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Auf den zweiten Blick

von

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Unruhe

Die anderen saßen bereits im Zimmer und erwarteten sie, verloren jedoch kein Wort über Lucas Flucht. Rebecka reichte ihm lächelnd seine heiße Schokolade und er ließ sich auf eine der jetzt auf dem Boden liegenden Luftmatratzen, die den gesamten Boden bedeckten, sinken. Genüsslich nippte er an seinem Getränk.

Florian legte unterdessen eine neue DVD ein und Luca stellte nach kurzer Zeit fest, dass es sich um einen selbst aufgenommenen Auftritt eines Komikers im Fernsehen war, den er auf DVD gebrannt haben musste. Der Komiker hatte kaum seinen ersten Witz gerissen, da kam schon die Werbeunterbrechung, die wohl ebenfalls mit aufgenommen wurde.

Fabian griff nach der Fernbedienung und spulte vor.

Rebecka reichte ihm eine Decke, die Luca dankbar. Sofort wickelte er sich in diese ein. Dann ließ sie sich linke neben ihm auf die Luftmatratze fallen. Rechts saß Nicholas, gegen den sich der Blondhaarige nach kurzem zögern lehnte. Jetzt, wo die Aufregung vorbei war, fühlte er sich unglaublich müde.

Der Schwarzhaarige lächelte und legte einen Arm um ihn, wandte seinen Blick aber nicht vom Fernseher ab.

Schwach lächelte Luca. Trotz allem, was heute passiert war, fühlte er sich noch sicher in der Nähe seines Klassenkameraden. Er begann, in eine Art Halbschlaf zu dämmern. Wenn das Publikum mal wieder laut Klatschte oder Jubelte oder der Komiker etwas lauter wurde, schreckte er hoch, nur um verschlafen die Augen zu öffnen und gleich weiterzuschlafen.

Er spürte, wie ihm eine Hand durch sein blondes Haar fuhr, wohl die von Nicholas. Aber er konnte sich nicht mehr dazu bewegen, die Augen zu öffnen, um es zu überprüfen. Er hörte noch, wie jemand aus Rücksicht auf ihn den Ton leiser stellte, danach bekam er nichts mehr mit.
 

In der Nacht schreckte Luca auf. Irgendetwas hatte ihn geweckt, aber er wusste nicht, was. Sein erster Gedanken war, dass es Jochen gewesen war. Doch dann nahm er seine Umgebung wahr und ihm fiel wieder ein, dass er bei den Zwillingen und Jochen auf einer Weiterbildung war. Etwas anderes musste ihn geweckt haben. Aber was?

In der Wand klackte das Holz, aber das Geräusch kannte Luca von zu Hause. Am anderen Ende des Zimmers hörte er einen der Zwillinge leise schnarchen. Er wusste nicht, wer wo lang und in dieser Dunkelheit konnte selbst er sie nicht auseinanderhalten, nicht, während sie schliefen.

Er schloss seine Augen und versuchte, weiterzuschlafen. Doch das stellte sich als schwieriger heraus, als er gedacht hatte. Die ungewohnte Umgebung und das fremde Gefühl, auf einer Luftmatratze zu liegen, ließ ihn nicht zur ruhe kommen. Dabei hatten die Zwillinge nicht einmal die einfachen vom Strand verwendet, sondern solche, die zum zelten oder so gedacht waren. Sie hatten auf der Oberfläche eine samtartige Beschichtung und waren jeweils so groß, wie eine normale Matratze. Die, auf der Nicholas allein lag, Benni und Julian waren nach Hause gefahren, das hatte er noch mitbekommen, war sogar doppelt so groß, wie eine normale Matratze.

Luca versuchte, sich zu entspannen, konnte es aber nicht, nicht in dieser Umgebung. Er seufzte leise und starrte an die Decke. Vielleicht sollte er ja Schäflein zählen, auch wenn er bezweifelte, dass das etwas brachte.

„Kannst du auch so schlecht schlafen?“, vernahm er plötzlich die geflüsterte Stimme von Nicholas.

Der Blondhaarige nickte, ehe er sich daran erinnerte, dass es dunkel war und ihn keiner sehen konnte. „Ich hab so etwas noch nie gemacht“, antwortete er ebenso leise, schließlich wollte er die anderen nicht wecken, „Das ist alles so ungewohnt. Ich kann mich einfach nicht entspannen.“

„Vorhin hattest du doch auch keine Probleme“, murmelte Nicholas.

„Da lief der Fernseher noch“, flüsterte Luca, Bei irgendwelchen Hintergrundgeräuschen kann ich immer gut einschlafen.“ Das stimmte auch. Im sommer, wenn seine Nachbarn manchmal noch bis in die Nacht auf der Terrasse saßen und sich unterhielten, hatte er nie Probleme gehabt. Ein Fernseher musste ähnlich funktionieren.

Der Schwarzhaarige schmunzelte, obwohl Luca ihn nicht sehen konnte, hörte er es am Klang seiner Stimme: „Du bist der erste, den ich kenne, der Geräusche braucht um einschlafen zu können.“

„Ich fühl mich einfach sicherer, wenn ich das Gefühl habe, dass noch jemand da ist“, entgegnete der Blondhaarige.

Eine Weile war es still. Luca glaubte schon, sein Klassenkamerad sei eingeschlafen, da hörte er dessen Decke rascheln. „Komm her“, flüsterte Nicholas.

Verdutzt blickte der Blondhaarige in die Richtung aus der er die Stimme gehört hatte. War das jetzt ernst gemeint. Anscheinend schon, denn der Schwarzhaarige klopfte leise auf den leeren Platz neben sich. Langsam stand er auf und schnappte sich Decke und Kissen. Vorsichtig, um nicht gegen die restlichen Matratzen oder irgendwelche anderen Gegenstände zu laufen, damit würde er nur die anderen wecken und das wollte er nicht, ging er langsam auf Nicholas zu.

Er musste sich an der Wand orientieren, um sein Ziel zu finden. Als er vor Nicholas stand, rutschte dieser ein Stück zur Seite und machte ihm somit genug Platz.

So leise er konnte, legte Luca sein Kissen neben das seines Klassenkameraden, ehe er zu ihm auf die Matratze krabbelte und sich zudeckte. Er spürte, wie Nicholas einen Arm um ihn legte und ihn nähr an sich heranzog, doch das störte ihn nicht weiter.

Eigentlich hätte er alarmiert aufschrecken müssen, denn ihm fiel auf, dass sie Dinge taten, die sonst nur Paare taten. Doch das interessierte ihn nicht weiter. Er mochte Nicholas‘ Nähe zu sehr, als dass er sich darüber beschweren würde, wie es dazu kam. Wer weiß, vielleicht sah Nicholas in ihm auch mehr als nur einen Freund. Er musste ja nicht gleich in ihn verliebt sein. Vielleicht war es irgendwas dazwischen.

So schnell wie der Gedanke aufkam, verdrängte Luca ihn wieder. Er wollte sich keine unnötigen Hoffnungen machen. Bis jetzt gab es nichts, was bewies, dass der Schwarzhaarige irgendetwas für ihn empfand, was über Freundschaft hinausging. Dass er ihn irgendwie gern hatte, das konnte der Blondhaarige nicht mehr abstreiten, dazu kümmerte Nicholas sich zu gut um ihn. aber er wollte auf keinen Fall mehr in Nicholas‘ Verhalten hineininterpretieren, als wirklich da war. Das würde ihn nur unnötig verletzen.

Dennoch kuschelte er sich an den Schwarzhaarigen und als er wieder die Hand in seinem Haar spürte, seufzte er wohlig.

„Du bist ziemlich verschmust, was?“, schmunzelte Nicholas.

Luca nickte, wissend, dass sein Klassenkamerad es spüren konnte. „Es fühlt sich gut an, von jemandem berührt zu werden, der einem nicht wehtun will.“

„Trotzdem ist es meine Nähe, die du suchst“, murmelte der Schwarzhaarige, „Woran mag das wohl liegen?“

„Ich mag dich einfach“, nuschelte Luca, „Außerdem bist du der erste in Jahren, der mich nicht meinem Schicksal überlassen, sondern mir ernsthaft geholfen hat. Um ehrlich zu sein, hatte ich schon die Hoffnung aufgegeben, dass sich jemals etwas ändern würde.“ So redefreudig war er sonst nie. Obwohl er darauf achtete, nicht zu viel zu verraten, gab er doch mehr von sich Preis, als ihm unter anderen Umständen lieb gewesen wäre. Vermutlich lag das an der Sicherheit, die er in Nicholas‘ Nähe fühlte, aber die Ereignisse des heutigen Tagen, oder war es schon gestern, trugen sicher auch ihren Teil dazu bei.

„Eine Sache interessiert mich noch“, flüsterte der Schwarzhaarige, „Du hast bereits mehrere Andeutungen gemacht: Hast du versucht, dich umzubringen?“

Luca erstarrte. Erschrocken schnappte er nach Luft. Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit dieser Frage. Nur langsam entspannte er sich unter Nicholas‘ Streicheleinheiten wieder. Er beschloss, die Wahrheit zu sagen, Nicholas hatte es verdient, außerdem war es ja nicht so, als ob er es jemals ernsthaft versucht hätte. „Ich habe daran gedacht, ja. Aber jedes Mal hat mir der Mut gefehlt, es zu Ende zu bringen.“

„Ich bin froh“, murmelte der Schwarzhaarige, „Dass du es nicht getan hast.“

Der Blondhaarige lächelte. Nicholas nahm es einfach hin, stellte keine weiteren Fragen, redete nicht weiter auf ihn ein und verlangte auch keine Erklärung. Nur an der Hand, die weiter durch sein Haar fuhr, erkannte er, dass sein Gesprächspartner noch nicht eingeschlafen war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  tenshi_90
2014-03-05T12:19:47+00:00 05.03.2014 13:19
Ein sehr niedliches Kapitel :)

Nicholas scheint ja doch einen ziemlich weichen Kern in seiner harten Schale zu haben. Es ist total knuffig, wie er sich um Luca kümmert. Bin mal gespannt, wie der morgen danach beginnen wird.
Antwort von:  Seira-sempai
05.03.2014 23:31
Ja, auch solche Kapitel gib es, wenn auch nicht besonders viele (wäre sonst auch langweilig).
Ich beschreibe Nicholas gern wie eine Kokosnuss: harte Schale (sehr harte Schale, an der beißt du dir die Zähne aus!!!) und weicher Kern.
Von:  chrono87
2014-03-05T11:35:38+00:00 05.03.2014 12:35
Was für ein Kapitel. Ich finde es echt süß wie Nicholas sich in dieser Nacht verhalten hat. Er ist richtig einfühlig und sanft, nicht so wie sonst. Kein Wunder, dass Luca es genießt. Ich würde es auch genießen, wenn man mir durch die Haare fährt, um mir beim Einschlafen zuhelfen. Aber cool, dass Nicholas dazu steh, dass auch er Probleme mit dem Einschlafen hat, wenn er nicht zu Hause ist.
Mich würde interessieren, was Nicky wirklich denkt, nachdem Luca zugegeben hat, dass er nachdachte sich umzubringen.
Antwort von:  Seira-sempai
05.03.2014 23:29
Ja, Nicholas kann auch süß sein, wird er in Zukuft öfter. Ob er allerdings Probleme beim einschlafen hatte oder zufällig wach war, bleibt unklar (Er kann schließlich auch etwas geflunkert haben). Nicht jeder findet die Luftmatratzen bequem und kann darauf die ganze Nacht durchschlafen. Es gibt Leute, die krigen auf einer ungewohnten Matratze kein Auge zu :)


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