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Auf den zweiten Blick

von

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Peter und Sonja *

„Du schuldest mir eine Erklärung.“ Peter sprach leise, um seinen Sohn, der gerade erst eingeschlafen war, nicht zu wecken.

Nicholas nickte. Er wusste, er würde nicht darum herum kommen. „Was wollen Sie wissen?“

„In welcher Beziehung stehst du zu meinem Sohn?“, verlangte der Mann sofort zu wissen.

„Wir sind Freunde“, antwortete der Schwarzhaarige wahrheitsgemäß.

Peter seufzte: „Jetzt verstehe ich, warum du wolltest, dass ich Luca unbedingt besuchte. Ich muss dir danken. Ohne dich hätte ich den Fehler, den ich vor siebzehn Jahren begangen habe, nie bemerkt.“

„Heißt das-?“ Hieß das, er half Luca?

Der Vater des Blondhaarigen nickte. „Ich werde noch heute meine besten Anwälte darauf ansetzen. Es wäre doch gelacht, wenn ich nicht das Sorgerecht für meinen Sohn bekomme.“

Der Schwarzhaarige wusste, dass der Mann sich zurückhielt, seine wahren Gefühle unterdrückte. Das hier war nur die Ruhe vor dem Sturm. Einem gefährlichen Sturm, der jeden Moment losbrechen konnte.

Die Tür wurde geöffnet und eine Krankenschwester, gefolgt von Jochen und Sonja, betrat das Zimmer. Sie hatte die Tür noch nicht wieder hinter sich geschlossen, da war Peter schon auf Lucas Stiefvater losgegangen. Allerdings wurde er nicht handgreiflich und fuhr ihn auch nicht an.

Mit einem aufgesetzten Lächeln und Augen so kalt, dass sogar Nicholas einen Schritt zurückwich, reichte er Jochen die Hand. „Peter“, stellte er sich vor, „Ich bin der Vater.“ Beim anschließenden Händedruck drückte er so fest zu, dass Jochen vor Schmerz das Gesicht verzog.

„Jochen“, antwortete Lucas Stiefvater.

Peter drückte noch etwas kräftiger zu. „Sie sind also derjenige, der sich so liebreizend um meinen Sohn gekümmert hat.“

Das hätte er nicht besser gekonnt, gestand ihm Nicholas neidlos zu. Er war nie sonderlich gut darin gewesen, seine Wut zu unterdrücken. Das brauchte er jetzt aber auch nicht mehr, immerhin musste er nicht mehr geheim halten, dass er etwas wusste. Wütend blitzte er Jochen an. Am liebsten wäre er auf den Mann losgegangen, doch Luca zuliebe ließ er es bleiben. Er wollte seinen Freund nicht wecken. Er hatte schon genug durchgemacht, da brauchte er nicht auch noch zu beobachten, wie Nicholas sich mit seinem Stiefvater anlegte.

Lucas Vater wandte sich unterdessen an Sonja, auch sie begrüßte er übertrieben kalt und distanziert. „Lange nicht mehr gesehen“, sagte er, „Und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es ruhig noch länger sein können.“

Die Frau schluckte. „Was tust du hier, Peter?“

„Mich um meinen Sohn kümmern.“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf den schlafenden Luca. „Und jetzt geht, bevor ich euch gewaltsam entfernen lasse!“

Jochen schnaubte. „Als ob sie seine Familie einfach so rauswerfen!“

„Luca hat geredet“, mischte sich jetzt auch Nicholas in das Gespräch ein, „Du weißt, was das für dich bedeutet?“ Er weigerte sich, dem Mann gegenüber respektvolles Verhalten auch nur vorheucheln. Das hatte er nicht verdient.

„Dieser miese, kleine-“ Jochen wollte auf das Bett zustürmen, doch Nicholas versperrte ihm den Weg.

„Du wirst ihn nie wieder anfassen“, sprach er mit einer Mischung aus Autorität und Drohung, die die meisten Menschen vor ihm zurückweichen ließ, so auch Sonja und Peter.

Nur Jochen schien unbeeindruckt. Er versuchte, Nicholas aus dem Weg zu stoßen, doch der Schwarzhaarige ließ das nicht zu. Er fing die Hand des Mannes ab, so dass dieser das Gleichgewicht verlor, und baute sich vor ihm auf. Jochen war etwas größer als er, aber er ließ sich davon nicht beeindrucken. „Ich wiederhole mich nur ungern“, zischte er, „Ich werde mich nicht länger zurückhalten. Wenn du auch nur noch einmal versuchst, Luca etwas anzutun, breche ich die jeden einzelnen Knochen! Und glaube mir, ich werde es genießen!“

„An Ihrer Stelle würde ich auf den Jungen hören“, drang eine fremde Stimme von der Tür aus ins Zimmer und der Arzt, der vorhin das Zimmer verlassen hatte, betrat es wieder, gefolgt von zwei Polizisten. Einer von ihnen hatte gesprochen. Nur an seinem Grinsen erkannte Nicholas, dass er das Gesagte nicht wirklich ernst nahm. „Ich spreche aus Erfahrung“, fuhr der Polizist fort, „Seine letzten Opfer durften das Krankenhaus erst nach Monaten wieder verlassen.“

Peter Mertens nickte zustimmend. „Ich hab es damals in der Zeitung gelesen. Du hast für ziemlich großes Aufsehen gesorgt: Vierzehnjähriger verprügelt drei Sechzehnjährige. Ich habe gehört, die armen Jungs haben sich bis heute nicht davon erholt.“

„Ich hab meine Sozialstunden geleistet“, brummte Nicholas. Er mochte es nicht, an den Vorfall erinnert zu werden. Denn auch wenn die drei Jungs das eine oder andere blaue Auge sicher verdient hatten, war er zu weit gegangen. Inzwischen bereute er seine Tat. Doch das hielt ihn nicht davon ab, Jochen zu bedrohen. Sollte es nötig werden, würde er seine Drohung auch in die Tat umsetzen.

Jochen schluckte. Wie es schien, hatte er ebenfalls davon gehört.

Die Polizisten widmeten ihre Aufmerksamkeit dem Mann. Auf Nicholas‘ Drohung gingen sie nicht weiter ein. Sie taten so, als hätten sie sie nicht mitbekommen.

„Sie sind vorläufig festgenommen“, sagte einer von beiden, ehe sie Jochen aus dem Zimmer führten.

„Was soll das?“, rief Lucas Mutter ihnen hinterher, „Sie können doch nicht einfach- Jochen hat nichts getan! Das ist alles die Schuld dieses Bengels!“

Am liebsten hätte Nicholas die Frau geschlagen. Das konnte nicht ihr Ernst sein! So blind konnte man doch nicht sein!

„Du wirst deinem Mann noch früh genug Gesellschaft leisten.“ Peter baute sich drohend vor der Frau auf. „Wenn ich mit dir durch bin, wirst du dir wünschen, mir nie begegnet zu sein. Ich werden deinen Namen so sehr durch den Dreck ziehen, dass dich keiner mehr einstellt und man sich sogar in den Geschäften weigert, dich zu bedienen! Die Leute werden mit den Fingern auf dich und deine Entschuldigung von einem Mann zeigen! Glaub ja nicht, dass ich dich auch nur noch in die Nähe meines Sohnes lasse!“ Er deutete auf die Tür. „Und jetzt geh! Wir sehen uns vor Gericht!“

Eingeschüchtert nickte die Frau, ehe sie übereilt aus dem Zimmer stürzte.

Nicholas sah zu Luca und war überrascht, als er die vor Verblüffung geweiteten Augen bemerkte. „Du bist wach…“, saget er leise. Er schritt auf das Bett zu uns setzte sich neben seinem Freund auf die Matratze.

„Kein Traum“, flüsterte der Blondhaarige ungläubig, „Du bist noch da.“

„Kein Traum“, bestätigte Nicholas während er ihm eine Strähne des blonden Haares aus dem Gesicht strich. Er holte das Armband aus seiner Hosentasche und legte es Luca in die Hand. „Der Verschluss war kaputt. Deswegen hast du es wohl verloren.“

Lucas Finger schlossen sich um das Schmuckstück und er lächelte den Schwarzhaarigen dankbar an. Seine Augen strahlten beinahe so sehr vor Freude, wie zu seinem Geburtstag, als er das Armband geschenkt bekommen hatte. „Danke“, murmelte er.

„Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast“, begann Nicholas, „Aber Jochen wurde eben von der Polizei mitgenommen.“

Der Blondhaarige nickte, schnitt aber gleich darauf eine Grimasse. Seine Kopfverletzung schien ihm die Bewegung übel genommen zu haben. Lucas Blick wanderte zu Peter und nach kurzem Zögern streckte der die Hand ihm aus.

Der Mann kam auf ihn zu, setzte sich wieder auf den neben dem Bett stehenden Stuhl. Dann ergriff er die Hand seines Sohnes. „Hast du irgendwelche Sachen bei Sonja, die du gern mitnehmen möchtest, wenn du zu mir ziehst?“, fragte er.

Luca klappte der Mund auf. Völlig überrumpelt starrte er seinen Vater an.

„Das wolltest du doch, oder?“, hakte er Mann nach.

„Meinst du das ernst?“ Ungläubig starrte Luca ihn an. „Ich muss nicht mehr zurück?“

Peter lachte leise und auch Nicholas musste lächeln. Lucas Reaktion war einfach nur niedlich. „Ich deute das mal als ein ‚Ja‘“, meinte der Mann.

„Da gibt es noch etwas, das du wissen solltest“, versuchte Nicholas ihn möglichst schonend auf sein zerstörtes Zimmer vorzubereiten. „Als ich deinen Brief gefunden habe, war ich bei dir zu Hause. Jochen scheint randaliert zu haben. Dein Zimmer sieht nicht gut aus. Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass du irgendwas von deinen Sachen noch verwenden kannst.“

„Oh.“ Betreten senkte Luca seinen Blick.

„War irgendetwas wichtiges dabei?“, wollte Nicholas wissen. Vielleicht ließ es sich das eine oder andere ja doch irgendwie reparieren.

„Nein“, antwortete der Blondhaarige leise.

„Ich kaufe dir neue Sachen. Das ist doch kein Problem“, versicherte ihm Peter sofort, „Eine Sache muss ich dir allerdings beichten. Ich habe es in den letzten Tagen nicht geschafft habe, ein Zimmer für dich einzurichten.“ Er lächelte seinen Sohn aufmunternd an. „Aber keine Angst, das Haus hat genügend Zimmer. Was hältst du davon, wenn du dir eines der Gästezimmer aussuchst und wir es, sobald es dir wieder besser geht, gemeinsam einrichten?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  chrono87
2014-03-23T21:21:04+00:00 23.03.2014 22:21
Oh, da treffen sie aufeinander. Ich hab keine Ahnung wie ich mir das Zusammentreffen vorgestellt hatte, aber ich weiß, dass diese Umsetzung nicht schlecht ist. Ehrlich gesagt bewundere ich, wie Nicky, dass Peter so eine Selbstbeherrschung hat. Ich selbst wäre sicher auch handgreiflich geworden. Dass er Sonja nicht ohrfeigt ist bewundernswert, so wie sich gibt und benimmt.
Ein Glück geht Nicky dazwischen sonst wäre sonst was mit Luca passiert. Ich frage mich nur wieso Jochen und Sonja gekommen sind wo doch die Besuchszeit vorbei war. Deswegen hatte Nicky doch Ärger mit dem Arzt bekommen.
Antwort von:  Seira-sempai
23.03.2014 22:27
Das Kommen der beiden lässt sich ganz einfach begründen: Das Krankenhaus hat sie über Lucas Selbstmordversuch informiert. Da der Arzt, der das Geständnis mitgehört hat, die anderen nicht schnell genug (er ist schließlich auch nur ein Mensch) informiert hat, haben die anderen gedacht, es ist richtig, Lucas Eltern anzurufen.
Und Nicholas hat keinen Ärger bekommen, weil die Besuchszeit vorbei war, sondern weil nur Familie zu Luca durfte und er eben nicht mit ihm verwandt ist. Steht weiter oben oder in einem der vorherigen Kapitel.
Peter ist Geschäftsmann und ein sehr guter noch dazu, so reich wie er ist (Das ist nicht vom Himmel gefallen). Und um da erfolgreich zu sein, muss man eine gewisse Selbstbeherrschung haben.
Von:  Venu
2014-03-23T18:52:18+00:00 23.03.2014 19:52
oh mann, endlich! Der arme Luca hat mir so leid getan >.< Ich dachte schon er kommt nie aus dieser Hölle raus, doch jetzt scheint es endlich mal bergauf zu gehen! :) Ich freu mich echt für ihn und auch Lucas Vater wird mir immer sympathischer. Ich bin froh das Luca jemanden wie Nicholas hat und es ist echt schön zu sehen, wie sehr dieser sich für ihn einsetzt.

Ich hoffe Sonja und Jochen bekommen was sie verdienen!!!
Freu mich schon auf das nächste Kappi!

Lg Venu
Antwort von:  Seira-sempai
23.03.2014 22:26
Ja, jetzt geht es bergauf, aber nur langsam. Es wäre unrealistisch, wenn sich Luca zu schnell erholt. Peter ist eigentlich ein ganz netter Mensch und seine Freunde und Familie schützt er mit allem, was er hat und er betrachtete Luca jetzt als Familie. Jochen hat sich also einen denkbar schlechten Gegner gemacht.
Ich lade die Kapitel jeden Tag so zwischen 9 und 10 hoch. Aber es dauert, bis sie freigeschaltet sind manchmal bis zu 3 Tage. Wenn mal nichts kommt, bin das also nicht ich, sondern Mexx.
Von:  tenshi_90
2014-03-23T18:29:39+00:00 23.03.2014 19:29
Die Reaktion von Peter auf Jochen und Sonja ist einfach genial :) Endlich kommt Luca aus der Hölle frei :) Ich freu mich so für ihn :) Und ich finde es total niedlich, wie sich Nicholas um Luca kümmert :)
Antwort von:  Seira-sempai
23.03.2014 22:23
Dank meiner Lektorin für die wirklich gelungene Szene. Ich wusste nicht so richtig, wie ich sie gestalten sollt, da Peter niemand ist, der anderen eine reinhaut oder zu Schimpfwörtern greift. Sie ist dann auf die Idee mit dem Dialog zwischen Jochen und Peter gekommen.
Nicholas wird sich jetzt noch weiter um Luca kümmern und dann, irgendwann kommen sie auch noch zusammen...


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