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Hunger auf Erdbeeren

von

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Hunger auf Erdbeeren

Pairing: NagiRei

Song: The Apple Tree by Nina Nesbitt
 

Als er aus dem Fenster sieht, verbirgt ein heller Regenschleier den Wald vor seinem bittenden Tasten. Nagisa seufzt und lauscht für einen Moment dem Geräusch der stetig fallenden Tropfen.

Über dem blassen Grün wölbt sich ein genauso blasser Himmel. Wenn er lange genug hinsieht, erkennt er die Bewegungen der Wolken.

Sie scheinen nur eine Handbreit über den höchsten Dächern dahinzuziehen ... so tief, dass er sie berühren könnte, stünde er dort oben.

"Nehmt mich mit ..."

Nur der Regen antwortet. Nagisa starrt sein pinkes Handy an, aber es tut ihm nicht den Gefallen, zu klingeln. Ryu wäre inmitten seiner Hausaufgaben und kurz angebunden, Ichiro würde ihn nach den Lösungen für Mathe fragen.

Es gibt niemanden, den er anrufen könnte. Seufzend beugt er sich wieder über sein Heft und beginnt, am Ende seines Bleistifts kauend, die Aufgabe von vorne durchzugehen. Zum dritten Mal.

Wo versteckt sich nur der Fehler?
 

Am Horizont hängen ein paar Wolken. Sie erinnern Nagisa an scheue Beobachter, die nicht wagen, näherzukommen. Sie sind nicht genug, um sein fröhliches Summen zu unterbrechen.

Er fährt sich durch das blonde Wuschelhaar und sieht nach rechts. Gerade kommt ein hochgewachsener Junge mit blauem Haar und einem Buch in der Hand heran. Die roten Ränder seiner Brille leuchten Nagisa entgegen und begrüßen ihn, wie ihr Besitzer es nicht tut.

"Guten Morgen, Rei-chan!"

Der Junge sieht nur kurz auf. "Hazuki-san, du verschwendest deine Zeit. Jeden Tag dieselben Worte wiederzukäuen ist einfach nicht schön."

"Schon klar."

Nagisa breitet die Arme aus und tappt summend hinter dem jüngeren Schüler her. Sie überqueren eine Straße und schlagen den staubigen Pfad ein, der schnurgerade zwischen zwei Feldern verläuft.

"Hast du wirklich denselben Weg zur Schule?", fragt Rei beiläufig.

"Nein. Ich gehe nur gerne mit dir."

"Du verfolgst mich."

Nagisa kichert. "Ich? Niemals!"

Rei verstummt wieder. Sein dunkles Haar schimmert in der Sonne. Selbst sein breiter Rücken wirkt warm und weich, obwohl Nagisa ahnt, wie hart und stark die Muskeln unter dem Hemd sind.

Seine Fingerspitzen beginnen zu kribbeln. Er muss grinsen und beschleunigt seine Schritte, um nicht hinter dem Größeren zurückzufallen. Schon hebt er die Hand, zieht sie aber im letzten Moment wieder zurück.

Ryugazaki Rei ... Die Vollkommenheit seines Rückens ist noch zu weit von jemandem wie Nagisa entfernt.

"Weißt du, Rei-chan ..."

"Bitte nenn mich nicht so, Hazuki-san."

Nagisa ignoriert ihn. "Du musst nicht in den Schwimmclub eintreten, wenn du im Leichtathletikclub bleiben willst. Das würden wir alle verstehen."

Natürlich ist er der einzige, der es auf Rei abgesehen hat, aber das muss der Jüngere nicht wissen.

"Ich weiß selbst, dass ich unzufrieden wirke." Andererseits ist bereits ein gewisses Verständnis zwischen ihnen erblüht, das er nicht mehr verlieren will. "Aber ich will aus eigener Kraft herausfinden, warum."

Nagisa nickt und strahlt ihn an. Mit den nächsten Schritten erreichen sie den Rand der Felder und kehren zurück auf heißen Asphalt. Der Blonde wirft einen Blick zurück. Wie gerne wäre er in den Graben gesprungen und hätte Rei gleich hinter sich hergezerrt! Aber er hat bereits in der Mittelschule gelernt, dass er einigen Dingen nicht ausweichen kann.

Stattdessen stellt er sich vor Rei und breitet die Arme aus. "Du solltest immer tun, was dir am meisten Spaß macht! Ansonsten wirst du es früher oder später bereuen."

Rei löst seinen Blick von den Seiten und hebt eine Augenbraue, was für seine Überraschung spricht. "Ich werde es mir merken."

"Gut so." Nagisa lacht. Wenn er die richtige Entscheidung getroffen hat, wird Rei es auch tun. "Wir sind uns irgendwie ähnlich."

Rei schnaubt und senkt die Nase wieder in sein Buch.
 

Die Prüfungen stehen vor der Tür und Nagisa entwickelt ein besonderes Talent im Erfinden von Ausreden, um nicht zu lernen. Mit Genugtuung bemerkt er, wie seine Eltern immer mehr die Geduld verlieren, bis sie ihn mit Hausarrest bis zum Ende des Schuljahres belohnen.

"Aber den hatte ich zuletzt in der Grundschule!", beschwert er sich verzweifelt. Damals schlich er sich am Abend aus dem Haus, um mit Haru und den anderen ein Schwimmcamp zu besuchen, dass sein Vater ihm verboten hatte.

Seine Mutter wendet bereits den Blick ab. "Du benimmst dich auch wie ein Grundschüler."

Nagisa ballt die Fäuste und verkneift sich den Drang, die Tür zuzuknallen. Er traut seinen Eltern zu, ihm noch einen Monat aufzubrummen.

Am Wochenende besuchen ihn Ryu und Ichiro. Der blasse und bebrillte Ryu erklärt ihm zwei Stunden lang die Feinheiten der englischen Grammatik, bis Nagisa über seinem Heft einnickt. Danach brüht er Grüntee auf und freut sich, kein einziges Lehrbuch mehr auf seinem kleinen Tisch zu entdecken.

"Spielen wir eine Runde Pokémon?", fragt Ichiro und hält grinsend seinen Nintendo DS hoch.

Nagisa bricht in Lachen aus. "Deshalb bist du gekommen!"

Ichiro stemmt die Fäuste in die Seiten. "Ich wollte strategisch vorgehen."

Nagisa verdreht die Augen, kann sich aber das Grinsen nicht verkneifen. "Du bist so durchschaubar."

Um abzulenken, schiebt er den Kuchenteller in die Mitte des Tisches und die anderen bedienen sich. Ryu greift nach der Erdbeertorte, aber beim Anblick von Nagisas Gesicht schiebt er es doch zu seinem Freund hinüber. Augenblicklich kehrt das Licht in die hellroten Augen zurück.

"Deine Eltern sind viel zu streng", sagt Ichiro kauend.

In Nagisa schmilzt die letzte Euphorie über die mit Schlagobers gekrönte Erdbeere dahin. Er senkt den Kopf, bis das blonde Haar ihm in die Stirn fällt. Auf einmal ärgert ihn der pinke Teppich. "Sie haben ihre Gründe."

Ryu rückt seine Brille zurecht, eine Gewohnheit, die bei ihm nicht so elegant wirkt wie später bei Rei. "Wollen sie etwa, dass du Arzt oder Jurist wirst?"

Nagisa zuckt mit den Schultern. "Sie wollen nur das Beste für mich."

Ichiro lacht ungläubig auf und verschluckt sich fast an seinem Kuchenstück. Hastig stürzt er einen großen Schluck Tee herunter. "Das Beste, das sie dir geben können, ist Hausarrest?"

Schulterzucken. "Sie haben ja Recht. Wenn ich mich nur mehr anstrenge, kann ich meine Noten verbessern."

Der andere lehnt sich vor, sodass Nagisa ihn ansehen muss, und wedelt mit dem Nintendo vor seiner Nase herum. "Aber es geht nicht nur um Noten, Nagisa-chan. Wenn du keinen Spaß hast, wirst du nicht weit kommen."

Nagisa schnaubt und streicht sich das Haar aus der Stirn. "Du fällst ja auch nicht durch."

Mit lautem Klicken kollidiert Ryus Tasse mit dem Tisch. "Ich sage das nicht gerne ... aber Ichiro hat schon Recht. Nach einer kleinen Pause kannst du dich besser konzentrieren."

Nagisa seufzt. In diesem Moment steigt ihm der Widerwille die Kehle hinauf wie ein schleimiger Knödel. Er presst die Lippen zusammen und senkt wieder den Blick. Seine Fäuste drücken auf die Oberschenkel.

Wo ist nur die Bräune geblieben und wo sind die Muskeln, die er sich im Schwimmbad antrainiert hat? Auf einmal blitzen Nanases Augen in seinem Gedächtnis auf. Sie leuchten viel blauer als das Wasser, das er so liebt, und trotz der Kälte lodert ein Feuer in ihren Tiefen.

"Er würde sich nichts gefallen lassen."

"Was? Spielen wir jetzt endlich?", drängt Ichiro. Schon erklingt die Titelmelodie des neuesten Pokémon-Spiels.

Nagisa schüttelt den Kopf. Er ist nicht Nanase. Niemand außer er selbst kann diesen Wunsch erfüllen.

"Ja. Spielen wir." Als er aufsieht, bringt er sogar ein Lächeln zustande. Ryu seufzt nur und vergräbt sich in ein Buch, das er vorsorglich mitgebracht hat.

Nagisa besiegt Ichiros Team mit spektakulärer Übermacht. Das Spiel klärt seine Gedanken und entzündet ein Feuer. Als er seine Freunde an der Tür verabschiedet, riecht er fast die Spannung in der Luft. Am Horizont ziehen Veränderungen auf, aber ihr Ausmaß kann er nicht erfassen.
 

Genau wie Nagisa ihn anfangs auf dem Weg zur Schule begleitet hat, gewöhnt er sich an, Rei auf seinen morgendlichen Runden durch die Nachbarschaft zu folgen. Dabei ignoriert er gekonnt die Tatsache, dass Rei viel längere Beine und eine bessere Kondition hat als er. Eine ungeschriebene Regel verbietet ihm, über den Leichtathletikclub zu reden.

Meistens ist Nagisa zu sehr außer Atem, um große Reden zu schwingen. Dafür fasziniert es ihn, dass Rei immer gesprächiger wird.

“Ich wusste, dass ich es irgendwann verstehen würde!”, brüstet sich der Jüngere gerade. “Natürlich musste es der Schmetterlingsstil sein, die schönste Art zu schwimmen!”

“Natürlich”, keucht Nagisa und grinst.

Kurz darauf ertappt er sich bei der Frage, ob Rei ihn ebenso schön findet. Seine Schwestern hätten ihn bestimmt nicht als Mädchen verkleidet, wenn er nicht ein bisschen weibliche Schönheit in sich hätte. Andererseits merkt er, dass Reis Konzept von Schönheit alles andere als geschlechtsabhängig ist. Er liebt schöne Formen.

“Siehst du jetzt, wie schön unser Sport ist?”, fragt er.

Rei starrt nachdenklich in den Himmel, der von Antennen und Strommasten zerschnitten ist. Nagisa beobachtet ihn und verliert fast das Gleichgewicht, als Rei abrupt links abbiegt. An diese Abzweigung kann er sich nicht erinnern!

“Nicht unbedingt. Ich habe noch niemanden gesehen, der so schön schwimmt wie Nanase-senpai!”

Nagisa senkt den Blick auf seine Turnschuhe während das Blut ihm in den Ohren pocht. Jeder liebt Haru, sobald er ihn zum ersten Mal im Wasser gesehen hat. Trotzdem muss Nagisa gegen einen heftigen Sturm an Eifersucht ankämpfen.

“Aber es stimmt schon, dass er mir die Augen für die Schönheit der Schwimmer geöffnet hat. Ihr alle seid so gut in dem, was ihr tut. Dieses Niveau möchte ich auch erreichen.”

Mit glänzenden Augen hebt Nagisa den Blick.

Rei setzt wieder sein überhebliches Grinsen auf. “Mit meinem Wissen und meiner Ausdauer werde ich euch alle übertreffen und einen wunderschönen Schmetterlingsstil zeigen!”

Da lacht auch Nagisa und klopft Rei auf den Rücken. An einem gesperrten Bahnübergang halten sie lange genug an, dass er etwas Atem schöpfen kann. “Ich weiß nicht, wie es den anderen geht … aber mich wirst du auf keinen Fall überholen!”

Rei stößt ein hartes Lachen aus, das ihn nur noch mehr anstachelt. “Du kannst mit Worten umgehen, aber letztendlich zählen die Taten!”

Nagisa richtet sich auf, streckt sich und schüttelt die blonden Locken aus. Da rast der Zug vorbei und erstickt jedes Gespräch im Ansatz. Für einen langen Moment stehen sie nur nebeneinander und sehen sich an.

“Rei, du suchst doch nur das Schöne, weil du es selbst in dir hast”, sagt Nagisa lautlos.

Der andere neigt fragend den Kopf.

Nagisa stellt sich auf die Zehenspitzen und berührt Reis Lippen. Die feuchte Wärme bleibt, selbst als das Rattern des Zuges verklingt und der Schranken sich öffnet.
 

Ichiro teilt Nagisas beste Eigenschaften ohne mit seinen Problemen zu kämpfen. Sein braunes Haar würde zu Locken tendieren, wenn er es nicht zur Stachelfrisur schnitte. Er besitzt dieselbe Leidenschaft für Süßes und die Gewohnheit, die Nachspeise immer als Erstes zu essen.

Zuerst lacht er Ichiro aus, später absorbiert er diese Gewohnheit in seinen Blutkreislauf. Im letzten Jahr reißen sie immer öfter aus und besuchen die Cafés und Konditoreien in der Nachbarschaft anstatt unter Ryus missbilligendem Blick in der Bibliothek zu sitzen. Beide können nicht für Prüfungen lernen, die ihnen nichts bedeuten.

Aber im Gegensatz zu Ichiro, der nur seine Videospiele im Kopf hat, träumt Nagisa von Nachmittagen unter der Sonne mit beißendem Chlorgeruch in der Nase und eiskalten Duschen. Über zwei Jahre hat er diese Erinnerungen tief in sich eingeschlossen, aber unter der Hitze dieses letzten Sommers und dem Druck von seinen Eltern schmilzt dieser Entschluss dahin.

An einem Donnerstag im August sitzen sie wieder in einer winzigen Konditorei, Ichiro mit einer Bananenschnitte und Nagisa vor einer Schokotorte mit Sahne. Zwei Obaa-chan sind die einzigen anderen Gäste.

Ichiro stützt sich auf das Tischchen mit Marmormuster, das bedrohlich ächzt. “Sind deine Eltern immer noch nicht zufrieden?”

Nagisa seufzt und rührt in seinem Erdbeersmoothie. “Natürlich nicht. Ich stehe nicht auf der Kippe, aber ich bin immer noch unter den schlechtesten zehn des ganzen Jahrgangs.”

Ichiro zuckt mit den Schultern und schiebt sich ein Stück Banane zwischen die Lippen. Mit vollem Mund ist er fast nicht zu verstehen. “Solange du gut genug für die High School bist, ist dein Rang doch egal.”

Aber Nagisa schüttelt den Kopf. “So denken sie nicht. Sie wollen, dass ich die Nishikoji schaffe.”

Der andere weitet die dunklen Augen und stößt einen Laut des Erstaunens aus. Die Nishikoji High School besitzt den besten Ruf im ganzen Bezirk und bereitet Schüler auf Eliteuniversitäten vor.

“Reden wir über was anderes. Hast du endlich den Wasserdrachen in Final Fantasy geknackt?”

Ichiro zieht eine Grimasse und schluckt seinen Bissen herunter, bevor er antwortet. “Noch nicht. Der ist viel stärker als erwartet.”

Nagisa runzelt die Stirn. “Ein Nebenquest?” Er nimmt einen Schluck seines Smoothies. Intensiver Erdbeergeschmack breitet sich auf seiner Zunge aus, bevor sie Fähigkeiten und Strategien vergleichen.

Über zwei Jahre lang hat Nagisa Rastlosigkeit zu seinem Markenzeichen gemacht. Selbst bei diesen Diskussionen, in denen eine gewisse Kameradschaft zwischen Ichiro und ihm erblüht, tappt er ungeduldig mit der Fußspitze auf den Fliesenboden.

Später stehen sie an der nächsten Kreuzung und verabschieden sich. Ichiro leckt sich nervös über die Lippen, bevor er sich vorlehnt. “Wenn du irgendetwas brauchst, bin ich immer für dich da, Nagi-chan. Vergiss das nicht, ja?”

Nagisa legt den Kopf schief. Sein Lachen klingt selbst in seinen Ohren hoch und dünn. “Wie meinst du das?”

Er glaubt, in Ichiros großen Augen Trauer aufblitzen zu sehen, obwohl das nicht sein kann. “Du weißt, wie ich es meine. Wenn nicht, ist das auch kein Problem.”

“Baka … Kannst du dich nicht mehr klar ausdrücken?”

Der andere lächelt ein bisschen. In einer hölzernen Geste streicht er Nagisa durch die blonden Locken, geheiligt durch die glühenden Strahlen der späten Nachmittagssonne. Ohne ein weiteres Wort dreht er sich um und läuft über die Straße.

Als Nagisa ihm folgen will, springt die Ampel auf Rot.
 

Nagisa versteht seinen Freund erst, als es zu spät ist. Mit riesiger Anstrengung schafft er die Prüfungen. Seine Noten platzieren ihn im guten Mittelfeld und er nutzt die Enttäuschung seiner Eltern aus, um seinen Wunsch durchzusetzen.

Dieser winzige Schritt bedeutet bereits sehr viel. Im März bewegt er sich aus dem beherrschenden Schatten seiner Eltern heraus und betritt das vertraute Gelände von Iwatobi.

Seine alten Freunde begrüßen ihn, als wären nicht drei Jahre seit ihrem letzten Treffen vergangen, und Nagisa ist das nur Recht.

Außerdem entdeckt er Rei, der, obwohl ein Jahr unter ihnen, über einen Kopf größer als Nagisa ist. Das hält ihn nicht davon ab, den anderen zu verfolgen, bis er ihn endlich in den Schwimmclub gezerrt hat. Nagisa war nicht immer so, aber die Strenge seiner Eltern hat über die Jahre einen Hunger geweckt, für den ihm die Worte fehlen.

Als ihr Atem weiße Wölkchen unter dem bleigrauen Himmel bildet, trainiert Rei stundenlang im Hallenbad. Eines Samtagabends läuft Nagisa ihm über den Weg, nachdem er sich einen Grüntee mit Zitrone vom nächsten Automaten gezogen hat.

Im flackernden Licht der Straßenlaternen gehen sie nebeneinander her. Nagisa achtet nicht auf die Umgebung, so vertraut sind ihm die Wege, die Rei jeden Tag benutzt.

“Nächstes Mal werde ich euch nicht enttäuschen. Darauf kannst du dich verlassen.”

Rei hat die Rechte zur Faust geballt, als Nagisa in milder Überraschung zu ihm aufsieht. Denkt er noch an sein Training?

Nagisa lächelt. “Ich bin sicher, du machst große Fortschritte. Wenn du willst, kann nächsten Abend deinen Coach spielen.”

Aber Rei schüttelt den Kopf. “Wenn ich es nicht allein schaffe, hat es keinen Sinn.”

“Ich helfe dir gerne, Rei-chan!”

Der andere sieht ihn an. Das gelbe Licht spiegelt sich in seinen Brillengläsern und verwischt seinen Gesichtsausdruck. “Du tust schon mehr als genug, Hazuki-san.”

Da merkt Nagisa, dass sie genau unter einer Laterne stehen geblieben sind. “Nenn mich bei meinem Vornamen.” Ich will dich besser kennenlernen … aber diese Worte verkneift er sich.

Rei zuckt mit den Schultern, aber seine Stimme ist unerwartet leise. “Ich bewundere euch nicht nur, weil ich dem Schwimmclub als letztes beigetreten bin. Diesen Respekt will ich zeigen.”

Nagisa zwingt sich zu einem Grinsen und klopft Rei auf die Schulter. “Das tust du schon, Rei-chan!” Er streckt sich, bis seine Hand das mitternachtsblaue Haar des anderen berührt und darin verharrt. Nach kurzen Zögern zieht er es herab, bis seine Lippen auf Reis liegen.

Als sie sich voneinander lösen, ist eine Ewigkeit vergangen oder ein Moment. “Was war das?”, stammelt Rei und starrt ihn an wie einen Außerirdischen.

Nagisa leckt sich die Lippen und grinst. Reis Unschuld überzieht sein ganzes Wesen wie köstliche Schokolade. “Mein Dankeschön für deine Mühen”, sagt er nur, dreht sich um und tut den nächsten Schritt in die Dunkelheit.

Er weiß, Rei wird ihm folgen und den Weg mit seiner Gegenwart erleuchten, ohne zu fragen oder etwas im Gegenzug zu verlangen. Er weiß es nicht, aber er ist genau die richtige Medizin gegen Nagisas Hunger.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-04-02T22:00:27+00:00 03.04.2015 00:00
Ich bin hin und weg! Was für eine tolle kleine Geschichte! wie ich schon auf den ersten flüchtigen Blick festgestellt habe, hast du wirklich einen tollen Schreibstil! Mir gefällt der Reichtum an Details, mit denen du Szene und Gegebenheiten beschreibst. Dadurch schaffst du eine sehr authentische Atmosphäre für die Handlung. Mit viel Feingefühl für die Charaktere hast du mich in die Geschichte hinein gezogen. Ich konnte nicht aufhören zu lesen - und das, obwohl ich Free gar nicht kenne! ich habe schon ein paar FFs dazu gelesen, es zum anschauen des Anime aber nie geschafft...

Fazit: Es wird bestimmt nicht die letzte FF von dir sein, die ich lese. Die Qualität, mit der du schreibst, ist wirklich klasse!

Bis zum nächsten Mal!
Antwort von:  Melange
03.04.2015 00:07
Dankeschön! Freut mich sehr, dass dir mein Stil so gut gefällt! <3

Noch dazu finde ich es immer toll, wenn Leute eine FF von mir lesen, obwohl sie das Original nicht kennen. Da ist es ja nicht ganz so leicht, sich mit den Charas anzufreunden. Auch deshalb ist es gut zu hören, dass dir die Geschichte gefallen hat. Natürlich würde ich mich ebenso freuen zu hören, was du von meinen anderen FFs denkst. :)
Von:  Mickimaus8
2014-11-01T23:26:36+00:00 02.11.2014 00:26
Sehr süß!! Ich finde deinen Schreibstil echt Klasse. Am Anfang hast du diese Regenstimmung super rübergebracht! Und auch ansonsten war man immer genau im geschehen drinne!


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