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Lebkuchen und Latte

Adventskalender 2014
von

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Als der Zug aus dem langen Tunnel schießt, kneift Haru geblendet die Augen zusammen. Unter einem Himmel, in dem Hellblau sich mit zartem Rosa schmückt, reiht sich Reisfeld an Reisfeld. Auf staubigen Pfaden rennen Kinder, für ihn nicht größer als Ameisen. Über allem liegt die atemlose Stille eines kalten Herbstabends.

Der Zug trägt ihn mit dreihundert Stundenkilometern einem kleinen Dorf am Japanmeer zu. Der Friedhof des Dorfes liegt auf einem sanften Hügel, über den salzige Luft und Möwen herrschen.

Haru sieht zum hundertsten Mal auf das Päckchen Räucherstäbchen auf seinem Schoß hinab. Es verströmt einen atemberaubenden Duft nach Zitrone, der nach kürzester Zeit das ganze Abteil gefüllt hat.

Auf dem kleinen Friedhof eines Dorfes, dessen Name er vergessen hat, liegt seine Großmutter begraben.

Sein Handy vibriert so heftig in der Hosentasche, dass ein Geräusch in der Luft liegt. Der Mann im schwarzen Anzug, der Haru gegenüber Zeitung liest, wirft ihm einen tadelnden Blick zu.

Eine Mail von Makoto.

Hoffe, du hast eine gute Reise! Grüß deine Oma von Nagisa und mir. Komm bald wieder zurück.

Er steckt das Handy wieder ein ohne zu antworten. Erst einige Reisfelder weiter, als die stille Wasseroberfläche bereits in Schatten versinkt, blinzelt er verwirrt. Makoto weiß genau, dass er sich für eine Nacht ein Zimmer nimmt und nach Besuch des Grabes wieder zurückfährt.

Warum erinnert er ihn noch, nicht lange zu bleiben?

Aber die Landschaft, die vor dem Fenster vorbeirauscht und langsam in samtene Dunkelheit versinkt, zieht seinen Blick an und zerstreut seine Gedanken.
 


 

Er erinnert sich nicht an den Bahnhof. Eigentlich kann er den schmalen Betonsteig mit dem kleinen weißen Schild nicht Bahnhof nennen. Zwei Laternen malen gelbe Kreise in die Dunkelheit und erleuchten ihre Umgebung: Beton, an dem zu Harus Überraschung weder Zigaretten noch Kaugummi kleben. Irgendwo über ihm flüstern hin und wieder Bäume mit den Stimmen alter Jungfern, aber er entdeckt auch kein vertrocknetes Blatt.

Haru steigt als Einziger aus, obwohl das Dorf die Endhaltestelle ist. Der Zug schnurrt leise in die Dunkelheit davon und lässt ihn alleine zurück.

Das Schild erinnert ihn an den Namen des abgelegenen Ortes: Karahama, geschrieben mit den Zeichen für Himmel oder Leere und Strand.

Er schiebt sich durch die hohe Tür in ein dunkles Wartezimmer. Mit zwei Schritten erreicht er den Ausgang und tritt auf die Straße. Der erste Mensch, der ihm entgegen kommt, trägt die Mütze und Uniform eines Bahnhofsangestellten.

"Entschuldigen Sie bitte ..."

Der Mann mustert ihn durch trübe Brillengläser. Die Falten um seine Augen wirken, als wäre etwas in seinem Gesicht eingefroren. "Ja?" Seine Stimme ähnelt dem Wispern der Bäume.

"Können Sie mir sagen, wie ich zur Herberge Sakurako komme?"

Der Mann wiegt nachdenklich den Kopf, bevor er seine Brille zurück auf die Nasenwurzel schiebt. "Gehen Sie einfach die Straße entlang. Sie können es nicht verfehlen."

Haru runzelt die Stirn, aber bevor er nachfragen kann, schlüpft der andere an ihm vorbei und verschwindet im Bahnhofsgebäude. Als er die ersten Schritte tut, merkt er, dass eine ganz gewöhnliche japanische Straße vor ihm liegt, erleuchtete Wohnhäuser mit Gartentüren, einem Kabelsalat aus Masten und Stromleitungen über den Dächern. Letztere ahnt er nur, schwarze Linien auf schwarzem Hintergrund.

Die Straße erstreckt sich völlig ausgestorben vor ihm. Jeder seiner Schritte hallt viel zu laut in seinen Ohren. Warum hat der Mann ihn hier entlang geschickt? Zwischen so vielen Wohnhäusern wird er wohl keine Herberge finden. Hinter den meisten Fenstern brannte zwar Licht, aber er erspäht keine menschlichen Silhouetten.

Nach einer Weile erkennt er Lichter am Ende der Straße. Wahrscheinlich eine Kreuzung mit einigen Geschäften. Dort kann er einen Verkäufer nach dem Weg fragen.

Ein riesiges Tor aus Lichterketten und künstlichen Tannenzweigen überspannt die Straße dort, wohin der einladende gelbe Schein geführt hat. Buchstaben mit verspielten Schnörkeln verkünden „Youkoso!“, verschweigen aber, welche Art von Attraktion hinter dem Tor wartet. Inzwischen sind Harus Fingerspitzen taub von der Kälte und seine Reisetasche wiegt das Fünffache ihres üblichen Gewichtes.

Er stellt sie kurz ab und reibt sich die Finger, bevor er sie nimmt und das seltsame Tor passiert. Zu beiden Seiten drängen sich Gebäude an ihn, deren Fassaden mit einladenden Schleifen und bunten Farben locken. Trotzdem haben sie etwas an sich, das Haru nicht geheuer ist. Mit zusammengekniffenen Augen tritt er näher an ein Haus heran, vor dem eine kleine Bank steht und zum Ausruhen einlädt.

Er traut seinen Augen nicht. Das Haus ist nicht aus Ziegeln, Mörtel und Verputz gefertigt, sondern aus riesigen Stücken eines dunkelbraunen und rauen Materials, das er nicht einordnen kann. In den Ritzen und um die Fenster ist es mit weißen Würsten abgedichtet, die an Schlagobers erinnern. Haru atmet den Duft nach Zimt und Lebkuchen tief ein und fragt sich, ob die außergewöhnliche Bauweise eine regionale Eigenheit darstellt. Trotzdem ist das Dorf nicht gerade als Tourismusziel bekannt. Niemand kennt Karahama.

Haru tritt noch näher an das Haus und schnuppert an der Wand. Kein Zweifel, woher dieser Duft kommt! Er atmet tief durch, bevor er die Zunge herausstreckt und an der rauen Oberfläche leckt. Sie schmeckt nach Lebkuchen.

Er prallt zurück. Ein Blick in die Umgebung bestätigt, dass alle anderen Häuser aus demselben Material bestehen. Wer könnte so verrückt sein, eine ganze Straße aus Lebkuchen und Zuckerguss zu bauen? Ist es eine Attraktion, eine Werbeaktion, nur für Weihnachten installiert? Aber die Häuser sind nicht beleuchtet.

Das kann nicht der richtige Weg sein. Haru dreht sich um und will durch das hell beleuchtete Tor flüchten, aber hinter ihm liegt bedrohliche Dunkelheit. Nein, dorthin kann er nicht zurück. Irgendwie muss er sich verlaufen haben.

Zögernd schiebt Haru einen Fuß vor und bald marschiert er mit zügigen Schritten die Straße aus Lebkuchenhäusern entlang. Früher oder später muss er diese Weihnachtsattraktion wieder verlassen, oder? Wenn er nicht zurück kann, geht er eben nach vorne.

Die Lebkuchenhäuser betören ihn mit ihrem Duft, aber der Schreck sitzt Haru beharrlich in den Knochen. Er verwandelt sie in die trügerische Verlockung einer fleischfressenden Pflanze. Verschwommene Erinnerungen an altbekannte Märchen ziehen vorbei. Er nimmt sich vor, um keinen Preis von einem der Häuser zu essen. Zur Sicherheit.

Trotzdem bewundert er die Verzierungen, die eine riesige Hand mit weißem Zuckerguss an die Wände gemalt hat. Sie umrahmen nicht nur Türen, Fensterrahmen, Ecken und Kanten, sondern fächern in verspielten Schleifen und Schlangenlinien auf und verleihen Fensterscheiben außergewöhnliche Formen. An einem Haus überzieht ein weißes Netz das spitze Dach, fein und perfekt wie von einer riesigen Spinne gewebt.

Haru stößt zischend die Luft aus, als er dieses Haus passiert hat, und merkt erst in dem Moment, dass er den Atem angehalten hat. Die Aufregung hat die Kälte aus seinen Fingerspitzen vertrieben, dafür schwitzt er unter seiner Jacke und dem marineblauen Wollschal.

Endlich öffnet sich die Straße zu einem weiten Marktplatz, der von einem niedrigen Mauerrund beherrscht wird. Die Brüstung zieht sich auf Hüfthöhe um den Rand, verziert mit rosa, hellblauen und gelben Bonbons. Haru verbietet sich, davon zu kosten, und schlendert einmal um den ganzen Platz.

"Ist jemand hier?", ruft er probeweise in die klirrende Luft. Seine Worte verhallen unbeantwortet. "Irgendjemand?" Etwas in der Luft lässt seine Stimme klein und weit entfernt wirken. Als könnte es jeden Moment schneien, obwohl der Himmel klar ist und die Temperaturen zu warm.

Er seufzt und kehrt an den Ausgangspunkt zurück. Als er die Rechte in die Hosentasche steckt, berühren die Fingerspitzen kaltes Metall. Er zieht sein Handy heraus und merkt, dass er keinen Empfang hat. Auf dem Display blinken nur die weißen Zahlen der Zeitanzeige. Es ist 20:54.

Als er sich wieder dem Rund in der Mitte zuwendet, blitzt etwas am Rand seines Blickfeldes auf.

Er tritt näher an das nächste Fenster heran, von Zuckerguss ordentlich in vier Rechtecke aufgeteilt. Dort drinnen liegt ein Gegenstand, der das spärliche Mondlicht reflektiert. Wenn Haru sich ein wenig bewegt, sieht er das Blitzen. Leben etwa Menschen in diesen Häusern?

Es gibt weder Türknopf noch Klinke, aber Haru kann den Lebkuchen ohne große Mühe aufschieben. Er schabt über den Boden wie eine schwere Kerkertür. Im Inneren des Hauses herrscht Dunkelheit. Haru zögert, aber die Neugier ist zu groß. Mit angehaltenem Atem betritt er den Raum und wartet, bis sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt haben.

An den Wänden stehen einige Stühle, die zu seiner Erleichterung aus gutem altem Holz gefertigt sind. Abgesehen davon gibt es nichts in dem Raum außer ein Loch im Boden, um den sich ein schmiedeeisernes Geländer windet. Als Haru es von allen Seiten betrachtet, entdeckt er so etwas wie eine Gartentür. Was auf den ersten Blick wie ein Loch ausgesehen hat, stellt sich als enge Wendeltreppe heraus, die in den Untergrund führt.

"Hallo?", ruft Haru vorsichtig hinab. Niemand antwortet, aber er hat das Gefühl, dass ihm ein kalter Hauch von Moder und Verwesung ins Gesicht weht. Schaudernd weicht er zurück, aber nichts passiert.

Der einzige Weg führt nach vorne. Sobald er versucht, seine eigenen Schritte zurückzuverfolgen, verirrt er sich nur noch mehr. Ihm bleibt nichts anderes übrig als nach dem Ursprung des flüchtigen Aufblitzens zu suchen, das er durch das Fenster erspäht hat. Er fasst die Reisetasche fester, öffnet das eiserne Gartentor, das geräuschlos aufschwingt, und setzt einen Fuß auf die erste Stufe. Eine Kälte steigt aus dem Schlund auf, die nichts mit Jahreszeit oder Uhrzeit zu tun hat.

Seine Schritte hallen in einem Raum wider, der sich größer anhört als die enge Wendeltreppe aussieht. Bald verschwindet auch der schwache Schein des Mondes. Haru orientiert sich an seinem Tastsinn und einem fahlen Schein, dessen Ursprung er nicht kennt.

Als er unten ankommt, stolpert er fast über die eigenen Füße, weil er mit der nächsten Stufe rechnet. Ebener Boden wirft sich ihm entgegen, aber er fängt sich rechtzeitig. Seine Fingerspitzen ertasten eine geschlossene Tür. Nach kurzem Zögern klopft er, Höflichkeit, die in Fleisch und Blut übergegangen ist.

"Herein."

Die Antwort, an anderen Orten das Normalste der Welt, durchzuckt Haru wie ein Stromschlag. Er schluckt, bevor er die Tür öffnet und gegen elektrisches Licht anblinzelt.

Vor ihm öffnet sich ein unterirdisches Café. Inzwischen hätte Haru gemeint, nicht mehr überrascht werden zu können, aber der Anblick belehrt ihn etwas Besseren. Das Aroma von frischem Kaffee und Lebkuchen liegt in der Luft. Im ganzen Raum sind gemütliche Armsessel mit weinroter Polsterung verteilt, gemischt mit den bekannten hölzernen Stühlen und runden Tischen. In einem Armsessel sitzt ein Mädchen mit schimmerndem schwarzen Haar und Nerd-Brille. Sie lächelt ihm entgegen und hebt die Hand mit einer Tasse dampfenden Kaffees. "Willkommen."

Sie wiederholt die Begrüßung auf dem leuchtenden Schild. Zufall?

Haru schlängelt sich zwischen den leeren Sesseln hindurch und nimmt ihr gegenüber Platz. Sie ist etwa in seinem Alter und ohne Zweifel eine Schönheit, eines jener Mädchen, die auf der Straße nicht auffallen, aber vor Kameras dieses besondere Strahlen herausholen. Der Beginn eines Lächelns spielt um ihre Mundwinkel.

Haru nimmt den Kaffee und murmelt seinen Dank. "Wer bist du?"

Sie schüttelt sanft den Kopf. "Pech. Das kann ich dir nicht verraten. Ehrlich gesagt, ich bin mir selbst nicht sicher."

Haru runzelt die Stirn. Der erste Schluck seines Kaffees ist milchig süß mit einem bitteren Nachgeschmack. Latte Macchiato. "Wie kannst du nicht wissen, wer du bist?"

Mit ernstem Gesichtsausdruck lehnt sie sich vor. Ihre Tasse ist bereits halb leer. "Weißt du denn, wer du bist?"

"Nanase Haruka."

"Und wer ist Nanase Haruka? Tachibana Makotos bester Freund, der nie etwas sagen muss, um gehört zu werden? Matsuoka Rins Ziel, der beste Schwimmer, den er je gesehen hat? Hazuki Nagisa inoffizieller großer Bruder? Der Schüler, der ausgerechnet in Haushaltskunde die besten Noten hat? Wer von denen bist du?"

Haru bleibt die Antwort im Hals stecken. Ist er nicht all diese Menschen? Sind sie Aspekte seiner Identität oder bloß verschiedene Masken, die er je nach Situation aufsetzt und wegwirft?

Perlendes Lachen. "Siehst du? So geht es mir. Aber wenn du willst, kannst du mich Sanae nennen."

Der Name passt zu ihr, so gut, dass Haru seine temporäre Natur bezweifelt. Andererseits kennt er nur diejenige, die in diesem Moment vor ihm sitzt und in kleinen, exakt bemessenen Schlucken ihren doppelten Espresso trinkt. "Warum sind wir hier?"

Sie schiebt die Brille zurück auf die Nasenwurzel und wirkt auf einmal sehr offiziell. "Ich bin hier, um dir zu helfen. Du ... Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich auf dem Weg zu deiner Großmutter verirrt hast."

Haru nickt.

"Natürlich willst du sie besuchen. Aber da gibt es ein kleines Problem. So, wie du jetzt bist, kannst du nicht zu ihr. Es würde zu lange dauern, die Details zu erklären, aber im Moment ist es für dich unmöglich, sie zu sehen."

Haru schüttelt verwirrt den Kopf. "Warum?"

Sanae zuckt nur mit den Schultern und trinkt den letzten Rest ihres Espressos, bevor sie fortfährt. "Wie du vielleicht bemerkt hast, kannst du auch nicht zurück. Beide Wege sind dir versperrt. Im Moment bleibt dir also nichts anderes übrig als hier zu warten, bis sich etwas ändert."

Langsam setzt Harus Denken aus. Offenbar hat sein Kopf beschlossen, zu streiken. "Das macht überhaupt keinen Sinn."

"Ich leiste dir auch Gesellschaft."

Haru reibt sich die Schläfen. Endlich versteht er, was Makoto in der SMS gemeint hat. Sein ältester Freund hatte immer einen hervorragenden Instinkt. "Warum weißt du so viel über mich?"

"Das ist Teil meiner Aufgabe. Ich hab mich gut vorbereitet, oder?"

Haru trinkt noch einen Schluck und schiebt die warme Flüssigkeit von einer Backe in die andere. Er kann wohl nicht erwarten, genaue Antworten von Sanae zu bekommen. "Du hast gesagt, ich suche meine Großmutter."

Sie nickt, wobei sie wieder die Brille nach oben schiebt. Bereits jetzt berührt ihn die Geste wie etwas, mit dem er seit langer Zeit vertraut ist.

"Ich war auf dem Weg zu ihrem Grab, bevor ich mich in der Lebkuchenstadt verlaufen habe. Ist es das, was du gemeint hast?"

Einen Moment lang neigt sie nachdenklich den Kopf. "Ja, aber nicht nur das. Du hast nicht nur den Weg zum Friedhof verloren, sondern auch zu ihr selbst."

"Wie meinst du das?"

Sie zögert. "Erzähl mir etwas über sie."

"Sie war sehr gut darin, Makrele zuzubereiten. Sie kannte so viele Rezepte und es schmeckte immer gut. Als ich noch zur Mittelschule ging, passte sie auf mich auf. Sie meinte immer, ich sollte machen, wozu ich Lust hatte."

"Was du auch getan hast."

"Ja ..." Haru stockt. Zweifellos hat er immer getan, was er wollte: frei zu schwimmen. Woher kommen diese nagenden Zweifel? Warum ist er nicht so glücklich wie er sein sollte? Rin sagt immer, dass er sich mehr Mühe geben soll, aber je öfter er es sagt, desto größer wird Harus Widerstand gegen diese Art von Sport. Wenn er nicht mehr frei ist, wozu sollte er sich anstrengen?

"Vielleicht hast du es vergessen, weil deine Eltern das Totentäfelchen mitgenommen haben, aber deine Großmutter ist immer noch da, um dir Ratschläge zu geben. Du hörst sie nur nicht."

Haru will protestieren, aber er bringt die Kraft nicht auf. Stattdessen trinkt er, bis seine Tasse fast leer ist. "Warum höre ich sie nicht?"

"Du hast den Klang ihrer Stimme vergessen, oder? Erinnere dich." Sanae lehnt sich vor, bis er ihren Atem auf seiner Haut spürt. Natürlich riecht sie nach Kaffee, aber darunter liegt ein anderer Geruch, den er nicht einordnen kann. "Erinnere dich, Haru."

"Nenn mich nicht ..." In dem Moment schlägt der Blitz der Erleuchtung ein. Seine Augen weiten sich. Hat seine Großmutter nicht damit angefangen, ihn Haru zu nennen? Irgendwann hat Nagisa den Spitznamen aufgeschnappt und übernommen.

Auf einmal hallt ihre Stimme durch seinen Kopf, als stünde sie neben ihm und wisperte ihm ins Ohr. Wenn ich nicht mehr da bin, erinnere dich an meine Worte, Haru. Solange du das nicht vergisst, wird es dir immer gut gehen.

Aber er hat vergessen. Haru hebt den Blick und sucht die dunklen Tiefen hinter Sanaes Brillengläsern. Diese Gläser haben das Mondlicht reflektiert, als er oben durch das Fenster gelugt hat. Sie hat ihn hierher geführt, hat ihn in eine Welt aus Lebkuchen und danach in das Café gelockt. Unter dem intensiven Kaffeeduft liegt etwas anderes verborgen.

Sein Latte Macchiato ist ausgetrunken und Sanae verschwunden. Einzig der blasse Abdruck ihrer Lippen bleibt am Rand ihrer Tasse zurück. Haru sitzt alleine in einem unterirdischen Café in einem Dorf an der Nordküste Japans.

Seine Großmutter hieß auch Sanae.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Toreen
2015-01-26T10:26:37+00:00 26.01.2015 11:26
hachja~
Da sucht man nach Free! fanfictions und stößt zuerst auf diese~
Ich hab sie mit großer Neugierde und mit spaß gelesen.
Ich konnte mir denken dass es seine großmutter war nur hatte mich die Stelle mit dem modrigen Duft der von der Treppe aus kam verwirrt, aber am Ende hats mich nicht mehr Interessiert.
<3
ich finde es ist wirklich gut geschrieben~
Von:  ChocolateChip
2014-12-14T16:49:34+00:00 14.12.2014 17:49
Auch wenn ich den Anime nicht kenne finde ich die Geschichte sehr schön! ichbwäre alleine in einer Lebkuchenstadt vor Angst durchgedreht und wäre drauf losgerannt um einen Weg nach draussen zu finden!
und bevor ich den Letzten Satz gelesen hatte, konnte ich mir denken. dass Sanae Harus Grossmutter ist xD sehr schön dass wohl einer der wichtigsten Menschen in seinem Leben Haru geholfen hat ^^

LG
Choco
Antwort von:  Melange
14.12.2014 20:42
Freut mich sehr, dass auch dir die Geschichte gefallen hat! Vor allem bin ich froh, dass die Lebkuchenstadt so gut gelungen ist. Da war ich mir nicht sicher, obwohl das Schreiben Spaß gemacht hat. :)
Von:  MissImpression
2014-12-13T22:46:52+00:00 13.12.2014 23:46
Also ich kenne den Anime nicht, aber dieser Kurzgeschichte hat mir trotzdem sehr gefallen :) schön geschrieben, sehr bildhaft
Haru hat wieder zu sich selbst gefunden.
Antwort von:  Melange
14.12.2014 20:41
Freut mich sehr, dass sie dir gefallen hat! Vor allem, da du den Anime nicht kennst. Ist aber sehr empfehlenswert! ;)


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