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The Codeine Scene

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
PREVIOUSLY: "Du bist ein furchtbarer Mann, Doctor. Und als ebensolcher wirst du in die Geschichte eingehen. Als der Zerstörer von Welten."
"Ich fürchte, mein Ruf eilt mir längst voraus.“
"KOMM SCHON!", brüllte der Doctor vom Eingang der TARDIS aus. Der Neunte drückte den Knopf, der die Explosion des Schiffes einleitete, nickte Davros spöttisch und bitter gleichermaßen zu und machte auf nackten Sohlen kehrt, in die wohl behütete Sicherheit seiner Raum- und Zeitmaschine, von deren Bildschirm aus er jeden einzelnen Moment auskosten würde, in dem die Daleks brannten. Komplett anzeigen

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Earnestly yours

Das Leben ist manchmal unberechenbar. Es gibt Tage, an denen fühlt man sich fest verankert mit seiner Realität und dann gibt es Momente, da fürchtet man in Watte gewickelt worden zu sein, weil alles was an einem vorbei rauscht so unklar und unwirklich ist. Das Sinnvolle verliert an Bedeutung, die Gedanken nehmen Überhand und die Welt verklingt im Schall der eigenen Phantasie.
 

Rose hockte zwischen einem Haufen Kleider; zum Teil alt, zum Teil noch völlig ungetragen. Ihr braunes Augenmerk war auf die Jacke in ihren Händen geheftet, über die sie vorsichtig, fast fürsorglich, ihren Daumen streicheln ließ. Das raue Leder sprieß sich an ihrer Haut an den Stellen, die vor langer Zeit schon mit ihren Erinnerungen abgetragen worden waren. Der Knoten in ihrem Magen war kein gutes Zeichen, ebenso wenig wie die Trübsinnigkeit. Dabei sollte sie sich freuen! Die Daleks waren besiegt, es würde zu keiner neuen Realitäts-Katastrophe kommen, weil die Bombe niemals gezündet werden konnte und sie hatten alle Angehörigen wieder wohl behütet abgesetzt, wo sie hingehörten. Die Gefahr war gebannt, das Universum für einen Atemzug wieder sicher. Und dennoch erfasste die Blonde der Schwermut und der Kummer, gepaart mit einem Anflug von Verwirrung der ihr Kopfschmerzen bereitete.

Eigentlich war die Rechnung einfach, nicht wahr? Es gab nur einen Doctor und wenn er starb, hatte er die Chance ein neues Leben mit einem anderen Gesicht zu führen; das machte ihn nicht zwangsläufig zu einer anderen Persönlichkeit. Ihr Doctor hatte es zumindest so erklärt und im Falle der jetzigen Inkarnation stimmte das in gewisser Weise sogar. Unabhängig davon veränderte man sich im Laufe der Zeit: ein völlig normaler Prozess – für einen TimeLord ebenso wie für einen Menschen.
 

Wenn die Blonde ehrlich zu sich selbst war, hatte sie sich damals bereits in ihren ersten Doctor verliebt. In seine raue und gleichsam verbitterte Art, die ihr gegenüber stets zuvorkommend und freundlich, obgleich manchmal eigensinnig war. Sie musste darüber schmunzeln, wie er reagiert hatte, als sie darauf bestand mit ihm tanzen zu wollen. Im Nachhinein gestand sich Rose ein, dass der Zeitpunkt kaum schlechter hätte gewählt werden können, gefangen in einem Abenteuer so viel einfacher wie dieses hier.

Er war irritiert gewesen, kein Mann von großen Emotionen, mit der Naivität eines neugierigen Jungen der mit Skepsis auf jemanden zu kam, der ihm Süßigkeiten schenken wollte. Doch sie hatten sich zusammen gerauft, waren miteinander gewachsen und entwickelten eine seltsame und enge Beziehung ohne den notwendigen Mut, einander zu sagen was sie fühlten. Nachdem ihr Doctor gegangen war, hatte es Rose bereut. Hatte ihn vermisst, war überfordert gewesen mit seinem Nachfolger und benötigte eine Weile um zu begreifen, dass der Doctor immer noch den selben Schatten trug, egal wie er aussehen mochte.

Freilich, er war nun viel offener, nahezu begehrenswert in seinem Auftreten und seinem Charakter – solange man ihn nicht auf dem falschen Fuß erwischte. Die Last, die er getragen hatte, war gebröckelt und wenn auch nicht viel, dann immer hin so weit, dass Rose beinahe kein Problem hatte sich auch in diesen Welchen zu verlieben.

Und nun das.

Es war ein Paradoxon – ihr ganz persönliches.

Rose seufzte.
 

Mit der Lederjacke im Arm machte sie sich wieder auf den Rückweg durch die beleuchteten und leeren Gänge der TARDIS, deren Motor sanft in ihrem Hinterkopf brummte. Es war bezaubernd zurück in dem Schiff zu sein, ihr altes Zimmer wieder zu finden, das genau so aussah wie an dem Tag, an dem alles schief gelaufen war. Er hatte nichts verändert, nichts angerührt in der stummen Hoffnung vielleicht, dass er Mittel und Wege fand sie zurück zu holen, damit sie dort weiter machen konnten, wo alles geendet hatte. Wieso wurde Rose das Gefühl nicht los, dass der Zug längst abgefahren war und sie es einmal wieder versäumt hatten, rechtzeitig aufzuspringen?

Der Kontrollraum der TARDIS war deutlich leerer geworden. Donna hatte den hiesigen Doctor in ein Gespräch über Gott-weiß-was verwickelt, von dem sie nicht mehr verstand wie den ein oder anderen technischen Einwand, der ihr bei Torchwood gelegentlich über die Füße gelaufen war. Die Britin war inzwischen ganz gut in technischen Dingen, in ihren Details. Aber sie fühlte sich viel mehr wie ein Musiker, der keine Noten lesen konnte und deshalb improvisierte, aus dem Bauch heraus wusste was zu tun war. Eine Eigenschaft, die der Doctor ihr beigebracht hatte. Der Doctor.

Er stand dort drüben, neben der Steuerung, die Arme vor der Brust verschränkt und die blauen Augen auf keinen bestimmten Punkt gerichtet. Hinter seiner Stirn arbeitete es, die Mundwinkel ernst verzogen, das Amüsement von vor wenigen Augenblicken auf Davros' Schiff abgestellt, als hätte man einen Schalter umgelegt. Er wusste längst, dass er es übertrieben und die Beherrschung verloren hatte, nicht die Erfahrung besaß sich zu zügeln und niemand da gewesen war, der ihn aufhalten wollte. Wie die Blonde ihn kannte, würde die Reue noch eine ganze Weile an ihm nagen; vor allem in Bezug auf Donna und ihre vermeidliche Rolle in seinem riskanten Plan.
 

Rose zögerte. Sie fühlte Unsicherheit, spürte den Blick des anderen TimeLords in ihrem Nacken, der sie trotz Donnas Phrasen scharf beobachtete. Doch dann gab sie sich einen Ruck, überwand ihre Furcht und machte der Neugierde Platz, dem Drang heraus zu finden, wer dieser Mann tatsächlich war. Und war sie nicht geübt darin, Dingen auf den Grund zu gehen?

Der Doctor bemerkte sie just in dem Moment, wo sie zu ihm aufschloss und als er die Jacke sah, die sie bei sich trug, schenkte er ihr ein aufrichtiges, wenngleich schwaches Lächeln: "Rose Tyler", begann er, wobei er keinen Atemzug ausließ ihren Namen mit seinem nordischen Akzent zu betonen.

Die Blonde stockte, ihre Finger verkrampften sich um das verbrauchte Leder und ihre Augenwinkel wurden ohne ihr Zutun feucht vor Tränen, von denen sie nicht einmal ahnte, dass sie sie noch übrig hatte. Sein Anblick war möglicherweise falsch, unerklärlich oder einfach nur eine Laune der Natur – aber er löste in ihr gleichsam eine unglaublich überwältigende Wiedersehensfreude aus, vergrabene Gedanken und Gefühle, Worte die sie ihm nie hatte sagen können, obgleich er sie längst wusste. Und bevor sich Rose versah, fiel die Lederjacke zu Boden, während sie sich in seine Arme warf – und war es nur für den Bruchteil einer Sekunde, wo sie spüren konnte, dass er echt und kein Trugbild war.

Sie weinte.
 

Jackie machte einen besorgten Schritt auf ihre Tochter zu. Es war kein Geheimnis, dass sich Rose schwer dabei tat, die Vergangenheit los zu lassen – das Ereignis um ihren Vater war dabei nur ein Beispiel von vielen. Irgendwann arrangierte man sich mit dem Umstand, weil man es musste und weil das Leben weiter ging. Show must go on … und es war nun wirklich nicht so, als hätte Rose nicht begriffen, dass der Doctor in Wahrheit nie gestorben war. Aber das hier überwältigte sie, katapultierte sie prompt zurück in eine Zeit, die sie schmerzhaft vermisste und mitunter einen wichtigen Wendepunkt ihres eigenen Lebens darstellte. Sie hatte ihn damals nicht gehen lassen können, sie war sich nicht sicher, ob sie es jetzt konnte.

Dennoch war da etwas anderes, etwas das sie ihm unbedingt mitteilen musste.

So boxte Rose dem vermeidlichen Doctor mit aller Kraft, die sie aufzubringen im Stande war, gegen den Oberarm. "Au! Oi!" Der hoch Gewachsene machte einen halben Schritt vor der Blonden zurück und rieb sich die Stelle, wo Roses' Faust gelandet war, eine steile Falte auf seiner Stirn die seinen Unmut kundtat. "Erklär' mir das! Wer bist du? U…u…und wo kommst du plötzlich her?! Ich finde das absolut nicht witzig!" Dabei schoss sie dem anderen TimeLord hinter der Steuerkonsole der TARDIS einen Blick zu, der Jackie alle Ehre machte und beide Doctoren synchron zusammen zucken ließ. "Wenn es so einfach ist, mit dieser blöden Regeneration … wenn das gesteuert werden kann, wieso verändert ihr euch dann ständig? Wieso tut ihr euren Freunden das an?"
 

Der neunte Doctor hatte die Lederjacke aufgehoben und war hinein geschlüpft, in der selben Bewegung griff er vorsichtig und bedacht nach den Händen der Blonden und zuckte entschuldigend eine Schulter: "Ich hätte dich darauf vorbereiten müssen", begann er etwas flapsig unter ihrem strengen Augenmerk und mit einem Ton in der Stimme, der nur für sie reserviert war: "Eine Regeneration ist nichts einfaches, manchmal kommt sie so unerwartet, dass man die Energie gar nicht aufhalten kann, selbst wenn man es wollte. Oft kann man nichts dagegen tun – dass ich hier bin, hätte nicht passieren dürfen. Aber durch das versehentliche Zutun von Donna explodierte die gesonderte Regenerations-Energie und … nun ja, ein chemischer Prozess führt eben zum nächsten. Es war eine Kettenreaktion und wie bei allen anderen Regenerationen auch kann ein TimeLord nicht steuern, was mit ihm passiert. Ein neues Leben, Rose – aber zu welchem Preis? Ein neues Gesicht, eine neue Persönlichkeit, neue Stärken, neue Schwächen … Eigenschaften, über die man sich selbst wundert, weil man aus der Vergangenheit weiß, dass man Probleme stets anders gelöst hat."

Rose versuchte sich vorzustellen wie es war, heute mit ihrer Persönlichkeit ins Bett zu gehen und morgen mit einer völlig anderen wieder aufzuwachen. "Das macht einen total verrückt."

Der Doctor hinter der Steuerkonsole grinste, während er sich das Ohrläppchen rieb: "Oh ja, das tut es." Donna verschränkte etwas abwehrend die Arme vor der Brust, entgegnete aber nichts. "Wir sind die selbe Person, Rose – nur mit dem feinen Unterschied, dass er viel größere Ohren hat als ich und durch die Verknüpfung mit Donnas DNA zum Teil menschlich ist."
 

"Du bist ein Mensch?" Als die rehgleichen Augen das kantig geschnittene Gesicht ihres Doctors musterten, schüttelte er zuerst den Kopf, bevor er nickte. "Halb Mensch, halb TimeLord. In meiner Brust schlägt nur ein Herz … und die Regenerations-Phasen sind vorbei. Die Energie hat sich mit Hilfe meiner abgeschnittenen Hand an den Rest von Existenz geklammert, der von mir noch übrig war. Eine Meta-Krise, ein Hybrid … ich bin der einzige meiner Art." Diese Bitterkeit, die sich über seine ganze Erscheinung spannte, wie ein durchsichtiges Tuch, kannte Rose nur allzu gut. Aber es half ihr nicht dabei, dass sie völlig hin- und her gerissen von der Gesamtsituation war.

Insgeheim hatte sie sich immer gewünscht, mit dem Doctor zusammen bleiben zu können – und war das nicht der Antrieb für ihre Besessenheit gewesen, ihn zu finden, einen Weg aus dem Paralleluniversum zu finden der sie zu ihm zurück brachte? "Woran erinnerst du dich?" Wenn er das, was ihn zuvor beschäftigt hatte, fein säuberlich vor ihr zu verbergen suchte, war sie ihm jetzt auf die Schliche gekommen. Der Doctor presste die Lippen aufeinander, ließ von ihren Händen ab und stopfte seine eigenen in die Seitentaschen seiner Jacke: "An jeden Moment, den wir zusammen verbracht haben", antwortete er kryptisch. "Aber an keinen mehr."

" – Er ist eine Regeneration aus den Informationen von vor so vielen Jahren, Rose. Und auch wenn er denkt und spricht wie ich und zweifelsohne auch ich bin, bedeutet ein BackUp nicht mehr wie das Aufsetzen alter Erinnerungen in einer neuen Hülle. Selbst wenn er wollte, er hat keine Ahnung was in den letzten Jahren zwischen Satellit 5 und Davros passiert ist. Möglich, dass ihm hier und da etwas bekannt vor kommt, wie bei einem Déjà-vuz … aber im Großen und Ganzen ist er dein Doctor, Rose." Sie wusste nicht, was sie von der Betonung halten sollte, die der TimeLord anschlug. Das alles war mehr, als ein einzelner einfacher Geist auf so kurze Zeit verarbeiten konnte. Doch sie begann zu lächeln, breit und aufmunternd: "Barcelona also, hm?"
 

Der Doctor, egal in welcher Form, war nie mit ihr auf Barcelona gewesen, was sie schade fand. Hinsichtlich seiner Schwärmerei hätten sie wenigsten einmal dort halt machen können. Stattdessen waren sie auf Raumschiffen und Satelliten unterwegs gewesen, hatten einmal einen fernen Mond besucht und waren sogar in die Hölle hinab gestiegen. Rose glaubte, dass es an dem Bewegungsdrang des Doctors lag, der sie daran hinderte einfach einmal Urlaub zu machen – und wenn sie's versuchten, kam sowieso immer etwas dazwischen.

Die TARDIS unterbrach ihre Unterhaltung mit einem seligen, rostigen Knirschen und dem Abschalten ihres Motors. Donna, die erstaunlich ruhig gewesen war, nickte dem TimeLord zu und bekundete ihre Ankunft. Ankunft? Ah ja, richtig – zu Hause. Der Doctor nickte auffordernd in Richtung der Türen; er mied Jackies Blick und rang sich zu einem Lächeln durch, das seine braunen Augen nicht erreichte. Wäre Rose nicht so abgelenkt gewesen von dem anderen Mann an ihrer Seite, hätte sie sich bestimmt schlicht geweigert das Schiff zu verlassen aufgrund der Dinge, die folgten. Sie hätte sich mit allen Gliedern in den Türrahmen gestemmt und gekeift, um sich gebissen und gekratzt. Sie wollte nicht weg, sie war gerade erst angekommen – und ihr Ziel fiel entsprechend ernüchternd aus.
 

Der Wind blies ihnen um die Ohren, es war kalt und der Himmel war verhangen mit dunklen, grauen Wolken. Rose brauchte etwas länger, bis sie die Gegend wieder erkannte, wobei sie sich einmal um ihre eigene Achse drehte um sich zu vergewissern. "Bad Wolf Bay?!", schmetterte sie ihrem Begleiter entgegen, der dem aufwallenden Zorn mit Mühe stand hielt und mehr denn je einem gequälten Tier, als einem zeitreisenden Alien ähnlich sah. "Du gehörst jetzt hier in diese Welt, das ist dein zu Hause." Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich, Sturheit kämpfte sich durch ihren Organismus wie Gift und ähnlich boshaft war auch die Antwort, die ihr über die Zunge rollte: "Ich hatte in dieser beschissenen Welt keine ruhige Nacht, ist dir das eigentlich klar? Ich … Ich habe ganze Universen eingerissen nur um dich zu finden und jetzt schickst du mich zurück nach Bad Wolf Bay?!" Der Doctor war auf ihre Rage vorbereitet, seine Maske stoisch am richtigen Fleck. Er schüttelte den Kopf und seufzte. Die nächste Antwort kam tastend und entschuldigend, obgleich man ihm ansah, wie unangenehm der Moment für ihn wurde: "Er braucht dich Rose. Und er hat in der Welt, aus der wir kommen, keinen Platz. Er ist eine Gefahr für andere und für sich selbst – hast du nicht gesehen, was er angerichtet hat? Donna hätte heute sterben können, er hat keinem von uns eine Wahl gelassen. Aber er hat nur ein Leben Rose. Er hat eine Chance und ich weiß, dass du ihm – dass du uns – diese Chance auf eine glücklichere Existenz geben kannst."

Der Blonden kreisten abrupt tausend Dinge durch den Kopf, tausend Ausreden, tausend Beleidigungen, tausend Möglichkeiten. Sie wusste, dass der TimeLord Recht hatte und das ärgerte sie am Meisten. Noch dazu hätte sie es nicht übers Herz gebracht ihren alten Freund ein zweites Mal in völliger Hitzköpfigkeit zu verlieren. Der Neunte stand unweit hinter ihr wie ein schützender Schatten, ruhig, die Arme zwischenzeitlich wieder vor der Brust verschränkt; er beobachtete die Situation mit Kalkül und blinzelte zweimal, als sich Rose zu ihm umwandte: "Damals auf Satellit 5, was ist da passiert? Ich … erinnere mich nur noch daran, dass ich in der TARDIS aufgewacht bin. Du sagtest, du hättest die Daleks in die Flucht gesungen. Aber das war gelogen."
 

Seine Brust hob sich mit einem tiefen Atemzug. Die Frage war ihm sichtbar unangenehm und das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagernd, kam er den halben Schritt, der sie trennte, näher: "Ich habe dich vor dir selbst gerettet. Du warst zurück gekommen, um zu helfen und warst aufgeladen mit dem Zeit-Vortex der TARDIS; du hast in sie hinein gesehen, Rose – niemand überlebt das …"

"Dann hast du mir das Leben gerettet?"

"Ja."

"Du bist für mich gestorben?"

"Ja", entgegnete der Dunkelhaarige ebenso simpel.

Rose streckte die Hand nach der Lederjacke aus, fühlte das weiche und getragene Leder unter ihren Fingerkuppen. Warum zögerte sie eigentlich noch? Sie war sich ihrem Gefühl sicher, sie wusste was sie wollte und sie machte keinen Unterschied zwischen langen Haaren oder großen Ohren. Sie kannte ihren Doctor und deshalb liebte sie ihn. Trotzdem war es nicht fair, was der TimeLord inbegriffen war ihr anzutun. Er schob eine andere Verantwortung vor seine eigene und suchte das Schlupfloch seiner Freiheit – sie hätte wütend sein müssen und empfand dennoch nicht mehr wie Bedauern. Aber sie konnte etwas ändern, sie konnte von vorne anfangen. Und wahrscheinlich war das auch der Antrieb für ihre Kurzschlussreaktion, für ihre Finger, die sich schraubstockartig um seinen Jackenkragen verkrampften, ehe sie dem vermeidlichen Doctor einen unverblümten Kuss auf die Lippen hauchte. Sollten die Welten in sich zusammen fallen, sollten sich die Realitäten vermischen oder gänzlich in die Luft gesprengt werden … so lange der Doctor bei Rose war und Rose bei ihrem Doctor war alles andere irrelevant. Und die Art und Weise wie er ihre Einladung nach kurzem Schock erwiderte bestätigte nur das, was sie so lange gehofft und was sie die letzten Jahre zum Kampf angetrieben hatte. Er empfand wie sie und hat schon immer so empfunden.
 

Das knirschende Schloss der TARDIS-Türe unterbrach den Augenblick wie das Grollen tiefen Donners. Rose zuckte zusammen, löste sich aus der Intuition heraus und wäre sogar in Richtung der Maschine los gerannt, hätte sie nicht gesehen, wie sie sich langsam dematerialisierte. Das war es gewesen? Ein sauberer Schnitt, eine Aufgabe, kein Abschied? Die Britin würgte den Klumpen in ihrem Hals herunter, der sich prompt den Weg nach oben suchte. Der Doctor war schließlich nur seinem Instinkt gefolgt, nicht wahr? Er war davon gelaufen … wie immer.

Rose stand eine Weile einfach nur da, bis sie eine Bewegung neben sich bemerkte. Der Neunte hielt ihr in alt bekannter Weise die Hand entgegen, bewegte auffordernd die Glieder derselben, um sie zum Einhaken aufzufordern; die Geste kam ihr bekannt vor, vertraut. Er lächelte ihr zu und so schmerzhaft der Abschied von der TARDIS und dem Doctor der anderen Realität, ihrer Realität, auch war, war es irgendwie in Ordnung.

Ihre Finger verknoteten sich mit den seinen und als hätte er bloß darauf gewartet sagte er: "Rose Tyler, möchtest du mich begleiten? Es wird weder ruhig, noch sicher sein – und schon gar nicht langweilig. Aber weißt du was? Es wird unser Leben verändern."

Ihre Mundwinkel krümmten sich ohne ihr Zutun in ein breites Lächeln, nicht zuletzt weil es gewählte Worte waren, weil er genau diese Worte schon einmal an sie gerichtet hat.

"Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen.“

"Fantastisch."


Nachwort zu diesem Kapitel:
So. Done with it. Danke fürs Lesen! Was gibt es noch zu sagen? Ich habe mir immer und immer wieder gedacht, dass Rose auf das Auftauchen von Nine völlig anders reagiert hätte, wie bei einem zweiten Ten. Der Eindruck eines Doppelgängers verdrängt sich durchs Aussehen und die Sache mit der Regeneration erklärt sich dadurch auch nicht schlecht.
Auf den Gedanken gekommen bin ich, weil Eccleston mehrmals angemerkt hat, dass Nine ziemlich verknallt in Rose und praktisch ein "Fan" von ihr war (ich muss das Interview mal raussuchen, so göttlich) und mir die Dynamik der beiden Figuren aus der ersten Staffel einfach gefallen hat. Tenny liebe ich trotzdem genauso! Ich finde überhaupt, dass man da keinen Unterschied machen sollte. Doctor ist Doctor, oder? Jeder mit seinen Stärken und Schwächen. Und der Doctor gehört eben zu Rose. (-;

Vielleicht schreibe ich einen Ableger, auch in Kurzgeschichten-Form, über Nine im Paralleluniversum, mal sehen. Komplett anzeigen

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