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Nighttown

Die Nacht ist noch nicht vorbei
von

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Der Hofstaat

Die Fahrt war wahnsinnig gut gemacht. Jeder Sitz hatte Kopfhö-rer, mit denen man genau verstehen konnte, was der Tourführer zu den Objekten erzählte. Neben historischen Bauwerten, wie dem Schloss und dem dazugehörigen Park, einer alten Festung und Sta-tuen, wurden auch moderne Objekte gezeigt, wie der Fernsehturm und einige moderne Hochhäuser. Während der Fahrt lehnte Falke an mir. Das machte mich ganz nervös, ich konnte nichts dagegen tun. An einigen Orten beugte sich Falke leicht über mich und zeigte mir Stellen, an den es zum Beispiel die besten Chinanudeln in der Stadt gab, wo es einen Laden für Gang-Sachen gab oder wo sie mal trainiert hatten. Aber auch an seiner Universität fuhren wir vorbei. Jedes Mal wenn er etwas sagte, sah ich ihn fasziniert an und lächel-te dann verlegen, wenn er geendet hatte und ich meinen Blick ein-fach nicht von ihm wenden konnte. Doch meistens lächelte er zu-rück, was mein Herz höher schlagen ließ. Ich wusste, dass er kein großer Redner war und auch, dass er selten lächelte, sodass ich jede dieser Gesten als etwas Besonderes ansah.

Und dann kam ich mir etwas blöd vor. Ich wusste, dass ich mir Hoffnungen machte.

Yuni redete beinahe ununterbrochen, nebenbei zeigte sie mir ih-re alte Schule, die man vom Bus aus sehen konnte. Das alte, von Efeu bewachsene Gemäuer wirkte richtig romantisch. „Die nächste müssten wir unbedingt mal aussteigen“, sagte Yuni und stand freu-dig auf. Falke schien verwundert. „Was kommt denn jetzt?“, fragte ich.

„Die Burgarkaden! Das muss man von drinnen angeguckt ha-ben!!“ Falke seufzte genervt doch stand auf. „Arkaden? Ist das nicht was zum Einkaufen?“ Yuni zwinkerte mir zu. „Na klar!!“ Dann lachte sie. „Na ok. Das Besondere ist, dass es im Stil einer alte Burg gebaut wurde. Von innen ist es wirklich sehenswert.“ Wir gingen nach un-ten. „Naja. Zumindest der vordere Teil.“ Wir stiegen aus befanden uns auf einem großen Platz, der mit blühenden Bäumen und kleinen Blumenrabatten geschmückt war. Vor uns ragte, leicht erhöht, ein steinernes Gebäude auf. Es war wirklich so, wie man sich eine Burg vorstellte, mit Türmen und Zinnen und von einer Mauer umring, an dessen Fuß sich etliche Ziersträucher befanden. Das Burgtor schein sogar eine Art Fallgatter zu besitzen. Riesige Menge an Leuten strömten durch das Tor.

„Ein Teil der Burg wird sogar als Museum genutzt“, erklärte Yuni, während wir uns dem Gebäude näherten. Wir gingen ein paar steinerde Stufen hinauf zum Burgtor. Von Nahem wirkte alles noch viel beeindruckender. Durch den Haupteingang kamen wir in eine Art Innenhof. Hier säumten sich am Rand, eingelassen in die Burg kleine Geschäfte, vor allem Cafés, die gut besucht waren. Es wirkte urig, aber auch ungemein gemütlich. In der Mitte des Hofes gab es einen Springbrunnen und ein paar Sitzgelegenheiten, die bei diesem sonnigen Wetter ausgiebig genutzt wurden. „Hier gehe ich öfter einen Kaffee trinken“, erklärte Yuni und zeigte auf eines der Cafés. Wir gingen durch einen zweiten Eingang, tiefer in die Burg hinein. Der Menschenstrom hier war gewaltig. Ich hielt mich an Falkes Shirt fest, während Yuni nach meiner Hand griff. Der Gang war nicht breit, doch schön anzusehen. Der steinerne Gang war von Säulen durchzogen und über uns ragte in wenig Abstand ein fein verziertes Gewölbe. Viele kleine Fenster an den Seiten sorgten für ein wenig Licht.

„Hier ist der Eingang zum Museum“, sagte Falke und drehte sich zu mir herum. Der Gang endete in einem großen Wegkreuz. Die meisten Menschen gingen weiter geradeaus, wo es zu den Einkaufs-läden ging. Ab dort konnte man auch wieder das typischen Design einer Einkaufspassage erkennen. Weniger besucht war das Muse-um, obwohl es einen einladenden Eindruck machte. „Es ist schön hier.“ Yuni nickte. „Es ist schon etwas Besonderes, oder?“ Ich nickte heftig. „Wollen wir wieder zurück? Oder willst du mit mir shoppen gehen?“ Wir lachten. Doch Falke schüttelte energisch den Kopf und schob mich wieder zurück. Als wir wieder im Burghof angekommen waren, setzten wir uns kurz an den Springbrunnen.

„Das ist bestimmt ganz schön anstrengend, wenn man hier ein-kauft, oder?“, fragte ich an Yuni gewandt. Sie zuckte mit den Schul-tern. „Wenn es um Klamotten geht, kenn ich keine Erschöpfung.“ Ich lachte. „Echt nicht? Du bist ja taff.“ Sie winkte ab. „Naja. Ich geh zwar auch gerne einkaufen, aber da ich ab und an modele, muss ich immer auf dem neusten Stand bleiben. Und beim Modeln ist man auch oft stundenlang auf den Beinen. Daher bin ich das gewohnt.“

„Wahnsinn!! Du modelst? Machst du das hauptberuflich?“, er-kundete ich mich. Yuni war wirklich eine Schönheit. Mit ihren lan-gen, hellblonden Haaren und dem feinen Gesicht mit der Porzellan-haut, wunderte es mich nicht, dass sie modelte.

„Nein, nein!“, wiedersprach sie schnell. „Schöne wäre das. Ei-gentlich bin ich Kindergärtnerin. Allerdings nicht Vollzeit. Habe eine Halbzeitstelle und halt mich mit den Model-Jobs über Wasser.“ Sie lachte. „Naja. Und das bisschen, was ich bei den Geistern verdiene“, fügte sie noch leise hinzu. „Da kann man was verdienen?“ Sie seufz-te. „Ist nur ein kleines bisschen, aber schon nett, dafür, dass man mitten in der Nacht Aufpasser spielen muss.“

„Das ist wirklich nicht schlecht. Und was-“

„Hey! Ist das nicht Chaos?“, unterbrach Falke uns. Der Mann, der auf uns zukam, hatte strubbelige rote Haare und Sommersprossen im Gesicht. Er grinste frech, als er näher kam. „Was für ein Zufall. Was macht ihr denn hier?“ Er musste etwa in unserem Alter sein. Er begrüßte Falke mit einem Handschlag und salutierte dann vor Yuni, die daraufhin in Lachen ausbrach. Als er mich bemerkte, reichte er mir gleich die Hand. „Ich bin Chaos. Der Name ist Programm.“ Ich reichte ihm die Hand. „Bist du Falkes Schwester, oder so?“, fragte er, während er meine Hand kräftig schüttelte. Yuni lachte wieder. „Chaos, du Honk!! Du bist bestimmt der erste der das fragt.“ Falke schüttelte den Kopf. „Du hattest doch ‘ne Schwester, oder?“

„Ja, die ist aber 5 Jahre jünger“, antwortet Falke. Chaos wurde rot. „Ach stimmt ja.“ Dann lachte er. „Sorry. Wollte dich nicht jün-ger machen.“ Er hatte meine Hand noch immer nicht losgelassen. Ich konnte nicht anders, als ebenfalls zu lachen.

„Ich bin Marie. Ich bin gerade zu Gast bei Falke. Er hat mich auf-genommen.“

„Marie kommt aus Tessella. Das ist echt ‘ne geile Geschichte, Chaos. Setz dich.“ Es setzte sich und Yuni erzählte ihm meine Ge-schichte vom dem Zeichen, von Choffie und dem Kennenlernen in der Bar. Natürlich musste ich ihm auch das Foto zeigen.

„Ach man! Ich vermisse Choffie voll“, seufzte er und lehnte sich zurück. Dann sah er sich um. „Socke ist aber nicht hier, oder?“ Yuni schüttelte den Kopf. „Oh gut. Der hätte das besser nicht hören dür-fen.“ Er sah zu mir. „Weißt du, vor Socke solltest du sie lieber nicht erwähnen.“ Ich nickte. Dann lachte er. „Das war schon früher so. Wenn du zu oft ihren Name erwähnt hast, stand er plötzlich hinter dir und hat dich mit bösen Blicken fixiert. Das war vielleicht gruse-lig.“

„Wieso das?“

Er zuckte mit den Schultern. „So war Socke schon immer. Er war der Hammer, der beste Anführer, den man sich vorstellen kann, extrem intelligent und stark. Aber Choffie war sein wunder Punkt.“ Ich war überrascht. Ich hatte mir schon gedacht, dass etwas zwi-schen Choffie und den anderen vorgefallen sein musste. Aber Socke und sie mussten sich nah gestanden haben. Für ihn musste es be-sonders schlimm sein.

Es machte mich neugierig. Ich wollte erfahren, was passiert war, doch bevor ich fragen konnte, bemerkten wir ein Mädchen neben Falke. Sie tippte ihm auf die Schulter. „Na du. Was machst du hier?“, begrüßte das Mädchen ihn. Sie war sehr dünn, mit lockigen dunkelblonden Haare und einem schmalen, freundlichen Gesicht.

„Ebby. Das ist ja verrückt“, begrüßte Yuni sie. Das Mädchen lä-chelte zu Yuni. „Yuni und Chaos, richtig?“, sagte sie. Als die beiden nickten, reichte sie ihnen die Hand. „Und du bist?“, fragte sie an mich gewandt. „Ich bin Marie.“ Sie reichte auch mir die Hand. „Ich bin Ebby. Eine alte Schulkameradin von…“ Sie stockte und sah zu Falke. „Falko?“, riet sie. „Falke“, verbesserte Chaos sie. „Ach ja.“ Sie lachte. „An die Gangnamen hab ich mich nie gewöhnt.“

„Ist ja echt witzig. Dass wir uns alle hier treffen, ist schon ein ko-mischer Zufall“, lachte Yuni. Ebby stimmte ihr zu. „Gibt manchmal schon komische Zufälle.“

„Bist du auch ein Mitglied gewesen?“, fragte ich sie. Doch sie schüttelte lachend den Kopf. „Das wär ja noch schöner!! Nein, nein. Ich weiß einfach nur Bescheid.“

„Also hast du es ihr gesagt?“, fragte ich Falke. Ich hatte geglaubt, dass sie es niemanden verraten würden.

„Er?“ Ebby lachte noch lauter. „Der Typ hätte nie was gesagt. Ich meine, er redet ja sowie so kaum, wie soll er da was ausplappern?“ Sie grinste schelmisch. „Nein. Ich habe es selber herausgefunden. Jaja! Ich bin halt pfiffig!!“, lobte sie sich selbst und lachte wieder. Dann beugte sie sich zu mit. „Ich mach nur Spaß. Nimm mich nicht so ernst.“ Ich lächelte. Sie hatte wirklich einen seltsamen Humor.

„Ebby ist wirklich ein Schatz. Da sie hier in der Stadt wohnt und total coole Eltern hat, konnten wir ab und an mal bei ihr übernach-ten und von ihr aus zu den Battles starten. Das hat viel Zeit ge-spart“, erklärte Yuni. „Ist Ebby dein echter Name?“, fragte ich. Das war nun wirklich kein gewöhnlicher Name. Sie nickte. „Ich wurde nach dem ersten Hund benannt, den meine Eltern hatten.“ Ich stutzte. „Echt?“ Sie grinste. „Kein Witz.“

Yuni beugte sich zu mir. „Glaub ihr nicht zu viel. Sie legt es drauf an, dich zu verarschen.“ Ebby steckte kurz die Zunge raus und sah unschuldig nach oben. „Ich doch nicht.“ Yuni und ich kicherten.

„Was machst du eigentlich hier?“, fragte Chaos.

„Ich war gerade mit… wie hieß sie? Ach ja! Ich war gerade mit Cat unterwegs. Ich war noch kurz was aus dem Buchladen abholen. Ihr habt sie knapp verpasst.“

„Schade“, sagte Yuni.

Ich weiß nicht, wie lange wir an dem Springbrunnen saßen und ich Ebby zugehört hatte, die von den Malen erzählte, als ein paar der Schatten bei ihr übernachtet hatten. Sie war sogar bei einigen Kämpfen dabei gewesen. Sie selbst bezeichnete sich aber als unter-durchschnittlich sportlich, sodass sie kein Interesse hatte, den Schatten beizutreten. Natürlich musste ich auch ihr meine kleine Geschichte erzählen. Sie war begeistert von Choffies Aktion und wollte, dass ich ihr das Foto schickte.

Interessanterweise musste sie die echten Namen von Cat, Falke und Choffie kennen, da sie bei ihnen öfter nach den Gangnamen nachfragte. Leider verplapperte sie sich nie, sodass ich den echten Namen von Falke nicht erfuhr.

Als ich auf die Uhr sah, stellte ich erschrocken fest, dass es fast drei Uhr war. So langsam meldete sich auch der Hunger. Yuni sah ebenfalls auf die Uhr. „Wollen wir langsam weiter?“, fragte sie an mich und Falke gewandt.

„Was macht ihr denn schönes?“, erkundigte Ebby sich.

„Wir machen diese Bustour, damit Marie mal was von der Stadt sieht.“

„Klingt lustig.“ Wir standen auf. Ebby sah Chaos an. „Und was machst du?“ Er druckste. „Ich dachte… vielleicht trinken wir einen Kaffee zusammen?“ Ich konnte ein Lachen nur mit Mühe unterdrü-cken. Wie süß. Ebby stemmte die Hände in die Hüpfte und betrach-tete ihn kritisch. „Mit so einem Chaoten wie dir??“ Er zuckte etwas zusammen. Doch sie lachte und schlug ihn auf die Schulter. „Ich mach doch nur Spaß. Klar! Lass uns gehen!!", sagte sie und zwinker-te ihm zu. Chaos Gesicht erhellte sich, dann wurde er rot vor Freude und tänzelte ihr hinterher.

„Macht’s gut Leute!!“, verabschiedete er sich. Ebby winkte eben-falls zum Abschied. „Bis bald!!“, sagte sie.

„Ebby ist etwas gewöhnungsbedürftig“, entschuldigte Yuni sich bei mir. Ich schüttelte den Kopf. „Ich fand es witzig. Jeder von euch hat einen eigenen Charakter. Das ist wirklich interessant.“

„Stimmt“, pflichtete Yuni mir bei. „Der nächste Bus kommt übri-gens in zehn Minuten.“ Ich hielt mir den Magen, der wieder zu grummeln begonnen hatte.

„Könnten wir vorher noch was essen? Ich hab echt Hunger…“ Yuni gluckste. „Klar.“

„Es gibt eine gute Pizzeria hier in der Nähe“, mischte Falke sich ein, der plötzlich neben mir lief.

„Eine Pizza auf die Hand. Das wäre schön“, sagte ich und strei-chelte über meinen Bauch. Auch wenn es meinem Fettpölsterchen nicht gut tun würde.

Wir liefen ein paar Straßen weiter. Ein großes Warenhaus, das es auch in Tessella gab, ragte mehrere Stockwerke hoch vor uns auf. Alles in dieser Stadt schien etwas größer und extravaganter.

Der Italiener war klein, aber die Pizza sah gut aus. Ich nahm eine Pizza Salami und Falke eine mit Schinken, Pilzen und extra viel Käse. Yuni verzichtete und holte sich lieber ein belegtes Brötchen vom Bäcker nebenan. Wahrscheinlich passte sie etwas besser auf ihre Linie auf als ich.

Wir hatten unsere Pizza aufgegessen, als wir wieder in den Bus stiegen. Ich setzte mich wieder nach oben und Falke ohne zu zögern neben mich. Ich freute mich.

Yuni zog einen Schmollmund als sie sich vor uns setzte und sich zu uns umdrehte. „Immer sitzt du neben Marie. Ich will auch mal“, meckerte sie. Falke verschränkte die Arme. „Pech“, erwiderte er. Yuni verschränkte ebenfalls die Arme. „Voll gemein. Der beschlag-nahmt dich.“ Ich wurde rot. Tat er das? Ich konnte das glückliche Grinsen kaum noch verbergen.

Dieses Mal konnte ich mich kaum konzentrieren auf das, was der Tourführer erzählte. Meine Gedanken überschlugen sich. Falke war die ganze Zeit so lieb zu mir. Oder bildete ich mir das ein? Aber was wenn nicht? Vielleicht war es aber auch nur Gastfreundschaft und ich machte mir zu viel Hoffnung? Eigentlich war es sowieso unklug mir Hoffnungen zu machen. Immerhin war ich nur ein paar wenige Tage da. Aber andererseits… sollte man nicht immer im Moment leben?

Wir waren fast herum mit unserer Tour-Runde, als Falke auf-stand. „Die nächste steigen wie aus“, sagte er. Jetzt kam er mir wie-der kalt vor. Ich schüttelte mich innerlich. Ich sollte echt mit diesen Gedankenkarussell aufhören!

Ich hörte noch, wie der Führer etwas von dem Regierungsgebäu-de erzählte, bevor wir ausstiegen. Wir standen nun vor etwas, das… nun ja, herrschaftlich aussah. Es war ein riesiger Gebäudekomplex mit vielen mehrstöckigen Gebäude, jedes von ihnen wirklich schön anzusehen. Yuni und Falke führten mich um ein Gebäude herum. „Das hier ist der Regierungssitz und der Stadtrat und einige Ministe-rien sind hier auch untergebracht.“ Auf dem Parkplatz standen Au-tos von teuren Marken. Die Plätze zwischen den Gebäuden waren begrünt und mit einigen Statuen versehen.

Wir kamen an einem Seiteneingang an. Hier standen zwei uni-formierte Wachposten. Sie sahen kräftig gebaut aus und regten keine Miene. Yuni kramte in ihrer Tasche und holen einen Ausweis hervor. Den zeigte sie einem der Männer. Auch Falke zeigte einen Ausweis. Yuni legte den Arm um meine Schulter. „Sie gehört zu mir“, sagte sie und zwinkerte dem Wachmann zu. Er nickte und wir gingen hinein.

„Wo sind wir hier?“, fragte ich verwirrt. Das hier war doch kein normaler Teil der Regierungsgebäude. Wir liefen durch einen einfa-chen Gang mit hoch liegenden Fenstern.

„Das hier, meine Liebe, ist der Hofstaat“, antwortete Yuni als wir in einer große Halle ankamen. Sie streckte die Arme theatralisch aus. Ich konnte nur mit offenen Mund in den Raum starren. So et-was hatte ich nicht erwartet. Das war die prunkvollste Halle, die ich je gesehen hatte. Verzierte Holzvertäfelungen an den Wänden, Säu-len aus Marmor mit golden schimmernden Dekor, Banner mit dem Zeichen des Hofstaates, die die hohen Wände schmückten und eine herrlich bemalte Decke, von der ein riesiger Kronleuchter hing, schmückten den riesigen Raum vor mir.

Ich drehte mich zu Falke herum.

„Wa…“, brachte ich nur heraus. Er lächelte.

„Das haut einen um, oder?“, erwiderte Yuni. Ich nickte heftig.

„Wie? Wie geht das denn? Sieht es hier überall so aus??“, fragte ich entsetzt. Ich kam mir etwas fehl am Platz vor. Das war hier alles etwas zu viel des Guten.

„Nein. Nur der Hofstaat ist so… prunkvoll. Ich drücke es mal so aus.“ Yuni verdrehte die Augen. Außer uns drei, waren noch ein paar andere Leute hier. Es war sogar ausgesprochen voll hier.

„Wie… Wie können sie sich das leisten?“, musste ich wissen. Sie zuckte mit den Schultern.

„Ursprünglich sollte das eine Oper werden. Speziell für die Regierungsbeamten. Doch letztendlich wurde sie kaum genutzt.“, erklärte Falke. Ich nickte. Das würde zumindest dieses erschlagend luxuriöse Erscheinungsbild erklären.

„Trotzdem hat der Hofstaat nicht zu wenig Geld“, fügte Yuni hin-zu.

„Kann man hier den Straßengott sehen?“, erkundigte ich mich. Mein Gegenüber kicherte. „Den Straßengott?? Den sieht kaum je-mand. Wenn man ihn mal sieht, zum Beispiel auf Festen, dann mas-kiert er sich. Er ist wie ein Mysterium. Nur die Könige der Viertel kennen sein wahres Gesicht. Naja, und einige andere Mitglieder des Hofstaates.“

„Angeblich schützt er sich so vor Anschlägen“, fügte Falke an. Wir schlenderten durch die Halle. „Und was macht ihr hier dann so?“

Yuni zeigte auf eine große Tafel. Es standen einige Namen und Nummern daran. „Hier sieht man wie viele Sterne die einzelnen Gangs haben. Aber nur von denen, die zuletzt aufgestiegen sind. Es wird jeden Tag aktualisiert. So hält man sich auf den neusten Stand. Ganz links ist der offizielle Gangname, dann das Stadtviertel, dann die Anzahl der Sterne.“

Ich starrte auf die Tafel. Auf dem obersten Platz stand eine Gang mit dem Namen ‚Die Unbesiegbaren‘. Sie hatten 5 Sterne errungen. „Sind 5 Sterne viel?“, fragte ich.

„Es geht so. Als Königsgang mussten wir über 20 Sterne errin-gen.“

Auf der Tafel war zwar auch hier oder da mal eine Zahl über 10, doch kaum einer kam an die 20 heran. Mit fiel auf, das außer dem Mondviertel noch weitere Namen zu erkennen waren. Da gab es den Sternenbezirk, das Ostviertel, den Sonnenring und die Nebel-straßen.

„Das Mondviertel ist wohl nicht das einzige Viertel mit Gangs, oder?“

„Nein. Es gibt noch ein paar mehr. Auch hier kann man König seines Viertels werden, also zum Beispiel König des Sternenbezirks. Jeder König hat dann wieder bestimmte Privilegien. Je mehr Gangs ein Viertel hat, desto mehr Privilegien. Und weil das Mondviertel die meisten Gangs hat, ist König des Mondviertels zu werden eben am attraktivsten. Dafür gibt es die härtesten Gegner dort.“ Yuni lachte. „Obwohl. Wir haben mal gegen eine Gang vom Sternenbe-zirk gekämpft. Die waren auch nicht ohne.“

Die verschiedenen Gangnamen waren wirklich interessant. Von ‚Die Kochlöffel‘ über ‚Moonlight‘ bis hin zu ‚Buddyz‘ gab es hier wirklich jeden erdenklichen Namen. Ich löste meinen Blick von der Tafel.

„Und was kann man hier sonst noch machen?“, fragte ich, wäh-rend ich mich weiter im Raum umsah.

„Naja. Man kann hier auch seine Gang anmelden“, erklärte Yuni.

„Wie anmelden?“

„Neu gegründete Gangs müssen angemeldet sein um an Battles teilnehmen zu können“, sagte Falke, während er auf die Tafel starr-te. „Ohne Anmeldung gilt man bei uns nicht als Gang. Du bekommst keine Sterne und hast auch keinerlei Rechte.“ Ich nickte. „Außer-dem gibt es Bedingungen. Als Gang gilt man erst ab 10 Mitgliedern und diese müssen alle über 14 Jahre sein.“ Das leuchtete ein.

„Naja. Und man kann hier ein Battle anmelden“, sagte Yuni wie-der. „Also wenn man vor hat gegen eine andere zu kämpfen und beide Gangs einverstanden sind, dann kommen die Anführer hier-her und melden den Kampf an. Dann muss auch immer ein Unab-hängiger dabei sein.“ Sie zeigte auf eine Art Rezeption. „Siehst du die Zwei da?“ Ich nickte. „Die beiden melden zum Beispiel gerade ein Battle an.“ Zwei in schwarz gekleidete Jungs standen da, beide bestimmt ein paar Jahre jünger als ich. Sie schrieben beide etwas auf einen Zettel.

„Man legt dort auch den Ort fest, an dem gekämpft werden soll und welche Mittel benutzt werden dürfen. Auch welche Art des Kampfes.“

„Welche Arten gibt es denn?“, fragte ich nach.

„Es gibt normale Battles und Spezial-Battles, die meist Sonder-bedingungen haben. Da wird dann zum Beispiel die Anzahl der Kämpfer limitiert oder der Kampf soll an besonderen Orten stattfin-den oder es wird mit Waffen gekämpft oder mit anderen Hilfsmit-teln. Dann gibt es noch Battle-Games. Das sind beispielsweise Par-cours-Läufe, Flaggen-Erobern und Hide-and-Seek.“ Yuni sah mich nachdenklich an. „Ich denke mal, die Namen erklären sich von selbst, oder?“ Ich nickte.

„Wenn man sein Battle anmeldet, kann man auch Preise für den Gewinner oder Strafen für den Verlierer festlegen.“

„Man muss doch ganz schön viel beachten…“, seufzte ich. Meine hübsche Begleiterin lächelte. „Naja. Eigentlich macht das alles nur der Leader, also der Anführer. Da ist höchstens noch mal der Vize gefragt. Als normales Gangmitglied bekommt man davon nicht viel mit.“ Sie zog ein ernstes Gesicht. „Ich bewundere Socke schon. Der musste immer alles im Blick haben.“ Sie sah zu Falke und schlug ihm dann leicht auf die Schulter. „Als Vize hattest du aber sicher auch nicht schlecht zu tun, oder?“ Falke zuckte mit den Schultern.

„Oh? Du warst Vize?“, fragte ich ihn. Er nickte.

„Ja. Und Choffie der Vize des Vize.“ Sie lachte. „Darauf hat sie immer bestanden.“ Ich entdeckte einen Gang.

„Und wo geht es hierhin?“

„Hier kommt man zur Zentrale der schwarzen Polizei. Wenn man ein Vergehen berichten will, sein eigenes oder meist eher die von anderen Gangs, dann kommt man hierher. Die nehmen das dann auf. Also die verwalten hier nur, die schwarzen Polizisten sind nicht hier, die sitzen bei der normalen Polizei.“ Ich sah sie überrascht an. „Bei den normalen Polizisten?“

Yuni nickte. „Ja. Eigentlich haben beiden zunächst dieselbe Aus-bildung. Die schwarze Polizei gilt dann aber später als eine Art Son-derkommando. Angeblich-“ Sie beugte sich zu mir heran. „denken die normalen Polizisten, dass die vom Sonderkommando extra dafür eingeteilt sind, die Gangs von ihrem kriminellen Verhalten abzuhal-ten. In Wahrheit kämpfen sie aber für die Gangs.“ Yuni lachte laut los. „Das heißt, die wissen nicht mal voneinander.“

„Wie können die denn für die Gangs arbeiten? Fällt das nicht auf?“, fragte ich.

„Also die schwarze Polizei ist für dafür da, die Einhaltung der Nachtschrift, also unserer Regeln, zu überprüfen und bei Verstoß dürfen sie natürlich auch gegen die Gangs handeln. Aber in den meisten Fällen hauen sie Gangmitglieder wieder raus und beschüt-zen sie.“

„Das tun sie im Hintergrund“, fügte Falke hinzu. Yuni nickte.

„Tagsüber und für die Öffentlichkeit sieht das aber anders aus. Dann steht da in der Zeitung, dass sie eine Gang geschnappt haben, die in irgendwelche kriminellen Machenschaften verwickelt waren. Das sind dann aber meist Gangs, die gar nichts mit dem Hofstaat zu tun haben. Ehemalige Mitglieder oder einfach Verbrecherbanden. Sowas gibt es auch. Darum kümmern sie sich natürlich auch.“

„Wow…“ Das war ganz schön kompliziert.

Yuni seufzte. „Das blöde ist nur, dass in der Öffentlichkeit natür-lich das Bild entsteht, dass alle Gangs kriminell wären. Das schadet unseren Ruf extrem und die Politiker sehen sich dann gezwungen etwas dagegen zu tun, weil die Leute das so wollen. Und das obwohl die von der Stadt selber wissen, dass es alles ganz anders ist, als es aussieht.“

„Bemüht sich denn keiner, das Missverständnis aufzuklären?“

„Nein… nicht wirklich. Aber ich weiß nicht, ob das überhaupt was bringen würde. Schon früher wurden die Gangs immer eher skep-tisch betrachtet. So wirklich glücklich war die normale Bevölkerung nie über uns. Von außen sieht es wahrscheinlich aus, wie eine Horde dummer Jugendlicher, die sich in sinnlosen Kämpfen gegenseitig die Rüben einschlagen.“ Yuni lachte traurig.

„Andersherum kamen an meine Schule oft Leute, die darüber aufklären wollten, wie gefährlich die Gangs waren“, sagte Falke.

„Stimmt.“ Sie nickte zustimmend. „Auch an meiner Schule waren sie damals. Haben gruselige Bilder von Knochenbrüchen und angeb-liche Todesstatistiken mitgebracht.“ Sie schüttelte sich. „Alles sehr suspekt. Und es hat bestimmt einige abgehalten damit anzufangen.“

„Also verbreiten sie auch noch mit Absicht ein falsches Bild…“

„Naja. So ganz falsch war es ja nicht. Sie haben schon darüber aufgeklärt, worum es bei den Kämpfen geht und dass es gefährlich ist, ist auch nicht gelogen. Sie haben halt ein sehr negatives Bild erzeugt. Dass es nämlich zum Beispiel feste Regeln bei den Kämpfen gibt, davon wurde nie etwas erzählt. Erst wenn du Jemanden aus einer Gang kanntest, der dir ein bisschen genauere Details erzählt hat, hat man verstanden, was die Leute überhaupt dahin zieht.“

„Hm…“ Ich sah zu Falke. „Wie war das denn bei dir? Wie hast du die Wahrheit erfahren?“ Er überlegte kurz. „Ich weiß nicht genau. Ich war noch ziemlich klein, als Socke mich in seine Gang aufnahm. Ich wusste eigentlich gar nichts über das Banden-System. Hab es durch Socke so nach und nach kennengelernt.“

„Und woher kannte Socke es?“

„Ich glaube bei ihm war die ganze Familie irgendwann mal in ei-ner Gang“, erklärte Yuni, Falke nickte zustimmend. Das musste ja auch cool sein. Wenn man von Anfang an mit diesem Wissen auf-wuchs.

„Und du Yuni?“ Sie sah wieder zur Tafel. „Hm“, machte sie, schien aus irgendeinem Grund zu zögern.

„Mein erster Freund war in einer Gang. Anfangs hat er ein Ge-heimnis draus gemacht, aber ich hab’s dann doch schnell rausge-funden. Danach hat er mich zu Battles mitgenommen und mir das Kämpfen beigebracht. Und irgendwann war ich dann selbst in seiner Gang.“ Sie sah mich dabei nicht an und strich sich über den Arm. Irgendwas sagte mir, dass sie keine guten Erinnerungen daran hat-te.

„Das waren aber nicht die Schatten, oder?“, fragte ich vorsichtig nach. Sie schüttelte den Kopf, seufzte dann und drehte sich wieder zu mir um. „War ‘ne blöde Geschichte. Ich war noch ziemlich jung und total verknallt. Ich hab alles mit mir machen lassen und er hat mich total ausgenutzt. Das wurde mir erst bewusst, als seine Gang und die Schatten gegeneinander kämpften. Das Battle ging unent-schieden aus und irgendwie wurde es dann hässlich. Mein Ex wollte aus irgendeinem Grund Socke demütigen und hat sich Choffie zur Brust genommen. Socke war ziemlich sauer.“ Sie lachte. „Als ich so gesehen habe, wie wichtig ihm Choffie war, da hab ich bemerkt, dass an der Beziehung von mir und meinem Ex gar nichts normal war. Ich bin dann ausgestiegen.“ Sie strich sich wieder über den Arm, lächelte aber. „Und Socke hat mich dann bei den Schatten aufgenommen!“ Sie klatsche in die Hände. „So! Jetzt aber genug davon! Lass uns gehen.“ Sie hackte sich bei mir unter. Ich lächelte glücklich. Dass Yuni mir so etwas privates erzählte, bewies, dass sie mir vertraute. Dass sie mich mochte.

„Wohin gehen wir jetzt?“

„Ich zeig dir noch das Haus der Geister!!“, strahlte Yuni.

„Die haben ein extra Gebäude?“, wunderte ich mich. Sie nickte glücklich und sah dann zu Falke. Der schien wenig begeistert.

Wir gingen durch einen anderen Flur, an dessen Wände Fotos hingen. Sie zeigten scheinbar Gangmitglieder.

„Die Fotos zeigen die Königgangs“, erklärte Yuni. Wir blieben vor einem Foto stehen. „Siehst du. Da sind wir!!“ Das Foto zeigte eine Gruppe von schwarz gekleideten Leuten, alle hatten die Kapuze mit den Katzenohren auf und grinsten glücklich in die Kamera. Obwohl das Bild nachts aufgenommen wurde, sorgten Strahler für genug Licht, dass man alle Mitglieder erkennen konnte. Ich betrachtete alle Mitglieder, zeigte dann auf Yuni. „Da bist du!“ Sie lächelte. Ich erkannte auch Falke, Socke, Cat, Oktavia, Chaos, Sunny und Keks. Aber es waren auch viele Mitglieder, die ich nicht kannte. Socke stand in der Mitte des Bildes, mit einer silbernen Krone auf dem Kopf, die ihm komischerweise stand.

„Das war der Tag an dem wir das Battle gewonnen haben, mit dem Socke zum König des Mondviertels wurde. Man kann sogar erkennen, wie kaputt wir waren. „Siehst du den da?“ Sie zeigte auf einen Jungen mit schwarzen Haaren, der etwas grimmig drein guck-te. Ich nickte. „Er ist im Kampf K.o. gegangen und hat sich extrem geärgert. Hat kaum ein Lächeln hervorgebracht. Und Chaos sieht man auch an, wie fertig er nach dem Kampf war.“ Das stimmte. Chaos wirkte, als würde er jedem Moment aus den Latschen kippen. Wir gingen weiter. Beim Ausgang mussten meine beiden Begleiter wieder ihre Ausweise vorzeigen. Wir gingen auf einen Innenhof. Yuni zeigt auf ein Gebäude am anderen Ende des Hofes. „Da ist es. Ist aber von Hinten. Von Vorne sieht es noch schöner aus.“ Das stimmte. Es wirkte wie eine große Sommerresidenz, mit einem gro-ßen grünen Garten drum herum, vielen kleinen mit Blumen ge-schmückten Balkonen und großen Fenstern.

„Es ist vielleicht auch etwas zu pompös, aber ich mag es.“ Sie lief etwas schneller und wir versuchten ihr mit ihr Schritt zu halten. Vor dem Gebäude standen wieder zwei Wachposten, doch sie erkannten Yuni sofort. Doch bevor wir das Gebäude betraten, drehte sich meine blonde Freundin fies grinsend zu Falke herum und sagte:

„Tja. Du darfst hier nicht rein!!“

Er verdrehte die Augen. „Ich geh außen rum und warte vorne auf euch“, sagte er matt und ging einfach. Yuni grinste und hackte sich wieder bei mir unter.

„Warum darf er hier nicht rein?“, fragte ich verwirrt.

„Weil hier keine Jungs reindürfen. Die Geister sind nämlich alles Mädchen.“ Ich war überrascht. „Nur Mädchen?“ Sie nickte. „Das hat Tradition.“

Wir gingen durch ein paar Gänge und Yuni zeigte mir einen Ver-sammlungsraum und einen Trainingsraum. Alles hier wirkte ziemlich edel, aber nicht so übertrieben wie im Hofstaat. Yuni schien glücklich.

„Endlich hab ich dich auch mal für mich!“, freute sie sich.

Im Flur kam uns eine Frau entgegen. Sie war hoch gewachsen und wunderschön. Ihre rotbraunen Haaren fielen in perfekten Kor-kenzieherlocken über ihre Schulter und mit der dunklen Bluse und der engen Hose, in den hohen Absätzen sah sie einfach unglaublich damenhaft aus.

Meine Begleiterin blieb plötzlich stehen, als sie die Frau bemerk-te.

„Hey. Was ist los?“ Yuni verbeugte sich etwas.

„Ah. Yuni. Was machst du hier? Du hast doch gar keinen Dienst?“, fragte die Frau mit sanfter Stimme. Ihre Augen waren hellgrün, fast gelb und musterten mich und Yuni genau.

„Ich wollte meiner Freundin nur das Hauptquartier zeigen“, ant-wortete ihr Gegenüber schnell. Yuni klang ungewöhnlich unterwür-fig. Sie warf mir einen strengen Blick zu. Ich verneigte mich eben-falls vor ihr.

„Das ist nett. Aber bleibt bitte in der unteren Etage, ja?“, erwi-derte die Frau und ging dann weiter.

„Das mach ich.“ Yuni atmete tief aus und richtete sich dann wie-der auf. „Wer war das?“, flüsterte ich. Yuni ging mit mir ein Stück weiter ehe sie antwortete.

„Das war die Priesterin.“

„Priesterin?“

„Es gibt den Straßengott und das Pendant dazu ist die Priesterin. Sie befehligt über die Geister und ist für die Geheimhaltung der Gangs verantwortlich. Besonders bei großen Events ist das sehr wichtig. Früher war sie die Frau, Freundin oder Geliebte des Stra-ßengottes. Heute ist das etwas anders.“

„Hat sie viel Macht?“ Yuni nickte heftig. „Sie ist in der Politik hoch angesehen. Und das muss sie auch. Durch ihre Kontakte kann sie viel für die Gangs erreichen.“

„Ist das denn öffentlich bekannt, dass sie die Priesterin ist?“

„Um Himmels Willen. Nein!! Das wäre eine Katastrophe!“ Yuni schüttelte sich. „Komm! Lass uns weitergehen. Leider kann ich dir die oberen Bereiche nicht zeigen, aber hier unten gibt es auch viel zu sehen.“

Wir schlenderten noch ein wenig durchs Haus und ich versuchte mir jeden Raum genau einzuprägen. So etwas würde ich bestimmt nie wieder sehen. Wir kamen zuletzt in der Eingangshalle des Ge-bäudes an. Hier war eine kleine Rezeption, an der eine ältere Frau saß.

„Und hier geht es hoch zu den Umkleideräumen und den Du-schen und dem Aufenthaltsraum und sowas“, erklärte Yuni und zeigte die Treppe hinauf. „Schade, dass ich dir das nicht zeigen darf.“

„Macht doch nichts. Ist auch schon spannend genug.“ Ich ver-suchte durch die gläserne Eingangstür Falke auszumachen.

„Na gut. Dann lass uns wieder gehen. Dein Schatzi wartet schließlich draußen auf dich“, sagte Yuni und grinste frech. Ich wur-de rot. „Schatzi?“ Sie lachte über meine Reaktion. „Man kann es dir von der Nasenspitze ablesen. Du magst Falke total gern.“ Ich wurde noch roter. „Nein. Nein Quatsch. Also… ich weiß nicht… ich mag ihn schon, aber nicht so.“ Sie lachte laut. „Klar doch…“

Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.

„Na komm!“ Sie wollte gehen.

„Ich meine, ich kenne ihn doch kaum.“ Yuni drehte sich wieder herum. „Man muss doch nicht jedes Detail des anderen kennen um sich zu verlieben. Warum wehrst du dich so? Sei doch einfach ver-liebt. Deine Gefühle gehören schließlich nur dir.“ Ich seufzte.

„Verliebt wäre aber zu krass. Ich würde es eher… romantisches Interesse nennen.“ Yuni lächelte süß. „Nenn es wie du willst.“

Ich hatte nicht das Gefühl, besonders überzeugend gewesen zu sein. Wir gingen nach draußen, wo uns ein frischer Wind entgegen-kam. Falke stand am Eingang und sah auf sein Handy. Als er uns bemerkte, steckte er es wieder ein.

„Da sind wir wieder“, sagte Yuni und grinste ihn an.

„Ihr seid spät“, bemerkte er.



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