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Territories

von

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Eiskater

Es war dunkel in dem Versteck von Zweigesicht, nur diffuses Licht erhellte grün schimmernd den Raum. Gedankenverloren schlenderte der orange-schwarze Kater über die Schuttberge seines Zuhauses, während sein Schwanz im Takt des Luftzuges hin und her schwang.

»Mein Freund. Mir ist langweilig.« verkündete er schließlich und setzte sich seufzend auf ein altes, ausgefranstes Kissen. Vor ihm stand eine große gläserne Apparatur, zylinderförmig erstreckte es sich gut zwei Meter in die Höhe. In ihrem inneren, fest in Eis verschlossen, stand ein Kater die Pfoten flehend an die Glasscheibe erhoben. Er hatte eine ungewöhnliche, wilde Fellfärbung, die Zweigesicht vor ihm noch nie gesehen hatte.

Doch so exotisch die Färbung auch war, der eingefrorene Unglücksrabe hatte sich, Zeit Zweigesichts Leben, nicht einmal gerührt.

Wieder entglitt ein Seufzen aus der Kehle des bicoloren Tieres.

Er langweilte sich furchtbar und auch sein langjähriger Freund konnte ihm nicht weiter helfen.

»Ich wünschte du könntest dich bemerkbar machen...« murmelte er und ging näher auf den starren Kater zu. Die Augen schockiert weit aufgerissen, das Maul klagend aufgesperrt, sah der Eingefrorene aus wie ein Bild der Verzweiflung. Wer immer ihm das angetan hatte, im Sinne des Tieres war es nicht geschehen.

Zweigesicht stromerte um die Glasapparatur herum. Irgendwie musste man das doch öffnen können, es muss ja mindestens einmal auf gewesen sein, wie sonst hätte man die Gestalt sonst rein sperren können? Eine erneute Runde um den Container brachte keine weiteren Erkenntnisse. Zweigesicht musste zugeben, dass er keine Idee hatte wie er es auf bekommen sollte. Nach wenigen Sekunden aber kam ihm eine Idee. Er hatte keine Idee, aber eventuell gab es jemanden der sich intensiver damit beschäftigen könnte.
 

Der Kater rannte aus dem Gebäude und hastete die zerstörten Asphaltstraßen Richtung Innenstadt entlang. Wenn er Glück hatte, war der Gesuchte Zuhause und nicht unterwegs. Zweigesichts Weg führte ihn über zahlreiche verrostete, teilweise fast unkenntliche Autos, durch die Wagons umgefallener Straßenbahnen und die Knochen von Wesen, die er nie lebendig gesehen hatte. Endlich kam er an seinem Ziel an. Er schlüpfte durch den zugewachsenen, verschütteten Eingang eines Gebäudes und fand sich in einem Raum wieder, der nur spärlich vom Licht der Sonne erhellt wurde. Zahlreiche Regale standen und lagen quer im Raum, darin befanden sich zahlreiche skurrile Gegenstände.

»Hallo? Jemand Zuhause?« rief Zweigesicht in den Raum. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, während er prüfend durch die Reihen der Möbel schlich.

»Was? Kein Service?« Ein weiterer Blick um die Ecke verriet Zweigesicht, dass man sich ihm wohl nicht freiwillig zeigen würde, deswegen setzte er sich gemütlich neben ein wackelig stehendes Metallregal. Mit einer Pfote gab er dem Regal einen zärtlichen Schubs, wodurch es bedrohlich zu wanken begann und die ersten kleinen Gegenstände scheppernd zu Boden fielen.

»Wie ungeschickt von mir! Ich hoffe nur, dass mir das nicht nochmal passiert, während ich ungeduldig warte.« rief er übertrieben dramatisch. Ein weiterer liebevoller Schubser ließ eine große Metallbox mit einem großen Knall zu Boden fallen.

»Ist gut! Ist ja gut!« krächzte es plötzlich und eine geduckte Gestalt erschien auf dem Fenstersims eines verstaubten Fensters. Durch das schwache Licht das ihn von hinten beleuchtete, war der Kater nur schwer zu erkennen, doch das markante räudige Fell und die merkwürdige dicke Brille, die um seinen Hals baumelte, war es eindeutig der Gesuchte.

»Sammler! Wie schön, dass du doch Zuhause bist.« begrüßte Zweigesicht ihn und ein gewinnendes Lächeln glitt über seine Schnauze. Trotz das der Kater recht alt wirkte wusste Zweigesicht, dass Sammler nicht viel älter war als er selbst. Ein Eigenbrötler der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, merkwürdige, aber interessante Gegenstände zu sammeln und in seinem kleinen Versteck zu sortieren. Wenn sich jemand mit den Maschinerien auskannte die es hier gab, dann er.

»Du wusstest genau, dass ich da bin. Tu nicht so.« der Kater schüttelte sich, wodurch man den Staub aus seinem Fell aufsteigen sehen konnte.

»Ich brauche deine Hilfe.« informierte Zweigesicht, doch Sammler schüttelte sofort den Kopf und sprang zu ihm hinunter.

»Ich habe zu tun! Keine Zeit!«

»Es handelt sich nur um eine Kleinigkeit!«

»Kein Interesse! Ich bin beschäftigt!« um das zu unterstreichen begann der orange getigerte Kater ein paar Schrauben und Federn auf dem Boden zu sortieren. Drohend legte Zweigesicht seine Pfote über die des kleinen Sammlers. Die Krallen des Größeren bohrten sich bedrohlich zwischen den Zehen von Sammler.

»Ich versichere dir, dass es sicher nur eine kurze Dauer deiner wertvollen Zeit in Anspruch nehmen wird. Bitte.« Ein bedrohliches Grinsen und ein ebenso furchterregendes Blitzen in seinen Augen signalisierten dem Sammler, dass die Geduld von Zweigesicht allmählich zur Neige ging. Der kleine Kater schluckte. Zweigesicht war berühmt berüchtigt, dass er keine halben Sachen machte. Er war ein Mörder und hatte keine Skrupel jemanden ab zu schlachten, den er gerade erst kennengelernt hatte, oder der sich unerlaubter Weise auf sein Revier gewagt hatte.

»Wo- worum geht es?« fragte Sammler schließlich mit zitternder Stimme. Zweigesicht nahm wieder seine Pfote weg, schleckte kurz darüber und setzte sich mit einem wohligen Lächeln gemütlicher hin.

»Eine Apparatur die ich öffnen möchte. Aber ich habe nicht so ein naturgegebenes Talent wie du.« das orangene Tier runzelte die Stirn.

»Ich weiß nicht, ob ich dir damit helfen kann.« warnte er ihn, doch der Hilfesuchende zuckte gutmütig die Schultern.

»Du schaffst es eher als ich es könnte.« abermals schluckte Sammler. Hier kam er nicht mehr raus. Zweigesicht wollte ihn, da konnte er machen was er wollte. Er nickte resigniert.

»Ich wusste du würdest dich erbarmen. Folge mir!« Zweigesicht führte ihn zurück in sein Zuhause.
 

Wie erwartet war sein Freund noch da wo er ihn zurückgelassen hatte.

»Wir wollen ihn hier raus holen!« verkündete Zweigesicht und präsentierte Sammler den Eiskater. Der Besuch bekam große Augen und setzte sich überfordert auf seine Hinterläufe.

So etwas hatte selbst er noch nicht gesehen und es schien noch zu funktionieren. Winzig kleine Lichter am metallenen Außengerüst leuchteten schwach und verkündeten die Funktionsbereitschaft des Gerätes. Er schluckte.

»Was ist das?« Zweigesicht zuckte nichts wissend mit den Achseln.

»Ich weiß es nicht, aber ich will das du es öffnest.« erneute schluckte Sammler trocken. Wie sollte er etwas öffnen, was er nicht kannte? Doch aufgrund des unbekannten Objekts war seine Neugierde geweckt. Studierend umrundete Sammler die Apparatur. Einmal, zweimal. Er sprang auf ein metallenes Regal daneben und betrachtete es von oben. Wieder umrundete er es.

Einmal zweimal und setzte für ein drittes Mal an, als ihm etwas auffiel. Ein Knopf.

Knöpfe machten immer irgendetwas mit Irgendetwas. Testend drückte er drauf, doch es brachte lediglich eine kleine grüne Anzeige dazu zu leuchten.

»Schon ein Erfolg?« rief Zweigesicht ihm zu. Wütend brummelte Sammler.

Äußerst witzig, eigentlich dürfte er ihm nicht ein Wort zur Antwort geben, doch er war nun mal der Psychopath hier und somit der Chef.

»Noch nicht.« quetschte er zwischen seinen Zähnen hervor. Erneut umrundete er das Gerät. Irgendetwas musste er übersehen haben. Wenn dieses Ding doch nur nicht so groß wäre.

Überlegend setzte er sich davor. Sein Blick huschte zu dem eingefrorenen Artgenossen.

Dieser Blick. Es war verzweifelt und enttäuscht. Wer auch immer ihn da rein gesetzt hatte, dieser Kater hatte ihm vertraut. Plötzlich fiel ihm etwas auf. Direkt über dem Kater befand sich ein weiterer Knopf. Groß, rot und hinter einer kleinen Glasscheibe versteckt.

»Zweigesicht! Ich wette das ist es!« er deutete mit der Pfote nach oben. Sofort war der Auftraggeber neben ihm und folgte der Geste.

»Sehr gut, Sammler. Dann mach es jetzt auf.« wütend schnaufte der Sammler und sah ihn vorwurfsvoll an.

»Wie soll ich da ran kommen? Siehst du das Glas davor? Erst muss man das auf bekommen. Und alleine dafür brauch man Kraft.« erklärte er ihm. Wieder huschte sein Blick zu dem Eiskater. Armer Kerl. Schoss es ihm durch den Kopf, bevor er wieder zu Zweigesicht sah. Dieser starrte ihn auffordernd an.

»Was?«

»Ich warte.« erklärte er und lächelte unheilvoll.

»Warten? Worauf?« die Stimme von Sammler wurde höher und kratziger als sie es sowieso war. Zweigesicht deutete mit dem Kopf auf den roten Knopf.

»Auf deine Idee, wie du da ran kommen möchtest.« Sammler musste ein entrüstetes Schnauben zurück schlucken.

»Ich sollte herausfinden wie es auf geht, nicht mir den Nacken bei dem Versuch brechen.«

»Das wirst du nicht. Du bist geschickt genug. Dir wird etwas einfallen.« Sammler seufzte. Wenn er das Glasgehäuse nicht auf bekommen würde, kam er hier nicht mehr lebend heraus.

Unruhig tänzelte er auf seinen Vorderpfoten.

»Ich werde versuchen mir etwas auszudenken.« murmelte er. Er betrachtete die Umgebung.

Hier muss es etwas geben das ihm helfen könnte. Er blieb bei einem anderen Regal hängen.

Wenn er es richtig kombinierte, müsste er den Schrank umwerfen können, und somit den Knopf zwangsläufig treffen können.

»Ich habe eine Idee!« teilte er Zweigesicht mit. »Aber dafür brauche ich deine Hilfe.« Zweigesicht nickte. »Immer gerne.« Sammler führte ihn hinter das Regal und erklärte ihm den Plan. Ein kräftiger Schubs beider Kater müsste genügen. Mit ein wenig Anlauf rammten sich beide mit ganzen Körper gegen das Metallregal, welches dadurch scheppernd und krachend zu Fall ging. Wie erhofft prallte es gegen die Glasscheibe des roten Knopfes und glücklicherweise betätigte es diesen gleich mit. Ein leises Piepen wurde hörbar und ein Geräusch wie von einer Hydraulikeinrichtung zischte ihnen bedrohlich zu. Dann plötzlich, mit einem Ruck wurde die Glasscheibe zur Seite geöffnet und weißer Dampf quoll über den Boden zu den beiden Katern. Unsicher retteten sie sich auf einen Drehstuhl.

»Sehr gut Sammler!« lachte Zweigesicht und klopfte dem Helfer auf den Rücken.

Er kicherte verlegen. Irgendwie war er schon stolz drauf.
 

Nachdem sich der Dampf allmählich gelegt hatte, trauten die Kater sich zu dem Gefangenen im Eis. Wie nicht anders zu erwarten war er noch immer gefroren, aber zumindest konnte man nun das kühle, feuchte Gefängnis berühren, ohne Glas dazwischen zu spüren.

»Und nun müssen wir ihn auftauen!« Zweigesicht sprang über einige Möbelstücke und riss ein Tuch von der Wand. Plötzlich wurde ein Fenster sichtbar, welches gleißend hellen Sonnenschein auf das Eis warf.

»Nun heißt es nur noch warten!«

»Ja! Ich bin wirklich gespannt, ob er noch lebt!« hibbelig tänzelte Sammler wieder auf seinen Vorderpfoten, doch Zweigesicht sah ihn mit erhobenen Augenbrauen an.

»Bist du das?« Sammler nickte aufgeregt, doch ein Blick in die verurteilenden Augen von Zweigesicht ließ das freudige Lächeln verschwinden.

»Du hast mir einen Gefallen getan, dafür danke ich dir. Aber deine Arbeit ist hiermit beendet. Ich benötige deine Zeit nicht mehr.« Sammler schluckte. Er verstand schon.

Wenn er jetzt schnell die Pfoten schwang, konnte er schnell genug verschwinden, bevor sich Zweigesicht eines Besseren besann und ihn angriff. Leicht enttäuscht verschwand der Helfer in Not und ließ Zweigesicht mit seinem Freund alleine.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Blue_StormShad0w
2017-02-22T18:52:47+00:00 22.02.2017 19:52
Guten Abend.
Deine FF habe ich gefunden, als ich den Doujinshi erspäht hatte.
Beim lesen, hat man es sich gut vorstellen können, auch wenn man den Doujinshi kennt. Jedoch bringt eine geschriebene Geschichte meist noch zusätzliche Infos zu Geschichte preis, als im gezeichneten Manga.
Werde mit großer Interesse die Geschichte weiter verfolgen.
So, schönen Abend noch!
Antwort von:  MarbleCrossFox
25.02.2017 00:04
Oh ich danke dir :D
Dabei war die Textdatei jetzt schon älter =w= Mal sehen, vllt führe ich es irgendwann noch weiter <3 Ein paar Kapitel mehr sind ja inzwischen draußen ^^
Von:  Hexenhund
2015-01-07T15:09:31+00:00 07.01.2015 16:09
Ein cooles FF was viel verspricht , ein paar kleine Rechtschreibfehler auf die ich nicht wiederkommen werde. Aber... Zweigesicht scheint die eingefrierte Katze schon seit Jahren zu umrunden - er nennt ihn immerhin seinen Freund - und aif einmal *Schwups* fällt ihm ein das Sammler ihm helfen kann?
Antwort von:  Wolveruss
16.03.2015 08:29
Sorry für die so späte Antwort>.< ich und marble freuen uns sehr das du es dir durchgelesen hast.
Wegen den fehlern schauen wir dann nochmal drüber. Dankefür den hinweiß :)

wegen Zweigesicht, ja er ist schon längere Zeit um den eingefrorenen Kater geschlichen. Aber war ja auch so schön ruhig. Daher eher später die Überlegung seinen Freund zu helfen. (wenn ich noch alles richtig im Kopf hab>.<, bin mir grad unsicher) Wenn nicht kann mich Marble ruhig berichtigen.


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