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Conclusion

Devil Survivor 2 - OVA
von

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3rd Day - Tuesday of Turbulence

An diesem Tag erwachte Hibiki durch das Vibrieren seines Handys, das wie immer direkt neben seinem Bett auf dem kleinen Regal auf Griffhöhe gelegen hatte und munter vor sich hin leuchtete.

Er drehte sich zu seinem Schrank, nahm das Handy an sich und klappte mit noch müdem Blick das Display auf.
 

„Makoto wird dich um 10:00 Uhr abholen.

-Yamato“
 

Hibiki blinzelte verwundert, so als könnt er nicht richtig lesen, was ihm das Display zeigte, da er noch zu verschlafen war, oder als würde er noch halb träumen und eigentlich würde ihn sein Handy nur informieren, dass heute ein besonders sonniger Tag werden würde.

Er setzte sich auf, zog sich seine Sachen an und ging schnell kalt duschen, in der Hoffnung, er würde davon richtig wach werden und nicht mehr noch halb in seiner Traumwelt schweben, aber auch, nachdem er damit fertig geworden war, flimmerten ihm die ungewöhnlichen Silben nüchtern entgegen.

Dass Yamato seine Handynummer hatte und Hibiki dahingehend erreichen konnte, das wunderte ihn nicht weiter, schließlich konnte sich Yamato Zahlen gut merken und in dieser einen Woche war es auch mehrmals nötig für ihn geworden, Hibiki zu verständigen. Aber die Tatsache, dass Yamato ihm so eine Aufforderung zur frühen Morgenstunden schicken würde... das sprach einerseits für ihn, anderseits aber hätte Hibiki so etwas überhaupt nicht erwartet. Er blickte kurz auf seinen Wecker, der ihn mit der beruhigenden Information versorgte, dass ihm noch drei Stunden bleiben, bis es um zehn sein würde, dann stand er auf und ging in die Küche, um sich schnell ein kleines Frühstück zu machen. Die letzten der haltbaren Onigiri wurden verspeist, und er entschied, dass er noch schnell einkaufen gehen könnte, ehe Makoto ihn abholen würde. Er wusste, dass Yamato mit solchen Dingen keine Scherze machte – er wusste, dass Yamato generell immer ernst war – und neugierig auf das, was ihn erwarten würde, war er ja, er wollte ja selbst auch noch einmal mit Yamato reden.

Nachdem er mit dem Frühstück fertig war und sich im Bad die Zähne putze, erblickte er im Spiegel erneut einen ihm sehr bekannten Streifenpullover.

„Guten Morgen, Hibiki“, sprach Alcor zufrieden.

Hibiki spuckte den noch übrigen Zahnpastaschaum mit einem kräftigen Schluck Wasser zusammen aus, dann verließ er das Bad und schlüpfte wieder in seine Lieblingsjacke.

„Guten Morgen, Alcor“, erwiderte er jetzt den Gruß, „Was gibt es?“

Natürlich hatte Hibiki auch wichtige Fragen an Alcor, aber für den Moment wollte er ihn zuerst sprechen lassen. Beide verließen zusammen die Wohnung und betraten den Aufzug, wobei Alcor wieder sehr darauf achtete, wie ein Mensch mit den Füßen am Boden zu laufen.

„Du hast es schon bemerkt, nicht wahr?“

„Den Dämon? Ja, schließlich war er in meinem Zimmer. Was hat das zu bedeuten?“

„Es ist nichts in der Dimension der Prüfung“, verkündete Alcor, „Das kann ich dir versichern. Mehr Informationen als diese kann ich dir aber leider auch nicht zukommen lassen.“

„Darfst du das nicht, oder hast du einfach keine weiteren Details?“, fragte Hibiki verwundert, was Alcor nur mit einem verschämten Lächeln quittierte.

„Ich weiß nicht mehr von allen Dingen, die auf der Erde passieren, da ich über meine Zuständigkeit offiziell nicht mehr verfüge. Mit dem vorläufigen Sieg der Menschen über die Septentrion endete meine Berufung und ich bin momentan praktisch nur noch ein geduldeter Besucher dieser Welt.“

„Alcor...“

„Das ist eine Tatsache, Kuze Hibiki, ich komme damit zurecht. Ich besuche die Erde gern und sehe zu, wie sie sich entwickelt. Glaube mir, ich bin glücklich mit dem, was ich noch habe. Ich sehe auch keinen Sinn darin, über etwas betrübt zu sein, was ich ohnehin nicht zu ändern vermag. Meine kleinen Menschen können endlich auf sich selbst aufpassen, das macht mich auch glücklich.“

Der Aufzug kam endlich unten an und Alcor und Hibiki verließen ihn, um nach draußen zu treten und sich zum Supermarkt zu begeben.

Dort angekommen schien Alcor es ungemein interessant zu finden, wie das Prinzip „Einkaufen“ funktionierte. Hibiki kaufte nicht besonders viel, da sein Budget das einfach nicht zuließ, dafür aber konnte er die ganze Zeit die leuchtenden Augen Alcors beobachten, der wohl versuchte, optisch so viel wie nur möglich aus der für ihn sehr interessanten und bunten Umgebung mitzunehmen.

„Hast du eine Idee, was Yamato von mir wollen könnte?“, fragte Hibiki Alcor nun, während sie an der Kasse standen. Normalerweise würde man im Beisein von so vielen anderen Menschen wohl eher aufpassen, was man erzählen konnte, aber bei dieser Lautstärke, bei der Hibiki kaum seine eigenen Worte verstehen konnte, war das schon in Ordnung.

„Hibiki... ich habe keine Informationen mehr.“

„Ich möchte wissen, was du denkst, und nicht, was du weißt!“, meinte Hibiki und lächelte sanft.

„Nun gut... stimmt, es ist nicht immer nötig, nur vollständige Informationen auszutauschen. Was also Yamato angeht... ich denke, er könnte etwas über das plötzliche Auftauchen von Dämonen wissen. Er weiß, dass du die nötige Kraft hast, Dämonen gegenüberzutreten, dafür könnte er dich brauchen.“

„Du meinst, er kontaktiert mich nur, weil er meine Fähigkeiten nutzen will?“, fragte Hibiki, während er seine Einkäufe auf das Fließband legte.

„Oh, ich habe nicht behauptet, dass da nicht noch eine persönliche Komponente mit reinspielt“, beschwichtigte Alcor, „Aber meine erste Vermutung wäre eben, was ich zuvor gesagt habe.“

Dazu fiel Hibiki nichts weiter ein, weil er fühlte, dass es weder Yamato noch Alcor gerecht werden würde.
 

Zurück in seiner Wohnung verstaute er seine Einkäufe, dann schnappte er sich sein Handy, packte es ein und wandte sich zum Gehen, da es mittlerweile fast 10:00 Uhr war.

„Möchtest du nicht mitkommen, Alcor?“, fragte Hibiki, während er seine Schuhe wieder anzog.“

„Nein, ich glaube nicht, dass Yamato viel daran liegt, mich wieder zu sehen. Ich beobachte einfach die Geschehnisse weiter und versuche, etwas herauszufinden, was dir nützen könnte.“

„In Ordnung, vielen Dank!“, bedankte sich Hibiki und nickte ihm zu. Er hätte Alcor zwar gerne dabei gehabt, aber er wusste, dass es im Moment nicht viel Sinn machte, mit ihm zu diskutieren, denn ehe Hibiki noch etwas sagen konnte, war Alcor ohnehin schon wieder verschwunden. Wo er sich wohl gerade befand?

Hibiki verließ seine Wohnung – nachdem er sichergestellt hatte, dass das Fenster diesmal wirklich geschlossen war, obwohl er wusste, dass das einen Dämonen, der wirklich hinein wollte, nicht aufhalten würde – und rannte wieder durch das Treppenhaus hinab. Unten angekommen wartete auch schon die vertraute schwarze Limousine – was einige Leute, die die Straße entlang liefen, zwar zu neidischen Blicken bewegte, sonst aber scheinbar nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog – deren Fenster sogleich herunter gelassen wurde. Zwei sehr vertraute, kalte, lavendelfarbene Augen funkelten Hibiki entgegen und wieder einmal zeigte Yamato Hotsuin, der Besitzer, sein seltenes Sparlächeln, das nur dem eigenen Triumph oder – in selteneren Fällen – Hibiki galt.

„Du bist also meiner Aufforderung gefolgt, Hibiki... gut für dich“, meinte Yamato, woraufhin Makoto ausstieg und Hibiki die Tür auf der anderen Seite des Gefährts öffnete, sodass dieser sich schüchtern hineinsetzten konnte.

Von innen war die Limousine genauso ausgestattet, wie man es von außen erwarten würde: Glänzendes Leder zierte alle Sitze des Wagens, der über drei Sitzreihen verfügte, was auch der Geruch verriet.

Hibiki schnallte sich vorsichtig an, dann setzte sich der Wagen in Bewegung. Die Fenster wurden wieder elektrisch nach oben gekurbelt und er hatte nun endlich die Gelegenheit, Yamato nach den aktuellen Geschehnissen zu fragen.

„Yamato, es sind wieder Dämonen auf dieser Welt aufgetaucht.“

„Das ist mir bewusst“, entgegnete Yamato kühl, „Es ist einer der Gründe, weswegen ich dich zu mir hole. Allerdings kann ich dir erst alles erklären, was ich bisher weiß, wenn wir wieder bei JPs sind. Es handelt sich dabei um streng vertrauliche Informationen und nur im Quartier kann ich absolut ausschließen, dass wir abgehört werden könnten.“

Hibiki nickte und schwieg erst einmal beharrlich, obwohl ihm noch viel andere Dinge einfielen, die er Yamato gern fragen würde, die nichts mit diesem Vorfall zu tun hatten.

Yamato aber blickte nur stoisch aus dem Fenster, sodass Hibiki ihn nicht einmal mehr anblicken konnte. Er konnte nicht erahnen, was gerade in Yamatos Kopf vor sich ging, sodass er seinerseits ebenfalls aus dem Fenster blickte und die vorbeiziehenden Gebäude beobachtete. Tokyo war eine wirklich große Stadt und wieder kam die schmerzliche Erinnerung, wie alles hier in Trümmern gelegen hatte, zu Hibiki zurück. Im Endeffekt hatte er nichts verloren, weder sein Zuhause, noch seine Familie, noch seine Freunde, aber irgendwie empfand er es noch immer als sehr unbehaglich. Schließlich hatte er das alles immerhin kurzzeitig niucht mehr gehabt und noch immer beschlich ihn manchmal, gerade abends, das Gefühl, dass der Frieden doch nur trügerisch war. Die Prüfung war vorbei, Hibiki akzeptierte das und war sich auch sicher, dass sich daran nichts ändern würde, dennoch war ihm manchmal so, als wäre er anders als die anderen, die sich dieses Szenario nicht einmal vorstellen konnten. Das hieß, Daichi konnte es wohl, ob seiner lebhaften Fantasie und Io glaubte es ihm immerhin, aber das war etwas anderes, als Yamato, mit dem sich Hibiki auch tatsächlich die Erinnerungen an dieses Ereignis teilte.

„Wir sind da“, verkündete Yamato kurz, der Wagen kam zum Stehen und alle drei verließen ihn, um gleich darauf das JPs-Gebäude zu betreten und mit dem Fahrstuhl in die Kommandozentrale zu fahren.

„Dir ist bewusst, dass die Abwesenheit der Septentrion nicht die Abwesenheit der Dämonen in unserer Welt bedeutet, richtig, Hibiki?“

„Sie waren immer da und werden immer da sein“, stimmte Hibiki zu, „Aber wieso tauchen sie jetzt, ein Jahr nach dieser ganzen Sache, plötzlich wieder auf?“

„Die modifizierten Version von Nicaea kam denjenigen unter den Demon Tamern zu, die ein besonders hohes Potenzial im Kampf gegen Dämonen aufwiesen“, erklärte Yamato, „Natürlich verfügte JPs bereits lange davor über ein Programm, das demselben Zweck diente. Ich habe für JPs nur die besten Programmierer rekrutiert, denen ich die rechtzeitige Fertigstellung dieses Projekts zutrauen konnte. Allerdings...“

Zögerlich betrachtete Yamato die Schalttafel des Aufzugs. Er wirkte nicht verlegen, aber so, als würde er nachdenken. „Allerdings bin ich in einem Punkt wohl nicht unfehlbar gewesen. Dieses Individuum, Takahara... er war ein Fehler. Dieser schwache, erbärmliche Geist.“ Zornig schlug Yamato nun gegen die Aufzugwand, ganz so, als würde er Takahara die Schuld dafür zuweisen, dass er selbst einen Fehler gemacht hatte.

„Kurz nachdem der Angriff der Septentrion nicht stattgefunden hatte...“, Yamato pausierte kurz, „musste Takahara wohl beschlossen haben, dass es ihm nicht reichte, nur das Programm entwickelt zu haben. Es hat keinen Sinn, einen Arbeiter nach verrichteten Dingen noch weiter zu bezahlen, das ist mehr als nur selbstverständlich. Das Programm war fertig und als regulärer Mitarbeiter war Takahara nutzlos, es gab hier für ihn weiterhin nichts mehr zu tun, daher habe ich ihn entlassen müssen.“

Der Aufzug erreichte endlich die Hauptebene des Quartiers, woraufhin Makoto sofort zu der Schalttafel schritt, an der Hibiki auch Professor Kanno erkennen konnte.

„Er macht mir Vorwürfe, da er seine Familie die letzten Jahre nur wegen dieser Arbeit hier vernachlässigt habe. Ich habe mitbekommen, dass seine Frau mit ihrem Kind in eine andere Stadt gezogen ist und ihn verlassen hatte. Ich kann es ihr nicht verdenken.“

Yamato schritt weiter durch die Gänge, während Hibiki nur folgte, ihm dabei gut zuhörend. Yamato meinte also, zu wissen, worin die richtigen Qualitäten für einen Lebenspartner lägen.

„Du wirkst überrascht“, bemerkte Yamato, „Dabei liegt es auf der Hand. Takahara war schwach und vom Geltungsdrang zerfressen. Für ein klein wenig Anerkennung und das Gefühl, etwas wert zu sein, hatte er sich von sich aus dazu entschieden, für mich zu arbeiten und seine Familie zu verlassen. Ich habe ihm wie auch allen anderen klar gemacht, dass sie die nächsten Jahre meiner Kontrolle unterstünden, was eben bedeutete, dass sie ihr Leben hauptsächlich bei JPS zubringen würden, damit keine Informationen nach außen gelangen und private Faktoren ihre Arbeit nicht beeinflussen konnten.“

Yamato pausierte nun, sodass Hibiki eine wichtige Frage formulierte: „Wenn du diesen Takahara so verachtest, wieso erzählst du mir dann von ihm?“

„Das Individuum Takahara ist es nicht wert, von ihm zu reden, das ist wahr, aber der Programmierer Takahara ist es, der bedauerlicherweise zur Sprache kommen muss.“

Yamato ballte seine linke Hand zu einer Faust.

„Dass er mich persönlich für sein erbärmliches Leben verantwortlich macht, dürfte deutlich geworden sein und an sich würde mich das nicht weiter interessieren“, erklärte er, „Aber er ist es, der das finale Programm modifiziert hat, er hat modifizierte Versionen diese Programms bei sich, die er nur entschlüsseln muss, um sie in der Bevölkerung zu verteilen zu können.“

„Die daraufhin die Fähigkeit wieder hätten, Dämonen zu beschwören“, ergänzte Hibiki besorgt.

„Richtig. Er will sich an JPs und besonders an mir rächen, indem er der Bevölkerung offen zeigt, woran hier die letzten Jahre gearbeitet worden ist. Die Lösung des Problems erscheint offensichtlich, nicht wahr?“

„Wir müssen die Modifikationen, die sich noch in seiner Hand befinden, vernichten“, überlegte Hibiki laut, „Was heißt, wir sollten ihn...“

„Töten.“

„Y-Yamato, wir können doch nicht einfach-“

„Takahara ist im Besitz von Informationen und im weitesten Sinne auch Waffen, die Japan und auch JPs sehr gefährlich werden können. Selbst wenn wir alle Modifikationen, die sich noch in seinem Besitz befinden, in Beschlag nehmen könnten, es ist unmöglich, auszuschließen, dass er einen anderen Weg finden wird, Dämonen in diese Welt zu rufen. Er weiß zu viel.“

Yamato und Hibiki waren nun in Yamatos Büro angekommen, wo Cerberus, das dämonische Löwenbiest, bereits auf die Wiederankunft seines Herrn gewartet hatte.

„Das ist der Grund, weshalb ich wieder Kontakt zu dir gesucht habe, Hibiki“, erläuterte Yamato, dann nahm er auf seinem Bürostuhl Platz, woraufhin sich Cerberus sofort zu seinen Füßen niederlegte. „Du bist der einzige Mensch, dessen Fähigkeiten zur Beschwörung und Kontrolle von Dämonen meine übertreffen, der geborene Anführer. Ich vertraue darauf, dass du mir beim Aufspüren und Beseitigen dieses Programmierers behilflich sein wirst.“

Hibiki umschloss sein Handy in seiner Hosentasche fest, er konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie es war, Byakko in den Kampf zu schicken und er wusste, dass es genau diese Art von Hilfe war, mit der er Yamato zur Seite stehen würde.

„Wir haben noch ein paar Handys mit dem Programm zur beschwörung von Dämonen darauf.“, verkündete Yamato, der Hibikis Gestik genau beobachtete. „Du würdest also für die Dauer deiner Mithilfe ein Handy von JPs gestellt bekommen.“

„War das der Grund, weswegen du mich wieder kontaktiert hast?“ Hibiki senkte seinen Blick, sodass dieser Yamato verborgen blieb. „Nur, damit ich für dich kämpfen kann?“

„Glaub' was immer du willst“, brummte Yamato verärgert, „Viele Menschen sind in großer Gefahr, wenn du mir und JPs nicht zur Seite stehen willst.“

„Ich mache es.“, konnte Hibiki sich selbst widerwillig sagen hören. Eigentlich waren ihm viele andere Dinge durch den Kopf gegangen, die er jetzt stattdessen hätte sagen wollen, aber sein Verantwortungsbewusstsein suggerierte ihm klar, dass er das nicht machen konnte.

Hibiki stand Yamato gegenüber, blickte noch immer zu Boden und schwieg. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber im Moment fühlte er sich durch Yamatos Verhalten verletzt. Ob er ihn wohl auch hätte treffen können, wenn nicht dieser Programmierer seinen Groll gegen JPs würde ausleben wollen?

„Allerdings befindet sich das Programm noch in einer Testphase“, erklärte Yamato nun, „Wahrscheinlich werden wir es frühestens am Donnerstag oder Freitag nutzen können. Bis dahin wird es dir genügen müssen, mit mir und Cerberus eventuelle Bedrohungen zu beseitigen, während wir daran arbeiten, Takahara aufzuspüren. Solange du in meiner Gegenwart bist wirst du nicht schutzlos sein.“

„Oberkommandant!“, schrie Makoto und stürmte in das Büro, „In Shinjuku ist ein Dämon aufgetaucht, die Sensoren lassen keinen Zweifel zu!“

„Verdammt, das ist nicht gut!“, fluchte Yamato, „Los jetzt Hibiki, wir dürfen keine Zeit verlieren! Makoto, bereite den Wagen vor, wir müssen so schnell wie möglich vor Ort sein.“

„Sehr wohl!“, antwortete Makoto schnell und stürmte dann los, dicht gefolgt von Hibiki und Yamato. Hibiki wusste immer noch nicht, was er jetzt von Yamato halten sollte, aber im Moment ging es um das Leben Unschuldiger, da musste er helfen. Auch wenn er ohne Byakko natürlich keine besonders hohe Kampfkraft aufbringen konnte, mit Sicherheit würde er einen Weg finden, sich nützlich zu machen.
 

In Yamatos Wagen herrschte auch dieses Mal wieder eine angespannte Stille, allerdings hauptsächlich daher, weil Hibiki einfach besorgt um die Menschen in Shinjuku war. Viele seiner Mitstudierenden lebten dort, Daichi und Io waren in den Ferien immerhin öfter dort unterwegs und natürlich waren das nicht die einzige Leben, die es dort zu schützen galt.

Yamato und er sprangen regelrecht aus der Limousine und sofort zückte Yamato sein Handy, bereit, Cerberus zu beschwören, sobald er ihn brauchen würde.

Laute, ängstliche Schreie, deren Bedeutung in dem Lärm unmöglich nachzuvollziehen war, dröhnten von den panisch flüchtenden Menschen.

„Wir müssen nur in die Richtung, aus der die ganzen Menschen fliehen!“, rief Hibiki, aber die ihm und Yamato entgegenströmenden Menschenmassen erschwerten es erheblich, sich richtig fortzubewegen.

„Verdammt nochmal..“, fluchte Yamato leise, dann sah er ein, was er zu tun hatte.

Er packte Hibiki schnell bei der Hand und befahl: „Festhalten, Hibiki!“

Dann zückte er sein Handy, das um seinen Arm herum sofort die vertraute blaue elektrische Säule aufbaute.

„Cerberus!“, verhallte der Beschwörungsruf Yamatos, den Hibiki in dieser Woche so oft gehört hatte... irgendwie tat es ihm weh. Für Gefühle und deren Bedeutung hatte er allerdings keine Gedanken mehr übrig, als er auf einmal bemerkte, wie er sich in die Luft erhob und auf dem Rücken eines gewaltigen, löwenartigen Dämonen die Menschen Shinjukus von oben erblicken konnte. Intuitiv klammerte er sich an Yamato fest, sodass dieser Cerberus gestatten konnte, das volle Tempo anzusetzen und mit großzügigen Sprüngen die Menschenmassen zu umgehen.

Einige Menschen stoben jetzt panisch in alle Richtungen, da jetzt eben noch ein Dämon aufgetaucht war, aber das war Hibiki gerade egal. Sie taten schließlich das Richtige.

„Da, ich hab ihn!“, rief er dann als nächstes aus, da er den Dämonen erblickt hatte, der diese Gegend bedrohte. Wie auf Kommando ertönte ein lautes Trompeten, ein großer Rüssel schwang und hieb nach Cerberus, verfehlte allerdings.

„Es handelt sich bei diesem Dämonen um einen Nalagiri“, meldete sich Professor Kanno per Funk, „Ein Kishin. Die effektivste Art, ihn anzugreifen, dürften Elementarangriffe sein.“

Ein großer, menschenähnlicher, gut drei Meter hoher Körper, auf dessen Spitze der Kopf eines Elefanten thronte, war zu sehen, wie er wild um sich schlug. Er hatte aber augenscheinlich bisher nur Sachschäden verursacht, zumindest konnte Hibiki kein Blut oder Verletzte erspähen. Besonders lange befand sich der Dämon wohl noch nicht in ihrer Welt.

„Viele Gedanken müssen wir an das Biest nicht verschwenden, das ist ohnehin ein Cerberus unterlegener Dämon“, wertete Yamato, „In jeder Hinsicht ungefährlich.“

Für die Menschen der Umgebung, die sich selbst nicht gegen den Kishin wehren konnte, war die Situation natürlich alles andere als ungefährlich, aber es stimmt, für Cerberus war Nalagiri kein Gegner. Hibiki und Yamato sprangen vom Rücken Cerberus' ab, landeten sicher und sahen nun zu, wie das Biest seine scharfen Klauen in dem massigen Körper versenkte. Der Kishin schrie auf und obwohl kein Blut zu sehen war, waren ihm die Schmerzen sehr deutlich anzumerken. In Cerberus' Rachen bildete sich nun lodernde Flammen, er führte den Angriff Maragi aus, dessen garstige Flammen den Kishin wild tanzend einhüllten, bis sie schließlich seinen Körper freigaben, da er offensichtlich keiner weiteren Bearbeitung bedurfte.

„Hibiki, pass' auf!“, rief ihm Yamato zu, woraufhin sich Hibiki aus seiner erschrockenen Starre lösen und einen großen Satz rückwärts machen konnte, was auch bitter nötig war, denn keine fünf Sekunden danach, krachte Nalagiri mit einem ohrenbetäubenden Lärm und einem hässlichen Krachen zu Boden, sodass er genau vor ihm lag. Der wütende Kishin war bezwungen worden.

Es war, als würden sich kleine Splitter vom Körper der Kreatur lösen, als würde sie zerbrechen, dann schließlich verschwand sie, so als hätte es sich bei ihr nur um ein Hologramm gehandelt. Aber Hibiki wusste es besser – das war real gewesen.

Yamato wischte sich etwas aufgewirbelten Dreck von der Wange, dann starrte er auf die gewaltige Delle, die Nalagiri in der Straße hinterlassen hatte.

„Geschafft“, staunte Hibiki, der noch immer ein wenig außer Atem war. Obwohl dieser Sieg praktisch garantiert gewesen war, beängstigend war es allemal gewesen, zumal er Byakko nicht wie üblich an seiner Seite gehabt hatte.

Langsam näherten sich wieder ein paar Menschen dem Schauplatz des Kampfes und beobachteten die beiden Jungen und Cerberus argwöhnisch.

„Verfluchter Takahara“, knurre Yamato, „Ein einziger Dämon und so viele Probleme... Wer hätte gedacht, dass dieser Abschaum so ein hohes Potenzial in sich birgt.“

„W-Was war das für ein Monster?“, fragte einer der Menschen, der auch zuvor in sicherer Entfernung zugesehen hatte und sich nun Hibiki und Yamato näherte. Seine Ausstrahlung musste wohl fragwürdig sein, denn Cerberus knurrte laut, als der Mann sich seinem Herrn bis auf wenige Meter genähert hatte.

„Aah! D-Da ist ja noch so eines!“, schrie er erschrocken auf, „Diese Jugendlichen- die müssen die Monster gelenkt haben! U-Und jetzt wird es mich angreifen!“ Er lief einige Meer rückwärts, bis er über ein Trümmerteil stolperte und benommen liegen blieb. Andere Menschen, vielleicht 100 an der Zahl, beobachteten die Szene verunsichert.

„Was für ein absurder Gedanke“, kritisierte Yamato und starrte dem gestürzten Mann verächtlich entgegen.

„Sagt schon, was habt ihr euch dabei gedacht!“, schimpfte nun auch eine Frau, „Ich wollte hier nur mit meinem Sohn einen schönen Mittag verbringen und dann- denkt doch einmal an die Menschen!“

Hibiki musterte die Menschen, die sich nun auf einmal geschlossen näherten, sehr kritisch – jedem von ihnen sollte klar sein, dass Yamato sie gerade gerettet hatte! Wie kamen sie denn auf den Gedanken, dass er ihnen schaden wollte? Hätte er das nicht schon längst getan, wenn er es gewollt hätte?

„Schwachköpfe...“ Yamato ballte seine Hand erneut zu einer Faust.

„Was soll das!“, konnte Hibiki nicht mehr an sich halten und erschreckte die Leute durch seine laute Stimme, sodass sie wieder ein wenig zurückwichen. Er konnte nicht zusehen, wie sie Yamato so unfair behandelten.

„Dieser Mann hat Ihnen gerade das Leben gerettet, ist das nicht offensichtlich? Er hat Nalagiri vertrieben, ohne ihn würde der Dämon noch immer hier wüten! Wie kommen Sie auf die Idee, dass er Ihnen schaden würde?“

„D-Das muss sein Komplize sein! Der redet ja völlig wirr!“, redeten die Leute, so als ob Hibiki gefährlich wäre. „Wir müssen was tun! Irgendjemand muss doch was tun! Die beiden müssen genau solche Monster sein wie die Bestien, die sie mit sich haben!“

„Wir gehen“, verkündete Yamato geringschätzig, „Sollen sie doch draufgehen, wenn sie eine Hilfe nicht von einer Bedrohung unterscheiden können. Solche Menschen verdienen keinen Platz in dieser Welt.“

Cerberus machte einen gewaltigen Satz mitten in die Menschenmasse, sodass sie erneut panisch auswichen, als das Biest mit seinen Krallen nach ihnen schlug. Natürlich wollte es sie nicht treffen, sondern nur verjagen, und so klappte das auch.

Sofort war er wieder bei Hibiki und Yamato, die er auf seinen Rücken steigen ließ und dann wieder losspurtete. Erneut sprangen sie aus dem Weg, soweit sie nur konnten.

„Es gibt Menschen, die verdienen keine Rettung, merk' dir das Hibiki, wenn du das nächste Mal jemandem helfen willst.“

„Ich kann es immer noch nicht glauben... wie konnten die denken, dass wir ihnen gefährlich werden würden?“ Hibiki war jetzt, wo sich seine Wut gelegt hatte, einfach nur noch fassungslos. Letztes Jahr gab es zwar auch Moment, in denen die Leute an ihm gezweifelt haben, bis schließlich ein kleiner Junge zu Recht erkannte, was Hibiki für sie getan hatte, aber dass gleich ein ganzer Pulk von Menschen sie kollektiv zu Verbrechern erklären würden... das tat weh. Und obwohl Hibiki wusste, dass Yamato derlei Dinge nicht persönlich nahm, er meinte, auch bei ihm etwas Schmerzliches spüren zu können. Yamato hatte versucht, etwas Gutes zu tun, obwohl es ihm zuwider sein musste, diesen Menschen zu helfen – es ging ihm ja eigentlich mehr um JPs' und seinen Ruf – und war wieder einmal in seiner geringen Meinung von anderen Menschen bestätigt worden.

„Yamato...“, sprach Hibiki ihn vorsichtig an, „Du hast das Richtige getan. Es mag Menschen geben, die Hilfe nicht zu würdigen wissen, aber es gibt immer auch diejenigen, die die Wahrheit erkennen können und aufrichtig dankbar sein werden. Wir sollten sie nicht dafür bestrafen, dass sie in der Umgebung der falschen Leute sind.“

„Hibiki, du bist zu naiv“, antwortete Yamato darauf, ihm einen seitlichen Blick entgegenbringend. Er lächelte. „Es geht mir nicht um die Menschen. Das Thema ist für mich abgeschlossen. Es geht einzig und allein darum, Takahara aufzuspüren, der für diese Turbulenzen verantwortlich ist, ihn zu beseitigen und dann werden diese Ignoranten den Vorfall auch bald vergessen haben.“

„Aber wie sollen sie das vergessen? Ein riesiges Monster und dann das Loch im Boden.“

„Eine Gasexplosion, bei der anschließend ein halluzinogenes, austretendes Gas zu einer Massenhalluzination mit daran geknüpfter Panik geführt hat – hört sich das plausibel für dich an?“

Hibiki schwieg.

„Verwirrte Menschen sind nicht in der Lage, klar zu denken, sie werden jede noch so lächerliche Erklärung schlucken, wenn sie ihnen auch nur im Ansatz realistisch erscheint. Sie wollen eine Erklärung, sie bekommen eine Erklärung, das ist völlig ausreichend. So funktioniert die Gesellschaft, so hat sie es schon immer getan. Zudem habe ich die richtigen Kontakte und die richtigen Mittel, diese zu nutzen. JPs und uns wird nichts nachgewiesen werden können.“

Schon lange hatte Cerberus die Großstadt Tokyo hinter sich gelassen und war nun in einem schmalen Waldstrich angelangt. Hibiki und Yamato stiegen von seinem Rücken ab, in das weicher Gras und besahen sich die Umgebung genauer, dann ließ Yamato Cerberus wieder verschwinden.

„Chofu“, bestimmte Yamato die Gegend knapp, „Ich werde Makoto kontaktieren, damit sie uns hier abholt, dann kann sie dich auch nach Hause bringen. Sei dir meiner Wertschätzung für deine Gegenwart gewiss, Hibiki.“

„Yamato...“, Hibiki blickte ihn kurz an, dann wandte er sich ab und meinte: „Ich glaube, hier in den Wald wird Makoto nicht kommen können. Sollen wir vielleicht nach einer Straße suchen?“

„Das wird das Beste sein“, brummte Yamato und steckte sein soeben genutztes Handy wieder ein. Scheinbar gab es einen einfachen Kurzbefehl, den er Makoto übermittelt hatte, was schon ausreichte. „Also dann, worauf warten wir?“
 

Das Wäldchen war größer, als Hibiki und Yamato zunächst angenommen hatten, sodass sie nach einigen Minuten noch immer keine Straße gefunden hatten. Sie konnten sich nur in die Richtung orientieren, aus der alle paar Minuten das entfernte Motorengeräusch eines einsamen passierenden Wagens zu vernehmen war. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und tauchte das Wäldchen in ein müdes rotorange, wofür Hibiki an einem anderen Tag, den er vielleicht mit Daichi und Io hier spazieren gegangen wäre, sicherlich ein Auge gehabt hätte.

„Eigentlich müsste wir bald an der Straße ankommen“, bemerkte Hibiki vorsichtig, da er nicht wusste, was Yamato von ihrem eigentlich unfreiwilligen Waldspaziergang hielt. „Es tut mir Leid, meine Orientierung ist nicht gerade die Beste...“

„Das geht schon.“ Yamato sah zum abendlich bunt gefärbten Himmel auf. „Makoto wird wissen, wo sie hinzukommen hat, Fumi hat die Koordinaten und kann exakt bestimmen, wo wir gerade sind. Wenn wir Empfang hätten, dann könnte sie uns auch den richtigen Weg nennen.“

„Oh, ist da vorne eine Lichtung?“, fragte Hibiki plötzlich, da sein Blick beim Umherschweifen in der Umgebung an etwas hängen geblieben war. „Da stehen jedenfalls keine Bäume... wollen wir nachsehen?“

Yamato nickte nur, sodass Hibiki zu dem Weg ging, der sich dann endlich als Straße herausstellte, wie eine grelle Reflektion von Sonnenlicht auf die beiden bewies, die vorbei zu rasen schien.

Aber gerade als Hibiki sich der Straße nähern wollte, blieb er plötzlich mit dem Fuß an etwas hängen und stürzte unter einem kurzen „Uah!“ hin.

Yamato blieb kurz irritiert stehen, dann bückte er sich zu Hibiki und hielt ihm eine Hand hin „Steh' auf.“

Hibiki ließ sich von ihm aufhelfen, dann aber sah er sich um und bemerkte, worüber er gestolpert war: Ein kleines Kind lag im Gras und schlummerte selig vor sich hin.

Überrascht blinzelte Hibiki, dann ging er in die Hocke und versuchte, das Kind durch ruhiges zureden zu wecken: „Hey, meinst du nicht, das hohe Gras hier wäre ein unguter Ort zum Schlafen?“

„Nur noch zehn Minuten...“, nuschelte das Kind und drehte sich um. Jetzt fiel Hibiki auf, dass es eine kleine Stoffpuppe bei sich hatte, die kleine Flügel auf dem Rücken hatte, blondes, lockiges Haar und ein sehr fein gearbeitetes Gesicht hatte – ein kleines Engelchen. Sie sah nicht aus wie eine Puppe, die an im herkömmlichen Spielzeuggeschäft bekommen könnte.

„Du erkältest dich doch, wenn du hier im Gras liegen bleibst“, erklärte Hibiki, denn je weiter der Untergang der Sonne voranschritt, desto kühler wurde die Umgebung und das würde dem Kind, das nur einen weißen Pulli mit Kapuze und eine gelbe Latzhose trug, bestimmt zu kalt werden.

„Komm, Hibiki, wir verschwenden unsere Zeit“, brummte Yamato, woraufhin das Kind zu erwachen schien. Es setzte sich auf und blickte direkt in Hibikis überraschte, blaue Augen. Beide hatte die exakt selbe Haarfarbe, bloß waren die Haare des Kindes kürzer und glatt, und seine Augen waren dunkel, vermutlich braun, gefärbt.

„Wer bist du?“, war die erste Reaktion des Kleinen. Es rieb sich seine Augen und blinzelte noch etwas müde. „Und wieso ist es hier schon so dunkel?“

„Mein Name ist Hibiki und du hast hier geschlafen“, erklärte Hibiki sanft, „Aber langsam wird es doch ein bisschen kalt, oder? Solltest du nicht nach Hause gehen?“

„Sollte ich das, Angel?“, fragte das Kind ihre Stoffpuppe. „Ja, ich denke schon.“ Sie nickte zufrieden.

„Findest du von hier aus allein nach Hause?“, fragte Hibiki vorsichtig.

„Angel hilft mir, also ja“, erklärte das Kind und verneigte sich höflich vor den Beiden. „Danke sehr für's Aufwecken, ähm... Hibiki-san.“

„Nichts zu danken, komm' gut heim, ähm...“

„Rina“, half das Kind, das wohl ein Mädchen sein musste, ob es femininen Namens, weiter, „Gut, dann tschüss!“

Kurz blickten Yamato und Hibiki dem Mädchen noch nach, wie sie langsam zwischen den Sträuchern und Bäumen entschwand, dann hörten beide ein lauter werdendes Motorengeräusch, das sich ihnen näherte und Yamato war es, der Makoto am Lenkrad erkennen konnte.

„Gut“, bemerkte er kurz, dann blickte er Hibiki an, gab ihm die optische Aufforderung, den Wagen zu betreten.

„Bis Shinjuku ist es noch ein ganzes Stück“, erklärte er, „Makoto wird dich dorthin bringen.“

„Kommst du nicht mit, Yamato?“

„Ich muss zuvor noch etwas erledigen“, erläuterte er, „Aber wir werden uns morgen wiedersehen. „Pass auf dich auf, Strahlender.“

Damit war Yamato schon der Zweite, der Hibiki mit diese seltsamen Spitznamen bedachte. Ob der Erste, Alcor, schon bei Hibiki Zuhause auf ihn warten würde?
 

Nachdem Hibiki eingestiegen und Yamato außer Sichtweite geraten war, setzte sich die Limousine in Bewegung und hielt direkt auf Tokyo zu.

„Hotsuin-sama scheint sehr an dir zu hängen“, brummte Makoto Hibiki zu, der auf dem Rücksitz saß, obwohl der Beifahrersitz ohne Yamato frei gewesen wäre.

„Wir sind Freunde“, erklärte Hibiki, „Aber eigentlich arbeiten wir im Moment nur zusammen.“

„Gut, dann bilde dir weiter nichts darauf ein.“

„Hm?“ Hibiki sah überrascht auf. Von Makoto hätte er solche Worte nicht erwartet, er erinnerte sich zwar, dass sie Yamato nicht nur als ihren Chef mochte... aber für so etwas wie Eifersucht war sie eigentlich zu erwachsen.

„Versteh mich nicht falsch“, setzte sie nun an, wieder etwas ruhiger klingend, „Ich weiß, dass du ihm viel bedeutest... gerade deshalb bitte ich dich, ihm beizustehen. Was immer auch kommt. Ich meine nur... denke nicht, er würde sich so einfach ändern, nur, weil ihr die Arbeit miteinander verbringt. Du musst ihm die nötige Zeit geben.“

Makoto umklammerte das Lenkrad fester. Hibiki wusste, dass sie ihren Chef liebte, wie er war und dass sie keine Notwendigkeit darin sah, ihn zu ändern – aber sie wusste auch, dass es für Yamato im Endeffekt besser so wäre. Die Beziehung zwischen Hibiki und Yamato würde sich viel einfacher entwickeln können, da beide in etwa gleich alt waren, während Makoto mit ihren nun 27 Jahren nicht immer nachvollziehen konnte, welche Gedanken einem 19 Jahre alten Jugendlichen gerade durch den Kopf gehen mussten. Außerdem musste sie natürlich auch merken, dass Yamato ihr nicht so viel Anerkennung entgegen brachte, wie Hibiki.

Außerdem konnte sich keiner von ihnen wohl vorstellen, wie es sein musste, isoliert, ohne Freunde oder Familie aufzuwachsen.

„Ich werde dich jederzeit unterstützen, wenn es um Hotsuin-sama geht“, bot Makoto nun an, „Aber die wichtigsten Dinge kannst nur du übernehmen. Du bist der Einzige, der ihn erreichen kann, für den immer ein Platz in seinem Herzen offen sein wird. Was auch immer geschieht, vergiss das niemals.“

Hibiki wusste, dass es Makoto sehr weh getan haben musste, sich selbst und ihm gegenüber das alles auszusprechen, aber es war gut zu wissen, dass er auf sie würde zählen können.

„Makoto-san, es ist schön, um deine Unterstützung zu wissen.“, bedankte sich Hibiki aufrichtig.

„Wir haben dasselbe Ziel“, meinte Makoto und lächelte sanft, „Aber nur einer von uns wird es erreichen können.“
 

Vor Hibikis Wohnung ließ Makoto ihn den Wagen verlassen, Hibiki bedankte sich im Schein einer bereits angeschalteten Straßenlaterne nochmals bei ihr und schon fuhr sie weiter, vermutlich auf dem Weg zu JPs. Gerade, als Hibiki die Wohnung betreten wollte, klingelte plötzlich sein Handy, sodass er schnell in eine Hosentasche griff und es am Anhänger hervor zog.

„Ja, Hibiki hier?“, meldete sich Hibiki, ihm war nicht klar, wer ihn um diese Zeit noch anrufen sollte.

„Na, endlich erreiche ich dich!“, beschwerte sich eine Person am anderen Ende der Leitung, dem Ton konnte Hibiki entnehmen, dass es sich wohl um Keita handeln musste.

„Ah, Keita, guten Abend“, grüßte Hibiki höflich.

„B-Bild dir nichts ein, ich rufe dich nur an, weil ich dir etwas von Hinako Kujou ausrichten soll!“

„Wieso ruft sie dann nicht selber an?“, wunderte sich Hibiki denn wenn Keita schon seine Nummer hatte, konnte er sie doch ebenso gut Hinako geben. Moment mal, woher sollte eigentlich Keita seine Nummer kennen?

„Sie hatte keine Zeit, sich die Nummer noch aufzuschreiben“, erklärte Keita genervt, „Ich hab vorhin nur bei einigen Vorbereitungen geholfen, weil ich ausnahmsweise nichts zu tun hatte, da hat sie mich plötzlich gefragt, ob ich einen Hibiki Kuze kenne.“ Er seufzte vernehmlich. „Was bleibt mir da denn für eine Wahl, hm?“

„Danke dafür erstmal, aber wo hast du meine Nummer her? Von Daichi?“

„Ja, den habe ich gestern mit seiner Freundin getroffen, und meine Güte, der Kerl ist vielleicht anhänglich.“

„Danke dass du trotzdem die Zeit mit ihm verbracht hast, ich wette, das hat ihn sehr gefreut.“

„Hör' auf, dich andauernd zu bedanken, das hält ja keiner aus!“, knurrte Keita. „Jedenfalls, wegen Kujou... ihre Aufführung gibt sie morgen um 17 Uhr im Shinjuku Gyoen in... nun, Shinjuku. Wenn du nicht kommst, gibt’s Ärger.“

Das musste Keitas freundliche Art sein, eine höfliche Einladung auszusprechen.

„Ich werde da sein“, versprach Hibiki, auch wenn er noch nicht sicher wusste, wie es am Donnerstag mit den Ermittlungen um Takahara stehen würde.

„Gut. Ich... auch“, brachte Keita noch hervor, dann legte er auf. Er war nicht gut darin, zu verbergen, wie gerne er eigentlich mit anderen Leuten redete.

Hibiki steckte das Handy belustigt wieder ein, betrat dann erneut den Aufzug und fuhr zu seiner Wohnung hinauf, wo auch schon ein vertrautes Gesicht auf ihn wartete.

„Schön dich zu sehen, Alcor!“, begrüßte Hibiki seinen Besucher gleich, als er hinein kam.

Alcor hatte bereits auf dem Sofa Platz genommen und lächelte zufrieden, als er Hibiki erblickte. „Da bin ich ja genau zur rechten Zeit hierher gekommen!“, freute er sich, ehe er Hibiki zeigte, was er heute zum Abendessen zubereitet hatte.

„Sind das Okonomiyaki?“

„Ich habe vorhin die Zeit gefunden, ein wenig in diesem Buch zu lesen“, erklärte Alcor, dabei deutete er auf ein Kochbuch, das auf dem Tisch lag, das Hibiki von Io im Zuge der gesünder-leben-Aktion geschenkt bekommen hatte. Alcor musste vieles von dem, was Hibiki heute früh eingekauft hatte, aufgewendet haben, um tatsächlich ein paar vollständige Okonomiyaki zuzubereiten.

Die beiden setzten sich zusammen an den Esstisch, auch Alcor probierte ein wenig von seiner Kreation – und wirkte angenehm überrascht – ehe sie das Gespräch auf die Dinge lenkten, von denen Hibiki heute erfahren hatte. Hibiki erzählte alles, was ihm zu Takahara noch einfiel, wie er mit Yamato gegen Nalagiri gekämpft hatte, wie sie anschließend geflüchtet sind, weil sie scheinbar einen Teil der Shinjuku-Bevölkerung gegen sich aufgebracht hatten.

Alcor hörte aufmerksam zu, nickte immer wieder und versuchte offensichtlich, das mit dem, was er in Erfahrung bringen konnte, zusammenzusetzen.

„Ich habe Takaharas Familie gesehen“, erklärte Alcor, „Er hat eine Frau und eine kleine Tochter, die den Namen ihrer Mutter wieder angenommen hat. Seine Frau arbeitet hart, kann aber ihre Familie gut über die Runden bringen, auch der Kleinen scheint es ohne ihren Vater gut zu gehen. Ich kann es den beiden wirklich nicht verdenken, dass sie ihn verlassen haben, auch wenn ich Zwischenmenschliches natürlich nicht besonders gut deuten kann. Aber wie dem auch sei, zu Takahara konnte ich noch in Erfahrung bringen, dass es ihm noch nicht gelungen ist, das Programm zu entschlüsseln, um es unter Handybesitzern verbreiten zu können, aber ich kann nicht voraussagen, wie lange das noch so bleibt. Er arbeitet beinahe unermüdlich daran und es sieht nicht gut für euch aus.“

Hibiki nickte, aber er war sich sicher, dass er bald wieder an Yamatos Seite kämpfen können würde. Außerdem war Professor Kanno, die ja damit beauftragt war, Takahara aufzuspüren, ein Genie auf ihrem Gebiet, ohne Zweifel würde sie es bald geschafft haben.

„Vielen Dank für diese Informationen, Alcor, ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen werden“, bestätigte Hibiki und lächelte ihn zufrieden an. „Möchtest du morgen nicht vielleicht mit zu JPs kommen und Yamato selbst erzählen, was du weißt? Du könntest uns bestimmt eine große Hilfe bei der Aufklärung sein, Yamato würde bestimmt eine Aufgabe finden, der du gewachsen bist, die vielleicht auch nur du erledigen kannst.“

„Wir werden sehen“, verkündete Alcor kühl, „Ich bin nicht sicher, ob Yamato Hilfe von mir annehmen würde. Aber ich werde es für morgen in Betracht ziehen, mit dir zu JPs zu kommen.“

„Vielen Dank, Alcor, das bedeutet mir eine Menge!“

„Nichts zu danken, Hibiki wir sehen uns.“

Und wie an allen anderen Tagen zuvor war auch diesmal Alcor einfach verschwunden. Hibiki beeilte sich, das benutzte Geschirr noch zu säubern und alles für morgen vorzubereiten, was er brauchen würde, wenn er mit Yamato wieder auf Patrouille gehen würde.
 

Zwei Stunden später lag Hibiki wieder in seinem Bett, mittlerweile war es 00:23 Uhr und es war, als würde Hibiki spontan müde werden, jetzt, wo ihm das bewusst wurde.

Takahara hatte also eine Familie, die er aber so vernachlässigt hatte, dass sie sich von ihm abwandten und ihn nicht vermissen würden. So gesehen hieß das, dass Takahara auf der Welt wohl niemanden mehr hatte, es war beinahe verständlich, dass er so einen Hass auf Yamato hatte. Yamato hatte allerdings auch Recht, dass Takahara an seinem eigenen Schicksal Schuld trug, es war einfach unverantwortlich, dass er das jetzt auch an unschuldigen Menschen auslassen wollte.

Hibiki merkte, wie seine Augenlider langsam schwer wurden.

Ob Yamato jetzt auch so sein würde, wenn die beiden sich nicht kennengelernt hätten? Ob er es auch der Welt um jeden Preis für sein Schicksal heimzahlen wollen würde, indem er sie veränderte... Hibiki fiel darauf keine Antwort mehr ein, ehe er einschlief, aber tief in seinem Inneren kannte er sie ohnehin, so traurig es war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-27T10:35:15+00:00 27.09.2014 12:35
~ Kommentarfieber ~

Guten Tag,
es ist wahrscheinlich hilfreich, dass es Aktionen gibt, dann lese ich endlich mal weiter. Meine Liste ist noch nicht kürzer geworden - mal sehen, ob ich es bis zum Jahresende noch schaffe.

Die Art wie Alcor spricht und sich in das Alltagsleben involvieren lässt, gefällt mir sehr. Auch als er erklärt, er könne an seiner derzeitigen Situation nicht ändern, würde dieses auch nicht wollen, empfinde ich Empathie für ihn. Und Hibiki? Der ist einfach nicht sicher, was gerade eigentlich vor sich geht. Naja, zuerst wird man ignoriert und dann eskortiert. ^^

Makoto scheint die logische Konsequenz gezogen zu haben: Hibiki gewinnt. Mal sehen, was daraus wird.

Das Kapitel hat mir sehr gefallen. Ruhige Erzählungen mag ich sowieso meistens sehr gern. Bisher kommst du ganz gut ohne große Erklärungen aus, nur JPs würde ich gerne näher beschrieben sehen.
Im Großen und Ganzen habe ich aber nichts auszusetzen. Bisher ziemlich nachvollziehbare Reaktionen - ich wäre auch schlecht auf so undankbare Menschen zu sprechen. ;)

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet


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