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Auf den zweiten Blick

von

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Beim Tierarzt

Es dauerte nicht lange, dann kam Peter wieder. In einer Hand hielt er die Autoschüssel, in der anderen einen Korb und eine kleine Decke. Er eilte zum Auto, wo er die Sachen achtlos auf den Beifahrersitz fallen ließ, ehe er sich hinters Steuer setzte.

Luca war etwas verwundert. Bis jetzt hatte er nie gesehen, dass sein Vater selbst gefahren war, er hatte das immer von Sebastian fahren lassen. Aber er sagte nichts. So abwegig war es dann auch wieder nicht, dass er auch einen Führerschein hatte. Eigentlich war das sogar wahrscheinlicher, als dass er keinen hatte. Außerdem kannte er ihn noch nicht lange genug, um sich wirklich sicher sein zu können.

Vor ihm hielt Peter den Wagen und öffnete von innen die Beifahrertür. Der Mann legte die Decke in den Korb und stellte ihn auf seine Beine. Er wartete, bis Luca auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, ehe er ihm den Korb auf die Beine stellte, damit der Siebzehnjährige das Kätz-chen hineinlegen konnte. Vorsichtig hob Luca das Kätz-chen in den Korb, er wollte ihm schließlich nicht wehtun. Dann schloss er die Tür.

„Dir ist aber klar, dass es sein kann, dass er Tierarzt nichts mehr tun kann, oder?“, fragte Peter vorsichtig.

Der Siebzehnjährige nickte. Damit hatte er von Anfang an gerechnet. Allerdings hoffte er, dass dem nicht so war. In den letzten Tagen und Wochen war ihm das Fellknäul ziemlich ans Herz gewachsen.

Peter gab Gas und fuhr aus der Ausfahrt. Wenig später bog er nach links auf die Hauptstraße ab.

Luca achtete nicht wirklich auf den Weg. Immer wieder wanderte sein Blick in den Korb auf seinen Beinen. Das Kätzchen lag darin, ohne sich zu rühren, nur manchmal hob es seinen Kopf etwas. Vorsichtig strich er ihm durch das Fell, in der Hoffnung, es würde das Kätzchen etwas beruhigen.

Sein Vater hielt direkt vor der Tierarztpraxis. „Geh schon mal rein, ich komm gleich nach", meinte er.

Schweigend kam Luca der Aufforderung nach. Noch bevor er sich Gedanken darüber machen konnte, wie er die Tür öffnete, ohne das Kätzchen irgendwo abzusetzen, tat es ein anderer. Ein junger Mann mit einem Dalmatiner an der Leine kam ihm entgegen. Als den Blonden und das Kätzchen erblickte, hielt er ihnen die Tür auf.

„Danke", sagte Luca und trat ins Wartezimmer. Überrascht stellte er fest, dass keiner außer ihm dort war.

Eine Frau mittleren Alters in weißer Kleidung begrüßte ihn freundlich und warf einen Blick in das Körbchen. „Das sieht nicht gut aus. Was ist denn passiert?"

„Ins Auto gerannt", murmelte Luca leise, doch sein Gegenüber schien ihn trotzdem verstanden zu haben, denn sie lächelte ihn aufmunternd zu: „Dann wollen wir uns meinen Patienten mal ansehen. Bist du allein hier?"

Luca schüttelte den Kopf. „Mein Vater kommt gleich."

Als hätten sie sich abgesprochen, trat in diesem Moment Peter durch die Tür. Die Tierärztin, zumindest ging Luca davon aus, dass sie das war, schaute ihn etwas verwundert an. Anscheinend hatte sie ihn erkannt. Der Mann wechselte ein paar Worte mit ihr, auf Luca nicht weiter achtete, zu sehr hatte er seinen Blick auf das Kätzchen fixiert.

„Dann gehe ich mal mit meinem Patienten ins Behand-lungszimmer. Möchten Sie mitkommen und die Behand-lung durchsprechen?", fragte die Veterinärmedizinerin.

Peter schaute zu seinem Sohn, ehe er den Kopf schüttelte und antwortete: „Ich glaube, es ist besser, wenn wir draußen warten. Tun Sie, was Sie können. Geld spielt keine Rolle."

Die Frau nickte. „Ich muss ihn röntgen und wahrscheinlich auch operieren. Das wird dauern. Am besten rufe ich Sie an, wann Sie ihn wieder abholen können."

„Das wäre wohl das Beste", stimmte Peter zu. Er griff in die Brusttasche seines Anzughemdes und reichte ihr eine Visitenkarte, auf die er vorher noch mir Kugelschreiber seine private Telefonnummer geschrieben hatte. „Wie hoch stehen die Chancen, dass Sie ihn wieder hinbekom-men?"

„Ganz gut, glaube ich", sagte die Frau, „Allerdings kann ich dazu noch nichts Genaueres sagen und versprechen möchte ich auch nichts. Sobald ich es weiß, werde ich mich bei Ihnen melden."

Luca wusste nicht, ob sie alle ihre Kunden so behandelte oder ob das Geld seines Vaters sie zu einer Sonderbehandlung verleitet hatte, aber dieses Mal war es ihm egal. Hauptsache er erfuhr bald, wie es um das Kätzchen stand.

Luca und sein Vater verabschiedeten sich von der Frau, ehe sie sich auf den Rückweg machten. Den Korb ließen sie bei der Tierärztin. Schweigend fuhren sie wieder nach Hause.

„Ich werde mit Hans reden, damit so etwas nicht mehr vorkommt", versprach Peter, als sie an seinem Haus angekommen waren und er das Auto auf dem Grundstück parkte, „Nina hat sich auch schon ein paar Mal über dieses Verhalten beschwert. Wenn das nichts bringt, werde ich mir wohl einen neuen Gärtner und Hausmeister suchen müssen."

Der Siebzehnjährige hob die Schultern. Er wusste auch nicht, wie er sich dazu äußern sollte. Einerseits freute es ihn, dass sein Vater hinter ihm stand und nicht seinem Angestellten, andererseits fühlte er sich schlecht, weil Hans sicher noch Ärger deswegen bekommen würde.

Luca hatte gerade das Auto verlassen, da sah er, wie Nina das Grundstück betrat. Als die junge Frau ihn entdeckte, lächelte sie freundlich und winkte ihm zu.

Peter begrüßte sie mit einem kurzen Kuss auf den Mund. „Wie war dein Tag?“, fragte er.

„Eine meiner Kolleginnen ist von der Leiter gestürzt und fällt für die nächsten Tage aus“, klagte Nina, „Ich werde also ein paar Überstunden machen müssen, die ich ir-gendwann später wieder absetzen kann.“ Sie grinste ihren Verlobten an. „Was ist hier eigentlich passiert? Es ist Monate her, seit ich dich das letzte Mal selbst fahren sehen habe.“

Peter seufzte: „Hans hat es endlich geschafft, eine der Katzen in ein Auto zu jagen. Ich habe sie eben mit Luca zum Tierarzt gebracht.“

Augenblicklich verdunkelte sich Ninas Gesichtsausdruck und sie zog ihre Stirn in Falten. „Ich habe ihm doch gesagt, dass er es lassen soll. Die Tiere haben ihm nichts getan!“

„Ich habe ihn für heute nach Hause geschickt“, fuhr Peter fort, wohl um sie zu beruhigen, „Wenn es noch einmal vorkommt, kann er sich einen neuen Job suchen.“

Das heiterte die junge Frau wieder etwas auf. Zu dritt betraten sie das Haus.

Im Flur roch es lecker nach Essen und Luca wusste, wenn Ute den Tisch nicht schon fertig gedeckt hatte und auf sie wartete, dann war sie gerade darüber. Er hängte also seine Jacke an die Garderobe, zog seine Hausschuhe an und ging gleich in die Küche, um zu sehen, ob er ihr noch helfen konnte. Doch kaum hatte er den Raum betreten, scheuchte sie ihn ins Esszimmer, wo der Tisch bereits vollständig gedeckt war.

Allerdings nur für vier Personen, also musste sie erfahren haben, dass Hans nicht mitessen würde. Hatte sie vorhin mitbekommen, was passiert war oder hatte Hans es ihr gesagt? Vielleicht wusste sie es aber auch von Peter.

Luca hätte nachfragen können, aber so wichtig erschien es ihm dann auch wieder nicht.

Als Nina das Zimmer betrat, wandte sich Ute an sie. „Geht es dir wieder besser?“

Die junge Frau schnitt eine Grimasse. „Ich bin nicht krank. Ich habe mir gestern wahrscheinlich nur den Magen ver-dorben.“

Utes Blick zeigte, dass sie ihr das nicht abnahm, doch die Frau schwieg.

Peter, der eine halbe Minute später das Esszimmer betrat, bemerkte nichts. Er ging auf den Tisch zu und begutachtete die Speisen, die seine Haushälterin zubereitet hatte. „Das sieht köstlich aus. Du hast dich mal wieder übertroffen, Ute“, lobte er.

Die Frau lächelte. „Alter Schmeichler. Das sagst du doch jedes Mal.“

„Wenn du auch so eine hervorragende Köchin bist?“, verteidigte Peter sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tenshi_90
2014-10-25T19:49:39+00:00 25.10.2014 21:49
Hoffentlich kommt das Kätzchen durch...

Hört sich ja fast so an, als sei Nina schwanger :)
Antwort von:  Seira-sempai
28.10.2014 15:58
Pssst.
Nicht, dass Nina das noch hört, immerhin darf sie das (noch) nicht wissen.
Das mit dem Kätzchen dauert noch zwei Kapitel. Sorry.


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