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Training im Schnee 2 oder The american Way of Life...

Mit Kapitel 33 endet TiS 2. Lillie und ich hoffen, ihr hattet euren Spaß dran!
von
Koautor:  Lillie-de-Noire

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Mittendrin statt nur dabei

Ja und da sind wir auch schon wieder!
 

Wir legen am besten auch gleich los!
 

Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
 

Lillie und Venka
 

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20 - Mittendrin statt nur dabei
 

Tala streckte sich und blickte übelgelaunt in den Spiegel.

"Scheiße..." brummelte er.

Er hatte die vergangene Nacht nicht sonderlich gut geschlafen und als er endlich eingeschlafen war, ließen ihn seine Alpträume immer wieder schweißgebadet aufschrecken.

"...und diese ganze Streiterei nur wegen Judy..." murmelte er über die Auseinandersetzung von gestern Abend nachgrübelnd. Wie immer hatten sich er und Kai um das Thema Judy gezankt und wie immer waren sie nicht im Frieden auseinander gegangen.

"Wenn doch Kai nur nicht so ein Sturkopf wäre...Ich will sie ihm doch nicht wegnehmen, aber er kapiert das anscheinend nicht...Ach was soll's. Wegen mir kann er bleiben, wo der Pfeffer wächst! Außerdem wollte er doch Krieg..."

Sich nicht weiter um sein Spiegelbild kümmernd, wusch er sich weiter und putzte sich die Zähne. Als er fertig war stieß er mit einem heftigen Fußtritt die Badtür auf und wollte nach unten in die Küche laufen, doch...

"Auh! Du Idiot! Kannst du nicht aufpassen!" schrie Kai, der gegen die aufgestoßene Tür gerannt war, wütend Tala entgegen.

"'tschuldigung.." antwortete dieser knapp. "Hast doch Augen im Kopf!" murmelte er während er die Treppe runterschlenderte.

Unten angekommen betrat er die Küche und wurde mit einem fröhlichen "Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?" seitens Judy begrüßt.

"Mh..." gab er als leicht knurrige Antwort zurück.

Selbst als Kai zum Frühstück in der Küche erschien besserte sich die Stimmung nicht.

"Na, ihr Zwei seid wohl heute mit dem falschen Bein aufgestanden!"

"Schon möglich..." brummelte Kai kauend. "Vor allem, wenn man von so einem Vollidioten die Badtür vor den Kopf kriegt!" Mit grimmig funkelnden Augen und streitsuchend blickte er zu Tala hinüber, der auch prompt konterte.

"Wenn du keine Augen im Kopf hast... - Außerdem passt dein Schädel gut zum Holz!"

"Pass bloß auf, du....!" zischte Kai bedrohlich.

"Halt!" ging Judy dazwischen. "Ihr habt heute beide keine besonders gute Laune, was?" seufzte sie.

"Ist auch kein Wunder, wenn man mit dem da unter einem Dach leben muss!" brummte Tala.

"Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht!" sagte Judy etwas beleidigt, aber der Blick auf die Uhr ließ sie das sofort vergessen. "Himmel, ich muss los! Ich wünsche euch trotz allem einen schönen Tag und Jungs: Schlagt euch bitte nicht die Köpfe ein!"

Sie winkte den Beiden noch kurz zu, dann krachte die Haustür ins Schloss.

"Lass uns fahren! Ich hab keinen Bock zu spät zu kommen." ging Kai Tala an und stand auf.
 

Auf dem Weg zur Schule und auch bis der Unterricht begann redeten die Beiden kein Wort mehr miteinander. Diese Haltung änderte sich auch den ganzen Tag nicht, bis zur letzten Stunde.

,Der Affe geht mir so auf den Keks...' waren gerade Kais Gedanken als der Lehrer ihn ansprach und die eben gestellte Frage beantwortet haben wollte.

Kai wusste die Antwort ganz bestimmt, er war in Physik ein ungeschlagenes Ass. Er brauchte nur die Frage noch einmal zu hören.

"Mal wieder geschlafen?" zischte Joey neben ihm.

"Vielleicht möchtest du uns die Lösung sagen Joey?" meinte der Lehrer.

Mit triumphierendem Lächeln und einem arroganten Unterton beantwortete er ohne Probleme die von dem Lehrer gestellte Frage.

"Vielleicht solltest du besser aufpassen, sonst füllt sich dein Holzkopf mit Stroh und nicht mit Wissen!" stichelte Joey kamplustig.

Jetzt hatte Kai die Nase gestrichen voll. "Das sagt gerade der Richtige! Du Weichei!" zischte er zurück.

"Das Weichei bist ja wohl immer noch du, so wie du heute früh rumgejammert hast und das alles nur wegen einer Badtür!"

Kai schlug mit geballten Fäusten auf seinen Tisch und sprang auf. "Es reicht!" stieß er wütend hervor. Mit bedrohlich funkelnden Augen drehte er sich in Richtung Joey.

"Oh denkst du, dass ich jetzt Angst habe vor dir, du Möchtegernblader!" säuselte Joey herausfordernd.

Das war's, er hatte damit den Bogen eindeutig überspannt.

"Du musst reden, du Muttersöhnchen!" konterte Kai aufgebracht.

"Lieber ein Muttersöhnchen als ein Tysonverschnitt, wie du!" fauchte Joey bedrohlich.

"Wenigstens brauche ich mich in der Öffentlichkeit nicht zu verstecken wie ein feiges Aas!"

Die Zwei waren so in ihren Streit vertieft, dass sie gar nicht bemerkten, wie sie die Sprachen gewechselt hatten.

Nur Rogue, die Einzige in der Klasse, die etwas Russisch verstand, spitzte die Ohren. Was war mit Öffentlichkeit und verstecken?

"Hey Rogue! Was knallen die sich da entgegen?"

"Kannst du das verstehen?"

"Los übersetz mal!"

So und ähnlich kamen von überall her Fragen an sie und störten ihre gerade angefangenen Überlegungen.

"Das wollt ihr gar nicht wissen!" meinte sie um weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen und nicht auf die enttäuschten Gesichter ringsherum achtend fügte sie hinzu: "Glaubt mir's! Ehrlich!".

Doch allmählich schien die Situation zu eskalieren.

"Du Pseudoami!!!" knallte Joey Kai gerade an den Kopf, der ihn daraufhin am Hemd packte und gegen die Wand stieß. Nur einen Bruchteil von einer Sekunde später stand Kai bereits wieder vor ihm und holte zu einem gefährlichen Schlag aus.

"Halt endlich dein elendiges Maul!!!" schrie Kai mordlustig.

Joey konnte es eindeutig in seinen Augen lesen. Kai wollte ihm weh tun, wenn nicht sogar mehr. Aber deswegen aufgeben oder sogar kneifen kam für ihn nicht in Frage und sein Blick verdüsterte sich zu einem entschlossenen Ausdruck.

Dann, im letzten Moment, wurde Kais Faust festgehalten und er wurde von zwei starken Armen von Joey weg gezogen. Der nutzte diese Gelegenheit und machte einen Satz auf Kai zu um sich zu rächen. Zwei weitere Arme packten ihn allerdings und hielten ihn so fest, dass sein Vorhaben scheiterte.

"Danke ihr Zwei." sagte der Lehrer, der mit leicht verstörtem Gesicht auf die vier Schüler zukam.

Erst jetzt begriff Kai, dass er sich vor der ganzen Klasse mit Joey geprügelt hatte. Er hatte in dem Streit alles vergessen. Ein kurzer abwertender Blick auf seinen Kontrahenten sagte ihm, dass auch er die Umgebung vollständig vergessen hatte.

"Wieder beruhigt?" wurde er von Marc gefragt, der ihn immer noch festhielt.

"Ja!" zischte Kai und riss sich los.

"Du kannst mich loslassen, Dave!" knurrte Joey den Jungen an, der ihn auch sogleich aus seinem Griff freigab.

"Was ist nur in euch gefahren! Ihr Beide kommt jetzt mit zum Direktor!" sagte der Lehrer streng.

Kai und Joey wussten, dass sie keine andere Möglichkeit hatten, als ihm zu folgen.

"Meint ihr, es geht bis zum Sekretariat ohne Prügelei?"

Zwei murrende "Ja" folgten.
 

Keine halbe Stunde später waren Kai und Tala auf dem Heimweg. Der Direktor hatte sie zehn Minuten in einen abgesperrten Raum gesteckt. Als sie ihm versicherten, dass sie sich endgültig beruhigt hätten, durften sie nach Hause fahren.

Doch nichts war in Ordnung, es war nur ein Scheinfrieden, der sofort aufgehoben war als die Wohnungstür ins Schloss fiel.

"Judy gar nicht da?" fragte Tala um vom Thema ab zu lenken.

"Nein!" war Kais kurz angebundene Antwort.

"Was ist eigentlich los mit dir?" wollte der Junge wissen und stocherte nach, als er keine Antwort bekam. "Kannst du es nicht vertragen, wenn einer mal besser ist als du?"

Kai biss an. "Ach du denkst wohl, dass du Oberschlaui alles weist! Was?" zischte er Tala an.

"Ich verstehe nicht was du schon wieder für einen Aufstand machst!"

"Jetzt kann der kleine Alleswisser noch nicht einmal denken!" spöttelte Kai über diese Antwort.

Nun war es Talas Geduldsfaden, der riss. "Nun spuck's doch endlich aus, was du von mir willst oder lass mich mit deinem Scheiß in Ruhe!" schrie er Kai an.

"Bei dir braucht man ja schon einen Vorschlaghammer um noch was aus deinem Erbsenhirn rauszuhauen!" setzte Kai nach.

"Ich hab' kein Bock auf so was!" murrte Tala "Ich werd lieber die Küche etwas in Ordnung bringen, Judy freut sich, wenn sie nach Hause kommt und...!"

Mit zornig funkelnden Augen zog Kai den Älteren derb am Arm zurück und schrie: "Natürlich, Judy hier und Judy dort...Du bist ein richtiges Muttersöhnchen!

"Ach, deswegen bist du heute ein säuerlicher Milchbubi. Es geht mal wieder um Judy!" spottete Tala.

Kais düsterer Blick zeigten ihm, dass er Recht gehabt hatte.

"Weist du, wenn du ein Problem damit hast, dass wir uns so gut verstehen, dann ist das dein Ding. Aber lass mich gefälligst mit deinen Eifersuchtsszenen in Ruhe."

Er riss sich los und wollte gerade durch die Tür in die Küche gehen, als er sich eines Besseren besann. Er hatte den idealen Aufhänger für das, was er schon lange tun wollte - Kai so richtig schaden und ihn am Boden zerstört sehen.

"Obwohl..." begann er mit honigsüßer Stimme "...ich kann verstehen, dass du so an ihr hängst, bei deinen Eltern!"

Kai stutzte. Was für eine List führte Tala jetzt im Schilde. Ihm war nicht entgangen, dass der Ältere in letzter Zeit mehr auf die Streitereien eingegangen war als zuvor. So als ob er beschlossen hätte zurückzuschlagen. Vorsichtig und nicht verratend was er dachte, sah er Tala fragend an.

"Weißt du, eigentlich kannst du einem Leid tun. Ich hatte schließlich Eltern, die mich aus Liebe auf die Welt gebracht haben, aber deine...."

"Was ist mit meinen Eltern?" fragte Kai jedes Wort langsam und betont sprechend.

"Komm schon! Jeder in der Abtei wusste doch, dass deine Mutter zu der Hochzeit gezwungen wurde und, dass dein Vater dich nicht wollte!"

Das war ein Schlag mit dem Kai nicht gerechnet hatte. Für einen kurzen Moment gerieten seine Gesichtsmuskeln außer Kontrolle. Doch er hatte sich schnell wieder gefangen als er den Triumph auf Talas Gesicht erkannte.

Tala hatte bemerkt welche Wirkung diese Worte auf den Jüngeren hatten. Er genoss es zurückschlagen zu können und kostete es voll aus.

"Ach, weißt du was man sich noch erzählt?" setzte er nach.

"Nein, aber wie ich dich kleine rothaarige Tratschtante einschätze, wirst du es mir gleich sagen!" stichelte Kai, denn er wollte seinem Gegenüber nicht noch eine Chance für einen Triumph bieten.

Tala schien diese erneute Stichelei äußerlich nicht berührt zu haben, doch seine Stimme zitterte vor Zorn als er weitersprach. Nun war er endgültig soweit Kai vernichtend schlagen zu wollen, mit allen Mitteln.

"Dass es deine Mutter fertig gebracht hat ein Kind in die Welt zu setzen, ist schon eine erstaunliche Leistung, aber das reichte ihr ja nicht! Diese Schlampe musste es unbedingt auch mit 'nem andern Kerl treiben und noch eine Missgeburt in die Welt setzen."

Leichenblass und mit todbringend funkelnden Augen zischte Kai: "Wie hast du meine Mutter genannt?"

"Nur eine Schlampe wie sie konnte eine nichtsnutzige Missbildung wie dich gebären." Jedes dieser Worte lief Tala wie Öl von der Zunge. Er spürte wie Kai zu zappeln begann, bald würde er ihn am Boden haben. Diese Tatsache stachelte ihn nur noch mehr an. "Also ehrlich, nicht einmal zum Kinderkriegen war sie zu gebrauchen! Kein Wunder, dass dein Vater sie umgebracht hat."

Kais Fassung entglitt seiner Gewalt. "Wie bitte?" keuchte er.

"Ups! Sag bloß, dass wusstest du nicht?" fragte Tala gehässig.

Kai schluckte schwer. Er hatte so lange in der Abtei gelebt und niemand hatte ihm etwas erzählt, nicht einmal sein eigener Großvater. Alles lief, damals wie heute, hinter seinem Rücken ab. Mit einem Schlag fühlte er sich so klein und unbedeutend wie noch nie zuvor.

Tala gab dem Jüngeren keine Chance sich von dem Schock zu erholen und schmückte seine Behauptung aus.

"Aber in eurer Familie haben alle anscheinend die Dummheit mit Löffeln gefressen, sonst hätte sich dein Vater bei dem Mordversuch seiner Frau nicht selbst mit in die Luft gesprengt. Eigentlich hatte er deine Mutter nur heiraten müssen, weil er die Biovolt haben wollte. Das war die Bedingung. Und nun soll so etwas wie du sie erben!"

Bei der Erwähnung der Biovolt hatte Kai es geschafft wieder Herr seiner inneren Lage zu werden. Immer noch leichenblass aber schlagkräftiger zog er wieder ins Feld.

"Ich reiß mich nicht drum! Du kannst sie von mir aus gerne haben!"

"Wieso ich?" stutzte Tala. "Mit der Biovolt will ich nichts mehr zu tun haben, außerdem müsste ich da mit Voltaire verwand sein...Nein Danke!"

Nun war es an Kai zurückzuschlagen. "Es wird dir nur wahrscheinlich nichts anderes übrig bleiben, schließlich bist du der Ältere von uns Beiden."

"Wie? Was soll das heißen? Kai, was...!" jetzt wurde Tala leichenblass. Nein, das war unmöglich. Kai konnte doch nicht sein...oder doch, aber wie war das möglich?

"Das kann ich dir sagen!" unterbrach Kai den Gedankengang seines Kontrahenten. " Du warst doch schon immer Großvaters Liebling. Es hieß immer Tala hier, Tala dort und nimm dir ein gutes Beispiel an Tala. Er hat dich von vorne bis hinten gefördert während ich für ihn nur eine steuerbare Waffe war. Und als ob das noch nicht genug wäre kommst du mir auch noch hier dazwischen. Ich war so froh einmal einen Menschen zu haben, der mich so angenommen hatte, wie ich war und kaum tauchst du hier auf, dreht sich schon wieder alles nur um dich!" Eine stumme Träne lief ihm dabei über die Wange.

Tala war vollkommen perplex. Er wusste nicht mehr, was er sagen sollte.

"Hast du's endlich geschnitten, du Idealvorzeigbild von einem großen Bruder!"

Es war also wahr. Er, Tala, hatte einen kleinen Bruder.

"Aber... - Wie..."

"Mein, von dir so trefflich bezeichneter, ,dämlicher' Vater ist zufälligerweise auch deiner." Kais Stimmklang war anzuhören, dass er mächtig zu tun hatte die Tränen hinunterzuschlucken. " Ja, da guckst du jetzt dumm aus der Wäsche. Das hättest du nicht gedacht!"

"Kai... - Ich..." brachte der Ältere mit Müh und Not stammelnd hervor.

"Ach, lass mich in Ruhe!" knurrte Kai und lief wütend, sich mit dem Ärmel das Gesicht abwischend, aus dem Zimmer.

An der Tür stieß er mit Ray zusammen, der gerade gekommen war und die letzten Brocken des Streites schon beim Öffnen der Tür mitbekommen hatte.

Ein kurzer Blick in das Gesicht seines Geliebten sagte Ray, dass er ihn im Moment besser allein lassen sollte.

Kai ließ Ray stehen, stapfte stocksauer die Treppe nach oben und verschwand mit lautem Türkrachen in seinem Zimmer. Dort angekommen brach er auf dem Bett zusammen und begann all seinen verwirrten Gefühlen freien Lauf zu lassen.
 

Ray schaute Kai etwas verwirrt hinterher. Es war zwar nichts Neues, dass die Zwei zusammen gekracht sind, aber diesmal war es anders; Kai war anders. Mit etwas besorgtem Blick betrat er das Wohnzimmer und blieb jäh stehen. Tala blickte ihn verstört und mit bleichem Gesicht an.

"Hast du es gewusst?" fragte er nuschelnd.

Ray starrte ihn fragend an, aber eigentlich wusste er, was Tala von ihm wollte. Konnte er es riskieren ihm zu sagen, dass er es schon länger...?

"Du hast es also gewusst!" deutete der verstörte Junge Rays Schweigen richtig. "Ich nehme an, ihr alle wusstet, dass Kai mein..." Tala machte ein kleine Pause. "...leiblicher...Bruder ist."

Der Chinese wusste, dass Schweigen nichts mehr brachte. Jetzt, wo Tala die Wahrheit kannte. "Ja, aber genau genommen seid ihr nur Halbgeschwister und etwa ein Jahr auseinander."

"Ich weis. Selber Vater, aber unterschiedliche Mütter!" flüsterte Tala und ging zum Sofa um sich zu setzen.

Er hatte den Schock noch immer nicht überwunden. Ray war sich zwar bewusst darüber, dass Kai ihm das übel nehmen würde, aber trotzdem: hier, vor ihm, saß ein verzweifelter Junge, dem man sein ganzes Leben lang Märchen erzählt hatte und konnte es noch immer nicht glauben, dass eine Person, auch noch die, die er am meisten verachtet hatte, sein Bruder sein sollte.

Ray setzte sich neben Tala auf das Sofa und legte ihm liebevoll den Arm um die Schultern. "Nun , ist die Tatsache so schlimm für dich, dass ihr Halbbrüder seid?"

"Nein, das ist es nicht..." murmelte der Gefragte.

"Was ist es dann?"

"Ich habe Kai Dinge gesagt, die..." Tala stockte unweigerlich.

"Was für Dinge waren das denn?" fragte der Chinese und blickte Tala liebevoll, aber bestimmend in die Augen.

"Na ja, über seine Eltern bzw. habe ich seine Mutter eine....und seinen, nein, unseren Vater..." ihm blieb die Stimme stecken und Tränen lief ihm über die Wangen.

"Ist schon gut!" beruhigte ihn Ray und nahm ihn tröstend in den Arm.

Diese lieb gemeinte Geste war jedoch ein Fehler. Ein kurzes scharfes Einatemgeräusch lies ihn erschreckt aufsehen. Kai stand mit einem Blick in der Tür, den Ray noch nie bei ihm gesehen hatte. Nicht einmal Tyson hatte er früher solche vernichtenden Blicke zugeworfen, wie jetzt ihm und Tala. Mit einem lauten Krachen flog die Tür ins Schloss und Kai rannte die Treppe hinauf. Krach, seine Zimmertür war ebenfalls zu.

Ray sprang auf. "Kai!" rief er dem Jungen hinterher.

Ein schließendes Geräusch war die Antwort. Kai hatte seine Zimmertür abgeschlossen.

"Schitt, das hat et wohl in den falschen Hals gekriegt!" murmelte Ray zu sich.

Er hatte nicht bemerkt, dass Tala neben ihm aufgetaucht war und seine Bemerkung gehört hatte.

"Ihr benehmt euch manchmal wie ein altes Ehepaar!" sagte er und versuchte matt zu lächeln.

,So kann man's auch sehen!' dachte Ray und laut sagte er: "Du wartest hier!"

Langsam und sich schon ein paar Worte zurechtlegend ging er die Treppe rauf zu Kais Zimmertür und klopfte. Da keine Antwort kam, versuchte er die Tür aufzumachen. Der Versuch war unnötig, denn eigentlich wusste Ray, dass Kai seine Tür versperrt hatte.

"Kai! Mach die Tür auf!"

Keine Antwort.

"Bitte, Kai. Komm schon und mach keinen Scheiß!"

Immer noch keine Antwort.

"Kai, bitte mach auf. Ich habe keine Lust mit Holztüren zu sprechen!"

"Wieso sollte ich das tun?" rang sich Kai nun endlich zu einer Reaktion durch.

"Weil ich gerne mit dir über Tala und dich reden möchte!"

"Tala und du wolltest du wohl sagen!" schrie Kai im Zimmer so laut, dass Ray sein Ohr von der Tür wegnahm. "Ich hab doch genau gesehen, wie ihr zusammen gekuschelt habt!"

"Das ist nicht wahr. Ich habe ihn doch nur getröstet!"

"Ach TRÖSTEN nennt man das jetzt!"

"Kai. Bitte! Du weist genau, dass zwischen Tala und mir..." begann er einen verzweifelten Erklärungsversuch.

"Ach, wie lange läuft es denn schon zwischen euch!"

"Nicht lange! Ich meine da läuft überhaut Nichts!"

"Kein Problem. Ich versteh das schon. Geh doch runter zu deinem Talamäuschen. Mich brauchst du ja schließlich nicht mehr!"

"Du Dummerchen...." sagte Ray lächelnd. "Du weist doch genau, dass ich dich brauche. Mehr als sonst irgendjemanden!"

"Wieso, Tala ist dir wohl für Sex nicht gut genug?"

"Wie kannst du in so einem Moment an Sex denken!" entrüstete sich Ray.

Ein ersticktes Kichern aus dem Zimmer war die Antwort. Ray atmete auf. Kai hatte ihm verziehen und er glaubte ihm.

"Bitte, bitte, mach die Tür auf!" wagte der Chinese einen erneuten Versuch.

Doch so sehr er sich auch gefreut haben mochte, Kai dachte nicht daran die Tür zu öffnen und schleuderte seinem Geliebten ein bockiges "NEIN!" entgegen.

Langsam, aber sicher gingen Ray die Argumente aus. Er musste es über eine andere Schiene versuchen.

"Sei einmal ehrlich. Wie hättest du denn reagiert, wenn du plötzlich erfahren hättest, dass du einen jüngeren Bruder hast?"

Wieder war Stille die Antwort.

"Du hast mir doch selber erzählt, dass du im Flugzeug geweint hattest, als du die Todesanzeige von Tala...!"

"Schon gut!" wurde er von Kai unterbrochen.

Ray lauschte. Er konnte leise Schritte vernehmen und dann wurde die Tür aufgeschlossen.

Aufatmend und glücklich lächelnd schloss er Kai in die Arme, der die Umarmung zunächst erwiderte. Doch mit einem Schlag lies er locker und wand sich aus Rays Armen.

"Was ist denn?" wollte Ray wissen.

Doch Kai funkelte ihn wiederum mit diesem vernichtendem Blick an, dann sah er zur Treppe. Ray folgte seinem Blick.

"Tala!" keuchte er.

Der Junge stand am oberen Treppenabsatz und starrte mit angsterfülltem Blick in Kais Richtung. Ein Zucken ging durch seinen Körper und mit einem Satz war er die Treppe runter und zur Tür hinaus.

"Ich schwöre dir Kai, dass ich es nicht wusste. Er sollte unten warten!"

Kai wollte gerade etwas darauf erwidern als von draußen ein Motorengeräusch an ihre Ohren drang. Ohne ein weiteres Wort lief er an dem Chinesen vorbei, die Treppe nach unten und riss die Wohnungstür auf.

"Tala!!!" schrie Kai die regennasse Straße entlang.

"Bist du denn völlig des Wahnsinns!" rief Ray händeringend, als er ins Freie trat. "Du kannst ihn doch hier draußen nicht bei seinem richtigen Namen nennen und dann schreist du ihn noch die ganze Straße entlang!"

"Ich...das wollte ich nicht." stammelte Kai und blickte sich ängstlich um.

"Lass uns wieder rein gehen! Du hattest Glück, das hier niemand weit und breit zusehen ist!"

Ray legt seinem Geliebten den Arm um die Schultern und führte ihn wieder ins Haus zurück. Als die Tür ins Schloss fiel löste sich Kai aus der Umklammerung und sah Ray mit schuldbewusstem Blick an.

"Ich wollte doch nicht..." begann er wieder.

"Schon gut Kai!" versuchte Ray ihn zu beruhigen. "Mach jetzt bloß keine Dummheiten! Es reicht, wenn Tala den Job jetzt übernommen hat!"

Ein mattes Lächeln huschte über Kais Gesicht. "Aber jemand muss ihn suchen!"

"Ja!" stimmte Ray zu. "Aber nicht du! Ich werde Judy jetzt abholen und du WARTEST hier, falls Tala zurück kommt!"

"Aber, das dauert..."

"Keine Widerrede! Du hast gesehen, was passiert ist und ich sagte Tala auch, dass er warten sollte!"

Kai sah geknickt zu Boden.

"Hey! Das wird schon wieder!"

Ray beugte seinen Kopf etwas nach unten um Kai ansehen zu können.

"Schon gut! Ich warte!" war die niedergeschlagene Antwort des Jungen.

Mit einem lauten Krachen flog die Tür ins Schloss. Kai stand alleine im Flur.

Als ob er jemanden zustimmen würde nickte er plötzlich. Dann rannte er in das Wohnzimmer, wo noch immer sein Rucksack lag und kramte etwas aus ihm heraus. Keine Minute später hatte er wetterfeste Sachen an und rannte die Strasse entlang bis zur nächsten Kreuzung.

Er hielt inne. Bis jetzt hatte er gar nicht darüber nachgedacht, was er eigentlich tat. Er spürte Schmerzen in seiner rechten Hand, die ihn bis eben gar nicht aufgefallen waren. Er sah hinab - der Schlüssel. Kai hielt ihn so umklammert, dass er bereits weiße Fingerknöchel und tiefe rotumrandete Abdrücke in der Handfläche hatte. Schnell ließ er ihn in seine Jackentasche gleiten. Doch er musste noch eine Frage klären: Welchen Weg sollte er nun einschlagen?
 

Tala blickte sich um. Er konnte nicht begreifen, wie er bis hierher gekommen war, bis in den Steinbruch. Doch Kai hatte ihn so vernichtend angesehen, dass... Tala wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und stierte abermals mit leerem Blick in die Umgebung.

,Kai fährt immer hierher, wenn er Frust abbauen will.' ging es Tala durch den Kopf. "Warum sollte ich das nicht auch können!" sagte er laut als Bekräftigung und ließ den Motor aufheulen. Mit Schwung fuhr er den ersten Hügel hinauf.

Nach einem kurzen Überblick zur Lageerkennung, suchte er sich einen schmalen Weg aus, von dem er wusste, dass er zum obersten Pass führen würde.

Ein mulmiges Gefühl ging durch seinen Bauch als er den engen Pfad passierte. Zu seiner Rechten lag ca. 25 Meter unter ihm ein kleines Gewässer, während die linke Seite einen felsigen Abhang präsentierte.

Plötzlich geriet der Buggy ins Schleudern. Tala konnte ihn gerade noch rechtzeitig von der rechten Seite weglenken. Seine Bewegungen waren allerdings so groß, dass er unweigerlich die Gegenrichtung einschlug und den geröllhaltigen Abhang hinunterraste. Mit heftigen Herzklopfen fing er den Buggy am Fuße des Hanges ab und blieb stehen um zu verschnaufen.

"Puh! Das ist gerade noch mal gutgegangen!" murmelte er.

Nur kurze Zeit später fuhr er weiter, es galt schließlich einen Rückweg zu finden. Er folgte dem Fuß des Abhangs etwa zehn Minuten, bis er einen geeigneten Weg gefunden hatte. Ohne weiter zu zögern gab er Gas und fuhr direkt auf den Weg drauf zu. Er bremste scharf.

Tala blickte in ein weiteres wesentlich tiefes Loch, das aber noch in Betrieb zu sein schien. Überall standen, allerdings vereinzelt, Baufahrzeuge herum.

,Zum Glück keiner hier' dachte er.

Mit einer geschickten Armbewegung brachte er den Buggy in Fahrtrichtung und fuhr den ansteigenden Weg nach oben. Doch schon nach wenigen Metern begann der Weg steiler zu werden. Dazu kam, dass es die letzten Tage so stark geregnet hatte, dass der gesamte Weg nur noch aus einer einzigen schmierigen Schlammasse bestand.

Bevor Tala überhaupt verstand was los war, hatte er die Kontrolle über das Fahrzeug bereits verloren und rutschte den steilen Weg wieder hinunter. In einer leichten Beugung schaffte er es dann auch nicht mehr den Buggy auf der schlammigen Masse zu halten. Ungebremst schlitterte das Fahrzeug vom Weg.

Fast gelähmt vor Angst warf er einen Blick über seine Schulter. Hinter ihm, keine zehn Meter, befand sich eine steilabfallende Bergwand direkt in den Steinbruch. Verzweifelt versuchte er den Motor aufheulen zu lassen um den Buggy wieder auf den Weg zu bringen. Doch dies war der zweite fatale Fehler, den er machte. Das Vorderrad rutschte weg und das Fahrzeug kippte zur Seite. Tala schrie auf, als er von dem schweren Gefährt getroffen wurde. In Sekundenschnelle durchzuckte ein ungeheuerlicher Schmerz seinen Fuß und zog sich das Bein hinauf.

,Bloß weg, bevor das Teil mich noch....' weiter kam er in seinen Gedanken nicht. Er nahm nur noch einen Schatten wahr und riss reflexartig die Arme vor das Gesicht, als der Buggy ihn überrollte.

Ein dumpfer Schlag gegen seine Brust ließ ihn hart nach hinten schlagen mit dem Kopf gegen einen Stein. Die Welt um ihn herum drehte sich plötzlich noch schneller, während er weiter den Hang hinunterkullerte. Dann sank ein Schleier vor seine Augen. Er registrierte noch die näherkommende Kante, über die der Buggy gerade stürzte, dann wurde alles schwarz und er fiel in eine unendliche Leere.



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Kommentare zu diesem Kapitel (20)
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Von:  Destinysoul
2012-06-18T16:51:05+00:00 18.06.2012 18:51
*kinnlade hochschieb*
ach du schande.... Ach du schande schande schande weh!

Tala hört nicht auf Ray, Kai auch nicht und nu rennt er weg, Tala hat einen Unfall.... Und dann dieser Streit! Auaweh!
Das hält man doch im Kopf nicht aus!
Schlimm! Ich werd ihr grad hysterisch! Au wei! Sorry, das ist das konstruktivste was ich zu stande bringe, ich muss weiter lesen!
Von: abgemeldet
2008-04-14T16:56:57+00:00 14.04.2008 18:56
WAH ich nehm alles zurück ich bin grad voll aufgelöst udn hab tränen in den augen und nicht das es mit dieser traurigen szene zwischen den beiden schon genug ust nein jetzt baut mein yuriylein auch noch so einen bösen unfall *flenn* *weiterlesen muss* das hält mein herz nicht aus >.<
Von: abgemeldet
2007-04-11T06:50:52+00:00 11.04.2007 08:50
So hier ist mein Kommi zu Kapitel 20:

Höchst dramatisch! Dass hier aber auch alle teuren technischen Spielzeuge kaputtgehen müssen. Also ich weiß jetzt schon, was mit den diversen anderen, tierisch teuren Fahr- und Flugzeugen passiert: Sie explodieren, gehen unter, stürzen ab oder werden wie auch immer in Katastrophen verwickelt. Ich habe das Muster erkannt!!! Aber solange die Helden nicht ernsthaft zu Schaden kommen…

UND TALA IST DOCH NICHTS PASSIERT!?!
Von:  Alphawoelfin5
2006-11-30T07:52:50+00:00 30.11.2006 08:52
Oh nein, Tala!!!!!! Können die zwei nicht vernünftig miteinander reden!!! Kai, Tala, ihr zwei seid solche Idioten!!!! *eine große Runde Knuddeln und Knuffen für die zwei*
Von:  JoeyB
2006-07-08T08:03:41+00:00 08.07.2006 10:03
Ach du Scheiße!!
(Das schreibe ich jetzt bei jedem Kapitel)
Tala!!!
*kreisch*
Das Kapitel auf nüchternem Magen... Ich hätte vorhin echt was essen sollen u.u
Boah, das ist voll schlimm!!
Erst dieser Streit... Ich fand's so schrecklich, wie Tala von Kais Eltern geredet hat... Und als Kai ihm dann gesagt hat, dass sie Brüder sind...!!! Und vorher schon in der Schule! Das war schrecklichlich! Und dann hat Ray auch noch Tala getröstet und...!!
Oh shit!!
*heul*
Ich bin mit den Nerven voll am Ende, das wisst ihr hoffentlich!
*mit weit aufgerissenen Augen starrt*
Okay, dass Tala nicht tot ist, weiß ich ja (kenne ja Auszüge aus späteren Kapiteln), aber... Das gibt's doch nicht!!
*unglücklich*
Von: Rizumu
2006-06-23T12:11:14+00:00 23.06.2006 14:11
Hm~~
Soll ich?
Oder soll ich nicht?
Ich lass es lieber!
Es existieren mir zuviele Tala Fans hier!
*lach*
Von: abgemeldet
2004-02-27T15:24:57+00:00 27.02.2004 16:24
Whaaaaaaaaaa!
Tala!
Im soll bitte schnell geholfen werten.
Mata ne, Mnemosyne
Von:  uteki-chan
2004-02-24T20:22:30+00:00 24.02.2004 21:22
ahhh!! nicht jetzt aufhören!!! nicht da!
ahhh!!!! das ist ungerecht!!

kiss deine aqua
Von:  -Viala-
2004-02-24T19:17:43+00:00 24.02.2004 20:17
AUA! Das muss wehgetan haben!
Wenn die nochmal so fetzen, werde ich einen Luftsprung machen, so witzig ist das //ist verwirrend aber wahr//!!

Weitermachen!!

Los!!

Scheut keine Mühen!!

Danke!!

-Viala-
Von:  naochan
2004-02-24T15:30:24+00:00 24.02.2004 16:30
Je schneller ihr weiter macht,desto schneller ist alles in ordnung!!!


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