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Auf den zweiten Blick

von

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Ninas Sorgen

Seit Luca bei Thomas gewesen war und mit ihm gelernt hatte, waren fast zwei Wochen vergangen. Wie erwartet hatte sein Klassenkamerad bei der Klausur gut abgeschnit-ten, wofür er Luca aus lauter Dankbarkeit beinahe um den Hals gefallen wäre. Ein wütender Blick seitens Nicholas hat-te es ihn sich noch einmal anders überlegen lassen.

Die Sonne schien durch das Fenster in das Zimmer des Blonden und eigentlich müsste er gute Laune haben. Es war Wochenende und Nicholas würde die Nacht wieder bei ihm verbringen. Aber irgendwie konnte er sich nicht darüber freuen.

In drei Tagen war die Gerichtsverhandlung. Dann musste er gegen Jochen und Sonja aussagen.

So sehr er auch versucht hatte, es zu verdrängen, es war ihm von Tag zu Tag schwerer gefallen.

Müde quälte er sich aus seinem Bett. Er schlief schon seit Tagen nicht mehr besonders gut.

Auch sein Magenknurren brachte ihn nicht dazu, sich schneller zu bewegen. Das Essen würde ihm schon nicht weglaufen. Natürlich musste er etwas essen, aber das hatte noch Zeit.

Oreo hob den Kopf und beobachtete ihn vom Kratzbaum aus dabei, wie er sich anzog. Anfangs hatte sich der sieb-zehnjährige darüber gewundert, wie es dem kleinen Kater gelungen war, dort hinaufzuklettern und er hatte den Baum schon wieder wegräumen wollen. Aber die Tierärztin hatte gemeint, er solle das nicht so eng sehen. Eine Katze wisse schon, was sie sich zutrauen konnte und was nicht.

Als Hans gestern wieder auf Arbeit gekommen war, hatte er dem Kätzchen eine giftigen Blick zugeworfen, es aber da-nach nicht weiter beachtet. Peter musste ihm ordentlich die Leviten gelesen haben.

Fast eine Stunde früher als normal begab sich Luca in die untere Etage, um sich die Zeit bis zum Frühstück zu vertrei-ben. Vielleicht konnte er etwas fernsehen oder Ute in der Küche helfen.

Er stand noch im Flur, da hörte er Ninas aufgeregte Stimme. „So sehr ich dich auch liebe, es gibt schöneres, als sich jeden Morgen die Seele aus dem Leib zu kotzen! Ich hoffe wirklich, dass das bald aufhört.“

„Ich weiß“, antwortete Peter ruhig, „Aber das wird nicht anhalten.“

Luca konnte sich noch gut daran erinnern, wie er die beiden das letzte Mal belauscht hatte. Er hatte es nicht mehr in dem Haus ausgehalten und war zu Nicholas geflohen. Trotz-dem schaffte er es nicht, in sein Zimmer zurückzugehen, dazu war er zu neugierig. Irgendetwas stimmte mit Nina nicht und er wollte herausfinden, was das war.

Leise schlich der Siebzehnjährige weiter, darauf achtend, dass er nicht versehentlich eine der lächerlich teuren Vasen umstieß.

„Wir haben verhütet. Es hätte nicht passieren dürfen“, sagte Nina in klarer, sachlicher Stimme.

Erschrocken hielt Luca den Atem an. Man brauchte kein Genie zu sein, um sich zusammenreimen zu können, was mit der jungen Frau los war.

„Heißt das, du willst es nicht?“ Peter klang ungläubig.

„Willst du es denn?“, fragte Nina.

Luca, der sich eigentlich hatte zurückziehen wollen, stieß versehentlich gegen eine der Vasen. Zwar gelang es ihm noch, sie aufzufangen und somit vor dem Zerbrechen zu schützen, aber sein Vater und Nina hörten ihn trotzdem. Erschrocken schauten sie ihn an.

„Guten Morgen“, murmelte Luca. Er wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen. Es war ihm unangenehm, dass ihn die beiden erwischt hatten.

„Ich glaube, wir sollten uns alle einmal in Ruhe unterhalten“, sagte Peter nach einer Weile. Er ging ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch fallen ließ. Luca und Nina folgten ihm.

Zwischen den dreien herrschte betretenes Schweigen. Kei-ner schien zu wissen, was er sagen sollte. Am liebsten hätte Luca sich auf sein Zimmer zurückgezogen, doch diese Mög-lichkeit hatte er jetzt nicht mehr.

„Wie kommst du auf die Idee, ich könnte das Kind nicht wollen?“, fragte Peter, nach einer Weile in das Schweigen hinein.

Nina hob die Schultern. „Wir haben uns nie über Kinder unterhalten, deshalb dachte ich-“ Sie brach ab.

„Ist es wegen Sonja?“

Luca bemerkte erst, dass er gesprochen hatte, als die bei-den Erwachsenen ihn anstarrten. Ninas betroffenem Blick konnte er entnehmen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag.

„Das mir Sonja war etwas ganz anderes“, verteidigte Peter sich sofort, „Wir haben weder eine Beziehung geführt, noch war ich in irgendeiner Weise an ihr interessiert.“

„Du hast mit ihr geschlafen“, kam es tonlos von Nina.

Peter nickte. „Ich war gerade neu in der Firma meines Va-ters und sie war meine Sekretärin. Wir waren auf einem Meeting. Ich muss zu viel getrunken haben, denn das nächs-te, an das ich mich erinnere ist, dass ich am nächsten Mor-genneben ihr neben ihr aufwachte. Nackt und mit einem Kater, der sich gewaschen hatte. Das ist auch der Grund, warum ich ihr erst geglaubt habe, dass Luca von mir ist, als ich den Vaterschaftstest gesehen habe.“

Er hielt inne, den Blick in die Ferne gerichtet, und faltete seine Hände im Schoß zusammen.

Luca schluckte. Das war das erste Mal, dass er hörte, was zwischen Sonja und seinem Vater passiert war. Es war nicht so, dass er nicht neugierig gewesen war. Er hatte sich nur nicht getraut zu fragen.

„Danach hat sie mich regelrecht belagert. Sie ist mir nicht mehr von der Seite gewichen. Das Schlimmste war aber, dass sie sich plötzlich eingebildet hat, sämtliche wichtigen Entscheidungen ohne Absprache mit mir treffen zu können“, fuhr Peter fort, „Ich habe sie daraufhin gekündigt.“

Ein mattes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Ein paar Monate später stand sie mit einem Baby im Arm vor mir. Sie wollte Geld und das nicht gerade wenig. Ich habe nach einem Ausweg gesucht und auf einen Vaterschaftstest be-standen. Den Rest dürftet ihr kennen. Der Test war ergab, dass Luca mein Sohn war und ich habe ihr das Geld gezahlt.“

„Deswegen hast du am Anfang so schlecht auf mich re-agiert“, murmelte Luca.

Der Mann nickte. „Das soll keine Entschuldigung sein. Ich hätte dir die Chance geben müssen, dich zu erklären.“ Er schaute zu Nina. „Viele Jahre habe ich bereut, mit Sonja geschlafen zu haben, aber jetzt nicht mehr. Ohne diesen Fehler hätte ich jetzt keinen Sohn. Du und Luca, ihr seid meine Familie. Und natürlich das Baby, wenn du dich dazu entschließt, es zu behalten.“

Nina schluchzte. „Das heißt, du willst dieses Baby?“

Peter ging auf sie zu und zog sie in eine Umarmung. „Natür-lich will ich es.“

Das schien die junge Frau zu beruhigen. Sie lehnte sich gegen ihren Verlobten und ließ sich von ihm sanft hin und her wiegen. Langsam verebbte ihr Schluchzen wieder.

Luca beobachtete die beiden noch eine Weile, ehe er sich leise aus dem Wohnzimmer schlich. Er wollte sie schließlich nicht weiter bei ihrer Zweisamkeit stören.

Wieder in seinem Zimmer angekommen, ließ er sich auf das Bett fallen. Oreo, der es sich in der Zwischenzeit auf seinem Kopfkissen gemütlich gemacht hatte, hob den Kopf und fing an zu schnurren.

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Sieb-zehnjährigen als er begann, sein Kätzchen zu streicheln. So ungern er es auch zugab, für kurze Zeit war er besorgt ge-wesen, dass sein Vater ihn nicht mehr wollte, jetzt wo er ein Kind von der Frau haben konnte, die er liebte. Eigentlich war der Gedanke lächerlich, fand Luca, dass Nina ein Baby bekam, bedeutete nicht, dass sie ihn deswegen nicht mehr haben wollten.

Klar, er würde kürzer kommen. So ein Säugling machte schließlich eine Menge Arbeit.

Aber das würde er verschmerzen können. Er war schließlich kein kleines Kind mehr. Und wenn es ihm mal zu viel wurde, konnte er immer noch zu Nicholas flüchten.

Trotzdem fühlte sich der Gedanke fremd an, ein Geschwis-terchen zu bekommen. Allerdings hatte er es auch eben erst erfahren und bis zur Geburt war auch noch eine Menge Zeit und vielleicht wurde es besser, wenn man Nina die Schwan-gerschaft ansehen konnte.

Vielleicht lag es aber auch an seiner Müdigkeit oder der Angst vor dem Gerichtstermin.

Sein Magen machte mit einem lauten Knurren auf sich auf-merksam und Luca erinnerte sich wieder daran, warum er nach unten gegangen war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  tenshi_90
2014-12-28T18:34:57+00:00 28.12.2014 19:34
Jetzt ist also die Bombe geplatzt und Ninas Schwangerschaft aufgedeckt. Ich bin erstaunt, wie ehrlich Peter darauf reagiert.

Ich hoffe Luca wird die Gerichtsverhandlung ohne weiteren Schaden überstehn...
Antwort von:  Seira-sempai
13.01.2015 15:54
Das mit Nina war ja keine wirkliche Überraschung mehr. So ziemlich jeder aufmerksame Leser hat in den letzten Kapiteln überlegt, ob sie eventuell schwanger sein könnte.
Was die Gerichtsverhandlung angeht: Lass dich überraschen.
Aber vorher kommt noch ein kleines Leckerchen (Ich hoffe, ich bekomme es auch mexx durch...)


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