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Auf den zweiten Blick

von

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Vater-Sohn-Gespräch

Am folgenden Abend saß Luca vor seinem Laptop. Er war froh, im Informatikunterricht gelernt zu haben, wie man Computer verwendete. So musste er keinen fragen, wie er funktionierte, was ihm sehr peinlich gewesen wäre.

Nicholas hatte ihm noch ein paar Programme installiert, von denen er gemeint hatte, Luca würde sie brauchen, unter anderem Skype. So konnten sie abends chatten, wenn sie sich nicht sahen.

So richtig wusste Luca mit dem Laptop nichts anzufangen. Bis jetzt hatte er nie einen besessen. Er konnte nicht nachvollziehen, wie es manche Menschen fertig brachten, den ganzen Tag vor dem Bildschirm zu sitzen. Ihm war schon nach zwanzig Minuten langweilig. Keiner seine Freunde war online, aber er hatte momentan auch nicht viele, nur Nicholas, René und Rebecka. Er wusste, dass die Zwillinge ebenfalls Skype verwendeten, kannte ihre Benutzernamen jedoch nicht.

Eine Weile begnügte er sich mit den Spielen, die sich standartmäßig auf jedem Computer befanden, dann fuhr er ihn herunter und klappte ihn zu. Dann schnappte er sich sein Handy und ließ sich damit auf das Bett fallen. Peter hatte eine andere Marke gekauft, wie er vorher besessen hatte, weswegen er etwas suchen musste, bis er die entsprechenden Funktionen fand. Aber das störte ihn nicht weiter. Sein neues Handy war um ein Vielfaches schneller als das Alte. Außerdem würde er sich schon daran gewöhnen.

Die Tür wurde leise geöffnet und sein Vater lugte ins Zim-mer. „Kann ich reinkommen?“

Wollte er nach der Erfahrung zu Weihnachten nicht an-klopfen? Das galt wohl nur, wenn Nicholas zu Besuch war. Oder Peter hatte es vergessen.

„Ja“, antwortete Luca und setzte sich auf. Das Handy legte er auf den Nachttisch.

Peter betrat das Zimmer und ließ sich neben ihm auf das Bett nieder. „Ich möchte mit dir reden.“

„Worum geht es?“ Ein kleinwenig verunsicherte diese Aussage Luca. Hatte er etwas falsch gemacht? Ihm fiel nichts ein, aber das musste nichts bedeuten, schließlich könnte es auch sein, dass er es nicht bemerkt hatte.

„Es geht um dich und Nicholas“, meinte sein Vater, nach-dem er kurz geschwiegen hatte, „besser gesagt um eure Beziehung.“

Wie sollte er diese Aussage verstehen? Was wollte Peter damit sagen? Soweit Luca wusste, hatte er sich an alle von dem Mann aufgestellten Regeln gehalten. Oder ging es um etwas anderes? War sein Vater, nachdem er ihn und Nicholas zu Weihnachten erwischt hatte, nicht mehr mit ihrer Beziehung einverstanden?

Peter, der den verunsicherten Blick seines Sohnes gesehen hatte, beruhigte ihn schnell: „Versteh mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen eure Beziehung.“

Erleichtert atmete Luca aus. Ihm kam ein Gedanke. „Ist es, weil du uns letztens unterbrochen hast?“, fragte er, „Du kannst mich seitdem nicht mehr ansehen.“

Sein Vater nickte. „Auch…“

„Mir ist das Ganze auch peinlich. Aber wie Nina gesagt hat, hätte es schlimmer kommen können, immerhin waren wir beide noch untenrum bekleidet.“ Luca war, nachdem er eine Weile darüber nachgedacht hatte, zu dem Schluss gekommen, dass seine zukünftige Stiefmutter recht hatte. Es war besser, sein Vater erwischte ihn jetzt, als später irgendwann mal, wenn er und Nicholas weiter gingen. Das würde nämlich ein ganzes Stück peinlicher werden.

Peter seufzte: „Das ist dumm gelaufen, das gebe ich zu. Ich sollte in Zukunft wirklich klopfen, bevor ich dein Zimmer betrete. Aber darüber wollte ich nicht mit dir sprechen. Mir geht es um etwas anderes.“

Fragend blickte Luca den Mann an. Wenn es nicht darum ging, worum dann? Was hatte noch mit seiner Beziehung zu Nicholas zu tun, über das sein Vater sprechen wollen könnte?

„Ich will mich nicht in eure Beziehung einmischen und es geht mich auch nichts an, was ihr miteinander tut oder auch nicht tut, solange ihr es beide auch wollt“, fuhr Peter fort.

Ein ungutes Gefühl überkam den Siebzehnjährigen. Meinte sein Vater das, was Luca dachte, dass er meinte?

Der Mann reichte ihm eine kleine, weiße Plastiktüte.

Verwirrt nahm Luca sie entgegen und nachdem er festge-stellt hatte, dass nichts Zerbrechliches in ihr war, schüttete er den Inhalt auf sein Bett. Zum Vorschein kam eine kleine Pappschachtel mit einem bunten, nicht definierbaren Bild und ein Behälter, der eine durchsichtige Flüssigkeit beinhaltete und irgendwie einem Seifenspender ähnelte, aber ein ganzes Stück schlanker war.

„Dad“, empörte sich Luca, nachdem er begriff, was sein Vater ihm da gegeben hatte und der erste Schock verflo-gen war. Er konnte förmlich spüren, wie er rot anlief, so peinlich war es ihm. Am liebsten wäre er im Boden ver-sunken, so peinlich war es ihm. Hatte jemand eine Schau-fel für ihn? Das Loch konnte er sich auch selbst buddeln!

„Ich will noch nur sicher gehen, dass ihr euch schützt“, verteidigte sich Peter. Auch ihm schien die Sache unange-nehm zu sein.

Luca wusste nicht, was er denken oder fühlen sollte. Na-türlich fand er es nett von seinem Vater, dass er sich Sor-gen um ihn machte. Aber das wäre wirklich nicht nötig gewesen. Wie sollte er seinen Vater danach je wieder in die Augen sehen können, ohne hieran denken zu müssen?

Sein Schweigen schien Peter zu beunruhigen. „Oder ist es zu spät? Hast du schon mit Nicholas?“

Mit immer noch einem deutlichen Rotschimmer auf den Wangen schüttelte Luca den Kopf. Eigentlich ging das seinen Vater nichts an, aber er war momentan nicht in der Verfassung, den Mann darauf hinzuweisen, weswegen er die Frage einfach beantwortete, in der Hoffnung, dass es bald vorbei war und er sich für den Rest des Tages in seinem Bett verkriechen konnte und so tun, als sei das alles nur ein schlechter Traum gewesen.

„Mit jemand anderem?“, bohrte Peter, spürbar unsensi-bel, weiter, „Willst du dich testen la-“

„Dad“, unterbrach Luca seinen Vater energisch. Ihm war klar, dass Peter nur gut mit ihm meinte, aber was zu viel war, das war zu viel. Das würde jetzt zwar peinlich werden, aber danach war die Sache hoffentlich erledigt. Leise begann er, zu erklären: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass zum Übertragen von Geschlechtskrankheiten Sex erforderlich ist. Ein Test ist deshalb überflüssig.“

Zuerst schaute Peter ihn verwirrt an, dann verstand er, was Luca gerade versuchte, ihm zu erklären. „Oh“, mur-melte der Mann.

Luca nickte. „Ich habe bis jetzt weder mit Nicholas noch mit jemand anderem Sex gehabt. Auch, wenn du uns an Weihnachten nicht unterbrochen hättest, hätten wir nicht miteinander geschlafen.“ Er schnappte sich die zwei Behälter, die auf seinem Bett lagen, und warf sie zurück in die Plastiktüte. Diese wickelte er darum, damit man den Inhalt nicht mehr erkennen konnte. Dann zog er die unterste Schublade seines Nachttisches auf und schob die Tüte in die hinterste Ecke. Dort war sie hoffentlich für die nächste Zeit sicher, bis er sie irgendwann brauchte.

„Da war ich wohl etwas übereilig“, meinte Peter.

Daraufhin warf Luca ihm einen genervten Blick zu, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. Jetzt, wo er über ihre Situation nachdachte, fand er sie einfach nur noch komisch. „Wenn es dich beruhigt, dann verspreche ich, dass wir uns schützen, wenn es so weit ist.“

Es schien seinen Vater wirklich zu beruhigen, denn auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln. „Ich mache mir doch nur Sorgen um dich“, erklärte er.

Der Siebzehnjährige erwiderte nichts. Er hätte auch nicht gewusst, was er sagen sollte.

Aber Peter schien auch keine Antwort zu erwarten. Er ließ seinen Blick durch das zur Hälfte eingerichtete Zimmer schweifen. Dann sah er auf die Uhr. „Nina wird das Essen gleich fertig haben. Es gibt Lasagne. Magst du Lasagne?“

„Keine Ahnung, ich hatte noch keine.“ Luca hob die Schul-tern. So froh er um einen Themawechsel war, das musste es auch nicht sein. „Aber vermutlich schon.“

Peters Gesichtszüge froren ein. Betroffen sah er zu Boden. Dann zog er seinen Sohn in eine Umarmung.

Luca, der damit nicht gerechnet hatte, zuckte zusammen, lehnte sich aber gleich darauf gegen seinen Vater.

„Es tut mir so leid“, flüsterte er, die Umarmung verstär-kend.

Der Siebzehnjährige schüttelte seinen Kopf, wissend, dass sein Vater es spüren konnte. „Nicht deine Schuld. Du konntest es nicht wissen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Morphia
2014-06-12T21:15:19+00:00 12.06.2014 23:15
Süß dass sich Peter um Luca sorgt und damit mal wieder bewiesen hat dass er zu seinem Sohn steht und Nicholas akzeptiert, aber die Frage, ob er sich testen lassen will, war echt zu doll. Ich wäre beleidigt gewesen und hätte ihn aus dem Zimmer geschmissen.
Antwort von:  Seira-sempai
13.06.2014 08:27
Das hätte Luca sich vermutlich nicht getraut. Er kennt seinen vater noch nicht gut genug dazu. Außerdem weiß er, dass Peter sich nur Sorgen macht. Da kann er es seinem Vater auch etwas leichter machen und ihm antworten.
Von:  tenshi_90
2014-06-12T18:52:03+00:00 12.06.2014 20:52
Ach wie knuffig :) Ich find es echt toll, dass Peter sich so sehr um Luca bemüht :) Auch wenn es jetzt etwas sehr peinlich für beide gewesen sein musste ^^

Ich bin mal gespannt, wie Nicholas drauf reagiert hätte ^^
Antwort von:  Seira-sempai
13.06.2014 08:25
Ihm wäre das Ganze wohl nicht so peinlich gewesen. Außerdem hat er mit seinem Vater sicher schon etwas ähnliches durch. Er jatte ja schon den einen oder anderen Freund, auch wenn das nicht besonders lange gehalten hat.


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