Ängste
Liebe auf den zweiten Blick
Kapitel 4: Ängste
Hibbelig und total nervös, als würde er auf heißen Kohlen sitzen, saß Tai im Wohnzimmer auf dem Sofa und wartete auf seine Schwester.
Diese lies sich aber auch Zeit, duschen gehen, Haare föhnen und dann die Klamottenfrage, als hätte sie nichts zum anziehen, außerdem war das nun wirklich nicht wichtig ob das Top zum Rock passte oder welche Schuhe sie anziehen sollte.
Wenn sie Tai fragen würde, hätte er sie in einen dicken Pullover gepackt und aus dem Haus getragen, dann bräuchte sie auch keine Schuhe anzuziehen.
Nervös knetete er seine Hände und blickte immer wieder zur Uhr an der Wand, die ihn scheinbar ärgern wollte, denn der Zeiger bewegte sich einfach nicht weiter.
„Kari jetzt mach schon, wie lange kann das denn dauern?! Wir gehen doch nicht zu einem Ball oder so“, rief er seiner Schwester zu welche sich sicherlich im Bad noch schminken musste.
Typisch Mädchen, wozu brauchten sie das überhaupt?
Sie sahen mit Schminke kaum anders aus als ohne „Um die natürliche Schönheit noch etwas zu betonen und wo anders zu kaschieren“ hatte ihm mal Mimi lachend erklärt, als sie mal zusammen im Einkaufszentrum waren und sie Sora unbedingt zum Geburtstag einen Lippenstift kaufen wollte.
Er verstand es jedoch immer noch nicht, Mimi musste doch nichts kaschieren, sie war wunderschön und das ganz ohne lästige Schminke im Gesicht und das gleiche galt auch für seine Schwester.
Am Ende hatten sie sich doch für etwas anderes entschieden, da Sora sich zu diesem Zeitpunkt schon dazu entschlossen hatte später Modedesing zu studieren, Entschieden sie sich kurzerhand Sora eine Schneiderpuppe zu kaufen, eine bei der man sogar die Masse verstellen konnte.
Ihre Freundin war damals ganz außer sich gewesen vor Glück, dass sie sogar Tränen vergossen hatte, dass wäre bei so einem blöden Lippenstift und möge er noch so teuer gewesen sein, sicherlich nicht passiert.
Seufzend erhob er sich, die Warterei machte ihn einfach wahnsinnig, wusste seine Schwester denn nicht das sie ihn gerade folterte?
Jaja, die liebe, kleine Hikari, der kostbare Augapfel seiner Eltern folterte gerade ihren Bruder, klar nicht körperlich aber seelisch.
Zu ihrer Verteidigung musste er natürlich einräumen, dass die Jüngere es selber nicht wusste, sie hatte ja schließlich keine Ahnung warum Taichi so nervös war.
Es war der erste Tag nach der Diagnose der Amnesie, an dem sie Mimi endlich besuchen durften.
Das ganze lag ein ganzen Monat zurück, ein ganzer Monat den er Mimi nicht sehen durfte, da die Ärzte es sehr langsam angehen wollten.
Zwei mal durfte Sora sie besuchen gehen, sie hatten einen ganzen Tag zusammen verbracht und Sora hatte ihnen später erzählt wie es gelaufen war.
Am Anfang hatte sich seine beste Freundin mehr als Unwohl gefühlt, was nicht an Mimi sondern eher an dem behandelnden Arzt lag, welcher die ganze zeit dabei war und scheinbar jedes Wort aufschrieb das Sora an Mimi richtete.
Sie unterhielten sich über die Schule, Sora erzählte ihr was sie sonst so gerne in der Freizeit unternahmen und erzählte ihr auch von den anderen Digirittern, wobei sie natürlich nicht dieses Wort in dem Zusammenhang benutzt hatte.
Tai fragte sich wie Mimi wohl reagieren würde wenn sie ihr von der Existenz der Digimon erzählen würden?
Bei ihrem zweiten Treffen hatte Mimi wohl den Wunsch geäußert auch die Anderen zu treffen, doch das konnte erst realisiert werden nachdem sie entlassen wurde.
Unverschämt wie er nun mal war platzte Tai ins Bad um seiner Schwester daran zu erinnern das sie schneller machen sollte.
„Tai was soll das?!“, rief Kari laut aus und bedeckte sich mit einem Handtuch, da sie immer noch in Unterwäsche vor dem Spiegel stand.
„Das dauert viel zu lange“, keifte er sie weiter an und ignorierte dabei die röte in ihrem Gesicht.
„Geh raus, siehst du nicht das ich nichts anhabe?!“
Sie schob ihn aus dem Bad, zog die Tür zu und schloss dieses mal ab.
„Ooooh, Herr Gott noch mal, jetzt zier dich doch nicht so, da gibt es je nichts zu sehen.. außerdem gehst du auch im Bikini schwimmen... also... stell dich nicht so an.“
Wütend raufte er sich die Haare, begab sich in die Küche und schnappte sich etwas leckeres aus dem Kühlschrank. Jetzt war erstmal Frust-fressen angesagt.
Seufzend lehnte er sich gegen die Küchenzeile, sein Blick fiel auf den Kuchen welchen sie am Abend zuvor mit Sora und Matt vorbereitet hatten.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht als er daran denken musste, wie er und Mimi vor Neujahr zusammen für ihre Freunde einen großen Schokokuchen mit Vanillefühlung gebacken hatten.
An diesem Wochenende waren seine Eltern zu seinen Großeltern gefahren und Hikari verbrachte die Zeit mit Takeru und dessen Mutter.
Wie vereinbart hatte er sie bereits früh am Morgen von zu Hause abgeholt, zusammen gingen sie zum Supermarkt und besorgten dort die Zutaten.
Zudem Zeitpunkt war ihr Beziehungsstatus etwas unklar gewesen, es war etwas zwischen ihnen, da lag deutlich etwas in der Luft, doch sie selber wussten noch nicht was es war.
Jede einzelne Berührung und war sie noch so klein, wie das zufällige berühren ihrer Finger brachte sie in Verlegenheit und löste bei ihm eine Gänsehaut aus.
Vielleicht war es auch die Unsicherheit was aus ihrer Freundschaft werden würde wenn sie sich näher kamen, oder auch was ihre Freunde davon hielten.
Jetzt wusste Tai jedoch das die Zweifel unbegründet waren.
Sie waren sich lange nicht einig welcher Kuchen es nun werden sollte, wen es nach Tai ging dann durfte er bloß nicht zu viel Aufwand verursachen, doch Mimi wollte etwas besonderes machen, sonst hätten sie auch gleich einen Fertigen kaufen können.
So lies er sich darauf ein und es war ja auch nicht so als könnte man gegen die Sturheit der Jüngeren etwas ausrichten.
Das mochte er so an ihr, sie hatten die Gabe Menschen zu begeistern und mit zu reisen und an Ideen mangelte es der hübschen Brünetten auch nicht.
Außerdem wenn sie sich etwas vorgenommen hatte, dann wurde das auch durchgezogen.
Mit vollgepackten Sachen begaben sie sich zu den Yagamis, wo Mimi sich erst mal über Tai schlampigkeit wundern musste.
„Du bist gerade mal einen Tag alleine und schon ist die Spüle voller dreckigem Geschirr und deine Sportsachen liegen auch hier überall herum. Also bei mir wird es sowas nicht geben Taichi, gewöhne dich schon mal daran deine Sachen weg zu räumen.“
Total verwundert blickte er das Mädchen an, bei ihr würde es so etwas nicht geben? Wie durfte er das verstehen? Sprach sie gerade über ihre gemeinsame Zukunft?
Doch noch bevor er das hinterfragen konnte, scheuchte sie ihn schon los seine Klamotten weg zu räumen und machte sich selber daran das Geschirr zu spülen.
„Ich bin halt ein Kerl, erwarte nicht zu viel von mir.“
Sein Kommentar brachte sie dazu mit den Augen zu rollen, klar schob er es darauf das er ein Chaot war, doch alles konnte man lernen.
Mimi hatte sich wohl fest vorgenommen Tai Ordnung bei zu bringen und etwas Erziehung schadete ja niemanden.
In Endeffekt hatte sie den Kuchen so gut wie alleine gebacken, er selber saß am Tresen und sorgte für gute Laune.
Er mochte es wenn sie lachte, oder ihn als Blödmann bezeichnete, dabei legte sich immer so ein süßes Lächeln auf ihre Lippen und ihre Augen begannen zu leuchten.
Er mochte es wenn sie ihn so ansah und er hatte sich fest vorgenommen dafür zu sorgen, dass sich an diesem Blick niemals etwas ändern würde.
Das klingeln an der Haustür zog ihn aus seinen Gedanken.
Die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit Mimi waren wir wie ein Rettungsanker an den er sich klammern konnte, sie gaben ihm sowas wie Hoffnung das sich bald alles wieder zum guten wenden würde.
Seufzend stieß er sich von der Küchenzeile ab, schlenderte zur Tür und öffnete diese für die bereits erwarteten Gäste.
Es waren Sora, Yamato und Izzy. Sie hatten sich bereits am Vortag dazu verabredet gemeinsam von den Yagamis aus zu starten.
„Ist Hikari noch nicht fertig?“, fragte Sora überrascht und zog sich ihre Stiefel aus bevor sie ins Wohnzimmer trat und sich auf dem Sofa bequem machte.
Yamato und Izzy folgten ihr, Tai war sogar so Gastfreundlich seinen Freunden Gläser und Saft auf den Tisch zu stellen.
„Wow, wie aufmerksam von dir, bist du krank?“ Matt konnte kaum glauben was er da sah, sonst musste man sich immer selber in dem Haushalt bedienen, außer Hikari oder ihre Mutter waren so nett und versorgten sie.
„Hey, beschwere dich nicht über meine Freundlichkeit, sonst ist das Glas gleich wieder im Schrank und du kannst aus dem Wasserhahn trinken.“, drohte Tai seinem besten Freund und lies sich neben Izzy nieder, welcher sich gerade etwas zu trinken einschenkte: „Sag mal, was schleppst du denn da in dem großen Rucksack mit, hast du vor auszuwandern?!“
Leicht verschluckte Izzy sich an dem Getränk was die Anderen zum kichern brachte, sofort schüttelte er den Kopf und stellte das Glas ab: „So ein Blödsinn, das sind Schulsachen für Mimi, ich habe ihr alles mitgebracht was sie verpasst hatte. Es waren ja immerhin fast drei Monate gewesen, ich hoffe nur das sie die Fächer gut nachholen kann.“
Seufzend musste Taichi mit den Augen rollen, als ob Mimi nicht andere sorgen hatte als Schule.
„Herr Tachikawa erzählte mir, dass sie die Arbeiten nachschreiben kann, oder eine mündliche Prüfung ablegen muss, damit sie keine Probleme in der Schule bekommt.“, erzählte Sora und blickte betrübt zum Fenster: „Wir müssen jetzt alles was in unserer Macht möglich ist tun, um Mimi zu unterstützen.“
„Natürlich werden wir das und jetzt hört auf so eine traurige Stimmung zu schieben. Niemand ist gestorben ganz im Gegenteil, es geht ihr so gut das sie endlich nach Hause durfte, wir sollten uns freuen.“, Tai konnte diese Trauermienen einfach nicht mehr sehen.
„Warst du gerade nicht selber derjenige der nervös durch das Zimmer getigert ist und mich nackt aus dem Bad zerren wollte?!“, ertönte die Stimme seiner Schwester hinter ihm was Tai dazu brachte leicht zusammen zu zucken.
„Unsinn, ich hätte dich schon in ein Badetuch gewickelt, so herzlos bin ich auch wieder nicht.“, brummte er und drehte sich zur seiner Schwester welche ihm als Antwort die Zunge entgegen streckte.
„Tai, du solltest das ganze nicht so auf die leichte Schulter nehmen, wir wissen nicht wie lange die Amnesie bei Mimi anhalten wird, was ist wenn sie sich nie wieder an uns erinnern kann.“, Sora wollte eigentlich nicht weinen, doch ihre zitternde Stimme verriet sie, trotz dessen das sie sich von den Anderen abgewandt hatte.
Sachte biss sie sich auf die Unterlippe, sie durfte jetzt nicht weinen, sie musste positiv denken, doch die Angst ihre beste Freundin zu verlieren war einfach zu groß: „Bitte, entschuldigt mich.“ Das Mädchen sprang auf und rannte in Tais Zimmer, sie wollte den Anderen die Freude über das Wiedersehen nicht mit ihrer Laune verderben.
Seufzend blickte Taichi seiner besten Freundin nach, es ging ihr schon die ganze Zeit so schlecht, nur nach den zwei Tagen an welchen sie Mimi getroffen hatte kehrte ihre sonstige Besonnenheit zurück, doch das hielt leider nicht sonderlich lang.
„Ich rede mit ihr.“, gerade als Matt sich erheben wollte, sprang Tai auf und drückte diesen wieder ins Sofa: „Bleib sitzen mein bester, ich mach das schon.“ verwirrt starrte Matt dem Brünetten nach.
Sachte klopfte Tai an, was ihn stutzen lies, es war seltsam an seinem eigenen Zimmer anklopfen zu müssen.
Ein paar Sekunden verstrichen, bevor die leise Stimme der Rothaarigen an sein Ohr drang und ihn hereinbat.
Jedoch sah sie Tai recht überrascht an, sicherlich hatte sie jetzt Yamato statt ihm erwartet.
„Tut mir leid ich... ich weiß ich sollte nicht weinen und mich freuen... mich zusammenreißen... aber...“ traurig blickte sie Taichi an, welcher ihr ein verständnisvollen Blick zuwarf.
„Ist schon gut Sora. Du hast Angst, das sie sich nicht mehr an dich und eure Freundschaft erinnern kann, stimmts?!“
Sachte nickte sie, setzte sich dann auf sein Bett und atmet tief durch: „Was ist wenn sie nie mehr die alte sein wird? Was ist wenn unsere Freundschaft nicht mehr dieselbe sein wird? Wir waren wie Schwestern, immer füreinander da. Ich will sie nicht verlieren.“
Langsam bewegte sich Tai auf sie zu, setzte sich zu ihr hin und nahm ihre Hand in die eigene.
„Wenn das eintreffen sollte, dann könnt ihr auch eine neue Freundschaft aufbauen, die genau so stark ist, mit neuen Erinnerungen und Gemeinsamkeiten.“
Tai war noch nie gut darin gewesen jemanden zu trösten, er konnte Soras Sorgen verstehen und doch wollte er ihr Mut zusprechen.
„Und was ist wenn die neue Mimi mich nicht mag? Wenn sie mich blöd und langweilig findet? Mimi hatte immer viele Freunde gehabt... die Abenteuer in der Digiwelt haben uns verbunden, doch die Erinnerungen sind nun weg... was verbindet und jetzt noch?!“, verzweifelt blickte sie ihn an, auf der suchen nach einer Antwort.
„Du sagst doch selber ihr wart wie Schwestern. Eure Gefühle für einander verbinden euch, oder die Tatsache, das ihr immer über die selben blöden Witze lachen müsst und das immer und immer wieder, egal wie oft man sie erzählt und die Liebe zum Theater verbindet euch. Außerdem bin ich mir sicher das eine tiefe Freundschaft alles überwinden kann, das muss sie einfach. Sie muss es. Gefühle verschwinden nicht einfach so.“, am Ende wurde er lauter und energischer, was Sora überrascht die Augen weiten lies.
„Taichi, es nimmt dich wirklich sehr mit nicht wahr?!“
Sora war in den letzten Monaten so in ihrer Trauer gefangen gewesen, dass sie die Ängste und sorgen des Älteren gar nicht bemerkt hatte.
Er lies den Kopf hängen und nickte schwach, vielleicht war die Zeit gekommen sich seiner besten Freundin anzuvertrauen.
„Ihr hattet in den letzten Monaten viel Zeit mit einander verbracht, tut mir leid das ich so selbstsüchtig war und deine Sorgen nicht gesehen habe.“
Er schüttelte den Kopf und winkte ab: „Schon gut, ich verstehe das schon.“
Sachte biss sich Sora auf die Unterlippe, eine Frage schwirrte ihr im Kopf herum, doch sollte sie diese wirklich stellen? Wenn sie sich irrte, könnte das sehr unangenehm werden.
„Taichi, empfindest du etwas für Mimi?“
Für einen Moment herrschte bedrückendes Schweigen, bevor er nickte und sich Halt suchend an ihre Schulter lehnte.
~Fortsetzung Folgt~