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How the mighty fall

Naruto x Sasuke
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
nd hier folgt das nächste Kapitel - schneller als gedacht. Wobei ich zurzeit ganz gerne abends oder nachts dran schreibe und drüber nachdenke. Vorhin habe ich mir eine Talkshow zum Thema "Putins Russland - auf dem Weg zur Diktatur?" angesehen und wie der gesamte Konflikt, beschäftigt mich seit jeher die Frage, welche Motive und Gedanken die Menschen haben, die ihn unterstützen oder auch rigoros ablehnen. Auch in Hinblick auf Sasuke (den ich keinesfalls mit Putin gleichsetzen möchte oO) liegt es in meinem Interesse, die Beweggründe aller Beteiligten so darzustellen, dass man sie nachvollziehen kann - ohne es zu müssen. Bisher ist das noch recht einseitig, wenn ich mir einige der Kommentare durchlese, aber ich bin schon gespannt wie und ob es sich in Zukunft entwickelt.
Insofern bin ich jedem dankbar, der hierzu etwas schreibt. Ob nun kurz oder lang. Komplett anzeigen

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Be the one who took your place


 

All the pain and the scars have left you cold

I can see all the fears you face

Through a storm that never goes away

Don't believe all the lies that you've been told

(Ashes Remain - Right here)

Der nächste Tag beginnt mit dem Tod eines jungen Mannes.

Wie besessen war er auf mich zugestürzt, das Kunai in der erhobenen Hand mit Verzweiflung und Entschlossenheit in seinem Blick.

Sein Verstand registriert, dass er verloren hat, als ich ihm die Waffe aus der Hand schlage und ihn zu Boden werfe. Tränen laufen seine Wangen herab, doch er scheint es nicht zu bemerken. Abwesend murmelt er stattdessen etwas vor sich hin, vielleicht eine Art Mantra, um seine getroffene Entscheidung nicht weiter zu hinterfragen.

"Für meine Schwester...", keucht er und verstummt gänzlich, als ich Kusanagi in seinem Hals versenke. Der Mann möchte noch etwas hinzufügen, doch es ist nur schweigsames Blut, das seinem Mund entweicht und den Sandboden durchtränkt.
 

Eine Gruppe Anbu erscheint plötzlich unvermittelt neben mir und scharrt sich um den Leichnam des Tors.

"Alles in Ordnung, Hokage-sama?", erkundigt sich ihr Anführer und blickt mit seinem unter einer Wolfsmaske verborgenen Gesicht zu dem Toten.

"Natürlich", erwidere ich langsam und ziehe ohne Zögern das Schwert aus dem Fleisch heraus, bevor ich es scharf ausschwenke und wieder in der dazugehörigen Scheide verschwinden lasse.

Ich spare es mir, die verspätete Ankunft der Truppe zu kommentieren. Denn wenn ein Grund dafür existieren mag, so würden sie ihn mir kaum wahrheitsgemäß nennen. Anbu sind mir unbedingt loyal ergeben, was wiederum jedoch nicht bedeutet, dass sie mich besonders schätzen würden. Im Gegenteil, es gibt kaum eine Sparte der Shinobi, die mich mehr verachten würde als jene Assassinen.

Auf der anderen Seite sind sie natürlich Individuen von herausragendem Talent, was wiederum in ihren Fall auch bedeutet, dass sie ihre Chancen recht gut einschätzen können.

Ihre nichtexistenten Chancen.

"Schafft ihn weg", befehle ich schließlich und ernte ein zustimmendes Nicken des Anführers, "und den Bericht nachher auf meinem Tisch."

Sie verneigen sich leicht vor mir und verschwinden anschließend ebenso schnell, wie sie zuvor vor mir aufgetaucht sind.

Die Straße um mich herum erscheint wie ausgestorben. In diesem Teil der Stadt gibt es viele leerstehende Häuser und selbst wenn jemand daheim sein sollte zu dieser Stunde, wird derjenige wohl kein Interesse daran haben, dass ich ihn bemerke. Im Gegenteil, der Großteil der Bevölkerung vertritt die Ansicht, dass es oftmals besser ist, sich aus allem herauszuhalten, anstatt sich mit möglicherweise gefährlichem Wissen zu belasten.

Nicht, dass man es ihnen verübeln könnte.
 

Später erfahre ich, dass es sich bei dem gescheiterten jungen Mann wohl um den Bruder eines vierzehnjährigen Mädchens handelt, das bei der Liquidierung einer Gruppe Attentäter vor kurzem ums Leben kam. Schwach erinnere ich mich an ihr Gesicht und ihren Namen auf dem Blatt Papier, das ein Teil des Berichts darstellt, den ich nach der erfolgreichen Mission erhalten hatte.

Rache. Ein mir nicht fremdes Gefühl. Eventuell empfinde ich so etwas wie Sympathie für den Bruder, der seine kleine Schwester verloren hat. Vielleicht frage ich mich auch, ob ich vor fünf Jahren mir ausgemalt hatte, dass solche Tragödien auch weiterhin stattfinden.

Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.
 

Ich wollte eine Gesellschaft schaffen, die frei ist von den Intrigen vergangener Zeiten, in denen Kinder in Hass aufwachsen mussten, weil man ihre Familien ausgelöscht hat oder weil sie nicht ins primitive Bild passten, wie es bei Naruto der Fall gewesen ist. Neid, Machtgier und Unwissenheit hat seit jeher die Beziehung der einzelnen Länder untereinander belastet.

Ich überlegte mir, dass der Zusammenschluss zu einer Gesellschaft, die sich nicht den Launen zahlreicher, kriegstreiberischer Herrscher hingeben musste, ein Fortschritt bedeuten konnte. Eine Chance.

Ebenso hatte ich natürlich damit gerechnet, dass mir nicht alle wohlwollend zustimmen würden - aber selbst wenn mich die Gesellschaft verachtete, so hatten sie doch die Chance in Frieden miteinander zu leben.
 

Möglicherweise hatte es mir zu einfach gemacht damals.

Trotzdem ich jenen, die mich und diesen Frieden bedrohen, energisch entgegentrete, nimmt ihr Zulauf kaum ab. Immer wieder gibt es Leute, die nicht mit dem zufrieden sind, was ihnen geboten wurde. Aus unterschiedlichen Motiven heraus.

Einige sind beispielsweise ihren vorherigen Herrschern immer noch treu ergeben und können deren Abdanken nicht akzeptieren. Andere verlieren im Zuge dieser Aktionen ihre Verwandten oder Geliebten und versinken in Rachegedanken.

Vielleicht hat auch dieser tote Bruder eine Geliebte, die seinen Tod nicht akzeptieren kann. Vielleicht ist sie es dann, die mir morgen auflauert. Die Spirale ist endlos.
 

Dennoch kann ich das Verhalten des damaligen Konzils nicht gutheißen. Es kann keine Lösung sein, ganze Klans dem Erdboden gleichzumachen, nur weil man ihre Ambitionen fürchtet, nachdem man sie jahrzehntelang in die Ecke gedrängt hat.
 

Hätte diese Geschichte sich nicht eines Tages wiederholt, wenn Naruto nun an meiner Stelle stände?
 

***

Naruto ist nicht verwundert, als Kakashi sich ihm entgegenstellt und hebt gar die Hand zur Begrüßung seines ehemaligen Lehrers.

"Darf ich dir eine Frage stellen?", beginnt Kakashi und blickt Naruto intensiv an.

"Warum fragen Sie?", lacht er, beinahe schon etwas verlegen.

Stumm mustert Kakashi seinen Gegenüber für einige Sekunden, bevor er letztendlich doch fortfährt: "Was hast du mit Sasuke vor?"

Sein ehemaliger Schüler wirkt erstaunt, die blauen Augen starren ihn verwundert an, bevor er die Frage langsam laut wiederholt.

"Mit Sasuke vorhaben? Was sollte ich mit Sasuke vorhaben?"

"Es geht immer um Sasuke", erwidert Kakashi mit Bestimmtheit und sieht Naruto lange an, bevor er sich abwendet und mit bedächtigen Schritten entfernt vom Ort des Geschehens.

Vielleicht hat er Recht, denkt Naruto. Vielleicht geht es immer um Sasuke.

Einen kurzen Augenblick lang bereut er es, sich mit Kakashi unterhalten zu haben. Dann geht auch er seines Weges.
 

***

Gaara weiß, was Hass ist. Ebenso, wie er erfahren hat, was Einsamkeit bedeutet. Alles in allem ist er sich bewusst, dass er mir mehr ähnelt als ihm lieb ist.

Oder vielmehr ähnelte.

Denn Gaara ist sich längst bewusst geworden, dass der Weg, den er ursprünglich gewählt hat, nicht der Pfad ist, den er begehen möchte. Stattdessen hat er sich verändert, hat in Naruto vertraut, der ihm zugleich etwas schenkte, an dessen Existenz er kaum zu glauben gewagt hatte. Ehrliche Zuneigung.

Letztendlich weiß Gaara auch, dass Naruto mir gegenüber dieselbe Hand ausgestreckt hat. Er versteht nicht ganz, weshalb ich sie nie ergriffen habe.
 

Sein Blick geht nach oben, der Himmel über ihm zieht sich zu. Bald wird es Regen geben, er spürt es. Vielleicht auch ein Gewitter.

In der Ferne sind die Umrisse der naheliegenden Stadt zu erkennen. Einen Moment lang denkt Gaara an seine Geschwister. Temari, die einen Shinobi aus Konoha geehelicht und inzwischen stolze Mutter geworden ist. Kankuro, von dem er nicht einmal weiß, ob er überhaupt noch unter den Lebenden weilt.
 

Ein weiterer Tag vergeht. Ein weiterer Tag voller Ungewissheit.
 

***

"Hey, Onkel, möchtest du eine Blume kaufen?"

Erstaunt sieht sich Naruto um und er beugt sich ein Stück herab, als er ein etwa sechsjähriges Mädchen hinter sich erblickt, das ihm einen Strauß Feldblumen, wie man sie rings herum um Konoha häufig findet, entgegenhält.

Höflich verneint er.

"Komm schon, nur eine", drängt sie und setzt ihr breitestes Lächeln auf. Ein scheinbar fröhliches Lachen, doch Naruto spürt, dass es nur aufgesetzt ist.

"Ich habe eine Idee", erwidert Naruto plötzlich, das Lächeln erwidernd, "ich gebe dir das hier, wenn du mir eine Frage beantwortest."

Er kramt einen Zehn-Ryo-Schein aus seiner Jackentasche hervor und wedelt ihn vorm Gesicht des Mädchens hin und her.

"Natürlich", antwortet sie schnell, "aber Süßigkeiten nehme ich keine."

Beinahe möchte ihr Naruto über den Kopf streicheln, doch im letzten Augenblick besinnt er sich eines Besseren.

"Sag mir nur, weshalb du hier Blumen verkaufst, anstatt die Schule zu besuchen. Schließlich bist du doch schon alt genug, oder?"

Stolz mustert sie ihren Gegenüber: "Sicher bin ich das. Aber wir haben nicht viel Geld, seitdem mein Vater nicht mehr da ist."

Ihr Gesicht nimmt einen traurigen Ausdruck an, ganz so, als erinnert sie sich an etwas Unangenehmes.

Naruto kann sich wiederum nicht zurückhalten und erkundigt sich nach dem Verbleib ihres Vaters.

"Wer weiß", antwortet ihm die Kleine gedankenverloren, "sie haben ihn mitgenommen."

"Wer hat ihn mitgenommen?", harkt Naruto nach und richtet sich auf.

"Anbu." Sie sieht sich um, ganz so, als befürchte sie, dass jemand sie belauscht haben könnte. Anschließend greift sie nach dem Schein, reißt ihn Naruto geschwind aus der widerstandslosen Hand und rennt davon.

Nachdenklich sieht Naruto ihr hinterher.
 

***

Der Jounin, der die Genin-Truppe betreut, die gerade vor meinem Schreibtisch steht, um die Ergebnisse ihrer beendeten Míssion vorzutragen, ist mehr als überrascht, als sich plötzlich jemand durch das offene Fenster meines Büros schwingt und mit einem Satz neben meinem Stuhl landet.

Doch bevor er nach den Wachen rufen oder selbst etwas unternehmen kann, hebe ich die Hand, um abzuwinken.

"Hokage-sama, was...", stammelt er verwirrt und verstummt, als er meinem Blick begegnet.

"Beachte ihn nicht. Fahrt einfach fort", weise ich ihn und seine Truppe an und beobachte fast schon belustigt, wie einer der Kleinen seine Erzählung zögernd fortsetzt. Naruto, der ruhig neben mir steht, hört scheinbar aufmerksam zu. Womöglich denkt er auch darüber nach, ob er eine der anwesenden Personen schon einmal getroffen hat.

Der junge Genin beendet seine Erzählung damit, dass sie erfolgreich die Zielperson ausfindig gemacht und dazu bewegt haben, ihre Familie aufzusuchen. Ich nicke der Gruppe zu, nehme den Bericht entgegen und segne ihn schließlich ab, während ihr Lehrer ihnen mitteilt, dass sie erst übermorgen den nächsten Auftrag antreten werden.
 

"Zur Feier des Tages lade ich euch heute zu Ichiraku's ein", fügt er hinzu und erntet Jubelrufe von seinen Schützlingen. Aus den Augenwinkeln heraus betrachte ich Naruto, der seine Lippen zusammenkneift. Erinnerungen. Auch ich denke einen Augenblick lang zurück an das 'Team Sieben' und das Geschrei Narutos, wenn uns Kakashi zufällig einmal alle zum Essen einlud. Zwar etwas, das selten vorkam, doch ich erinnere mich noch recht genau an diese Tage und den Berg an Schüsseln, den Naruto üblicherweise zurückgelassen hatte.
 

Voller Enthusiasmus verlässt die Truppe mein Büro und zieht die Tür hinter sich zu, die - lauter als beabsichtigt - ins Schloss fällt.

"Weißt du das noch, Sasuke?", erkundigt sich Naruto plötzlich.

Ich blicke fragend zu ihm auf.

"Als Kakashi-sensei uns zu Ramen eingeladen hat", erklärt er schließlich ohne es näher zu spezifizieren. Natürlich hätte ich nachfragen können, doch ich belasse es dabei, zustimmend zu nicken. Es ist lange her, beinahe ein Jahrzehnt.

Und doch sind die Erinnerungen noch präsent in uns, als wäre es erst gestern gewesen. Das jüngere Gesicht Teuchis, der Naruto mit einem breiten Lächeln eine Ramenschüssel vorsetzt. Kakashi, der vertieft in seinen zweifelhaften Roman wie von Zauberhand eine Suppe verspeist hat - und Sakura, die etwas entnervt zu Naruto herüberblickt, der sich zwischen sie und mich gedrängt hat. Nur an meinen Ausdruck, meine Gedanken - daran kann ich mich kaum noch erinnern. Was war das für ein Gefühl damals?
 

Naruto seufzt hörbar und geht um den breiten Tisch herum.

"Aber weshalb ich eigentlich hier bin", beginnt er auf einmal und erzählt mir die Geschichte von dem Mädchen, das Blumen auf der Straße verkauft und deren Vater.

"Und?", frage ich nach einer Weile, "worauf möchtest du hinaus?"

"Mich interessiert, ob es der Wahrheit entspricht", erwidert er. Meine spöttische Miene entgeht ihm nicht.

"Die meisten Mütter tun sich schwer damit, ihren Kindern zu erzählen, dass der eigene Mann und Vater ein Verbrecher ist", erkläre ich kurzerhand und stelle fest, dass Narutos Blick nichts an Entschlossenheit verliert, "und wenn es anders sein sollte - ich kann es gerade nicht zuordnen. Es gibt da draußen unzählige Leute, die sich für ihre Taten verantworten müssen."

"Falls sie etwas getan haben", antwortet Naruto und wirft mir einen undefinierbaren Blick zu.

"Überzeuge dich von mir aus selbst", sage ich nach kurzer Zeit und greife nach einem der Formulare, die sich in der Ablage rechts von mir auftürmen.

Ohne weiter darüber nachzudenken, fülle ich die freien Felder aus und unterzeichne das Papier, um es letztendlich Naruto zu reichen, der es mit einem etwas misstrauischen Gesichtsausdruck entgegennimmt.
 

"Ich darf also das Archiv und das Gefängnis aufsuchen", murmelt er und ich verzichte darauf, ihn in seiner Annahme zu bestätigen.

"Falls du denkst, ich hätte irgendwelche Zweifel, muss ich dich enttäuschen, Naruto", füge ich noch hinzu, als dieser die Hand bereits um die Türklinke geschlossen hat, "du bist derjenige, der gegangen ist."

Unsere Blicke treffen sich und verstehen einander nicht.

Danach öffnet er die Tür und verlässt den Raum. Das letzte, was ich von ihm sehe, bevor das Schloss einrastet, ist die breite Krempe seines Hutes.
 

Mir fällt es schwer, meine Beziehung zu Naruto näher zu beschreiben. In erster Linie ist er für mich die Person, die immer auf mich zugekommen ist - wenn ich auch seine Beweggründe kaum nachzuvollziehen vermag.

Auch Leute wie Sakura oder Kakashi sind für eine Weile an mich herangetreten und haben ihre Hand aufgehalten - bis sie irgendwann nach dem Kunai gegriffen und versucht haben, mich auszulöschen. Anders als Naruto.

So wenig ich ihn auch verstehe, ich bin mir sicher, dass er der Mensch ist, der mich nie hintergehen wird.

Dieser Gedanke klingt beinahe naiv wenn er von einem Mann ausgesprochen wird, dessen engste Vertraute vermutlich heimlich darüber diskutieren, wie man ihn am besten loswerden kann.
 

Andere würde so etwas vermutlich enttäuschen. Mich persönlich berührt es jedoch im Grunde nicht. Vielleicht, weil mein eigener Bruder meine Eltern vor meinen Augen getötet hat. Vielleicht habe ich damals aufgehört, an ehrliche Intentionen zu glauben. Abgesehen von Naruto, der natürlich auch andere Pläne verfolgen könnte, doch ich bezweifle es. Ich möchte es bezweifeln.
 

"Shikamaru", sage ich auf einmal langsam und blicke auf. Der Angesprochene betrachtet mich mit skeptischer Miene und unterdrückt ein Gähnen.

"Du hast Naruto vollen Zugriff gewährt", stellt er nüchtern fest und es ist unmöglich, seiner Aussage eine Bewertung zu entnehmen.

"Beantworte mir eine Frage", erwidere ich ohne näher auf Shikamaru einzugehen.

Plötzlich wird er aufmerksam. Lauernd.

"Vor fünf Jahren", beginne ich und lächele meinen Gegenüber milde an, "wenn du die Wahl gehabt hättest - wäre ich dann noch am Leben?"

Shikamaru kratzt sich wortlos am Kopf, als würde er versuchen, Zeit zu gewinnen. Womöglich überlegt er, wie und ob er mir eine Antwort geben soll.

Schließlich erhebt er doch noch seine Stimme.

"Nein", antwortet er schlicht, "ich hätte dich getötet."

Für einen Moment hat Shikamaru den Eindruck, dass mein Lächeln noch breiter wird, bevor es komplett verschwunden ist und er sich nicht sicher ist, ob er den Anblick nicht nur eingebildet hat.
 

Ich habe ihm diese Frage gestellt, weil ich weiß, dass er die Antwort nicht fürchtet. Allerdings war ich mir bis eben unsicher, ob ich die Antwort auch wirklich hören will.
 

Letztendlich ist es jedoch eine schmerzlose Angelegenheit gewesen und ich überlege, Naruto dieselbe Frage zu stellen. Ob er sich heute anders entschieden hätte.
 

Ich entscheide mich dagegen.
 

***

Das Archiv macht einen aufgeräumten Eindruck auf Naruto, als er durch die Regalreihen schlendert, von vollkommener Stille umgeben. Ein wenig erinnert es ihn an Sasukes Anwesen. Penibel ordentlich, beinahe schon ein wenig zwanghaft.

Kurz denkt Naruto darüber nach, wie das Archiv wohl aussehen würde, wenn er selbst Hokage wäre. Dann fällt ihm ein, dass er in diesem Fall wohl Mitarbeiter hätte, die für Ordnung sorgen würden. Vermutlich.
 

Hier und da zieht er einen der Ordner heraus und überfliegt ihn kurz. Gewöhnliche Berichte aller Art. Teils handeln sie von verschwundenen Katzen, teils von Nukenin, die man nahe der Landesgrenze eliminiert hat oder auch von einem Jungen, der versucht hat, seine Eltern umzubringen - was ihm nicht ganz gelungen ist.

Manche handeln von strenggeheimen Techniken, manche von mysteriösen Artefakten und andere Geschichten handeln nur von schnödem Mammon.

Es gibt auch Ordner, die für die unzähligen Shinobi angelegt wurden, die im Dienste Konohas sind oder waren.
 

Naruto wird schließlich bei den Verstorbenen fündig und nimmt kurzerhand den Ordner mit seinem Namen aus dem Regal heraus. Zu allererst begrüßt ihn das Bild, das er damals als frischer Genin hat machen lassen. Mit bemaltem Gesicht starrt er furchterregend in die Kamera. Kurz muss er lachen, erinnert sich an die aufwendige Pose, die er sich damals ausgearbeitet hatte.

Dann blättert er bedächtig um. Unzählige Missionen, unzählige Personen hat er getroffen, Unzähliges erlebt. An manche von ihnen erinnert sich kaum noch, an andere wiederum umso besser. Einige weilen längst nicht mehr unter den Lebenden.
 

Nachdenklich stellt er seine Lebensgeschichte schließlich zurück ins Regal und gleitet kurz mit den Fingern über die Ordner seiner Eltern nebenan. Naruto entschließt sich dagegen, sie anzusehen. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt.
 

Stattdessen geht er weiter und macht nach einer Weile das Regal mit den abgeschlossenen Missionen und Verhaftungen des aktuellen Jahres ausfindig. Ziellos zieht er einige der Ordner hervor und legt sie auf einem nahen Tisch ab, bevor sich Naruto auf den recht unbequemen Holzstuhl fallen lässt, der für Besucher bereitsteht.
 

Bereits nach etwa zehn Minuten des Blätterns stellt er fest, dass er eine Nadel im Heuhaufen sucht. Vielleicht hätte er sich zunächst etwas genauer informieren sollen.

Für einen Augenblick denkt er auch an mich und ertappt sich bei der Frage, was ich wohl fühlen mag, wenn ich tagtäglich diese teils recht melacholisch angehauchten Berichte durchgehe. Nüchterne Texte über die Schicksale von Menschen, die kaum auf deren Motive eingehen. Womöglich kennen sie die Motive auch nicht.
 

Etwas Brauchbares findet sich jedoch nicht. Glaubt er.

Bis sein Blick auf den Bericht zu einer Überwachungsmission fällt, die vor einigen Monaten angegangen wurde. Diesen Namen kennt er, sogar sehr gut.

Konohamaru Sarutobi.

Auf dem angehefteten Bild sieht er älter und erwachsener aus, als Naruto ihn in Erinnerung hat. Bald wird er volljährig sein.

Beinahe fühlt er so etwas wie Stolz für seinen Schützling. Dann schlägt er die Seite um mit der Absicht herauszufinden, was genau Konohamaru mit dieser Mission am Hut hat.
 

Augenscheinlich geht es um eine regimekritische Gruppierung, bekannt als KRF ('Konoha Rettungsfront"), die bisher in erster Linie durch diverse Schmiereien mit oppositionellen Parolen aufgefallen ist. So hatten sie demokratisch angehauchte Wahlen und Aufklärung hinsichtlich des Verbleibs von Einzelpersonen gefordert. Bei Konohamaru schien es sich um eines der Gründungsmitglieder zu handeln und bisweilen konnte ihm keine ungesetzliche Handlung nachgewiesen werden. Derjenige, der offenbar mit dieser Überwachung betraut wurde, verfasste eine Abhandlung, um seinen Vorgesetzen von einem möglichen Verhör zu überzeugen.

"Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Zielperson und die Gruppierung, der er angehört, ist nicht auszuschließen", heißt es darin.

Wie auch: "Eventuell wäre ein Verhör anzuraten, um die Zielperson hinsichtlich ihrer Ambitionen und oppositionellen Haltung zu befragen."  
 

Auf der letzten Seite findet Naruto schließlich einen handschriftlichen Vermerk, der vermutlich von Sasuke persönlich stammt: "Vorerst wird von weiteren Schritten abgesehen und die unmittelbare Überwachung eingestellt."
 

In Gedanken versunken stellt er den Bericht zurück an die ursprüngliche Stelle. Anschließend verlässt er das Archiv und nickt dem wachhabenden Shinobi zu, der die Tür hinter ihm zusperrt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2015-03-11T11:36:38+00:00 11.03.2015 12:36
Was ist aus Konohamaru geworden, wurde er doch noch verhaftet, sitzt er oder wurde er Hingerichtet als wäre ein Verräter? Noch mehr Fragen die Naruto hat und deren Antwort wohl noch auf sich warten lässt. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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