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Auf den zweiten Blick

von

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Das Armband *

Am nächsten Morgen hatte René ihm dann mitgeteilt, dass es tatsächlich Luca war, der im Krankenhaus lag. Ein Polizist hatte ihn auf einer Brücke gesehen und geglaubt, er wolle springen. Als er ihn rief, rannte Luca weg, in ein Auto hinein. Der Blondhaarige war allerdings immer noch nicht bei Bewusstsein und die Ärzte meinten, es könnte auch noch ein paar Tage dauern, bis er aufwachte. Falls er überhaupt aufwachte.

Dazu kam, dass er nicht beweisen konnte, dass die vielen blauen Flecke von Jochen kamen, weswegen die Polizei nichts unternehmen konnte. Sie hatten sogar noch andere verdächtigt, einige von ihnen sogar Nicholas. Erst Renés Aussagen hatten ihn wieder entlastet. Außerdem war auch Lucas leiblicher Vater einbestellt worden, nachdem Nicholas verkündet hatte, dass Luca von ihm wisse und auch vor hatte, ihn zu besuchen.

Peter Mertens war nicht sonderlich begeistert gewesen und hatte das auch sehr deutlich gezeigt.

Nicholas hatte am Ende noch mal mit Renés Onkel gesprochen und wusste jetzt, dass sie ohne Lucas Aussage nichts gegen Jochen unternehmen könnten. Und selbst damit, sah es nicht besonders gut aus, denn Jochen und Lucas Mutter stritten alles ab. Die Sache würde wohl vor Gericht gehen und dann kam es darauf an, wem der Richter glaubte. Da konnte man Glück, aber auch Pech haben. Außerdem wusste der Schwarzhaarige, dass sein Klassenkamerad nicht reden würde, zumindest nicht freiwillig. Auf konkrete Fragen, die nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden konnten, antwortete er wahrscheinlich besser, zumal der Blondhaarige nicht besonders gut lügen konnte.

Deshalb hatte er sich selbst auf den Weg gemacht. Er wollte noch einmal mit Lucas Vater sprechen. Wenn er ihn dazu bringen konnte, das Sorgerecht für Luca einzuklagen, sähe es viel besser für seinem Freund aus. Das hatte auch sein Vater gemeint, als er ihn angerufen hatte.

Der Schwarzhaarige zögerte nicht lange, dann betätigte er die Klingel. Lucas Handy wog schwer in seiner Hosentasche. Er hatte versucht, den Blondhaarigen im Krankenhaus zu besuchen, aber im Moment durften nur seine Eltern zu ihm.

„Ja bitte?“, erklang wenig später eine Frauenstimme aus der Sprechanlage.

Der Siebzehnjährige straffte die Schultern. „Hier ist Nicholas Lemke. Ich möchte mit Peter Mertens sprechen.“

Kurz war es still, dann wurde das Tor vor der Einfahrt geöffnet. Zielsicher lief der Schwarzhaarige auf die Haustür zu, wo ihn Peters Freundin bereits an der Tür erwartete. Doch sie war nicht allein. Hinter ihr stand Lucas Vater, der ihn argwöhnisch musterte.

„Was willst du?“, fragte der Mann relativ unfreundlich.

Doch Nicholas ließ sich davon nicht einschüchtern. Er wartete auch nicht auf eine Einladung, sondern hängte seine Jacke einfach an die Garderobe. Seine Schuhe zog er ebenfalls aus. „Wo können wir hier ungestört reden?“, fragte er.

„Ich wüsste nicht, was es zu besprechen gäbe“, meinte Peter gespielt unwissend.

Nicholas hob die Brauen und schaute ihn abwartend an, ehe er ernst erwiderte: „Es geht um Ihren Sohn.“

„Was soll das? Ich habe keinen Sohn“, behauptete Peter sofort.

„So?“ Nicholas holte Lucas Handy aus seiner Hosentasche. „Da sagen Ihre Briefe aber etwas anderes aus.“ Er tippte darauf herum, bis er die Fotos von den Briefen gefunden hatte. Dann begann er, laut, ein Stück vorzulesen:
 

„Ich wiederhole mich nur ungern. Ich möchte nicht, dass du mich noch einmal kontaktierst. Ich will weder mit dir noch mit deinem Kind etwas zu tun haben! Das zwischen uns war ein Fehler, mehr nicht. Ich werde dir den Unterhalt für dein Kind zahlen, da es nachweislich von mir ist, aber mehr nicht. 3000€ im Monat sind mehr als genug, um es zu versorgen. Ich werde den Betrag bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres überweisen. Dafür verlange ich, nie wieder etwas von dir oder dem Kind zu hören. Erzähl ihm, was du willst. Aber lass mich aus dem Spiel“
 

Peter erblasste. „Wie kommst du an die Briefe?“, verlangte er zu wissen.

„Sind Sie jetzt bereit, mit mir zu sprechen?“, stellte Nicholas die Gegenfrage.

Der Mann seufzte. „Also gut“ Er lief den Flur entlang und deutete dem Schwarzhaarigen an, ihm zu folgen.

„Einen Moment“, rief Peters Freundin, ehe sie auf den Mann zulief und sich vor ihm aufbaute. „Du hast ein Kind? Einen Sohn? Wann hattest du vor, mir davon zu erzählen?“

„Gar nicht“, antwortete Nicholas ihr, bevor Lucas Vater die Chance hatte, etwas zu sagen, „Zumindest geht das aus den Briefen hervor.“

„Nina“, ergriff jetzt auch Peter das Wort, doch die Frau ließ ihn nicht aussprechen.

„Wie heißt sie?“, schrie sie, „Die Frau, mit der du mich betrogen hast!“

Nicholas hob beschwichtigend die Hände. „Luca ist Siebzehn.“

Nina schaute zuerst Nicholas, dann Peter abwartend an und als der Mann nickte, schien sie sich wieder etwas zu beruhigen.

„Das war lange bevor wir uns kennengelernt haben“, redete Peter beschwichtigend auf deine Freundin ein. Dann forderte er Nicholas ein zweites Mal dazu auf, ihm zu folgen.

Er führte den Siebzehnjährigen in ein Wohnzimmer mit einer großen, gemütlichen Couch und zwei ebenso gemütlichen Sesseln. Nicholas ließ sich in einen der Sessel fallen, während Peter und Nina sich ihm gegenüber auf die Couch setzten.

„Also“, fragte Peter, „Was gibt es jetzt so wichtiges?“

Nicholas öffnete im Handy das erste Foto, das mit Peter zu tun hatte, es zeigte einen Kontoauszug, und reichte dem Mann das Mobiltelefon. „Das ist Lucas Handy“, erklärte er leise.

Peters Augen weiteten sich.

„Schauen Sie auf das Datum, an dem die Fotos aufgenommen wurden“, forderte der Siebzehnjährige, „Das von dem Kontoauszug wurde eher aufgenommen, als der Rest. Wie er an den Kontoauszug gekommen ist, hat Luca nicht gesagt. Aber ich weiß, dass er alles andere aus dem Safe hat.“

Der Mann schluckte. Es schien, als wisse er nicht, was er sagen sollte.

„Bis vor ein paar Monaten wusste Luca nicht, wer sein Vater ist. Ich gehe davon aus, dass er den Kontoauszug zufällig gesehen hat und dann begann, gezielt zu suchen. Weder seine Mutter noch ihr Mann wissen, dass Luca von Ihnen weiß und ich möchte das auch so lassen.“

„Ich verstehe immer noch nicht, was du von mir willst.“ Peter reichte ihm das Handy zurück.

Der schwarzhaarige seufzte. „Eigentlich habe ich Luca versprochen, mich nicht einzumischen, aber ich kann dieses Versprechen nicht länger halten. Er braucht Ihre Hilfe. Dringend. Ich weiß nicht, wie lange er es ohne noch aushält, bevor er irgendwelche Dummheiten macht. Ich weiß, das ist viel verlangt, aber bitte sprechen Sie mit ihm. Er liegt momentan im Krankenhaus. Sie lassen nur seine Familie zu ihm, aber Sie sollten als sein Vater problemlos reinkommen.“

Sowohl Peter als auch Nina starrten ihn ungläubig an.

„Was genau ist mir ihm los?“, fragte Nina.

„Das kann ich nicht sagen. Ich habe schon viel zu viel gesagt.“ Nicholas schüttelte den Kopf, ehe er sich zum Gehen wandte. Er wollte das Wohnzimmer gerade verlassen, als sein Blick auf einen kleinen Goldenen Gegenstand auf dem Schrank fiel. Er ging darauf zu und seine Augen weiteten sich, als er erkannte, um was er sich handelte.

„Wo haben sie das her?“ Es kostete ihm einiges an Mühe, nicht zu streiten, als er das Armband in die Hand nahm.

„Das hat vor der Tür gelegen. Ich habe es heute morgen gefunden“, antwortete Nina sofort, „Warum? Kennst du es? Dann könntest du es vielleicht dem Eigentümer zurückgeben.“

Der Schwarzhaarige nickte. Und wie er dieses Armband kannte. Luca war hier gewesen. Mit schnellen Schritten lief er auf Peter zu und baute sich vor dem Mann auf. „Wann genau war Luca hier?“, verlangte er zu wissen.

Der Mann zuckte zusammen. „Was-“

Nicholas unterbrach ihn. „Verkaufen Sie mich nicht für dumm. Ich weiß genau, dass Luca hier gewesen ist! Das ist sein Armband!“

„Bist du sicher?“, wollte Nina wissen.

„Todsicher“, antwortete der Siebzehnjährige, „Dieses Armband gibt es nur einmal. Ich habe es gemeinsam mit einigen Freunden Luca zum Geburtstag geschenkt. Jeder hat seinen Namen auf eines der Plättchen geschrieben!“

Peter fuhr sich mit der Hand durch sein blondes Haar. „Er war in der Nacht von Sonntag zu Montag hier. Es muss so zwischen Ein und Zwei Uhr nachts gewesen sein“, sagte er leise, „Ich habe ihn rausgeworfen.“

Nicholas erstarrte. Es dauerte, bis sein Gehirn das eben gesagte verarbeitet hatte. Doch seine Reaktion war umso heftiger. Er packte dem Mann am Kragen und stieß ihn gegen sie Lehne seines Sesseln. „Haben Sie auch nur den Hauch einer Ahnung, was Sie damit angerichtet haben?“, fuhr er dem Mann an, „Ich hatte einen Abschiedsbrief im Briefkasten. Er wollte sich umbringen. Sie können von Glück reden, dass das Auto ihn erwischt hat, bevor er seinen Pläne in die Tat umsetzen konnte, oder Sie hätten jetzt keinen Sohn mehr!“ Nicholas ließ den Mann los. Am liebsten hätte er ihn weiter angeschrien und auch das ein oder andere Schimpfwort an den Kopf geworfen, doch dazu hatte er kein recht, schließlich war er derjenige gewesen, der Luca zuerst weggestoßen hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  tenshi_90
2014-03-19T14:12:42+00:00 19.03.2014 15:12
Ich bin jetzt mal gespannt, wie Peter darauf reagieren wird... Es ist ja doch alles ziemlich emotionsgeladen...
Antwort von:  Seira-sempai
19.03.2014 16:11
Lass dich überraschen...
Von:  chrono87
2014-03-19T12:41:44+00:00 19.03.2014 13:41
Ein tolles Kapitel. Ich finde, dass du die Gefühle aller Beteiligten sehr gut zum Ausdruck gebracht hast. Erst ist Nicky mehr oder minder höflich und dann platzt ihm der Kragen. Super! Peter hat nichts anderes verdient. Ich habe das Gefühl, dass Nina die Einzige ist, die im Moment normal ist und zu Luca hält, wenn man von der Familie ausgeht. Ich bin gespannt, was Peter und Nina mit all diesen Informationen machen. Ich hab mir mehr Reaktionen von Peter und Nina gewünscht, als Nicky von dem Selbstmordversuch berichtet. Aber gut, das Kapitel hört ja auch genau da auf. Vielleicht ist mehr im nächsten Kapitel zu erfahren.
Mal ehrlich, werden Jochen und Sonja ins Krankenhaus gehen? Ich hoffe nicht. Wer weiß was der Kerl dann mit Luca machen würde.
Antwort von:  Seira-sempai
19.03.2014 16:10
Nicholas ist leicht reizbar und Peters Verhalten trägt nicht gerade zur Beruhigung der Situation bei. Natürlich bessert sich Nicholas, hauptsächlich was Luca betrifft aber so schnell ändern sich keine Menschen.
Nina wird Peter jetzt erstmal die Ohren lang ziehen...


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