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Blutsband 1

von

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Kapitel 2 Katy

Die kleine Karte die Zoe in ihrer Hand vor den Sensor hielt, war der Schlüssel zu unserem Hotelzimmer. Wohl eher Hotelsuite, denn dank der Hilfe von zwei jungen attraktiven Männern hatten wir ein kostenloses Upgrade bekommen. Im Gegenzug dafür hatten wir ihnen versprochen uns von ihnen die Stadt zeigen zu lassen.

Das kleine Lämpchen an unserer Tür blinkte Grün auf und eröffnete uns einen Blick in unser neues Reich, das wir für die nächsten paar Tage behausen würden.

„Wow.“ Bezeichnete das was ich vor mir sah nur annähernd. Die Suite war riesig!

Vor uns befand sich ein kleines Wohnzimmer inmitten ein großes Sofa vor einem Kamin stand. Über diesem rustikalen Kamin hang ein hochwertiger Flachbildfernseher, der fast die ganze Wand einnahm. Gegenüberliegend stand ein großer Tisch aus massivem, edel verarbeitetem Mahagoniholz, über dem ein sehr teurer Kronleuchter hing.

Zwei Türen gingen von diesem Wahnsinns Raum ab. Wahrscheinlich zu unserem Bade- & Schlafzimmer. Ich schluckte schwer, ich wollte gar nicht daran denken, wie viele diese Suite normalerweise kosten würde. Die Rezeptionistin hatte bereits erwähnt das unsere zwei Retter einen gewissen Bekanntheitsgrad hatten aber, wenn ich das hier sah, dass wir nur dank ihnen bekommen hatten wurde mir ganz schummrig vor Augen. Die bekannten Kovalewskij Brüder… Ich hatte mir fest vorgenommen später nach ihnen im Internet zu forschen.

„Das ist der Wahnsinn, Katy.“ Zoe schmiss ihre Handtasche auf den Boden und ließ sich auf das gemütliche Sofa fallen.

„Also wenn die beiden so etwas schon fast geschenkt bekommen, will ich mir gar nicht erst vorstellen, wie ihr zuhause aussieht.“ Ich lachte und ließ mich ebenfalls neben sie fallen.

„Vielleicht besteht ihr Haus aus purem Gold.“ Scherzte ich.

„Mit diamantenbesetzten Badezimmern.“

„Nur das reinste Quellwasser aus den teuersten Wasserhähnen.“

„Die neueste Technik!“

„Und Dienstboten überall!“ Wir lachten kräftig und kuschelten uns, nachdem wir uns wieder beruhigt hatten aneinander. Zoe verschränkte ihre Finger mit meinen.

„Was glaubst du, wie wird unser Doppeldate?“

„Ist es ein Date? Ich dachte sie führen uns einfach ein bisschen umher.“

„Katy, also wirklich, tu nicht so unschuldig. Es sind zwei attraktive Männer und wir sind zwei sexy, junge, unabhängige Frauen.“ Ich musste lachen.

„So siehst du uns beide also? Sexy, jung und unabhängig?“

„Natürlich, also bitte hast du nicht bemerkt, wie Jurij dich die ganze Zeit angesehen hat? Er war vollkommen hin und weg von dir! Und wer kann ihm das verübeln.“ Die Röte bahnte sich ihren Weg zurück in mein Gesicht. Jurij Kovalewskij, der unheimlich gutaussehende große Mann mit den dunklen Haaren konnte die Augen nicht von mir lassen? Nein, das musste vollkommen unmöglich gewesen sein. Okay, es ist wahr, dass er den ganzen Weg über zum Hotel an meiner Seite war und sich mit mir unterhalten hatte aber das war bestimmt nur aus reiner Höflichkeit.

„Du spinnst doch Zoe! Nur weil du und sein Bruder ohne Ende geflirtet haben, heißt das noch lange nicht, dass ich das auch getan habe.“ Sie lachte und drückte meine Hand.

„Er hat einen Namen. Kirill. Und du solltest nicht immer so schlecht von dir denken, du bist eine sehr hübsche Frau. Hast du dich jemals richtig angesehen?“ Meine beste Freundin stand auf und zog mich mit sich in das Badezimmer, das kaum weniger luxuriös aussah. Sie stellte sich direkt hinter mich vor eine riesige Spiegelwand.

„Sie dich an, Katy.“ Ich tat was sie sagte und erkannte nur eine völlig erschöpfte Version von mir. Mein Tages-Make-up hatte sich schon lange von mir verabschiedet und mein wildes Haar wurde auch seit längerer Zeit nicht mehr gekämmt.

„Deine Figur ist sinnlich. Du besitzt Kurven an den richtigen Stellen und dein süßes, mädchenhaftes Gesicht lässt den Beschützerinstinkt in jedem Mann erwecken. Diese Kombination macht dich zu einem ultimativen Männermagneten.“ Ich fuhr mir durch meine langen braunen Locken und versuchte das zu sehen, was Zoe mir soeben beschrieben hatte. Meine großen dunklen Reh Augen, die kleinen wenigen Sommersprossen auf meiner Nase und die vollen Lippen in meinem sonst eher runden Gesicht. Am meisten an meinem Körper mochte ich meine langen Beine und meinen knackigen Po. Hatte Jurij das alles trotz meines zerzausten Äußeren gesehen?

„Wir sollten ihm zeigen, was wirklich in dir steckt.“ Kicherte Zoe. Ich wusste, was das bedeutete.

„Nein, bitte! Komm schon tu mir das nicht an. Ich kann nicht vollkommen aufgetakelt zu einer Stadtführung gehen.“ Sie schnaufte, der Sieg war mein.

„Du hast recht, das könnte schnell billig rüber kommen aber ein bisschen was muss sein!“ Ich ergab mich diesem Kompromiss und überließ Zoe das Badezimmer.

Während sie duschte, wollte ich schon einmal meine Reisetasche auspacken und sehen, was ich zu diesem „Date“ anziehen könnte. Ich weigerte mich, es als Verabredung zu sehen, und sah es, als dass was es war: eine Stadtführung. Nachdem ich so gut wie alles auf dem großen Doppelbett verteilt hatte entschied ich mich für eine einfache schwarze Jeans und einen Pullover, der mein Dekolleté nicht zu sehr in Szene setzte, darüber wollte ich meine dunkle Lederjacke anziehen. Den Rest meiner Kleidung verstaute ich in dem riesigen Wandschrank neben dem Bett. Die Aussicht aus dem Fenster im Schlafzimmer war nicht gerade atemberaubend aber zumindest konnte keiner zu uns hereinsehen. Zoe hatte gerade ihre Dusche beendet und trat nur in ein Handtuch gewickelt zu mir ans Fenster.

„Du bist dran meine Liebe.“ Sie beäugte das Bett auf dem ich meine Kleiderauswahl für diesen Abend platziert hatte und nickte zustimmend. „Das geht in Ordnung.“ Ich boxte ihr leicht auf die Schulter und machte mich dann auf den Weg in das, an eine Sauna erinnernde, Badezimmer. Zoe duschte immer in gefühlt 100 C heißem Wasser.

Das warme Wasser fühlte sich wunderbar auf meiner Haut an, es tat gut nach dieser langen Reise endlich wieder zu duschen. Ich zwang mich nicht noch länger unter der Dusche zu stehen, denn uns lief die Zeit davon. Wir hatten noch eine knappe Stunde, bis die beiden Männer uns wieder abholen würden. Ich bürstete mein Haar und föhnte sie kurz an, damit es etwas Schneller ging und ich meine Naturlocken behalten konnte. Zurück im Schlafzimmer hatte Zoe sich bereits angezogen und machte sich vor dem Spiegel zurecht. Sie brauchte nicht viel Make-up bei ihrer makellosen Haut. Schnell schlüpfte ich in mein erwähltes Outfit und ließ mir von meiner besten Freundin dezent schminken. Ich vertraute darauf das sie es nicht übertreiben würde und sie enttäuschte mich nicht. Ein schwarzer Lidstrich betonte meine Augen zu dem ich einen roten, nicht zu leuchtenden Lippenstift auftrug. Wir waren fertig und schossen noch ein paar Bilder, die Zoe direkt auf ihrer Seite postete.
 

Kurze Zeit später klopfte es an unserer Tür. Erschrocken sprang ich von der Couch, auf der wir uns breitgemacht hatten. Mit zitternden Fingern öffnete ich die Tür und sah in bekannte, graue Augen. Sein Blick wanderte über meinen Körper und sofort schoss das Blut in meine Wangen.

„Katy, Sie sehen wunderschön aus.“ Ich zwang mich zu klarem Verstand.

„Danke aber ich dachte, wir wären bereits beim Du angekommen.“ Er lächelte verschmitzt. Ich trat einen Schritt zur Seite, um die Herren eintreten zu lassen.

Kirill lächelte mich an und schritt direkt weiter auf Zoe zu, die er mit einem Handkuss begrüßte.

„Seid ihr zufrieden mit eurem Zimmer?“ Skepsis lag in Jurijs Stimme.

„Mehr als zufrieden, noch einmal vielen Dank. Ohne euch müssten wir jetzt in einem überfüllten Hostel schlafen.“ Sein Blick lag auf meinen Lippen.

„Das Rot steht Ihnen… dir wirklich ausgesprochen gut.“ Ohne es groß zu merken, fuhr meine Hand durch mein Haar und da war es wieder, dieses sinnliche in seinem Blick.

„Wir sollten jetzt aufbrechen, ihr habt doch bestimmt Hunger, oder nicht?“ Kirill half Zoe in ihre Jacke und reichte seinem Bruder meine schwarze Lederjacke. Ich verstaute unsere Schlüsselkarte in meiner Handtasche und zog die Tür hinter mir zu.

Wir hatten den Weg zurück zum Roten Platz schnell erreicht, doch nicht wie erwartet, weiter Richtung Kreml zu laufen, bogen wir in eine Straße entgegengesetzt davon ab. Vor uns lag eine große, steinerne Brücke die sich über die Moskwa streckte. Der breite Fluss lag unter uns, während Autos an uns vorbei fuhren. Wir liefen noch ein kleines Stück, Zoe und Kirill schienen gar kein Ende ihrer Unterhaltungen zu finden, während Jurij und ich schweigend nebeneinander herliefen. Seine große Statur ließ mich jedes Mal aufs Neue erzittern.

„Unser Lieblingsrestaurant liegt direkt hier vorne.“ Kirill führte uns zu einem alten Gasthaus, das etwas Uriges an sich hatte. Es war klein und sah gemütlich aus. Ein etwas dickerer Mann mit lichtem Haar nahm uns in Empfang und sprach auf Russisch mit unseren Begleitern. Nach einer kurzen Unterhaltung wurden wir an einen Tisch geführt, der direkt neben einem großen Fenster lag. Von hier aus konnte man perfekt über die Moskwa auf den Kreml sehen, ich verlor mich in seiner Kunst. Von den vielen Lichtern, die ihn anstrahlten wurde er perfekt in Szene gesetzt. Mit großer Mühe riss ich mich von diesem märchenhaften Bau los und versuchte der Unterhaltung zu folgen.

„Wir haben schon ein paar russische Spezialitäten für euch bestellt, das essen dürfte bald da sein.“

„Was habt ihr denn bestellt?“ Fragte Zoe gerade neugierig an ihrem blonden Begleiter gewandt.

„Piroschki, Barszcz mit Uszka und zur Nachspeise Wareniki.“ Ich sah die Ahnungslosigkeit in den Augen meiner Freundin und versuchte mich selbst daran zu erinnern, was hinter diesen Namen steckte.

„Piroschki sind so etwas wie gefüllte Brötchen und Barszcs ist eine Suppe aus Roter Beete mit Teigtaschen.“ Klärte Jurij sie auf. Wir verzogen gleichzeitig das Gesicht. Rote Beete als Suppe? Das klang nun wirklich nicht appetitlich.

„Täuscht euch nicht, es schmeckt besser, als es klingt.“ Er lachte, was mein Herz zum Höherschlagen brachte. Wie konnte er, ein mir völlig fremder Mann, es schaffen das in meinem Bauch die Schmetterlinge verrücktspielten? Ich kannte ihn doch gerade erst seit ein paar Stunden.

Mein Blick fiel erneut auf die weiße Fassade der alten Burg, die den Mittelpunkt Moskaus darstellte.

„Er ist wunderschön, nicht wahr?“ Jurij hatte einen Arm über meine Stuhllehne gelegt und beugte sich zu mir herüber. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet.

„Du solltest ihn dir unbedingt von innen ansehen.“ Ein Kichern von unserem Gegenüber ließ uns herübersehen. Wir mussten feststellen, dass wir beobachtet wurden. Ich räusperte mich und versuchte die doch etwas peinliche Situation wieder in Ordnung zu bringen.

„Ich würde es mir unglaublich gerne ansehen nur haben wir nicht genügend Zeit.“

„Morgen ist eine Shoppingtour geplant und keine Museumsbesichtigung.“ Ergänzte Zoe.

Mit einer hochgezogenen Augenbraue beäugten mich Jurijs graue Augen.

„Ich hätte dich nicht so eingeschätzt, Katy. Du ziehst eine Shoppingtour der Kultur vor?“ Ich schnaufte.

„Was weißt du schon über mich? Wir haben nur ein paar Tage in Moskau und wieso sollten wir nur tun, was ich möchte? Zoe möchte eine Shoppingtour also bekommt sie sie. Ich werde es wohl nur schaffen mir all die Gebäude von außen anzusehen.“ Zwei überraschte Augenpaare sahen mich an, während das dritte mich belustigt musterte.

„Zoe? Würde es dir etwas ausmachen mit meinem Bruder einkaufen zu gehen, dann zeige ich Katy unsere prächtige Kultur.“ Jurijs Blick hielt dabei auf mir fest.

„Ehm… Natürlich, kein Problem. Ist das denn auch für dich in Ordnung, Katy?“ Mir schien, als hätte ich keine andere Wahl als Ja zu sagen. Das hieße auch Zeit alleine, mit diesem gutaussehenden Mann zu verbringen. Ich würde Zoe nicht in meiner Nähe haben und müsste sie mit diesem blonden Schönling alleine lassen. Zoe schien damit zufrieden zu sein, auch wenn ich wusste, dass sie sich gefreut hatte mit mir auf großen Kleiderraubzug zu gehen. Ich nickte.

„Na gut. In Ordnung. Aber…“ Ich wurde von dem kleinen, dicklichen Mann unterbrochen, der unser Essen servierte und uns leere Teller auf den Tisch stellte. Jurij beugte sich erneut zu mir herüber und flüsterte mir in mein Ohr, so dass nur ich es hören konnte. Ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren.

„Kein aber, Schönheit. Ich werde nichts tun, was dir nicht gefallen wird.“ Etwas Dunkles in seiner Stimme ließ mir mein Herz fast aus der Brust springen. Es war schwierig meine Gedanken wieder zu Ordnen. Die Stelle an der sein Atem mich an meinem Hals berührt hatte kribbelte noch immer.

„Etwas Suppe, Katy?“ Mit einem frechen Grinsen auf seinen Lippen füllte er meinen Teller.

„D-Danke.“ Vor mir stand eine dunkelrote Brühe, die sehr an Blut erinnerte, kleine Teigtaschen schwammen an der Oberfläche. Das war sie also, die Rote Beete Suppe. Der Löffel in meiner Hand zitterte. Jurijs Worte hallten weiterhin durch meinen Kopf, etwas daran klang wie eine Drohung, aber keine, um mir Angst einzujagen. Es hatte etwas Verführerisches und die Nervosität mit ihm alleine zu sein gewann die Überhand. Ich würde später noch unbedingt mit Zoe reden müssen.

„Es schmeckt eigenartig.“ Gestand Zoe der Runde. Vorsichtig nahm ich einen kleinen Schluck der Suppe. Sie hatte recht, es schmeckte tatsächlich eigenartig. Es schmeckte nicht schlecht aber dennoch war der starke Geschmack der roten Beete vorhanden. Die kleinen Teigtaschen waren gefüllt mit Kräutern und Fleisch und das Highlight in der blutroten Brühe. Kirill reichte uns zwei Pirogge. Die gefüllten Hefe Brötchen schmeckten köstlich! Ich aß direkt zwei davon. Zoe hatte ihren Suppenteller bereits zur Seite geschoben und widmete sich auch den gefüllten Brötchen.

„Seid ihr bereit für den Nachtisch?“ Ich war so vollgestopft mit Pirogge, dass mir der Gedanke an noch mehr Essen Übelkeit verursachte.

„Oh nein bitte nicht! Ich habe Angst zu platzen.“ Wir lachten und tranken gemeinsam Wodka. Ich hatte schon lange nichts mehr getrunken und spürte die Wirkung des Alkohols sofort. Meine Wangen glühten und die Welt um mich herum schien sich zu drehen. Ich bestellte mir ein großes Glas Wasser und stürzte es herunter. Draußen läutete eine große Glocke und verkündete, dass es bereits Mitternacht war. Zoe hatte sich eng an ihren Begleiter geschmiegt und das vorherrschende Thema unserer Unterhaltung bezog sich auf die Einkaufsmöglichkeiten. Da mich dieses Thema nicht interessierte, holte ich mein Telefon aus meiner Tasche und checkte meine Nachrichten. Eine Nachricht meines Vaters, der uns einen guten Urlaub wünschte und nachdrücklich betonte auf mich aufzupassen, ein paar Benachrichtigungen über die Kommentare von Zoes Bild und die Spieleanfragen der Apps auf meinem Handy waren schnell überflogen.

„Katy?“ Zoe rief meinen Namen, es war wohl nicht das erste Mal. Ich sah zu ihr herüber.

„In welcher Welt warst du nun wieder gefangen?“ Sie lachte und streichelte Kirills Arm.

„Ich… ehm … ich habe nur meine Nachrichten beantwortet.“ Zoe schüttelte den Kopf.

„Egal. Die Jungs haben vorgeschlagen noch irgendwo anders etwas Trinken zu gehen, möchtest du mit?“ Ich wusste, dass Zoe mitgehen wollte, aber fühlte mich nach dem langen Tag und dem Wodka sehr abgeschlagen und wollte nur noch in mein Bett. Sie sah mich mit ihrem wissenden Blick an und lächelte.

„Ich glaube, das wird nichts, Jungs. Wir müssen ins Bett und brauchen unseren Schönheitsschlaf.“

„Den hast du nicht nötig.“ Hauchte Kirill in ihr Ohr, was Zoe zum Kichern brachte.

„Möchtest du wirklich schon schlafen gehen?“ Nach einer längeren Pause war es das erste Mal, das Jurij mich wieder direkt ansprach.

„Es war ein wirklich langer Tag, entschuldige.“ Er lächelte und legte seine warme Hand auf meinen Arm. Diese kleinen Berührungen brachten mein Blut zum Aufwallen.

„Du musst dich nicht entschuldigen. Ich finde es sogar sehr gut. Ich möchte, dass du für morgen fit und ausgeruht bist.“ Ich erwiderte sein Lächeln und strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Er folgte meiner Bewegung mit seinen mysteriösen, grauen Augen.

„Lasst uns aufbrechen. Das Essen geht selbstverständlich auf uns.“ Wir bedankten uns und machten uns auf den Weg zurück ins Hotel. Die kühle Luft, verstärkte den Schwindel durch den Alkohol nur noch mehr und ich musste aufpassen nicht umher zu wanken. Zoe und Kirill gingen ein paar Meter vor uns. Der Schwindel wurde so stark, dass ich kurz anhalten musste. Sofort war der schöne dunkelhaarige Mann an meiner Seite und stützte mich mit seinen kräftigen Armen.

„Alles in Ordnung?“ Ich nickte und ließ zu, dass er mich bei sich unterhakte.

Schweigend liefen wir nebeneinander her. Es war keine unangenehme Stille, wir genossen einfach die Nähe des anderen und waren in unseren eigenen Gedanken versunken.

Vor den großen Türen des Hotels war es dann so weit wir mussten uns verabschieden. Meiner besten Freundin war anzusehen das sie gerne noch mehr Zeit mit Kirill verbracht hätte. Ich machte mir große Sorgen, das sie sich in etwas sehr Kompliziertes stürzte. Unser Urlaub in Moskau würde nicht lange andauern und ich wollte nicht das sie mit Liebeskummer nach Hause fuhr. Es war unser letzter Urlaub, bevor unser Leben richtig beginnen würde. Zoe würde studieren und ich hatte versprochen eine Ausbildung in dem Betrieb meines Großvaters anzufangen. Niemand hatte mir bisher gesagt worum es sich dabei eigentlich handelte aber es war ein Versprechen das ich meinem geliebten Großvater gegeben hatte, kurz bevor er starb. Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden. Er war auf einer geschäftlichen Reise von der er nicht wieder zurückkam. Ich hatte ihn nicht noch einmal gesehen, die Einäscherung hatte bereits stattgefunden. Ich vermisste ihn sehr und wollte mit dieser Reise meinen Kummer etwas vergessen.

Der Schwindel war verschwunden. Jurij entließ mich aus seinem Griff und hielt meine Hand in seiner. Er führte sie zu seinen Lippen und küsste sie.

„Gute Nacht, Katy. Ich freue mich sehr auf den morgigen Tag.“ Jedes seiner Lächeln drang tief in meine Seele und ließ meine Welt erschüttern. Der Schmerz, den ich die letzten Wochen und Monate ertragen hatte, schien neben ihm zu verblassen. Ich fühlte mich wohl, während er meine Hand hielt, sie küsste oder mich einfach nur anlächelte. Noch nie zuvor hatte ein Mann mein Herz so berührt. Auch wenn ich ihn erst vor ein paar Stunden kennengelernt hatte, fühlte ich mich ihm verbundener als meinem letzten Freund. War ich zu naiv?

Zoe zog mich durch die große Tür in Richtung des Aufzugs. Jurij sah noch immer zu uns herüber. Seine grauen Augen brannten sich in mich und ich hätte nur zu gerne gewusst, was er gerade dachte. Der Aufzug öffnete sich und wir stiegen hinein, bis sich die Türen vor uns schlossen, konnte ich seinen Blick auf mir spüren.

Ich öffnete unsere Hotelsuite und ließ mich direkt auf das große Sofa in dessen Mitte fallen. Ein seufzten entfuhr mir. Zoe, die gerade im Badezimmer ihre Zähne putzte, kam mit der Zahnbürste im Mund heraus und sah mich eindringlich an.

„Was ist los Kitkat?“ Fragte sie mich bei meinem alten Spitznamen, den sie mir selbst gegeben hatte.

„Ich bin nervös.“ Ich schnappte mir eines der Kissen und drückte es in mein Gesicht.

„Wegen morgen und deinem Date mit sexy Jurij?“ Ich nickte.

„Wovor hast du Angst? Er ist verrückt nach dir!“

„Woher weißt du das?“

„Katy, ich habe gesehen, wie er dich ansieht. Als wärst du das Faszinierendste, was er jemals gesehen hat.“ Das Kissen wanderte von meinem Gesicht auf meinen Schoß.

„Ich fühle mich so komisch in seiner Nähe. Als könnte ich nicht mehr klar denken.“

„Das nennt man Liebe auf den ersten Blick, Süße.“ Erschrocken sah ich sie an.

„Liebe? Meinst du das etwa ernst?“

„Natürlich, daran ist doch auch nichts verwerflich. Wie lange bist du jetzt Single?“

Zoe war eindeutig verrückt geworden. Ich war nicht verliebt in Jurij, oder? Ich kannte ihn doch noch nicht einmal. Ich wusste nichts über ihn. Das erinnerte mich daran, dass ich noch etwas über die beiden Brüder im Internet stöbern wollte.

„Was hat es damit zu tun, wie lange ich Single bin? Außerdem weißt du das ganz genau.“

„3 Jahre und 7 Monate, wenn ich mich nicht verzählt habe.“ Ich murrte. „Siehst du, es ist mal wieder an der Zeit dich jemanden zu öffnen. Was ist also falsch daran verliebt zu sein?“

„Was falsch daran ist? Wir sind nur für ein paar Tage in Moskau und danach werde ich ihn nie wiedersehen. Was bringt es mir also mich in ihn zu verlieben?“

„Wer sagt das du ihn nie wiedersehen wirst? Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten und denk daran, dass er uns das hier beschert hat. Er wird es sich schon leisten können dich besuchen zu kommen.“

Sie strich mir über meinen Rücken und stand dann auf, um zurück ins Bad zu gehen. Könnte ich es mir wirklich erlauben mich in ihn zu verlieben? Hatte Zoe recht damit das es kein Problem werden würde? Nach unserem Urlaub werde ich nach London ziehen, in die Heimatstadt meines Vaters und Großvaters, um dort meine Ausbildung zu beginnen. Würde er sich diesen weiten Weg machen nur um mich zu sehen? Ich drückte mir das Kissen wieder in mein Gesicht. Es ist doch vollkommen schwachsinnig das ich jetzt schon über so etwas nachdenke. Ich hatte Angst vor dem morgigen Tag, wenn ich mit ihm allein sein würde und dachte über Dinge nach wie eine Fernbeziehung. Was hatte dieser Mann nur an sich das ich meinen klaren Verstand verlor.

Meine beste Freundin ließ sich in ihrem Schlafanzug gegenüber von mir fallen.

„Hast du von Kirill irgendetwas über die bekannten Kovalewskij Brüder erfahren?“

„Nein überhaupt nichts.“ Sie reichte mir mein Telefon aus der Tasche. Ich tippte ein paar Suchbegriffe ein und scrollte durch die Ergebnisse.

„Und? Was Brauchbares gefunden?“ Ich schüttelte den Kopf.

„Nichts über unsere beiden Kovalewskijs. Es ist fast so als würden sie im Internet nicht existieren.“

„Das kann doch gar nicht sein über jeden steht etwas im World Wide Web.“

„Diese beiden sind wohl eine Ausnahme.“ Ich sah meiner besten Freundin in die Augen. „Der Blick der Empfangsdame war auch eher ehrfürchtig, nicht so als würden Stars vor ihr stehen.“

„Dann können wir Schauspieler schon mal ausschließen.“ Scherzte Zoe.

„Nein, nein. Sie wirkte von ihnen eingeschüchtert.“

„Katy du machst dir zu viele Gedanken. Hör auf damit und genieß einfach die Zeit. Sieh mich an, Kirill ist wunderbar und mir ist es egal, was sein Stand für eine Rolle spielt.“ Ich sah sie mit hochgebogener Augenbraue an. Sie log sich doch selbst etwas vor.

„Ach ja? Alles ganz locker und lässig?“

„Er ist ein Urlaubsflirt.“

„Bist du dir da sicher?“

„Ganz sicher und jetzt ab ins Bett mit dir du willst doch fit sein für deinen Traummann.“

Ich warf ihr das Kissen entgegen, sie wich lachend aus und verschwand im Schlafzimmer. Mein nächster Weg führte mich ins Badezimmer, in dem ich mich schnell für die Nacht fertig machte. Zoe war schon fast eingeschlafen, als ich mich an sie ankuschelte. Ich schlief ein während ich an die grauen Augen von Jurij Kovalewskij dachte.



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