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Caveyard

N | Touko
von

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Entscheide dich!

Ich … sofort … Tepig…!“

Träge zuckten Tepigs schlaffe Ohren. Bruchstücke einer Unterhaltung drangen dumpf und verschwommen in gebrochenem Echo zu ihm vor und irgendwie kam ihm die Stimme, die vorhin seinen Namen erwähnt hatte, erstaunlich bekannt vor. Die hatte er doch sicher schon einmal gehört … Touko!

Tepig richtete sich erschöpft auf und versuchte, seine Augen zu öffnen, doch Erschöpfung und bleierne Müdigkeit zogen ihm die Lider wieder zu. Seine rechte Flanke pochte schmerzhaft und allmählich erinnerte er sich daran, wie es zu diesen Schmerzen gekommen war.

Er war dieser Spur gefolgt. Mit seinem Rüssel dicht am Boden, war er immer tiefer in die Dunkelheit vorgedrungen. Toukos Schritte entfernten sich mit jedem Satz, den er in der Finsternis gemacht hatte, ihre Rufen verhallten, wurden leiser, aber er hatte nur Augen – nein – eine Nase für die Spur, die er hartnäckig zu verfolgen suchte.

Und plötzlich war er allein, im Rüssel die intensive Geruchsspur des Zorua, und vor sich ein Wolf. Riesig, mit Klauen und dolchartigen Zähnen bewaffnet. Ein Zoroark.

Dann ging alles blitzschnell. Zoroark schoss wie eine Kanonkugel nach vorn und hieb mit einer Nachthieb Attacke auf Tepig ein. Seine Klaue zog sich geschmeidig durch Tepigs Flanke und riss eine lange, schmerzhafte Wunde. Tepigs Welt drehte sich, sein Sichtfeld verschwamm und die Gerüche in seiner Nase verebbten; er schwebte, als flöge er in Zeitlupe durch die Luft. So kam es Tepig zumindest vor. Im nächsten Augenblick krachte er gegen eine der Höhlenwände. Alles wurde schwarz und Stille umfing ihn. Wohlige Stille.

Doch was war in dieser Zeit nur geschehen?

„Das ist mein Floink und ich will es jetzt zurückhaben!“, hörte Tepig Toukos aufgebrachte Stimme.

Sie musste ihm gegenüberstehen, so laut wie ihre zornige Stimme in seinen Ohren dröhnte, schrill und durchdringend wie das Summen eines wütenden Bibors.

„Pokémon gehören niemanden“, antwortete eine ruhige und gefasste, wenn auch sehr schnell gesprochene Stimme. Tepig hörte sie deutlich an seinem Ohr, als lehne sein Körper gegen die Brust eines…

Quietschend begann er zu strampeln, erst jetzt wurde ihm der Arm bewusst der sich um ihm legte, und diese Wärme, die nur ein anderer Körper auszustrahlen vermochte.

Der Arm ließ ihn los und er plumpste schmerzhaft auf den sandigen Höhlenboden. Ein amüsiertes Knurren hallte durch die Höhle. Als Tepig den Kopf hob, sah er in die giftgrünen, glühenden Augen seines Angreifers. Boshaft bleckte das Zoroark seine Zähne.

„Tepig!!“

Das Floink spürte zwei schmale Hände, die sich um ihn legten und ihn hoch in die Luft hoben, bald darauf befand sich das Gesicht seiner Trainerin direkt vor seinem.

Touko sah besorgt, müde, erschöpft und zornig zugleich aus – keine sehr gute Mischung. Tepig fiepste träge zur Begrüßung; was für ein Tag! Wenn es denn überhaupt noch Tag war. Augenblicklich wurde Tepig die gegen Brust seiner Partnerin gedrückt und mit mehr oder weniger beruhigenden Worten zugetextet. Tepig fühlte eine tiefe Erleichterung; endlich wieder da, wo er hingehörte.

„Wie ich sehe, scheint dieses Floink dich sehr gern zu haben“, ertönte wieder diese tiefe, flotte Stimme. Diesmal schwang Erstaunen darin, aber diesen feinen Ton hörte man nur, wenn man gut hinhörte.

„Ja, natürlich! Tepig ist mein bester Freund!“, keifte Touko zurück.

Tepig hob seinen Kopf, wer redete hier eigentlich mit wem?

Ihm fiel ein junger Mann ins Auge. Er trug eine schwarzweiße Cap, eine wahrscheinlich braune Hose und ein weißes Hemd. Unter seiner Cap quollen lange, grüne Haare hervor, und um seinen Hals trug er einen eigentümlichen Anhänger wie Tepig ihn noch nie zuvor gesehen hatte.

Tepig stieg der seichte Geruch von Blut in die Nase, fragend blickte er zu seiner Trainerin auf, doch sie lächelte ihm nur aufmunternd zu.

Toukos Hand pochte und sie fühlte das getrocknete Blut auf ihren Handflächen, aber dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Es gab dringlichere Probleme, wie zum Beispiel diesen seltsamen Kerl und sein Zoroark vor dem sie sich lieber in Acht nehmen sollte.

„Mein Name ist N. Ich bin auf der Suche nach jemanden, bist du zufällig einem Jungen in dieser Höhle begegnet?“, fragte der Fremde, der sich nun als N entpuppte.

Argwöhnisch schüttelte Touko ihren Kopf und musterte N weiterhin misstrauisch. „Nein, du bist das erste menschliche Wesen, dem ich hier über den Weg laufe. Was sollte diese Aktion mit deinem Werwolf?!“, fauchte sie und deutete auf das Zoroark, welches Touko nur beiläufig musterte, als sei sie es nicht wert, genauer in Augenschein genommen zu werden.

„Ich hatte den Eindruck, du seiest hinter meinem kleinen Freund her.“

Kichernd lugte das kleine Zorua hinter Ns Beinen hervor und zwinkerte Touko schelmisch zu.

„Ja, schon. Aber ich wusste nicht, das es schon Jemandem gehört!“, verteidigte Touko sich trotzig.

„Zum letzten Mal, Pokémon sind meine Freunde, sie gehören mir nicht, sie…“

„Jaaah, jaaah. Schon verstanden, ihr habt euch alle lieb!“, seufzte Touko und winkte mit ihrer freien, wenn auch verletzten Hand ab. Dieser N war richtig anstrengend.

Als dieses Zoroark vor ihr aufgetaucht war, hatte Touko wesentlich mehr Angst gehabt, als sie nun zugeben wollte. Doch plötzlich pfiff dieser waldmeistergrüne Trainer sein Pokémon einfach wieder zurück. Anschließend stellte ihr unzählige Frage, rückte Tepig nicht heraus und tat so, als sei dieses Verhalten völlig normal.

Touko schüttelte diese verworrene Erinnerung ab und versuchte, sich auf ihr Gegenüber zu konzentrieren.

N beteuerte, dass es ihm leit täte, das Floink verletzt zu haben. Zwischen seinen schnellen Entschuldigungen rutschten zusammenhangslose Fragen; zum Beispiel wollte er wissen wer sie war, wohin sie wollte und ob sie ihn gesehen hätte. Er reagierte auf keine von Toukos Einwürfen, stattdessen stelle er seine Fragen einfach noch einmal und zwar so lange, bis ihr endgültig der Kragen platzte und losbrüllte:

„Verdammt noch mal, die Frage ist hier nicht wer ich bin, sondern wo ich bin!“

Jedoch konnte N ihr diese Frage auch nicht wirklich beantworten. Außer einem:

„Wir sind wahrscheinlich in einer Höhle“, kam nichts Sinnvolles dabei heraus.

Stumm standen die beiden Trainer sich gegenüber, Touko mit Tepig in ihrem Arm, N flankiert von seinem Zoroark und seinem Zorua, welches hin und wieder ein vorlautes Kichern von sich gab. Schließlich entschied Touko, dass es Zeit war weiterzugehen. Waldmeister N taugte offensichtlich nichts und verirrt hatte Touko sich ja schon, dazu brauchte sie seine Hilfe nicht mehr.

Sie war nur wenige Meter gegangen, als N ihr lauten Schrittes folgte.

„Was soll das jetzt?!“, fauchte sie ihren Verfolger mürrisch an.

„Du suchst doch den Ausgang, oder?“, fragte N so schnell, dass Touko genau hinhören musste, um die einzelnen Worte auch als einzelne Worte erkennen zu können. „Ja, das habe ich vor.“

„Gut. Der, den ich suche scheint nicht hier zu sein, also muss ich aus dieser Höhle wieder raus und wenn du auch nach dem Ausgang suchst, wäre es sinnvoller, wir suchen ihn gemeinsam, statt getrennt.“

Das war eindeutig eine Feststellung und keine Frage, ob er mit Touko mitkommen durfte und sie musste schmerzhaft feststellen, dass sie N ohnehin nicht davon abhalten konnte, ihr weiß der Teufel wohin zu folgen.

Ein Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie war nicht besonders gut darin, den Ausgang von irgendwas zu finden; weder in Kaufhäusern noch sonst irgendwo und schon gar nicht in stockfinsteren Höhlen. Aber das musste N ja nicht wissen.

Die beiden schwiegen sich aus und N überließ es Touko, wohin sie ihr Weg führen sollte. Manchmal war es in der Höhle etwas dunkler, dann wieder heller, mal etwas wärmer, dann wieder kälter.

Die schwankenden Temperaturen schlugen Tepig aufs Gemüt, denn sie entschieden über die Schmerzen, die in seiner Wunde wohnten. Zwischen Fluch und Wohltat nahm er nur verschwommen die Umgebung war, Lichtblitze funkten vor seinen Augen und wechselte sich mit sanfter Dunkelheit ab, als habe er die Augen geschlossen, bis wieder Licht an seine Netzhäute drang und ihm klar machte, dass er noch nicht schlief.

„Ich würde mir gern dein Tepig ansehen, es scheint sich sehr schlecht zu fühlen.“

Ns Stimme flitzte durch Tepigs Ohren, er verstand nur jedes zweite oder dritte Wort. Tepig konnte spürte, wie Touko sprach, aber er verstand sie kaum. Er spürte, wie er überreicht wurde, alles wackelte und schwankte, dann fühlte Tepig wieder den rauen Sand unter sich. Hände strichen über seine Haut, welche sich sanft an seiner Wunde zu schaffen machten.

Schlafen, nur mal kurz die Augen zumachen, nichts mehr sehen, nichts mehr riechen, nur ganz kurz…

„Ist es schlimm?“, fragte Touko mit bebender Stimme.

Warum hatte sie nicht früher an ihr Pokémon gedacht? Warum war sie einfach davon ausgegangen, dass Tepig diesen Schlag genauso wegstecken würde wie er fast alle Schläge wegsteckte? Sie fühlte sich schuldig und mies als Trainer, Ns abweisende Art ihr gegenüber, trug merklich zu ihrem schlechten guten Gewissen bei.

„Nicht so schlimm, aber auch nicht gut. Wir müssen ihn auf jeden Fall in ein PokémonCenter bringen.“

Touko seufzte innerlich auf, wenn es nicht so schlimm war, dann würden sie das bestimmt schaffen. Jeder kam doch aus dieser Höhle heraus, zumindest hatte sie nirgends gelesen, dass sich jemand in der Elektrolithöhle verlaufen hätte und dann dort drinnen verhungert oder verdurstet war.

Sie nahm ihren kleinen Freund wieder auf den Arm und stellte fest, dass Tepig tief und fest schlief. Das war wohl das beste für ihn. Schlaf war schließlich die wirksamste Medizin.

Schweigend ging sie weiter. Ihre und Ns Schuhe knirschten verhalten auf dem Boden vor sich hin und auch Zorua schien der Spaß vergangen zu sein. Er kicherte nicht mehr und trottete lustlos hinterher.

„Ich werde diese Welt befreien“, sagte N plötzlich und Touko zuckte unwillkürlich zusammen.

„Befreien? Von den Fastfood-Restaurantes oder diesen Menschen, die ihren Pokémon grässliche Kleidchen überziehen?“, hakte Touko zynisch nach.

„Nein, von dir.“

Kalt und kribbelnd wand sich ein Schauer über Toukos Rücken und sie hätte alles dafür gegeben, Augen auf dem Rücken zu haben. Was sollte das denn heißen?! Dass N sie …? Nein. Das konnte gar nicht sein! Hoffentlich.

„Aha, wieso denn das?“, murmelte Touko und mühte sich ab, gleichgültig zu klingen. Bloß keine Schwäche zeigen!

„Dass ich diese Welt von dir und allen anderen Trainern befreien werden, aber bevor ich das tun kann, muss ich ihn finden. Ihr … Menschen unterjocht die Pokémon, ihr …!“

„Ach so, die Nummer schon wieder. Ich hab es dir schon mal gesagt, Grünfink. Ich unterjoche niemanden! Weder meine Pokémon, noch meine Mitmenschen, sondern schlichtweg niemanden, kapiert?“

„Du sperrst sie in Pokébälle!“

„Damit tue ich ihnen einen Gefallen!“

„Das glaubst du bloß!“

„Das weiß ich!“

„Woher? Woher willst du das wissen! Warst du schon mal in einem Pokéball drinnen?!“

„Wenn es so schrecklich wäre, würden meine Pokémon es mir zeigen! Tepig gefällt es zum Beispiel nicht, darum lasse ich ihn fast immer draußen, es sei denn, es geht nicht anders. Also stell mich ja nicht als Tyrannin hin!“

Touko hatte sich während ihres Streits, oder Diskussion wie sie zu sagen pflegte, zu N umgedreht und hätte auch gern ihre Hände in ihre Hüften gestemmt, aber die hielten ja immer noch Tepig. So musste sie sich damit begnügen, ihren unliebsamen Begleiter giftig anzufunkeln und der funkelte unbeeindruckt giftig zurück. „Du kennst mich gar nicht!“, zischte Touko.

„Und du kennst die Pokémon nicht!“, zischte N eine Tonlage tiefer.

Touko schnaubte wie ein zorniges Tauros und kehrte N würdevoll den Rücken. Mit diesem Spinner würde sie nur noch reden, wenn sie es unbedingt musste, und das würde sicherlich nicht mehr allzu bald der Fall sein.

Dumpfes Poltern grollte durch die Höhle, als wolle dieser sich nun ebenfalls in den Streit der beiden einmischen. Touko blieb stehen und spitzte die Ohren, kam das Geräusch etwa näher?

„Das klingt nicht wirklich gut“, stellte N fest, der neben ihr ebenfalls zum Stehen gekommen war und eine Hand an sein Ohr legte. „Ich kann sie hören, sie reden. Sie … haben uns gehört.“

„Wer hat uns gehört?“, fragte Touko verwirrt nach. Diese Unterhaltung zählte sie als ein Muss, das sich nicht vermeiden ließ.

„Na, wer wohl.“

Ratlos blickte Touko N an, doch als das Grollen deutlich näher kam, konzentrierte sie sich lieber wieder auf den ohrenbetäubenden Krach, der nichts Gutes ahnen ließ.

Plötzlich setzte N sich in Bewegung, und da Touko nicht unbedingt mitten im Tunnel stehen wollte, wenn was-auch-immer sich dort hindurchwälzte, folgte sie ihm, wenn auch widerwillig.

N verließ den breiten Tunnel durch den sie gerade gingen und bog in einen kleineren Nebentunnel ein, die Touko extra gemieden hatte, weil sie befürchtete, sich dort drinnen noch mehr zu verlaufen, wenn das denn noch möglich war. Der Nebentunnel öffnete sich zu einem großen Tunnel, welcher an der Seite von einem Graben durchzogen war, an dessen Rand man entlang laufen konnte. Was sich in dem Graben befand war nicht ersichtlich, dazu war es hier zu dunkel. Der Graben schloss auf der gegenüberliegenden Seite an eine zerklüftete Wand an.

Tepig sah sich erstaunt um. Warum war es denn auf einmal so laut und warum klopfte Toukos Herz so schnell? Hatte er etwas verpasst? Schlagartig wurde ihm bewusst, dass er eingeschlafen sein musste und verfluchte sich leise dafür. Er musste doch wach bleiben und Touko beschützen!

Er reckte seinen Rüssel in die Luft und schnupperte, etwas Gutes lag in der Luft. Das Dröhnen kam immer näher, was auch immer es war, er würde nicht zulassen, dass das Unbekannte Touko verletzte. Schnaufend bewegte er sich in ihren Armen. Touko sollte ihn gefälligst hinunterlassen, so konnte er ihr ja schlecht helfen, wenn es so weit war.

„Tepig, halt still! Du bist verletzte, du darfst dich nicht so viel bewegen!“, flüsterte Touko ihm leise zu. Beleidigt zog er eine Schnute.

„Ich sage das nur ungern, aber du solltest auf sie hören. In dem Zustand kannst du diesem Mädchen ohnehin nicht beistehen.“

N war zu Touko und Tepig zurückgelaufen, seine Worte galten ganz Tepig und das überraschte ihn sehr. Was ihn aber noch mehr überraschte, war die Tatsache, dass N scheinbar genau wusste, was in seinem Kopf vor sich ging. Touko konnte das meist ganz gut einschätzen, aber sie lag nicht immer richtig.

„Ich verstehe dich, ich verstehe jedes Wort, im Gegensatz zu ihr“, erklärte N und warf Touko einen abschätzigen Blick zu.

„Pf, mit Pokémon zu sprechen heißt noch lange nicht, dass du ein besserer Trainer bist!“, schoss Touko angriffslustig zurück, verstummte aber wieder, als klar wurde was das Dröhnen, Grollen und Rumpeln zu bedeuten hatte.

Weiter vorn schien noch ein Weg zurück in die Haupthöhle zu führen, zumindest strömte eine Herde von Pokémon in rauen Massen durch diesen Eingang in den engen Nebentunnel auf Touko und N zu.

Während Touko ihren Mund nicht mehr zubekam und Tepig aufhörte zu zappeln, stellte N trocken fest: „Sie haben schlechte Laune.“

„Das sehe ich selbst!“

Tepig strampelte noch einmal kräftig und wand sich so aus Toukos Armen. Geschickt landete er auf seinen vier Füßen, und stellte sich mutig mit vorgereckter Brust den herannahenden Pokémon. Zumindest hatte er das vor. N trat vor ihm und schüttelte nachdrücklich den Kopf.

„Es sind zu viele.“

Klick, klick. N runzelte die Stirn, Tepig drehte sich ungläubig zu seiner Trainerin um. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein!

„Was machst du da?!“, fragte N entgeistert und schaute Touko mit großen Augen an.

„Wenn schon, denn schon.“ Klick. Toukos Finger betätigte unablässig den Auslöser ihrer Kamera, Tepig glotzte sie immer noch verständnislos an und N fuhr sich mit gespreizten Fingern über seine Cap. Das Floink schüttelte kurz seinen Kopf, dann flitzte er zu Touko zurück und kniff ihr knurrend in die Wade.

„Aua, ist ja schon gut! Ich hör ja auf, siehst du?“

Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, steckte Touko ihre Kamera wieder in ihren Rucksack.

Die Pokémon waren in der Zwischenzeit deutlich näher gekommen.

Touko bückte sich, um Tepig wieder auf den Arm zu nehmen, doch der wich ihr flink aus und nickte mit dem Kopf heftig in die andere Richtung. Los jetzt! Touko seufzte genervt, nickte aber ebenfalls und rannte los, dicht gefolgt von N.

„Was sollte das mit den Fotos?“, fragte er.

„So eine Gelegenheit kommt nie wieder!“, rief sie zurück.

„Stimmt, wenn die dich erwischen, bekommst du nie wieder die Gelegenheit, Fotos zu schießen!“

„So hab ich das nicht gemeint!“

„Das hat uns wertvolle Zeit gekostet! Ihr Menschen seid ein egoistischer Haufen!“, keifte N und schloss schnell zu Touko auf, die allmählich zurückfiel. Im Rennen war sie nicht unbedingt die beste.

„Wir schaffen das schon.“

Touko warf einen Blick über ihre Schultern, aber ihre Aussage schien sich nicht zu bestätigen.

Die Pokémonherde kam schnell näher, und Touko konnte nicht erkennen, was das für Pokémon waren. Sie sah nur Grün und Etwas, das wie Metall aussah.

„Was sind das für Viecher?“

„Kastadur und ihre Weiterentwicklung, Tentantel! Ich verstehe gar nicht, warum die überhaupt unterwegs sind, normalerweise hängen sie an Höhlendecken und verschießen …“

„Au!!“, schrie Touko entsetzt auf und blickte hinunter zu ihren Beinen in denen sich ein stechender Schmerz ausbreitete.

„Dornen“, beendete N leise, aber immer noch schnell seinen Satz.

An Toukos Bein lief ein dünnes Rinnsal Blut hinab.

Besorgt blickte Tepig zu ihr zurück und verlangsamte sein Tempo.

„Lauf, schnell!“, zischte Touko ihn an und machte mit ihren müden Händen eine scheuchende Bewegung. Die Muskeln in ihren Beinen übersäuerten bereits und wurden bleiern schwer. Ihre Lungen brannten, jeder Atemzug quälte sich träge in ihren Körper, als sei ihm der Weg zu weit. Der Schweiß brach ihr aus, ihr Mund war trocken und ihre Lippen fühlten sich taub an.

Wie erging es eigentlich N? Der joggte neben ihr, konzentriert und ruhig, geradezu unheimlich ruhig, als sei er sich sicher, dass diese Sache ein gutes Ende nehmen würde. Könnte er denn nicht schneller laufen? Vermutlich schon.

Tepig kam vor Schmerzen fast um. Wenn er es schaffte, wich er den scharfkantigen Dornen aus, die die Kastadur und Tentantel verschossen, doch das bekam er nicht immer hin. Ein paar davon saßen bereits brennend in seinem Fleisch.

Die Kastadur wirkten wie kleine, eisengepanzerte Kiefernzapfen; oval, plump, aber blitzschnell, wenn sie sich um ihre eigene Achse drehten und auf jemand zu rauschten. Ihre Weiterentwicklung erinnerte an ein Ufo, besetzt mit dicken Stacheln und drei grünen Tentakeln, die aus ihren gepanzerten Körper wuchsen.

N hatte recht, warum waren diese Pokémon überhaupt unterwegs, wieso gingen sie auf sie los, wenn das doch gar nicht ihre Art war? Und sie waren sehr viel schneller näher, als den dreien lieb war. Tepig wurde bewusst, dass sie ihnen niemals entkommen konnten, und wie weit der Tunnel noch nach hinten reichte war nicht auszumachen. Diffuse Finsternis machte sich im hinteren Teil des Tunnels breit.

Touko wurde immer langsamer. N könnte schneller laufen, aber selbst das würde ihn nicht retten und nirgends zweigte ein weiterer Nebentunnel ab. Es gab nur den Weg gerade aus, außer…

Tepig sog noch einmal tief die Luft ein. Wenn er sich nicht täuschte, war das ihre einzige Chance. Die einzige Chance, um Touko zu retten, die einzige Möglichkeit und er musste schnell handeln, sonst würde es zu spät sein.

Erneut bohrte sich ein Dorn in Tepigs Rücken, er biss seine Hauer zusammen und ließ sich im Laufen hinter Touko zurückfallen. N warf ihm einen fragenden Blick zu, Tepig erwiderte diesen entschlossen; er hatte sich entschieden.

Toukos Sicht verschwamm bereits, sie bekam Schlieren, als müsste sie ihre Augen putzen. Sie rannte nicht mehr, Touko schlenkerte vor sich hin, geriet hin und wieder ins Stolpern und ihre Arme wedelten unkontrolliert durch die Luft.

Plötzlich spürte sie einen heftigen Stoß, als hätte sich jemand gegen ihre Kniekehlen geworfen. Ihre Beine knickten widerstandslos ein und Touko stürzte zu Boden. Sand und spitze Steine gruben sich tief in ihre Handflächen und Knie. Ihre Unterarme wurden aufgeschürfte, Toukos frische Wunden brannten augenblicklich.

Endlich lag sie still, aber nicht lange. Sie merkte, dass sie viel zu nahe am Rand der Klippe hingefallen war, der Rand bröckelte bereits und etwas schob sie stetig darauf zu. Stück für Stück näherte sich ihr ermatteter Körper dem Abgrund. Erschrocken schrie sie auf und zappelte nutzlos, doch da war es schon zu spät.

Die Schwerkraft machte sich bemerkbar und zog Touko unweigerlich in die schwarze Tiefe, ihre angsterfüllt Schreie hallten an den Wänden wider und mischten sich in das wütende Poltern der Kastadur und Tentantel, die sich durch die Höhle wälzten.

N blieb verdutzt stehen und blickte zurück. War Touko etwa…?

Tepig stand am Rand der Klippe und schaute stumm zu N hoch.

„Das war jetzt aber schon etwas radikal, findest du nicht?“

Tepig antwortete nicht, mit einem trägen Satz folgte er seiner Trainerin in die Tiefe. Sein Blick war so müde und erschöpft, gleichzeitig wirkte er erleichtert und glücklich; es ist vorbei schien Tepig damit sagen zu wollen.

N blieb ratlos am Rand der Klippe stehen. Zoroark brüllte verzweifelt und schoss Spukbälle auf die Stahlpokémon, Zorua drückte sich an Ns Beine und fiepste ängstlich.

Sie kamen immer näher.

N musste sich entscheiden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  L-San
2014-05-20T17:11:37+00:00 20.05.2014 19:11


Yo Sas-_-. ;D


Die FF habe ich nicht vergessen, und ich komme endlich zum Lesen!^^
Ich muss sagen, dass ich nach wie vor beeindruckt bin, wie flüssig sich der Text lesen lässt.
Einwandfrei, abwechslungsreiche Wörter und Sätze, ein für die Geschichte sehr gutes Ausdrucksvermögen.
Ich habe es dir ja schon einmal gesagt, schreib für den Verlag mal eine Geschichte, ich denke da speziell Jugendroman.
Es gibt sicherlich nicht viele, die so wie du schreiben, also nutze die Chance, sonst fühle ich mich noch alt.
Mir haben besonders die Pokémon-Vergleiche gefallen: wütend wie ein Tauros; Tentantel, gleich einem Ufo, usw.
Besonders über den Ufo-Vergleich musste ich lachen, weil Tentantels Beschreibung doch sehr gewagt war, aber kreativ.
Ich frage mich ja die ganze Zeit, wen N denn die ganze Zeit sucht.
Und was hat es mit den Tentantel und Kastadur auf sich?
Die Spannung kann man hier förmlich spüren.
Die Dialoge zwischen N und Touko fand ich amüsant.
Ansonsten, mir sind ein paar kleine Rechtschreibfehler aufgefallen, meist hast du aus Versehen noch ein 'e' hinzugefügt.
Was die drei Punkte angeht, so stehen sie bei dir immer unterschiedlich, mal getrennt, mal kleben sie an den Wörtern.
Bitte nur getrennt.
Ansonsten, ich freue mich ja schon aufs nächste Kapitel! ;D


LG
L-San


Antwort von:  Sas-_-
20.05.2014 21:24
Die drei Punkte nur getrennt kann's auch nicht sein, weil ich in vielen Romanen auch gesehen habe, dass die Punkte an einem Wort drann hängen, warum das da so ist, oder warum nicht, das hab ich noch nicht rausgefunden > .0
Aber, erst mal noch, vielen Dank fürs Lesen! :DDDD
Jaah, die Sache mit dem Verlag und so und Eigene Serie und ... jaah :DDD Du weißt ja, wenn ich was gescheites hab, sicher. Warum nicht :] Aber vielen Dank für das Lob!
Das Ufo, doch, ich weiß nicht, für mich sieht Tentantel irgendwie schon aus wie ein Ufo :DDD Wem N sucht, wenn du die Games gezockt hast, kommst du bestimmt drauf :] Eigentlich kein großes Geheimnis, aber wenn es für dich eins ist, freu ich mich natürlich :DDD
Ja, die Dialoge zwischen Touko und N sollten den humorvollen Part darstellen, ich denke, das hab ich hinbekommen. Das mit dem "e" ... Tja, ich werde wohl kaum einen Text je fehlerfrei hinbekommen -.- Vllt finde ich es irgendwann mal :D

LG
Dein Schüler/Sohne usw. usw. usw. Sas-_- :DD
Antwort von:  L-San
20.05.2014 22:03
Die drei Punkte kleben nur dann an einem Wort, wenn dieses noch nicht fertig ausgesprochen wurde, Beispiel: "Du Arschl... du!"
Dann setzt man im englischen Raum die drei Punkte anders sein.
Da sind die Regeln noch komplizierter.
Was die Romane angeht, man erkennt da schlecht den Abstand, der aber trotzdem vorhanden ist, nur eben sehr klein.
Wen N sucht, ich hab's vergessen. ;DD
Daher lasse ich mich mal überraschen.^^

LG
L-San


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