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Road to Hokage

von

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Teil Eins: Eine besondere Mission

Kushina rannte, obwohl sie genau wusste, dass sie zu spät war, viel zu spät. Sie rannte, als ginge es um Leben und Tod und in gewisser Weise ging es das auch: Kushina würde sich selbst umbringen, wenn sie diese Mission verpasste.

Auf ihrem Weg durch Konoha zwängte sie sich durch die Menschenmassen, rempelte den einen oder anderen Bewohner an und rief Entschuldigungen über ihre Schulter, während sie mit dem Kopf voraus schon wieder in den Nächsten hineinrannte. Erbost und verwundert sahen Konohas Bewohner ihr hinterher, gingen dann wieder ihrem alltäglichen Handwerk nach. Es war ein ruhiger, warmer Morgen im Reich des Feuers und der Tag versprach, sonnig zu werden. Gewiss würde der sanfte Wind die wenigen Wolken am Himmel davon wehen und den kräftigen Sonnenstrahlen Raum machen. Doch der jungen Kunoichi standen schon jetzt die Schweißperlen auf der Stirn. Warum hatte sie auch ausgerechnet heute verschlafen müssen? Ausgerechnet heute, wenn die wichtigste Mission aller Zeiten auf sie wartete!

›Gleich geschafft!‹, feuerte sie sich selbst an, als das große Eingangstor des Dorfes in Sicht kam und legte noch einen Zahn zu. Sie hoffte, dass die anderen auf sie warteten, dass sie nicht jemand anderen für die Mission gesucht hatten. Das käme Kushina einem Weltuntergang gleich, denn diese Mission würde sie nach Hause führen. Nach Hause in das Reich der Strudel, wo sie aufgewachsen war, wo ihr Vater und ihre Mutter auf sie warteten, wo sie sich endlich, endlich zuhause fühlen konnte.

Deswegen war diese Mission so wichtig für Kushina. Und nicht wegen einem gewissen, blonden Ninja, der ihr vor wenigen Wochen das Leben gerettet hatte; Das war es zumindest, was sie sich einzureden versuchte.

Ein Jounin musste ihr eilig aus dem Weg springen, als Kushina durch das Tor rannte, dann rammte sie die Versen in den Boden um anzuhalten. Schlitternd kam sie zum Stehen, sah sich schwer atmend um und drehte sich verzweifelt um sich selbst.

Das Team war weg.

›Verflucht!‹ Enttäuscht und verzweifelt sank Kushina zu Boden. ›Verflucht! Verflucht! Verflucht!‹ Sie hatte sich so auf die Mission gefreut. Als der Hokage sie zu sich gerufen hatte, meinte sie zuerst, es habe etwas mit dem Zwischenfall vor ein paar Wochen zu tun. Kumo-Ninjas hatten sie aufgrund ihres besonderen Chakras entführt und ohne Minato Namikaze wäre sie jetzt vermutlich schon in irgendeiner dunklen Zelle im Reich der Blitze.

Oder noch schlimmer.

Stattdessen hatte der Hokage ihr von dieser Mission erzählt und Kushinas Augen damit zum strahlen gebracht. Sie sollten eine sehr wertvolle Schriftrolle in das Reich der Strudel bringen, und da Kushina in dem Reich geboren worden war und sich dementsprechend auskannte, hatte er sie für diese Mission gewählt.

Kushina war noch nie ohne ihr Team für eine Mission gewählt worden. Ihr erster Auftrag ohne ihren Sensei und ihre Teamkameraden Mikoto und Shibi und schon hatte sie versagt. Ein lauter, genervter Seufzer entwich ihrer Kehle und sie ließ den Kopf hängen.

Warum ausgerechnet heute?

»Wird auch mal Zeit.«

Kushina riss die Augen auf und fuhr hoch. Ein junger Ninja war direkt neben ihr aufgetaucht. Er hatte schwarze Haare, die er am Hinterkopf zusammengebunden hatte und ein rotes Hitai mit dem Zeichen Konohas prangte auf seiner Stirn. Kushina kannte den Ninja nur zu gut. Sie hatte ihn das eine oder andere Mal verprügelt, als sie Kinder gewesen waren und er sie ständig geärgert hatte. Ryosuke Nara.

Statt sich zu entschuldigen rappelte sich Kushina schnell wieder auf und strich sich den Dreck von ihrer Kleidung. Sie trug ihr cremefarbenes Outfit, das ihr ihre Mutter aus dem Reich der Strudel geschickt hatte und das sie stets trug, wenn sie auf Missionen ging. Neben Ryosuke erschien ein weißhaariger, kauziger Mann mit einem breiten Grinsen, die Hände in die Hüften gestützt. Doch auch für ihn hatte Kushina nur einen kurzen Blick übrig. Ihre Aufmerksamkeit lenkte sich sofort auf den jungen, blonden Ninja, der hinter dem Jounin erschien und Kushina ein leichtes Lächeln schenkte.

»Da bist du ja endlich!« Der Jounin beugte sich ein wenig zu ihr herunter und grinste ihr frech ins Gesicht. »Ich wollte schon eine Kröte nach dir schicken!«

›Wie bitte?‹ Kushina runzelte die Stirn, verbeugte sich dann eilig und presste die Handfläche in einer entschuldigenden Geste vor dem Kopf. »Tut mir schrecklich leid, Jiraiya-Sensei!«

»Dann können wir ja endlich los.« Ryosuke setzte sich in Richtung Wald in Bewegung und Jiraiya nickte, warf der Kunoichi aber noch einen abschätzigen Blick zu, bevor er selbst meinte: »Dann wollen wir mal! Ich hoffe, du bist nicht zu sehr aus der Puste, Kushina-chan!«

Sie schüttelte eilig den Kopf und folgte den drei Ninjas, die sich jetzt in Bewegung setzten. Erleichtert atmete sie auf: Sie hatte es doch noch rechtzeitig geschafft! Nach fast sieben langen Jahren würde sie endlich ihr Zuhause wiedersehen! Ob sich wohl irgendetwas verändert hatte? Ob ihre ganzen Freunde sie wohl noch wiedererkennen würden?

»Schön, dass du dabei bist.« Die sanfte Stimme riss sie aus ihren Gedanken und Kushina hob den Kopf. Minato Namikaze, der blonde Ninja in ihrem Alter lief neben ihr und schenkte ihr ein Lächeln. »Wir haben schon angefangen, uns Sorgen zu machen.«

Kushina konnte nicht verhindern, dass sie errötete. »Tut mir leid.«, murmelte sie nur und senkte schnell den Blick. Ihr Herz raste und sie versuchte sich einzureden, dass es nur wegen dem schnellen Lauf war, den sie hinter sich hatte.

»Jiraiya-Sensei, sag mal, was steht eigentlich in dieser Schriftrolle, die wir nach Uzushio bringen sollen?« Ryosukes Stimme klang so gelangweilt wie immer, aber wenn man ihn besser kannte, konnte man die Neugierde daraus herauslesen. Jiraiya schenkte ihm ein breites Grinsen und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das geht dich nichts an, Ryo-chan! Manchmal ist es besser, weniger zu wissen.«

›Es ist bestimmt ein Siegel‹, dachte Kushina und heftete ihren Blick auf die Schriftrolle, die der Jounin auf dem Rücken trug. ›Oder zumindest die Anleitung zu einem Siegel…‹

Erst nach ein paar Sekunden merkte sie, dass Minato sie immer noch ansah. Sie errötete wieder, warf ihm einen kurzen Blick zu und konnte ihn aus irgendeinem Grund nicht mehr abwenden. Seine Augen sahen sie neugierig an, geradezu forschend. Doch schließlich wandte er den Blick ab und setzte sein übliches, leichtes Lächeln auf. »Wenn wir weiterhin so trödeln, kommen wir nie an, Sensei!«, beschwerte er sich und Jiraiya sah grinsend über die Schulter.

»Das war nur zum aufwärmen, Minato!«, meinte er und legte einen Zahn zu. Schon nach fünf Minuten lief Kushina erneut der Schweiß über die Stirn und sie atmete stoßweise. War das die normale Geschwindigkeit von Team Jiraiya? Sie konnte sich Yasuko, der für gewöhnlich in einem Team mit Minato und Ryosuke war, nicht so schnell vorstellen. Yasuko war eher dafür bekannt, dass er gemütlich vor sich hin schlenderte…

»Schon müde, Kushina?«, stichelte Ryosuke und riss Kushina erneut aus ihren Gedanken.

»Nicht ein bisschen!«, fauchte sie und rannte voraus. Sie würde Ryosuke keinen Triumph überlassen!
 

Da Kushina erst so spät eingetrudelt war, mussten die vier Ninjas bis zum Einbruch der Dunkelheit ihr hohes Tempo einhalten, um nicht in Rückstand mit der geplanten Zeit zu geraten. Über Stunden des Rennens sprach keiner von ihnen ein Wort, jeder war nur mit sich und dem Laufen beschäftigt. Ihr eigenes Team hatte Kushina nie so sehr an ihre körperlichen Grenzen gebracht und als Jiraiya schließlich beim Anbruch der Dämmerung das Zeichen gab, das Lager aufzuschlagen, wollte sie am liebsten einfach nur ins Gras liegen und schlafen.

Oder sich übergeben.

Minato warf ihr einen sorgvollen Blick zu, als er ihr überhitztes Gesicht sah, doch Kushina versuchte sich nichts anmerken zu lassen, suchte Feuerholz und schließlich hatten die vier Shinobi alles für die Nachtruhe vorbereitet. Kushina gab sich alle Mühe, nicht schlapp zu machen, doch sie war müde und hungrig, sie hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Als Jiraiya schließlich jedem von ihnen eine Schüssel mit ihrer Essensration reichte, konnte sie nicht mehr an sich halten und stopfte sich das Essen mit einem lauten Schmatzen regelrecht in den Mund. Verblüfft beobachtete Minato sie dabei, während Ryosuke nur die Augen verdrehte und Jiraiya leise kicherte. Kushina bemerkte erst nach ein paar Augenblicken, dass sie das Objekt der Belustigung für die drei Shinnobi war und schluckte peinlich berührt den riesen Happen herunter, den sie noch im Mund hatte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, doch statt sie mit ihren Essensmanieren aufzuziehen, reichte Minato ihr seine Mahlzeit und sagte: »Guten Appetit!«

Natürlich wollte sie sein Essen nicht annehmen, doch Minato bestand darauf. Den Rest ihrer Mahlzeit zwang sie sich, langsam zu essen und als sie schließlich die Schüsseln zur Seite legte, war sie noch immer peinlich berührt aber wenigstens satt.

»Ich übernehme die erste Nachtwache.«, meinte Jiraiya und streckte sich auf dem weichen Gras aus. Kushina runzelte die Stirn, während Minato nur entschuldigend lächelte und Ryosuke die Augen verdrehte. Schon bald war Jiraiyas Schnarchen durch den ganzen Wald zu hören und Minato seufzte leise in seinen Schlafsack. Ihr Sensei war einfach unverbesserlich!

Mit dem Ende des Tages war auch die Wärme verschwunden und die kalte Nachtluft ließ Minato frösteln. Er mummelte sich tief in seinen Schlafsack und rollte sich zusammen. Das viele Laufen und das fehlende Essen hatten seinen Körper strapaziert und er versuchte trotz der Kälte Schlaf zu finden. Ryosuke neben ihm atmete schon lange tief und entspannt. Minato beneidete ihn – Ryosuke konnte immer und überall schlafen. Minato hingegen spukte manchmal so viel im Kopf herum, dass an Schlaf nicht zu denken war. So manche Nächte lag er stundenlang wach und grübelte. Es war eine gute Nacht, wenn er zu einer Lösung seines Problems kam. Es war eine schlechte, wenn nicht.

Plötzlich legte sich eine Hand auf Minatos Schulter und sein Kopf fuhr erschrocken aus dem Schlafsack. Er hatte nicht bemerkt, dass sich jemand ihm genähert hatte. Das Feuer war heruntergebrannt und in dem fahlen Licht der Glut schimmerte Kushinas rotes Haar. Sie beugte sich über ihn, einen Finger an den Lippen und zog die Hand wieder weg. Besorgt richtete sich Minato auf. Waren andere Shinobi in der Nähe? Was war los?

Kushina warf einen kurzen Blick auf den noch immer schnarchenden Jiraiya und Ryosuke, dann beugte sie sich zu Minato runter. »Komm mit!«, flüsterte sie in sein Ohr so leise, wie ein Flügelschlag und richtete sich auf. Minato runzelte die Stirn, wandte sich dann aber leise aus seinem Schlafsack und folgte ihr. Die Nacht umfing ihn mit kalten Händen und ließ ihn frösteln. Er warf einen Blick auf Kushina, die nicht zu frieren schien in ihrem kurzärmligen Outfit und fragte sich erneut, was sie mitten in der Nacht von ihm wollte. Sie wich seinem Blick aus, nahm aber seine kühle Hand in ihre warme und führte ihn fort vom Lager. Beide waren so mit einander beschäftigt, dass sie nicht merkten, wie Jiraiyas Schnarchen für den Moment aussetzte, in dem er grinsen musste, und dann übertrieben laut weiterging.

Sie führte ihn tiefer in den Wald. Minato versuchte sich den Weg zu merken, aber als sie eine Lichtung durchquerten, blieb sein Blick an Kushinas funkelndem Haar hängen und er konnte ihn nicht mehr abwenden.

»Ich bin als Kind hier gewesen.«, flüsterte sie, ihre leisen Worte so laut im dunklen Wald.

»Hier?«

»Ja. Mein Vater hat mich hergeführt als ich nach Konoha kam. Er lockte mich damit…«

»Lockte dich?« Verwirrt runzelte Minato die Stirn und lief ein bisschen schneller, um mit Kushina gleichauf zu sein.

»Als ich meine Heimat verlassen musste. Er lockte mich fort vom Dorf mit dem Versprechen, sie mir zu zeigen.«

»Was zu zeigen?«

»Schhh!« Kushina blieb stehen und legte wieder einen Finger an ihre Lippen. Sie erklärte nicht, warum er leise sein sollte, aber Minato schwieg fortan, folgte ihr nur durch die Dunkelheit, bis sie plötzlich an einer Felswand ankamen. Minato sah nach oben, konnte die Klippe wage erkennen, aber Kushina zog ihn weiter, die Felswand entlang, bis sie vor einem dunklen Flecken stehen blieb.

Eine Höhle.

»Wo sind wir?«

»Komm mit!«, sagte Kushina, statt ihm zu antworten und bückte sich, um in die Höhle zu klettern.

»Wohin?«

»Komm schon!« Ihre Stimme war jetzt ausgelassener, fröhlich. Was auch immer in dieser Höhle auf sie wartete, Kushina freute sich darauf.

Und Minato?

Er war noch immer skeptisch, warf einen Blick über seine Schulter, doch der Wald schien ruhig und ungefährlich. Schließlich schüttelte er seine Bedenken ab und folgte ihr in die Höhle. Der Fels war nass und rutschig, es ging tief hinab und Minato musste sich mit beiden Händen an den Felswänden festhalten, um nicht auszurutschen. Es war absolut dunkel und er dachte daran, ein Jutsu anzuwenden, um sehen zu können, als vor ihm ein kleines Feuer anging. Kushina hatte ein Feuerjutsu angewandt und einen der Äste, der für das Lagerfeuer gedacht war, angezündet. Minato hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihn mitgetragen hatte, aber sie schien gut vorbereitet zu sein, worauf auch immer.

»Wir sind gleich da.«, meinte sie und lief voraus, Minato folgte ihr tiefer in die Höhle. Wasser tropfte von der Decke und ihm auf den Kopf. Das Feuer malte flackernde Schatten an die Wände der Höhle und machte Minato nervös. Wohin brachte ihn das wundersame Mädchen? Er wusste, dass Kushina ihm nichts antun würde, sie hatte noch nie jemanden grundlos angegriffen, aber warum führte sie ihn mitten in der Nacht hierher? Wozu diese Heimlichtuerei? Er stellte sich Sensei Jiraiya vor, wenn er aufwachte und merkte, dass zwei seiner Schützlinge verschwunden waren. Minato würde das außerordentlich nervös machen.

Plötzlich blieb Kushina stehen. Sie lugte um eine Ecke, zog sich dann wieder zurück und grinste Minato an. Sie beantwortete seine unausgesprochene Frage nicht, legte stattdessen ihre Fackel auf den Boden und trat sie aus. Dunkelheit umfing sie mit einem Schlag und Minato riss die Augen auf. Leichte Panik machte sich in ihm breit, die Haare in seinem Nacken stellten sich auf und mit einem Mal waren alle seine Sinne bis aufs äußerste geschärft. Er spürte Kushina vor ihm, hörte ihren leisen Atem so klar wie das Tropfen des Wassers von den Höhlenwänden. Ihre Hand berührte seinen Arm und Minato griff danach. Dieses Mal war ihr Griff nicht so fest wie vorhin, seiner dafür umso mehr. Er wollte sie nicht in dieser Dunkelheit verlieren.

»Komm.«, flüsterte sie und setzte sich in Bewegung. Ihre Schritte hallten an den Höhlenwänden wieder und Minato folgte ihr, jeden Fuß vorsichtig vor den anderen setzend. Sie gingen um die Kurve, Minato streifte die Höhlenwand mit einer Schulter, und dann tiefer in die Höhle hinein. Plötzlich fiel ihm etwas auf: Da war ein Lichtpunkt in der Dunkelheit, ein kleiner, blauer Lichtpunkt. Minato betrachtete ihn neugierig und plötzlich fiel ihm ein weiterer auf. Und noch einer. Und dort drüben noch zwei.

»Wir sind da.«, flüsterte Kushina und zog Minato um eine weitere Kurve. Für einen Moment verschwanden die blauen Lichter aus seinem Sichtfeld und dann, als er eine weitere Höhle mit Kushina betrat, hielt er vor Überraschung die Luft an. Er riss die Augen auf und wusste gar nicht, wohin er schauen sollte, denn sie waren überall, diese kleinen, winzig kleinen blauen Lichter, funkelnd wie die Sterne am Nachthimmel und ebenso unzählbar.

»Wow«, hauchte er, legte den Kopf in den Nacken, drehte sich um sich selbst und überall um ihn herum blitzte und funkelte es. Es war, als hätte er den Sternenhimmel betreten, als hätte sich die Milchstraße um ihn herum ausgebreitet, als drehe sich die Welt nur um ihn und Kushina.

Kushina. Er konnte sie sehen im Schein der kleinen Lichter. Auch sie hatten den Kopf in den Nacken gelegt und schien sich nicht satt sehen zu können. Er glaubte sogar erkennen zu können, dass sie lächelte.

»Das ist wunderschön.«, meinte er, trat näher an eins der Lichter heran um zu erkunden, was sich dahinter verbarg. Kleine, glühende Würmer an den Höhlenwänden.

»Ja, nicht wahr.« Kushina lächelte. »Ich war auch ganz hin und weg, als mein Vater mich hierher brachte. Er sagte, wenn ich in Konoha lebe, könne ich jeden Tag herkommen und sie mir ansehen… Ich bin seitdem nicht mehr hergekommen.«

»Warum nicht?«

Er spürte, wie Kushina mit den Schultern zuckte und wandte sich wieder ihr zu. »Du warst noch nie hier?«, fragte sie ihn und Minato schüttelte den Kopf.

»Mir hat noch nie jemand von diesen Höhlen erzählt.«, gab er zu und machte noch einen Schritt auf Kushina zu. »Danke, dass du mich hergeführt hast, Kushina.«

»Ich bin es, die sich bedanken muss.«, erwiderte Kushina und scherte nervös mit dem Fuß über den Höhlenboden. »Dafür, dass du mich gerettet hast.«

»Dafür musst du dich nicht bedanken.« Minato lächelte und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Es war schließlich auch eigennützig… Ich will nicht, dass dir etwas passiert.«

»Aber du warst der einzige.«, flüsterte sie und Minato senkte den Arm. »Du warst der einzige, den es gekümmert hat.«

»Das ist nicht wahr. Hokage-sama und andere Jounin haben ebenfalls nach dir gesucht!«

»Aber du hast nach MIR gesucht. Die anderen suchten nach… Nach… Du warst der einzige, der mich als Person gesucht hat.«

Wieder runzelte Minato die Stirn. Er verstand nicht, wovon Kushina sprach oder was sie ihm damit sagen wollte und wusste daher auch nicht, was er sagen sollte. Sie klang so bedrückt, dass er sie am liebsten irgendwie aufgemuntert hätte, doch er wusste nicht wie.

»Es tut mir leid.«, sagte Kushina dann und Minato legte verwirrt den Kopf schräg.

»Was?«

»Ich hab deinen Traum nie ernst genommen. Ich hab nie daran geglaubt, dass du einmal Hokage werden könntest. Ich hab nie gemerkt… Aber jetzt glaube ich, dass du es wirklich schaffen kannst! Du bist stark, Minato-kun. Ich glaube, du wärst ein wunderbarer Hokage.« Kushina griff nach seinen Händen und drückte sie fest. Er konnte ihr strahlendes Gesicht nicht sehen, aber er wusste genau, wie sie ihn ansah, mit ihren brennenden Augen.

»D-Danke.« Minato konnte nicht verhindern, dass er rot wurde und er war froh, dass die Dunkelheit es verbarg. Bisher hatte jeder seinen Traum vom Hokage unterstützt und ihm Mut zugesprochen, doch noch nie hatte jemand so offen darüber geredet, wie Kushina.

»Natürlich wirst du nicht Hokage, weil ich zuerst Hokage werde.«, meinte Kushina dann hochnäsig und ließ Minatos Hände los.

»Selbstverständlich.«, grinste Minato und ihr Kichern hallte an den Höhlenwänden wieder.

Dies war definitiv eine gute Nacht.
 

Am nächsten Morgen brach das Team schon früh auf, um nicht noch einmal in Zeitverzug zu geraten. Jetzt, da Kushina wusste, was für ein Tempo ihr bevor stand, wusste sie ihre Kräfte besser einzuteilen und als die Gruppe für eine Mittagsrast anhielt, war sie nicht ganz so außer Atem wie tags zuvor. Hunger hatte sie trotzdem, kam aber dieses Mal ohne Minatos Ration aus.

»Wir sind gut voran gekommen.«, freute sich Jiraiya. »Wenn wir so weiter machen, könnten wir schon morgen um diese Zeit an der Grenze sein!«

»Jiraiya-Sensei, was erwartet uns im Reich der Strudel?«, fragte Ryosuke plötzlich und Minato hob interessiert den Kopf. Dieselbe Frage hatte er sich auch schon gestellt.

»Nun, wir werden die Hauptstadt ausfindig machen und die Schriftrolle dem Dorfältesten geben. Danach machen wir uns wieder auf den Rückweg.« Jiraiya sah Kushinas enttäuschtes Gesicht und ein breites Grinsen erschien auf seinen Lippen. »Dies scheint vielleicht eine einfache Mission zu sein, doch der Hokage hat mich ausdrücklich gewarnt, dass die Schriftrolle nicht in falsche Hände gelangen darf.«

»Aber können wir nicht vielleicht ein bisschen länger da bleiben?« Hoffnungsvoll sah Kushina ihn an.

»Der Hokage erwartet uns in sechs Tagen zurück.«, erwiderte Jiraiya überrascht und Kushina sah enttäuscht zu Boden.

»Warum sollten wir auch länger da bleiben?« Ryosuke sah Kushina abschätzig an. »Was gibt es im Land der Strudel schon zu sehen?«

Kushinas Kopf fuhr hoch. »Du hast doch keine Ahnung!«, fauchte sie Ryosuke an und verblüffte Jiraiya abermals mit ihrem plötzlichem Stimmungswechsel. »Uzu no Kuni ist wunderschön, ya know! Es gibt Wasserfälle so hoch wie der Hokageturm! Und zu dieser Jahreszeit ist das Wasser türkisblau! Samstags ist Markt in Uzushiogakure und es gibt alle möglichen Leckereien zu essen! Das ganze Dorf ist von Kanälen durchzogen, auf denen kleine Boote schwimmen und der Hafen ist einer der schönsten Orte im ganzen Dorf!«

»Das klingt ganz so, als wärst du schon mal da gewesen, Kushina-chan.«, stellte Minato fest und Kushina sah verlegen zu Boden.

»Ich… Ich bin dort groß geworden.«, gab sie zu und dachte zurück an die Zeit mit ihrer Familie. Ihre Mutter schrieb ihr hin und wieder, doch würde sie sie überhaupt erkennen, wenn Kushina vor ihr stand? Sieben Jahre waren eine lange Zeit.

»Du kommst aus Uzushiogakure?«, Ryosuke hob überrascht die Augenbrauen und senkte sie in Erkenntnis wieder. »Deswegen wollte der Hokage, dass du statt Yasuko mit uns kommst!«

»Das hast du gar nie erwähnt, Kushina-chan.«, meinte auch Minato und Kushina warf ihm einen wütenden Blick zu.

»Nun, ihr habt mich ja auch nie gefragt, ya know!«

Ryosuke wollte ihr wohl an den Kopf werfen, dass sie nicht gerade die Person war, mit der mal kurz ein Schwäzchen hielt, aber Minato hob abwehrend die Hände und schüttelte kaum merklich den Kopf, sodass Ryosuke sich nur abwandte und schwieg.

»Ich war nur zwei Mal in Uzushiogakure, wenn ich mich richtig erinnere.«, versuchte Jiraiya die Situation zu retten. »Ich hätte gleich darauf kommen müssen, dass du aus diesem Land kommst. Uzumaki ist schließlich ein bekannter Name in Uzushiogakure.«

»Tatsächlich?« Ryosuke runzelte die Stirn und nickte zu Kushina rüber. »Sie kommt nicht gerade rüber, als würde sie von einem angesehenen Clan abstammen.« Natürlich machte diese Aussage Kushina noch wütender, aber sie war völlig perplex, als Jiraiya auch lauthals lachte und Ryosuke gewinnend grinste. Was fiel diesen Blödmännern eigentlich ein? Der Uzumakiclan war der angesehenste Clan ganz Uzu no Kunis! Sie werden sich noch wundern…

»Weißt du, Ryo-kun, es gibt ein Sprichwort in Uzushiogakure«, meinte Jiraiya immer noch grinsend und beugte sich zu seinem Schützling herunter. »Verärgere niemals die Uzumakis!«

Dieses Mal war es Kushina, die Ryosuke ins Gesicht lachte, der wiederrum nur in seiner üblichen Manier die Augen verdrehte. Im Gegensatz zu Kushina war er nicht so leicht zu verärgern, dafür aber ein Meistertalent darin, andere auf die Palme zu bringen. Selbst Minato hatte Ryosuke schon einmal angeschrien, dabei war es beinahe ein Wunder, wenn Minato Namikaze mal die Fassung verlor.

»Lebt deine Familie noch dort, Kushina?«, fragte Minato nach einer Weile. Er wollte nicht neugierig erscheinen, obwohl er das ganz offensichtlich war, doch Kushina nahm ihm die Frage nicht übel und nickte, diesmal wieder mit einem Lächeln auf den Lippen.

»Das kapiere ich nicht.« Ryosuke legte den Kopf schräg und verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum lebst du in Konoha und der Rest der Familie ist in Uzushio geblieben?«

Dieses Mal nahm Kushina ihrem Teamkameraden ihre Neugierde sehr übel. »Das geht dich nichts an, ya know!«, fauchte sie und Jiraiya notierte sich innerlich, dass mit dem jungen Mädchen nicht gut Kirschen essen war. Frauen und ihre Stimmungsschwankungen, dachte er und das Bild seiner ehemaligen Teamkameradin Tsunade tauchte unweigerlich vor seinem inneren Auge auf. Mit Tsunade war auch nie gut Kirschen essen gewesen.

»Was gibt es in Uzu no Kuni noch alles zu sehen?«, versuchte Minato vom Thema abzulenken und lächelte dabei unschuldig. Sie sah ihn verwundert an, schürzte die Lippen und dachte nach. Was gab es im Land der Strudel alles zu sehen? Womit sollte sie anfangen?

Ryosuke hingegen verdrehte mal wieder die Augen. »Strudel vielleicht, Minato?«

»Das ganze Land besteht doch nicht aus Strudel!«, protestierte Kushina.

»Aber es gibt sie dort, oder?«, gab Ryosuke zurück. Jiraiya seufzte tief – dies würde eine lange Reise werden mit den beiden Streithähnen!

Und wieder war es Minato, der den Streit der beiden mit einer Frage unterbrach, die selbst Jiraiya zum Staunen brachte.

»Was sind Strudel?«

Für einen Moment sahen sie alle Minato staunend an. Dann brachen Jiraiya und Ryosuke in schallendes Gelächter aus und Kushina beobachtete mit noch viel mehr Staunen, wie Minato zwar peinlich berührt, aber nicht beleidigt in ihr Lachen mit einstimmte. Kushina pflegte es jedem, der sie auslachte, einen kräftigen Schlag auf die Nase zu verpassen. Warum lachte Minato? War ihm nicht bewusst, dass sie über ihn lachten?

»Ich weiß, es klingt lächerlich.« Er grinste und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Aber… Ich weiß, dass Strudel große Strömungen im Meer sind, aber ich hab noch nie einen gesehen.«

»Doch, hast du.«, widersprach Ryosuke. »Wenn du deine Wasserflasche schwenkst entsteht ein Strudel. Oder du in der Badewanne den Stöpsel ziehst.«

»Ist das dasselbe, wie im Meer von Uzu no Kuni?«

»Ja, nur viel, viel größer.« Grinsend weitete Jiraiya die Arme, um seine Worte zu untermauern und Ryosuke verfiel in ein leichtes Kichern. »Dass ich das noch erleben darf! Unser Genie weiß nicht, was Strudel sind! Weißt du, was das Meer ist, Minato?«

Sie machten sich lustig über ihn, merkte Minato das denn nicht?! Erbost ballte Kushina die Hände zu Fäusten. »Hört auf, ihn auszulachen!«, fauchte sie, brachte Ryosuke aber nur noch mehr zum Lachen. Sie war drauf und dran, aufzuspringen und dem arroganten Blödmann wirklich eins auf die Nase zu verpassen, als Minato die Hand auf Kushinas Schulter legte, um sie zu beruhigen.

»Schon gut«, meinte er und lächelte dieses Lächeln, das Kushinas Herz höher schlagen ließ. »Weißt du, wo diese Strudel sind, Kushina? Zeigst du sie mir?«

Doch sie war viel zu verblüfft, um zu antworten. Jiraiya half ihr aus der Misere, indem er Minato erklärte, dass das ganze Land von Strudeln umgeben war. »Wir müssen sie also gezwungenermaßen überqueren.«

»Und wie machen wir das?« Dieses Mal war es Ryosuke, der sich fragend an seinen Sensei wandte.

»Nun, zu dieser Jahreszeit sollten die Strudel eigentlich nicht allzu schlimm sein.« Jiraiya lehnte sich zurück und sah hoch in den leicht bewölkten Himmel. »Wenn es kein Unwetter gibt, sollten wir in der Lage sein, die Meerenge sicher zu überqueren.«

Kushina runzelte die Stirn. Ihres Wissens waren die Strudel um Uzu no Kuni immer aktiv und immer unberechenbar, doch sie wagte nicht, dem fremden Sensei, den alle so sehr bewunderten zu widersprechen. Wenn er sagte, es bestehe kein hohes Risiko, dann war dem vermutlich auch so.

»Dann werden wir die Strudel vielleicht doch nicht sehen?« Das Lächeln auf Minatos Gesicht wich leichter Enttäuschung und Kushina war schon drauf und dran ihm zu versichern, dass sein Sensei keine Ahnung hatte, als Jiraiya ihr wieder zuvor kam.

»Doch, doch, Minato-kun!« Jiraiya grinste breit. »Die Strudel existieren auch in kleinerer Form in den heißen Quellen von Uzushiogakure. Wir werden denen natürlich einen Besuch abstatten, wenn du unbedingt Strudel sehen willst.«

Dafür hatte Ryosuke nur sein übliches Augenrollen zur Verfügung und Minato seufzte, wenn Kushina auch nicht verstand, warum.
 

Beflügelt von dem Gedanken, den heißen Quellen Uzushiogakures einen Besuch abzustatten, trieb Jiraiya sein Team in den folgenden Stunden nur noch mehr an, sodass sie schon am Abend kurz vor der Meerenge zwischen den Reichen des Feuers und der Strudel waren. Dieses Mal waren sie alle erschöpft und ausgelaugt, wodurch am Lagerfeuer keine richtige Unterhaltung entstand. Schon bald legten sie sich alle Schlafen und Minato ärgerte sich kurz darüber, dass sein Sensei ihm die erste Wache zuschob. Er entfernte sich etwas vom Lager, kletterte einen Baum hoch und lehnte sich gegen den Baumstamm. Das Meer war so nah, dass Minato glaubte, es rauschen hören zu können, aber vielleicht war es auch nur das sanfte Rascheln der Blätter, sonst war alles still. Wie sollte er da nur wach bleiben?

Gähnend machte Minato es sich auf dem Baumstamm bequem und dachte doch die ganze Zeit nur daran, dass er nicht wie sein Sensei einschlafen durfte. In manchen – nein, in vielen Dingen war Sensei Jiraiya einfach unverbesserlich, dennoch hatte er Minatos tiefsten Respekt. Statt seinen Schülern alles vorzukauen, war Jiraiya eher der Typ, der ihnen beim Training zuschaute und gegebenenfalls Hilfestellungen gab. Ryosuke behauptete, Jiraiya war einfach faul, aber Minato meinte, dass er sie einfach zur Unabhängigkeit erziehen wollte. Alles, was Minato gelernt hatte, hatte er sich selbst beigebracht mit ein bisschen Hilfe hier und da von seinem Sensei, und er war stolz darauf. Yasuko schien diese Trainingsmethode jedoch nicht besonders gut zu bekommen… Minato gab sich alle Mühe, ihm beim Training zu helfen, doch Yasuko machte keine großen Fortschritte. »Die kleinen Dinge sind es, die zählen!«, ermutigte Jiraiya ihn immerzu. »Wenn es so leicht wäre, Ninja zu werden, hätten wir keinen Mangel an Personal mehr.«

Ein sanfter Wind fuhr durch Minatos Haar und für einen kurzen Moment schloss er die Augen. Niemand hatte damals gedacht, dass er das Zeug zum Ninja hatte, aber er hatte es allen bewiesen…

»Das Meer ist nah.« Die Stimme kam von unten und Minato hörte die leisen Schritte auf dem Gras. Verwundert sah er nach unten in die Dunkelheit und dann spürte er, wie der Ast, auf dem er saß unter Kushinas plötzlichem Gewicht wackelte. Warum hatte er sie nicht eher bemerkt? Wie lange hatte er die Augen geschlossen gehabt? War er eingenickt und hatte sie deshalb nicht bemerkt?

»Du solltest schlafen. Bist du nicht müde?«, sagte Minato und lehnte sich wieder entspannt zurück.

»Nein. Wir sind so nah am Meer, ich kann es schon riechen. Das macht mich ganz kribbelig.« Kushina grinste und setzte sich zu Minato auf den Ast. Seine Fußsohlen berührten ihr Bein und Minato zog reflexartig die Beine an. »Bald schon bin ich Zuhause.« Er konnte das Lächeln in ihrer Stimme hören und konnte nicht verhindern, dass auch seine Mundwinkel nach oben wanderten.

»Das Meer erinnert mich auch an Zuhause.«, gab Minato zu und ließ ein Bein nach unten fallen. Sachte baumelte es in der Luft und Minato lehnte den Kopf zurück, sah hoch in das Blätterdach. Ein einzelner Stern war zwischen den unzähligen Ästen und Blättern zu sehen. Ein Stern. Oder ein Glühwürmchen…

»Dein Zuhause?« Kushinas Stimme klang plötzlich verächtlich. »Warum erinnert dich das Meer an Konoha? Mich erinnern Berge an Konoha, Bäume, Wiesen und Wälder… Aber das Meer ist doch meilenweit entfernt!«

»Ja, Konoha ist Berge und Wälder und Ichirakus Ramenstand.« Minato schloss grinsend die Augen und rief sich den Geruch von Misoramen ins Gedächtnis. »Aber Kameru ist Meer und Segel und Fischgestank.«

»Kameru?«

»Das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin.«

Kushina fiel beinahe vom Ast, als sie das hörte. »WAS?! Aber ich dachte… Ich dachte, du kämest aus Konoha! Du sagtest doch… Du warst doch immer ein Teil von allen! Sie sind alle deine Freunde und alle Lehrer kennen dich beim Namen und alle Leute auf der Straße grüßen dich und…«

»Beobachtest du mich?«

Zum Glück war es dunkel und Minato konnte nicht sehen, wie Kushina rot wurde. Natürlich beobachtete sie ihn, seitdem er sie gerettet hatte… Sie war ihm so oft nachgeschlichen, hatte versucht, sich noch einmal bei ihm zu bedanken, sich überlegt, wie sie mit ihm Freundschaft schließen könnte… Und doch nie den Mut gefunden, ihn anzusprechen.

»N-Nein, natürlich nicht!«, grummelte sie. »Aber du bist so beliebt, das ist unübersehbar, ya know!«

»Ah ja?« Minato dachte einen Moment darüber nach, während Kushina die plötzliche Stille als unangenehm empfand. Wollte er sie aus der Reserve locken oder warum sagte er nichts dazu?

»Wo liegt Kameru?«, wechselte sie das Thema und riss Minato aus seinen Gedanken.

»Im Süden, nahe der Halbinsel.«, antwortete er. »Ein winziges Fischerdorf. Ich habe es bisher noch auf keiner Landkarte gefunden.«

»Und warum… Warum bist du dort aufgewachsen? Wurden deine Eltern dorthin degradiert? Was für eine Mission mussten sie denn in einem Fischerdorf erfüllen? Jemanden beschützen? Oder mussten sie flüchten?« Kushina lehnte sich weiter zu Minato rüber, ihre Fantasie war jetzt dabei, wilde Geschichten zu spinnen, wie Minatos Eltern in dem kleinen Fischerdorf Unterschlupf suchen mussten, nachdem sie von Sunaninjas verfolgt worden waren. Minato lauschte ihren Ideen eine Weile belustigt, unterbrach sie dann aber mit ruhiger Stimme mitten in der Geschichte.

»Ich muss dich leider enttäuschen. Mein Vater war Fischer, meine Mutter Hausfrau.«

»Ja aber…« Kushina versteinerte für einen Moment.

»Aber was?«

»Aber das kann doch nicht sein!« Sie fuhr auf und der Ast, auf dem sie saßen, wackelte gefährlich. »Ich meine, JEDER in Konoha spricht von deinem unglaublichen Talent! Sie nennen dich ein Genie und du bist noch nicht mal dreizehn! Und dann… Dann kannst du doch nicht der Sohn eines einfachen Fischers sein! Du musst es doch im Blut haben, das Kämpfen! War dein Großvater Shinobi? Dein Urgroßvater?«

»Nicht dass ich wüsste…«

»Das ist schlichtweg UN.MÖ.GLICH!« Kushina schrie beinahe. »Du lügst!«

Schnell sprang Minato auf und legte ihr prompt die Hand auf den Mund. »Sei still! Du weckst sonst noch die anderen auf. Oder lockst jemanden zu uns…« Kushina fegte seine Hand zwar weg, schwieg aber. Aufmerksam lauschten sie, doch der Wald war ruhig wie eh und je, nur der sanfte Wind ließ die Blätter leise rascheln.

»Du kannst nicht der Sohn eines Fischers sein!«, zischte Kushina schließlich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du willst dich doch nur wichtigmachen!«

»Das ist nicht wahr!« Empört machte Minato einen Schritt zurück. »Ich bin aus Kameru und mein Vater war sein Leben lang Fischer wie sein Vater und dessen Vater auch.«

»Wie kommt es dann, dass du kein Fischer bist?«, fragte Kushina spitz und Minato machte noch einen Schritt zurück, stieß mit dem Rücken gegen den Baumstamm und schluckte. Er senkte den Blick, kratzte sich verlegen am Hinterkopf und wusste nicht, wo anfangen. Kushinas aufmerksamer Blick verunsicherte ihn und er hatte das Gefühl, dass egal was er sagte, sie ihn doch wieder als Lügner abstempeln würde.

Dennoch begann er zu reden. »Ich mag kein Wasser. Das heißt, damals… Als ich ganz klein war hat mein Vater mich auf sein Fischerboot mitgenommen. Ich bin über Bord gefallen und beinahe ertrunken. Ich erinnere mich nicht mehr richtig daran, wie es abgelaufen ist, aber seit dem mag ich das Meer nicht so richtig. Es war für mich immer das große Monster, das versuchte, mich zu verschlingen. Aber alle meine Freunde gingen jeden Tag an den Strand, schwimmen… Ich bin nie mit ihnen ins Wasser gegangen, hab sie von außen beobachtet und beneidet.«

Kushina runzelte die Stirn. Das war ganz klar eine Lüge, sie hatte Minato ganz bestimmt mit Ryosuke und Yasuko im Fluss nahe Konoha schwimmen sehen. Warum erzählte er ihr diese Lügen? Wollte er sich als Außenseiter darstellen, damit sie sich besser fühlte? Welchen Grund hätte er dafür?

»Und eines Tages kamen Shinobi durch unser kleines Dorf. Um genau zu sein… Sie kamen über das Wasser. Ich weiß noch genau, wie ich am Kai saß und sah, wie sie immer näher und näher kamen. Wir hatten noch nie zuvor Shinobi gesehen und deswegen waren wir Kinder alle aufgeregt, unsere Eltern mindestens genauso. Die Shinobi blieben einen Tag. Sie waren auf dem Weg zu einem anderen Dorf, in dem es wohl Unruhen gab.«

»Shinobi aus Konoha?« Kushina zeigte jetzt doch Interesse an seiner Geschichte und als er nickte, fragte sie: »Wer?«

Minato grinste. »Dan. Es war Dan-Sensei und seine zwei Teamkollegen.«

Dan Katou. Kushina riss die Augen auf. Wenn Minato Namen nannte, dann musste die Geschichte stimmen, denn er wusste, sie würde Dan danach fragen, sobald sie wieder in Konoha waren. Das bedeutete…

»Du… Du bist… Und wie bist du nach Konoha gekommen?«

»Ich war beeindruckt von den Shinobis und ihrer Fähigkeit über das Wasser zu laufen. Ich dachte, wenn ich das könnte, dann kann das Meer mir nichts mehr anhaben. Dann könnte ich mit meinen Freunden spielen gehen. Dann könnte ich mit Vater fischen gehen. Deswegen suchte ich die Shinobi. Ich fragte sie, wie sie das machten.« Minato setzte sich wieder, dieses Mal beide Beine angezogen und Kushina tat es ihm gegenüber gleich. »Und Dan war so freundlich und erklärte es mir. Ich hatte noch nie zuvor von Chakra gehört und es war mir unbegreiflich, wie man so etwas kontrollieren sollte… Dans Teamkollegen meinten, er solle aufhören, mich zu verwirren. Es war verwirrend, aber… Aber irgendwie auch wieder logisch. Und ich beschloss, es zu lernen.

Als die Shinobis gegangen waren, begann ich zu üben. Stundenlang. Jeden Tag, ob Regen oder Sonnenschein stand ich barfuß im seichten Wasser der Brandung und übte. Meine Eltern begannen sich Sorgen um mich zu machen, meine Freunde lachten mich aus. Aber ich wollte um jeden Preis lernen, auf dem Wasser zu gehen.«

Kushina runzelte die Stirn. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit ihrer Mutter das Laufen auf dem Wasser geübt hatte. Im Land der Strudel mussten alle Kinder der Uzumakis das schon früh lernen und sie erinnerte sich daran, wie schwer es ihr gefallen war, dabei hatte sie schon die ersten Grundkenntnisse über Chakrakontrolle gelernt…

»Es dauerte zwei Wochen, dann hatte ich es geschafft.«

»Zwei Wochen?« Kushina riss die Augen auf. »Nicht möglich!«

Minato lachte. »Das hat Dan-Sensei auch gesagt, als er mit seinem Team nach drei Wochen zurück kam. Ich hab ihnen meinen neuen Trick gezeigt, bin bis zum Ende des Kais gelaufen und zurück, und ich habe Dan-Sensei noch nie so geschockt gesehen.«

Kushina biss sich auf die Lippen. Eigentlich hätte sie es wissen müssen, dass Minato, das Genie, so eine Aufgabe in so kurzer Zeit ohne jegliche Vorkenntnisse meistern würde. Zwei Wochen waren für seine Auffassungsgabe sogar richtig lang. Sie selbst hatte mit ihrer Mutter mindestens drei gebraucht.

»Ich war jung, vielleicht sechs oder sieben. Dan fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, Shinobi zu werden. Für uns Dorfkinder waren die Ninjas die Helden, die unser Leben beschützten… Natürlich war ich von der Idee begeistert. Damals begriff ich noch nicht, dass mehr dazu gehört, ein Shinobi zu sein, als nur ein paar Shuriken zu werfen… Aber ich wollte das so viel mehr, als Fischer werden. Ich habe das Meer nie geliebt… Und Dan fragte mich, ob ich mit ihm nach Konoha kommen möchte. Ich sagte ja, ohne zu zögern, ohne einen Gedanken an meine Eltern zu verschwenden. Erst später wurde mir bewusst, dass sie nicht mit mir kommen können. Wovon sollten sie in Konoha leben?

Aber ich wollte Shinobi werden.« Minato schlang die Arme um seine Knie und lächelte. »Und ich würde dieselbe Entscheidung wieder treffen. Ich musste meine Eltern, meine Freunde, alles zurück lassen. Aber das hier, dieses Leben habe ich mir ausgesucht, es wurde mir nicht vorgeschrieben wie die Fischerei.«

Kushina kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie dachte daran, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, dass sie alleine in Konoha bleiben musste, dass sie keine andere Wahl hatte. »Deine Eltern haben dich einfach so gehen lassen?« So wie mich.

»Dan-Sensei hat sie von meinem Talent überzeugt. Mein Vater war begeistert. Er meinte, ich würde der stärkste Ninja von allen werden.« Minato lächelte bitter. »Er war so stolz auf mich. Das ganze Dorf. Sie alle sagten mir auf Wiedersehen und wünschten mir viel Glück. Sie nannten mich ihren ganzen Stolz. Nur weil ich auf dem Wasser gehen konnte! Ich weiß noch, wie lächerlich ich das damals fand.«

»Und jetzt bist du der ganze Stolz von Konoha.« Kushina konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme einen bitteren Unterton hatte und sie hasste sich dafür. Sie sollte nicht eifersüchtig auf Minato sein, er war nun einmal ein talentierter Shinobi, daran konnte nicht mal er selbst etwas ändern. Aber dass sie ihn alle so verehrten…

»Das war nicht immer so. Und ich glaube auch jetzt, dass es weitaus stärkere Shinobis unter uns gibt als mich.« Selbst in der Dunkelheit, die sie umgab, bemerkte Kushina, dass Minato sie ansah und war froh, dass er nicht sehen konnte, wie sie vor Verlegenheit errötete.

»Wie war es denn für dich? Als du in Konoha ankamst?«, fragte Kushina und knetete nervös ihre Hände. Sie erinnerte sich an den peinlichen Moment, als sie ihrer Schulklasse in der Ninjaakademie vorgestellt wurde… Sie war so nervös gewesen.

Er überlegte kurz, antwortete dann: »Überwältigend« und erstaunte Kushina damit erneut.

»Warum?«

»Es war so laut und groß und so viel los… Ich kam mit Dan-Sensei aus meinem kleinen Dorf in diese große Stadt… Das war einfach so viel auf einmal! Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus und Dan-Sensei hat die ganze Zeit über mich lachen müssen.« Bei der Erinnerung daran musste Minato grinsen und Kushina überlegte, wie es für sie gewesen war, das erste Mal durch Konoha zu laufen. Das Dorf hatte sie nicht allzu begeistert, Uzushiogakure war schließlich auch nicht klein gewesen. Sie erinnerte sich daran, dass sie beunruhigt gewesen war. Sie hatte an der Art, wie ein ANBU sie in Empfang genommen hatte, gemerkt, dass dies kein einfacher Besuch in einem befreundeten Dorf gewesen war, wie ihr Vater ihr gesagt hatte.

»Und wie… wie hast du es geschafft, so viele Freunde zu finden?«

»Ganz einfach«, Minato ließ die Beine zu beiden Seiten des Astes herunterbaumeln und beugte sich zu Kushina nach vorne. »Ich sagte: ›Hallo, ich bin Minato. Wollen wir Freunde sein?‹«

Für einen Moment war Kushina baff und wusste nicht, was sagen. Nervös suchte sie mit ihren Augen einen Ort, wo sie hinschauen konnte, während Minto sie immer noch direkt ansah, als warte er auf eine Antwort. Hatte er das wirklich getan? Und wieso hatte sie das nicht getan, als sie nach Konoha kam?

Beschämt stand Kushina auf und war mit einem Satz vom Baum gesprungen. Dies war vermutlich Minatos Art, ihr zu sagen, dass sie alles falsch gemacht hatte. Statt Verbündete zu suchen, hatte sie ihre Feinde gefunden und zu besiegen versucht. Wenn sie diesen ersten Tag in der Akademie doch nur rückgängig machen könnte… Sie wusste genau, was sie jetzt sagen würde.

»Hey!« Minato sprang ihr nach, als Kushina wortlos loslief, und folgte ihr eilig. »Wo gehst du hin? Das Camp ist in der anderen Richtung!«

»Du hältst mich für doof, oder?« Mit dem Rücken zu ihm blieb Kushina stehen, die Fäuste geballt.

Verwirrt runzelte Minato die Stirn. »Nein…«

»Du hältst mich für ungezogen.«

»Nein!« Erbost über diese Unterstellungen zog Minato die Augenbrauen zusammen.

»Du hältst mich für ein naives, kleines Kind.«

»Hör auf damit, Kushina!« Er packte ihre Schulter und drehte sie schroff herum. Ihr Gesicht war ausdruckslos und Minato zwang sich, nicht wieder einen Schritt zurück zu machen. »Ich bin nicht dein Feind!«

»Nein?« Kushina sah zur Seite, biss sich kurz auf die Lippen. Sein Gesicht war so ernst, er machte sich nicht lustig über sie. Oder doch? Sie wusste es nicht, sie kannte Minato nicht gut genug. Was gäbe sie nur dafür zu wissen, was in seinem Kopf vor sich ging…

Für einen Moment kämpfte sie mit sich selbst und Minato fragte sich, was genau sie so beschäftigte. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf ihn und sagte leise: »Hallo, ich bin Kushina. Wollen wir Freunde sein?«

Ein Wind kam auf, ließ Äste knacken und blähte Kushinas Haar, das im fahlen Licht dunkel, beinahe schwarz war. Für einen Moment blieb das Rascheln der Blätter das einzige Geräusch im Wald, während Kushina vor Aufregung die Luft anhielt und Minato sprachlos war.

Dann erschien ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen und er schüttelte den Kopf. Kushina fühlte, wie ihr Herz innerhalb von Sekunden in einen bodenlosen Abgrund stürzte.

»Wir SIND Freunde, Kushina-chan.«, meinte Minato dann und der Griff seiner Hand, die immer noch auf Kushinas Schulter lag, wurde sanft. Kushina keuchte ungläubig auf, ihr Herz schlug ängstlich schneller und für einen Moment wartete sie darauf, dass Minato seine Worte zurück nahm. Als er nichts weiter sagte und seine Hand an ihrem Arm herunter fuhr, um ihre zu halten, nahm sie ihren Mut zusammen und fragte: »B-beste Freunde?«

Minato nickte, nahm ihre Hand und zog sie zurück in Richtung Camp. Kushina folgte ihm ohne zu protestieren, und ganz langsam wurde ihr bewusst: Sie hatte endlich einen Freund in Konoha gefunden, einen richtigen Freund und das ohne irgendwelche Hilfe.

Sie hatte es endlich geschafft.
 

In rhythmischen Wogen krachten die Wellen gegen die Felsen, ließen Salzwasser in die Luft spritzen und sanft niederrieseln. Kushina stand ganz am Rand der Klippen und konnte sich nicht satt sehen. Wann hatte sie das letzte Mal so über das Meer geschaut, zum Horizont, der vom den klaren Himmel vom ebenso blauen Wasser trennte, mit den Augen die Möwen verfolgt und das Salz auf ihren Lippen geschmeckt?

»Kushina, es ist gefährlich so nah am Abgrund!« Noch während er es sagte, kam sich Minato unendlich blöd vor. Er, Jiraiya und Ryosuke hielten alle einige Meter Abstand zu den Klippen, vor allen Dingen, um nicht nass zu werden, aber Kushina schien die Gischt, die sie hin und wieder traf, nichts aus zu machen. Ihr Haar wehte sacht im Wind und ihre Augen strahlten mit der Sonne um die Wette. Minato könnte sich in diesem keinen besseren Ort vorstellen, an dem Kushina jetzt sein sollte. Es war also kein Wunder, dass sie ihn auslachte. Sie lachte, ihre Augen funkelten, als sie sich zu ihm umwandte und einladend die Hand nach ihm ausstreckte. Natürlich nahm er diese Einladung an und kam langsam näher. Er hörte die Brandung gegen die Felsen schlagen, das Schreien der Seemöwen, aber es erinnerte ihn nicht an das Dorf, in dem er aufgewachsen war. Alles, was in diesem Moment zählte, war das Mädchen, das seine Hand nahm, sie dem Horizont entgegen streckte und meinte: »Sieh nur, Uzu no Kuni ist zum greifen nahe!« Das Land, das vage am Horizont zu erkennen war, schien so klein zwischen seinen Fingerkuppen und Minato konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. »Ts!«, erklang es hinter ihnen, aber er ignorierte Ryosuke gekonnt. »Stimmt«, meinte er, ließ die Hand sinken, hielt Kushinas aber fest. »Wir sind bald da. Bist du nervös?«

Kichernd drückte Kushina seine Hand. »Nein, warum auch? Über das Wasser laufen ist schließlich meine leichteste Übung. Aber keine Sorge, ich pass schon auf dich auf.«, stichelte sie, um nicht zugeben zu müssen, dass sie tatsächlich nervös war, immerhin würde sie ihre Familie nach so vielen Jahren wieder sehen. Ein Grunzen ertönte hinter ihnen und Kushina warf Jiraya und Ryosuke einen wütenden Blick zu. Während Jiraiya breit grinste und Minato zuzwinkerte, hatte Ryosuke nur seine übliche, genervte Miene aufgesetzt und murmelte etwas wie: »Dämliches Liebesgeflüster!«

Schnell ließ Kushina Minatos Hand los.

»Du bist doch nur eifersüchtig!«, fauchte Kushina und Ryosuke zog überheblich die Augenbrauen hoch.

»Worauf denn? Darauf, dass Minato deine Hand halten darf? Ts!« Ryo verdrehte die Augen. »Wer will schon DEINE Hand halten, Tomato?«

Soweit Minato wusste, war Ryo der einzige, der Kushina noch manchmal bei diesem alten, grausamen Spitznamen nannte, obwohl er von ihr dafür schon die eine oder andere Prügel kassiert hatte. Auch jetzt spürte er regelrecht, wie Wut in Kushina aufkochte und ihr Gesicht wurde rot – tomatenrot.

»Du bist nur neidisch darauf, dass Mädchen Minato lieber mögen als dich, ya know!«, keifte Kushina, die Hände zu Fäusten geballt. »Aber das ist auch kein Wunder, immerhin bist du ein richtiger Kotzbrocken!«

»Na na na«, beschwichtigend hob Jiraiya die Hände, »wir wollen doch nicht-«

»Auf Mädchen wie dich kann ich gerne verzichten!«, erwiderte Ryosuke genervt.

»Dann sprich mich bloß nie wieder an!«

»Ich hab dich nicht angesprochen!«

»Doch hast du!«

»Hab ich nicht! Das würde ich nie tun!«

Mit einem Seufzen ließ Jiraiya die Arme sinken und schüttelte den Kopf. Dann setzte er sich wortlos in Bewegung, sprang über die Klippen und landete leichtfüßig auf einer sanften Welle. Minato warf Kushina und Ryosuke noch einen kurzen Blick zu, dann folgte er seinem Sensei auf das Meer. Sie waren schon einige Meter gelaufen, als die Streithähne merkten, dass sie alleine waren und folgten ihrem Team eilig.

»Sensei, wir sollten doch zusammen bleiben!«, beschwerte sich Ryosuke kaum dass er die Gruppe eingeholt hatte.

»Genau aus diesem Grund mag ich es für gewöhnlich nicht, mit Mädchen zusammen zu arbeiten.«, sagte Jiraiya mehr zu sich selbst als zu seinem Team. »Sie sind launisch und vernebeln den Männern den Kopf!«

»Sie hat mir nicht den Kopf benebelt!«, protestierte Ryosuke.

»Soweit ich gehört habe, ist Team Jiraiya das einzige reine Jungenteam, weil eurem Sensei der Umgang mit Mädchen verboten wurde.«

Das könnte sogar wahr sein, dachte Minato und warf einen Blick auf das Gesicht seines Senseis, der nach Kushinas Bemerkung beleidigt schmollte. Minato selbst hatte sich noch nie Gedanken darüber gemacht, warum sein Team nur aus Jungen bestand und in Kushinas Team zwei Mädchen waren. Er hatte immer gedacht, die Teams würden so besser harmonieren, obwohl er gehört hatte, dass Kushinas Team eher schlecht als recht zusammenhielt. Mikoto, Kushinas Teamkameradin, beschwerte sich in regelmäßigen Abständen über das temperamentvolle Mädchen und der verschwiegene Shibi schien wohl auch keine Hilfe bei ihren Auseinandersetzungen zu sein.

Über sein eigenes Team konnte sich Minato eigentlich nicht groß beschweren. Yasuko war manchmal etwas langsam und einfältig, aber dafür sorgte er bei Missionen stets für regelrechte Lachkrämpfe. Ryosuke war eigentlich die meiste Zeit in sich gekehrt, seine bissigen Bemerkungen stachelten seine Teamkollegen regelmäßig zur Höchstform auf und manchmal brauchte Minato nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen, um all seine Gedanken lesen zu können. Außerdem mochte Minato Jiraiya-Sensei, auch wenn er manchmal völlig verantwortungslos mit seinen Schützlingen umging, so war er doch immer da, wenn sie ihn brauchten und bereit, alles für sie zu geben.

»Zum Glück sind wir ein Jungenteam!« Ryosuke musterte Kushina abschätzig. »Wenn ich mir vorstelle, dass eine wie du immerzu auf unseren Missionen dabei wä- Au!« Kushina hatte Ryo einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst, den er nicht hatte kommen sehen und der Junge stolperte einen Moment benebelt vorwärts.

»Das hast du jetzt davon.«, murmelte Minato und lief wie sein Sensei und Kushina wortlos an Ryosuke vorbei. »Immer das Gleiche…«

»Was sich liebt, das neckt sich!«, lachte Jiraiya, erntete dafür aber einen bösen Blick von Kushina.

»Den Idioten? Nicht in tausend Jahren!«, erwiderte sie.

»Wir sollten einen Zahn zulegen, wenn du heute Abend noch Zeit für die Therme haben willst, Jiraiya-Sensei!«, versuchte Minato das Thema zu wechseln. Er hörte, wie Ryosuke mit schnellen Schritten versuchte, sie wieder einzuholen.

»Ah ja, die Therme…«, meinte Jiraiya mit einem anzüglichen Grinsen, als plötzlich hinter ihnen ein Schrei erklang. Ryosuke war nur noch ein paar Meter hinter ihnen, aber er verlor das Gleichgewicht, als das Meer unter ihm plötzlich nicht mehr in gewohnten Wellen auf und ab schwang, sondern plötzlich im Kreis rotierte. Er landete auf allen Vieren, starrte auf die Meeresoberfläche, die ihn erst um seine eigene Achse drehte und dann im Kreis herumwirbelte. Schlitternd kamen die anderen zum Stehen und Minato wollte gerade loslaufen, um seinem Freund zu helfen, als Kushina rief: »Zurück!«, ihn am Kragen packte und mit ihm drei Meter zurück sprang. Tatsächlich hatte sich der Strudel nur wenige Sekunden später bis zu dem Ort ausgebreitet, an dem Minato gerade eben noch gestanden hatte. Ryosuke war inzwischen von den Wassermassen recht weit nach unten gezogen worden, drehte sich schneller und schneller im Kreis und wusste nicht, wie er dem Strudel entfliehen konnte.

»Was sollen wir tun?«, fragte Minato seinen Sensei, aber Kushina rannte schon los. Sie lief einen Bogen um den Strudel herum in der entgegengesetzten Richtung der Strömung, um genügend Schwung zu haben, dann lief sie, die Richtung nicht ändernd in den Strudel hinein. Sie konzentrierte all ihr Chakra in ihre Füße, um von der Strömung nicht mitgerissen zu werden und lief in eine Spirale tiefer und tiefer in den Strudel hinein, bis sie Ryosuke erreichen konnte. Er war schon ziemlich grün im Gesicht, schaffte es aber, Kushinas Hand zu packen, als sie sie ihm entgegenstreckte. Mit aller Macht zog sie an Roysukes Hand und schleuderte ihn in die Luft, so hoch, dass er für einen Moment über den Strudel hinausschaute. Jiraiya reagierte schnell, sprang los, fing Ryosuke auf und landete mit ihm sicher auf der anderen Seite des Strudels.

Doch Kushina war immer noch in dem Strudel gefangen. Minato überlegte schon, wie er ihr zur Rettung eilen konnte, als die Kunoichi schon wieder los lief, diesmal mit dem Strudel. Tiefer und tiefer lief sie in einer Spirale in die Mitte des Strudels um genügend Schwung zu gewinnen für ihr nächstes Manöver. Kushina holte tief Luft, sammelte noch einmal ihr Chakra und sprang dann mit voller Wucht nach vorne. Das Wasser traf sie wie eine Wand, doch sie hatte genügend Schwung, um dem Sog in die Tiefe zu entgehen.

Fürs erste.

Sobald sie die saugende Wirkung nicht mehr spürte, begann sie zu schwimmen, so schnell und weit weg, wie sie nur konnte. Immer wieder spürte sie, wie die Strömung zum Strudel hin an ihr zerrte und sie musste schnell an die Oberfläche gelangen, um wirklich fliehen zu können. Das Salzwasser brannte in ihren Augen, der Druck auf ihren Ohren hielt an. Sie sah Schatten an der Wasseroberfläche, war sich aber nicht sicher, ob es ihre Teamkameraden oder nur Seetang war, aber es war ihr auch egal. So schnell sie konnte schwamm sie an die Oberfläche, holte keuchend Luft und spürte schon wieder den Sog an ihren Füßen. Eilig sammelte sie ihr Chakra und versuchte sich an der Wasseroberfläche hoch zu ziehen, doch das war bei dem nun starken Wellengang gar nicht so leicht. Es war Jiraiya, der plötzlich neben ihr stand, ihren Arm packte und sie aus dem Wasser zog. Ohne zu verharren liefen die beiden schon weiter, weg von dem riesigen Strudel, der sich vor ihnen aufgetan hatte. Minato und Ryosuke warteten weiter hinten, wie auf einem Laufband rückwärts laufend, um nicht in den Sog zu geraten.

So plötzlich, wie der Strudel entstanden war, verschwand er auch plötzlich wieder und schon ein paar Sekunden später war das Meer wieder ruhig und friedlich.

»Alles in Ordnung?« Besorgt sah Jiraiya in Kushinas und Ryosukes Gesichter. Kushina nickte und holte noch zwei Mal tief Luft, sich das Haar aus dem Gesicht wischend, das an ihrer Stirn und Wange festklebte.

Ryosuke hingegen war immer noch ein wenig grün im Gesicht. »Was war das?«, fragte er und fuhr sich benommen durch das Haar.

»Ein Strudel, was denn sonst?« Jiraiya warf noch einen prüfenden Blick über die Schulter, doch das gefährliche Naturphänomen blieb verschwunden.

»Wo kam der auf einmal her?«

Jiraiya zuckte mit den Schultern, während Kushina die Augen verdrehte. »Auf einmal?«, fragte sie und schüttelte den Kopf. »Das konnte doch jedes Kind sehen, dass sich da bald ein Strudel bildet!«

»Ach ja?« Ryosuke ballte die Hände zu Fäusten und sah sie wütend an, doch bevor er einen neuen Streit vom Zaun brechen konnte, ging Minato dazwischen. »Woran kann man das erkennen, Kushina-chan?«, fragte er mit ehrlichem Interesse.

»Das Wasser.« Kushina sah sich kurz um, zeigte dann auf einen Punkt hundert Meter von ihnen entfernt. »Wo sich ein Strudel bildet, brechen sich die Wellen plötzlich vermehrt, bis sie gänzlich verschwinden.«

Tatsächlich brachen sich an dieser Stelle mitten im Ozean die Wellen, sodass dort für ein paar Sekunden ein weißer Fleck entstand, dann verschwanden die Wellen, bis sich plötzlich eine Beule im Wasser bildete, die zu rotieren begann. Ängstlich machte Ryosuke einen Schritt zurück.

Doch hätte Kushina sie nicht darauf aufmerksam gemacht, wäre ihnen dieser neue Strudel niemals aufgefallen.

»Warum hast du nichts gesagt?«, fragte Ryosuke schließlich und Kushina zuckte mit den Schultern.

»Ich dachte, wenn Jiraiya-Sensei diesen Weg wählt, wird er schon seine Gründe dafür haben.« Sie blickte auf das Meer und folgte mit dem Augen etwas, das sich wohl unter ihren Füßen befand. »Wir sollten weiterlaufen. Die Fische fliehen, was heißt, dass sich hier bald ein neuer Strudel bildet.«

»Weißt du was, Kushina-chan?« Jiraiya legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. »Von nun an führst du unsere Gruppe!«
 

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»Und wie… wie hast du es geschafft, so viele Freunde zu finden?«, fragte Kushina mit großen Augen, doch Minato zuckte nur mit den Schultern.

»Hab sie auf facebook geaddet«

-- kleiner Scherz^^--
 

Ok, jetzt mal ernsthaft:

Wie findet ihr meinen ersten Versuch einer Naruto-ff? Ich finde es wirklich richtig schwierig den Humor der Serie im Geschriebenen aufrecht zu erhalten... Man hat so beim schreiben die Bilder des Animes vor Augen, die typischen Gesichter usw aber wie soll man sie beschreiben? Find ich wirklich nicht einfach...

Und auch die "eigenen Figuren" zu beschreiben, ohne sie zu zeichnen fällt mir in diesem Manga-Genre echt schwierig... Btw I don't own Naruto. Und Minatos Team-Kollegen Ryosuke und Yasuko hab ich mir von so einem Bild von Team-Jiraiya abgeguckt... Die namen hab ich mir ausgedacht, ich glaube aber, dass dieses Bild mit Jiraiya und den drei Jungs nur im Anime vorkommt... Oder täusche ich mich da? Die namen von Minatos Teammitgliedern sind jedenfalls nicht bekannt.
 

Der Genre der Gesichte ist Romantik, aber ich will versuchen, auch viel Humor reinzubringen, weil Naruto ohne lacher einfach nicht Naruto ist. Drückt mir die Daumen, dass es mir gelingt!

Ich freu mich auf eure Reviews

viele Grüße,

eure Jojoi



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2013-10-08T18:56:58+00:00 08.10.2013 20:56
Ich finde die Idee echt super ;) Mach bitte so weiter !
Die Story kann echt was werden ;)
Ich bin gespannt wie es weiter geht ;)
LG
Kagome45


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