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Kyo Kara Maou Novel: Reise zum Beginn - Abenteuer in Dark Makoku

von

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Kapitel 11

KAPITEL 11
 

SPEZIAL
 

Abenteuer in Shin Makoku

oder

Dacascos Leiden & Shoris Kummer
 

Ach, Yu-chan, ich kann das nicht! Du weißt, dass ich dies nicht leichtfertig sage, denn deine Mama kann einfach alles, was zum Wohle ihrer zwei Jungs ist, aber das ist doch alles etwas viel für mich! Wie soll ich denn die Geschehnisse der letzten Wochen in wenigen Sätzen zusammenfassen? Das ist eine unmögliche Aufgabe, die du mir da gegeben hast!

Hier ist doch alles so neu für mich. Und auch vieles, was ich noch nicht so recht verstehe. Also, wenn du wieder da bist, muss ich dir ganz dringend ein paar Fragen stellen!

Aber das ist nun nicht so wichtig. Hier ist wirklich viel zu tun! Wir haben uns hier einiges vorgenommen! Es hat zwar ein paar Tage gedauert, bis ich mich hier eingelebt hatte, doch nun fühle ich mich hier so wohl, als wäre ich nie irgendwo anders gewesen. Ich muss aber sagen, dass ich mir schon Sorgen um deinen Vater mache. Du weißt doch, dass er nicht vernünftig isst, wenn ich nicht koche! Doch ich habe hier wirklich keine Zeit mir Gedanken zu machen. Wie ich schon sagte, wir haben hier einiges zu tun!

Cherie ist wirklich eine beachtenswerte Persönlichkeit! Ich kann es immer noch nicht ganz fassen, dass sie 260 Jahre alt sein soll!

Yu-chan, 260!!!!

Ich bin 44 und habe das Gefühl, neben ihr wie die ältere Schwester zu wirken. Ich verstehe nun endlich, woher du diese Komplexe hast. Dabei muss ich doch schon mit Stolz sagen, dass du dich wirklich hervorragend entwickelt hast. Du bist so ein stattlicher, junger und hübscher Mann! Und dann auch noch ein König! Ach!

Ich muss sagen, dein Volk liebt dich sehr. Ich war nun einige Male in der Stadt und alle begegneten mir stets freundlich und hilfsbereit und sprachen nur in den löblichsten Tönen über dich! Auch Shori zeigt mir immer wieder auf, was für tolle Arbeit du hier schon geleistet hast. Er hat hier ja kaum was zu tun.

Obwohl, so genau kann ich das nicht sagen. Er ist sehr oft in deinem Büro und brütet über den Unterlagen. Er sagt, er habe sich erst einmal die Schrift hier aneignen müssen. Mittlerweile spricht er auch schon die Sprache! Er sagt immer, dass es für ihn als Dämonenkönig der Erde wichtig sei die Sprache seines Bruders sprechen zu können. Es ist wirklich erstaunlich für mich, dass ich gleich mit zwei so fantastischen Söhnen gesegnet bin! Obwohl mir ein Mädchen auch sehr lieb gewesen wäre. So eine süße Tochter, die ich in all diese niedlichen Kleidchen stecken könnte, die ich unten auf dem Markt gesehen habe. Ich konnte nicht umhin, dir eines zu kaufen! Und wenn es dir nicht gefällt oder gar zu klein ist, weil du wächst ja so rasant die letzte Zeit, so passt es ganz bestimmt Wolfram!

Ich habe heute vor, Sangria, Eva, Doria und Lasagna in die Geheimnisse des Currys einzuweisen. Das ist bestimmt keine leichte Aufgabe, aber absolut von Nöten!

Ich habe hier nichts gegen die einheimische Küche einzuwenden, aber meine Jungs müssen doch bei Kräften bleiben! Doria ließ mir eben die Nachricht zu kommen, dass es ihr gelungen sei, alle benötigten Gewürze dafür aufzutreiben. Das heißt, bis du wieder zurück bist wird dich hier ein gutes, hausgemachtes Curry erwarten!

Wusstest du eigentlich, dass man hier im Schloss dem Glücksspiel frönt? Ich weiß wirklich nicht, ob ich das gut heißen soll! Mir ist jetzt schon mehrfach der Begriff Liebeslotterie zu Ohren gekommen und das sich die Einsätze verändert haben. Ich werde mich für dich dahinterklemmen und Genaueres herausfinden! Ich hoffe doch nicht, dass sich in den Kellern deines Schlosses eine Spielerhölle befindet!

Ach ja, dein Schloss ist wirklich sehr schön. Ich habe allerdings Shori nun mehrfach den Antrag auf Namensänderung unterbreiten lassen. Er weigert sich, mir da auch nur einen Augenblick Gehör zu schenken. Notfalls muss ich da auch mal mit diesem Shinou darüber reden. Also dieser Name: Schloss des Blutigen Eides! Findest du nicht, der hört sich nach blutigem Wikingertum an? Oder nach Meuchelmord? Das passt doch gar nicht zu dir, Yu-chan! Meine Namensvorschläge bisher waren da wesentlich wohlklingender, wie: Friedenspalast oder Schloss der Blumen. Letzteres fand auch bei Cherie Begeisterung!

Ich wusste gar nicht, dass sie dir zu Ehren eine Blumensorte gezüchtet hat. Gerade steht ein Strauß 'Yuuris Unschuld' auf meinem Nachttischchen. Wirklich sehr schön! Cherie arbeitet gerade an einer Neuzüchtung, welche den Namen 'Shoris Kummer' tragen soll. Sie unterstützt Shori wirklich mit voller Inbrunst! Also eine solche Partnerin an Shoris Seite ist schon wünschenswert! Ich muss nun leider meine Aufzeichnungen unterbrechen, mein lieber Yu-chan, denn das Curry macht sich ja nicht von alleine und es soll ja fertig sein, wenn du wieder kommst! Ich sagte ja bereits, hier ist viel zu tun!
 

In der Küche des Schlosses des Blutigen Eides herrschte rege Aufregung. Die Mutter des Königs gab heute eine Vorstellung zum Besten, die sich fast niemand bei Hofe entgehen lassen wollte! Alle Plätze an den Fenstern waren belegt mit neugierigen Augenpaaren, die in die doch recht kleine Küche stierten und jeder Handgriff der so ehrenwerten Königsmutter wurde leise murmelnd diskutiert und auch stellenweise notiert. Wann hatte man schon einmal eine solch hohe Persönlichkeit hinter einer Kochstelle stehen sehen?

„Aus dem Weg! Aus dem Weg, meine Herren!“, ertönte eine energische Frauenstimme und bahnte sich einen Weg zu der offenstehenden, jedoch vollends belegten Küchentür.

Anissina von Karbelnikoff, eine der drei großen Dämoninnen ihrer Zeit, betrat schließlich den kleinen Raum und warf dabei schwungvoll ihren langen Pferdeschwanz. Der feuerrote Schopf peitschte nach hinten und ließ sogleich drei neugierige Soldaten, deren Uniformen nach sie aus dem Gefolge Weller waren, ihre Balance verlieren und nach hinten stürzten. Anissina schenkte doch dem von ihr verursachtem Tumult wie immer wenig Beachtung. Voller Stolz und mit vor Freude aufleuchtenden Augen trug sie einen Gegenstand herein und hielt ihn majestätisch in die Höhe: „Werte Jennifer-sama, seht her, was ich mir zur Unterstützung eurer Pläne habe einfallen lassen!“

Zumindest war nun alle Aufmerksamkeit auf die junge Dämonin gerichtet.

„Ich nenne es 'Fix gekocht und rein damit-kun', den Prototypen eines Kochtopfes, der mit Einsatz magischer Kräfte das Essen in der Hälfte der Zeit gar werden lässt! Denn auch wir sollten an Morgen denken und Energie sparen!“

Miko Shibuya legte den Kopf schräg zur Seite und betrachtete Anissinas Mitbringsel: „Aber Anissina-chan! Das schaut aus wie ein herkömmlicher Schnellkochtopf!“

Anissina schien das Wort 'herkömmlich' einfach überhört zu haben und setzte ihren neusten Geniestreich auf den Herd: „Stimmt genau. Ein Kochtopf, der das schnelle Zubereiten der Speisen ermöglicht!“ Sie blickte sich suchend um. Miko hatte auf einmal das Gefühl, dass sich ihre Zuschaueranzahl schlagartig verringerte. Um genau zu sein, stand plötzlich nur noch ein Soldat am Fenster und beobachtete die Geschehnisse.

„Dacascos! Das ist aber nett, dass du dich freiwillig meldest!“, schoss es begeistert aus Anissina heraus und der Angesprochene zuckte erschrocken zusammen. Nun wurde er sich seiner Lage bewusst. Entsetzt ließ er das Fensterbrett los, auf welchem er sich zuvor noch abgestützt hatte und stolperte nach hinten in das Blumenbeet.

„Nun komm herein und teste für uns diesen Kochtopf!“

„Aber...aber...ich bin nun zur Wache eingeteilt. Ich kann unmöglich meine Pflicht vernachlässigen!“, er versuchte, sich krabbelnd aus dem Staub zu machen, aber Anissina war schneller: „Pappelerpapp! Günter ist nicht da! Dem fällt das also gar nicht auf. Zudem unterstützt du hier das Allgemeinwohl!“, sie klatschte begeistert in die Hände, „Und was gibt es Erfüllendereres in der Soldatenpflicht, als seinem Volk so dienlich zu sein!“

Dacascos stand die nackte Angst ins Gesicht geschrieben. Er war in die Fänge der roten Teufelin geraten! Still schickte er noch ein Gebet an den großen, jedoch abwesenden Shinou, er möge seine Frau Amblin und seine Tochter nach seinem Ableben schützen, ehe sich Anissina den kahlköpfigen Soldaten schnappte und ihn in die Küche schleifte.
 

„Wuuuuuuaaaaaah!“, ertönte vom Hof her ein Schrei, dicht gefolgt von einem lauten Knall. Dunkle Rauchschwaden zogen an den raumhohen Fenstern des Büros seiner Majestät vorüber. Es folgte einen kurzen Augenblick lang eine beklemmende Stille, dann ein Aufschrei: „Dacascos, wir sind noch nicht fertig!“

„Hahaha! Anissinas Arbeitseifer zum Wohle des Königreiches ist trotz Gwendals Abwesenheit ungebrochen!“, kicherte Cecilie von Spitzweg und beugte sich nach vorne, um ein Dokument in ihre Richtung zu drehen. Shori blickte auf und erstarrte. Er sah genau in das reichlich ausladende Dekolletee der ehemaligen Dämonenkönigin und schluckte.

Cherie war ihm in den letzten Wochen schon eine große Hilfe gewesen, gerade mit dem ganzen Schriftverkehr in der ersten Zeit, doch raubte ihm diese vollbusige Schönheit auch den Verstand. Die plötzlich aufsteigende Röte seiner Majestät Shori war der Dämonin nicht verborgen geblieben. Sie beugte sich noch tiefer um ihm dann betörend ins Ohr zu flüstern: „Gefällt euch, was ihr da seht?“

Shori sprang erschrocken auf und riss dabei seinen Stuhl um:

„Nein...ich meine...doch....sehr...aber...!“

Cherie lachte erneut hell auf: „Aber, aber, eure Majestät! Es ist nichts wofür ihr euch schämen müsstet!“

Sie lief, mit ihrem Finger die Maserung der Tischplatte nachzeichnend, einmal um den Tisch herum und lehnte sich Shori gegenüber an diesen an. Mit verführerischem Blick musterte sie den älteren Bruder und Vertreter seiner Majestät Yuuri genau: „Habt ihr eigentlich eine Freundin?“

„Hä?“, war alles was Shori mit weit aufgerissenen Augen hervor stammeln konnte.

Nannte man so was auf der Erde nicht sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?

Sie beugte sich erneut zu ihm vor: „Ich bin ihnen sehr gerne behilflich, erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu sammeln, Shori-sama!“, und ließ ihre rot lackierten Fingernägel über seinen Brustkorb kreisen.

Shori stand der Schweiß auf der Stirn. Hätte man nicht wenigstens diesen kläffenden Spitz da lassen können, diesen Wolfram? Oder diesen Großmutterersatz und Mädchen für Alles Günter? Halt irgendjemanden, der ihm diese Frau vom Leib halten könnte?

Er hatte ja wirklich nichts gegen sie. Und sie sah ja auch einfach umwerfend aus, aber sie war die Mutter von Yuuris Verlobten. Schlagartig fiel Shori wieder ein, dass dies ja dann sein Schwager werden würde und er sich daher zukünftig die Bemerkung kläffender Spitz verkneifen sollte. Aber er hatte auch schon ganz andere Bezeichnungen für den blonden Feuerdämonen gehört. Nun denn, er konnte doch nichts mit einer 260 Jahre alten Frau anfangen! Der angehenden Schwiegermutter seines Bruders! Zudem wollte er das auch gar nicht! Er hatte seinem Bruder versprochen, sich hier auf die Aufgaben eines Königs zu konzentrieren und sich um alles zu kümmern, was ihm täglich vorgelegt wurde und das beinhaltete doch wohl nicht die sexuellen Wünsche seiner potenziell neuen Verwandtschaft!

Cherie kam ihm immer näher. Sein Herz raste. Sein Blut rauschte. Der Schweiß floss.

Die Tür wurde aufgerissen.

Ein übelst mitgenommener und mit Ruß beschmierter Dacascos stand keuchend in der Tür, blieb jedoch bei dem Anblick, der sich ihm gerade bot, peinlich berührt stehen. Seine Körperhaltung wurde plötzlich extrem steif und starr mit nach oben gerichtetem Blick zur Zimmerdecke.

Shori war es gerade ganz egal, warum dieser Soldat hereingeplatzt war. Er hätte diesen knutschen können. Denn just in diesem Moment hatte Cherie von ihm abgelassen und war mit betretener Miene wieder auf die andere Seite der Tischplatte gekehrt.

„Majestät Shori-sama! Euer treuer Diener Dacascos bittet höflichst um Verzeihung wegen dieser Störung, aber ich habe Bericht zu erstatten!“

„Na, dann berichten sie!“, Shori stellte seinen Stuhl wieder in die richtige Position, als etwas an diesem Soldaten vorbeischoss und direkt neben seinem Tisch stehen blieb:

„Sho-chan, ich kann so nicht arbeiten! Die ganze Küche steht in Flammen!“

„Mutter, was hast du getan?“, erneut sprang er auf und warf dabei den Stuhl um.

Wie hielt Yuuri das nur aus? Eine stille, friedliche Regentschaft war doch hier schlichtweg unmöglich! Hier ging es zu wie in einem Taubenschlag!

Cherie beugte sich aus einem der Fenster: „Stimmt. Die Küche brennt!“, doch die Altkönigin schien keinesfalls besorgt darüber zu klingen.

Shori blickte ebenfalls aus dem offenstehenden Fenster und zauberte dadurch Cherie ein zufriedenes Lächeln auf das Gesicht. Denn unbedachterweise presste er sich dadurch an ihren Vorbau vorbei. Shori versuchte diese Tatsache zu ignorieren und ließ lieber seinen Blick über den Hof schweifen zu der gegenüber liegenden Küche. Die Löscharbeiten waren unter den schroffen Anweisungen Anissinas und der als Feldwebel gefürchteten Gisela im vollen Gange.

„Dann wird heute Abend wohl kalt gespeist“, säuselte Cherie und etwas leiser an Shori gewandt, „Für die heiße Küche könnt ihr aber gerne in meine Gemächer kommen!“

Erneut über so viel Offenheit geschockt wich Shori wieder vor Cherie zurück und knallte mit dem Hinterkopf an den Fensterrahmen. Das tat weh! Verdammt!

„Sho-chan! Alles in Ordnung? Tut es sehr weh?“, Miko eilte zu ihrem ältesten Sohn und streichelte ihm behutsam über die schmerzende Beule.

„Ich hätte immer noch Meldung zu machen!“, ertönte diesmal etwas leiser Dacascos Stimme. Dieser war sich nun absolut nicht sicher, ob ihm noch irgendjemand Gehör schenken würde.

„Ja ja, reden sie einfach!“, stöhnte Shori schon leicht genervt klingend auf, während ihn zwei Frauen, seine Mutter und Cherie, liebevoll und liebestoll betätschelten.

„Die Prinzessin ist soeben nach Hause gekehrt!“, doch diese Information hätte sich Dacascos auch sparen können, denn ein braun gelockter Wirbelwind stürmte das Büro:

„Yuuuuuuuuuuriiiiiiiiiii!“

Stille.

„Prinzessin? Hat Yu-chan denn noch eine Verlobte?“
 

Da man schon die Tische im Garten für den täglichen Kaffee am Nachmittag eingedeckt hatte, hatten die selbstgebackenen Kuchen von Eva den Brand überlebt und man hatte beschlossen, doch dieses erste Kennenlernen an die Kaffeetafel zu verlegen.

„Yu-chans Tochter?“, Miko Shibuya starrte das junge Mädchen ihr gegenüber mit großen Augen an.

„Yuuri hat sie adoptiert“, erläuterte nun Shori, um jedwede falsche Vermutung seiner Mutter sofort im Keim zu ersticken.

„Yu-chan hat eine Tochter und er hat es mir nicht gesagt?“

„Er wollte dich damit bestimmt überraschen, Jenny, wenn er zurück ist!“, versuchte Cherie sie zu beruhigen.

„Onkel Shori?“, meldete sich nun auch etwas kleinlaut das zierliche junge Mädchen mit den großen braunen Augen neben dem dritten Doppelschwarzen des Reiches, „Wer ist diese nette Lady?“

„Oh stimmt! Wie konnte ich mich nicht vorstellen!“, Miko verließ ihren Platz und eilte zu ihr um die gedeckte Tafel herum, „Ich bin deine...“, sie zögerte bei diesem doch für sie recht ungewohnten Wort, „...deine Oma Jenny!“

Shori verschluckte sich am Kaffee und hustete laut auf. Miko ließ sich jedoch nicht weiter stören und fuhr eifrig fort: „Ich bin die Mama von Yu-chan und Sho-chan! Und du bist Yu-chans Tochter, ja? Oh wie schön! Und wie hübsch du bist! Dir stehen bestimmt die ganzen Kleidchen auf dem Markt ganz toll! Ach, wir müssen unbedingt zusammen einkaufen gehen! Und...“

„Mutter!“, unterbrach sie Shori, doch sie schenkte ihrem Ältesten keine Beachtung.

„...und so schöne Haare hast du! Darf ich dir auch kleine Zöpfchen flechten? Bei Yu-chan hat das nie so wirklich geklappt. Er wollte nie stillhalten...“

„Mutter!“

„Wie alt bist du denn jetzt überhaupt? Ich habe bestimmt ganz viele Geburtstage von dir verpasst! Was bin ich nur für eine schlechte Oma! Das müssen wir...“

„Ähm...Mutter!!!“

„...alles nachfeiern! Genau! Wir feiern eine Geburtstagsfeier nachträglich für alle Geburtstage, die ich von meiner Enkelin verpasst habe!“

„MUTTER!“, Shori war aufgesprungen und erneut, zum dritten Male an diesem Tag, fiel der Stuhl zu Boden.

„Sho-chan? Was ist denn? Geht es dir nicht gut?“, Miko betrachtete ihn besorgt, doch er stellte sich seinen Stuhl wieder zurecht und setzte sich.

„Du solltest ihr auch einmal die Möglichkeit geben, zu Wort zu kommen!“, sagte er schließlich mit ruhigerem Ton und wies auf Greta.

Cherie kicherte: „Yuuri und Wolfram haben sie kurz nach Yuuris Krönung adoptiert. Sie verbringt stets ein halbes Jahr mit ihrer Freundin Prinzessin Beatrice in einem Internat in Cavalcade in der Menschenwelt und die andere Jahreshälfte bei uns. Yuuri wünscht sich, dass sie beide Welten ausreichend kennenlernt, denn schließlich soll sie einmal eine weise und gerechte Kaiserin von Zorashia werden!“

„Oh!“, flüsterte Miko beeindruckt und betrachtete sich ihre Enkelin genauer.

Diese strahlte sie an: „Eigentlich müsste ich ja traurig sein, dass Yuuri und Wolfram nicht da sind, aber dennoch freue ich mich hier zu sein! Ich habe dich, Shori“, sie wandte sich an ihren Onkel und strahlte diesen so sehr an, dass er verlegen rot wurde, „nach so langer Zeit wiedergesehen und dich, Jenny“, sie dreht ihren Kopf herum und erwies Miko das gleiche, herzerwärmende Lächeln, „meine Oma, habe ich endlich kennengelernt! Ich bin so glücklich! Mein Name ist Greta. Prinzessin von Shin Makoku, und ich würde mir gerne von dir Kleider anziehen oder mir Zöpfe flechten lassen!“

Sie verbeugte ihren Kopf. Miko klatschte begeistert in die Hände: „Nein! Bist du süß! Und so wohl erzogen!“ Miko schloss das Mädchen so gleich in ihre Arme und drückte sie herzlichst. Kaum hatte sie sich von ihrer neu hinzugewonnenen Enkelin gelöst, wandte sich ihr Blick schon zu Cherie, welche genüsslich an ihrem Tee nippte: „Cherie, sollten wir unsere süße Enkelin nicht in unsere Pläne einweihen?“

„Aber gewiss, meine Teuerste! Jede helfende Hand bei unserem Unterfangen kann nur von Nutzen sein!“, flüsterte die ehemalige Dämonenkönigen fast schon verschwörerisch.

„Mutter, ich möchte euch bitten, mich weiterhin aus diesen Plänen herauszuhalten. Ich werde nichts tun, was Yuuri, und da bin ich mir ziemlich sicher, dass es so ist, nicht möchte!“

„Sho-chan, nun sei doch nicht so! Natürlich möchte Yu-chan es! Ich habe doch noch am Hafen mit ihm darüber gesprochen!“, Miko strich ihrem Ältesten liebevoll über die Schulter.

„Das kann ich mir irgendwie gar nicht so richtig vorstellen!“, Shori fuhr sich grübelnd über die Stirn, „Zudem kann auf dieser Reise viel passiert sein! Was ist wenn er seine Meinung geändert hat und es dann nicht mehr will?“

„Dann findet es halt statt zu Ehren dieses komischen Zepters oder weil sie gesund wieder gekommen sind. Wir werden doch wohl nicht so fantasielos sein!“, schaltete sich nun auch Anissina wieder ein.

„Ähm, um was geht es eigentlich?“, Greta ließ ihren Blick über alle Beteiligten in der Runde schweifen. Selbst die Dienstmädchen im Hintergrund schienen informiert zu sein und tuschelten und kicherten eifrig.

„Na, wir planen eine Hochzeit!“, rief Miko begeistert aus.

„Die Schönste und Größte, die jemals in Shin Makoku stattgefunden hat!“, ergänzte Anissina.

„Ausgestattet mit meiner Erfahrung aus meinen drei bisherigen Hochzeiten!“, fügte Cherie, mit seltsamen Blick auf Shori, der diesen frösteln ließ, hinzu.

„Eine Hochzeit!“, rief Greta begeistert aus, „Aber wer heiratet denn?“

„Die Beiden, die es am Wenigsten wissen. Und wenn sie es wüssten, kämen sie vermutlich nie wieder!“, seufzte Shori und verwirrte damit den kleinen braunen Lockenkopf umso mehr.

„Na, deine Väter!“, wisperte ihr schließlich das Dienstmädchen Eva ins Ohr und legte der freudig überraschten Prinzessin einen weiteren ihrer Lieblingskekse auf den Teller.

„Wie toll! Wie kann ich denn helfen?“

„Nun, wir wollen, dass es eine Hochzeit wird, die beide Welten vereint. Also, nicht nur eine Zeremonie nach Shin Makoku-Art, sondern auch Elemente aus einer Trauung auf der Erde!“, erklärte Anissina ihrem Pflegekind. Denn stets wenn Yuuri und Wolfram auf Reisen waren, waren sie und Gwendal es, die sich liebevoll um das kleine Mädchen gekümmert hatten. Daher war auch Gretas Verehrung für die rothaarige Dämonin ausgesprochen groß.

„Dazu gehören Ringe, die sich die beiden Vermählten anstecken!“, erklärte nun ihre neu hinzugewonnene Oma Jenny.

„Nur unser Problem ist, dass wir die genaue Ringgröße der Beiden nicht wissen!“, seufzte die blonde Dämonin.

„Was gar nicht so übel ist weil ohne Ringe keine Hochzeit ohne deren Wissen!“

„Unsinn, Sho-chan! Es wird geheiratet. Basta! Die beiden haben doch bereits ein Kind zusammen! Da ist es doch schon verpflichtend den Bund einzugehen!“, wurde Shori prompt von seiner Mutter ermahnt.

„Ich weiß ihre Fingergröße!“, kam es nun zögerlich von Greta. Alle Blicke schossen nun in die Richtung der kleinen 13-Jährigen.

„Woher denn das?“, fragten sie wie aus einem Mund.

„Wir halten oft Händchen beim Spazierengehen. Ich kann daher mit meinen Händen die genaue Ringgröße jedes einzelnen Fingers der Beiden vorzeigen...wenn das hilft, meine ich!“

Miko zog ihre Enkelin aus dem Stuhl hoch und drückte sie erneut an sich: „Und wie uns das hilft! Nun können wir endlich mit der Mission: Haubenpower richtig loslegen!“
 

„Es tut mir leid, ich habe alles versucht. Ich habe allen Juwelieren des Landes und in den angrenzenden Ländern eine Anfrage gestellt mit der Begründung, dass es sich um seine Majestät handelt, aber es war keine Unze mehr zu bekommen“, der königliche Juwelier blickte betreten auf den roten Teppich im Thronsaal des Schlosses des Blutigen Eides.

Auch Cherie seufzte betrübt auf.

„Was ist denn?“, fragte Miko ihre Freundin und diese antwortete ihr so gleich:

„Ich wollte die Ringe aus dem äußerst seltenem Metall Smaragolit herstellen lassen. Es ist ein sehr magisches Metall und man sagt ihm ewige Verbundenheit nach. Es hätte so schön gepasst! Auch zu Wolframs Augen oder dem schwarzen Haar seiner Majestät! Nur ist dieses Metall mittlerweile so selten, dass man es nicht einmal mehr auf dem Schwarzmarkt bekommen könnte!“

„Man müsste es selbst abbauen!“

Alle Blicke wandten sich um.

Dacascos erschrak. Hatte er etwa gerade laut gedacht?

„Wie meint ihr das genau?“, hakte nun Anissina ein und ging auf ihn zu.

Dacascos mochte es ganz und gar nicht, wenn Lady Anissina von Karbelnikoff ein Auge auf ihn geworfen hatte. Dies war oftmals mit großen Schmerzen für ihn verbunden gewesen.

Daher versuchte er schnell eine zufriedenstellende Antwort zu finden: „ Im Tal der Drachen sind nachweislich Smaragolitsteine zu finden, nur traut sich da niemand hin....wegen der Drachen... meine ich. Ich weiß dass weil mich Amblin, also meine Frau, jedes Jahr zum Hochzeitstag sinnloserweise damit beauftragt, ihr dort einen solchen Stein zu holen! Und in zwei Wochen ist es wieder soweit!“, er stöhnte auf.

„Wenn sich von euch verweichlichtem Männervolk da niemand hin traut, so hält uns Frauen das noch lange nicht davon ab!“, Anissinas Augen spiegelten die absolute Vorfreude wider.

„Denkst du wirklich, dass ist eine gute Idee, Anissina?“, Cherie zweifelte noch.

„Aber natürlich! Es sind doch nur Drachen!“

„Genau! Und hier geht es um das zukünftige Glück unserer Söhne! Da werden wir es diesen Drachen schon gehörig geben!“, Miko ballte strahlend die Siegesfaust.

„Aber Jenny-sama, die Drachen stehen auf der Liste...“,begann Dacascos den Satz und wurde von Miko unterbrochen: „Der 666 bedrohten Arten. Ja, Yu-chan hat mir von einer solchen Liste erzählt! Ich habe ja auch nicht vor, irgendeinem Lebewesen ein unnötiges Leid zu zu fügen. Ich will nur so einen Stein! Und eine liebende Mutter ist bereit, jedes Wagnis in Kauf zu nehmen für das Glück ihres Kindes!“

„Da hast du recht!“, Cherie erhob sich von der Lehne des Throns.

Shori, der bisher nur schweigend auf eben diesem Thron gesessen hatte, seufzte auf:

„Dann werde ich euch trotz meiner verweichlichten Männlichkeit“, er blickte finster zu Anissina, „wohl begleiten müssen. Yuuri würde mir nie verzeihen, wenn euch allen etwas während meiner Amtszeit zu stieße!“

„Oh, Sho-chan! Ich wusste, dass dir das Eheglück deines Bruders am Herzen liegt!“

Irgendwie verstand seine Mutter da eindeutig etwas falsch.
 

In den Stallungen des Schlosses des Blutigen Eides herrschte am frühen nächsten Morgen reger Betrieb.

Dacascos konnte sich nicht entsinnen, jemals so viel Damenbesuch an seinem Hauptarbeitsplatz empfangen zu haben.

Zunächst war da die Altkönigin, Cecilie Herzogin von Spitzweg, die von allen nur Cherie genannt werden wollte. Sie trug heute einen sehr zugeknöpften Reitanzug. Dies war für alle Anwesenden schon befremdlich genug, doch dass sie dann noch so elegant in den Sattel von Wolframs Stute Shiroi aufschwang und sich dadurch direkt als geübte Reiterin erwies, hätte ihr dann doch niemand zugetraut. Sie hob Greta zu sich hoch und setzte das doch recht zierliche Mädchen hinter sich. Die junge Prinzessin hatte darauf bestanden bei der Suche nach dem seltenem Metall für die Ringe ihrer Väter behilflich zu sein.

Dacascos führte Miko zu der pechschwarzen Stute, die er schon fertig gesattelt hatte: „Dies ist Ao. Lord Weller hat sie eigens für seine Majestät Yuuri gezüchtet. Sie ist das folgsamste Pferd im Stall und sollte ihnen als ungeübte Reiterin...“

„Ha! So schwer wird das schon nicht sein! Ist bestimmt wie Fahrradfahren ohne Pedale!“

„Mutter, ich weiß nicht so Recht ob du das vergleichen kannst!“

„Das heißt Mama, Sho-chan! Du musst nicht alles hier von deinem Bruder übernehmen!“, und noch während sie dies sagte schwang auch sie sich in den Sattel, „Seht her, Jennifer von Yokohama sitzt stets oben auf!“

Shori seufzte und wandte sich dann an Dacascos, der ihm nun sein ihm zugeteiltes Pferd an den Zügeln übergab: „Und dies ist Nokanti, das Pferd seiner Lordschaft Weller!“

„Aha“, murmelte Shori und begutachtete das Tier genau. Er hatte während seines Trainings bei Bob in der Schweiz und auch in den Staaten Reitunterricht nehmen müssen, daher war ihm das nicht mehr ganz so fremd. Aber irgendwie zögerte er noch, sich in den Sattel zu setzen. Er war schon von diesem ganzen Ausflug wenig angetan. Wieso ein Metall suchen, welches man für Ringe brauchte, welche man für eine Hochzeit brauchte, welche ganz sicherlich nicht stattfand? Das waren ihm schlichtweg zu viele 'welche'!

„Sho-chan, nun beeile dich doch schon!“

Auch Anissina war auf ein braunes Pferd aufgestiegen und Dacascos bestieg seinen Schimmel. Alle waren sie bereit aufzubrechen.

„Da muss ich wohl durch!“, sagte er mehr zu sich selbst und kletterte seufzend in den Sattel.
 

Vor ihnen lag nach nur einem halben Tagesritt das Tal der Drachen. Shori fühlte sich an den Grand Canyon erinnert, den er damals als Kind mit seinen Eltern besucht hatte, als sie noch in den Staaten lebten. Nur war dieser Canyon weißlich, was auf einen hohen Kalkanteil hinwies, und stark bewaldet.

„In diesem Tal sind zwei Arten der Drachen beheimatet“, begann Anissina aus einem mitgebrachten Buch mit der Aufschrift 'Baron Günter von Kleist Enzyklopädie der Tiere' vorzulesen, „Die großen Flugdrachen und die kleineren Erddrachen!“

Sie blickte auf: „Mit Flugdrachen habe auch ich schon meine Erfahrungen gemacht. Solange wir uns nicht ihren Nestern nähern dürfte alles glimpflich ablaufen!“

„Was genau meint ihr mit glimpflich?“, warf Dacascos mit zitternder Stimme ein.

„Damit meine ich, dass wir die Reduktion der Gruppe um ein bis zwei verweichlichter Männer für unser Ziel gut verkraften können!“, Anissina grinste schelmisch über das ganze Gesicht. Bei Dacascos hatte dies seine Wirkung nicht verfehlt. Er wünschte sich an jeden Ort dieser Welt, nur nicht an diesen! Shori hingegen blieb unbeeindruckt. Er hatte die Kräfte eines Maou. Er hatte seinem Bruder versprochen, hier auf Alles und Jeden aufzupassen, also tat er das auch!

„Hach, seht nur! Da oben ist ein Flugdrachen!“, jauchzte plötzlich Miko auf und zeigte mit ihrem Finger auf ein fliegendes Objekt am Himmel. Reflexartig duckten sich zunächst alle, ehe Cherie als Erste ihren Kopf erhob und sich das Besagte genauer ansah: „Aber nein, Jenny! Das ist ein Mitglied des Flugknochenvolkes. Ihre Majestät Yuuri sagt immer Kohi zu ihnen. Die sind ganz harmlos. Normalerweise ist derzeit ihre Zeit der Häutung!“

Anissina blätterte ein paar Seiten in ihrem Buch: „Nein, die ist seit zwei Tagen vorbei!“, entnahm sie ihrer Recherche.

„Sich häutende, fliegende Skelette? Interessant!“

Mutter schockt hier wirklich nichts!, dachte sich Shori und stieg aus dem Sattel: „Da wir ja hier mit den Pferden nicht wirklich weiterkommen, sollten wir nun mit der Suche nach diesen Steinen beginnen bevor es dunkel wird!“

„Onkel Shori hat Recht. Ich mag nicht hier sein wenn es dunkel ist!“, flüsterte Greta. Sie mochte Tiere, aber die Dunkelheit der Nacht in einem fremden Wald wollte sie dennoch vermeiden.

Also stiegen alle ab und banden die Pferde ringsum einen Baum. Vorsichtig gingen sie den Schotterweg hinunter, den sie am Geeignetsten gehalten hatten und befanden sich alle keine dreißig Minuten später am Grund des Canyons.

„Wo fangen wir denn nun an mit unserer Suche?“, Miko Shibuya drehte sich einmal um ihre eigene Achse. Wo konnten sie in einem so großen Terrain mit der Suche am Ehesten beginnen?

„Ich würde sagen, da es sich um ein Gestein handelt, werden wir am Ehesten fündig an der Felswand!“, Anissina deutete auf den Steilhang, „Wie gut, dass ich an Kletterausrüstung gedacht habe!“ Sie nahm ihren Rucksack vom Rücken und zog einige Seile und Karabiner hervor, sowie sechs kleinere Pickel und stattete Jeden in ihrer kleinen Reisegruppe damit aus.

Shori verdrehte die Augen: „Wäre es dann nicht besser gewesen, wenn wir uns von da oben“, er wies auf die Kamm des Steilhangs, „abgelassen hätten anstatt nun wieder mühsam daran hochzukrakseln?“

„Ihre Majestät Shori-sama denkt wirklich an alles!“, Dacascos strahlte und erntete dafür von Anissina einen böse funkelnden Blick, der ihn wieder zusammenfahren ließ.

„Also müssen wir jetzt wieder da hoch?“, Gretas fragende braune Augen wendeten sich an ihre beiden Großmütter.

„Scheint wohl so!“, antwortete die blonde Dämonin der Superlative und zuckte mit der Schulter des in die Hüfte gestemmten Armes.

„Es hat ja auch niemand behauptet, dass es einfach wird!“, Anissina lief den ersten Teil des Hanges entlang und suchte die Geröllwand ab, „Am Besten wäre diese Stelle hier geeignet! Sie hat viele Vorsprünge und versteckte Nischen. Die Wahrscheinlichkeit dort einen Smaragolit zu finden erachte ich als ausgesprochen hoch!“

„Dann auf!“, Miko schien in ihrem Eifer ungebremst und lief zurück zu dem Geröllweg, von ihrer begeisterten Enkelin dicht gefolgt.

„Auf auf!“

Der Aufstieg war weitaus schwieriger zu bewältigen als der Abstieg und es war bereits Nachmittag, als sie erneut neben ihren Pferden und schon leicht aus der Puste ihren ursprünglichen Startpunkt erreichten und zu der von Anissina vorgeschlagenen Stelle marschierten. An einem zuvor von Shori in die Felswand geschlagenen Haken befestigten sie das Seil, welches mit ausreichend Sicherungsgeräten ausgestattet wurde. Anissina blickte am Seil entlang hinunter: „Die Nischen sind wesentlich kleiner, als sie von unten schienen. Wir dürften da nicht hineinpassen“, sie richtete sich an Greta, „aber für dich und Jenny-sama ist es vermutlich kein Problem!“

„Ich weiß nicht, ob wir Mutter...“

„Natürlich ist das kein Problem!“, Mikos Talent, ihrem Sohn über den Mund zu fahren, war diesem schon seit Geburt bekannt, dennoch ärgerte es ihn ungemein. Doch noch ehe er sich dazu äußern konnte hatte sich diese schon das Gurtzeug umgeschnallt und ließ sich von Dacascos an das abgelassene Seil schnallen. Greta, tief beeindruckt vom Eifer ihrer neuen Großmutter, tat es ihr gleich: „Wir werden euch einen solchen Stein für Yuuri und Wolfram hochholen!“

„So ist es richtig, meine kleine Greta-chan!“, flötete Miko Shibuya und verschwand auch schon sich rückwärts ablassend aus dem Sichtfeld.

Greta folgte ihr zunächst wesentlich vorsichtiger, doch als sie ein sicheres Gefühl für den Untergrund und die dazu geeignete Körperhaltung fand, stand sie ihrer Großmutter in nichts nach.

„Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass Menschen sich für unseren König in die Tiefe stürzen!“, flüsterte Anissina erstaunt und beobachtete ihre zwei Begleiterinnen, die sich immer tiefer hinunterwagten zum ersten Vorsprung mit größerer Nische, welche wohl einer kleineren Höhle gleichkam.

Unten angekommen löste sich Miko vom Sicherungsseil und zückte ihre Taschenlampe, welche sie am Gürtel befestigt hatte. Langsam schritt sie auf die Höhle zu und leuchtete in sie hinein.

„Vom Eingang her bin ich nicht schmal genug, aber es geht tiefer hinein, als es vermuten lässt!“, rief sie den Anderen nach oben zu.

„Und Greta? Passt sie durch den Spalt?“, Cherie beugte sich vorsichtig nach vorne um die Geschehnisse wenige Meter unterhalb besser sehen zu können.

„Ich denke schon, das ich hineinpasse!“, rief diese nach ihrer Ankunft unten aus.

„Sehr schön, meine Kleine!“, Anissina hob ihren Daumen hoch und schenkte Greta so die benötigte Zuversicht und den Mut, sich alleine in diese Höhle zu zwängen.

„Wie schaut denn so ein Stein aus?“, rief sie nach oben.

Cherie fasste sich grübelnd ans Kinn und ließ ihren Blick schweifen: „Hm, also schwarz und grün und golden gesprenkelt! Er ist unverkennbar!“, sie geriet ins Schwärmen, „Er funkelt und strahlt unvergleichlich schön mit einer solchen Brillianz und zieht einen sofort in seinen Bann!“

„Aha!“, schielte Shori sie von der Seite mit zusammengekniffenen Augen an. Für wen suchten sie diesen Stein genau? Für seinen Bruder oder doch eher für Cherie?

Mit Mikos Taschenlampe ausgerüstet verschwand nun die kleine Greta in der engen Spalte, die sich wirklich als Höhleneingang entpuppt hatte.

Miko versuchte sie von außen im Auge zu behalten, doch bald verschwand auch der Schein der Taschenlampe gänzlich. Eine beklemmende Stille herrschte unter allen Anwesenden.

„Ich glaube, ich habe etwas!“, hörte man ganz leise Greta rufen und es klang als wäre sie in größerer Entfernung!

„Sehr schön, Greta-chan! Dann komm doch bitte wieder zurück!“

„Ich finde den Weg nicht!“

Die Augen der Erwachsenen weiteten sich!

„Hat sie sich denn kein Seil um die Hüfte gebunden?“, schrie Shori entsetzt von oben zu seiner Mutter herunter.

„Das hättest du doch vorher vorschlagen können, Sho-chan!“, entgegnete seine Mutter mit besorgtem Blick nach oben und wandte sich dann an den Spalt, „Halte durch, meine Kleine! Onkel Shori und Oma Jenny lassen sich was einfallen!“

„Verdammt!“, Shori schnallte sich das nächste Gurtzeug um und befestigte dessen Karabiner am Seil.

Dacascos neben ihm zuckte plötzlich zusammen.

„Was ist?“, fragte er seinen einzig männlichen Reisebegleiter.

„Ich bin mir nicht sicher, eure Majestät Shori-sama, aber ich glaube, der braune Felsen zu Jenny-samas Füssen hat sich bewegt!“

„Was?“, Shoris Blick schoss herum und geradewegs zu der von Dacascos benannten Stelle.

Tatsächlich! Alle Felsen auf diesem Vorsprung bewegten sich!

„Mutter! Sofort vom Vorsprung herunter!“, schrie er und erntete einen verwirrten Blick seiner Mutter. Doch da war es bereits zu spät!

Der Fels, der Miko am nächsten war, schien sich zu entfalten und eine riesige, bräunlich geschuppte Eidechse mit langen, spitzen Zähnen und gefährlichen, dornenähnlichen Spitzen an ihrem Schwanzende fauchte Miko böse an.

„Die Erddrachen besitzen die Fähigkeit, sich fast gänzlich perfekt an ihre Umgebung anzupassen um so ihrer Beute aufzulauern. Sie bevorzugen fleischliche Kost und können hervorragend klettern!“, las Anissina aus 'Baron Günter von Kleist Enzyklopädie der Tiere' laut vor.

„Geht so eine Info nicht wesentlich früher?“, Shoris Fauchen war mit dem der Erddrachen vergleichbar und er sprang schon fast in die Tiefe, um zu seiner Mutter zu eilen.

„Jenny-sama! Fangt!“, Dacascos warf sein Schwert zu der Königsmutter hinunter und dies geschah keinen Augenblick zu spät, denn gerade wollte das fauchende Raubtier nach Miko schnappen, da landete eben dieses Schwert auf dessen Kopf. Wütend und Kopf schüttelnd wich es zunächst erst einmal zurück und...

„Hier ist noch eine Info! Sie jagen im Rudel!“

„Argh!“, Shori, auf halber Höhe zu seiner Mutter, fluchte innerlich die komplette Liste aller ihm bekannten Schimpfwörter herunter.

...denn tatsächlich schien sich die dieser Drache da unten im rasenden Tempo zu vermehren!

Miko schnappte sich das nun am Boden liegende Schwert und positionierte sich einer perfekten Ausfallstellung, welche ihr ins Blut übergegangen war in ihrer Zeit als landesweit beste Universitätsfechterin mit dem gefürchteten Namen Jennifer von Yokohama.

Ein Drache links von ihr setzte zum Sprung an, ein weiterer rechts ebenso. Beide konnte sie nicht auf einmal parieren! Eine Lichtkugel sauste an ihr vorbei, erwischte den linken Drachen, welcher einen schreienden Laut von sich gebend die Felswand hinunterstürzte.

„Miko, beeil dich und hol Greta da raus!“, Cherie flüsterte eine weitere Beschwörungsformel und es bildete sich eine zweite Energiekugel in ihren Händen. Diese schien auch nötig, denn durch den Aufschrei des abgestürzten Drachens schienen nun alle Drachen der näheren Umgebung auf die potenzielle Beute aufmerksam gemacht worden zu sein!

„Greta, folge meiner Stimme!“

„Hier schallt alles, ich kann nicht genau sagen wo ich lang muss!“

Shori landete neben seiner Mutter: „Versuch da rein zu kommen und hol die Kleine da raus! Ich halte die hier mit den Anderen auf!“, zischte er mit befehlenden Unterton. Miko nickte.

„Und Mutter! Bind dir ein Seil um!“

Der nächste Drache sprang. Miko versetzte diesem noch einen Hieb und warf dann Shori das Schwert zu.

„Dacascos! Ich brauch Wasser!“, rief Shori nach oben, während er das Schwert geschickt auffing.

„Habt ihr Durst?“, rief der Dämon dem Dämonenkönig in Vertretung nach unten.

„Dacascos!“, Anissina funkelte den Soldaten an, schnappte sich dessen Wasserbeutel vom Gürtel und warf ihn zu Shori nach unten, „Er nutzt das Wasser Maryoku!“

Miko hatte es mit einigen Mühen in die Höhle geschafft und schritt nun vorsichtig voran:

„Greta-chan! Rede mit mir, damit ich weiß, wo ich dich finden kann!“

„Ja, Jenny, ich bin hier drüben!“

Der Wasserbeutel klatschte Shori vor die Füße und platzte auf. Das wertvolle Gut verteilte sich nun über den halben Vorsprung.

„Sehr schön!“, murmelte Shori und ein zuversichtliches Lächeln umspielte seine Lippen.

Eine weitere Energiekugel traf einen Drachen hinter ihm.

„Shori-sama! Ich gebe euch Rückendeckung!“, trotz dem Ernst der Lage schien Cherie ihm immer noch schöne Augen machen zu wollen!

Er konzentrierte sich, atmete tief ein und aus, spürte die Energie der Elementarteilchen, die ihn umschloss, griff mit seinem Geist danach, formte und mehrte sie und...

Eine riesige Wasserfaust bildete sich und fegte den halben Vorsprung mit einem Schlag leer!

Doch zwei Drachen wichen aus und verschwanden... in der Höhle!

„Mutter! Greta!“, Shori versuchte hinein zu kommen, doch er war viel zu groß!

„Mutter! Greta!“, schrie er schon verzweifelt in die Höhle.

„Sho-chan! Ich habe Greta gefunden!“, hörte er nur leise ihre Stimme.

„Da sind Drachen bei euch!“

„Nein, hier sind keine Drachen!“

ARGH! MUTTER! Er stöhnte auf. Sie war unbewaffnet! Sie hatten keine Chance gegen die Raubtiere! Panik stieg in ihm auf.

„Shori-sama? Alles in Ordnung da unten?“, rief Cherie besorgt.

Shori blieb nichts anderes übrig.

„Verschwindet von da! Schnell! Lauft zu den Pferden!“

„Aber warum...“, fragte Cherie erstaunt, doch da wurde sie auch schon von Dacascos und Anissina geschnappt und schnell weg gezogen.

„Was hat er vor?“, hustete Dacascos noch im schnellen Laufen.

„Ich habe da so eine Ahnung! Das wird ein Anblick!“, Anissina schien in Dacascos Augen den Ernst der Lage nicht so ganz zu begreifen.

Als Shori sah, dass die drei Dämonen aus der Gefahrenzone waren wandte er sich wieder dem Höhleneingang zu: „Mutter, Greta?“

„Ja, Sho-chan, wir sind gleich da!“

„Haltet sofort die Luft an!“

„Was?“

Shori ignorierte die letzte Frage. Er brauchte nun alles. Alles an Konzentration. Alles an Energie. Alles an Kraft.

„Wow! Das ist ja wie bei seiner Majestät Yuuri-sama!“, Dacascos blieb auf Höhe des Pferderastplatzes stehen und beobachtete das Geschehen.

Cherie klatschte begeistert: „Wie wunderschön!“

Ein riesiger Wasserdrache erschien über Shori. Er war über weite Stecken zu erkennen!

„Fantastisch!“, stöhnte Anissina auf.

„Speng den Felsen und hol sie da raus!“,befehligte Shori laut seinen Drachen und dieser schoss in den kleinen Spalt der Höhle.

„Ich habe Yuuri versprochen euch zu beschützen!“, Shoris Augen blitzten wütend auf.

Ein lautes Grummeln innerhalb des Berges war vernehmbar.

Es folgte ein ohrenbetäubender Knall.

Die komplette Felswand explodierte und zersprang in abertausend Stücke, welche in alle Himmelsrichtungen katapultiert wurden.

„In Deckung!“, schrie Dacascos und warf sich schützend seine Arme über den Kopf.

Cherie errichtete schnell einen Schutzwall über aller Köpfe und über die erschrockenen und nervösen Pferde. Die Erde bebte.

Gesteinsbrocken splitterten am Schutzwall ab.

Es war vor lauter Schutt, Rauch, Geröll und Wasser nichts zu erkennen.

„Shori-sama!“, schrie nun als Erste Cherie auf. Auch Anissinas und Dacascos Augen weiteten sich, als sie ihre Gefährten in dem sich langsam lichtenden Chaos nicht ausfindig machen konnten.

„Seht, da oben!“, Anissina atmete erleichtert aus.

Weit über ihren Köpfen schwebten zwei große Wasserblasen. In einer befand sich Shori, der erleichtert zu der anderen Blase hinüber sah, in der sich seine Mutter befand und eine freudig strahlende Greta fest im Arm umschlossen hielt.

Langsam schwebten diese Blasen zu den Anderen auf den Boden und zerplatzten.

Auf allen Vieren abgestützt keuchte Shori erschöpft auf: „Geschafft!“

„Ja, geschafft! Seht mal, was ich hier habe!“, Greta hielt einen funkelnden Gesteinsbrocken in der Größe eines Fußballs über ihren Kopf.

Alle sanken erleichtert auf den Boden und ließen sich erschöpft ins weiche Gras fallen.

„Das ist ja großartig! Der reicht ja für Ringe für jeden im Schloss!“, rief Cherie begeistert aus.

„Das war so was von klar!“, seufzte Shori entnervt und verdrehte die Augen.

Seine Freunde lachten über seine Bemerkung hell auf.

„Oh nein!“, Miko sprang plötzlich auf und alle unterbrachen ihr fröhliches Gelächter und blickten sie fragend und erschrocken zugleich an.

„Jetzt habe ich Yu-chans Curry komplett vergessen!“

Diesmal lachte auch Shori.



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