Epilog
Marie schritt den Weg ihrer Patrouilliere entlang - wahrscheinlich das letzte Mal. Sie trug frische Jeans und eine neue Lederjacke, die sie sich gekauft hatte. Über den Kopf hatte die Vampirin ihre Kapuze gezogen. Noch vor kurzem war sie ein Wesen ohne Verstand gewesen, dann auf einmal eine Vampirin mit eigenem Gebiet und nun Assassine. Wie schnell sich das Leben doch ändern konnte. Marie kam an einem Zeitungskiosk vorbei. Die neuste Zeitung des Tages lag aus.
Der Titel eines Artikels stach ihr in die Augen: „Tochter nach Familiendrama noch immer verschwunden“.
Darüber war ein Foto des Mädchens zu sehen, nicht älter als achtzehn Jahre und es war... Marie.
Sie griff nach der Zeitung und begann diese zu lesen.
„Hey, wenn Sie die Zeitung lesen wollen, dann kaufen Sie sie auch gefälligst.“, rief der Zeitungsverkäufer.
Marie schaute den Zeitungsverkäufer an. Mit der Kraft ihrer Gedankenmanipulation griff sie nach seinem Verstand und rief gebieterisch: „Halt dich da raus und schau in eine andere Richtung.“
Der Mann verstummte und starrte willenslos gerade aus.
Marie faltete die Zeitung zusammen und ging schnell davon.
*****
Sie saß auf dem Dach ihres Zuhauses, die Zeitung vor sich liegend. Marie hatten diesen Artikel immer und immer wieder gelesen. Am Anfang empfand sie Trauer. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder starben. Doch dann war ihre Trauer gewichen, stattdessen hatte Wut ihren Platz eingenommen.
Marie hielt ihr Messer und schnitt sich damit in die Hand. Sie lies das Blut auf das Foto ihrer toten Familie fallen.
„Bei meinem Blut schwöre ich, dass ich den Mörder meiner Familie finden werde.“, sagte sie feierlich.
Und wenn Marie ihn fand, würde sie zu seinem schlimmsten Albtraum werden.
Mit jedem Blutstropfen, der auf dem Foto landete, spürte sie, wie etwas von ihr abfiel ähnlich wie die Haut einer Schlange. Lange Zeit hatte Marie an ihrer menschlichen Seite festgehalten und gehofft, dass die Menschen, die sie vermissten, auf sie warten würden. Doch es gab niemanden mehr, sie waren alles tot und Marie kein Mensch mehr, sondern ein Vampir. Für sie galten andere Gesetze und auch andere Regeln. Marie erhob sich. Wind kam auf und wehte die Zeitung vom Dach. Sie schaute ihr nach und lächelte böse. Dann öffnete Marie die Dachluke und war verschwunden, bevor die Sonne aufging.