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Fachidiot

Die Schmieden von Dravasuum
von

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5.Kapitel
 

Minuten verstrichen so zäh wie Stunden, seine Beine schmerzten schier unerträglich und mit wachsender Gewissheit würde er bald den Kampf gegen die Müdigkeit verlieren.

Lilly warf einen Seitenblick auf Philipp als sich die kleine Laterne, die Mervan ihm überlassen hatte, immer weiter senkte und kaum mehr den Sinn erfüllte, ihm den Weg zu leuchten.

Für die Ellydre war das sehen in der Dunkelheit erschwert, aber nicht unmöglich wie bei einem Menschen.

Vorsichtig griff sie nach seiner Hand, er war zu erschöpft und müde um sich davon zu befreien.

„Philipp, halte noch ein wenig durch ja? Wenn wir die Spur der Faulvaruls gefunden haben, dann legen wir eine Rast ein und du kannst schlafen. Wir müssen nur einen sicheren Platz finden.“

Mehr als ein Brummen bekam sie nicht als Antwort.

Nur wenige Augenblicke später huschte eine vertraute Gestalt durch die Schatten der Bäume auf sie zu. Das rötliche Fell von Xii schimmerte im sanften Mondlicht das durch die Baumkronen der kleinen gelben Blätter fiel.

Sie sprach zu den Beiden ohne das sich ihr Mund bewegte. Ihre Stimme hallte in ihren Köpfen wieder.

„Ich habe die Stelle gefunden, und sogar eine deutliche Spur. Was auch nicht ganz schwierig war bei dem Gestank den diese Bestien hinterlassen haben.

Wir sollten uns beeilen, sie haben schon einen großen Vorsprung.“

Ihre eisblauen Augen richteten sich auf Philipp gerade als Lilly das Wort ergriff.

„Nein, wir sollten erst eine Pause einlegen. Philipp und ich sind erschöpft. Lass uns nur ein paar Stunden schlafen Xii.“

Der weiche Fuchsschwanz peitschte wild von links nach rechts und ein leises Knurren war aus ihrer Kehle zu vernehmen, ganz offenbar gefiel Xii der Vorschlag nicht mal ansatzweise.

„Du meinst wohl der Mensch ist erschöpft. Ich sehe nicht ein, wegen ihm Zeit zu verschwenden! Er kann hier irgendwo in einem Versteck bleiben und warten bis wir Morendras zurück bekommen haben.“

Nun war es Lilly die ihre Brauen zornig zur Mitte ihrer Stirn hin zusammen zog und einen Schritt nach vorn machte.

„Auch ich bin erschöpft. Ich habe kaum noch Kraftreserven ohne das Sonnenlicht, nicht einmal Glühwürmchen könnte ich so im Moment herbei rufen. Außerdem hast du schon vergessen was Mervan sagte? Was wenn seine Vermutung stimmt und wir auf einen Hexenmeister oder schlimmeres treffen. Kein Faulvarul würde grundlos ernstes Interesse an Morendras haben. Wenn es zu einem Kampf kommt, haben wir kaum Chancen.“

Dann nahm sie wieder Philipp an die Hand und funkelte ihre Leibwache noch wütender an.

„Außerdem lasse ich ihn hier nicht einfach schutzlos zurück.“

Die Beine von Philipp waren seinem Geiste schon einen Schritt voraus, sie gaben nach, und der junge Mann ließ sich auf den Hosenboden fallen. Der Waldboden war nicht so angenehm weich wie er vermutet hatte. Es spielte keine Rolle mehr. Neben sich machte er einen umgefallenen Baumstamm aus und ließ sich dagegen sinken. Sollten die beiden doch diskutieren bis sie schwarz wurden, derweil würde er einfach schlafen, und morgen früh ganz sicher wieder Zuhause in seinem weichen Bett aufwachen.

Das letzte was er hörte war das laute Fauchen von Xii die sich noch eine Weile eine angeregte Diskussion mit Lilly lieferte.
 

Wilde Träume hatten ihm einen unruhigen Schlaf beschert, und noch bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, nahm er die unwillkommenen Eindrücke seiner Umgebung wahr. Zwitschernde Vögel, das Rauschen von Blättern im Wind und der unverwechselbare Geruch von Wald. Seine Augen wollte er gar nicht öffnen, denn sie würden ihm nur bestätigen dass seine Gebete nicht erhört worden waren, er befand sich nicht in seinem Bett. Er war nicht Zuhause, nein, er war irgendwo in einer gottverlassenen Welt in einem gottverlassenen Wald, und er hatte keine Ahnung wie er wieder zurück auf die Erde gelangen sollte.

Ein leises, beruhigendes Summen drang an sein Ohr, noch immer machte er keine Anstalten seine Augen zu öffnen. Lieber tat er das, was er in seinem heimischen Bett in solchen Dämmerphasen immer tat. Sich noch einmal herum zu drehen.

Eine Schmerzenswelle jagte die nächste, er wusste gar nicht welcher Knochen und welcher Muskel in seinem Leib nicht weh tat.

Unbewusst musste er vor Leid seines geplagten Körpers gestöhnt haben, denn das Summen verstummte.

Ganz zögerlich öffnete er doch die Augen, nahm dafür all seinen Mut zusammen, und bereute es zugleich.

Seine Brille war etwas verschoben, aber nicht so viel, dass er das Bild das sich ihm bot, nicht deutlich erkannt hätte.

Lilly kniete nur wenige Meter von ihm entfernt auf dem Waldboden, inmitten eines Kreises aus Sonnenlichts welches durch das Blätterdach brach. Ihre Arme waren zu beiden Seiten ausgebreitet. Nichts was schlimm gewesen wäre, wenn doch nur die Tatsache nicht bestünde, dass sie vollkommen nackt war. Als wäre das ganze nicht schon schrecklich genug, bemerkte sie das er wach wurde und sprang freudig auf die Beine. Hastig lief sie die wenigen Schritte zu ihm hinüber. Noch bevor sie ihn erreichte, stützte er sich mit seinen Armen auf dem umgefallenen Baumstamm ab und drückte sich in die Höhe.

„Halt du Verrückte! Bleib mir ja vom Leib! Gott, wie oft soll ich dir noch sagen du sollst nicht ständig nackt vor mit herum tänzeln! Das ist ja grässlich.“

Panisch versuchte er noch mehr Distanz zwischen sie und sich zu bringen, und purzelte somit rücklings von dem Baumstamm herunter. Stöhnend vor Schmerzen hielt er sich den Kopf und wünschte sich nichts mehr als dass dieser Alptraum endlich endete. Die Ellydre umfasste seine Unterschenkel die noch auf dem Stamm lagen und reckte das Kinn hervor um nach dem Rechten zu sehen.

„Phil?! Was machst du denn da? Geht es dir wieder besser?“

Als der arme Bursche es wagte nach oben zu sehen, schlug er sich sogleich beide Hände vor das Gesicht und brüllte ihr wütend entgegen.

„Lilly! Zum letzten Mal, pack deine Brüste ein! Das hält man ja nicht aus!“

Was der Mensch nur immer für Probleme hatte verstand sie einfach nicht. Die Frauen in seiner Welt sahen doch nicht anders aus. So hässlich konnte sie auch nicht sein das er den Anblick nicht ertragen konnte.

Wie immer ließ sie sich von ihm nicht die gute Laune verderben und sprang zurück in die Wärme der Sonnenstrahlen, mit einem Lächeln auf den Lippen schloss sie die Augen und trällerte fröhlich.

„Schon passiert! Aber nochmal werde ich eure menschliche Kleidung nicht anziehen! Jetzt wo ich meine Kräfte wieder habe.“

Philipp rappelte sich langsam auf und wagte einen Blick über den kleinen Sichtschutz hinter den er gefallen war. Lillys Körper war hier und da mit Ranken umschlungen, überall verdeckten die verschiedensten Blätter gekonnt die Stellen, wo er um Verschleierung gebeten hatte. Auf ihrer linken Hüfte erblühte sogar eine gelbe Blume, noch nie hatte er auf den Zügen der Ellydre ein solch glückliches Lächeln gesehen.

„Seid ihr beiden jetzt endlich fertig? Wir müssen los!“

Xii stand mit verschränkten Armen an einem nahe gelegenen Baum und funkelte die Nervensägen zornig an. Ihr buschiger Schwanz zuckte nervös umher.

Philipp räusperte sich laut und richtete seine Brille während er sich auf die Beine quälte. Noch wusste er nicht wie er diesen Tag überstehen sollte, aber was hatte er schon für eine Wahl, hier bleiben und auf die beiden warten kam überhaupt nicht infrage.

Das Trio marschierte weiter durch das immer dichter werdende Unterholz, Philipp ließ den Blick schweifen, in dieser Welt gab es so vieles zu sehen. Merkwürdige Pflanzen wuchsen neben den seltsamsten Pilzen, und noch mehr bestaunte er die Insekten die sich hier und da zu erkennen gaben. Diese Welt Dravasuum schien viele Wunder bereit zu halten, dennoch wünschte er sich nichts mehr als sie niemals kennen zu lernen weil er schon bald wieder auf seiner guten, alten Erde stehen würde.

„Lilly, diese Ranken und Blätter die an dir... wachsen, gehört das zu dem Symbiont in deinem Körper von dem du mir einmal erzählt hast? Kannst du sie steuern?`“

Das er solches Interesse zeigte, ließ sie sofort in Hochstimmung geraten, sie hob eine Hand und die feinen Ranken um ihre Finger begannen sich zu schlängeln und zu winden.

„Ja! Das hast du gut erkannt. Hier in unserer Welt habe ich meine Verbindung zu ihm wieder, das hier ist sozusagen meine wahre Gestalt.“

Stolz deutete sie auf die Äste die auf ihrem Kopf wuchsen.

„Bis zu einem bestimmten Grad kann ich die Eigenschaften die er mir verleiht beeinflussen.“

Eigentlich hatte Philipp beabsichtigt sie zu fragen ob sie ihn dann nicht dazu bringen könnte ihren Körper noch mehr zu verhüllen, aber er merkte wie froh sie war und auch das sie einen gewissen Stolz ausstrahlte das er es dabei beließ.

Wie viele halbnackte Frauen konnte ein junger Mann, in der Blüte seines Lebens, um sich herum eigentlich ertragen? Zwei sollten noch im Grünen Bereich liegen.

„Sag mal, der Kommandant der Soldaten nannte Xii eine Janama. Was ist das?“

Mit einem Finger deutete er auf Lillys Leibwache die mit großen Schritten einige Meter voraus ging. Ihre Ohren zuckten und sie blickte über die Schulter hinweg zu Philipp.

„Hör auf ständig Fragen zu stellen über Dinge die dich nichts angehen. Wenn wir uns heute Morendras wieder beschaffen, wirst du wieder in deine Welt gehen und wirst sowieso nichts von all dem Wissen haben was du hier erfragst. Du verschwendest nur deinen Atem.“

Ohne auf die Nettigkeiten von Xii einzugehen, tippte sich Lilly auf die Unterlippe und runzelte nachdenklich die Stirn.

„Um es für dich am verständlichsten zu erklären, könnte man sie als eine Art Tiergeist bezeichnen. Janama sind Seelen die in unsere Welt gelangen weil sie eine Aufgabe zu erfüllen haben, sie tauchen in den verschiedensten Tiergestalten auf, keiner ist wie der andere. Welche Aufgabe sie zu erfüllen haben, wissen sie nicht, sie müssen suchen bis sie denken sie gefunden zu haben.“

Eine scharfe Stimme schnitt durch ihren Verstand.

„Meine Aufgabe ist es Euren Verstand einst zum denken anzuregen. Gut möglich das mein Dasein ewig währt.“

„Wenn sie die richtige Wahl getroffen haben, und ihre Pflicht erfüllt ist, verlassen sie diese Welt wieder.

Bei der falschen Wahl, müssen sie weiter suchen, bis sie ihre richtige Aufgabe gefunden haben.“

Philipp sah seine Freundin aus dieser fremden Welt skeptisch an und breitete seine Hände zu einer fragenden Geste aus.

„Wer schickt sie denn auf diese Missionen?“

Die Ellydre hob ahnungslos ihre Schultern. „Was geschieht mit eurem Bewusstsein wenn ihr sterbt? Gibt es einen Gott, ein Paradies und die Hölle? Genauso wenig wie ihr Antworten auf diese Fragen habt, haben wir keine auf die unseren.“

„Verstehe. Was mir aber nicht ganz schlüssig erscheint, wieso werden sie auf diese Welt gesandt, um eine ihnen völlig unbekannte Aufgabe zu erfüllen, nur damit sie sterben dürfen. So ist es doch, oder habe ich das falsch verstanden?

Sie vollbringen quasi etwas gutes, und werden bestraft.“

Lillys Blick wurde ausdruckslos und huschte sofort zu Xii. Sie war zu langsam.

Eine Hand, bedeckt mit schwarzem Fell, schnellte aus bläulichem Dunst nach vorn, und schloss sich um Philipps Kehle. Dieser wusste gar nicht wie ihm geschah, bevor er reagieren konnte baumelten seine Füße bereits in der Luft. Er starrte hinab in Augen aus kaltem Eis.

„Du stellst zu viele von den falschen Fragen. Mensch. Gerade ziehe ich es in Betracht meinen Schwur für dich zu brechen.“

Eine Hand legte sich behutsam auf Xiis Oberarm, mit dem sie Philipp in die Höhe hob.

„Hör auf damit, er konnte es doch nicht wissen. Bitte, habe etwas Nachsicht.“

Nach einem kurzen Augenblick des Zögerns öffnete sie ihre Klaue wieder und Philipp landete hustend auf dem Boden.

Erschrocken hielt er sich den Hals und stolperte ein paar Schritte zurück.Unter abflauendem Husten blaffte er Xii an.

„Du bist doch irre! Was stimmt eigentlich nicht mit dir?“

Lilly trat einen Schritt an ihn heran und hob beschwichtigend die Hände. Auf ihrem Gesicht lag ein bedauerndes Lächeln.

„Es ist ein empfindliches Thema. Wir sollten es dabei belassen. Als Mensch, der ohne die Berührung von Magie lebt, kannst du das nicht verstehen. Vielleicht hat Xii Recht, und du musst das alles auch gar nicht verstehen. Mit etwas Glück finden wir heute noch Morendras und kannst auf die Erde zurück kehren.

Konzentrieren wir uns auf die Suche nach den Faulvaruls.“

Philipp rappelte sich wieder auf, wütend blinzelte er die beiden Frauen an und marschierte mit langen Schritten an ihnen vorbei. Lillys Vorschlag kam ihm gelegen, nichts lieber als das.
 

Den ganzen Tag marschierte das Trio durch die malerischen Wälder des Königreiches Nawenn gen Norden.

Nur selten nahmen sie eine kurze Rast ein, wenn sie einen Flusslauf fanden oder einige Früchte mit denen sie sich stärken konnten. Je weiter sie in die Tiefen der Wälder vordrangen, desto dichter wurde das Unterholz.

Anfangs mussten sie Umwege in Kauf nehmen um den Siedlungen der Gegend auszuweichen. Nun aber stießen sie auf keine anderen Menschen mehr, denn sie näherten sich immer weiter den Sümpfen der Verbannten. Einem Ort, den jeder Mensch mied.

Auch Xii und Lilly wurden immer angespannter und schweigsamer, sie hatten gehofft die Faulvaruls einzuholen, noch bevor sie diesen verfluchten Ort erreichten.

Philipps Rücken jagten kalte Schauer hinunter, immerzu hielt er Ausschau nach Augen die ihn zu beobachten schienen.

Die Blätter der Bäume hatten ihre goldene Farbe verloren und ein dunkles Grün angenommen. Ihre Stämme hatten die romantisch wirkenden Windungen hinter sich gelassen mit denen sie sich in den Himmel schraubten. Alles hier wirkte viel düsterer und unheilvoller je weiter sie ihre Füße trugen.

Immer seltener begegneten sie Tieren, sogar das Zwitschern der Vögel war zu einem Echo in der Ferne geworden.

Das Blätterdach über ihnen ließ kaum noch Tageslicht hindurch, und die einsetzende Dämmerung machten es fast augenblicklich stockdunkel.

Philipp entzündete seine Öllampe und betete im Stillen das sie noch viele, viele Stunden halten möge.

Bald darauf wurden sie sich einig das alle zu müde waren um noch weiter laufen zu können. Sie beschlossen zu rasten und abwechselnd Wache zu halten.
 

Es kam ihm so vor als hätte er gerade erst die Augen geschlossen, als Xii ihn für die Ablösung weckte. Müde streifte er sich Lillys Arme ab, die sich im Schlaf wieder heimlich zu ihm gelegt hatte und setzte sich auf einen moosbewachsenen Stein.

Unter einem herzhaften Gähnen rieb er sich die Augen und stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab.

Innerlich fragte er sich wie er eigentlich in einem Ernstfall helfen sollte, sicherlich hätten ihn diese Faulvaruls in Stücke gerissen bevor er auch nur einen Ton von sich geben konnte.

Grimmig straffte er seinen Rücken und starrte in die Finsternis. Er sollte sich mal nicht so schlecht machen, schließlich hatte er jahrelange Erfahrung darin Monster und allerlei Kreaturen zu töten, auch wenn sich das nur auf Videospiele bezog. Wie schwer sollte es schon sein eine Waffe zu schwingen?! Hochmotiviert stellte er sich hin und krempelte die Ärmel hoch. So gut es eben in der Dunkelheit mit spärlichem Mondlicht ging, suchte er den Waldboden nach etwas geeignetem ab mit dem er sich notfalls zur Wehr setzen könnte. Ein dicker Ast würde für den Anfang sicher ausreichen.

Bevor er etwas geeignetes gefunden hatte, fröstelte es ihn und er krempelte seine Ärmel wieder hinunter, man wollte sich ja keine Erkältung holen.

Plötzlich drang etwas an sein Ohr, er hatte es erst für das Flüstern des Windes gehalten, doch dann erkannte er die Melodie einer wunderschönen Frauenstimme.

Er verstand die Worte des Gesanges nicht, aber das Lied musste von so trauriger Natur sein, dass es sein Herz sich automatisch schwer fühlte.

Ohne Gedanken an sein Tun zu verschwenden ging er in die Richtung aus welcher der Gesang kam.

Zwei stämmige Bäume versperrten den Weg, doch dahinter nahm er ein schwaches blaues Leuchten war, und definitiv die Quelle der wunderschönen Stimme.

Er quetschte sich zwischen den Stämmen hindurch und stolperte auf eine kleine Lichtung. Überall wuchsen Pilze und Farne beugten sich in dem kühlen Hauch der Nacht.

Inmitten dieses friedvollen Platzes ruhte ein kleiner See, von dem auch das bläuliche Licht ausging. Das Licht des Mondes beschien seine Oberfläche und zauberte ein magisches Antlitz.

Philipp war so von dem Anblick gefesselt das er sie erst sah, als ihr Gesang für einen kleinen Augenblick aussetzte.

Auf einem glatten Stein, der zur Hälfte in das Wasser hinein ragte, saß eine Frau mit langem, dunklen Haar.

Ihre Augen waren groß und leuchtend förmlich. Ihre vollen Lippen bildeten ein warmes Lächeln als sie ihn betrachtete.

Wie von allein schoben sich seine Füße weiter langsam an sie heran, bis an das Ufer.

Kichernd sprang die Frau in das funkelnde Wasser und war für einen Augenblick völlig verschwunden. Erschrocken ging Philipp auf die Knie und beugte sich soweit vor, dass er in die Dunkelheit des Sees hinein blicken konnte. Sein Herz schlug schnell in seiner Brust, sie konnte doch wohl nicht ertrunken sein, diese wunderschöne Frau.

Plötzlich erkannte er etwas unter der Wasseroberfläche, in der nächsten Sekunde schoss ihr Oberkörper direkt vor ihm aus dem Wasser.

Schreiend ruderte Philipp zurück und starrte die fremde aus weit aufgerissenen Augen an. Nie in seinem ganzen Leben zuvor hatte er so eine schöne Frau gesehen. Ihre Haare schienen dunkel grün zu schimmern, sie fielen in verlockenden Wellen ihren Körper hinab, Wasser perlte von den Spitzen und benetzte den Stein auf dem er kniete.

Philipp schluckte laut, unter den vereinzelnden Strähnen konnte er ihre nackten Brüste ausmachen.

Sein Herz schlug noch ein wenig schneller. Ehe er es sich versah kroch er nah an die Fremde heran die sich mit beiden Händen auf dem Stein, auf dem er saß, abstützte.

Ihre vollen Lippen bildeten ein warmes Lächeln, sie kicherte und schaukelte mit ihren Schultern hin und her. Philipp wusste gar nicht wohin er schauen sollte, alles an ihr war so einladend und verlockend.

Ein Plätschern hinter ihr erweckte seine Aufmerksamkeit. Was er dort sah, ließ ihn kurzzeitig die Luft anhalten. Ab ihrem Nabel abwärts war ihr Körper nicht mehr der einer Frau, sondern der eines Fisches. Eine Nixe?

Eine sanfte Berührung riss ihn aus seiner Starre, ihre Hand fühlte sich kalt und unwirklich auf seiner Wange an, und doch gab es für ihn in diesem Augenblick nichts schöneres als von ihr berührt zu werden.

Ihre liebliche Stimme war ein leises, verführerisches Flüstern. Sie beugte sich noch weiter vor und war kaum einen Hauch von seinen Lippen entfernt.

„Dein Herz ist so voller Leid, es ist kaum zu ertragen. Wie kann ein junger Mann nur voll von so viel Kummer sein.

Du bist deiner Heimat so fern, habe ich Recht?“

Atemlos brachte er lediglich ein Nicken zustande, er hatte das Gefühl sich in ihren großen, runden Augen zu verlieren. Ihre kühle Hand fuhr zärtlich durch sein Haar und blieb in seinem Nacken ruhen.

„Komm mit mir, ich werde dein trauriges Herz trösten. Vor langer Zeit hat man es dir gebrochen, und du hast es niemals heilen können. Komm, und lasse all das hinter dir. Ich bringe dich nach Hause.“

Ihre weichen Lippen legten sich auf die Seinen, der Griff in seinem Nacken wurde fester. Er konnte spüren wie sie an ihm zog und er das Gleichgewicht verlor.

Das Wasser empfing ihn warm und angenehm, mit beiden Armen umschlang er ihren Leib und drückte sich feste an sie. Ihr inniger Kuss raubte ihm den Atem, aber das schien ihm nicht mehr wichtig zu sein. Alles was er wollte war in ihren Armen zu liegen, das Verlangen nach ihr brannte in jeder Faser seines Körpers.

Diese Sehnsucht wurde so stark das eine Woge von Schmerz über ihn hinweg rollte, doch er wusste, es würde bald vorbei sein. Dann gab es nur noch Ruhe, Frieden und kein Leid mehr.

Ein Ruck ging durch seinen Körper, jemand hatte ihn an seinem Knöchel gepackt und versuchte ihn fort von der schönen Frau zu zerren. Philipp kämpfte dagegen an. Mit Tritten versuchte er die Hand fort zu scheuchen, aber sie ergriff immer wieder sein Hosenbein.

Eine melodische Stimme flötete in seinen Gedanken er solle sie nicht los lassen, nur noch ein wenig, und er wäre wieder zu Hause. Doch die Hartnäckigkeit an seinem Bein machte ihn langsam wütend, er riss seine Lippen los und drehte sich um, damit er mehr Kraft in seine Tritte legen konnte. Mit einem Mal veränderte sich alles schlagartig. Es war nicht die Leidenschaft die in ihm brannte, sondern seine Lungen die nach Sauerstoff schrien. Panisch begann er unter Wasser mit seinen Armen zu rudern um wieder an die Oberfläche zu gelangen. Unter sich in dem Düster des Sees erblickte er das hämische Grinsen der schönen Frau, bevor eine weitere Hand nach ihm griff und ihn mit einem Ruck aus dem Wasser zerrte.

Philipp wollte Luft schnappen, aber es misslang. Aus seinem Mund quoll ein Schwall Wasser und jemand drehte ihn auf den Rücken. Zeitgleich versuchte er seine Lunge frei zu husten um nach Luft zu schnappen, mit beiden Händen krallte er sich in das nasse Gras und würgte immer weiter Wasser hervor.

Nach einer ganzen Weile kam er wieder zu Atem und rollte erschöpft auf den Rücken.

Nun verstand er auch endlich die Stimmen die immer wieder seinen Namen riefen.

Xii und Lilly beugten sich über ihn, die eine blickte besorgt auf ihn nieder, die andere gab ihm wütend eine Ohrfeige.

„Xii! Ich glaube all das Wasser ist draußen! Hör jetzt auf.“

„Schaut Euch doch nur diesen Narren an. Nicht mal Wache kann er halten ohne sich oder andere in Gefahr zu bringen.“

Erschöpft stützte sich Philipp auf seinen Unterarmen ab und röchelte leise.

„Was ist passiert?

Lilly schüttelte ratlos ihren Kopf und blickte sich suchend um. „Xii wurde wach und bemerkte das du fort warst, sie weckte mich und wir suchten nach dir. Plötzlich hörten wir ein lautes Plätschern und entdeckten diese Lichtung. Luftblasen stiegen in dem See auf, und dann sahen wir dich. Du musst wahrscheinlich hinein gefallen sein und...“

Philipp schreckte hoch und warf einen Blick auf den kleinen, stillen See indem sich das funkelnde Mondlicht spiegelte.

„Nein! Da war eine Frau, mit Fischschwanz. Sie hat so wunderschön gesungen und ich bin zu ihr gegangen. Ich weiß gar nicht wie mir geschah, sie versprach mir mich wieder nach Hause zu bringen.“

Zögerlich berührte er seine Lippen und schluckte, er fühlte ihren süßen Kuss noch immer als Echo in seinen Gedanken und sofort quälte ihn eine bittere Sehnsucht.

Xii kniff nachdenklich ihre Augen zusammen und trat an das Ufer des Sees. Nachdem sie einen Blick hinein geworfen hatte schüttelte sie den Kopf.

„Das macht keinen Sinn. Deine Beschreibung passt auf eine Nixe, sie ziehen Menschen in den Tod, aber ich kann keinerlei Präsenz wahr nehmen.“

Xii atmete tief durch und warf einen Blick in den Himmel. „Bald dämmert es, wir sollten weiter gehen, wir sind so dicht an der Grenze zu den Sümpfen der Verbannten, vielleicht sind hier Kräfte zu Gange die selbst ich nicht verstehen oder wahrnehmen kann.“

Diesmal erhob niemand einen Einwand.
 

Die Sonne ging auf, was das Trio nur daran ausmachen konnte, das Philipp die Öllampe nicht mehr benötigte um den Weg vor sich zu erkennen. Kaum noch Sonnenstrahlen drangen durch die dichten Bäume und all die Kletterpflanzen die sich an ihren Stämmen in die Höhe schraubten und ein undurchdringliches Dickicht bildeten.

Lilly klammerte sich an Philipps Ärmel, bevor er sie wie üblich verscheuchen konnte, warf er einen Blick in ihr Gesicht und entschloss sich es diesmal zu erlauben.

Sie suchte die Baumkronen ab, immer wieder huschte ihr Blick hin und her, von so viel Furcht ergriffen hatte er sie noch nie gesehen.

„Ist alles in Ordnung?“

Die Ellydre bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln und nickte ihm zu. „Mir ist etwas mulmig, ich habe das Gefühl der Geruch der Faulvaruls wird stärker, es kann aber auch daran liegen das wir uns schon am Rand der Sümpfe befinden. Ich... gehöre zu den Ellydren die ihre Kraft aus dem Sonnenlicht schöpfen, verstehst du?

Umso weniger Licht, desto schwächer meine Fähigkeiten. Ich hoffe einfach wir treffen nur auf ein paar wenige Faulvaruls.“

Philipp, der noch immer nicht völlig getrocknet war, presste die Lippen zusammen und starrte nach vorn.

Gerne hätte er ihr ein paar aufmunternde Worte gesagt, aber er wollte nichts sagen, an dass er selbst nicht einmal glauben konnte.

Er versuchte sich zusammen zu reißen, schließlich war er ein Mann, wenn auch ein junger. Lilly würde er schon beschützen können. Grimmig biss er sich auf die Zunge, das hatte nichts zu bedeuten, Männer beschützten Frauen, das lag einfach in seiner Natur. Wieso konnte er dann den süßen Kuss dieser Nixe nicht vergessen, und nicht aufhören sich deshalb schlecht zu fühlen?

In Gedanken versunken achtete er nicht auf den Boden unter sich, nur ein falscher Schritt war nötig und sein Fuß blieb im Morast stecken.

„Das auch noch...“

Mit Lilly zusammen versuchte er seinen Fuß wieder zu befreien, doch es wollte einfach nicht gelingen. Xii sagte schon gar nichts mehr zu ihrem Begleiter, der das Pech gepachtet zu haben schien, und zog mit den beiden zusammen so fest sie nur konnte. Unter einem lauten, schmatzenden Geräusch bekam er den Fuß, sogar samt Schuh wieder frei und purzelte nach hinten.

Gerade wollte Xii zu einer Schimpftirade ansetzen als sie eine Bewegung am Rande ihres Blickfeldes ausmachte.

Ohne das sie es merkten, hatte sich ein dichter Nebel um die Gruppe gelegt, sie konnte Schatten in der Dichte des Dunstes ausmachen. Sie musste die Schemen nicht einmal erkennen um zu wissen das es sich um Faulvaruls handelte. Der Gestank verriet sie.

Sofort entzündete sie in beiden Händen ihr magisches Feuer und machte sich kampfbereit.

„Verdammt! Sie haben uns umzingelt!“

Kaum waren die Worte ausgesprochen lösten sich zwei Gestalten aus dem Nebel und kamen auf die Gruppe zu.

Ein dunkles Klappern von Knochen durchdrang die Stille und ein hohles Knurren drang aus ihren Kehlen. Rotleuchtende Augen fixierten ihre Beute, doch statt anzugreifen, verharrten sie einige Meter von ihnen entfernt.

Zu allen Seiten lösten sich weitere Faulvaruls aus dem Nebel und erfüllten die Luft mit ihrem fauligen, schier unerträglichen Gestank.

Lilly keuchte leise während auch sie eine geduckte Haltung annahm. „Es sind viel zu viele.“

Philipp bückte sich zu einem nahegelegenem Ast und hielt ihn mit beiden Händen vor sich, etwas besseres konnte er auf die Schnelle nicht ausmachen, geschickter als unbewaffnet war er damit sicherlich alle Mal.

Ein anderer Laut drang ihnen durch Mark und Bein, es war ein dunkles, hämisches Lachen das durch die Sümpfe hallte.

Die Bestien schlugen peitschend und ungeduldig mit ihren Schwänzen, aus knochigen Gliedern, durch die Luft.

„Ruhig, ihr könnt euch noch früh genug an ihrem Fleisch laben.“

Die verführerische Langsamkeit mit der sie die Worte sprach, erkannte Philipp augenblicklich wieder, das war die Stimme der Nixe, oder des Wesens was ihn in die Tiefen des Sees hatte ziehen wollen.

Die Silhouette einer Frau schälte sich aus dem Nebel und trat zwischen zwei der Kreaturen hinaus. Langes, pechschwarzes Haar verlor sich hinter ihr, und verdeckte zum Teil ihr Gesicht.

Um ihre Schultern hatte sie einen dunkelgrauen Umhang gewickelt der an seinen Enden zu einem mit goldenen Ringen und Ketten versehen war, zum anderen mit seinen abgerissenen Fetzen einen schäbigen Eindruck machte.

Weitere goldene Ketten und Schnüre hielten den Schlitz ihres bordeauxfarbenen Kleides zusammen der bis unter ihren Nabel reichte.

Ein absurder Gedanke schoss Philipp völlig unpassend durch den Kopf, hatten die Damen in dieser Welt eigentlich nichts gescheites zum anziehen? Oder zeigte hier jeder einfach nur gerne seine Reize? Eine weitere Variante könnte noch sein das die Schreiberin dieser Geschichte, Philipp lediglich gerne quälte. Das jedoch waren alles reine Spekulationen.

Ihre Arme und Beine waren mit schmutzigen Verbänden verhüllt, doch es gab eine Kleinigkeit die allen dreien den Mund offen stehen ließ. Die Fremde hielt in ihrer rechten Hand den Stab Morendras.

Lilly machte einen Satz nach vorn und eilte einige Schritte auf die Frau zu, die Faulvaruls stießen zugleich ohrenbetäubende Warnrufe aus. Sie blieb stehen, Xii und Philipp rückten ihr nach.

„Der Stab Morendras gehört meinem Volk! Händige ihn mir bitte wieder aus!“

Philipp schaute kurz zu seiner Freundin hinüber, hatte sie tatsächlich gerade Bitte gesagt?

Ein schallendes Gelächter war die Antwort auf ihre Bitte und die Bestien leckten sich voller Vorfreude ihren giftgrünen Speichel über das gesamtes Maul.

„Du dummes kleines Kind amüsierst mich. Glaubst du ich jage über Neumonde hinfort deiner Spur nach, nur um ihn dir jetzt zurück zu geben? Nein, dafür brauche ich noch viel, viel mehr von dir.“

Lilly schüttelte zweifelnd den Kopf, sie hatte keine Ahnung was diese Fremde von ihr wollte, oder was sie mit Morendras anfangen sollte. „Wer seid ihr, und was könnte ich euch schon geben? Morendras ist für euch nicht zu gebrauchen, nur eine Ellydre kann seine magischen Kräfte beschwören.“

Ein grausames Grinsen umspielte die Lippen der Frau, die ein paar wenige Schritte aus dem Nebel heraustrat.

„Wie unfreundlich ich doch bin. Mein Name ist Shorana.

Gewiss! Ich bedarf deiner Aufklärung nicht du dummes Kind. Vorweg habe ich mich gut erkundet, mir ist klar das ich den Stab nicht ohne die Seele eine Ellydre beherrschen kann. An dieser Stelle kommst du in das Spiel.

Ihr seid artig meiner Spur gefolgt und befindet euch in meinem Reich. Ganz wie ich es wollte.“

Xii bleckte die Zähne und verfluchte sich aufgrund ihrer Dummheit, sie hätte es einfach wissen müssen. Faulvaruls waren viel zu schnell als das sie so lange ihrer Spur hätten folgen können.

„Ihr seid eine Hexe!“

Shorana schnalzte mit der Zunge und drehte den Stab in ihrer Hand, ihre langen, schwarzen Nägel kratzten über das Holz.

„Eine Hexenmeisterin wenn ich bitten darf. Sonst wäre ich wohl kaum dazu in der Lage gewesen meine kleinen Haustiere hier zu beschwören damit sie euch zu mir bringen.“

Ihr Kopf rollte langsam zur Seite sodass sie Philipp direkt in die Augen blickte. Ihm fiel auf das um ihre Augen herum schwarze Farbe auf ihr Gesicht gemalt war. Zumindest hoffte er das es Farbe war.

„Oder mich in eine andere Gestalt zu verwandeln um eure kleinen faulen Ärsche in Bewegung zu bringen. Kleiner Mann, dir schien mein Kuss so gut gefallen zu haben, das du dich gar nicht mehr von mir lösen wolltest.

Deine Leidenschaft war imposant, vielleicht vergnüge ich mich noch mit dir bevor ich dich meinen Kleinen hier zum Fraß vorwerfe, was sagst du? Ich würde dich sogar einen schnellen Tod sterben lassen wenn du deine Sache gut machst.“

Lilly und Xii sahen zwischen den beiden verwirrt hin und her.

Nach ihren Worten brach Shorana wieder in schallendes Gelächter aus und leckte sich mit ihrer schwarzen Zunge über die vollen Lippen. Lilly trat einen Schritt zurück und starrte Xii über ihre Schulter hinweg düster an.

„Ihre Zunge ist schwarz! Sie hat einen Pakt mit der Unterwelt... sie hat ihre Seele verkauft!“

Ihre Leibwache nickte und presste ihre Lippen fest aufeinander, sie wussten beide was das bedeutete, die hatten es mit einer sehr mächtigen Gegnerin zu tun. Eine die in der Lage war die Mächte der Unterwelt herauf zu beschwören.

Shoranas Stimme donnerte über den modrigen Morast hinweg und die Faulvaruls wetzten ihre Krallen.

„Genug der Plauderei! Nun hole ich mir deine Seele, und meine Kleinen hier dürfen sich die Mägen vollschlagen.“

Die Hexe deutete mit ihrem Zeigefinger auf Lilly und grinste diabolisch über das gesamte Gesicht.

„Fresst aber nicht die Ellydre! Zumindest nicht das was sie zum leben braucht, kostet ruhig von Armen und Beinen!“

Auf ihr Kommando hin stürzte das Rudel bis auf eine Ausnahme mit fletschenden Zähnen auf die Gruppe.

Xii zögerte nicht und schleuderte einen blauen Feuerball auf die Bestie direkt vor sich. Blitzschnell wich der Varul aus, rechnete aber nicht mit dem zweiten Feuerball der ihn frontal traf.

Heulend ging er in Flammen auf, Haare und Fleisch rutschten von seinen Knochen, verzehrten seine Seele bis nur noch Asche von ihm übrig war.

Ein weiterer Angreifer blieb plötzlich mit allen Vieren im Moor stecken. Was normal seine Heimat war, wurde ihm nun zum Verhängnis. Lilly hatte beide Hände flach auf dem Boden abgelegt und bohrte ihre Finger in den schleimigen Untergrund.

Unter wütenden Schreien wurde der Faulvarul in die Tiefe gezogen bis seine Stimme im Schlamm erstickte.

Shorana grinste müde und gab dem zurück gebliebenen Biest den Stab in das Maul, auch wenn dessen grüner Speichel ätzend war, konnte er dem Holz scheinbar nichts anhaben.

Als hätte er einen stummen Befehl bekommen rannte er davon und verschwand im Nebel. Die Hexenmeisterin verschränkte die Arme vor der Brust und sah dem Kampf zu, ohne einzugreifen.

Zwei weitere blaue Feuerbälle verbrannten einen Faulvarul nachdem Xii ihm mit einem beherzten Sprung ausgewichen war.

Philipp wusste gar nicht wo er zuerst hinschauen sollte, jedes Mal wenn ihnen eine der Bestien zu nahe kam, wurde sie von seinen zwei Begleiterinnen ausgelöscht, doch das Blatt schien sich binnen von Sekunden zu wenden.

Lilly erhob sich schwankend und wischte sich den Schweiß von der Stirn, zwei weitere Angreifer hatte sie nur für einen Moment in dem Moor feststecken lassen können, jetzt schon kämpften sie sich unablässig wieder frei.

Er erinnerte sich an ihre Worte, das sie ohne das Sonnenlicht kaum Kraftreserven hatte, doch das sie so schnell am Ende sein würde, hatte er nicht gehofft. Der Griff um den Ast den er sich geschnappt hatte wurde fester, nun lag es an ihm sich auch einmal nützlich zu machen.

Eine Gelegenheit bot sich ihm umgehend, einer der Faulvaruls war Xiis Angriff ausgewichen und öffnete seinen Schlund. Schlamm und kleine Brocken flogen durch die Luft als er auf Lilly los preschte. Die Ellydre grub ihre Finger in den Morast, doch ihre Bitte um Hilfe wurde nicht erhört.

Nur einen Steinwurf weit entfernt waren die Fänge die sich in ihren Leib schlagen wollten, als Philipp der Bestie mit einem harten Schlag auf den Schädel drosch.

Er hatte alles in diesen Angriff gelegt, seine Arme schmerzten und der Ast war zersplittert, dennoch hatte er Erfolg gehabt. Der Knochenschädel des Faulvaruls war an einer Stelle vollkommen zertrümmert, eine grünliche Flüssigkeit trat heraus und tropfte zäh zu Boden. Philipp hielt sich eine Hand vor den Mund, der bestialische Gestank schien noch schlimmer zu werden, er fürchtete das Essen nicht länger in seinem Magen halten zu können.

Taumelnd und schwankend wandte sich der verletzte Varul zu Philipp um und hieb mit seinen Klauen nach ihm. Zum Glück machte die Verletzung ihn so träge das sogar der Mensch in der Lage war ihm auszuweichen. Dann brach er tot zusammen.

Das nächste Unheil ließ nicht lange auf sich warten, drei weitere Faulvaruls durchbrachen Xiis Verteidigung und rannten auf sie zu.

Philipp pochte das Herz bis zum Hals, er stellte sich vor Lilly und drückte sie hinter seinen Rücken. Es war aussichtslos, er hatte keine Waffe, und selbst wenn, wäre er nie gegen drei dieser Kreaturen angekommen. Ihr Verwesungsgeruch nahm ihm schon fast die Besinnung.

Mit einem Sprung setzte einer der Faulvaruls zu seinem vernichtendem Schlag an, Klauen waren bereit zu zerreißen, Zähne waren bereit zu zerfleischen.

Soweit sollte es nicht mehr kommen, eine Druckwelle aus Geröll und Wurzeln erfasste das Biest im Sprung und schleuderte es zurück bis an einen Baum wo jeglicher Knochen in dessen Leib unter lautem Krachen zerbarst.

Ein unheilvolles Surren erfüllte die Luft bevor die letzten Staubkörner zu Boden gingen, und ein Schwarm faustgroßer Insekten mit riesigen Stacheln stürzte sich auf die beiden verbliebenen Faulvaruls. Alle Gegenwehr nutzte nichts, sie zerstachen sie binnen Sekunden, überall bildeten sich Beulen. Die Faulvaruls gingen zu Boden, zuckten, und blieben nach verlorenem Kampf leblos liegen.

Philipp erkannte diese Insekten, die von ihrer Form her Hornissen ähnelten, doch mit ihrer rot schwarzen Maserung noch viel bedrohlicher wirkten. Sein Blick irrte suchend umher als er schließlich den Retter in der Not sichtete.

Ein Ellydre mit dunkel blondem Haar, und zwei Ästen die seitlich seiner Schläfen wuchsen, hob seine beiden Arme und sogleich schossen Wurzeln aus dem Morast heraus die sich um die Gliedmaßen der übrigen Faulvaruls schlängelten und sie so für einen Augenblick an diesen Ort fesselten.

Der Ellydre trug um seine Hüften eine Art Gürtel aus Geflechten und Ranken, an deren Enden große Blätter befestigt waren und bis hinab zu seinen Knien reichten. Überall an seinem Körper schlängelte sich Efeu von seinen Ästen, bis zu seinem Gürtel hinab. Was Philipp aber zum Staunen brachte war die Rinde die seinen kompletten linken Arm bedeckte, seine Schulter, einen Teil seiner Brust, über die Seite seines Halses hinauf, über den Rand des Gesichts bis hin zu dem Ast an seiner linken Schläfe.

Lilly schob sich an ihm vorbei und schlug sich erleichtert die Hände vor die Brust. „Ooku! Du bist hier!?“

Der Fremde warf Lilly einen eindringlichen Blick zu, dann sah er zu Xii, die ebenfalls verwundert wie erleichtert wirkte.

„Xii! Bring sie fort von hier! Gen Osten! Schnell!“

Die Fuchsdame zögerte nicht lange und sprintete zu Lilly, feste packte sie diese am Handgelenk und zerrte sie mit sich.

Stolpernd leistete sie Gegenwehr und versuchte sich von dem Halt zu befreien.

„Lass mich los! Ooku! Du kannst es nicht mit allen alleine aufnehmen, die Hexe hat eine schwarze Zunge! Sie hat ihre Seele verkauft!“

Auf den Lippen Ookus bildete sich der Anflug eines Lächelns, in seinen Augen lag ein wilder Ausdruck.

„Mach dir keine Sorge. Wir sehen uns später, ich kann besser wüten wenn niemand im Weg ist.“

Shorana löste die entspannte Verschränkung ihrer Arme und schnarrte leise während sie den Kopf langsam von einer Schulter auf die andere rollen ließ.

„Das sich noch jemand einmischt, mag ich nicht. Meine Kleinen hätten schon lange ihre Bäuche vollschlagen sollen.“

Wütend stampfte sie mit einem Fuß auf und eine Druckwelle rauschte über den Boden, die das gesamte Moor zum schwanken brachte. Die Ranken um die Beine der Faulvaruls zogen sich zurück. Wieder in Freiheit kreischten die Bestien wütend auf und stürzten sich auf den Ellydren.

Die Hexenmeisterin machte ein paar schnelle Fingerbewegungen als würde sie Zeichen in die Luft malen, dann beugte sie sich hinab und tippte auf die Oberfläche des braunen Wassers. Unter ihrem Finger entfachte sich ein schwarzes Feuer das sich rasend schnell davon schlängelte und das gesamte Wasser um sie herum in Flammen hüllte.

Langsam durchschritt sie das Feuer ohne das es ihr etwas anhaben konnte.

„Hier wird niemand entkommen.“

Philipp rannte hinter Xii und Lilly her, letztere warf immer wieder verzweifelte Blicke nach hinten.

Auch er traute sich über seine Schulter zu blicken, doch das was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht. Zwei der Faulvaruls waren ihnen dicht auf den Fersen, noch schneller aber folgten ihnen die schwarzen Flammen die Shorana entsandt hatte. Ooku drehte sich nach ihnen um, er machte eine ausladende Bewegung mit beiden Armen und schlug seine Hände vor der Brust mit voller Kraft zusammen. Keine Sekunde zu früh, neigten die Bäume ihre Kronen zu Seite, Äste und allerlei Gestrüpp vereinten sich mit ihnen und bildeten binnen eines Wimpernschlages eine undurchdringliche Mauer. Philipp hörte ein lautes Krachen als die Faulvaruls dagegen donnerten. Lange hörte er noch ihre wütenden Schreie und das Scharren als sie versuchten die Blockade mit ihren Klauen zu durchbrechen. Es gelang ihnen nicht.

Sie rannten so schnell ihre Füße sie tragen konnten, gen Osten, wie er es gesagt hatte. Der Wald um sie herum wurde wieder etwas lichter, alle drei keuchten schon vor Erschöpfung als ein leises Summen die Luft erfüllte. Xii und Lilly blieben augenblicklich stehen und reckten die Köpfe in die Luft.

„Xii! Das hört sich an wie...“, sie hatte den Satz noch nicht beendet als ein Schatten über die Gruppe hinweg segelte. Es drehte eine Runde hoch oben in der Luft und kam im Sturzflug auf sie zu.

Kurz vor dem Boden flatterten zwei paar Flügel wild als es seinen Flug abbremste und aufsetzte.

Philipp musste sich eine Hand vor die Augen halten, so viel Staub wurde aufgewirbelt.

Als die Umgebung wieder zur Ruhe kam, blinzelte er heftig und traute seinen Augen kaum was da gerade vor ihm gelandet war. Ein überdimensionales Insekt mit zwei langen Fühlern die einen Bogen von seinem schwarzen Kopf nach hinten machten, dazu war sein Maul mit zwei riesigen Zangen bewehrt. Erschrocken wich Philipp zurück, Lilly keuchte noch vor Anstrengung als sie auf das Insekt zu rannte.

„Keine Angst! Das ist Uri, ein Freund von uns. Er ist ein Scarsaluc, ein Bewohner meiner Heimat. Ooku muss auf ihm her geflogen sein.“ Das Insekt hob seinen Kopf und klapperte gefährlich mit seinen Zangen, die langen Fühler vibrierten und brachten die Luft zum Schwingen. Philipp sah Lilly schon in zwei Teilen am Boden liegen, aber gegen all seine Erwartungen tat er der Ellydre nichts als sie beide Arme um ihn legte.

Aufgeregt klappte Uri die beiden Chitin Platten auf seinem Rücken hoch und flatterte wieder mit seinen vier Flügeln, es wirkte sogar als würde er vor Wonne schnattern als er die herzliche Umarmung bekam.

Ungläubig rannte Philipp um den Neuankömmling herum und taxierte es genau. Er erkannte, das Insekt war nicht schwarz, sondern dunkelgrün, und die Platten welche seine Flügel schützten, waren von grasgrünen Mustern durchzogen. Drei Beine stützten es von jeder Seite, und als er an dessen Rückseite angekommen war, traute er seinen Augen kaum. Der längliche Körper endete in einer Art Schwanzfortsatz an dessen beiden Seiten feine Lamellen wuchsen, wie ein feiner Kamm. An jeder Lamelle befanden sich unzählige kleine Härchen die schimmerten und funkelten als hingen feine Wassertröpfchen daran.

Nach seiner Umrundung boxte Xii ihn hart in die Seite.

„Willst du mit deinem Mund Fliegen fangen? Wir haben keine Zeit für Gaffereien. “ Philipp war zu fasziniert um auf ihre Bemerkung einzugehen. Ungläubig schüttelte er den Kopf und musterte immer noch den Scarsaluc.

„Dieses Insekt ist riesig! Er sieht aus wie eine Mischung aus einem Heldbock und Hirschkäfer, das ist einfach unglaublich.

Ihr nutzt diese Dinger zum fliegen?“

Lilly tätschelte eine der beiden massiven Kieferzangen und trat an Philipp heran.

„Diese Dinger sind lebendige Wesen, sie tragen uns auf ihrem Rücken wenn sie es möchten. Wir halten sie nicht wie ihr eure Pferde zum Beispiel. Ooku und ich sind mit Uri seit vielen Jahren befreundet.“

Plötzlich wirbelte sie herum als der Scarsaluc mit den Flügeln zu schlagen begann und in die Luft stieg. Er schoss von dannen und war sofort über den dichten Baumkronen verschwunden.

„Uri! Nein! Ich wollte ihn bitten mich zurück zu fliegen.“ Lilly atmete tief durch und legte beide Hände an ihre Stirn, ungeduldig ging sie auf und ab.

„All das kann ich noch gar nicht glauben. Gestern dachte ich noch die Faulvaruls wären unser schlimmstes Problem, jetzt haben wir es noch mit einer Hexenmeisterin zu tun. Was will sie nur mit Morendras und mir?“

Nervös starrte sie in den Himmel und faltete die Hände vor der Brust als sie unablässig auf und ab marschierte.

„Wir hätten Ooku nicht allein lassen dürfen! Mit so etwas wird selbst er nicht fertig!“

Zum ersten Mal sah Philipp so etwas wie einen zornigen Ausdruck in Lillys Gesicht als diese zu Xii herum wirbelte.

Diese zeigte sich reichlich unbeeindruckt und stemmte die Hände in die Hüften, herausfordernd reckte sie das Kinn hervor.

„Habt Ihr seine Worte nicht gehört? Er wird schon zurecht kommen, er ist erfahren und hätte uns nicht fort geschickt wenn er nicht glauben würde die Situation unter Kontrolle bringen zu können.“

„Zurecht kommen? Die Situation unter Kontrolle bringen? Was ist los mit dir Xii?! Wir standen einer Hexenmeisterin gegenüber die ihre Seele verkauft hat, dazu noch ein Rudel Faulvaruls. Er kam aus dem Nichts und soll die Situation richtig eingeschätzt haben wenn er denkt er schafft das allein? Bist du auf den Kopf gefallen?“

„Wenn wir nicht in der Nähe sind kann er seinen Kräften freien Lauf lassen, wir wären nur hinderlich gewesen.“

Lillys zierliche Hände ballten sich zu Fäusten, vor Wut und Verzweiflung begannen sie zu zittern, Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln. Sie war so aufgebracht das sie sich auf die Unterlippe beißen musste um die Ruhe zu bewahren.

Philipp hatte sie noch nie so gesehen, dieser Ooku musste ihr viel bedeuten. Unruhig leckte er sich über die Unterlippe und trat zwischen die beiden, für ihm hatte es in den letzten Tagen schon genug Streitereien gegeben.

„Beruhigt euch, wir sollten einen kühlen Kopf bewahren und zusehen das wir hier weg kommen.“

Wie auf Kommando drehten beide ihren Kopf zu ihm und zeterten aus einem Mund: NEIN!

Ohne ein weiteres Wort ging er lieber auf Sicherheitsabstand. Bei erhitzten Frauengemütern zog man sich besser direkt zurück, vor allem wenn es durchgeknallte Wesen aus einer anderen Welt waren die Freundschaften mit riesigen Insekten schlossen.

Zu seiner Rettung durchdrang die Luft ein summender Laut und über ihnen zog ein Schatten über den Himmel.

Uri setzte zur Landung an. Doch dieses Mal trug er einen Passagier auf seinem Rücken der sich an den beiden Fühlern festhielt und sie wie eine Art Lenkung nutzte.

„Ooku!“ Der Ellydre rutschte von Uris Rücken, kaum das dieser auf dem Boden aufgesetzt hatte. Seine Hand drückte auf eine Wunde an seinem Unterbauch, an seinen Fingern klebte frisches Blut, und auch sonst hatte er einige Schrammen und Schnittwunden davon getragen.

Lilly stürzte ihm entgegen, legte ihre Hände an seinen Oberarm und auf seine Brust. Besorgt musterte sie seine Verletzungen. „Ooku! Lass mich dich heilen.“

„Es geht schon. Spare dir deine Kräfte.“ Auf seinen Lippen bildete sich ein schwaches Lächeln, er legte seine Hand, die von Rinde überwachsen war, auf ihre Wange. Viel zu liebevoll strich er mit seinem Daumen über ihre Haut und blickte ihr entscheidend zu tief in die Augen.

„Lilly, ich habe dich so lange schon gesucht. Endlich habe ich dich wieder gefunden.“

Mit bebender Unterlippe schlang sie ihre Arme um seinen durchtrainierten Oberkörper und wurde von ihm in eine feste Umarmung geschlossen. Von irgendwo her erklang ein genervtes Brummen.

Xii trat einen Schritt vor und suchte mit ihrem Blick in den Schatten der Bäume nach etwas. So als würde sie darauf warten das mögliche Verfolger sie bereits eingeholt hatten.

„Ooku, was ist mit der Hexe Shorana und den Faulvaruls. Nichts würde ich mir mehr wünschen als das Ihr mir berichten könntest das Ihr sie dorthin gesandt habt, wohin sie gehören. Jedoch denke ich diesen Wunsch werdet Ihr mir nicht erfüllen können.“

„Leider nein... ich konnte die meisten Bestien noch erledigen, doch diese Hexe wusste ihre dunkle Magie sehr gut einzusetzen. An diesem dunklen Ort konnte ich einfach nicht mehr bewirken.

Ich denke eine Weile lang wird sie brauchen um uns aufzuspüren, ich bat das Moor eure Spuren zu verschleiern, diese Bitte wurde erhört. Dennoch sollten wir so schnell wie möglich von hier verschwinden.“

Lilly löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück, langsam strich sie sich eine Strähne hinter ihr Ohr und verschränkte nervös ihre Finger ineinander. Mit großen, leuchtend grünen Augen sah sie zu ihm auf.

„Das wird nicht gehen fürchte ich. Sie hat den Stab Morendras.“

Mehr und mehr wich die Farbe aus Ookus Gesicht, sein Verstand arbeitete gegen ihre Worte an. Philipp kannte dieses Gefühl nur zu gut wenn man darauf hoffte aus einem bösen Traum zu erwachen, man tat es aber einfach nicht, so sehr man es auch versuchte oder sich es wünschte.

Atemlos stieß er ungläubig hervor, „Was sagst du da? Sie hat Morendras? Wie ist das möglich?“

Lilly atmete tief durch, straffte den Rücken und faltete ihre Hände langsam vor ihrem Schoss.

„Eigentlich wollte ich mir Morendras nur kurz ausleihen, ich bat ihn mich zu den Menschen zu bringen, und er hat mich erhört. Ooku, ich wollte doch nur dass unser Volk wieder weiß was Freiheit bedeutet. Ihnen wollte ich zeigen das nicht alle Menschen gleich sind.“

Sie deutete auf Philipp der seine Hände in den Hosentaschen versenkt hatte und den Ellydren möglichst grimmig an funkelte.

Die beiden kannten sich noch nicht, und wahrscheinlich hatte Ooku den Menschen bis zu diesem Augenblick noch gar nicht wahr genommen, aber sie verstanden sich auf Anhieb. Eine Antipathie schwang von beiden Seiten auf der gleichen Welle.

„Das ist Philipp. Morendras hat mich auf seinen Planeten gebracht, die Erde. Bitte glaub mir wenn ich dir sage das er ein gutes Herz hat. Nicht jeder Mensch ist automatisch unser Feind.“

„Ja, und seine Artgenossen vergiften das Wasser das sie trinken, zerstören den Grund auf dem sie Leben und töten die, die nicht ihrem Glauben entsprechen. Sie beuten ihre Welt noch schlimmer aus als die Menschen von Dravasuum. Wenn Ihr ihm etwas erzählt, dann solltet Ihr auch die ganze Wahrheit hervor bringen.“

Das Xii sich einmischte und ihr auch noch in den Rücken fiel ließ Lillys Mut sinken, enttäuscht sah sie zu ihrer Leibwache und Freundin hinüber. „Danke.“

„Lilly, ich will Euch nichts Übles, aber Ihr könnt nicht immer alles Schlechte einfach ignorieren.“

Ooku schien mit einem Mal aus seiner Starre zu erwachen, mehr noch, er verwandelte sich in einen Magma speiendem Vulkan. Brennendes Geröll und Feuerfontänen ergossen sich über Lilly.

„Du hast das heiligste was unser Volk hatte einfach an eine Hexe verloren? Das letzte Symbol der Hoffnung?

Um den Menschen einen Besuch abzustatten? Den Menschen? Hast du vergessen was diese dreckigen Bastarde getan haben? Du warst doch dabei, schon vergessen?“

Stumm ließ sie seine Wut über sich ergehen, sie wusste auf eine Weise war sie gerechtfertigt und es gab nichts womit sie ihre Hände in diesem Augenblick rein waschen konnte.

„Unser ganzes Volk macht sich seit Monaten Sorgen um dein Verschwinden, und du machst einen Spaziergang zu unseren schlimmsten Feinden? Für so dämlich hätte ich dich niemals gehalten. Hast du eine Vorstellung davon wie schwer es für die Hüterin und mich war das Verschwinden von dem Stab geheim zu halten? Kannst du dir vorstellen was das los getreten hätte?“

„Ooku, es tut mir leid, ich wollte doch nur...“

„Mir ist egal ob es dir leid tut. Wie kann man nur so dumm sein? Hast du auch nur einmal nachgedacht bevor du gehandelt hast?“ Ooku trat zwei Schritte auf Lilly zu, Philipp hatte restlos genug von dem Geschrei. Bevor Ooku sie erreichen konnte hatte Philipp sie schon hinter seinen Rücken gezogen, und auch wenn sein Gegenüber etwas mehr Muskelmasse zu bieten hatte, würde er es sich nicht nehmen lassen ihm eine Tracht Prügel zu verpassen, damit er mal wieder runter kam.

„Lilly weiß das sie einen Fehler gemacht hat, du musst es für sie nicht ständig wiederholen. Außerdem hat sie alles versucht den Stab wieder zu bekommen. Das ist es doch worauf wir uns nun konzentrieren sollten oder? Wenn wir nur hier herum stehen und uns sinnlos anschreien lockt es wahrscheinlich nur noch mehr dieser Biester an.“

Das untere, linke Augenlid des Ellydren begann zu zucken, er traute seinen Ohren nicht, das es ein kleiner, nichtiger Mensch es tatsächlich wagte sich mit ihm anzulegen.

„Du elendiger Scheißkerl, ich werde dir zeigen wo dein Platz ist!“ Der Boden begann zu beben und Philipp bemerkte das sich im Erdreich unter ihm irgendwas zu regen schien.

„Genug jetzt!“ Xiis Befehl ließ das Beben verebben, sie trat dicht an Ookus Seite und ergriff fest seinen mit Rinde bewachsenen Arm, noch immer bohrte dessen wütender Blick sich in die Augen von Philipp.

„Nur ungern gebe ich es zu, aber der Mensch hat Recht. Wir sollten zusehen das wir Morendras wieder bekommen. Shorana hat selbst durchscheinen lassen das sie nicht in der Lage ist seine Macht zu nutzen. Dafür wollte sie die Seele von Lilly haben.“

Unter tiefen Atemzügen beruhigte sich das zornige Gemüt des Waldbewohners wieder, er schaffte es sogar seinen Blick von Philipp los zu reißen.

„Sie wollte ihre Seele haben? Bedeutet das sie kennt einen Weg wie sie die Kraft Morendras nutzen könnte? Mir wäre nicht bekannt das jemand anders als ein Ellydre überhaupt in der Lage ist das zu tun. Lilly würde ihr wohl kaum all ihre Wünsche erfüllen.“

Xii zuckte mit den Schultern und zog nachdenklich ihre Stirn in Falten.

„Morendras Kraft bezieht sich nur auf die Natur, er kann gar nichts böses vollbringen. Dafür war er nie gedacht. Shorana könnte Bäume und Pflanzen wachsen lassen, ich schätze allerdings nicht das sie die Absicht hat einen Garten anzulegen.“

„Was wenn sie das wirklich will?“

Alle Köpfe drehten sich zu Philipp, seine Bemerkung war so trocken gewesen das niemand einen Zweifel hatte das er sie nicht aus vollster Überzeugung auch so gemeint hatte. Bevor sie an seinem klaren Verstand zweifeln konnten sprach er unbeirrt weiter.

„Ihr sagtet Morendras Kraft bezieht sich auf die Natur, und wenn ich es Recht verstanden habe, kann sie damit alles wachsen lassen was sie möchte, vorausgesetzt sie hat die Seele einer Ellydre.

Sie hat doch diese Faulvaruls aus den Sümpfen beschworen, ihr sagtet mir diese Sümpfe der Verbannten seien ein verwunschener Ort dunkler Magie. Ich habe keine Ahnung was in dieser Welt möglich ist, oder was ihr damit gemeint habt das ihre schwarze Zunge ein Hinweis darauf wäre das sie ihre Seele an irgendwas... Dunkles verkauft hat.

Was wenn sie vor hat den Sumpf wachsen zu lassen? Diese Welt hier, unter ihre Kontrolle zu bringen?“

Stumm dachte jeder über seine Worte nach, sie klangen vielleicht nicht mehr ganz so absurd wie sie es anfangs angenommen hatten, oder sich es nun wünschten. Lilly trat an seine Seite und legte eine Hand auf ihre Seele.

„Philipp könnte sogar Recht haben! Sie machte den Eindruck auf mich, als würde sie die Macht die sie über die Varuls hatte genießen, vielleicht giert sie wirklich nach so viel Macht.

Menschen haben uns Ellydren schon viele Eigenschaften angeheftet, was wenn sie glaubt oder gar Recht hat und wirklich nur unsere Seelen braucht um ihren Plan in die Tat umzusetzen.“

Ooku streifte sich das wilde Haar zurück und seufzte tief. Er schüttelte den Kopf und blickte in jedes einzelne Gesicht.

„Wir müssen zurück in den ewigen Hain. Die Hüterin wird wissen was zu tun ist, wir können nicht riskieren das diese Hexe einen von uns durch einen dummen Fehler in die Finger bekommt, und vielleicht an mehr Macht gelangt als uns gut tut.“

Sein Blick richtete sich auf Uri, der sogleich mit den Fühlern vibrierte.

„Alle können wir nicht auf seinem Rücken reisen. Höchstens zwei. Mein Vorschlag ist das Lilly und ich zur Hüterin fliegen, dann schicke ich Uri los um dich zu holen Xii.“

„Auf gar keinen Fall!“ Lilly trat vor und machte eine abwehrende Handbewegung. „Wir lassen niemanden zurück! Dieser Ort hier ist viel zu gefährlich. Lasst uns eine andere Lösung finden. Verlassen wir erst einmal diese Wälder nahe der Sümpfe, schlafen eine Nacht darüber und überlegen wie es weiter gehen soll.“

Ooku öffnete seine Lippen, holte tief Luft für seinen Protest, doch Xii nahm ihm den Wind aus den Segeln indem sie ihm auf die Schulter Klopfte und gemütlich an ihm vorbei ging um den naheliegenden Pfad einzuschlagen.

„Hört auf Eure Zeit damit zu verschwenden, sie von einer sinnvolleren Lösung zu überzeugen, gegen ihren Dickschädel habt Ihr keine Chance. Ich finde auch wir sollten besser eine Nacht darüber schlafen als den weiten Weg zur Hüterin einzuschlagen, und das Risiko eingehen das Shorana derweil schon irgendwas dummes mit dem Stab anfängt. Außerdem seid Ihr schlimmer zugerichtet als Ihr zugeben wollt. Ihr solltet Euch ausruhen.“

Außer Ooku marschierten bereits alle drauf los, sogar Uri folgte ihnen ohne zu zögern. Wütend knirschte er mit den Zähnen, er war es nicht gewohnt sich nach anderen zu richten, normal hatte er nach der Hüterin am meisten zu sagen.

Sich seinem Schicksal ergebend folgte er schließlich auch dem ungleichen Trupp.

Plötzlich blieb Xii stehen und drehte sich wieder zu ihm herum.

„Moment, was meintet Ihr eigentlich damit als Ihr sagtet, Ihr sucht schon seit Monaten nach Lilly? Wir befanden uns auf diesem fremden Planeten etwas mehr als zwei Wochen.“

Ookus Stirn überzogen tiefe Furchen.

„Nein. Seit dem Tag eures Verschwindens sind Vier Neumonde gekommen und gegangen.“

Alle wurden kreidebleich. Niemand konnte glauben das sie so lange fort gewesen waren. Philipp ergriff das Wort.

„Das Zwillingsparadoxon! Aufgrund einer Zeitdilatation zwischen unseren Welten. Ich kann es kaum glauben! Bisher konnte man die Zeitdilatation im Bezug auf Reisen zwischen zwei Sternen nicht direkt greifen weil kein Antrieb realisierbar ist, der über lange Zeit eine so hohe Beschleunigung erreicht. Man weiß nur das es sie wirklich gibt.“

Philipp starrte in drei offene Münder die ihn ratlos anblickten und wahrscheinlich kein Wort von ihm verstanden hatten.

„Vergessen wir es einfach. Oder habt ihr hier irgendeine Macht welche die Zeit auch wieder zurück drehen kann?“

Xii schüttelte fassungslos den Kopf. „Wie soll denn so etwas möglich sein?“

Riesige Insekten, Bestien aus der Unterwelt, Hexen, Geister in Tierform, Wesen mit Ästen auf dem Kopf, Philipp fragte sich was er für ein Narr war, wenn er glaubte es gäbe etwas das die Zeit zurück drehen konnte. Genervt verdrehte er die Augen. Ihm war egal was die anderen mit seiner Information anfingen, er war froh zu wissen das wenn er wieder nach Hause kam, deutlich weniger Zeit verstrichen war als er hier erlebte.

Die Standpauke und die Sorge seiner Eltern würden dadurch abgemindert.

Eine Frage aber schwirrte ihm durch den Kopf, er flüsterte Lilly leise zu. „Wer ist eigentlich diese Hüterin?“

„Sie ist die älteste Ellydren. In unserer Heimat, dem ewigen Hain, wacht sie über uns alle.

Die Hüterin weiß einfach alles. Und sie besitzt große Kraft.“

„Vielleicht ist es dann doch ratsam zu ihr zu gehen und um Hilfe zu bitten.“

Ihre Antwort auf seine Worte war ein grimmiger Blick. Er sagte besser gar nichts mehr.
 

Nach einigen Stunden in denen sie den Sumpf in östlicher Richtung weitläufig umgangen hatten, und sich immer weiter davon entfernten, setzte bereits die Dämmerung ein. In einer kleinen Senke unter einem Steinhang fanden sie nahe eines Bachlaufes genug Früchte und Wasser damit sie sich für den nächsten Tag rüsten konnten.

Ooku ließ sich auf dem weichen Waldboden wieder und legte sich einige Kräuter die er an dem Ufer des Flusses gesammelt hatte auf seine Bauchverletzung. Nachdem er noch ein paar Blätter darauf gelegt hatte, strich er über eine der Efeuranken die seinen Körper umgarnten. Sogleich bildete sich eine neue kleine Ranke die sich über seine Verletzte Stelle schlängelte und sie fixierte.

Philipp hatte ihm bereits den gesamten Marsch über finstere Blicke zugeworfen. Das dieser eingebildete Kerl ihn mit Ignoranz strafte, machte ihn noch fuchsiger.

Lilly ließ sich lächelnd neben ihm nieder, sie tätschelte sein Knie und streckte die Beine von sich.

„Lade dir seinen Zorn nicht so auf dein Herz. Ooku hat ein gutes Herz und er hat jedes Recht wütend auf mich zu sein.“

„Dir scheint ja viel an ihm zu liegen.“

Etwas verwundert über seinen schroffen Tonfall hob sie fragend eine Braue in die Höhe und musterte sein finsteres Gesicht.

„Liegt dir denn nicht auch viel an deiner Schwester?“

„Was hat das mit meiner... Moment. Soll das heißen der Kerl ist dein... Bruder?“

Vorsichtig beugte sich Lilly etwas weiter vor um besser in Philipps erstauntes Gesicht zu sehen, ein breites, schelmisches Grinsen überzog ihre Züge.

„Du bist doch nicht eifersüchtig gewesen? Auf meinen Bruder!“

Im schallenden Gelächter ausbrechend, purzelte Lilly fast rücklings von dem Baumstamm auf dem sie sich niedergelassen hatten. Verwirrte Blicke die den beiden zugeworfen wurden ließen Philipp den Kopf einziehen.

„Rede keinen Unsinn du Nuss! Es war doch nur eine ganz normale Frage!“

Aus ihrem Augenwinkel strich sie sich eine Träne fort und kämpfte mit einem hoch amüsiertem Schmunzeln. Ganz leise das nur er es hören konnte, flüsterte sie ihm etwas zu.

„Hast du dich etwa in mich verliebt?“

„Bist du noch bei Sinnen? Nie im Leben! Hör jetzt auf mit dem Mist!“

Kichernd erhob sich Lilly, und wuschelte durch sein Haar. „Du bist süß. Dabei warst du es der sich von einer anderen hat küssen lassen.“

Genervt fuhr Philipp sich mit beiden Händen über sein Gesicht, unter einem Stöhnen schüttelte er den Kopf und fragte sich einmal was er denn verbrochen hatte das man ihn so sehr strafte. In so eine Irre würde er sich mit Sicherheit niemals verlieben. Da konnte sie auch noch so oft im Evakostüm vor seiner Nase herum springen.
 

Als die Nacht herein brach teilten sie sich wieder für das Wache halten ein, bis auf Philipp, man beschloss einstimmig das er dies besser nicht noch einmal tun sollte.

Die Erschöpfung seines Körpers schrie förmlich nach den Ereignissen des Tages nach Schlaf, aber sein Geist fand einfach keine Ruhe. Statt sich stundenlang auf dem ungemütlichen Waldboden herum zu wälzen, entschloss er sich dazu sich ein wenig die Beine zu vertreten.

Leider hatte Ooku die erste Wache und seufzte schon genervt als Philipp sich ihm näherte.

„Ich will nur ein wenig reden.“

„Mir ist nicht klar wieso ich meinen Sauerstoff für einen Menschen verschwenden sollte.“

Langsam schob Philipp seine Hände in die Taschen seiner Sweatjacke und folgte seinem Blick in das Dunkel der Wälder.

„Darum geht es ja. Bei Xii bin ich von Anfang an auf Ablehnung gestoßen, genau wie für sie zählt für dich als Begründung mich zu hassen allein die Tatsache das ich ein Mensch bin.

Mir geht das langsam so auf die Nerven. Immer muss ich mir anhören wie schlecht wir seien und das wir, oder eben die Menschen dieser Welt, schlimme Dinge getan haben.

Solltet ihr nicht langsam mal beginnen die Vergangenheit hinter euch zu lassen?“

Ooku drehte sich langsam zu ihm und zog seine Stirn in tiefe Furchen, ein Rauschen ging durch die Baumkronen, Äste zitterten, Laub raschelte, ohne das es einen Windzug gab.

Die Stimme des Ellydren war kalt wie Eis, nicht mehr als ein Flüstern.

„Die Vergangenheit hinter uns lassen? Ihr hab uns abgeschlachtet, wie all die anderen Geschöpfe die ihr dem Leben entreißt um euch an ihrem Fleisch zu laben!

Ihr denkt die Welt würde euch gehören, nehmt euch einfach was ihr denkt gebrauchen zu können.“

Ooku umrundete Philipp einmal und drückte ihm seinen Zeigefinger auf die Brust.

„Wir Ellydren lieben jede Facette des Lebens. Jede Form, jedes Dasein. Auch wenn es nicht meinem Naturell entspricht, ich werde eurem Volk niemals vergeben!“

Wütend schlug Philipp seine Hand zur Seite und ging bis auf wenige Millimeter an ihn heran. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast.

„Ich bin nicht mal von eurem dämlichen Planeten! Mit all dem habe ich nichts am Hut. Zugegeben, auf unserem Planeten läuft auch nicht alles gut, und es gibt viel zu viel schlechtes das man uns Menschen anhaften kann. Xii hatte Recht als sie sagte das wir unseren Planeten aus der Gier nach Ressourcen ausbeuten.

Aber wir sind nicht alle Gleich! Es gibt auch viele Menschen die dieses Treiben nicht tolerieren und sich dagegen stellen.“

Ookus Augen taxierten sein Gegenüber ganz genau, minutenlang starrten die beiden sich schweigend in die Augen bis der Ellydre das Schweigen brach.

„Ich liebe meine Schwester, und du hast das Glück das ihr etwas an dir zu liegen scheint, sonst hätte ich dir schon längst dein dummes Maul gestopft.

Ihre Augen haben gesehen was meine sahen, auch wenn sie ihre Erinnerungen hinter einer Fassade aus Heiterkeit versteckt, weiß ich das auch sie diese Nacht nie vergessen wird. Die Nacht in der ihr den Tod über uns gebracht habt.

Aber wenn es dich so sehr interessiert was geschehen ist, frag Lilly. Frag sie ob sie dir ihre Seele öffnet, dann wirst du es sehen. Besser noch, am eigenen Leib erfahren.“

Ohne eine Reaktion von Philipp abzuwarten hob Ooku seine Hand, kleine grüne Pollen schwirrten um seine Finger herum.

Rasch, wie von einem Windzug getragen, drangen sie in die Nasenlöcher seines Gegenübers ein.

Philipp taumelte zurück, versuchte mit der Hand wedelnd die Pollen daran zu hindern, doch es war zu spät. Mit einem Schlag fühlte er sich unendlich schläfrig und ging unsanft auf die Knie.

Ooku blickte von oben auf ihn hinab, sein Kopf legte sich etwas schief, dann wandte er sich ab.

„Genug geplaudert. Gib nun Ruhe und schlafe.“

Philipp wusste gar nicht wie ihm geschah, er spürte seinen Körper nicht mehr, und der Schlaf hatte ihn schneller in die Dunkelheit gezogen bevor er Lillys Bruder für sein Handeln verfluchen konnte.
 

Ihm kam es vor als hätte er noch keine Stunde geschlummert, da öffneten sich Philipps Augen erneut.

Träge stützte er sich auf seinen Ellenbogen ab und ließ den Blick schweifen. Mit diesem Mistkerl hatte er noch ein Hühnchen zu rupfen.

Rasch hatte er ihn gefunden, schlafend, direkt neben Xii und Lilly. Auch Uri schlief tief und fest in der Nähe.

„Hält denn niemand Wache?“

Als Philipp sich aufrappelte warf er einen Blick in den Himmel. Sterne waren keine zu sehen, auch der Mond schien sich hinter den Wolken versteckt zu haben. Es war mitten in der Nacht, und doch konnte er alles um sich herum erkennen.

Irgendwas war komisch, er hörte weder das rascheln der Blätter über ihm, noch die Laute er ansässigen Tiere.

Er ging zu der schlafenden Truppe rüber.

„Hey! Liegt ihr auf euren Ohren?“ Niemand rührte sich, ein Geräusch drang durch das Gestrüpp am Rand ihres kleinen Lagerplatzes. Ein Knurren das ihm durch Mark und Bein ging.

Philipp schreckte hoch und sah wie sich aus den Schatten der Umriss einer Gestalt löste die ihm nur zu bekannt vorkam.

Ein Faulvarul.

„Leute! Aufwachen! Ihr müsst...“, er kam nicht dazu seinen Satz zu beenden. „Vergebene Mühe. Sie können dich nicht hören.“ Ein zweiter Schatten nahm festere Konturen an und trat an der Seite des Faulvaruls auf ihn zu.

Es war die Hexenmeisterin Shorana, sie trug auf ihren Lippen ein kaltes Lächeln.

Zwei kleine Schritte wich Philipp zurück, doch seine Beine gehorchten ihm plötzlich nicht mehr, sie blieben stehen als wären sie mit dem Erdreich verwurzelt.

„Kleines Hühnchen, willst du fortlaufen? Lass dir gesagt sein, es hätte keinen Sinn.“

„Was willst du?“ Ihm fiel schlagartig ein Detail auf, das ebenfalls nicht passte, er roch den Faulvarul nicht. Er roch gar nichts, nicht einmal den Wald.

Langsam, aber stetig kam Shorana näher bis sie nicht einmal eine Armeslänge von ihm entfernt stehen blieb. Nun konnte er die Bemalung um ihre roten Augen herum noch besser sehen, als bei ihrer ersten Begegnung. Schwarz und Matt umschlang die Farbe ihre Augen, es sah aus als wäre sie im feuchten Zustand ihre Wangen hinab gelaufen, oder man hätte sie in drei Strichen nach unten gezogen. Fein säuberlich endeten sie in filigranen Spitzen auf der Hälfte des Weges von ihren Augen zu ihrem Mund.

An ihrer Unterlippe befand sich ein goldener Ring der durch das Fleisch gestochen war. Von ihm aus führten zwei feine Ketten zu beiden Seiten unter ihr wallendes Haar. Vielleicht bis zu ihren Ohren, aber das blieb im Verborgenen.

Shorana kam ihm so vertraut von, er fühlte sich hingezogen zu ihren vollen Lippen, ihren großen Augen, und dem üppigen Busen der sich unter ihrem dunkel rotem Kleid abzeichnete.

Er schluckte schwer und sie grinste, ihre schwarze Zunge glitt langsam über ihre Unterlippe. „Was ist mein Hühnchen? Platzt dir gleich die Hose, so wie du mich an gierst?“ Sie lachte gehässig. „Mein Kuss scheint bei dir ja gehörigen Eindruck hinterlassen zu haben.“

Mit dem spitzen Fingernagel ihres Zeigefingers strich sie ihm über die Wange, bis hin zu seiner Brust. „Deine Seele ist so schwach, dich quält ein alter Schmerz, der dich einfach nicht loslassen kann. Und nun bist du in einer dir fremden Welt, die dir Angst bereitet. Es war ein Leichtes mich in deine Gedanken zu schleichen.“

Ihm gefiel nicht, was sie über ihn zu wissen schien. Über seine Vergangenheit, und den Schmerz eines gebrochenen Herzens der einfach nicht heilen wollte.

„Das macht doch alles gar keinen Sinn! Was willst du ausgerechnet von mir?“

Shorana packte ihn grob am Kragen und zog ihn dicht an sich heran. Er konnte die Wärme ihres Atems auf seiner Haut spüren.

„Mir hat nicht gefallen das deine Freunde hier heute so viele meiner Kleinen getötet haben. Und dann rennt ihr auch einfach so fort. Dabei brauche ich doch die Seele der Ellydre. Nun bieten sich mir gleich Zwei an. Dein Geist ist der einzige der Schwach genug ist ihn zu erreichen.“

„Du musst verrückt sein wenn du glaubst ich überlasse dir Lilly! Du wirst sie niemals bekommen.“

Shorana riss ihre Brauen in die Höhe und brach in schallendes Gelächter aus. „Wie niedlich! Glaubst du, du könntest sie beschützen? Bist du so naiv?“

Seine Fäuste zitterten vor Wut, er wollte sie von sich stoßen, konnte aber keinen Muskel seines Körpers benutzen.

„Was soll all der ganze Mist, du brauchst ihre Seelen? Was hast du vor?“

Ihre Lippen wurden von einem breiten Grinsen überzogen, sie leckte sich mit ihrer schwarzen Zunge über die Lippen und lachte leise. „Du weißt es doch schon. Oder erinnerst du dich nicht mehr an deine Worte von heute? Als ihr darüber sinniert habt was ich wohl im Schilde führen könnte? Bevor du mich wieder mit deinen dummen Fragen löcherst, ich habe dir bei unserer kleinen Begegnung an dem See einen Zauber angeheftet. Ich kann alles was ihr sagt durch deine Ohren hören.“

Philipp gefror vor Schreck das Blut in den Adern.

„Oh, und doch, ich kann sehr wohl was mit ihren Seelen anfangen, das ist kein Irrglaube. Mit ihnen kann ich Morendras meinem Willen unterwerfen. Wenn ich etwas plane, dann informiere ich mich sehr gut darüber.

Nun haben wir aber genug geplaudert, kommen wir zu meinem Anliegen. Selbstverständlich ist mir klar das du deine kleinen Freunde hier nicht freiwillig zu mir bringen wirst, aber ich habe da schon so eine Idee.“

Philipp holte Luft um ihr eine passende Antwort zu geben, da legte sich ihr Zeigefinger schon auf seine Lippen.

„Hier in der Nähe gibt es ein kleines, beschauliches Dorf. Ein belebter Marktplatz auf dem um Waren gefeilscht wird, auf dem Kinder spielen, und die Weiber ihren Tratsch austauschen. Es ist so friedlich dort.

Morgen, wenn der Tag graut werdet ihr euch auf den Weg machen. Sonst werden meine Kleinen hier...“, sie deutete auf den Faulvarul aus dessen Maul grüner Geifer troff, und aus dessen Kehle ein dunkles Knurren drang. „... all die netten Dorfbewohner zum Frühstück verspeisen. Das liegt ganz bei euch. Holt ihr eure Hüterin, werde ich an jedem Tag den ihr braucht, ein weiteres Dorf auslöschen. Das sollte doch Argument genug sein nicht wahr?“

Philipp biss sich auf die Unterlippe, er versuchte seinen Kopf zu bewegen um ihr den verdammten Finger abzubeißen, keiner seiner Muskeln wollte ihm gehorchen, nur seine Lippen gewährten ihm das Sprechen.

„Du bist abscheulich!“

„Ich weiß, mein kleines Hühnchen.“ Shorana trat von ihm zurück und stemmte ihre Hände in die Hüften.

„Tion heißt die nächste Stadt. Kommt dorthin, noch bevor die Stunde zu Mittag schlägt, oder all diese Menschen werden sterben.“ Shorana schnippte mit ihren Fingern und der Faulvarul riss sein gewaltiges Maul auf. Mit einem Satz stürzte er sich auf Philipp und grub seine Zähne in dessen Bein. Er erwachte aus seiner Starre und spürte den Schmerz, er fühlte wie der ätzende Speichel sein Fleisch verbrannte. Durch die Wucht mit der das Biest auf ihn los ging, fiel er zu Boden, verzweifelt versuchte er noch die Kreatur von sich fort zu drücken, doch es war sinnlos.

Die scharfen Klauen schlug es in seinen Brustkorb, schlitzte ihn bis zum Magen auf und trieb seine Fangzähne erneut in sein Bein. Philipp schrie auf vor Schmerzen, er hörte Knochen brechen, er hörte und spürte wie ein Stück Fleisch aus ihm heraus gerissen wurde und er hörte das Gelächter von Shorana.

Das Echo ihres Lachens verfolgte ihn noch als sein Geist sich von seinem schmerzenden Körper loszureißen schien.
 

Unter einem Schrei setzte Philipp sich auf, Schweiß floss an seiner Stirn hinab, sein Atem kam in hektischen Zügen.

Hände wollten nach ihm greifen, panisch schlug er sie fort und kroch rückwärts. Es dauerte einen Moment bis er das besorgte Gesicht vor sich und die Stimmen um ihn herum einordnen konnte.

„Philipp! Beruhige dich. Du hast schlecht geträumt, alles ist gut.“

Lilly lächelte ihm aufmunternd zu und legte ihm eine Hand auf sein wild pochendes Herz. Er fühlte wie es sich langsam wieder beruhigte. Xii und Ooku blickten finster auf ihn herab, letzterer schüttelte den Kopf und wandte sich zum Gehen ab.

„Lasst uns jetzt endlich aufbrechen.“

Lilly seufzte leise und nickte, sie erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung. „Philipp, ich habe heute Nacht mit Ooku geredet. Ich werde mit ihm zusammen zur Hüterin fliegen. Xii wird zu Fuß mit dir weiter reisen.

Glaub mir bitte, ich will dich nicht hier zurück lassen, aber mein Bruder hat Recht. Allein schaffen wir das alles nicht, und ich darf nicht so egoistisch sein. Das Wohl unseres ganzen Volkes liegt in unseren Händen.“

Ihr trauriger Blick war gen Boden gerichtet, sie schien nicht glücklich zu sein mit ihrer Entscheidung, hatte aber eingesehen das es das beste war Hilfe zu holen.

Philipp sprang auf die Füße und ergriff ihre Hand, er zog sie fest an sich und packte sie bei den Schultern.

„Nein! Ich... ich hatte einen Traum. Nein, eigentlich war es kein Traum. Lilly hör mir zu. Ihr alle.

Die Hexe Shorana hat mich in meinen Gedanken aufgesucht. Sie sagte zu mir sie wird jeden Tag ein Dorf der Menschen hier in der Gegend auslöschen wenn wir nicht bis heute Mittag nach Tion gegangen sind.

Sie wird damit anfangen alle Menschen dort zu töten wenn wir bis zur Mittagszeit nicht da sind.“

Alle schauten ihn völlig perplex an, Ooku schmunzelte höhnisch und schüttelte den Kopf.

„Nur weil du schlecht geschlafen hast, werden wir sicherlich nicht...“

Xii hob eine Hand und brachte den Ellydren zum schweigen, sie trat ein paar Schritte vor und ein grimmiger Ausdruck überzog ihre sonst auch nicht viel freundlichere Züge.

„Das war kein Traum Ooku, ich spüre eine dunkle Berührung an ihm haften. Sagtest du Tion? Es gibt hier wirklich ganz in der Nähe diese Menschensiedlung.“

Lilly wandte ihren Kopf mit einem Ruck zu Xii und weitete erschrocken die Augen.

„Das konnte Philipp nicht wissen.“ Langsam schaute sie wieder zu Philipp, bevor sie all ihre Fragen gedanklich ordnen konnte, sprudelte er weiter.

„Sie sagte sie hätte mich mit einem Zauber belegt, in der Nacht am See als sie die Gestalt der Nixe angenommen hatte. Nun kann sie alles hören was wir sagen. Sie wusste um unsere Spekulationen und meinte, sie brauch eure Seelen um Morendras zu beherrschen. Scheinbar will sie wirklich... diesen verwunschenen Ort über das ganze Land ausweiten.“

Ooku schlug Philipps Arme fort mit denen er noch immer Lilly an den Schultern gepackt hatte.

„Wenn sie tatsächlich alles hört was wir sagen, dann soll sie ruhig hören das sie uns nicht in ihre plumpe Falle locken kann.“

Lilly wirbelte zu ihm herum und gestikulierte aufgeregt. „Ooku! Diese Menschen sind in Gefahr. Das können wir nicht einfach zulassen. Wir müssen dieses Dorf retten.“

Ihr Bruder schlug sich die Hände vor das Gesicht und biss sich auf die Unterlippe, er konnte nicht glauben was sie da von sich gab. „Bist du noch bei Sinnen? Auf deine Gutmütigkeit hat sie es abgesehen. Lilly, wenn wir keine Hilfe holen und bei der Sache versagen, was glaubst du wird dann all den Menschen die hier wohnen passieren? Wohl genau das Gleiche. Wir können sie nicht retten. Das kostet zu viel Zeit.“

Mit festem Blick trat sie auf ihren Bruder zu und ballte eine Hand zur Faust.

„Nein Ooku. Heute Nacht habe ich mich von dir überreden lassen, weil ich in der letzten Zeit oft genug meinen Kopf durchsetzen wollte, und genau das meist noch mehr Probleme bereitet hatte.

Aber ich lasse all diese unschuldigen Menschen nicht sterben. Wenn wir uns Shorana heute stellen müssen...“

Mit einem Finger deutete sie auf den blauen Himmel über sich, Shorana musste es nicht hören, er würde auch so verstehen was sie meinte. Das Sonnenlicht würde ihnen dieses Mal die nötige Kraft geben.

Xii stellte sich an Ookus Seite und fixierte Lilly mit festem Blick.

„Lilly, Euer Bruder hat Recht! Wir laufen ihr doch geradewegs in die Arme. Das schreit doch nach einer Falle.“

„Dann dürfen wir uns nicht in diese Falle locken lassen, wir sind nicht schutzlos. Dennoch dürfen wir diese Menschen nicht sterben lassen. Bis in den ewigen Hain sind wir fast einen Tag unterwegs wenn wir auf Uri fliegen.

Wenn wir die anderen Ellydren um Hilfe bitten, und angenommen wir ziehen alle zusammen los... bräuchten wir gute drei Tage bis hier her.

Shorana will jeden Tag ein Dorf vernichten, das können wir einfach nicht zulassen. Bitte vertraut mir, ich habe eine Idee.“
 

Mit schwerem Herzen und vieler Worte später, hatten Xii und Ooku nachgegeben, sie stimmten ein sich zum Dorf Tion zu begeben. Ooku hatte Uri eine Nachricht mitgegeben und den Scarsaluc in den ewigen Hain gesandt. Wenn sie versagten, dann war zumindest Hilfe im Anmarsch, und auch wenn nicht mehr viele Ellydren am Leben waren, so hatte Shorana keine Chance gegen sie alle. Hofften sie.

Lange vor Ablaufen der zeitlichen Frist die Shorana ihnen gesetzt hatte, erreichten sie die Hügel, hinter denen das Dorf Tion in einem friedlichen Tal lag. Die Stimmung unter der Gruppe war angespannt, und Xii hatte wieder ihre Fuchsgestalt angenommen.

Bevor sie die Hügel hinauf gingen, pflückte Lilly von einer nahestehenden Kiefer einen Zapfen und nickte Ooku zu. Er tat es ihr gleich, und beide gingen vor ihren gewählten Bäumen auf die Knie. Sie küssten die Wurzeln der Bäume und flüsterten etwas das Philipp nicht verstand.

Fragend blickte er zu Xii, die lediglich den Kopf schüttelte. Sei kratzte sich mit ihrer Pfote am Ohr, und er hatte verstanden.

Die Ellydren bereiteten irgendetwas vor, das Shorana nicht wissen sollte. Ihm war die ganze Zeit mulmig das die Hexenmeisterin durch seine Ohren hören konnte. Hoffentlich las sie nicht auch noch seine Gedanken.

Als die beiden mit ihrem Ritual fertig waren, ging die Gruppe den Hügel hinauf.

Vor ihnen eröffnete sich ein grünes Tal mit Ackern, saftigen Weidegründen und einem Dorf das vielleicht dreißig Häuser zählte. Alle Dächer waren mit Stroh gedeckt, machten auf die Ferne jedoch einen stabilen Eindruck. Für Philipp war es das erste Mal das er ein Dorf dieser Welt aus der Nähe sah, genau so hatte er sich das Mittelalter immer vorgestellt, und auch wenn die Situation vielleicht nicht ganz angemessen war, so staunte er doch nicht schlecht.

Hier und da stieg Rauch auf, als würden schon die Feuerstellen entfacht werden auf denen man das Mittagessen zubereiten wollte.

Xii stellte ihre Ohren auf und ging ein kleines Stück auf dem breiten Trampelpfad voraus. Ihre Stimme erklang in den Köpfen der anderen.

„Mir gefällt das nicht. Menschen sind für gewöhnlich sehr laut, man müsste Bauern bei der Arbeit sehen, das sinnlose plappern und das blöken der Kinder hören. Aber ich vernehme gar nichts.“

Lilly hielt den Zapfen des Baumes fest in ihrer Hand und schluckte, es war ihre Entscheidung gewesen, nun musste sie Rückgrat beweisen. „Dann lasst uns nachsehen was der Grund für diese Stille ist.“

Der breite Pfad führte sie in das kleine Tal, tiefe Rillen hatte der rege Verkehr von Kutschen in den Grund gegraben.

Je weiter sie den ersten Häusern kamen, desto unheimlicher wurde die Stille, ein starker Wind fegte durch das Tal und brachte den Duft der nahen Kornfelder mit sich. Vielleicht trug er auch einen anderen Geruch hinfort.

Die ersten Hütten schienen vollkommen verlassen zu sein, nichts und niemand war auf den Straßen zu sehen. Ihr Weg führte sie eine breite Gasse entlang, hier hatte man sogar Pflastersteine ausgelegt, die alten Scharniere eines Holzschildes des ansässigen Gasthauses quietschten als es vom Wind hin und her geschaukelt wurde.

Um die nächste Häuserecke erwartete sie der Marktplatz.

Der belebte Platz war nicht verlassen.

Der Anblick raubte Philipp die Luft zum Atmen, er hörte neben sich wie Lilly schluchzte und sich die Hände vor das Gesicht schlug, doch ihre Augen bedeckte sie nicht. Niemand konnte seinen Blick von dem was sie auf dem Marktplatz erwartet hatte abwenden.

Kein Videospiel, kein Film den Philipp schon in seinem Leben gesehen hatte kam dem Schrecken nahe der sich ihm hier bot. Hier konnte man nicht einfach den letzten Speicherstand laden und alles wieder rückgängig machen.

Es war ein Bild das sich bis in alle Ewigkeit in sein Gedächtnis brannte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Elerra
2015-11-17T00:47:31+00:00 17.11.2015 01:47
Kapitel 5 wurde so eben erfolgreich verschlungen :3

Lilly ist auch in diesem Kapitel einfach nur goldig, wie auch die anderen bleibt sie ihren Charakter treu und verhält sich immer ihrer angemessen. Danke dafür!
Leider kommt es in Geschichten so oft vor, dass Charaktare sich plötzlich und grundlos vollkommen ihrer Ideale gegensätzliche reagieren nur damit der Schreiber einen scheinbar spontanen Einfall einbringen kann ( anders kann ich mir das einfach nicht erklären >_<) das ist in deiner Geschichte absolut nicht der Fall!

Holla! Gleich zwei neue Gesichter und eines davon gefällt mir richtig gut. Das es der Herr mit gestählter Brust und wildem Haar ist, muss ich glaube ich nicht extra erwähnen, oder? *pfeif* ....*3*~
Der Auftritt von der Hexenmeisterin Shorans hast du sehr gut in die Geschichte einfließen lassen. Da tappt selbst der misstrauische Philipp in die Falle... Mehr oder weniger freiwillig :P
Ihre Gestalt mit all den kleinen aber wichtigen Details haben einen enormen Wiedererkennungseffekt und man kann sie sich sehr gut vorstellen. auch ihr bisher gezeigten Charakterzüge passen genau dazu wie auch ich mir eine Hexenmeisterin vorstelle.

Zu Ooku, mmmmh... Wie drücke ich mich am besten aus? Vielleicht so...
"Rrrrrrrrrrr" :3
Ja ich denke das trifft es sehr gut.

Das Kapitel ist wie auch das letzte richtig schön spannend! Alles ist sehr liebevoll und durchdacht geschrieben. Jeder Ort jedes handeln kann man sich genau vorstellen und Du vermittelst mir als Leserin, eine tolle Atmosphäre die einen fesselt und zum Weiterlesen bewegt.
Oh wie gemein das Kapitel endet! Aaaah >\\\\< schreibe ganz schnell weiter! Ich muss wissen was sie sehen... Auch wenn es wohl nichts schönes ist.

Wie immer, mach weiter so und stresse dich nicht :D
es ist mir immer wieder eine Freude ein neues Kapitel zu lesen.


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