.

         Reptain sah kurz über die Schulter ehe er seinen Blick wieder auf Knuddeluff heftete. »Danke Knuddeluff.« Er sah ihn vielsagend an. Auch wenn er den Gildenmeister nur für eine kurze Zeit kennen lernen durfte, es kam ihm vor als wäre er mindestens ein genau so guter Freund wie es Karnimani war. Knuddeluff hatte ihn akzeptiert, ohne ihn weiterhin zu verurteilen. Außerdem wusste er nun endlich was es mit dieser Weisheit auf sich hat die Skampi ihm ebenfalls übermittelt hatte. 'Es gibt keine bösen Pokemon.' Reptain schenkte Knuddeluff ein mattes Lächeln. Das war also die Weisheit die der Gildenmeister der Knuddeluff-Gilde an seine Rekruten weitergab. »Wir werden weitergehen. Kommt, Skampi und Karnimani.«, sprach Reptain und sah den beiden fest in die Augen. Sie waren ihrem Ziel jetzt so nahe. Knuddeluff hatte Recht, sie konnte nicht wieder umkehren. Ansonsten würde sich der Grauschleier über Schatzstadt legen ohne dass sie eine weitere Möglichkeit hatten wieder durch die Salzwasserhöhle zu gehen. Der Weg war sehr weit bis zu diesem Punkt gewesen und der Grauschleier lauerte bereits auf der Tohaido-Klippe um über Schatzstadt herzufallen.

         »Gut.«, sprach Karnimani und Skampi nickte entschlossen. In ihren Augen war ein ehrgeiziges Funkeln zu sehen als die beiden, kleineren Pokemon Reptain durch den Tunnel folgten. Kurz hielten die zwei noch inne und Reptain sah aus den Augenwinkeln, wie sie noch einmal über die Schultern blickten um sich stumm von ihren Gildenkameraden zu verabschieden. Dann tauchten sie mit ihm in die Dunkelheit der Höhle ab. Ein »Viel Glück! Findet das Verborgene Land!«, hallte noch zu ihnen durch und wurde durch die Felswände als leises Echo zurückgeworfen.

 

         Während die drei Pokemon durch die Finsternis der Höhle gingen, erhob Karnimani seine Stimme. »Woher wusstest du, dass du uns hier finden würdest, Reptain?«

         »Knuddeluff hat mich hier her gebracht.«, war die simple Antwort des Pflanzenpokemons.

         »Was?«, fragte Karnimani ungläubig. »Knuddeluff war das? Also warst du wirklich mit ihm unterwegs?«

         Reptain nickte, während er weiter voranschritt. »Richtig. Knuddeluff hatte nach mir gesucht. Sobald er mich gefunden hatte, bat er mich mitzukommen. Er sagte, ihr wärt kurz davor das Verborgene Land zu finden. Ich dachte ihr hättet ihn nach mir geschickt. Aber das war ohnehin praktisch, denn ich wollte sowieso wieder zu euch stoßen.«, erklärte er.

         »Wieder zu uns stoßen? Warte mal... Heißt das etwa...?«, fragte Karnimani, doch Reptain ließ ihn nicht zu Ende sprechen. »Richtig. Ich habe alle notwendigen Zahnräder der Zeit eingesammelt.«

         »Sehr gut.«, jubelte Karnimani fröhlich.

         »Dann müssen wir nur noch zum Verborgenen Land gelangen.«, fügte Skampi hinzu. Sie hob ihren Kopf und stürzte voraus, vorbei an Reptain an das Ende des Tunnels welcher von einem orangen Licht beleuchtet wurde. »Lasst uns dieses merkwürdige Muster finden.«, spornte sie Reptain und Karnimani an, die daraufhin ebenfalls an Tempo zulegten.

         Aus dem Tunnel herausgekommen eröffnete sich eine schmale Bucht vor ihnen. »Steht mal, dort ist Wasser.«, bemerkte Karnimani während Reptain die gegenüberliegenden Höhlenwände betrachtete. »Sie geht weit ins Meer hinaus. Von außen kann man die Öffnung nicht sehen, da die Bucht im Schatten liegt.« Reptain folgte Karnimanis Blick und musste zustimmen. Die Wände der Bucht waren nicht sehr breit, sie schützten aber den Zugang zum Meer vor neugierigen Augen.

         »Es ist bereits Abend.«, sagte Skampi während sie durch den Spalt in der Bucht zum Himmel aufblickte. »Ich habe gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergangen ist, als wir durch die Höhle geirrt sind.«

         »Wenn die Flut steigt, steht die gesamte Höhle hier unter Wasser.«, stellte Reptain fest und deutete auf die Felswände am Zugang zum Meer. »Die Wände sind angeraut und an der Decke haben sich sogar Algen gebildet.«

         Skampi drehte sich um und blickte an Reptain vorbei. »Oh da! Das ist...«, rief Skampi aus und sprang auf die Felswand zu. Karnimani folgte mit dem Blick Skampi. »D-das...«, begann er und stolperte hinter Skampi her. »Das ist das gleiche Muster wie auf dem Reliktfragment.«, schloss er den Satz während auch Reptain sich die Felswand hinter sich genauer ansah. Das Muster sah sehr einzigartig aus. Noch nie hatte er etwas vergleichbares gesehen, bis zu dem Tag an dem er und Karnimani sich den Sonnenaufgang auf der Tohaido-Klippe angesehen hatten und er ihm den merkwürdigen Stein gezeigt hatte, den er sein Reliktfragment nannte.

         »Das muss das Muster sein, das Knuddeluff und Plaudagei gemeint haben.«, sagte Skampi und konnte ihren Blick nicht von dem Muster lösen. Karnimani nickte mit dem Kopf und öffnete seine Tasche. »Lass mich mal einen Blick auf das Reliktfragment werfen...«, meinte er und holte den kleinen Stein heraus. Er hielt es in der flachen Hand während er das Reliktfragment und das Muster auf der Felswand miteinander verglich.

         Der kleine Stein begann auf einmal in einem blauen Schein aufzuleuchten, wobei Karnimanis Augen groß wurden. »Was...?«, fragte er. Kurz darauf begann es von der Höhlenwand blau aufzuleuchten. »Das Muster!«, keuchte Skampi atemlos auf und ging einen Schritt zurück. »Das gesamte Muster glüht in einem blauen Schein auf.« Reptain sah das Muster an. »Es sieht so aus, als reagiert das Muster auf das Reliktfragment und umgekehrt.«, vermutete er, doch kurz nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, wurde die gesamte Höhle in ein gleißendes, weißes Licht getaucht und er war gezwungen seine Augen zu schließen. Blinzelnd versuchte er etwas zu erkennen, ein strahlender Lichtstrahl schoss über ihm hinweg, direkt auf die Öffnung der Bucht zu auf das Meer hinaus.

         »Was war das?«, fragte Reptain und öffnete seine Augen nach einiger Zeit wieder als sich das grelle Licht gelegt hatte. »Es ist ziemlich hell geworden.«, jammerte Karnimani und blinzelte. Skampi ging von dem Muster weg und einige Schritte auf das Meer zu. »Habt ihr das gesehen? Ein Lichtkegel ist in Richtung Meer geschossen.«

         »Das hast du gesehen?«, fragte Karnimani ungläubig, während er das Reliktfragment vorsichtig zwischen seinen Händen hielt. »Ich konnte gar nichts sehen. Das Licht war viel zu hell.«

         Reptain kniff die Augen zusammen und spähte in die Ferne des Meeres während Karnimani das Reliktfragment wieder in seine Erkundertasche gleiten ließ. »Da ist etwas...«, murmelte er leise. Auch Skampi hatte das etwas gesehen, den sie zuckte nervös mit dem buschigen Schweif hin und her. »Da kommt ein Schatten auf uns zu.«, sprach sie aufgeregt. »Es gleitet über das Wasser.«

         Karnimani stellte sich neben Skampi und Reptain blieb dicht dahinter, während sich der Schatten vor die Sonne schob und immer größer und konturenreicher wurde. Das etwas passierte die Höhle der Bucht und wurde nun erkennbar als der Schatten über das Pokemon fiel. Der blaue, majestätische Kopf mit den schneckenartigen Ohren wog sachte während sanfte, blaue Augen neugierig auf die Pokemon blickten, die an Land standen. Der Kopf wippte von einem zum anderen als das Pokemon sprach: »Karnimani, Skampi... und Reptain, korrekt?«, fragte die sanfte, weiche Stimme die Meeresrauschen gleichkam.

         Reptain legte den Kopf schief, wo hingegen Skampi nervös mit dem buschigen Schweif wedelte. »Du kennst unsere Namen?«, fragte sie aufgeregt.

         Das Pokemon welches noch immer auf der Meeresoberfläche schwamm neigte seinen großen Kopf. »Knuddeluff hat mich informiert, dass ihr kommen würdet.«

         »Knuddeluff hat dir unsere Namen gesagt?«, fragte Karnimani und schien verwirrt. Doch dann fasste er sich und deutete hinter sich auf das Muster auf der Felswand. »Dieses Muster an der Wand hat einen Lichtkegel geworfen, der über das Meer fiel. Direkt danach bist du erschienen.«, erklärte Karnimani. »Kannst du uns sagen, wer du bist?«

         Das Pokemon blinzelte mit den sanften Augen. »Ich bin Lapras. Ich bin hier um euch zum Verborgenen Land zu geleiten.«, erklärte das Wasserpokemon.

         Karnimani wirbelte aufgeregt mit den Armen auf und ab. »Meinst du das ernst? Du kannst uns zum Verborgenen Land bringen?«

         Lapras nickte und der ruhige Gesichtsausdruck auf dem Gesicht von dem Pokemon wurde freundlich. »Ihr habt den Lichtkegel des Musters an der Wand entfesselt. Das ist das Signal um Einlass zum Verborgenen Land zu erhalten. Das Verborgene Land liegt jenseits des Meeres. Steigt auf meinen Rücken, ich werde euch über das Meer bringen.« Lapras schwamm nahe an die Felsen der Bucht heran und drehte sich. Der Rücken von Lapras war ein großer Panzer, der einer Schildkröte nicht unähnlich war. Doch hatte der Panzer viele, stumpfe, kurze Stacheln an denen man sich gut festhalten konnte. »Fürchtet euch nicht. Ich bin außergewöhnlich.«, sprach Lapras lächelnd nach einer Weile in denen Reptain, Skampi und Karnimani einen unsicheren Blick gewechselt hatten. »Ich kann euch alle und noch mehr auf meinem Rücken tragen.«

         Reptain nickte und sah Skampi und Karnimani an. »Los, wir werden über das Meer mit Lapras reisen und zum Verborgenen Land gehen. Wir sind jetzt so dicht dran.«, erklärte er mit etwas Nachdruck. Auf den Gesichtern von Skampi und Karnimani legte sich ein entschlossener Gesichtsausdruck. Sie nickten und Skampi sprang gekonnt auf den Panzer auf Lapras Rücken. Sie machte es sich zwischen zwei stumpfen Stacheln bequem und blinzelte zu Reptain und Karnimani zurück. Danach folgte Karnimani, der etwas Mühen hatte auf den Panzer zu klettern. Reptain war darauf bedacht vorsichtig auf den Rücken des Wasserpokemons zu klettern. Natürlich hätte er es mit einem einzigen Sprung schaffen können, aber es wäre vermutlich etwas unangenehm für Lapras gewesen wenn plötzlich sein Gewicht auf ihr gelastet hätte. Er kletterte bis zu Lapras Halsansatz vor und ließ sich in eine Vertiefung in dem Panzer nieder. Danach begann Lapras mit den Flossen aus der Höhle zu schwimmen.

         Die tief stehende Sonne blendete die Pokemon anfangs, doch es dauerte nicht lange bis sie im Meer versunken war. Wenige Wolken zogen sich über den Himmel und die Sterne wurden langsam in ihrer funkelnden Schönheit sichtbar. Der Mond kletterte langsam auch aus dem Meer heraus und beleuchtete mit seinem milchigen Licht die Meeresoberfläche.

 

         Reptain hob seinen Kopf und sah zurück. Die Höhle und die Küste der Insel hatten sie bereits hinter sich gelassen. Zu seinem Erstaunen war die Insel selbst nur noch als ein wager Umriss erkennbar. Lapras war wirklich ein erstaunlich schneller Schwimmer.

         »Also Reptain.«, begann Karnimani und Reptain setzte sich so auf den Panzer von Lapras' Rücken, dass er Karnimani und Skampi gut sehen konnte ohne sich zu verrenken. »Weißt du wie Knuddeluff es geschafft hat Lapras zu informieren?«

         Reptain legte den Kopf schief und wollte gerade antworten, dass er der letzte war der das wissen konnte, doch es war Lapras die antwortete. Sie drehte ihren großen Kopf sodass sie mit einem Auge Karnimani ansehen konnte. »Knuddeluff und sein Partner Plaudagei waren schon einmal in der Höhle. Plaudagei war damals verletzt, da er Knuddeluff vor dem Angriff der Bande von Kabutops abgeschirmt hatte. Ich wollte mich zunächst nicht zu erkennen geben, doch ich änderte meine Meinung in der Sekunde als ich Plaudagei auf dem Boden liegen sah. Ich musste ihnen einfach helfen.« Kurz schweifte der Blick von Lapras zurück auf die sich kaum kräuselnde Meeresoberfläche die vor ihr lag. »Später rang ich Knuddeluff ein Versprechen ab.«

         »Ein Versprechen?«, fragte Skampi neugierig nach. Ihre Ohren zuckten wissbegierig.

         »Ja.«, begann Lapras. »Da ich nicht wissen konnte ob Knuddeluff und Plaudagei Banditen waren, oder ein Erkundungsteam mit guten Absichten musste ich auf Nummer sicher gehen. Im Austausch, dass ich Plaudagei mit einer Genesung half, bat ich die beiden um des Weltfriedens Willen nicht das Muster an der Wand zu untersuchen.«

         »Was hat der Gildenmeister daraufhin gesagt?«, fragte Karnimani. Lapras wand ihren Kopf wieder nach hinten. Mit warmen Augen sah sie ihn an. »Er sagte, dass er mir Dank dafür schuldet, dass ich Plaudagei zur Hilfe gekommen bin und dass er alle Untersuchungen in diese Richtung beenden würde.« Sie lächelte und drehte ihren großen Kopf majestätisch wieder nach vorne um auf das weite Meer welches vor ihr lag zu sehen. »Und er hat mich nicht enttäuscht.«

         »Das ist also passiert.«, murmelte Karnimani mit einem Anflug von Stolz in der Stimme. »Aber warum wolltest du niemanden das Muster untersuchen lassen, Lapras?«

         Lapras wand diesmal nicht ihren Kopf von dem Meer vor sich ab auf dem sie kontinuierlich weiter schwamm. »Im Verborgenen Land, dort steht der Zeitturm in dem Dialga herrscht. Dialga befürchtete, Eindringlinge könnten Chaos am Turm, der die Zeit reguliert verursachen. Dialga entschied sich dafür den Zeitturm zu schützen indem er es in einer Spalte in der Zeit versteckte.

         Diesmal war es Reptain der fragte: »Eine Spalte in der Zeit?«

         »Ja...«, begann Lapras und wog den Kopf sachte von links nach rechts. »Es ist schwierig zu erklären. Es ist eine Spalte in der Zeit selbst. Ein Abstand zwischen Teilen eines Sekundenbruchteils.«

         »Ich verstehe.«, murmelte Reptain leise. »Eine Spalte in der Zeit. Kein Wunder dass das Verborgene Land niemand finden konnte. Niemand könnte jemals hoffen solch einen Ort zu finden.«

         Lapras wand nun wieder den Blick von ihrem Weg ab und betrachtete Reptain sehr lange. »Das ist nicht ganz richtig. Dialga ließ einen Schlüssel zum Verborgenen Land zurück. Es ist ein sonderbares Fragment, in das ein rätselhaftes Muster geätzt wurde.« Sie wand den Kopf wieder geradeaus. »Das Reliktfragment welches du besitzt Karnimani, es wählt seinen Träger selbst aus. Denjenigen der zum Verborgenen Land gehen wird.«

         »Das Reliktfragment wählt selbst?«, fragte Karnimani gleichermaßen erstaunt und skeptisch. »Ja.«, war die einfache Antwort von Lapras. »Das Reliktfragment lässt sich nicht von jemanden finden der böse Absichten im Herzen trägt. Deswegen ist dies das erste Kriterium, dass er Träger welches mit dem Reliktfragment verbunden ist. Der Träger muss Herzensgüte in sich tragen. Eine Herzensgüte wie kein anderes Pokemon.«

         Karnimani bekam große Augen. »Also bin ich so etwas wie ein Auserwählter?«, staunte er sichtlich stolz auf sich. Skampi schnurrte amüsiert. »Gut, dass das Reliktfragment über Größenwahn und ewigen Hunger hinwegsieht.«, foppte sie Karnimani schmunzelnd.

         »Hey, das ist nicht fair!«, rief er aus und Skampi lachte. Sogar Reptain musste trotz seiner düsteren Gedanken schmunzeln.

         »Ich mache doch nur Spaß.«, erklärte Skampi seinem Freund als sie sich wieder beruhigt hatte und schenkte Karnimani ein warmes Lächeln.

         »Ihr solltet versuchen etwas zu schlafen. Wir werden die Nacht über durchschwimmen.«, sprach Lapras ruhig und konzentrierte sich wieder auf den Weg vor sich. »Schaffst du das denn?«, fragte Reptain und beugte sich zu Lapras vor. Diese lächelte nur zuversichtlich. »Natürlich. Wie ich bereits sagte, ich bin außergewöhnlich.«

 

         Karnimani war der erste, der es sich gähnend zwischen Lapras' Stachelpanzer gemütlich gemacht hatte und einschlief. Wenige Minuten später war auch Skampi in ihren Träumen versunken. Reptain hatte versucht sie anzusprechen, doch hatte sie nur ein undeutliches »... Noch nicht...«, genuschelt ehe sie wieder eingeschlafen war. Seufzend lehnte sich Reptain gegen den stämmigen Hals von Lapras. »Was bedrückt dich, Reptain? Wer sind auf dem Weg zum Verborgenen Land. Bald könnt ihr die Zahnräder der Zeit in den Zeitturm einsetzen und die Gefahr die ihr fürchtet ist gebannt.«

         Reptain sah auf seine Klauen hinab und betrachtete den Traumsplitter der in seiner grasgrünen Farbe von der Kette baumelte. »Du weißt, dass die Zahnräder der Zeit in den Zeitturm eingesetzt werden müssen?«, fragte er leise um Skampi und Karnimani nicht zu wecken.

         »Ja, Knuddeluff hat mich in der vergangenen Nacht aufgesucht. Er erklärte mir, was vor sich geht und dass die Zahnräder der Zeit zu dem Zeitturm gebracht werden müssen.«, erzählte sie.

         »Ich verstehe.«, murmelte Reptain und sah von dem Traumsplitter zu Skampi auf. Sie schlief tief und fest, die Pfoten unter sich eingerollt und den Schweif über die Nase gelegt. Mit einem prüfenden Blick spähte er auch zu Karnimani, welcher kurz laut schnarchte aber dann weiterhin ruhig schlief. »Wenn es uns gelingt den Verlauf der Geschichte zu verändern, werden alle Pokemon aus der Zukunft verschwinden, da sie nie existiert haben.«, erklärte Reptain leise und nüchtern. Lapras lauschte aufmerksam und schien ihn nicht unterbrechen zu wollen. Reptain konnte lediglich die Wellen hören, die sich leise kräuselten als Lapras über das Meer schwamm. »Skampi und ich sind aus der Zukunft, aber Skampi hat ihr Gedächtnis während der Zeitreise verloren. Sie weiß noch nicht was ihr Schicksal ist.«

         »Eine heikle Situation.«, ließ Lapras von sich zu hören. Sie klang weder anklagend noch verurteilend.

         »Ja.«, stimmte Reptain leise zu. »Ich wollte es ihr jetzt sagen, aber sie schläft fest. Außerdem möchte ich Karnimani nicht aufwecken. Aber ich weiß nicht wie sie reagieren wird. Ich möchte ihren Glauben nicht erschüttern. Unser Verschwinden dient einem besseren Zweck als weiter zu bestehen und in einer Welt der Dunkelheit weiterzuleben.«, erklärte Reptain.

         »Edelmütig.«, kommentierte Lapras schlicht. Es schien fast so als hätte sie geahnt, dass Reptain normalerweise in dieser Welt nicht existiert. »Dennoch wird der Augenblick kommen an dem sie es herausfinden wird. Entweder sie findet es selbst heraus oder du wirst es ihr sagen. Eines von beiden wird eintreffen. Wie sie reagieren wird, ist eine andere Frage.« Reptain sah auf die schlafende Skampi. Er wollte nicht riskieren Karnimani aufzuwecken wenn er Skampi erzählen würde dass sie verschwinden müsste. Für Skampi hatte sich vieles geändert, seitdem sie ihr Gedächtnis verloren hatte. »Ich denke ich werde es darauf ankommen lassen.«, murmelte er leise.

         Daraufhin sagte Lapras nichts mehr, nur die Bewegungen ihrer Flossen waren leise zu hören, während sie ihren Weg über das Meer fortsetzte. Reptain blickte über die beiden schlafenden Pokemon und machte sich Gedanken darüber, was sie wohl im Verborgenen Land erwarten könnte. Das Ziel kam immer näher.

 

         Ihm war übel. Nie hätte er gedacht, dass er Seekrank werden könnte. Die Sonne hatte sich nach der sternenklaren Nacht bereits wieder erhoben und auch Skampi und Karnimani waren nach dem schaukligen Schlaf auf dem Meer aufgewacht. Skampi schien es auch nicht sehr gut zu gehen, denn sie klammerte sich verbissen an einem flachen Stachel von Lapras' Panzer fest und konzentrierte sich darauf auf den blauen Hals des Pokemons zu starren. Demjenigen dem es wohl noch am besten ging, war Karnimani. Nun, er war ja auch schließlich ein Wasserpokemon.

         »Geht es dir gut, Lapras?«, fragte Karnimani und Lapras drehte fragend den Kopf nach hinten um Karnimani anzusehen. »Du schwimmst immerhin schon die ganze Zeit.«

         Lapras lächelte sanft und sah wieder geradeaus. »Ja, mir geht es gut. Wir sind auch schon fast da.«

         »Sind wir?«, fragte Skampi und richtete sich wackelig auf die Pfoten. Auch Reptain stand auf um an Lapras Kopf vorbei auf das Meer vor sich zu blicken. »Könnt ihr die Veränderung zwischen den Wellen erkennen?«, fragte Lapras ruhig.

         Reptain kniff die Augen zusammen. »Die Wellen, sie sehen aus als würden sie von der falschen Richtung kommen.«, kommentierte er. »Richtig.«, war das einzige was Lapras sagte.

         »In Ordnung. Los geht's Haltet euch gut fest.«, sprach sie und beschleunigte ihr Tempo, sodass Reptain sich an dem Hals des Pokemons festhalten musste. Evoli und Karnimani hielten sich je an einem flachen Stachel des Panzers fest als Lapras plötzlich beschleunigte. Sie wurde so schnell, dass sich die Umgebung zu beiden Seiten veränderte. Wasser funkelte als sich dieses massenweise teilte und um sie herum stieg. »Woah! Lapras du fliegst!«, rief Karnimani aufgeregt aus. Reptain schüttelte den Kopf als er verstand was Karnimani meinte. »Nein, wir überqueren das Meer der Zeit.«, sprach er aus woraufhin die Wassermassen zu seinen Seiten kurz in einem hellen Licht auf funkelten, wodurch er gezwungen war zu blinzeln.

         Nun sah es wirklich so aus als würden sie auf Lapras Rücken durch den Himmel fliegen. Um sie herum zogen ockerfarbene Wolken am Himmel entlang und vor ihnen schwebte eine Landscherbe in der Luft. Der Himmel war ungewöhnlich braungelb und außer diese Landscherbe im Himmel. »Ist das...?«, fragte Karnimani atemlos. »Ja.«, unterbrach ihn Lapras. »Dies ist das Verborgene Land.«

         Reptain hob seinen Blick und erkannte den Zeitturm sofort. In der Zukunft bildete er das Imperium von Schatten-Dialga und war in einer gewissen Hinsicht ein Warnzeichen. Auch wenn der Zeitturm in der Zukunft komplett eingestürzt war, erkannte er ihn sofort. »Das ist... Der Zeitturm, richtig?«, fragte Skampi. Auch dies bejahte Lapras. »Auf dem Zeitturm lebt Dialga.«, erklärte sie und flog an den Rand der Landscherbe auf dem grünes Gras hoch wuchs. Skampi sprang sofort von dem Rücken von Lapras ab und sah heilfroh aus, wieder an Land zu sein. Aber ernste Sorgenfalten legten sich auf die Stirn des Pokemons, als sie zu dem Zeitturm hinaufsah. Reptain folgte ihr mit Karnimani auf den Boden. »Aber...«, begann Karnimani und drehte sich zu Lapras. »Es sieht so aus, als ob der Zeitturm in der Luft schwebt. Wie können wir ihn erreichen?«

         Lapras hob ihren Blick. »Wenn ihr dem Pfad folgt kommt ihr zu den alten Ruinen. Diese müsst ihr überqueren und dann gelangt ihr an einem Tempel auf dem das Regenbogensteinschiff steht. Es wird euch an den Pfad des Zeitturms heranbringen. Mir ist dies leider nicht möglich.«, erklärte Lapras ruhig.

         »Gut.«, sprach Skampi entschlossen und ihr buschiger Schweif peitschte nervös hin und her. »Dann mal los. Wir haben es fast geschafft.«

         »Ich werde hier auf eure Rückkehr warten.«, erwähnte Lapras als Reptain und Karnimani Skampi folgten, die bereits vorausgesprungen war. Reptain hielt bei ihren Worten inne und sah sich um. Lapras blinzelte ihm sanft entgegen und neigte ihren majestätischen, großen Kopf zum Abschied. Reptain nickte ihr zu. Sie wusste sehr wohl, dass bei Gelingen ihrer Mission nur noch ein Pokemon zurückkehren würde um das Verborgene Land zu verlassen. Dankbar, dass sie sein Geheimnis wahrte lief er Skampi und Karnimani hinterher. Nicht mehr lange und sie würden die Zahnräder der Zeit in den Zeitturm einsetzen können und der Lauf der Geschichte würde für immer geändert werden.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DevilsDaughter
2013-08-30T16:51:20+00:00 30.08.2013 18:51
So, wenn du so sehr darauf angewiesen bist, dann mache ich es heute mal umständlich und habe direkt neben dem Lesen die Kommentare offen, damit ich sofort reinschreiben kann, wenn mir was auffällt^-^
Hab was gefunden, aber was Positives xD Du hast den Brief mit reingebracht - ich hab den mir damals abgeschrieben, weil ich ihn so süß fand :3
So, bin jetz' bei Reptains "Traum-Vision-Dingens" (falls mehrere vorkommen - beim 1.^^) und ich muss sagen, dass es wieder ein wenig verwirrend war mit dieser Kette, aber vllt bin ich auch einfach nur zu einfach gestrickt (=doof) q.q
Okay, ein paar Absätze weiter muss ich sagen, dass ich nun doch verstanden hab um was es in der Vision ging^^
Bin jetz' grade da wo Reptain über Celebi nachdenkt und ich versteh' allerdings nicht so genau worauf er hinaus will.
Zitat: Als sie auf dem Dach waren, umzingelt von Zobiris und Zwirrfinst war Celebi erschienen. Sie sagte zwar, dass sie Reptain gefolgt war, doch er hatte sie nicht wahrgenommen. Es konnte gar nicht möglich sein, dass sie ihm gefolgt war. Das meine ich.. Was heißt das jetz', dass Celebi gelogen hat? :o
Bin nun dabei, dass sich der Grauschleier beinahe über die Stadt gelegt hat.. Das kam im Spiel ja nicht vor, aber ich finde es super, dass du damit noch mehr Spannung aufbaust! :3
Mir fällt auch grade auf, dass du Knuddeluffs Charakter sehr gut getroffen hast :o Mit deiner Kreativität könntest du sicher eine Story mit Knuddeluffs Vergangenheit schreiben xD
Bin jetz' da wo Knuddeluff nachdenkt weshalb die Pokémon in der Salzwasserhöhle damals angegriffen haben (wollte grade anrufen sagen xDD)und ich weiß nicht, wurde das im Spiel jemals erwähnt? O_o glaub nicht Dx
Knuddeluff ist doch ein Kerl oder? Ich glaub' er und Plaudagei sind schwul haha x3

So ich merke grade, dass es jetz' spannend wird wo die anderen schlafen. Nun kommt endlich mal raus, was Reptain noch alles mit Lapras beredet haben könnte^^
Ok viel war es ja nicht xD
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Fazit: Ich habe keine Ahnung, wieso du so sehr auf Rückmeldung angewiesen bist in diesem Kapitel. Mir ist daran nichts außergewöhnliches aufgefallen :o
Das einzige was war, ist eben dass du dich diesmal sehr an das Spiel gehalten hast und keine bzw wenige neue/eigene Ideen eingebaut hast... Aber sonst hab ich nichts zu erwähnen o.o
Hoffe, dass dir mein Kommi wenigstens iwie weitergeholfen hat, hab mir jedenfalls Mühe gegeben ._.
Antwort von:  Skampi835
01.09.2013 16:48
Huhu, vielen Dank für dein riesen Feedback, ja es hat mir sehr geholfen. Vor allem das was du als letztes erwähnt hast, dass nämlich viele Ereignisse die vom Spiel ohnehin schon bekannt waren vorgekommen sind und ich nur wenig Möglichkeit hatte eigene Ideen reinzubringen. Vielleicht kommt mir dieses Kapitel aus diesem Grund so unglaublich fad vor.
Das mit Celebi sollte ich vielleicht wirklich wieder rausnehmen. Anspielung darauf ist auf das erste Kapitel. Celebi hat nicht wirklich 'gelogen' aber wenn man nicht fragt muss man nicht antworten. Deswegen lügt man noch lange nicht :3
In meiner Fantasie ist Knuddeluff in seiner dritten Entwicklungsstufe das erwachsen gewordene Kind, das er immer bleiben wird. Und Plaudagei nimmt da mehr die Rolle des... Nein, ich sprech es lieber nicht aus ... :D


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