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Digimon 00001100 <Twelve>

Samsara Madness [Video-Opening online]
von

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Brüche

Das Begräbnis von Shuichis Schwester fand am Freitag statt, der unglaublich schwül war. Fast schien es, als wollte der Himmel weinen, erinnerte sich aber seiner Verpflichtung dem Sommer gegenüber. Taneo stand in dem Meer aus schwarz gekleideten Trauergästen neben dem schluchzenden Shuichi. Der Junge hatte ihn gebeten, mitzukommen. Taneo wäre der einzige Freund, den er hätte, den er darum bitten könnte, und er hätte gern etwas Beistand. Seine Eltern waren verhärmt und konnten plötzlich nicht mehr mit ihrem Sohn umgehen, wie es schien. Also war er gekommen.

Aus Shuichi war nicht viel herauszubekommen gewesen, aber aus den Gesprächen der Trauernden und den Worten des Priesters konnte er sich einiges zusammenreimen. Shuichis Schwester war älter als er selbst gewesen, vor kurzem hatte sie das siebzehnte Lebensjahr erreicht. Sie hatte an irgendeiner schweren Krankheit gelitten, die sie für Wochen an ein Krankenhausbett gefesselt hatte, und war ihr schließlich erlegen. Friedlich, im Schlaf, hatte Taneo gehört, aber das machte es nicht unbedingt besser.

Als der Sarg in das Grab gehievt wurde, entstand ein Gerangel unter den Trauergästen, und ein blonder Junge drängte sich nach vorn. „Nein!“, rief er heiser. „Nicht! Lasst sie!“

Er stand an der Kante des Grabes, wie alle anderen in Schwarz gekleidet, und schien zu versuchen, den Sarg zu berühren. Jemand lief ihm hinterher und umklammerte ihn fest. Der Sarg senkte sich in die Grube, und mit einer wortlosen Mischung aus Stöhnen und Schluchzen brach der Junge in die Knie, schlug mit den Fäusten auf den Boden und ließ seinen Tränen freien Lauf.

„Wer ist das?“, wagte Taneo Shuichi zu fragen, der ebenfalls wieder Tränen in den Augen hatte, obwohl er sein Gesicht nach der Messe getrocknet hatte.

„Ihr Freund“, murmelte er mit erstickter Stimme. „Sie hat ihm alles bedeutet.“

Taneo verstand. Mit versteinertem Gesicht sah er dem Rest des Bestattungsrituals zu und dachte daran, dass er ein noch so großer Held in der DigiWelt sein konnte; gegen den Tod in der Menschenwelt kam er nicht an. Und er konnte nicht einmal Shuichi Trost spenden, obwohl sich dieser das wohl erhoffte. Es war unfair.

Als die Beerdigung vorbei war, begab sich die engere Familie zum Leichenschmaus. Taneo verabschiedete sich von Shuichi und verließ den Friedhof allein. Als er hergekommen war, war ihm die steinerne Statue aufgefallen, die die Friedhofspforte bewacht hatte. Sie hatte die Gestalt eines gütigen, wenn auch traurigen Engels mit weit aufgefächerten Flügeln und schlanken Gliedmaßen gehabt. Als er nun durch das Tor ging, sah er die Statue umgestoßen am Boden liegen. Der schmale Hals war gebrochen und der Kopf des Engels war ein, zwei Meter davongekollert. Taneo betrachtete die kaputte Statue traurig, dann den blonden Jungen, den er in der Ferne davonwanken sah.

 

Kouki und Fumiko hatten sich am Dienstagabend zum Essen verabredet. Das Lokal, in dem sie saßen, war ziemlich klein, aber es bot vor allem Snacks und Fingerfood an und war daher recht billig. Kouki hatte Salamon in die Obhut seiner Schwester gegeben, die nicht mehr ganz so vernarrt in den kleinen Hund war wie früher, und Parallelmon wartete natürlich mal wieder außerhalb der Stadt. Kouki hatte gehört, dass Fumiko, wenn sie nicht gerade in der DigiWelt waren, oft ewig lange mit dem Bus fuhr, um es sehen zu können. Kouki konnte das nachempfinden.

Dennoch, eines war nach wie vor seltsam. Obwohl sie nun beide ein Digimon hatten und jetzt nicht mehr nur er derjenige war, der wusste, was es bedeutete, einen Partner zu haben, hatten sie plötzlich weniger, über das sie redeten. Ständig schien es Kouki, als wiederholte er, was er schon mal gesagt hatte, und auf der anderen Seite fiel ihm nichts ein, das aufregend genug wäre, um es anzusprechen. So aßen sie die meiste Zeit schweigend und starrten verlegen auf ihre Teller.

Als sie bei der Nachspeise waren, schluckte Kouki ein großes Stück Kuchen hinunter und meinte dann leise: „Es ist nicht mehr so wie früher, was?“ Sofort hatte er das Gefühl, jetzt einen Fehler begangen zu haben, aber er wäre sich wie ein Lügner vorgekommen, wenn er das Thema nicht darauf gelenkt hätte.

Fumiko nickte schweigend und sah der Kirsche nach, die über seinen Teller rollte.

Auch Kouki verspürte keine Lust, mehr zu sagen als das. Stumm widmete er sich wieder seinem Nachtisch.

„Ich wollte mit dir darüber reden“, meinte Fumiko dann. „Ich hab’s mir fest vorgenommen, als wir uns für heute verabredet haben. Irgendetwas … passt nicht mehr. Zwischen uns.“

Obwohl er genau wusste, was sie meinte, war es wie ein Schlag in seine Magengegend. Sein Mund war trocken, als er den nächsten Bissen nahm. „Sieht irgendwie so aus“, murmelte er kauend.

„Du denkst also auch so?“

Er zuckte mit den Schultern. „Es ist nicht mehr wie früher“, wiederholte er nur.

Fumiko lächelte bitter, sah ihn immer noch nicht an. „Ich weiß gerade nicht, ob ich mich freuen soll, dass du darüber genauso denkst wie ich.“

„Versteh ich gut.“

„Es ist aber nicht wegen Parallelmon. Ich will, dass du das weißt“, sagte sie fest.

Kouki nickte. „Klar. Ich würde ihm auch nie die Schuld geben. Oder dir. Es ist wohl eher …“

„Es liegt auch nicht an dir“, beteuerte sie. „Es ist einfach nur … Keine Ahnung, ich weiß es auch nicht.“

„Irgendetwas stimmt halt zwischen uns nicht mehr“, murmelte er. „Wir haben uns in verschiedene Richtungen weiterentwickelt oder so. Vielleicht war es auch nur …“ Er unterbrach sich. Fast hätte er im Scherz gesagt, eine Jugendsünde von uns. Vielleicht hätte sie das in den falschen Hals gekriegt. Er schüttelte den Kopf. „Nein. Es war toll. Es hat ‘ne Weile gehalten, und es war super. Das ist wohl alles.“ Kouki fühlte einen Knoten im Hals.

Fumiko nickte. Nun sah sie ihn an. Keine Tränen, keine Qual in ihren Augen. Das war nur dieses eine Mal gewesen. Kouki ahnte, warum. Es war schon bei ihrer Geburtstagsfeier da gewesen, dieses Gefühl, dass etwas anders geworden war, dass es früher besser und nun nicht mehr das Wahre war. Er hatte es selbst gespürt. War selbst weinerlich geworden, als er dem Gefühl nach und nach auf den Grund gegangen war. Sie hatten sich in den Schlamm des Zweifels gegraben, zwei Herzen in der Schwebe. Nun, da sie reinen Tisch gemacht hatten, konnten sie nach vorn sehen. Auch wenn der Gedanke Kouki traurig stimmte.

„Ich schätze, das heißt dann, dass …“ Fumiko wollte sich instinktiv abwenden, aber sie zwang sich, ihm in die Augen zu blicken.

„Dass es aus ist“, murmelte er, um ihr die Last nicht allein aufzubürden. Sie nickte.

Eine Weile schwiegen sie wieder. Kouki zermatschte den Rest seines Kuchens. „Naja“, meinte er dann resolut und setzte sich gerade hin. „Es war trotzdem toll, wie gesagt. Du bist ein Wahnsinnsmädchen.“

Sie lächelte. „Und du der beste Freund, den man sich wünschen kann. Ich werde deine Zukünftige beneiden.“

„Ich deinen Zukünftigen auch“, sagte er. Sie starrten einander an und lachten dann sogar. Selbst wenn es ein bitteres Lachen war, sie lachten gemeinsam. Immerhin.

„Wir bleiben Freunde, oder?“, fragte sie.

„Klar. Bleibt uns ja nichts anders übrig. Gennai und die anderen würden uns den Hals umdrehen.“

„Danach auch, oder?“, hakte sie nach. „Ich meine, nachdem die DigiWelt gerettet und das letzte Asura besiegt ist.“

„Selbstverständlich.“ Er verschränkte die Arme und blickte zur hölzernen Decke des Lokals. „Wenn ich so darüber nachdenke, wir hatten vor unseren Abenteuern eigentlich nicht wirklich miteinander zu tun. Abgesehen von der Sache mit dem Hund.“

„Stimmt.“

Er grinste wehmütig. „So darf es auf keinen Fall wieder werden.“

Obwohl die ganze Nachspeise einen bitteren Nachgeschmack hatte, gelang es ihnen plötzlich wieder, ein normales Gespräch zu führen, sogar zu scherzen. Als sie bezahlten, ging Kouki sogar so weit, zu sagen: „Eigentlich wollte ich dich einladen, aber da wir ja jetzt nicht mehr zusammen sind …“

Ich lade dich ein. Das habe ich mir auch vorgenommen“, erwiderte Fumiko ernst.

„Dann machen wir’s einfach mal so: Ich bezahle deins und du bezahlst meins.“

Vor den Augen der verblüfften Bedienung kramten beide ihr Geld heraus.

Als sie sich auf der Straße verabschiedeten, brach endlich Regen aus der tagealten Wolkendecke und kühlte die Stadt ein wenig ab. Und obwohl Kouki eben noch gescherzt hatte, fand er dieses Wetter nun doch verdammt passend.

 

Am nächsten Tag in der Schule trommelte ein aufgeregter Jagari seine Mitstreiter zusammen. Selbst Renji kam mittlerweile ohne Umschweife mit; seine Freunde hatten sich damit abgefunden, dass er oft und gern mit Jüngeren und Mädchen abhing.

„Gennai hat mich gestern am Abend kontaktiert“, flüsterte der blonde Junge ihnen über den Tisch in der Bibliothek zu. „Er hat gesagt, wir sollen uns beeilen. Offenbar nimmt die Macht der Dunkelheit in der DigiWelt wieder zu, und er weiß nicht, woran das liegt. Wenn wir Asuramon hervorlocken, sollte es aber ein Ende habe.“

„Na toll“, murrte Renji. „Gerade, wo es so gemütlich war.“

„Wir haben vielleicht den Ernst der Lage etwas unterschätzt“, meinte Taneo. Er hatte die Arme verschränkt und sah aus dem Fenster. „Uns fehlt noch ein DigiEi. Es muss doch möglich sein, es zu finden.“

„Das ist genau das Problem“, sagte Tageko. „Du weißt, wo es liegt.“

Renji war selbst nicht dort gewesen, aber Fumiko hatte davon erzählt. In einem Berg, einem gewaltigen Monolithen, befand sich ein wahres Labyrinth aus Schluchten und Höhlen, als hätte sich ein Wurm durch ihn gegraben. Dort irgendwo befand sich das letzte Schwarze DigiEi. Allerdings waren die Gänge so verwinkelt und lagen zumeist übereinander, dass sie selbst mit ihren DigiVices keine Ahnung hatten, wo es versteckt lag.

Jagari hatte es übernommen, auf die bereits gefundenen Eier aufzupassen. Er bewahrte sie bei sich zuhause auf und hatte oft an ihren Schalen gelauscht oder sogar dagegen geklopft. Sie schienen total leblos zu sein, und nichts Außergewöhnliches war geschehen. Renji fand es seltsam, dass ihnen nun plötzlich die Zeit knapp werden sollte. Aber wenn Gennai das sagte, musste es wohl stimmen – und Fumikos Ei war schließlich auch noch geschlüpft.

Außerdem hatte Kyaromon schon gesagt, dass ihm ohne einen richtigen Kampf langweilig wurde.

„Wir brauchen nur eine Karte und genügend Zeit“, sagte Taneo. „Wir suchen den Berg systematisch ab.“

„Da genügt aber ein Tag nicht“, meinte Kouki stirnrunzelnd. „Geschweige denn ein Nachmittag, falls wir nach der Schule suchen wollen.“

„Dann suchen wir eben am Wochenende. Wir bleiben zweieinhalb Tage in der DigiWelt. Wir müssen uns einfach selbst am Schopf packen und uns Mühe geben.“

„Und wie willst du unseren Eltern erklären, warum wir schon wieder so lange verschwunden sind?“, fragte Tageko. „Meine Mutter hat mich schon langsam richtig auf dem Kieker.“

„Ich weiß, was wir machen können!“, rief Jagari. „Ein Ausflug! Wir erzählen ihnen ganz offiziell, dass wir am Wochenende wegfahren. Ein kleiner Urlaub mit Freunden.“

„Wird das eure Eltern überzeugen?“, fragte Tageko zweifelnd.

„Kein Problem“, meine Renji leichthin. „Mein Alter ist sowieso froh, wenn er in Ruhe fernsehen kann. Meine Mutter wird auch kleinbeigeben.“

„Ich finde die Idee gut. Momentan ist doch das beste Wetter zum Wandern“, überlegte Fumiko. „Wir sagen einfach, wir fahren in die Berge. Wenn wir unseren Eltern Bescheid sagen, bevor wir verschwinden, wird es sicher kein so großes Problem sein.“

„Gut, wer fährt uns?“, fragte Kouki. „Meine Schwester fällt aus. Die hat gerade ein Uniprojekt am Laufen und ist unausstehlich.“

„Wir brauchen ja nicht wirklich in die Berge zu fahren. Wir erzählen unseren Eltern das nur und treffen uns am Stadtrand mit Parallelmon“, sagte Taneo.

„Und wer ist unsere Aufsichtsperson? Oder glaubt ihr, unsere Eltern lassen uns einfach alleine fahren? Schon wieder?“

Der Junge zuckte mit den Schultern. „Wir geben ihnen einfach die Nummer von meinem Cousin. Ich sage Kentarou, er soll so tun, als wäre er ein paar Jahre älter und hätte einen Wagen. Wird ihm nicht schwerfallen.“

„Und unsere Eltern bringen uns samt unserem Gepäck zu ihm und merken, dass dein Cousin wie alt ist, fünfzehn?“, fragte Tageko nicht überzeugt.

„Sechzehn“, korrigierte sie Taneo. „Aber du hast recht, das wäre ein Problem.“

„Wenn’s weiter nichts ist“, meinte Renji. „Ein Kumpel von mir hat einen Kleinbus daheim. Er schuldet mir einen Gefallen, also lassen wir uns einfach zu ihm kutschieren, tun so, als würden wir den Bus beladen, und fahren dann mit dem Zug aus der Stadt. Aber unseren Eltern geben wir dann die Nummer von Taneos Cousin, und falls etwas ist, kann der ja so tun, als wäre er mein Bekannter. So viel will ich ihm nämlich auch wieder nicht aufhalsen.“

„Etwas umständlich, aber nicht übel“, meinte Kouki anerkennend.

„Klar, ist doch meine Idee.“

„Nicht alles davon“, meinte Taneo trocken.

„Kann sein, aber mein Beitrag dazu hat deine langweilige Idee veredelt.“

Taneo schmunzelte.

Sie feilten noch ein wenig an ihrem Plan. Am Wochenende wollten sie loslegen. Renji war froh, dass er sich nicht schon mit Aiko verabredet hatte.

Zwischen ihnen hatte es gefunkt – glaubte er. Ganz sicher war er da nicht, weil er dazu neigte, sich in solchen Sachen zu überschätzen, das hatte ihm die Vergangenheit deutlich gemacht. Aber Aiko war gar keine solche dumme Schnepfe, wie er anfangs gedacht hatte, und sie hatten sich bei Fumikos Party letztendlich ganz gut verstanden. Dann hatten sie noch Nummern ausgetauscht und sich dann und wann getroffen.

Renji hatte von Kouki gehört, dass er und Fumiko Schluss gemacht hatten. Es tat ihm ehrlich leid für seinen Kumpel. Irgendwie war es ein merkwürdiges Gefühl, dass das Mädchen, das er früher angehimmelt hatte, nun doch nicht mehr mit seinem besten Freund zusammen war. Sie sprachen immer noch miteinander, aber ein klein wenig hatte sich verändert, das war sogar Renji aufgefallen. Er hatte Kouki von der Sache mit Aiko erzählt, allerdings schon bevor er von der Trennung erfahren hatte. Kouki war ein zu guter Kumpel, um eifersüchtig zu sein, aber irgendwie drückte Renji jetzt trotzdem das schlechte Gewissen.

 

Ihre Eltern zu täuschen war wirklich ein Klacks. Manche der DigiRitter hatten es sich zwar einfacher vorgestellt, ihre Einwilligung zu bekommen, aber letztendlich reisten sie tatsächlich freitags nach der Schule mit Wandergepäck zum Stadtrand, trafen sich dort mit Parallelmon und dann ging es weiter in den zerklüfteten Landstrich der DigiWelt, in dem das letzte Schwarze DigiEi verborgen war. Jagari nahm auch gleich die anderen sieben Eier mit, damit sie, wenn alles gut ging, die Sache an diesem Wochenende beenden konnten.

Als die DigiRitter in einem nahen Digimon-Dorf unterkamen und sich Pläne vom Berg zeichneten, bemerkte Tageko die Nervosität der anderen, die um nichts geringer war als ihre eigene. In den nächsten drei Tagen würde sich alles entscheiden. Sie würden das letzte der Asuras bekämpfen, und es würde der Anführer sein. All ihre Siege bislang stimmten sie zwar bis zu einem gewissen Grad zuversichtlich, aber dennoch wussten sie nichts über ihren Gegner.

„Was habt ihr eigentlich vor, was wir machen, wenn wir gewonnen haben?“, fragte Renji, als sie gegen Abend aufbrachen.

„Ich will auf jeden Fall die Sommerferien in der DigiWelt verbringen“, strahlte Jagari. „Das wird toll!“

„Aber in den Sommerferien ist es bei uns doch auch schön“, warf Tageko ein, die den Sommer mochte.

„Jagari hat recht. Wir sollten hier Urlaub machen“, sagte Taneo. „Sommerferien in unserer Welt hatten wir schon viele. Wir sollten es ausnutzen, dass wir in die DigiWelt können.“

Mit derlei Gesprächen hielten sie sich bei Laune. Sie malten sich eine Zukunft aus, in der sie Asuramon besiegt hatten, und Tageko hatte das Gefühl, dass ihr das Zuversicht schenkte.

Den Berg zu durchforsten war noch anstrengender, als sie zuerst gedacht hatten. Sie suchten bis spät in die Nacht hinein, schliefen im Dorf und brachen am nächsten Tag sofort wieder auf. Schließlich halfen sogar die Digimon aus dem Dorf mit, die von den DigiRittern gehört hatten und sie regelrecht vergötterten. Trotzdem fanden sie das Ei erst am Sonntag, und das auch nur durch Zufall: Es war in einer Höhle eingeschlossen, die von einem Steinschlag vom Rest des Tunnelsystems abgekapselt war. Kouki war es, dem die Idee kam, die Wand aufzubohren. Ein Drimogemon aus der Gegend half ihnen dabei, und so wurde der kleine, schwarze Gegenstand sichergestellt.

Danach gab es im Dorf eine kleine Feier, als hätten sie schon gewonnen. Burgermon bekochten sie, und die DigiRitter und ihre Digimon stärkten sich. Als es Abend wurde, fühlten sie sich trotz der Strapazen von neuer Energie erfüllt, die sicher vom baldigen Ende ihres langen Kampfes herrührte. Wenn sie Asuramon herauslockten, würden sie vielleicht das Dorf gefährden, also wanderten sie eine Weile um den Berg herum, bis sie eine desolate, staubige Ebene fanden. Hier war der beste Ort. Jagari legte die schwarzen Eier in einem engen Kreis auf, gerade als die Sonne dem Berg von hinten einen abendlichen Flammenkranz bescherte.

„Und jetzt?“, fragte Tageko zweifelnd. „Asuramon ist jetzt da zwischen den Eiern, und wir können es nur nicht sehen?“

„Sollen wir mal Attacken reinwerfen?“, fragte Volcanomon. Die Digimon waren alle auf ihr höchstes Level digitiert.

„Gennai hat gesagt, wir sollen auf ihn warten. Ich versuche mal, ihn zu erreichen“, sagte Jagari. Er hatte seinen Laptop aufgeklappt und tippte darauf herum, als hinter ihnen eine Stimme laut wurde.

„Das habt ihr gut gemacht, DigiRitter. Ihr habt die Eier also alle gefunden.“ Gennai war erschienen – wo genau er so plötzlich hergekommen war, ließ sich nicht sagen; vielleicht aus dem Wald. Er trat in die Mitte des Eierkreises und musterte sie. „Es hat ja auch lange genug gedauert.“

„Jaja“, knurrte Renji verärgert. „Weißt du, wir haben in unserer eigenen Welt auch noch ein Leben.“

Gennai neigte den Kopf. „Nicht mehr lange“, verkündete er.

Und er breitete die Arme aus, und die Eier zerbarsten. Schwarzen Schalensplitter umwirbelten ihn wie dunkle Greifarme.

„Was zum …“, begann Renji, als Taneo rief: „Zurück! Irgendwas stimmt mit ihm nicht!“

„Was tun Sie da, Gennai?“, fragte Jagari ängstlich.

„Das ist nicht Gennai“, erwiderte Fumiko düster.

Im Sturm der dunklen Fragmente verfärbte sich erst Gennais Robe von ihrem hellen Beige in ein düsteres Braun. Ein vielstimmiges Lachen ertönte. „Schlaues Kind.“

Dann barst der Wirbelsturm auseinander. Etwas wie dunkelviolette, faustdicke Spinnenfäden schoss in alle Richtungen. Die DigiRitter schrien erschrocken auf, als die einzelnen Stränge sie durchbohrten, aber kein Schmerz kam. Es war, als könnten sie die Strahlen zwar sehen, aber nicht spüren; als wäre es so etwas wie Licht, oder eher – Dunkelheit. Die Fäden, mit dem falschen Gennai als Zentrum, bildeten ein Spinnennetz, das düster schimmernd die ganze Lichtung umspannte.

Und die fette Spinne in ihrem Zentrum verwandelte sich. Gennais Umrisse zuckten, ordneten sich neu an – und plötzlich war sein Gesicht nur mehr eines von dreien, und selbst das verblasste. Ein muskulöses Digimon mit drei Köpfen, vier Armen und feuerrotem Haar stand vor ihnen. Seine Haut hatte denselben, schwarzvioletten Farbton wie das Spinnennetz.

Kouki hob die Analyzer-Brille vor die Augen. „Es ist Asuramon“, murmelte er. „Das letzte Asura.“

„Der Anführer“, fügte Tageko düster hinzu.

„Was hast du mit Gennai gemacht?“, rief Jagari.

Asuramons Stimme war schrecklich. Zu einem Teil schrill, zu einem tief und grollend, zu einem erhaben und herrisch, und zu allen drei Teilen bösartig. „Euer Freund schlummert in einer Chaosblase vor sich hin. Den Ärger, den er uns bereitet hat, darf er durch ewiges Leiden abbüßen.“ Die grollende Stimme lachte, während die anderen weitersprachen – ein verstörender Effekt. „So lange hat es gedauert, bis wir ihn in die Finger bekommen haben. Was SkullScorpiomon nicht erreichen konnte, habe ich nun beendet.“

„Was jetzt?“, fragte Kouki leise.

Taneo fluchte. „Was sollte dann diese Sache mit den Schwarzen DigiEiern?“

Nun lachte auch die schrille Stimme, und die herrische allein erwiderte: „Ihr habt mir gute Dienste geleistet. Wenn ihr nur mehr über uns Asuras gewusst hättet, wärt ihr vielleicht nicht in meine Falle getappt.“

„Was soll das heißen?“

„Als ihr meine Kameraden vernichtet habt, ist der größte Teil ihrer Daten ins Samsara eingegangen. Üblicherweise werden Digimon in der Stadt des Ewigen Anfangs wiedergeboren. Ihre Daten werden dort wieder zu DigiEiern, und sie beginnen ihr Leben von Neuem. Asuras sind anders. Sie werden nicht länger wiedergeboren, denn ihre Seelen sind zu mir, ihrem Anführer, geflogen. Doch die Daten, die ihre Form beschrieben haben, ihr Aussehen, ihre Persönlichkeit, all das, was ihre Seelen nun nicht mehr brauchen, sind in der DigiWelt verblieben und haben sich, ganz in Digimon-Manier, in DigiEier verwandelt. Sie wären niemals geschlüpft, man könnte sagen, sie sind hohl, aber sie bestehen dennoch aus denselben finsteren Daten wie das große Apocalymon, aus Daten, die von außerhalb der DigiWelt stammen. Die Macht, Zeit und Raum zu verändern und das Chaos zu bringen, wohnt ihnen noch inne. Es sind die letzten Knotenpunkte im Netz des Chaos, wie ich es euch gesagt habe.

Als ihr die anderen Asuras vernichtet habt, sind die Eier dort wieder aufgetaucht, wo jedes Einzelne von ihnen geboren wurde, als wir in diese Welt kamen. Und ich brauchte sie, um die Kraft meiner gefallenen Kameraden voll nutzen zu können. Ich wusste, wo in etwa die anderen Asuras damals geboren wurden, aber ihre Eier zu suchen ist unter meiner Würde! Gnädigerweise habt ihr das für mich erledigt.“

„Das ist es, was Gennai uns gesagt hat“, murmelte Tageko. „Dass die Daten zu ihrem Anführer fliegen … und jetzt kann er sie nutzen?“

„Verdammt, heißt das, wir haben ihm total in die Hände gespielt?“ Renjis Stimme machte der schrillen von Asuramon beinahe Konkurrenz.

„Deshalb waren es acht Eier“, murmelte Taneo. „Ich dachte mir doch, dass da was faul war – wieso auch ausgerechnet acht?“

„Und wieso sind es acht?“, fragte Jagari.

„Elf Asuras sind tot. Eines davon wurde von Arkadimon gefressen, und wir haben Arkadimon und Megidramon in der Feuerwand gebannt. Das heißt, die Daten von acht Asuras sind zu ihrem Anführer zurückgeflogen.“

„Oh“, machte Jagari.

„Dieser Mistkerl“, murmelte Fumiko.

„Und was … was tun wir jetzt?“, fragte Renji.

„Wir können sowieso nur eins tun.“ Kouki trat einen Schritt vor. „Wir bekämpfen es, bis wir es besiegt und die DigiWelt ein für alle Mal gerettet haben!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Der Titel war Programm. Und ich muss wohl nicht extra darauf hinweisen, aber im nächsten Kapitel kommt der Endkampf :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Lmderpj
2017-08-27T14:37:00+00:00 27.08.2017 16:37

Ich habe gerade deine Naruto Dark Horizon Fanfic gelesen und wow.Du schreibst sehr profizionell.Es gibt leider nicht mehr so viele Leute die gerade ff schreiben und noch weniger die Naruto Ff's schreiben.Ich hoffe das du nicht aufhörst du hast nehmlich echt Talent und es macht so viel spaß deine Geschichten zu lesen.Ich wollte dir einfach mal ein Lob da lassen.LG Leo
Antwort von:  UrrSharrador
27.08.2017 20:21
Danke für deinen Kommi! Es freut mich immer wieder zu hören, dass meine FFs jemandem gefallen :) Ich hoffe selbst, dass ich noch viele schreiben werde^^
lg
Von:  Fuchspinsel
2017-08-23T15:40:03+00:00 23.08.2017 17:40
Wieder ein sehr schönes, wenn auch recht trauriges Kapitel...
Dass Asuramon sich als Gennai ausgeben würde war bei mir iwie nicht auf dem Schirm Oo Da hast mich drangekriegt xD
Schade, dass das mit Fumiko und Kouki nix wurde :/
Aber ich freu mich trotzdem schon voll auf den Endkampf ^^
Antwort von:  UrrSharrador
27.08.2017 20:24
Danke für deinen Kommi mal wieder :)
Hehe, freut mich :D Ja, das mit Fumiko und Kouki wollte einfach nicht halten ...
Von:  EL-CK
2017-08-23T08:57:08+00:00 23.08.2017 10:57
Ja gut... Dann waren es halt DARUM 8 Eier... Aber die Idee mit den "ursprünglichen" Digirittern immer noch gut 😉
Achja... Das Kapitel war mal wieder der Hammer.....
Antwort von:  UrrSharrador
27.08.2017 20:22
Ja, darum xD Danke für deinen Kommi!


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