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Kyo Kara Maou Novel: Reise zum Beginn - Abenteuer in Dark Makoku

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Kapitel 6

KAPITEL 6
 


 

Die Sonne ließ ihre ersten Strahlen über die Hügel des Neue Dämonenkönigreiches erstrahlen und spendete den Soldaten das benötigte Licht für ein schnelleres Vorankommen des Vorbereitungen.

Eifrig wurden mehrere Kutschen mit Proviant, Kleidung und Wasser beladen und vom Schloss des Blutigen Eides aus zum Hafen entsendet.

Lord Gwendal von Voltaire stand nachdenklich am Fenster des Büros seiner Majestät und beobachtete das wirre Treiben im Hof.

Auf seiner Stirn sammelten sich heute mehrere Falten der Besorgnis. Viele Gedanken und Probleme plagten ihn.

Es war unabdingbar, dass dieses Zepter der Segnung gefunden werden musste.

Zum Einen, da es ein altehrwürdiger Schatz von Shin Makoku war und wieder an seinen rechtmäßigen Platz gehörte.

Zum Anderen, da es dem Maou Schutz bot. Und es stand außer Frage, dass Yuuri Schutz brauchte. Der Junge hatte ein ausgesprochenen gutes Talent darin sich in die seltsamsten Abenteuer zu stürzen und darin äußerst selten, ja eigentlich nie, ohne Probleme wieder herauszukommen. Seitdem Yuuri in ihr Reich gekommen war und das Amt des Dämonenkönigs übernommen hatte, musste sich Gwendal eingestehen, dass er viele schlaflose Nächte gehabt hatte. So auch die letzte Nacht.

Er war ganz froh gewesen, dass er die letzten Wochen so hervorragend alles abgearbeitet hatte, was auf dem Schreibtisch liegen geblieben war und so hatte er die letzte Nacht ausschließlich dazu nutzen können, die anstehende Reise zu planen und zu organisieren.

Denn mit Günter hatte er diesbezüglich nicht rechnen können. Seitdem bekannt geworden war, wohin diese Reise gehen würde, hatte sich der königliche Lehrmeister in der Bibliothek verbarrikadiert und wart nicht mehr gesehen. Er nannte dies: Studien über das Unbekannte zur Unterstützung seiner Majestät Yuuri!

Daraus schloss Gwendal, das sich Baron von Kleist dazu entschlossen hatte, an dieser Reise teilzunehmen. Und das wiederum stellte nun ihn, Lord von Voltaire, vor ein riesiges Problem: Wer sollte in der Abwesenheit seiner Majestät regieren?

Denn es stand auch außer Frage, dass Gwendal mit nach Dark Makoku reiste.

Als Ältester der drei Brüder und Sohn der Ex-Dämonenkönigin Cecilie von Spitzweg war es sogar seine Pflicht!

Er ging alle Namen aller Dämonen, die nicht für diese Reise eingeplant waren, in seinem Kopf durch.

Anissina Gräfin von Karbelnikoff. In Gwendal kroch ein eisiger Schauer hoch. Nein! Das konnte er seinem Reich nicht antun! Sie würde Schäden verursachen, die er bis an sein Lebensende nicht einmal ansatzweise beheben können würde.

Cecilie Herzogin von Spitzweg. Seine Mutter. Sie war da. Sie hatte ihre seit langem andauernde Reise auf der Suche nach Liebe pausiert, um, wie sie sagte, sich davon zu erholen. Sie hatte die meiste Erfahrung. Schließlich hatte sie diese Position jahrelang besetzt. Nur war nicht seine Mutter die eigentliche Regentin gewesen, sondern ihr Bruder Stoffel Herzog von Spitzweg. Und Gwendal befürchtete, dass wenn er die Landesgrenzen überschritt, sich seine Mutter wieder von Stoffel einwickeln lassen würde. Mutter war die Einzige, die Stoffel mehr politisches Geschick zu traute als sich selbst.

Und wäre dem der Fall, so wäre vermutlich eine Revolution im Volke zu Gange wenn seine Majestät Yuuri und er von ihrer Reise zurückkämen.

Ein Oberhaupt aus den anderen Adelshäusern zu Rate ziehen? Schlagartig fiel ihm Valterana, Herzog von Bielefeld, ein. Wolframs Onkel. Irgendetwas ließ Gwendal innerlich zögern, dies auch nur wirklich in Erwägung zu ziehen, aber ihm gingen langsam die Möglichkeiten aus!

Es klopfte.

„Herein!“

Ein junger, gut trainierter Mann mit orangerotem Haar betrat das Büro, dicht gefolgt von einem blonden Hünen mit Adlernase. Beide blieben im angemessenen Abstand zu Gwendal stehen.

„Eure Exzellenz, ich komme soeben aus Herkas zurück“, Iossac verbeugte sich knapp und bemerkte Gwendals finsteren Blick, der Adalbert von Grantz musterte, „und der junge Herr von Grantz begleitete mich zurück, da wir interessante Informationen haben!“

„So?“, Gwendal wusste, dass Adalbert sich auf die unzähligen Einladungen seiner Majestät Yuuri berufen konnte. Zudem hatte der vor vielen Jahren abtrünnig gewordene Dämon in der jüngsten Vergangenheit oftmals bewiesen, dass er Yuuri ein loyaler Gefolgsmann war. Also warum jetzt aufregen?

„Cha'ara ist tot“, begann nun von Grantz und Gwendal starrte ihn ungläubig an.

„Was ist geschehen?“

„Das Alter!“, Adalbert wedelte mit seiner Hand und grinste schief, „Es schien fast so, als habe sie nur noch darauf gewartet eine Lösung für den Konflikt zu finden um dann abzudanken! Iossac berichtete mir von dem Fluch, der nun auf Yuuri lastet!“

„Es heißt immer noch seine Majestät!“, schnaubte Gwendal, doch an Adalberts Mimik konnte man ablesen, dass ihn Gwendals Belehrungen wenig scherten.

„Cha'aras Nachfolgerin ist nun ihre ehemalige Assistentin und sie sagte, im Normalfall müsse sich der Fluch mit dem Ableben der Hexe auflösen!“

„Wir haben die Zeiten verglichen und festgestellt, dass dies wohl auf unseren jungen Herrn nicht zutrifft“, erklärte Iossac weiter, „Daher nehmen die Hexen an, dass dieser große und sehr mächtige Zauber, der diesen Fluch ausgelöst hat, nur durch eine bestimmte Handlung seiner Majestät gebrochen werden kann!“

„Kuss haben wir schon ohne Ergebnis versucht!“, warf Gwendal direkt ein und verschränkte nachdenklich die Arme vor seiner Brust.

„Ha! Hat es der dritte Sohn doch geschafft! Wer hätte das dem Prinzchen zugetraut!“

„von Grantz! Zügelt eure Zunge! Es ist mein Bruder, von dem ihr da sprecht!“, knurrte sein Gegenüber, doch auch jetzt ließ sich Adalbert von Grantz davon nicht einschüchtern. Er war ein viel zu stolzer Dämon um sich von irgendjemanden sagen zu lassen, was er zu denken hatte. Auch wenn er seine Gedanken oftmals unangemessen laut kund tat.

„Darkaskos teilte uns mit, man sei nun in den Vorbereitungen für eine Expedition nach Dark Makoku?“, Iossac versuchte, die Situation zu entschärfen.

„Ja. Sobald seine Majestät Yuuri seine Eminenz von der Erde geholt hat brechen wir auf!“

„Das ist ein gewagtes Abenteuer, von Voltaire!“, von Grantz setzte sich galant auf den Stuhl am Ende des Tisches, „In eine von uns noch nie erkundete Region. Mit einem noch recht unerfahrenen jungen König. Ich biete euch gerne meine Dienste an. Ein erfahrenes Schwert mehr zum Schutze seiner Majestät ins Unbekannte kann doch nicht schlecht sein!“

„Hm?“, Gwendal dachte nach. Es stimmte schon. Man konnte Adalbert von Grantz viel Schlechtes nachsagen, aber er war ein erfahrener Krieger und hervorragender Schwertkämpfer. Nur störte es Gwendal irgendwie, denn so uneigennützig handelte Grantz eigentlich nicht: „Was erwartet ihr euch selbst von der Reise, Grantz?“

Adalbert grinste schief und antwortete, für Gwendal schon fast zu ehrlich: „Ich will wissen, wo dieser Shinou herkommt, der es geschafft hat, ein ganzes Volk 4000 Jahre lang nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Das ist alles. Nennen wir es: Neugier auf die eigenen Wurzeln!“

Gwendal nickte und erneut wurde die Tür zum Büro aufgerissen, diesmal ohne Anzuklopfen. Er musste nicht einmal hinsehen, um zu wissen, wer solch Dreistigkeit wagte, doch es wunderte ihn, dass der eisgraue Schönling aus der Versenkung aufgetaucht war. Das konnte nur eines bedeuten und Günter bestätigte seinen Verdacht:

„Seine Majestät ist zurück!“
 

„Wieso ist es hier auch erst früher Morgen? Seit ihr sicher, dass nicht schon einige Tage vergangen sind?“, fragte ich Ulrike, die schon auf uns am Brunnen innerhalb der Tempelanlage Shinous gewartet hatte.

Die Hohepriesterin lächelte mich milde an: „Aber ja, eure Hoheit. Ihr seit erst vor wenigen Stunden mit Lord von Bielefeld abgereist!“

Das verstand ich nicht. Normalerweise war doch stets eine Zeitverschiebung, wenn ich hin und her reiste.

Murata legte die Hand auf meine Schulter: „Hast du es immer noch nicht verstanden, Shibuya?“

Ich zuckte mit den Schultern und schüttelte verneinend den Kopf. Er schob sich, wie so oft wenn er mich an seinem Wissen über meine neue Heimat in Kenntnis setzen wollte, die Brille zurecht: „Du bestimmst die Zeiten!“

„Hä?“, irgendwie half mir diese Aussage nicht wirklich weiter. Shinou, welcher auf Ulrikes Schulter saß, versuchte Abhilfe zu schaffen: „Damals habe ich die Zeiten deines Erscheinens hier festgelegt. Ich wählte jedes mal Orte und Zeiten, wo dein Auftauchen am Nützlichsten war. Nun liegt jedoch die ganze Macht bei dir. Anscheinend handelt jedoch noch mehr dein Unterbewusstsein oder deine Seele als Maou und bestimmt die Zeit. Auch hier in dieser Welt hat ein Tag 24 Stunden und ein Jahr gewöhnlich 365 Tage!“

„Allerdings solltest du jetzt nicht denken, dass du nun Dinge zu deinem Vorteil dadurch ändern könntest!“, mein Blick fiel wieder auf Murata.

„Damit meine ich, dass du von hier zur Erde kehrst um dann von dort wieder hier in der Vergangenheit zu landen, um Geschehenes zu ändern!“

„Auch wenn deine magischen Fähigkeiten unermesslich scheinen und dadurch größer als ich bei Weitem gedacht noch erahnt hätte, wäre dir von diesem Schritt abzuraten! Es könnte nämlich dadurch passieren, dass du zwischen den Dimensionen hängen bleibst!“, fügte Shinou noch erklärend hinzu. Na, das war ja weniger berauschend. Aber ich hatte auch nicht vor, irgendetwas Vergangenes zu ändern. Bisher war ja meist immer alles gut ausgegangen und ich hoffte auch, dass es so blieb.

„Och, der ist ja niedlich!“, durchbrach uns ein Aufschrei und ich zuckte peinlich berührt zusammen. Stimmt ja, die habe ich ganz vergessen! schoss es mir noch durch den Kopf während ich aus meinem Blickwinkel heraus sah, wie meine Mutter an mir vorbei hüpfte und sich über Ulrike beugte. Mit einem Gesichtsausdruck der totalen Entzückung begutachtete sie Shinou, der sie wiederum etwas überrumpelt anstarrte. Und dann hob sie ihn auch noch hoch! Wie ein kleines Mädchen mit einer neuen Puppe! Ich wagte es nicht auch nur ansatzweise an die Konsequenzen zu denken!

„Wie funktioniert der denn?“, sie drehte ihn um und starrte auf seinen Rücken, dabei hob sie seinen Umhang hoch um vermutlich das Batteriefach zu finden.

Doch Shinou blieb außerordentlich ruhig im Anbetracht dieser doch äußert unangenehmen Situation für ihn: „Und dürfte ich erfahren, wer sie sind?“

Meine Mutter blickte überrascht: „Und er ist interaktiv! Nein! Was für eine tolle Erfindung!“

Es war Shori, der die Situation rettete: „Mutter, das ist Shinou. Der erste Dämonenkönig und derjenige, der Conrad damals den Auftrag gab, Yuuris Seele zur Erde zu bringen!“

Ihr Blick wandte sich erschrocken dem blonden Mann in ihrer Hand zu: „Sie sind DER Shinou?“

Es kam nicht oft vor, dass ich meine Mutter mal beschämt sprachlos erlebte.

Shinou lachte laut auf: „So, dann muss ich ihnen also danken, dass sie zwei so fähige Dämonenkönige großgezogen haben!“

„Hahaha“, ich blickte immer noch beschämt, als ich Mutters Griff um Shinou löste und ihn wieder auf Ulrikes Schulter setzte, „ja, das ist meine Mutter. Sie wollte unbedingt mal unser schönes Reich sehen.“

Ich wandte mich an sie: „Das Mutter, das ist Shinou. Wir befinden uns hier in seiner Tempelanlage, welche auch der hauptsächliche Wohnsitz von Murata ist, wenn wir hier sind und das“, ich wies ausschweifend auf Ulrike, „ist die Hohepriesterin des Tempels, die ehrwürdige Ulrike-sama!“

„Aber sie sind doch noch ein kleines Mädchen!“, flüsterte meine Mutter erstaunt.

„In dieser Welt ist vieles anderes als es den Anschein hat, Mama-chan. Ulrike feiert bald ihren 850. Geburtstag, nicht wahr Ulrike?“, Muraken grinste.

„Ja, eure Eminenz. Aber ich feier eigentlich für gewöhnlich nicht!“, erklang schüchtern Ulrikes glockenhelle Stimme.

„Sie müssen mir unbedingt verraten, was ihr Geheimnis für diese jugendlich straffe Haut ist!“, rief Mutter begeistert aus. Oh je. Das konnte was werden! Ich fragte mich, wie sie wohl auf die Kohi's reagieren würde!

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass sich Wolfram bisher den ganzen Tag sehr ruhig verhalten hatte. Zunächst dachte ich, es läge daran, dass ich versuchte, Situationen mit ihm alleine zu vermeiden. So war ich noch früher als sonst aufgestanden und war ins Wohnzimmer geschlichen. Ich schickte schließlich meine Mutter, um ihn wecken zu lassen. Und beim Frühstück war zwischen uns auch kein einziges Wort gefallen. Ich drehte mich zu ihm herum und versuchte mich auf sein Gesicht zu konzentrieren, denn schließlich war das ja noch das Alte: „Alles in Ordnung bei dir, Wolfram?“

Er fuhr auf die plötzliche Ansprache meinerseits zusammen.

„Was soll schon sein, du Waschlappen!“, fauchte er und stiefelte an mir vorbei zum Haupttor, „Ich will die Situation nicht nur noch unerträglicher für dich machen, als sie ohnehin schon ist!“

„So schlimm ist es auch nicht! Ich habe mich schon daran gewöhnt!“, rief ich hinterher und hätte mir für diese Aussage am Liebsten selber in den Hintern getreten.

Denn: zuerst blieb er abrupt stehen, dann drehte er sich in Zeitlupe zu mir herum und da wusste ich, das ich nicht mehr lange leben würde!

„Das hättest du wohl gerne, was, Yuuri? Glaubst du wirklich, ich dulde es auch nur unbedingt länger als nötig, dass du in mir...in mir... so ein billiges Frauenzimmer siehst? Damit du mich dann so befingern kannst wie im Badezimmer?“, die Blicke der anderen richteten sich nun äußerst interessiert auf uns, „Ich habe auch als Mann meine Qualitäten! Aber du warst ja zu … zu... hinterwäldlerisch in deiner verweichlichten Weltanschauung um das nur einen Augenblick lang zu bemerken geschweige es denn auch nur mal auszuprobieren! Sobald es auch nur ansatzweise mit uns Fortschritte gab warst du stets sehr zeitintensiv damit beschäftigt, wieder zwei Rückschritte zu machen! Das macht es Einem wirklich schwer dich zu mögen!“

Seine Hände waren zu zwei Fäusten geballt und er atmete in seiner Aufregung sehr schwer:

„Glaubst du, es macht Spaß, mit einem solchen Waschlappen und leichtem Bürschchen wie dir drei Jahre lang verlobt zu sein? Drei Jahre, in denen du meine...“, er schluckte, denn anscheinend fiel ihm jetzt erst unser Publikum auf, „ach...vergiss es, Yuuri!“

Er drehte wieder ab und marschierte weiter. Ich atmete erleichtert aus. Zum Einen, weil ich noch lebte und zum Anderen war es mir lieber das Wolfram noch vor der langen Reise auf einem kleinen Schiff mal Dampf abgelassen hatte. Dennoch ließen mich seine gesagten Worte auch nicht kalt. Betreten sah ich zu Boden. Er hatte schon recht. In den letzten drei Jahren war ich kein Bilderbuch-Verlobter gewesen. Ich hatte mich daran gewöhnt mit ihm mein Bett zu teilen. Ich hatte mich auch daran gewöhnt, das er meine Tochter Greta auch als seine Tochter und meinen Bruder auch als seinen Bruder ansah. Das fand ich ehrlich gesagt sogar ganz schön. Auch das meine Mutter ihr erwünschtes 'Mama' von Wolfram bekam zeugte nur von seiner Ernsthaftigkeit bei dieser ganzen Verlobungsgeschichte.

Meine Mutter trat neben mich und legte mir ihren Arm um die Schultern: „Yu-chan, Streit ist nie gut. Natürlich müssen angestaute Sachen mal gesagt werden, aber ihr Zwei gehört doch zusammen! Du hast ihn doch sehr, sehr gern!“

„Ja, habe ich, aber Mutter, ich bin nicht schwul!“, mein Ton klang genervter als ich beabsichtigt hatte.

Sie lächelte wie nur eine Mutter lächeln konnte. Sie nahm das Foto, welches sie am Vorabend von Wolfram gemacht und ebenfalls in Folie eingewickelt hatte, aus ihrer Tasche, öffnete die Jacke meiner Schuluniform und steckte es mir in die linke Innenbrusttasche: „Yu-chan, merke dir: Sobald man etwas denkt oder fühlt bekommt es Bedeutung! Vorher nicht!“
 

Murata blieb noch im Tempel, während wir mit der bereitstehenden Kutsche zum Schloss fahren wollten. Er wollte mit Shinou dessen Vorstellung von 'Mitnahme' besprechen.

Wolfram war schon voraus geritten, so dass nur noch meine Stute Ao neben der Kutsche stand. Mutter und Shori nahmen in dieser Platz und der Kutscher fuhr langsam an. Ich ritt auf der Fensterseite meiner Mutter nebenher um ihr alles zu erklären, was sie aus dem Fenster sehen konnte.

„Und da hinten ist auch schon mein Schloss. Es hat den unheimlichen Namen 'Schloss des Blutigen Eides', aber mach dir keine Sorgen, Mutter! Es ist sehr schön und überhaupt nicht wie sein Name vermuten lässt!“

„So ein großes Schloss hast du?“ mit geweiteten Augen blickte sie aus dem Fenster. Sofort suchte sie den Fotoapparat heraus und knipste drauf los. Ich kam mir vor wie ein Fremdenführer für eine japanische Reisegruppe.

„Böses Omen! Böses Omen!“, krächzte es vom Himmel und sie sah auf.

„Was ist das?“, rief sie verwundert aus.

„Oh, das hat mir Wolfram mal erklärt“, wenn ich so drüber nachdenke hat er mir viel erklärt, „Das sind die Paradiesvögel. Ihr Name klingt bei weitem schöner als sie aussehen. Sie stehen auf der Liste der 666 verschiedenen zu schützenden Arten in meinem Königreich. Obwohl ich ehrlich gesagt nie das Gefühl hatte, das sie bei der Anzahl, die hier herumflattert, wirklich bedroht sind!“ Ich glaubte sogar, dass auf dieser Liste fast jedes Tier im ganzen Königreich stand!

Mutter schoss auch davon eine Reihe Fotos. Wenn das so weiterginge, hätte sie die erste Speicherkarte noch vor Erreichen des Schlosses voll. Aber zu meiner Erleichterung betrachtete sie alles mit großen Augen und schweigend. Vielleicht würde es ja doch nicht so schlimm werden.
 

Wir erreichten den Innenhof meines Schlosses. Kaum war ich aus dem Sattel gestiegen beschallte mich schon Günters: „Majestäääääääät!“

Er hastete die Treppen herunter und fiel mir um den Hals.

„Günter, ich war nur eine Nacht nicht da!“, stöhnte ich auf.

„Ach, Majestät! Ohne euch an meiner Seite schien mir diese Nacht so endlos! Ich habe kein Auge zu getan und stetig für eure gesunde Rückreise zum großen Shinou gebetet!“

„Ha, da wird er sich aber gefreut haben, dass er auch nicht schlafen konnte!“

„Wie meinen, Majestät?“

„Günter, sie sehen fantastisch aus!“, das meine Mutter manchmal ein perfektes Timing hat, habe ich ja schon einmal erwähnt, nicht wahr?

Günters Mimik nach zu urteilen schien er überfordert. Wäre ich nach einer durchgemachten Nacht und dem anschließend zu gut gelaunten Wesen meiner Mutter aber auch!

Sie umarmte ihn so ungeniert wie er mich zuvor umarmt hatte. Vermutlich hielt sie das hier für die gängige Begrüßung. Ich sollte sie darüber aufklären bevor sie Gwendal begegnete!

Shoris Begrüßung hingegen erstreckte sich auf ein kühles Nicken. Es war kaum vorstellbar, dass er und Mutter verwandt waren. Obwohl, wenn ich mir Gwendal, Conrad und Wolfram ansah und deren Mutter Cecilie, dann wusste ich, dass meine Familie so unnormal oder seltsam nicht sein konnte.

„Jennifer-san! Es freut mich, sie auch hier begrüßen zu dürfen!“, Conrad verbeugte sich galant und gab ihr einen Handkuss, was meine Mutter zu einem freudigen Aufschrei hin riss.

„Der gutaussehende Fechter ist auch da! Yu-chan! Du machst deinem Paten aber hier nicht so viel Kummer, oder?“

„Nicht doch, Jennifer-san! Yuuri macht seine Aufgabe hier zur vollsten Zufriedenheit des ganzen Königreiches! Noch nie hatten wir so friedliche und angenehme Zeiten in unserer Geschichte! Das liegt bestimmt an eurer großartigen Erziehung!“, Conrad wusste wirklich, wie man mit Frauen jeden Alters umging.

Er reichte ihr seinen Arm und sie hängte sich strahlend bei ihm ein: „Dann wollen wir euch einmal Yuuris zweites Zuhause näher zeigen!“

Er nickte mir mit einem leichten Lächeln auf den Lippen zu. Meine Mutter war also erst einmal abgelenkt. Ich wandte mich wieder an Günter: „Wie schaut es aus?“

„Lord Gwendal hat ebenfalls die Nacht durchgearbeitet und so steht unserer sofortigen Abreise nichts mehr im Wege! Der 'Rote Seestern' liegt beladen im Hafen und kann jederzeit ablegen!“

Wir schritten nebeneinander her erneut auf dem Weg zu meinem Büro. Diesmal würde ich es auch betreten.

Die Tür stand bereits offen und ich entdeckte Gwendal neben meinem Schreibtischstuhl stehend. Er wies mir an mich auf eben diesen zu setzen. An der großen Tafel saßen bereits Iossac, über dessen Mitreise ich mich freute; Adalbert, über dessen Mitreise ich noch nichts wusste und Wolfram, über dessen Mitreise ich ganz genau wusste, aber wo ich nach dem erneuten Streit im Tempel nicht ganz genau wusste, ob das gut oder schlecht für mich war. Eigentlich war es bisher immer gut gewesen, Wolfram an meiner Seite zu wissen. Er stand mir noch näher als Conrad und das hätte ich damals, so kurz nach meiner Ankunft hier, niemals für möglich gehalten. Das unsere Situation derzeit so aussichtslos verschärft war schien uns beide schwer zu belasten und zu beschäftigen. Mit verschränkten Armen und abgewandtem Blick lehnte er sich schmollend auf seinem Stuhl zurück.

Ich seufzte innerlich auf. Wir hatten nun einige Wochen auf See vor uns. Ich musste diese Chance nutzen und diese Sache zu einem guten Ausgang bringen. In welche Richtung dieser Ausgang zeigte war mir gerade jetzt schon fast egal. Ich wollte nur den Wolfram zurück, den ich kannte. Und das sowohl körperlich als auch in allen anderen Bereichen. Egal was er nun zu diesen Bereichen zählte oder ich.

Shori war uns ins Büro gefolgt. Da er das Schloss schon recht gut kannte, hatte er keinen Sinn darin gesehen, Conrad und Mutter zu folgen.

Gwendal schien freudig überrascht über sein Erscheinen und das wiederum überraschte mich. Es kam nicht häufig vor, dass Gwendal lächelte und sein Gesicht frei war von jedweden Falten!

„Majestät, wir waren gerade beim letzten Punkt angekommen zur Planung unseres Vorhabens!“, erklärte er mir sachlich, „Wir reisen mit genau 30 Mann. Zum Einen wären das wir...“. Er holte aus und zeigte auf die bereits Anwesenden.

„Wolfram, Iossac, Günter, eure Majestät, seine Eminenz in Begleitung von Shinou, Conrad, Lord Adalbert von Grantz sowie ich sowie elf ausgewählte Soldaten und zehn Mann Schiffsbesatzung. Wir wählten den 'Roten Seestern', da nach Shinous Schilderung ein normales Schiff Monate brauchen würde. Der Seestern schafft die Strecke in einem Drittel der Zeit, hat aber den Nachteil, dass wir aufgrund des mangelnden Platzes keinen Komfort zu erwarten haben. Wir benötigten jede freie Stelle für den Proviant!“

Ich nickte verstehend. Gwendal beachtete dies aber nicht und fuhr weiter fort:

„Die Frage, die jetzt noch im Raume stand, war: Wer vertritt euch während eurer Abwesenheit?“

Ähm. Das war eine wirklich gute Frage! Normalerweise pflegte ich in einem solchem Fall zu sagen: Gwendal, ihr macht das schon! Und weg war ich.

Dies war nun ja nicht möglich. Auch meine zweite Reserve, Günter, fiel aus.

„Was ist mit Cherie?“, fragte ich vorsichtig.

„Ihr meint dann wohl eher Stoffel!“, antwortete Adalbert trocken und schielte zu mir herüber. Er hatte Recht. Schon von Anfang an hatte man mich vor Stoffel gewarnt. Wenn ich nun einige Wochen nicht zu gegen wäre und Cherie würde mich vertreten, wäre das seine Chance! Oh je. Eine schwierige Frage. Wer blieb denn noch?

„Ich würde es machen!“, eine Stimme, mit der ich gar nicht gerechnet hatte, riss mich aus meinen Gedanken.

Shori stand mit ernstem Gesichtsausdruck da: „Ich bin der Dämonenkönig der Erde. Ich wurde von Bob ausreichend ausgebildet. Und durch meine Aufenthalte hier kenne ich mich ja auch schon ein wenig aus. Wenn Cherie mir als Beraterin zugestellt werden würde, denke ich, dass ich deinen Job schon ganz gut hinkriege!“

Gwendal nickte: „Der Gedanke kam mir bei eurem Erscheinen gerade auch. Ihr seit die Idealbesetzung!“

Na, danke! Ich weiß auch, dass ich noch lange nicht gut genug bin!

„Heißt das, es sind nun alle Fragen geklärt?“, ich sah reihum in alle Gesichter. Nun ja, Wolfram zeigte mir seinen Hinterkopf, aber ich würde schon auf der langen Reise dafür sorgen, dass sich das wieder änderte!

„Wie? Ihr fahrt weg?“

Ach ja... was mach ich eigentlich mit Mutter?



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