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Steven

von

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The nightmare goes on

„... Und jetzt schlagt bitte eure Bücher auf. Wir fangen ein neues Thema an. Das nächste, was wir...- Ach, Himmel, was gibt es denn so Dringendes, Stanley?“

„Ich fühle mich nicht gut... Mir ist irgendwie komisch.“

„Dir ist in letzter Zeit häufiger 'irgendwie komisch'. Kannst du mir vielleicht etwas Genaueres dazu sagen?“

„Nein, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist...“

„Herrje... Gut, wenn es dir hilft, geh auf den Schulhof an die frische Luft. Ich nehme an, du möchtest, dass dein Bruder dich wieder begleitet?“

„Ja, genau.“

„In Ordnung. Aber viel länger werde ich das in meinem Unterricht nicht mehr dulden. Wenn sich das nicht bessert, Stanley, rate ich dir, einen Arzt aufzusuchen. Ihr beide könnt nicht andauernd fehlen!“

„Ich weiß...“

„Also, raus mit euch. Gute Besserung.“
 

Die Blätter der Bäume bewegten sich sanft im Wind, während vereinzelte Sonnenstrahlen warm durch das dichte Geäst drangen. Ein hübsches Fleckchen war es, etwas abgelegen vom Hof des Schulgebäudes. Mittlerweile waren sie des Öfteren hier gewesen, zur selben Zeit, aus demselben Grund.

„Hehe... Die blöde Schnepfe ist schon wieder reingefallen!“

Stanley saß auf seiner Jacke, die er zuvor auf dem Boden ausgebreitet hatte, lässig an eine niedrige Mauer gelehnt und biss genüsslich in sein Pausenbrot.

„Die lernt es nie. Mit der kann man echt alles machen, die ist viel zu weich“, murmelte er mit vollem Mund. Steven nickte bestätigend und blickte durch halb geschlossene Augen in den blauen Himmel.

„Stimmt. Aber wir sollten aufpassen. Ich glaube, langsam merkt sie was.“

„Ach, was... Die redet doch nur. Was glaubst du denn, sollte sie machen?“

„Ich weiß nicht. Aber fällt es nicht auf, wenn wir ständig in ihrer Unterrichtsstunde plötzlich nach draußen rennen...?“

„Wir tun es ja nicht nur bei ihr. Und wenn ich sage, dass ich frische Luft brauche, weil mir nicht gut ist... Was sollen die schon dagegen machen?“

„Ich hoffe, du hast Recht und wir kriegen nicht irgendwann großen Ärger mit den Lehrern...“

„Das sind doch alles Flaschen! Ich pfeif auf die Lehrer!“, motzte Stan, bevor er sich einen weiteren Bissen seines Pausenbrotes einverleibte. „Wir gehen ja nachher wieder rein. Aber jetzt gönnen wir uns erst mal 'ne Auszeit. Hier!“

Mit einem Griff in seine am Boden liegende Jackentasche holte er einen Bleistift und ein kleines Notizbuch hervor. Steven nahm es entgegen und klappte es an der Stelle auf, an der sie zuletzt etwas eingetragen hatten.

Es war nicht bloß ein einfaches Notizbuch. Es war ihr persönlichster Besitz, in dem sie all ihre Ideen aufbewahrten, damit sie nie verloren gingen. Ihre genauen Zukunftspläne, die Produkte ihrer grenzenlosen Fantasie - all diese Dinge waren bis ins kleinste Detail in diesem Buch, sicher vor der Außenwelt. Sie gehörten nur ihnen.

Zuletzt hatten sie angefangen, sich zu Stanleys namenlosem Rächer eine Geschichte auszudenken, in der dieser umherzog und der Frau, die er liebte, überallhin folgte, um sie vor bösen Schurken zu schützen. Allerdings sollte er nun nicht mehr mit seiner Hausspinne allein sein bei seiner Mission. Steven hatte sich ebenfalls eine heroische Figur überlegt - einen Helden, der die unglaubliche Macht besaß, Kuscheltiere zum Leben zu erwecken - , die, zusammen mit einem kleinen Hasen, den dunklen Rächer auf seiner Reise begleitete.
 

„Ich wünschte, wir hätten auch Superkräfte“, seufzte Steven, während er eine Skizze betrachtete, die er einen Tag zuvor von seiner Figur angefertigt hatte. „Dann könnte uns keiner was anhaben... Wir wären die Stärksten.“

„Wir sind die Stärksten!“, sagte Stanley überzeugt. „Guck dir die Idioten aus unserer Klasse doch mal an! Die meinen vielleicht, sie wären was Besseres. Aber gegen uns... sind die doch nichts.“

Er schaute verträumt in die Baumkrone und wandte sich wieder ab, als die Sonnenstrahlen ihn blendeten.

„Hey, weißt du was? Später, wenn wir groß sind... werden wir echte Helden. Und dann retten wir zusammen die Welt!“

„Ja, gute Idee, Stan. Das machen wir“, antwortete er lachend, ohne den Blick von seiner Skizze abzuwenden.

„Das ist mein Ernst! Glaubst du etwa nicht, dass wir das Zeug dazu haben?“

Steven sah seinen Bruder schräg an und lächelte skeptisch.

„Bis dahin müssen wir aber noch viel üben, wenn wir die Welt retten wollen. Was ist, wenn sich uns ein schreckliches Monster in den Weg stellt?“

„Kein Monster kann es mit uns aufnehmen, wenn wir erst einmal groß sind“, sagte er, wie selbstverständlich, und deutete hektisch auf das Notizbuch. „Los, du musst das da reinschreiben!“

„... Was denn?“

„Na, zu unseren Zukunftsplänen. Schreib einfach dahin: 'Helden werden'.“

„Gut, okay... Wenn du das sagst.“

In dicken Buchstaben schrieb er es hinein, nachdem er die richtige Seite aufgeschlagen hatte, und schüttelte grinsend den Kopf, als er sich die Seite erneut besah.

„Wir haben wirklich viel zu tun, wenn wir all unsere Ziele erreichen wollen...“

„Ja, das haben wir“, gab Stan ihm Recht. „Trotzdem schaffen wir das. Alleine wäre es vielleicht zu schwer, aber zu zweit...“

Er stockte, als Steven sich ruckartig umdrehte und mit geschocktem Gesichtsausdruck hinter sich in die Leere starrte. Fragend blickte er abwechselnd ihn und die Stelle an, die er fixierte.

„Mann, Steven, du hast mich erschreckt... Ich dachte schon, jemand hätte uns gefunden! Was hast du denn auf einmal?“, fragte er verständnislos. Steven blinzelte ein paar Mal, um sich zu vergewissern, dass dort wirklich nichts war, und atmete erleichtert auf.

„Sorry... Ich dachte, ich hätte einen Schatten gesehen“, sagte er. „Habe ich mir wohl eingebildet...“

„Ist auch alles in Ordnung mit dir?“

Stan klang ein wenig besorgt, also versuchte er, ihn wieder zu beruhigen.

„Ja, alles klar... Hab' heute nur nicht so gut geschlafen“, antwortete er, und es stimmte. Er hatte einen furchteinflößenden Traum gehabt und wurde schon den ganzen Morgen über das Gefühl nicht los, von irgendwem - oder noch schlimmer: irgendetwas - verfolgt zu werden. „Bestimmt liegt es daran. Mach dir keine Sorgen, ja?“

Zum Glück nahm Stan es so hin, wie er es sagte, und fragte nicht weiter nach. Er wollte vor ihm nicht wie ein Verrückter dastehen, und das wäre sicher der Fall, wenn er ihm etwas von Verfolgungswahn erzählte.

Eine Weile lang saßen sie noch dort, genossen den schönen Ausblick und tauschten sich darüber aus, was ihre beiden Figuren als nächstes Aufregendes in ihrer Geschichte erleben könnten, bevor sie beschlossen, wieder in die Schule zurückzugehen, weil man sie sonst vermissen würde. Die restlichen Unterrichtsstunden vergingen schleichend langsam und sie waren unverzüglich von ihren Plätzen aufgesprungen, sobald die Glocke das letzte Mal für diesen Tag ertönte. Sie packten ihre Rucksäcke und verließen schnellstmöglich das Gebäude.

Auf dem Heimweg hatten sie noch keine Ahnung, dass sorglose Tage wie dieser schon bald der Vergangenheit angehören würden und sie es vorgezogen hätten, sich in der Schule einzuschließen, hätten sie gewusst, was sie zu Hause erwartete...
 

Eine unheilvolle Stille lag in der Luft, als sie die Wohnung betraten. Für gewöhnlich wurden sie um diese Zeit mit einem Lächeln von ihrer Mutter begrüßt oder konnten es zumindest hören, wenn sie sich in der Küche aufhielt und für sie kochte. Doch nichts davon traf heute zu. Es war beunruhigend leise.

Ein Blick ins Wohnzimmer ließ Steven zusammenzucken. Entgegen seiner Annahme, dass niemand zuhause war, sah er seine Mutter und seinen Vater in einem skurril wirkenden Abstand zueinander in einer angespannt abwartenden Haltung auf der Couch sitzen. Wobei sich die angespannte Haltung auf seine Mutter beschränkte - sein Vater saß einfach nur dort, mit dem gleichen berechnenden Blick, den er üblicherweise hatte, wenn er ihn und Stanley anschaute, und war die Ruhe selbst.

„Wen haben wir denn da?“, sagte er gespielt freundlich, ohne sich von seinem Platz zu rühren. Steven sah seinen Bruder irritiert an, der jedoch ebenso wenig zu wissen schien, was das Ganze zu bedeuten hatte.

„Wie war euer Schultag?“, fragte er weiter, als würde er eine normale Unterhaltung mit ihnen führen wollen, aber Steven wusste, dass mehr als das dahinter stecken musste. Und dieser Gedanke sollte sich bald bestätigen. Da weder ihm noch Stanley eine wirklich gute Antwort auf die Frage einfiel, nickten sie nur mit den leise gemurmelten Worten „Ganz nett“ und versuchten, ihren Vater nicht anzusehen.

„Ganz nett also...“

Gemächlich erhob er sich von der Couch, blieb aber davor stehen, während seine Frau noch immer unbeweglich da saß.

„Und denkt ihr... es gibt irgendetwas, das ihr mir zu sagen habt?“

Steven hatte ein ungutes Gefühl. Es war nahezu dasselbe Gefühl, das er vor wenigen Stunden verspürt hatte, als er sich eingebildet hatte, von etwas verfolgt zu werden. Aber warum?

„Stanley!“

Der Angesprochene blickte verstört auf.

„Ja...?“

„Gibt es etwas, das du mir zu sagen hast?“, wiederholte ihr Vater seine Frage betont langsam.

„Ich... Ich weiß nicht...“

„Du weißt es nicht... Aber ich weiß es“, sagte er und musterte seinen Sohn abschätzig. „Deine Schulnoten werden immer schlechter. Du hast nur Flausen im Kopf. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich werde nicht mehr zulassen, dass du deinen Bruder da mit reinziehst.“

Verwirrt wandte Steven sich seinem Vater und dann Stanley zu. Konnte es sein, dass er...?

„Wenn du den Unterricht schwänzst, ist das schlimm genug. Aber dass du Steven dazu bringst, deinen Unfug mitzumachen... Dafür gibt es keine Entschuldigung.“

„Woher weißt du das...?“, fragte er dazwischen, obwohl er sich beinahe sicher war, es schon zu wissen. Der Schatten, den er gesehen hatte, und die Geräusche, die er den ganzen Morgen über geglaubt hatte, sich einzubilden... Er war nicht verrückt.

Er wurde wirklich verfolgt.

Das Gesicht seines Vaters machte ihm Angst, als er sich ihm zuwandte und etwas flüsterte, das er gerade eben verstehen konnte:

„Ich habe meine Augen und Ohren überall, mein Sohn.“

Er erkannte sein einzig und allein an ihn gerichtetes Lächeln, während er das sagte. Und gerade das beunruhigte ihn. Es war kein warmes Lächeln wie das seiner Mutter, wenn sie ihn begrüßte oder mit ihm spielte - es war absolut kalt.

„Jedenfalls... kann das so nicht weitergehen“, sprach er, wieder an Stanley gewandt, weiter. „Und deshalb haben wir uns etwas überlegt, das für uns alle das Beste wäre. Sag' du es ihnen, Liebling!“

„Stanley“, hörte er zum ersten Mal, seit sie nach Hause gekommen waren, die Stimme seiner Mutter, in der er keinerlei Gefühlsregungen ausmachen konnte; ebenso wenig, wie in ihren starr geradeaus gerichteten Augen. „Du wirst ab sofort strenger unterrichtet werden, und zwar getrennt von deinem Bruder. In einem Internat.“
 

Nein, war das Erste, was ihm durch den Kopf ging, als er die Worte vollständig verarbeitet hatte. Nein, das könnt ihr nicht machen!

Der unsichere Ausdruck in Stans Gesicht wich schlagartig purer Fassungslosigkeit. Sie beide schienen ein und dasselbe zu denken: „Das kann nicht euer Ernst sein!“

Doch keiner von ihnen sprach es aus. Zu entsetzt waren sie über die Skrupellosigkeit ihrer Eltern.

Wie lange hatten sie es hinter ihrem Rücken schon besprochen? Warum ließen sie ihnen nicht einmal die Gelegenheit, in Ruhe darüber zu reden und ihre Fehler wiedergutzumachen?

Selbst ihre Mutter, die sich sonst immer sanft und verständnisvoll zeigte, schien nicht mit sich reden zu lassen. Der Entschluss stand fest.

Stanley rührte sich nicht vom Fleck, er stand wie angewurzelt und in tiefes Schweigen gehüllt mitten im Raum, bevor Steven hörte, wie er leise das Wort ergriff.

„Ihr seid so gemein...“, sagte er mit schwacher Stimme, die er danach unerwartet zu einem wütenden Schreien erhob. „Ich hasse euch!!“

Ausdruckslos sahen ihre Eltern ihm nach, als er in den Flur stürmte und vermutlich in seinem Zimmer verschwand. Steven verspürte den starken Drang, seinem Bruder hinterherzulaufen, die Türe zu schließen und sich für immer von den beiden fernzuhalten, die ihnen das antaten. Aber er konnte sich nicht bewegen. Genau wie damals in dem Geisterhaus war er einfach erstarrt und verfluchte sich selbst dafür, nichts gegen das Urteil seiner Eltern ausrichten zu können.

Da waren sie, im selben Raum wie er, und doch schienen sie meilenweit entfernt. Es gab nichts mehr, das sie in diesem Moment miteinander verband.

„Wie könnt ihr nur so grausam sein...“, flüsterte er, als er sich wieder dazu in der Lage befand. „Wie könnt ihr so grausam sein, mir meinen Bruder wegzunehmen...?“

„Wir nehmen ihn dir nicht weg, Steven“, sagte sein Vater. „Wir passen nur darauf auf, dass niemand einen schlechten Einfluss auf dich ausübt. Wir, als deine Eltern, müssen dafür Sorge tragen.“

„Ihr seid nicht mehr meine Eltern!“, rief er und sah dem Mann, der ihm gegenüberstand, so direkt ins Gesicht, wie er es lange nicht mehr getan hatte. „Ganz besonders du nicht!“

„Das wollen wir doch mal sehen...“, war das Letzte, was er ihn sagen hörte, bevor Steven sich für den Rest des Tages in seinem eigenen Zimmer verschanzte, ohne ein weiteres Wort zu sagen, etwas zu essen oder zu schlafen oder sonst irgendetwas zu tun, außer die ganze Welt abgrundtief zu hassen.
 

Wenige Tage später waren die Vorbereitungen für Stanleys Schulwechsel abgeschlossen und ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich voneinander zu verabschieden.

Seine Sachen waren gepackt und schweren Herzens hinterließ er Steven ihr gemeinsames Notizbuch - unter der Voraussetzung, dass er es hütete, wie einen Schatz. Er versicherte ihm, selbstverständlich gut darauf Acht zu geben. Im Gegenzug gab Stanley ihm sein Ehrenwort, dass er ihm schreiben und ihn besuchen würde, wann immer er die Gelegenheit dazu hatte und dass sie ihre großen Pläne natürlich trotz allem irgendwann verwirklichen würden, wenn er eines Tages wieder zu ihm zurückkam. Daran bestand kein Zweifel. Auf sein Wort war Verlass und Steven schwor sich, auf ihn zu warten, was auch geschehen würde.

Ein letztes Mal lagen sie sich in den Armen, bevor sie sich gezwungenermaßen für eine lange Zeit trennten. Eine Zeit voller Ungewissheit, was sie ohne den Anderen erwarten würde.

„Mach's gut, Steven“, waren seine letzten Worte, bevor er endgültig von der Bildfläche verschwand und ihn mit einem wehmütigen Lächeln allein zurück ließ.

Solange er in seiner Nähe gewesen war, während sie Abschied nahmen, hatte er sich stark gefühlt. Er war sich sicher gewesen, auch ohne ihn zurechtkommen zu können, wenn er sich Mühe gab und sich nicht wie ein heulendes Kleinkind aufführte. Schließlich war er nicht aus der Welt - er war nur an einem anderen Ort.

Doch kaum, dass Steven den ersten Schultag ohne seinen Bruder zu bewältigen hatte, wusste er, dass es nicht so war. Niemand war mehr an seiner Seite.

Niemand, mit dem er in den Pausen lachen konnte. Niemand, der sich schützend vor ihn stellte, wenn einer seiner Klassenkameraden sich wieder einmal einen Spaß daraus machte, auf ihm herumzuhacken. Niemand, der bei ihm war, wenn er sich auf den Heimweg machte und der bei ihm blieb, wenn er zuhause war.

Niemand, mit dem er sein Leben teilen konnte.

Er war allein; egal, was er tat. Egal, ob es ihm schlecht ging.

Wenigstens mit seiner Mutter hatte er sich inzwischen versöhnt. Sie war wie ausgewechselt gewesen, als sie ihre Entscheidung verkündet hatte. Doch jetzt, da Stanley gegangen war und sie tagsüber die einzige war, mit der er sich umgab, verhielt sie sich wieder genau wie früher - wie eine liebevolle Mutter, die sich um ihn kümmerte und sorgte, vielleicht sogar noch hingebungsvoller als vorher. Erst abends, wenn sein Vater nach Hause kam, wurde sie plötzlich zurückhaltender und Steven glaubte, langsam zu begreifen, was vor sich ging.

Sein Vater musste dämonische Kräfte besitzen, mit denen er es irgendwie schaffte, seine Mutter unter seine Kontrolle zu bringen. Eine andere Erklärung für ihre seltsame Veränderung wollte ihm nicht einfallen. Warum sonst bekam sie diesen leeren Blick und benahm sich ganz anders, sobald er in ihrer Nähe war, und brachte es nicht auch nur einmal fertig, sich gegen ihn zu wehren, wenn er sie wie Dreck behandelte?

Jeden Abend sah er ihn, wenn er am Wohnzimmer vorbeikam oder durch das Schlüsselloch spähte, falls die Tür geschlossen war. Es war immer das gleiche Bild:

Er saß auf der Couch, in der einen Hand eine Flasche, die andere erhoben, während er seine Mutter herumkommandierte wie ein Dienstmädchen.

Gern wäre er dazwischen gegangen und hätte etwas getan, irgendetwas, damit es ein Ende nahm. Aber was sollte er schon tun? Er hatte Angst, sein Vater würde ihn ebenfalls einer Gehirnwäsche unterziehen, würde er sich ihm in den Weg stellen. Also hielt er sich aus der grotesken Beziehung seiner Eltern heraus und versuchte, seinem Vater aus dem Weg zu gehen, solange er die Wahl hatte. Das Problem war, dass diese Wahl ihm schon bald nicht länger blieb.
 

Es war bereits stockfinster, als Steven eines Abends in seinem Zimmer vor dem Fenster saß, ein kleines Licht zu seiner Rechten, welches sein Notizbuch beleuchtete, in dem er wieder einmal versunken war, weil er nicht schlafen konnte. Er fürchtete, etwas unsagbar Schlimmes könnte passieren, während er schlief. Meist übermannte ihn die Müdigkeit doch nach einer Weile, aber bis dahin gab er sich die größte Mühe, wach zu bleiben und sich abzulenken - was allerdings gar nicht so leicht war, denn in der Stille der Nacht wurden die Stimmen in seinem Kopf zunehmend lauter und aufdringlicher. Obwohl er nicht verstand, was sie sagten, war er ganz sicher, dass es nichts Gutes war.

Konzentriert sah er sich zum wiederholten Male die Bilder an, die sein Bruder und er von ihren selbsterfundenen Helden auf die leeren Seiten gezeichnet hatten. Er rechnete nicht damit, um diese Zeit noch Besuch zu bekommen.

Das leise Klopfen an seiner Tür ließ darauf schließen, dass es sich bei der Person auf der anderen Seite um seine Mutter handelte, daher zögerte er nicht lange, sie hereinzulassen. Er ließ vor Schreck beinahe sein Buch fallen, als er erkannte, dass es nicht seine Mutter war, die da gerade in sein dunkles Zimmer trat.

„Hi, Steven“, hörte er die raue Stimme seines Vaters und vergaß von einem Moment auf den anderen die wirren Stimmen, die ihn bis vor Kurzem noch heimgesucht hatten. Sie klangen nahezu harmlos im Vergleich zu Seiner. „Was liest du denn da?“

„Gar nichts“, sagte er und ließ Stanleys Hinterlassenschaft reflexartig unter seinem Bett verschwinden. Seine Eltern sollten nichts von ihren gemeinsamen Plänen erfahren.

„Ach, Junge...“

Die Art, wie sein Vater seufzte, als er auf ihn zu kam, klang befremdlich. Als wäre er in dieser Familie derjenige, der es schwer hatte.

„Sei doch nicht so abweisend zu mir...“

Abweisend?! Du... Was willst du überhaupt so spät noch...?“, platzte es aus ihm heraus, und wenige Sekunden später bereute er es, in diesem Ton mit dem Mann geredet zu haben, der ihn nun mit einem Blick anstarrte, der in der Dunkelheit mehr als unheimlich wirkte.

„Ich will etwas Zeit mit meinem Sohn verbringen. Ist das denn so abwegig?“, fragte er in einem schon fast gekränkten Tonfall. „Wir haben uns in letzter Zeit ziemlich auseinandergelebt, findest du nicht?“

Überlege mal, woran das liegt, dachte er, sagte jedoch nichts. Die Situation war so absurd, dass er sich fragte, ob er vielleicht bereits träumte.
 

„Steven...“

Langsam ließ sich der Andere, der sich wie eine düstere Gestalt aus den Schatten zu erheben schien, neben ihm nieder.

„Es tut mir leid.“

„Was...?“

Ungläubig blickte er zu ihm auf. Hatte sein Vater sich gerade wirklich entschuldigt?

„Die Sache mit Stanley... Es tut mir leid für dich. Du fühlst dich sicher sehr einsam, nicht wahr...?“

„I-Ich... äh...“

Eine solche Frage hatte er nicht erwartet. Nicht von ihm. Überfordert schaute er zur Seite und fixierte die Bäume vor seinem Fenster. Was sollte er ihm darauf antworten?

Lang brauchte er nicht zu überlegen. Bevor er etwas erwidern konnte, bemerkte er, wie der Mann, der ihm wie ein Fremder vorkam, näher rückte und einen kräftigen Arm um ihn legte.

„Schon gut. Du musst nicht mit mir darüber reden, wenn du nicht willst“, hörte er ihn leise sagen. „Aber wenn ich irgendwas für dich tun kann, lass es mich wissen.“

„Äh... ja...“

Steven wagte es nicht, sich auch nur einen Milimeter zu bewegen. Obwohl der Andere freundlich mit ihm sprach, fühlte es sich falsch an. Es war, als läge er in den Fängen seines Entführers, der ihn fest in seinem Griff behielt, um ihn ja nie wieder gehen zu lassen. Sollte sich die Umarmung eines Vaters wirklich so anfühlen?

Noch dazu spürte er seinen kalten Blick auf sich und kam sich immer mehr vor, wie das Beutetier in den Klauen eines Wolfes. Eine Weile lang sagte er nichts, weil er sich nicht traute, auch nur irgendetwas von sich zu geben. Nicht viel später hielt er das Schweigen nicht mehr aus.

„Warum... schaust du mich so an, Dad...?“

Unmittelbar nachdem er diese Frage gestellt hatte, wünschte er sich, er hätte sie für sich behalten. Wie in Trance schien die Antwort seines Vaters und jagte ihm unwillkürlich einen eisigen Schauer durch den Körper.

„Ach, es ist nur... Du hast die gleichen zierlichen Arme wie deine Mutter. So... zerbrechlich.“

Steven schluckte. Wenn das hier ein Traum war, dann fing er allmählich an, zu einem Albtraum zu werden. Zu einer seltsamen Art von Albtraum, die ihm auf ihre eigene subtile Weise furchterregender erschien, als alles bisherige. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass er hier nicht länger verharren und nichts tun konnte.

„Dad... Ich wäre jetzt lieber wieder allein“, sagte er vorsichtig, bedacht, die richtigen Worte zu wählen. „Lass mich bitte los...“

„Aber warum denn? Du bist doch viel zu oft alleine. Wenigstens jetzt-“

„Lass mich los!“

Ohne es zu wollen, hatte er seinen Vater angeschrien. Einfach so. Er wusste selbst nicht, warum, aber es schien Eindruck hinterlassen zu haben - er hatte ihn tatsächlich losgelassen, ihn einen Moment lang überrascht angesehen und war dann ohne ein weiteres Wort aufgestanden, um sein Zimmer zu verlassen. Im ersten Augenblick noch erleichtert darüber, wieder seine Ruhe zu haben, packte ihn kurze Zeit später das schlechte Gewissen.

Was, wenn sein Vater bloß hatte nett zu ihm sein wollen und er nur zu misstrauisch war?

Nein, das konnte nicht sein. Nie im Leben wollte er nur nett sein. Er war böse. Wenn es danach aussah, als wäre er nett zu jemandem, dann war es bloß ein Spiel; seine persönliche Fassade, um seine wahren Absichten zu verschleiern. Genauso war es.

Trotzdem ließ das schlechte Gewissen ihn nicht los und er fand die ganze restliche Nacht über keinen Schlaf.
 

Am Tag darauf wechselten sie beide kein Wort miteinander. Selbst zwischen seinen Eltern war es erstaunlich ruhig. Alles schien verhältnismäßig normal zu sein.

Aber er schaffte es einfach nicht, sich darüber zu freuen. Irgendetwas sagte ihm, dass diese Normalität nicht von langer Dauer sein würde.

Das wäre zu schön, dachte er - und leider sollte er Recht behalten. Hatte er schon jetzt bereits manchmal das Gefühl gehabt, in einem Albtraum gefangen zu sein, so lehrte ihn der nächste Tag völlig neue Dimensionen des Schreckens, die bisher weit außerhalb seiner Vorstellungskraft gelegen hatten.

Auch wenn er es nicht gern zugeben wollte: Er hatte sich immer gefragt, wie es wohl wäre, das Leben eines der Kinder aus seiner Klasse zu führen. Wie es wohl sein musste, ein gewöhnliches Leben zu führen, sich mit Freunden zu treffen, ausgelassen und glücklich zu sein?

Von nun an wusste er, dass er es niemals herausfinden würde. Denn dies war der Tag, an dem seine Kindheit endete.

Sie war vorbei, und niemand konnte sie ihm zurückgeben. Sie war für immer verloren.

Die herrischen Schreie seines Vaters, während er wieder einmal seiner Mutter befahl, was sie zu tun hatte, hatte er noch ignorieren können. Er hatte sich einreden können, dass es vorbeigehen und irgendwann still sein würde. Aber das wurde es nicht. Im Gegenteil.

Als er die Stimme seiner Mutter vernahm, laut und ungewohnt energisch, gefolgt von einem schrillen Scheppern, merkte er, dass etwas anders war, als sonst. Nur einen Augenblick, nachdem das Geräusch zerspringenden Glases verklungen war, schien sein Vater vollkommen die Beherrschung zu verlieren. Er hörte ihn abwechselnd lachen und Dinge rufen, die er nicht richtig verstehen konnte, was zum Einen an der Entfernung und zum Anderen an seiner undeutlichen Sprache lag. Eines erkannte er jedoch definitiv:

Seinen Namen.

Zwischen vereinzelten Wortfetzen, die entweder zu schmutzig waren, als dass er sie selbst jemals hätte wiederholen wollen, oder deren Bedeutung er nicht einmal kannte, hörte er ihn immer wieder.

„... Steven! Ich werde zu Steven gehen!“, erfasste er nun vollständig die Worte seines Vaters, als dessen Stimme mit jedem wütenden Schritt, den er machte, lauter wurde. Er näherte sich seinem Zimmer, während er wie gelähmt in der hintersten Ecke des Raumes saß, nicht fähig, sich zu bewegen. Jedes Mal, wenn ihn etwas erschreckte, erging es ihm so.

„STEVEN!“

Brutal hämmerte der Andere von außen gegen seine Tür; es hörte sich an, als würde er sie jeden Moment einschlagen.

„Steven, dein Daddy will mit dir reden...!“
 

Er hatte nichts gesagt. Er hatte ihn nicht hereingebeten.

Natürlich war er trotzdem in sein Zimmer gekommen. Es hatte ihn nicht gekümmert, ob er wollte oder nicht.

Er hatte einfach hinter ihnen die Tür abgeschlossen und sämtliches Licht gelöscht, bevor er ihm auf grausamste Weise etwas genommen hatte, das er niemals auch nur ansatzweise wiedererlangen konnte. Etwas, das ungreifbar und durch nichts in der Welt zu ersetzen war.

Dunkelheit war das einzige, das zurückgeblieben war. Endlose Dunkelheit, mit der er am liebsten verschmolzen wäre, für den Rest seines erbärmlichen Lebens.

Nachdem er einige Minuten lang geglaubt hatte, nie wieder etwas anderes als Abscheu empfinden zu können, wurden ihm jegliche Empfindungen, alles, was einmal gewesen war, zu anstrengend, und er spürte, wie sich eine vernichtende Leere in ihm ausbreitete. Nichts als Leere.

„Warum...“, sagte er tonlos zu seinem Stoffhasen, den er fest an seine Brust presste, während er auf dem Boden kauerte. Er wusste nicht, wie lange er dort schon saß. Es spielte auch keine Rolle. Es war genauso egal wie alles andere. Genauso egal wie es die Stimmen waren, die zischend miteinander sprachen, mal lauter, mal leiser, und sich dann wie unsichtbare Nebelschwaden in der Dunkelheit verflüchtigten, bis er sie nicht mehr wahrnahm - bis er nichts mehr wahrnahm.
 

Die nächsten zwei Tage über kam er zu spät zur Schule, weil er verschlafen hatte. Der Schlafmangel setzte ihm so sehr zu, dass er es selbst im Unterricht nur mit großer Mühe fertig brachte, sich wachzuhalten. Am liebsten wäre er gar nicht erst zum Unterricht erschienen, sondern in seinem Bett geblieben, bis ihn irgendetwas dazu zwang, aufzustehen. Allerdings würde das für ihn bedeuten, die Nähe seines Vaters ertragen zu müssen, denn er war zuhause und wartete wahrscheinlich nur darauf, ihn zu sehen. Allein der Gedanke daran löste in ihm eine widerliche Mischung aus Hass und Panik aus.

Er ist nicht mein Vater, sagte er immer wieder zu sich selbst. Er ist ein Monster.

Aus zwei Tagen wurden zwei Wochen und aus zwei Wochen wurden schließlich zwei Monate, die er damit verbrachte, Tag für Tag dasselbe zu tun. Alles drehte sich im Kreis.

Jeden Morgen führte er einen unerbittlichen Kampf gegen die schwere Müdigkeit, die jedes Mal über ihn herfiel, sobald er sich auf seinem Platz im Klassenzimmer niedergelassen hatte. Noch dazu musste er sich mit seinen unsensiblen Mitschülern herumschlagen, die ihn jedes Mal aufs Neue beinahe dazu brachten, ihnen einen so harten Tritt zu verpassen, dass sie hochkant aus dem Fenster flogen. Leider blieb es bloß eine seiner Träumereien, denn er war nicht einmal stark genug, sich mit einem dieser Vollidioten anzulegen. Zumindest hatte er nicht vor, es zu riskieren.

Nach der Schule blieb er meist eine Zeit lang auf dem Schulhof oder ging in den Park in der Nähe seines Hauses. Zwar hatte ihn seine Mutter früher immer davor gewarnt, alleine dort herumzustreunen, aber was machte es schon? Gefährlicher als zu Hause konnte es nicht sein. Es machte keinen Unterschied. Abends musste er ohnehin heimkehren, ihm blieb nichts anderes übrig. Er wollte seine Mutter nicht noch mehr enttäuschen, das konnte er ihr nicht zumuten. Sie war zu schwach, um eine solche Enttäuschung zu verkraften.

Manchmal verglich er sie mit einem Schmetterling - ein zartes und wunderschönes Geschöpf, aber eben auch winzigklein und verletzlich... und machtlos, wenn jemand drohte, es zu zerquetschen.

Ihm war klar, dass ein Schmetterling sich nicht mit einem großen Ungeheuer messen konnte. Deshalb war er ihr auch nicht böse, dass sie nicht versuchte, etwas dagegen zu unternehmen, wenn das Ungeheuer in manchen Nächten bei ihm vorbeischaute, um mit ihm zu spielen.
 

Ein Held, kam es ihm plötzlich in den Sinn, würde gegen ein fieses Ungeheuer kämpfen und nicht darauf warten, gerettet zu werden. Ein echter Held gibt sich nicht geschlagen, sondern stellt sich seinen Feinden und besiegt sie!

Oh ja... Beinahe hatte er vergessen, was er sich vorgenommen hatte. Stanley und er - sie hatten sich geschworen, irgendwann einmal Helden zu werden. Es war einer ihrer Pläne gewesen, einer ihrer großen Zukunftspläne, die sie in die Tat umsetzen wollten, wenn sie alt genug waren.

Stanley... Wie es ihm wohl ging? Der Tag, an dem sie sich zuletzt gesehen hatten, kam ihm vor, als läge er eine Ewigkeit zurück. Wie lange war es her, wie viele Wochen waren seitdem vergangen? Oder waren es Monate? Jahre?

Seit ihrem Abschied hatte er nichts mehr von ihm gehört. Es war, als existierte er nicht mehr; als hätte ihn jemand mit einem Mal aus seinem Leben gestrichen. Ausradiert. Gelöscht.

„Du wolltest mir doch schreiben, Stan... Du hast gesagt, du würdest mir schreiben...!“, sagte er und sah zum Himmel hinauf, der eine ungewöhnlich dunkle Farbe angenommen hatte. Er war fast schwarz.

„Aber Steven“, hörte er auf einmal eine vertraute Stimme. „Wozu soll ich dir denn schreiben? Ich bin doch hier!“

Perplex drehte er sich um und schaute in alle Richtungen.

„Stan...? Bist du es?“

„Natürlich bin ich es. Wer sollte es denn sonst sein?“, kam die Antwort klar und deutlich, doch sehen konnte er seinen Bruder nirgends. Das einzige, das er weit und breit entdeckte, war ein zerknülltes, von Tinte verschmiertes Blatt Papier, das auf dem Boden vor seinen Füßen lag.

„Wo bist du?“, rief er und versuchte angestrengt, irgendwo eine Person ausmachen zu können.

„Du hast mich doch schon längst gefunden!“, ertönte seine Stimme abermals. „Hier unten!“

„Wie...?“

Verwirrt blickte er erneut zu Boden und blieb an dem Zettel hängen, der dort lag, als hätte ihn jemand achtlos dorthin geworfen, weil gerade kein Mülleimer in der Nähe gewesen war. Er hob ihn auf, klappte ihn auseinander und stockte, als er las, was darin stand:
 

'- Von zuhause weglaufen

- Eine tolle Geschichte erfinden und zu Papier bringen

- Reich werden

- Zusammenziehen

- Ein Kaninchen und eine Spinne kaufen und als Haustiere halten

-Vielleicht auch noch einen Hund und einen Vogel

-HELDEN WERDEN !!!'
 

„Das... Das ist...“, stammelte er und sah sich jedes der auf das Papier geschriebenen Worte genau an. Seine Schrift. Und doch stimmte etwas damit nicht. Die Tinte schien noch frisch zu sein, sie schimmerte in einem eigenartigen Licht, dessen Quelle er nirgendwo erkennen konnte.

„Richtig, Steven“, sagte die Stimme seines Bruders mit einem merkwürdigen Unterton. „Das sind unsere gemeinsamen Pläne... die du einfach weggeworfen hast.“

„Was...?!“

Schockiert starrte er die Buchstaben an. Sie begannen, langsam ineinander zu verlaufen. Immer mehr, bis die ursprüngliche Schrift nicht mehr zu lesen und nur noch ein herabtropfendes Gewirr aus dunkler Farbe übrig war. Schuldgefühle überkamen ihn.

„Aber... Ich habe das nicht weggeworfen...! Ich weiß nicht, wie der Zettel hierhergekommen ist, ehrlich... Ich war das nicht...!“

„Doch, Steven“, antwortete Stanley. „Aber das ist in Ordnung. Wir müssen unsere Pläne nicht verwirklichen, wenn du nicht willst. Ich habe meine Meinung sowieso geändert.“

Fassungslos stand er dort, inmitten von gähnender Leere, und konnte nicht glauben, was er da hörte.

„Was redest du da, Stan...? Was meinst du damit, du hast deine Meinung geändert?“

Ein Lachen.

„Mir geht es hier gut. Es geht mir besser als je zuvor!“, sagte er voller Freude. „Warum sollte ich also zu jemandem wie dir zurückkommen?“

Das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht wahr sein.

„Armer Steven...“, ertönte die Stimme wieder, doch diesmal klang sie anders. Näher, dafür aber verzerrter.

„Bist du jetzt traurig?“

Die flüssige Tinte rann noch immer über den Zettel, den er stocksteif in seinen Händen hielt. Unaufhörlich liefen die einstigen Linien ineinander und bildeten etwas Neues. Was erst wie ein verschwommenes Muster aussah, stellte sich bald als ein ihm nur allzu bekanntes Augenpaar heraus.

„Stan...“

Düster und vorwurfsvoll funkelten die Augen ihm entgegen, ohne ein einziges Mal den Blick von ihm abzuwenden. Plötzlich erklang eine andere Stimme aus dem Nichts, die er sofort als die seiner Mutter erkannte.

„Nein, Steven“, sagte sie sanft. „Stan ist nicht mehr da. Das weißt du doch.“

„Aber... Die Augen...!“

Kaum hatte er es ausgesprochen, beobachtete er, wie der Ausdruck in ihnen sich veränderte, schärfer und härter wurde, bis er mit dem vorherigen Bild nicht mehr viel Ähnlichkeit hatte. Steven zuckte zusammen.

„Stanley ist nicht hier. Aber da ist jemand anders, der gern mit dir sprechen würde“, war das letzte, was er die Stimme seiner Mutter sagen hörte, bevor sie in einem tief grollenden, zunehmend lauter werdenden Gelächter unterging.

„STEVEN!“

Sein Name hallte durch den Raum, zerschmetternd wie ein Donnerschlag.

„Dein Daddy will mit dir reden!“

„Nein...“

Er hatte das Gefühl, sein Herz würde jeden Moment stehen bleiben. Während zwischen dem irren Gelächter unzählige Male in den verschiedensten Tonlagen sein Name fiel, schienen die Tintenaugen ihn mit ihrem stechenden Blick zu durchbohren. Ein dämonisches Leuchten flackerte in ihnen auf und er ließ reflexartig den Zettel los, wich verängstigt drei Schritte zurück und sah dabei zu, wie das Papier in der Dunkelheit verschwand, nachdem es zu Boden gesegelt war. Das Lachen nahm kein Ende. Er fürchtete ernsthaft, verrückt zu werden, wenn er es nur ein paar Sekunden länger ertragen musste. Er fühlte sich seiner Kraft beraubt und konnte rein gar nichts dagegen tun. Wo er auch hinsah, er konnte nichts erkennen, nicht einmal mehr Umrisse. Er sah nicht, wo das Lachen herkam. Nichts.

Taumelnd, wie ein Blinder in der endlosen Schwärze, blieb er abrupt stehen, als er glaubte, etwas in seinem Nacken zu spüren. Ein kalter Hauch, der in ein kaum hörbares Flüstern überging:

„Ich bin hinter dir...!“

Und dann löste sich alles auf, zerbröckelte und riss ihn gnadenlos mit sich in die Tiefen der Leere.
 

„Steven!“

Ein Schreien. War er selbst es, den er so verzweifelt schreien hörte?

Noch immer vernahm er schallendes Gelächter und eine Stimme, die nach ihm rief, aber beides war nicht mehr dasselbe wie vorher. Außerdem war es heller geworden.

Desorientiert blinzelte er ein paar Mal und blickte dann geradewegs in das besorgte Gesicht einer Frau. Das Gesicht seiner Lehrerin, wie er bei längerem Betrachten feststellte.

„Bist du endlich wach, Steven?“, fragte sie, und er schaute beschämt zu Boden, als er registrierte, in was für einer Lage er sich gerade eigentlich befand.

Es war nur ein Traum gewesen. Ein furchtbarer Traum...

An sich war es nichts Außergewöhnliches. Er war es mittlerweile beinahe gewohnt, von derartigen Träumen gequält zu werden. Bloß die Umstände, unter denen er geträumt hatte, waren dieses Mal noch etwas ungünstiger.

„Ich... Es... tut mir leid“, versuchte er, sein Missgeschick zu entschuldigen, obwohl er sich fast sicher war, dass es damit nicht getan war. Er rechnete fest mit einer Strafe und wäre am liebsten sofort aus dem Raum gestürmt. Dass die anderen Kinder nicht aufhörten zu lachen, machte die Sache nicht besser.

„Ruhe jetzt!“

Auf einen Schlag verstummte das Gelächter und Steven sah seine Lehrerin überrascht an. So ernst hatte er sie noch nie erlebt. Sie räusperte sich, bevor sie sich ihm wieder mit mütterlich-besorgter Miene zuwandte.

„Steven... Ich würde gern nach der Stunde unter vier Augen mit dir sprechen. Geht das in Ordnung?“, fragte sie leise, während sie sich auf seinem Tisch abgestützt zu ihm vorbeugte. Unsicher, ob ihn das erleichtern sollte oder nicht, versuchte er, ihrem Blick auszuweichen.

„Das geht in Ordnung...“
 

Erwartungsvoll schaute sie zu ihm herüber, während die Anderen sich gegenseitig überholend nach draußen rannten und sich auf die Pause freuten, als gäbe es nichts Großartigeres auf der Welt. Einer nach dem nächsten verschwanden sie aus dem Klassenraum, bis nur noch er und seine Lehrerin übrig blieben. Schüchtern trat er auf sie zu.

„Sie wollten... mit mir sprechen?“, fragte er, woraufhin sie ihm bedeutete, näher heranzukommen. Offenbar wollte sie sichergehen, dass niemand etwas von ihrem Gespräch mitbekam. Mit einem leicht unwohlen Gefühl kam er ihrer Aufforderung nach und hörte ihr zu, als sie erklärte, worum es ging.

„Steven... Mir ist schon seit Längerem aufgefallen, dass du in letzter Zeit oft... abwesend bist“, sagte sie, allerdings wirkte es keinesfalls, als würde sie ihm deswegen Vorhaltungen machen. Eher machte sie einen sehr sanften Eindruck. „Wegen dieser Sache vorhin bin ich dir nicht böse. Aber ich mache mir Sorgen um dich. Nicht nur, dass du ständig müde bist... Ich will mich wirklich nicht in dein Leben außerhalb der Schule einmischen, wenn dir das zu weit geht, aber... Du siehst sehr krank aus, Steven. Und da habe ich mich gefragt, was mit dir los ist und ob du... vielleicht darüber reden möchtest.“

Er schluckte. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich ertappt, obwohl seine Lehrerin doch überhaupt nicht wissen konnte, was bei ihm zuhause vor sich ging. Viel lieber wollte er sich darüber freuen, keinen Ärger von ihr zu bekommen, wie er es zuerst angenommen hatte. Warum also konnte er nicht einfach erleichtert sein?

„Ist es wegen deinem Bruder?“, fragte sie, als sie von ihm auf das Gesagte keine Antwort bekam.

„Ja... Ja, das ist es“, sagte er, froh, etwas anderes gefunden zu haben, auf das er das Thema lenken konnte. „Ich vermisse ihn...“

Schließlich stimmte es auch. Es war nicht so, dass er sie anlog.

„Das kann ich mir vorstellen“, entgegnete sie mitfühlend. „Ihr wart immer zusammen. Ich hatte es manchmal wirklich schwer mit euch beiden, aber es war auch schön zu sehen, wie gut ihr euch verstanden habt. Es war sicher nicht leicht für dich, als Stanley die Schule gewechselt hat, nicht wahr...?“

Er schwieg, weil er sich nicht imstande fühlte, ihre Frage richtig zu beantworten. Natürlich war es nicht leicht gewesen. Es war alles andere gewesen als das. Er dachte an die Tage zurück, in denen er mit Stanley nicht weit von hier im Schatten der Bäume herumgelungert hatte, ohne daran zu denken, dass er eines Tages nicht mehr bei ihm sein könnte. Einen Augenblick lang verspürte er nichts als den starken Wunsch danach, die Zeit zurückdrehen zu können und zu verhindern, dass er ging. Es war einfach nicht fair.

„Geht es dir gut, Steven?“

Die Stimme seiner Lehrerin holte ihn zurück in die Realität und er bemühte sich, so gut es ging, sich nichts anmerken zu lassen.

„Ja, alles okay.“

„Ich kann dich gut verstehen, was deinen Bruder betrifft“, sagte sie ruhig. „Aber... das ist nicht alles, oder? Da ist noch mehr, das du verschweigst, habe ich Recht?“

„Ich... weiß nicht, was Sie meinen. Es ist alles in Ordnung, mehr gibt es nicht zu sagen... Wirklich!“

Wahrscheinlich wirkte er nicht sehr überzeugend. Trotzdem hoffte er inständig, sie würde nicht weiter nachfragen. Es schien einfach nicht richtig, mit irgendwem über diese Dinge zu reden; erst recht nicht mit einem seiner Lehrer. Niemand sollte wissen, was er wusste. Niemand...

„Na gut“, seufzte sie. „Du kannst gehen. Ach, weißt du... Du hast für heute frei. Du solltest dich erholen. Pack deine Sachen zusammen.“

„Echt? Aber-“

„Ist schon okay. Ruh dich aus.“

Sie lächelte. Wenn er sie so anschaute, glaubte er fast, seine Mutter dort stehen zu sehen. Diese Wärme, die sie ausstrahlte, erinnerte ihn daran, wie sehr er sie liebte und was er darum geben würde, sie wieder einmal auf diese Art lächeln zu sehen.

„Danke!“, sagte er, warf sich seinen Rucksack über die Schultern und ging mit einem gewissermaßen befreiten Gefühl Richtung Tür.

„Ach, und Steven...“

Mit fragendem Blick drehte er sich noch einmal zu ihr um.

„Wenn dir jemand Probleme macht, musst du dir das nicht gefallen lassen. Auch nicht, wenn es ein Erwachsener ist. Merke dir das.“

Überrascht sah er ihr nach, als sie durch den Raum ging, ein Fenster öffnete und auf den Schulhof herabblickte.

Woher weiß sie...?, dachte er, brach den Gedanken aber ab. Sie konnte nichts wissen, es war sicher nur ein gut gemeinter Rat von ihr, mit dem sie zufällig ins Schwarze getroffen hatte.

Steven machte sich auf den Weg zum Ausgang. Die letzten Worte seiner Lehrerin gingen ihm nicht aus dem Kopf und eines wurde ihm immer klarer, je länger er darüber nachdachte:

Sie hatte Recht. Sie hatte absolut Recht.

Die Erkenntnis traf ihn schlagartig und er war dieser Frau unendlich dankbar dafür, dass sie es ihm bewusst gemacht hatte.
 

Laub bedeckte den Boden, als er über den Hof schlenderte, bemüht, sich unsichtbar zu machen und möglichst von keinem seiner Mitschüler gesehen zu werden. Er wollte nur schnell von hier verschwinden, sich an einen Ort zurückziehen, an dem er seine Ruhe hatte, und nachdenken. Nichts weiter. Leider schien diese Rechnung nicht aufzugehen.

Beinahe hatte er das Gelände verlassen, da bemerkte er jemanden neben sich.

„Na, Steven? Willste dich aus dem Staub machen?“

Genervt versuchte er, den Anderen zu ignorieren. Einfach weitergehen, sagte er sich, den Blick strikt geradeaus gerichtet. Bloß nicht beachten.

„War ganz schön peinlich, was du da vorhin abgezogen hast, findest du nicht?“

Nicht beachten!, sagte er lauter zu sich selbst, was jedoch schwierig wurde, da der andere Junge sich ihm derart in den Weg drängte, dass es unmöglich war, ihn zu übersehen. Er saß in der Klasse einen Tisch rechts von ihm und hatte es offensichtlich schon seit Längerem auf ihn abgesehen.

„Hey!“, rief sein Mitschüler jetzt. „Ich rede mit dir!“

„Ist mir gar nicht aufgefallen“, antwortete er, in dem Wissen, dass er sich womöglich auf dünnes Eis begab. Aber das Risiko war er gewillt, einzugehen. Er hatte keine Lust mehr, sich von Allen für dumm verkaufen zu lassen.

„Ooh... Bist ja heute richtig mutig, Steven!“, spottete sein Gegenüber grinsend. „Vorhin hat das noch anders ausgesehen!“

„Halt die Klappe und geh mir aus dem Weg...! Ich habe frei für heute.“

„Ach ja? Hast dich wohl bei der Alten eingeschleimt, bis du gehen durftest?“

„Ich habe mich nicht bei ihr eingeschleimt. Sie hat es mir eben einfach erlaubt. Frag sie doch, wenn du mir nicht glaubst!“

„Vergiss es. Ich komme nicht heulend bei irgendwelchen Lehrern angekrochen, so wie du. Ich bin nämlich kein blödes Baby, so wie du.“

„Das stimmt doch überhaupt nicht, was du da sagst!“

„Du hast dich eingenässt vor Angst und nach deiner Mama geschrien, du Baby! Was hast du geträumt? Dass du aus deinem Sandkasten fällst? Oder von einem bösen Dackel gebissen wirst?“

„Halt endlich deine dämliche Klappe!!“
 

Begleitet von einem jämmerlichen Quietschen ging der Andere zu Boden. Es hatte ein fieses, dumpfes Geräusch gemacht, als Steven ihm einen harten Schlag mitten in seine dreckige Visage versetzt hatte. Ein herrliches Geräusch.

„Du hast ja keine Ahnung, wovon du da redest! Wenn du so über mich denkst, bitte. Wir können ja gerne mal tauschen. Mal sehen, ob dir dann immer noch nach Lachen zumute ist!“

Keine Antwort. Schmerzerfüllt sah der Junge, der ihm gegenüber sonst immer große Töne spuckte, ihn an. Und da lag noch etwas anderes in seinem Blick. Er sah aus, als würde er die Welt nicht mehr verstehen.

„Oh, hat es dir die Sprache verschlagen? Ist echt peinlich, sich einfach von einem 'blöden Baby' umhauen zu lassen, hm?“

Noch immer kam seinem zu seinen Füßen knienden, ach so starken Klassenkameraden kein Wort über die Lippen. Ein vollkommen neues Gefühl der Kontrolle erfasste ihn, das Gefühl, Macht über die Situation zu haben und sich einmal nicht fügen zu müssen. Noch nie hatte er den Spieß umgedreht und auf einen seiner Mitschüler herabgeblickt wie jetzt. Es war unbeschreiblich. Er konnte nicht leugnen, dass er es in vollen Zügen genoss.

Langsam beugte er sich zu dem Jungen herunter und begab sich auf gleiche Höhe mit ihm, nur um wenigstens für einen kurzen Moment den leidenden Ausdruck in seinen Augen besser sehen zu können. Wut war in seinen Augen, vermischt mit einer gewissen Art von Furcht und Ungläubigkeit. Als wäre es nicht der kleine Steven, der da vor ihm hockte und ihn lächelnd beäugte, sondern ein absolut Wahnsinniger, der jede Sekunde völlig den Verstand verlieren und etwas unsagbar Grausames mit ihm tun könnte. Genauso kam er sich auch vor. Wie ein Wahnsinniger, berauscht von dem Anblick seines hilflosen Opfers. An dieses Gefühl hätte er sich gewöhnen können. Doch anstatt sich das Elend länger anzusehen, entschloss er sich, aufzustehen und die Schule für heute endlich hinter sich zu lassen, bevor ihn noch jemand am Rand des Geländes erwischte.

„Mach's gut“, sagte er, rückte seinen Rucksack wieder zurecht, der sich bei dem Ganzen etwas verschoben hatte, und ging.
 

Der Wind war kühl und wirbelte die von den Bäumen gefallenen Blätter auf, sodass sie wie ein buntes Durcheinander durch die Luft schwebten und an ihm vorbeizogen.

Hier war sein Lieblingsplatz. Hier, zwischen all dem kahlen Gestrüpp und all den vorbeigehenden Menschen, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Manchmal blieb einer stehen und starrte ihn an oder fragte ihn, ob mit ihm alles okay sei und ob er ganz allein wäre. Manchmal übersahen sie ihn auch und spazierten einfach weiter, ohne ihn zu beachten. Gern beobachtete er sie, die fremden Leute im Park, und stellte sich Fragen über sie:

Wer waren sie? Wohin gingen sie?

Heute allerdings interessierten ihn die fremden Menschen nicht. Nein. Heute war es anders.

War dieser Ort für ihn seit geraumer Zeit wie ein geheimes Versteck gewesen, eine Zuflucht vor dem grauenvollen Alltag, den er sonst hätte ertragen müssen, so war er für ihn jetzt wie ein eigenes Reich, das nur ihm gehörte. Diesmal war er nicht hier, um sich zu verkriechen, weil er Angst hatte. Er hatte keine Angst mehr. Vor Niemandem. Die Tage, in denen er feige vor allem weglief, waren vorbei.

Er hatte es satt.

Wenn mir jemand Probleme macht, muss ich es mir nicht gefallen lassen, rief er sich die Worte seiner Lehrerin ins Gedächtnis. Wie hatte er nur so lange brauchen können, um das zu erkennen?

Keiner hatte das Recht, je nach Belieben mit ihm umzuspringen.

Keiner hatte das Recht, ihn wie eine verdammte Puppe zu behandeln; weder seine Mitschüler, noch...

Ich werde das nicht länger mitmachen, dachte er still für sich und spürte plötzlich eine innere Ausgeglichenheit, wie er sie lange nicht mehr verspürt hatte. Ich spiele das nicht mehr mit. Ich bin ein Held und Helden lassen sich nicht unterkriegen, egal, mit wem sie es zu tun haben. Ich werde dich vor ihm retten, Mommy.

Oh ja, ohne Zweifel würde er das tun.

Er hat mich nicht manipuliert. Das kann er gar nicht. Er kann machen, was er will, ich bin immer noch ich selbst.

Obwohl... War er das wirklich?

Und solange ich noch weiß, wer ich bin, werde ich nicht mehr hinnehmen, was er mit uns macht. Ich muss mir das nicht gefallen lassen. Ich muss es nicht und ich werde es auch nicht mehr. Jetzt ist Schluss damit.

Er würde dem Albtraum ein Ende setzen. Nicht heute. Diese Nacht würde er noch durchhalten. Doch dann, dann würde er von Neuem beginnen, dann würde alles gut werden. Für ihn und für seine Mutter. Er würde dafür sorgen. Dafür sorgen, dass der Schmetterling endlich wieder seine Flügel ausbreiten konnte und das Ungeheuer beseitigt war.

Diesmal bist du derjenige, der sich verabschieden muss, Daddy...!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2017-07-07T16:12:36+00:00 07.07.2017 18:12
Woah. Also am Anfang gab es einen Moment, wo ich dachte, die Story würde langatmig werden, zumal das Kapitel auch von der Seitenzahl her schon abschreckend lang war. (In der Regel interessiere ich mich wenig für die Vergangenheit von richtig coolen Charakteren, weil sie damals eben noch nicht so cool gewesen sind sondern sich erst da hin entwickeln müssen. Ich mag die "fertige Endversion" meistens mehr.) Aber dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag in einen Abgrund runter, der mich umgehauen hat. Wo sie Stanley ins Internat gesteckt haben, hatte ich einen echten Nein!!!-Effekt. Das fand ich viel mieser als alles, was danach noch kam. >_<

Ich finde es spitze, wie in dem Kapitel so eins zum anderen kommt und sich alles mit so bestechender Logik aufbaut bis hin zu dem Klassenkameraden, der am Ende eine eingeklinkt bekommt und damit die Wende markiert. Jetzt im Nachhinein betrachtet muss ich zugeben, daß das Kapitel wirklich nicht kürzer hätte sein dürfen, um authentisch zu werden. Wäre die Story eingekürzt worden, hätte sie viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren.

So langsam wünsche ich mir allerdings mal eine optische Beschreibung der Jungs. Bei Spider (also dem erwachsenen Serienkiller aus der letzten FF) habe ich 1 : 1 Alice Cooper vor Augen. :D ... Aber Steven und sein Zwillingsbruder, so im Kindesalter, sind bisher gar nicht beschrieben worden, abgesehen von dem Kommentar des Vaters über die dünnen, "zerbrechlichen" Arme.


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