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Zwischen Tag und Nacht

von

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Aufruhr

Midna erwachte aus der Meditation und schnappte nach Luft. Nicht aus Atemnot, vielmehr durch den unangenehmen plötzlichen Wechsel der Luftmaterie. In der lichten Welt war sie so viel leichter und duftender, im direkten Vergleich fühlte sie sich in ihrem Schattenreich wie Blei an. Wenige Atemzüge später hatte sie sich bereits wieder daran gewöhnt.
 

Sie grinste, die Hände im Schoße noch entspannt in der Lücke zwischen den gefalteten Ober- und Unterschenkeln liegend.
 

Es hatte tatsächlich funktioniert.
 

Als Zeldas Bewusstsein spät endlich erschöpft in den Schlaf gesunken war, war Midna noch einen Augenblick geblieben, hatte ihre Matratze gefühlt, ihren Herzschlag, ihren Atem mitgeatmet, die Nacht gerochen. Hatte noch kurz über sie gewacht, bevor sie sich endlich von ihr getrennt hatte.

Die Verschmelzung hatte länger angedauert als es für Midna gut war, aber es war nötig und wichtig gewesen. Zeldas Geist war aufgerieben und wund, und nur Midna konnte diese schmerzhaften Stellen balsamieren. Es war ihre Pflicht. Schließlich war sie selbst der Grund, weswegen die Prinzessin ...
 

Sie fühlte Schuld in sich aufkommen und ärgerte sich über sich selbst. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken.
 

Sie löschte die Zeremonie-Seelenlichter vor sich, seufzte und richtete sich auf. Dann verließ sie den Meditationsraum.
 

“Oh, meine Königin, seid ihr Wohlauf?”, fragte ihr privater Bediensteter, der die ganze Zeit über brav vor ihrer Tür Wache gestanden hatte.
 

Midna streichelte ihm kurz - in einer Mischung aus Dankbarkeit und Ironie - über den Kopf und sah zu ihm herab.
 

“Mach dir nicht immer so viele Sorgen, Makic. Ich bin kein Schwächling.”, sagte sie, und macht sich auf den Weg in den Thronsaal.
 

Makic folgte ihr.

“Ich würde mir niemals erlauben euch als einen … Es tut mir leid, meine Königin. Es ist nur … ihr wart so lange dort drin -”, begann er.
 

Midna winkte ab.

Das war alles, was sie dazu äußerte.
 

Die Wachen nahmen Stellung ein, als sie sie kommen sahen, und öffneten das Tor zum Thronsaal. Midna schritt hindurch, auf ihren Thron zu, setzte sich. Makic positionierte sich links neben ihr, verschränkte die Arme in höflicher Manier hinter seinem Rücken.
 

Eine junge Bedienstete, zuständig für das körperliche Erscheinungsbild und Wohl der Königin, brachte ein Gefäß mit Wasser, das Midna sogleich trank.
 

Etwas eher ungewöhnliches für die Schattenwesen. Ihr Volk hatte durchaus die Fähigkeit zu trinken, aber nicht die Notwendigkeit. Man trank aus zeremoniellen Gründen, zu Eheschließungen, zu Beerdigungen, manchmal zur Heilung… Aber nicht für das eigene Wohlergehen.
 

Seit Midna jedoch zurück aus der lichten Welt gekommen war, in welcher sie Speiß und Trank zu Hauf gekostet hatte, war ihr der Akt des Trinkens sehr ans Herz gewachsen, fast eine Notwendigkeit geworden. Vor allem jetzt, seitdem in ihr ein Lichtwesen heranwuchs, sehnte sie sich immer mehr danach. Hatte “Durst”, wie es das Wort im Ursprung bedeutet.
 

Das blieb auch ihrem Volk nicht unbemerkt. Jedoch schlossen sie nicht auf das Kind in ihrem Leib - von dessen Herkunft sie nichts wussten und es als normale Schwangerschaft abtaten - sondern einfach auf eine Eigenart ihrer neuen Königin.
 

Gedankenverloren streichelte sie über die Wölbung an ihrem Unterbauch.
 

Allgemein musste sie sehr ungewöhnlich für ihr Volk sein, denn nach ihrer Kürung zur Königin hatte sie viele Veränderungen im Schattenpalast vorgenommen. Sie hatte die Produktion von einigen Möbeln und Kleidungsstücken veranlasst, von einer eigenen Blumenzüchtung, von Dingen wie Schwimmbecken und mehr. Selbstverständlich wusste sie den Grund dafür: Auch hier war ihr Aufenthalt in der lichten Welt schuld. Die Schattenwesen hatten wenig Ressourcen. Das Reich der Dämmerung war schließlich eine größtenteils spirituelle Dimension, dessen Materie auf Erinnerungen basierte, die seit Jahrhunderten überliefert wurden. Und frisch aus der Oberwelt gekommen hatte sie von all diesen Erinnerngen Gebrauch gemacht und sie ihrem Volk geschenkt, das zu anfangs kritisch war, aber sich mittlerweile sehr an den Gütern erfreute. Es erfüllte Midna mit Glück, wenn sie ihre Untertanen und Kinder dabei beobachten konnte wie sie stundenlang sorglos auf den Bänken saßen oder gar in den kleinen Wasserbecken herumplanschten.

Sie hatte sogar selbst an der Herstellung der Objekte teilgenommen, obwohl es die schwere und sehr traditionslastige Arbeit der Gestalter war. Aber sie wollte die Herstellung überwachen und ihre Erinnerungen und Ideen perfekt einweben.
 

Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Wesentliche.
 

“Fragen und Bitten dürfen nun gestellt werden.”, verkündete sie laut.
 

Zu ihrer Überraschung trat nicht zuerst ein Bittsteller ein, sondern der Berater des hohen Rates.
 

“Eure Majestät”, begrüßte er sie in seiner typisch distanzierten Art.

Midna nickte ihm kurz zu.

“Bittsteller gibt es heute keine, dafür gibt es im hohen Rat einige Problempunkte, an die ich euch erinnern möchte.”
 

Die Königin verdrehte die Augen und stützte den Kopf in die Hand.
 

“Zu allererst”, fuhr der Berater ungerührt fort, “der Stamm der alten Gerudos möchte, dass ihr euch bald für oder gegen den Zusammenschluss unserer Völker entscheidet.”
 

Midna öffnete den Mund.
 

“Ich weiß, ich weiß,”, unterbrach sie der Berater, “So eine Entscheidung braucht Zeit. Ich werde es den Gerudos ausrichten. Sie sind nur nicht für ihre Geduld bekannt.”
 

“Die Anführerin soll sich endlich persönlich bei mir blicken lassen. So lässt es sich besser sprechen. Sag ihr das. Und dass wir alle der selben Abstammung sind und sie sich nicht so besonders fühlen soll.”
 

Der Berater notierte. “Ersteres, ja. Zweiteres, mit Verlaub eure Majestät, werde ich nicht ausrichten.”
 

Midna winkte ab.

Sie war noch in ihrer Probezeit, die sich über Jahrzehnte erstrecken konnte, in welcher sie öfters von dem hohen Rat und ihrem Berater zensiert oder kritisiert wurde. Manchmal ließ sie es sich nicht gefallen und setzte ihren Willen durch, aber die meiste Zeit war es ihr nicht all zu wichtig. Sie dachte an Prinzessin Zelda, und dass ihre Berater sich niemals eine derartige Aussage erlauben würden, dass Zelda sie sofort ruhig und bestimmt zurechtweisen würde und fühlte sogleich Hitze in sich aufsteigen. Erregung.

Sie grinste. Wenn ihre Untertanen wissen würden, was für menschliche Regungen in ihrer Herrscherin vorgingen…
 

“...deshalb schlage eine Renovierung vor.”, sagte der Berater.
 

“Stattgegeben”, sagte Midna, immer noch grinsend, mit nur einer vagen Vermutung wovon der Berater sprach. Der Berater notierte ihre Aussage etwas verwirrt.
 

“Zu Punkt drei”, setzte dieser an als unverhofft ein Untertan den Saal stürmte.
 

Die Wachen schritten sofort ein und packten sie an den Armen.
 

“Ich habe eine Bitte, ich muss mit der Königin sprechen, ich muss!”, schrie das zierliche Schattenwesen, das sie schon vor ihrer Zeit als Königin gut kannte.

Die Wachen drückten sie zur Tür hinaus.
 

“Nein, lasst sie vorsprechen. Gliam, was kann ich für dich tun?”, fragte Midna sanft.
 

Die kleine Person kam eilig zu ihr bis vor die Stufen zum Thron.

“Oh, meine Königin”, begann sie die übliche Floskel an Herrscher, “Ich halte es einfach nicht mehr aus. Ich finde … ich weiß, dass wir etwas unternehmen müssen.”
 

Midna sah sie an. “Wogegen?”
 

Gliam zögerte. Ihr schienen die Worte schwer im Mund zu liegen.
 

“Gegen die Oberwelt.”, brachte sie hervor.
 

Midna richtete sich auf.
 

“Nein, Königin, bitte hört mich an. Ich weiß wie das klingt. Ich weiß es, ich weiß es! Aber seit Wochen überkommt mich immer mehr die Klarheit, und heute Nacht hatte ich die Erkenntnis. Wir sind alle Sklaven.”
 

Midna musterte angespannt das Gesicht ihrer ehemaligen Freundin.
 

“Ich weiß was ihr denkt, Königin. Ich … ihr versteht nicht. Ich kann so nicht mehr leben, niemand von uns sollte das. Die Götter haben unseren Verstand kastriert, sie haben uns die Fähigkeit der Rache genommen, auf alle Zeit. Es ist nicht unsere Entscheidung, friedlich zu sein, es ist ein Käfig um unser Bewusstsein, den wir nicht mal wahrnehmen! Jeder von uns weiß es, aber wir leben in Resignation in dem Kerker, den man uns geschaffen hat! Versteht ihr nicht, meine Königin? Wir büßen für die Sünden der Vorfahren unserer Vorfahren. Wir büßen und büßen und unsere Nachkommen werden büßen und deren Nachkommen werden es, und irgendwann wird niemand mehr wissen weshalb! Es ist kein Wunder, dass uns die Götter beschnitten haben, wenn sie uns so viel Unrecht angetan haben! Es ist ungerecht! Ihr müsst das doch verstehen, denkt doch an die nächste Generation, die in euch heranwächst… Sie wird auch büßen und leiden und sich nicht einmal wehren! Es muss sich etwas ändern, es muss! Wir müssen ein neues Spiegelportal erbauen, müssen in den Krieg ziehen! Ihr müsst uns anführen, Majestät! Ihr hab die lichte Welt gesehen, ihr kennt sie, ihr werdet uns zu neuem Glanze verhelfen! Nur ihr könnt uns führen, auf euch werden sie hören, nur ihr könnt den Zauber bannen!”
 

Midna hatte das kleine Schattenwesen aussprechen lassen und sah nun traurig auf sie herab. Ihre großen roten Augen sprühten vor Hass und Verzweiflung. Eine Flamme war in ihr entfacht die nicht mehr erloschen werden konnte.
 

“Midna!”, rief sie aus, als sie nach wenigen Augenblicken immer noch keine Antwort von ihrer Herrscherin erhalten hatte.
 

Traurig schloss diese die Augen.
 

“Nehmt sie fest.”, sagte sie bekümmert, aber streng.
 

Gliam sah Midna mit dem entsetzesten, verletztesten Augen an.

“Midna, nein! Midna!”, schrie sie.
 

“Bringt sie in die Zellen. Löscht ihr Bewusstsein.”
 

Das Schattenwesen schrie, kreischte in Todesangst und Wut. Gab grässliche Töne von sich in seiner Verzweiflung.
 

“Du weißt nicht, was du tust!! Ich bin die Einzige, die klar denkt! Du unterzeichnest deine Sklaverei, Midna! Du siehst weg! Ihr seht alle weg! Zanto war Derjenige, der sich wirklich um uns geschert hat, und du hast ihn getötet, Midna! Ich verfluche dich, ich verfluche dich!”, schrie sie, während die Wachen sie abführten.
 

Midna sah ihr hinterher, voller Kummer.

Sie hatte Gliam als sehr bewusste und einfühlsame Persönlichkeit kennen gelernt. Aber ein mal mit dem Gedanken an Rache infiziert - oder einmal vom Zauber der Verdrängung an Rache befreit, denn Midna war sich sehr wohl dem Fluche bewusst, der auf ihrem Volk lag - war ein Schattenwesen nicht mehr heilbar. Und zu den Aufgaben der Königinnen und Könige des Schattenreiches zählte solchen Wesen einhalt zu gebieten, den Frieden in beiden Reichen zu bewahren.
 

Jedoch… bei alle dem wusste sie dass Gliam Recht hatte. Ihr Volk büßte immer noch und würde es bis in alle Ewigkeit tun. Sie hatte es schon immer gewusst, und noch mehr als sie das Licht Hyrules erblickt hatte. Aber mit Hass und Rache würde sich nichts ändern. Es würde sinnlos Blut unschuldiger Menschen und Schattenwesen vergossen werden und sich alles Wiederholen, und die Abscheu der Oberwelt wäre der Samen für weitere Jahrhunderte Verbannung.
 

Sie warf einen Blick auf Makic, der sie besorgt ansah.
 

Er war unschuldig. Liebevoll. Er hatte ein Leben, wie Gliam es beschrieben hatte, nicht verdient. Keiner ihrer Untertanen hatte das.
 

Und sie würde das ändern.

Nur nicht mit Gewalt.
 

Das Kind in ihrem Bauch regte sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Angel-of-the-Night
2014-08-06T00:53:57+00:00 06.08.2014 02:53
So, ich bin erst jetzt zum Lesen gekommen und ich muss sagen,das hier ist meiner Meinung nach das beste Kapitel der Geschichte (bis jetzt ;P)
wobei ich natürlich nicht im geringsten etwas gegen weitere erotische Aufeinandertreffen der beiden habe XD

Dabei kann ich nicht mal sagen woran genau das liegt. Zum einen weil deine Ausführung von dem Leben der Schattenwesen sehr interessant ist, zum anderen weil Midnas Gedanken, Gefühle und ihre Ansichten näher beleuchtet werden.
Außerdem finde ich es sehr interessant, dass es sogar in der Schattenwelt politische Reibereien zu geben scheint.

Vielen Dank für das Video. Es ist toll wie du die kleine Szene für deine FF ausgearbeitet hast^^

Ich bin auf jeden Fall weiterhin sehr gespannt und freue mich schon auf das nächste Kapitel und wie das Ganze zwischen den Beiden weiter geht ^__^

LG
Angel

Von:  rikku1987
2014-07-30T07:48:46+00:00 30.07.2014 09:48
Sehr gut es geht weiter also soll das Kind dafür Sorgen das der fluch endet na da bin ich ja mal gespannt


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