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Das Fest der Familie

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi,

viel Spaß. :) Komplett anzeigen

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21. Dezember

21. Dezember
 

Das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, weckte Harry und ließ ihn, im ersten Moment völlig orientierungslos in das Dunkel des Raumes blinzeln. Er kannte diese Decke nicht. Unruhig tastete er zur Seite doch der Platz neben ihm war leer. Es war diese Tatsache, die Harry wieder zur Besinnung brachte und jetzt erinnerte er sich auch daran, dass sie die Decke vor ein paar Monaten frisch gestrichen hatten. Deswegen kannte er sie nicht, sie war noch ganz neu. Zumindest für Harry aber er brauchte immer etwas länger um sich an Änderungen in einem Zimmer zu gewöhnen. Er hatte in Hogwarts damals fast ein halbes Jahr gebraucht um nicht mehr panisch aufzuschrecken wenn er nachts erwachte und sich in einem, für ihn, fremden Zimmer wiederfand. Wesentlich beruhigter als bei seinem Aufwachen ließ Harry die magischen Lampen zum Leben erwachen aber an dem Bild, dass er alleine im Bett lag, änderte sich nichts. Noch vor einem Jahr hätte er jetzt schwer und tief geseufzt und seinen Partner im Wohnzimmer gesucht doch ihr Leben hatte sich grundlegend verändert. Mit einem Lächeln erhob er sich, warf sich einen Morgenmantel über und begab sich nach nebenan. Hier fand er seinen Freund, zusammen mit ihren Kindern.
 

Lächelnd lehnte sich Harry in den Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und beobachtete das Bild mit einem warmen Blick. Scheinbar waren die Kinder aufgewacht, er hatte nichts gehört aber Severus hatte sowieso die besseren Ohren von ihnen. Er war nach nebenan gegangen und hatte ihnen einen Geschichte vorgelesen, zumindest deutete das aufgeschlagene Buch darauf hin. Und wie es immer passierte waren die zwei Jungs eingeschlafen, noch bevor er die ersten Seiten beendet hatte und natürlich waren sie zum Teil auf Severus eingeschlafen. Sein Partner hatte es dann nicht über sich gebracht sie von sich runter zu schieben um selber wieder ins Bett zu gehen und so lag Severus jetzt halb ans Kopfteil gestützt da. Und ihre beiden Söhne lagen quer über ihn verteilt, alle drei friedlich schlummernd. Harry schüttelte den Kopf, früher hatte er ihn mitten in der Nacht im Wohnzimmer eingesammelt und heute musste er ihn von den Kindern befreien. Er konnte sich allerdings im ersten Moment nicht dazu überwinden denn das Bild war einfach zu schön. Das hier hatte er sich immer gewünscht, eine Familie, eine richtige Familie und endlich hatte er sie bekommen. Immer noch lächelnd stieß er sich vom Türrahmen ab und setzte sich auf das zweite Bett. Sie hatten genug Platz im Haus damit jeder der Jungs ein eigenes Zimmer haben könnte aber der Vorschlag war auf wenig Begeisterung gestoßen. So hatten sie das größte Zimmer, das bis dahin ihr Schlafzimmer gewesen war, geräumt und umgebaut um daraus ein Kinderzimmer für zwei Kinder zu machen. Das Schlafzimmer hatten sie einfach ein Zimmer weiter verlegt. Harry legte den Kopf schief, seufzte dann und stand auf. Severus konnte so nicht liegen bleiben, er würde sonst morgen früh schreckliche Rückenschmerzen haben.
 

„Severus, wach auf“, flüsterte Harry leise während er vorsichtig an seiner Schulter rüttelte.

Es dauerte nur Sekunden bis seine Augenlider flatterten und ihn plötzlich rabenschwarze Augen ansahen. Im ersten Moment erkannte er ihn nicht doch das war Harry gewöhnt, es war normal für Severus. Mittlerweile waren sie aber so weit, dass er nicht mehr nach dem Zauberstab griff weil er dachte Harry wäre ein Feind.

„Du kannst so nicht liegen bleiben, das verträgt dein Rücken nicht und ich will nicht alleine weiter schlafen“, sagte er lächelnd.

Jetzt trat Wärme und Zuneigung in das tiefe Schwarz bevor Severus an sich runter sah. Sein Blick ging über die zwei schlafenden Jungen.

„Komm, legen wir die Zwei ordentlich in ihre Betten, hoffentlich bleiben sie heute mal liegen“, sagte Harry.

Als Severus nickte, nahm Harry vorsichtig ihren älteren Sohn auf die Arme und legte ihn in sein eigenes Bett während Severus den Jüngeren genauso vorsichtig von sich runter schob und ordentlich zudeckte.

„Ich habe sie gar nicht gehört“, murmelte Harry.

„Sie haben gelesen, ich bin wach geworden und wollte nach ihnen sehen“, gab Severus leise zurück während er das Buch weg räumte und ihn dann auffordernd ansah. Harry löschte die Lichter und folgte ihm nach nebenan.
 

Wenig später lagen sie zusammen unter der Decke doch sie schliefen nicht, auch wenn es dunkel im Raum war.

„Fängt es wieder an?“, fragte Harry leise.

Was genau er meinte, musste er nicht sagen denn Beide wussten worum es ging. Sie waren vor fast zweieinhalb Jahren nach Frankreich gezogen und seitdem war Severus nachts nicht mehr aufgestanden um im Wohnzimmer zu warten. Er hatte zwar oft die ganze Nacht wach neben ihm gelegen und hatte keinen Schlaf gefunden aber er war bei ihm geblieben. Erst in diesem Jahr hatte er langsam angefangen die Nächte durch zu schlafen, oder zumindest länger als zwei, drei Stunden. Nun, nachdem die Kinder eingezogen waren, war er öfters aufgewacht aber meistens weil einer der Jungen gerufen oder geweint hatte. Dass Severus Nachts einfach so aufstand, ohne in die Küche oder ins Bad zu müssen, war sehr, sehr lange nicht mehr vorgekommen.

„Ich weiß es nicht“, flüsterte Severus.

„Hattest du einen Grund zum Aufwachen oder war es die alte Ruhelosigkeit?“

„Ich habe gedacht, dass ich etwas gehört habe.“

„Aber die Kinder waren leise?“, fragte Harry während er ihn enger an sich drückte.

Er spürte wie Severus zitterte, noch immer war da die tiefe Angst, dass Harry einfach ging und er in einem Scherbenhaufen alleine zurück blieb.

„Die Kinder waren leise, Lex hat eine Geschichte gelesen aber nicht so laut, dass ich davon aufgewacht wäre“, gestand Severus.

„Du hast schon immer einen sehr leichten Schlaf, vielleicht hast du es doch gehört. Es ist aber auch egal.“

„Wirklich?“

„Ja, Severus, es ist egal. Wir sind in den letzten Monaten fast jede Nacht aufgestanden weil einer der Jungs geweint hat, da ist es doch völlig natürlich, dass du glaubst etwas zu hören“, sagte Harry gegen seine Brust geschmust, „wenn sie sich richtig eingelebt haben, wird sich das auch geben.“

„Du bist mir nicht böse?“

„Nein, bin ich nicht. Außerdem ist in einer Woche Weihnachten, wie kann ich da böse sein?“

„Weihnachten“, murrte Severus wenig begeistert doch Harry lachte nur, „das erste Weihnachten als Familie, die Jungs reden seit Wochen von nichts anderem. Du willst sie doch nicht enttäuschen, oder?“

„Natürlich nicht.“

„Also dürfen wir das Haus schmücken und bekommen einen Weihnachtsbaum.“

„Wenn es euch glücklich macht, natürlich“, seufzte Severus ergeben.

Harry lachte leise, rutschte dann hoch und gab Severus einen Kuss. „Und jetzt schlafen wir weiter, du musst morgen früh raus. Bist du zum Frühstück noch da?“

Bedauernd schüttelte Severus den Kopf und sagte, „ich habe zu viel zu tun, du weißt ja wie die Leute vor Weihnachten sind.“

Harry nickte nur und kuschelte sich dann an ihn, er kannte die Regel von Severus nur zu gut. Sie nahmen nur bis zum 21. Dezember Aufträge an, genau um 10 Uhr am Morgen beendete Severus die Auftragsannahme und er ließ da auch nicht mit sich reden. Das hatte einen einfachen Grund, die Apotheke machte pünktlich zum Abend des 23. Dezember zu und bis dahin waren alle Aufträge abgearbeitet und verschickt. Severus machte für niemanden eine Ausnahme, es gab im Ersten Jahr Menschen, die der Meinung waren, dass sie mit genug Geld schon noch ihre Tränke bekommen würde. Nun, Severus hatte sie mit dem Zauberstab aus dem Laden gejagt. Danach hatten alle verstanden, dass man mit ihm in dieser Hinsicht nicht verhandeln konnte. Zwar hatte sich Harry über diese Sache gewundert doch Severus hatte ihn schnell aufgeklärt, Weihnachten gehörte ihm und da wollte er nicht arbeiten oder Arbeit im Nacken haben. Die Apotheke öffnete für vier Tage zwischen den Festen und schloss dann über Silvester wieder. Doch darüber wollte Harry jetzt nicht nachdenken, er kuschelte sich eng an den Mann, den er liebte und schloss die Augen. Er spürte, dass Severus schon wesentlich ruhiger atmete und wahrscheinlich schon eingeschlafen war. Also war es eine gute Idee seinem Beispiel zu folgen.
 

Der nächste Morgen begann für Harry wie fast jeder Morgen seit sechs Monaten, in dem er die Kinder weckte und zum Frühstück holte. Sie waren alleine, Severus war schon lange aus dem Haus und würde erst spät wieder kommen. Wahrscheinlich erst nach dem Abendessen und wenn es so lief wie letztes Jahr auch erst nachdem die Jungen schon im Bett waren. Es war der 21. Dezember und die Leute benahmen sich teilweise als würden sie ohne einen bestimmten Trank über Weihnachten sterben. Harry schüttelte den Kopf bei dem Gedanken und sah dann zu seinem ältesten Sohn, der gerade dabei war seine Schultasche zu packen.

„Hast du alles, Lex?“, fragte er.

„Ich weiß es nicht“, gestand der Junge.

„Du hast doch eine Liste für heute bekommen, oder? Wo ist die?“

Etwas hektisch suchte Lex nach der Liste und hielt sie ihm hin. Heute war der letzte Schultag und da wollte sie noch etwas basteln und hatten eine Liste bekommen. Harry nahm die Liste und hockte sich zu seinem Sohn auf den Boden um die Schultasche zu kontrollieren.

„Da fehlt noch die Schere“, sagte er schließlich, „holst du sie bitte?“

Sofort sprang der Junge auf, rannte zum Tisch und nach kurzem Suchen hatte er die gewünschte Schere gefunden. Als sie in der Schultasche verschwunden war, stand Harry auf, schulterte die Tasche und schob seinen Sohn zur Tür raus.

„Dad?“, wurde leise gefragt.

„Ja, was ist denn?“

„Feiern wir wirklich Weihnachten?“, fragte Lex immer noch sehr leise während sie die Treppe runter gingen.

Harry war nicht wirklich überrascht von diese Frage, sie versetzte ihm aber einen Stich ins Herz. „Natürlich feiern wir Weihnachten.“

„Papa auch? Oder muss Papa arbeiten?“

„Papa feiert auch mit. Zu Weihnachten wird nicht gearbeitet, da ist die Familie zusammen. Aber jetzt müssen wir los, sonst kommst du zu spät in die Schule und Pascal zu spät in den Kindergarten“, sagte Harry ernst.

Er wurde mit großen Augen angesehen doch dann nickte er und sprang die letzten Stufen hinab. Im Flur wartete bereits sein jüngerer Bruder mit seinem Rucksack für den Kindergarten und einem großen Plüschfuchs in der Hand. Harry hob nur fragend eine Augenbraue und der Junge drückte den Fuchs enger an sich.

„Willst du ihn heute mitnehmen?“

Nicken.

„Warum denn?“

„Heute kommt doch der Weihnachtsmann“, sagte Pascal als wäre das Antwort genug.

Es dauerte ein paar Momente bis Harry begriff warum er den Fuchs mitnehmen wollte. Er hockte sich lächelnd vor ihn, wuschelte ihm durch die blonden Haare und sagte mit warmer Stimme, „du warst ein sehr braver Junge, du brauchst deinen Fuchs nicht damit er dich beschützt. Der Weihnachtsmann hat gesehen, wie lieb du immer warst und er hat garantiert ein Geschenk für dich.“

„Wirklich?“, fragte der Junge mit großen Augen.

„Natürlich, du warst doch immer lieb. Warum sollte der Weihnachtsmann dann kein Geschenk für dich haben? Jedes Kind, das lieb war, bekommt ein Geschenk“, erklärte Harry.

Es dauerte einen Moment, dann nickte Pascal sehr ernst und legte seinen Fuchs auf die Treppe. „Du musst nicht mitkommen, ich war lieb, sagt Vati. Ich frage den Weihnachtsmann ob du auch lieb warst. Dann bekommst du auch ein Geschenk“, sagte er genauso ernst zu dem Plüschtier bevor er sich zu Harry umdrehte und sagte, „wir können gehen.“

Nur mit Mühe konnte sich Harry das Grinsen verkneifen während er aufstand und die Hände ausstreckte. Schnell waren seine Kinder bei ihm und nachdem er sich sicher war, dass er ihre Hände fest in seinen hatte, disapparierte er.
 

„Harry, kann ich dich kurz sprechen?“

Etwas überrascht drehte sich Harry um und sah in das lächelnde Gesicht der Kindergärtnerin, bei der er gerade seinen Sohn abgegeben hatte.

„Natürlich, worum geht es?“

Statt einer Antwort winkte ihn die junge Frau in ein Büro und schloss die Tür hinter ihm, langsam kam es Harry seltsam vor. Doch er setzte sich und sah sie einfach nur fragend an. „Wie läuft es mit den Jungen?“, fragte sie.

„Annè, was soll diese Frage? Was ist wirklich los?“

Etwas beschämt grinste die Frau und erklärte, „gestern waren zwei Damen vom Jugendamt hier und haben sich nach Pascal erkundigt.“

„Und? Was hast du ihnen erzählt?“, fragte Harry, dem plötzlich sehr kalt wurde.

„Dass es keine bessere Familie für den Jungen gibt, was sollte ich ihnen sonst erzählen? Du kennst doch die Regeln, ihr habt sie vor sechs Monaten zur Pflege bekommen und jetzt will das Amt natürlich wissen, wie sie sich eingelebt haben. Es...“

„Haben sie mit Pascal geredet? Haben sie ihm erzählt, dass er wieder weg muss?“, fuhr ihr Harry dazwischen.

„Nein, Gott bewahre, natürlich nicht. Sie haben mit ihm geredet aber sie haben ihm nicht gesagt, wer sie sind. Sie haben etwas gespielt und ein paar einfache Fragen gestellt. Was seine Eltern so machen? Was er gerne isst? Mit wem er gerne spielt? Ob er ein Lieblingstier hat? Was sein Bruder so in der Schule lernt? Ganz einfach Fragen und sie waren begeistert über die Antworten“, erklärte Annè, „dann haben sie sich noch mit mir und meinen Kollegen unterhalten, sie haben überall die gleichen Antworten bekommen. Harry, du und dein Mann waren das Beste was diesen zwei Kindern passieren konnte und genau das haben wir ihnen auch gesagt.“

„Danke“, war alles, was Harry raus brachte.

Er war so auf Weihnachten konzentriert gewesen, dass er völlig vergessen hatte, dass ihre zwei Söhne nur zur Pflege bei ihnen waren.

„Du hast es vergessen, oder?“, fragte Annè sanft.

„Ja, ich habe es vergessen. Die Jungs wohnen erst sechs Monate bei uns und es kommt mir so vor als wäre es eine Ewigkeit. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ohne sie wäre“, gestand Harry.

„Nun, die Damen vom Jugendamt waren sehr begeistert von dem, was sie gehört haben. Ich persönlich glaube nicht, dass einer Adoption etwas im Wege steht.“

„Ob sie auch bei Alexander waren?“

„Wahrscheinlich aber ich denke mal, da haben sie das Gleiche zu hören bekommen. Pascal schwärmt immer von seinem Bruder und wie gut er ihm immer vorliest, wie schön sie miteinander spielen und wie fleißig sie immer beim Essen machen helfen. Harry, ich würde mir keine Sorgen machen, ihr könnt die Jungen adoptieren.“

„Wir sind nicht mal verheiratet“, warf Harry traurig ein.

„Gut, dass das in Frankreich nicht notwendig ist. Wir haben nicht diese starren Gesetze, die du aus England kennst. Ihr hättet die Jungs nicht zur Pflege bekommen wenn das Amt eine Adoption von vorne herein ausgeschlossen hätte. Und für Pascal spielt es keine Rolle, er sieht euch als seine Eltern an. Wie es bei Lex steht, weiß ich allerdings nicht.“

„Wahrscheinlich genauso, hoffe ich zumindest. Ich glaube, ich muss doch noch vor Weihnachten aufs Jugendamt, ich will Gewissheit“, sagte Harry.

„Meinst du wirklich, dass du so schnell noch einen Termin bekommst?“

„Werden wir sehen. Annè, es tut mir leid aber ich muss weiter. Ich habe noch sehr viel zu tun damit wir in Ruhe Weihnachten feiern können, ich danke dir für das Gespräch“, sagte Harry plötzlich.

„Kein Problem, ich muss auch wieder. Außerdem kommt nachher der Weihnachtsmann.“

Jetzt grinste Harry und meinte, „da wünsche ich euch viel Spaß, da ist bestimmt ein Geschenk für Pascal dabei.“

„Garantiert, so ein lieber Junge muss ein Geschenk bekommen.“ Annè erwiderte das Lächeln während sie Harry zur Tür brachte.

Harry wusste, dass sein Sohn, denn als nichts anderes sah er ihn an, ein Geschenk bekommen würde, schließlich hatte Severus es persönlich bei den Kindergärtnerinnen abgegeben. Mit einem Grinsen disapparierte er.
 

Wesentlich später, am Nachmittag, nachdem er die Kinder abgeholt hatte und sie oben mit Pascals Geschenk, einem Kinderbesen, spielten, saß Harry wieder über seinen Unterlagen. Jedes Jahr vor Weihnachten verfluchte er sich für den Vorschlag, dass er die Buchhaltung der Apotheke doch ohne Probleme alleine machen konnte. Es war immer so unglaublich stressig und eigentlich hatte er heute gar keine Lust dazu und so schweiften seine Gedanken ab. Zurück zu dem Tag als sie die zwei Jungen das erste Mal gesehen hatten.
 

„Bist du sicher, dass du nicht lieber wieder zu deinen Kesseln willst?“, fragte Harry feixend.

„Ich stopfe dich gleich in einen Kessel“, drohte Severus doch er hatte ein Grinsen im Gesicht.

Er wusste selber, dass er zu viel arbeitete aber es war nun mal nicht das Leichteste eine gut laufende, magische Apotheke aus dem Nichts heraus aufzubauen. Harry hakte sich mit einem Lachen bei ihm ein und sah sich weiter um. Sie lebten seit zwei Jahren in Paris aber bis auf ein paar kurze Einkäufe hatten sie noch keine Zeit gehabt um sich das magische Viertel genauer anzusehen. Es war extrem viel Arbeit gewesen, vor allem nachdem die Menschen hier bei Severus' Name doch etwas genauer nachgeforscht hatten. Der anfängliche Schwung war ins Stocken gekommen, die Aufträge waren zurück gegangen aber sie hatten nicht aufgegeben. Sie hatten gekämpft, gegen die Vorurteile und die Verurteilungen und sie hatten gewonnen. Ihre Zuverlässigkeit, Harrys einnehmendes Wesen bei der Kundenberatung aber vor allem die außergewöhnlich hohe Qualität der Tränke hatten die Menschen schließlich überzeugt. Mittlerweile konnten sie sehr gut von ihrem Geschäft leben und daher hatte ihn Severus mit diesem Ausflug überrascht.
 

Es war das Schicksal, was an diesem Tag zuschlug, oder besser gesagt ein Ball. Der Severus genau am Kopf traf. Mit einem dumpfen Stöhnen ging sein Freund zu Boden während Harry ihn nur fragend ansah, erst auf den zweiten Blick begriff er, was passiert war. Er konnte sich nur schwer ein Grinsen verkneifen.

„Wenn du lachst, verfluche ich dich“, knurrte Severus leise während er sich den Kopf hielt.

„Oh mein Gott, was ist denn passiert?“

Harry drehte sich zu der Stimme um und sah sich einer Frau gegenüber, die geschockt die Hände vor den Mund geschlagen hatte.

„Ich glaube, mein Freund wurde mit einem Tor verwechselt“, sagte Harry grinsend.

Die Frau sah ihn geschockt an und stammelte dann irgendwie eine Entschuldigung. Severus winkte ab und erhob sich langsam, immer noch leise fluchend. Mit einem Handwink hatte er den Ball in der Hand, die Augen der Frau wurden noch größer bevor sie sich umdrehte und brüllte, „ALEXANDER!“

Der Junge, der vorsichtig um die Ecke kam, sah todunglücklich aus und dennoch war es für Harry Liebe auf den ersten Blick.

„Komm sofort hierher“, rief die Frau, „du hast diesem Mann deinen Ball vor den Kopf geschossen. Willst du dich nicht wenigstens entschuldigen?“

„Entschuldigung“, flüsterte der Junge ohne näher zu kommen, er sah völlig verängstigt und eingeschüchtert aus.

Die Frau holte gerade wieder Luft aber sagte nichts weil Severus genau in diesem Moment an ihr vorbei ging und sich vor den Jungen hockte. Der zog allerdings den Kopf ein, Harry versetzte es einen Stich, dass das Kind scheinbar mit Schlägen rechnete. Umso überraschter sah er aus als Severus ihm den Ball hinhielt. Unendlich vorsichtig nahm er den Ball und flüsterte, „es tut mir leid.“

„Macht nichts“, sagte Severus ruhig.

„Tut es sehr weh?“, fragte der Junge.

„Nein, ich bin schon groß.“

„Also tut es nicht weh wenn man groß ist?“

„Doch, es tut auch weh aber nicht so sehr. Hast du denn ganz alleine mit dem Ball gespielt?“, fragte Severus.

Traurig nickte der Junge bevor er sagte, „mein Bruder ist noch zu klein, der trifft den Ball doch noch gar nicht. Spielst du mit mir?“

Etwas überrascht blinzelte Severus ihn einen Moment an und sagte dann, „ich weiß nicht ob deine Eltern das erlauben. Du kennst mich doch gar nicht.“

„Ich habe keine Eltern. Die wollten uns nicht weil wir nicht artig waren“, war die traurige Antwort.
 

Jetzt erst fiel Harry das Schild an dem Zaun neben ihnen auf, sie standen vor einem Waisenhaus. „Severus“, flüsterte er mit einem Handwink auf das Schild, schwarze Augen folgten dem Wink und weiteten sich überrascht.

Dann wandte er sich wieder an den Jungen, „was hältst du davon wenn ich die Frau da frage ob ich mit dir spielen darf?“

Jetzt wurde er freudig angestrahlt während sich Severus erhob und zu Harry und der Frau zurück kam.

„Lex, warum gehst du nicht rein? Wir unterhalten uns kurz und kommen dann um mit zu spielen“, sagte diese Frau gerade. Der Junge nickte freudig und rannte wieder in den Garten.
 

„Severus Snape, freut mich“, stellte sich Severus jetzt vor.

„Harry Potter.“

„Melanie Rush, freut mich sehr, die Herren“, sagte die Frau mit einem Lächeln, „darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?“

„Ich wurde zum spielen eingeladen und habe vor dieser Einladung zu folgen“, wand Severus ein.

Das Lächeln blieb zwar aber sie sah plötzlich sehr aufmerksam aus und sagte vorsichtig, „ich kann nicht jeden Fremden mit einem meiner Kinder spielen lassen. Warum trinken wir nicht einen Kaffee und lernen uns etwas besser kennen?“

Während Severus scheinbar wirklich darüber nachdachte die Einladung anzunehmen, seufzte Harry traurig und sagte, „das hat wohl keinen Sinn, wir sind nicht verheiratet. Und es dürfen ja nur verheiratete Paare ein Kind adoptieren.“

„Nun, das mag in England so sein aber wir sind hier in Frankreich“, sagte Melanie lächelnd.

„Woher...?“

„Ihr Französisch ist sehr gut aber ihr Akzent verrät Sie. In Frankreich ist es durchaus auch üblich, dass unverheiratete Paare ein Kind adoptieren können. Vor allem wenn es sich um ein magisches Kind handelt.“

„Magisches Kind?“, fragte Severus jetzt.

„Beim Kaffee“, sagte Melanie immer noch mit einem gewinnenden Lächeln. Dieses Mal nahmen sie die Einladung sofort an.
 

Melanie führte sie in den Garten, wo einige Kinder spielten und sie jetzt aufmerksam ansahen. Alle Kinder wirkten sehr fröhlich und aufgeschlossen aber keines kam näher.

„Haben sie Angst vor uns?“, fragte Harry.

„Nein, es wird ihnen so beigebracht, dass sie nicht einfach so auf Fremde zustürmen“, erklärte Melanie während sie auf eine Sitzgruppe deutete.

„Sind das alles magische Kinder?“, fragte Harry verwirrt. Sie setzten sich und mit einem Knall tauchten Tassen und eine Kanne mit Kaffee auf.

„Sie stammen alle aus magischen Familien.“

„Warum sind sie dann hier? Ein magisches Kind ist sehr wertvoll“, sagte Severus.

Melanie nickte bedächtig, schenkte ihnen Kaffee ein und erklärte, „fast alle Kinder stammen aus Familien, die entweder aus Squibs oder aus Muggeln bestehen und die mit ihren Kindern überfordert waren. Alexander und sein kleiner Bruder zum Beispiel. Ihre Mutter stammt aus England, sie ist eine Squib. Ihr Vater stammt aus Frankreich, ein Muggel. Sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass gleich beide Söhne so starke, magische Ausbrüche haben. Sie haben erst in England gelebt, Alexander ist dort zur Welt gekommen und später nach Frankreich gezogen, hier kam Pascal zur Welt. Nur zwei Jahre später haben beide Kinder gleichzeitig angefangen zu zaubern, die Eltern waren hilflos überfordert und zu stolz um Hilfe anzunehmen. Irgendwann haben sie ihre Kinder dann hierher gebracht.“

„Einfach so?“, fragte Harry mit einem dicken Kloß im Hals.

„Scheint so, sie haben sie nie wieder besucht.“

„Was haben sie ihren Söhnen gesagt, warum sie hier sind?“, fragte Severus, auch seine Stimme klang sehr belegt.

„Leider genau das, was Ihnen Alexander vorhin gesagt hat. Sie wären nicht artig gewesen und müssten deswegen im Heim leben“, sagte Melanie verbittert.

Severus und Harry tauschten einen Blick aus, es war offensichtlich was Beide dachten und so fragte Severus, „wie lange sind die Zwei schon hier?“

„Seit acht Monaten.“

„Und niemand hat sich für sie interessiert?“

Jetzt seufzte Melanie traurig, ihr Blick ging zu Alexander, der neben einem kleineren Jungen hockte und ihm scheinbar etwas erzählte. „Die Heimleitung hatte für jeden der Jungen schon ein Zuhause gefunden, allerdings getrennt voneinander und ihre magischen Ausbrüche sind noch stärker geworden. Sie wurden fast sofort zurück gebracht und beide Jungs zusammen, das will ja keiner. Es ist sehr viel Verantwortung gleich zwei Jungen zu sich zu nehmen.“

„Was muss man denn tun um als möglicher Adoptivvater in Frage zu kommen?“, fragte Harry unschuldig.

„Für Alexander?“

„Wenn, dann für Beide“, warf Severus sofort ein.

„Für Beide?“, fragte Melanie nach.

„Geschwister sollte man nicht trennen, also ja, Beide. Das ist doch sein Bruder da bei ihm, oder?“

„Ja, ist es. Was halten Sie davon wenn Sie die Jungen erst mal kennenlernen? Dann können wir uns immer noch über die Details unterhalten“, schlug Melanie vor.

Severus antwortete nicht sondern stand einfach auf und ging zu den zwei Jungen. Es folgte ein kurzes Gespräch und dann konnte Harry mit großen Augen beobachten wie sein Freund mit den Jungs mit dem Ball spielte.

„Da will ich mitspielen. Entschuldigen Sie mich bitte“, wandte er sich an Melanie, die nur nickte und schon war er aufgesprungen. Zwar waren die Kinder am Anfang etwas schüchtern aber das legte sich im Laufe des Nachmittags.
 


 

Mit einem wehmütigen Lächeln dachte Harry an diesen Tag zurück. Sie hatten den ganzen Nachmittag dort verbracht bis es Zeit für das Abendessen war und sie sich schweren Herzens verabschiedet hatten. Pascal hatte sich damals weinend an Severus' Hose geklammert und auch Alexander hatte Tränen in den Augen gehabt, es hatte Harry fast das Herz gebrochen. Wenn er sich nicht längst dazu entschlossen hätte sich um diese Jungen zu bemühen, so hätte ihn Severus' Gesichtsausdruck bei diesem Abschied davon überzeugt. Sein Partner hatte, genau wie er, gleich sein Herz an die Kinder verloren. Gleich am nächsten Tag waren sie wiedergekommen aber nicht um zu spielen sondern um sich sehr ernst mit der Heimleitung zu unterhalten. Es war ein sehr langes Gespräch gewesen, ein sehr ernstes Gespräch denn die Heimleitung wollte dieses Mal absolut sicher sein und die Kinder nicht zu einem ewigen Wanderpokal werden lassen. Es war wohl ihre Beharrlichkeit, die sie schlussendlich überzeugt hatte denn sie waren jeden Tag gekommen. Severus hatte in dieser Zeit seine Arbeit reduziert und war pünktlich zum Nachmittagstee im Waisenhaus aufgetaucht. Und so waren die Kinder Mitte Juni bei ihnen eingezogen, vorerst nur auf Pflege aber genau diese Tatsache hatten sowohl Harry wie auch Severus sehr großzügig verdrängt. Beide konnten sich nicht mehr vorstellen ohne die Kinder zu leben.
 

Ein lautes Krachen holte Harry aus seinen Gedanken und ließ ihn sofort zur Decke sehen. Das klang so als wäre etwas Großes zu Bruch gegangen, was eigentlich nicht möglich sein sollte denn die Kinderschutzzauber, die auf den Räumen lagen, hielten alle große Dinge fest an ihrem Platz. Dann fiel ihm der Kinderbesen wieder ein und wahrscheinlich lag dabei auch der Grund für den Krach. Er legte den Kopf schief, wartete auf Geschrei oder Weinen aber er hörte nichts. Etwas verwirrt runzelte er die Stirn und beschloss dann einfach mal nachzusehen.
 

„Psst, hör doch auf zu weinen. Wenn Dad dich hört, wird er nur böse. Dann müssen wir wieder zurück ins Heim. Willst du das?“, fragte Lex schniefend. Sein kleiner Bruder schüttelte den Kopf, weinte aber leise weiter. „Sei doch ruhig, du musst nicht weinen. Wir verstecken es, wir legen alle Plüschtiere aufs Bett, dann bemerkt Dad nichts und Papa auch nicht. Dann werden sie nicht böse und wir dürfen hier bleiben. Das willst du doch, oder?“

Pascal nickte schniefend und sah zum Bett, dass eindeutig zerbrochen war. Dann begann er seinem Bruder zu helfen die Plüschtiere aufs Bett zu legen. Harry, der unbemerkt von den Jungs im Türrahmen stand, brach es das Herz. Er hatte gehofft und auch geglaubt, dass die Kinder ihnen mittlerweile vertrauten aber die Angst, dass sie sie wieder weg schickten, war wohl doch größer. Er schüttelte den Kopf und fragte dann sanft, „was macht ihr denn da?“

Das Ergebnis waren zwei Jungen, die panisch vom Bett weg sprangen. Lex sah bekümmert zu Boden während Pascal jetzt richtig zu weinen anfing. Und im selben Moment hörte er unten das Kaminfeuer rauschen und kurz darauf Severus' Stimme, „keiner Zuhause?“

„Hier oben“, rief Harry während er das Zimmer durchquerte und langsam die Plüschtiere vom Bett nahm. Jetzt begann auch Lex zu weinen.

„Was ist denn hier los?“, fragte Severus, der gerade den Raum betrat.

Mit wenigen Schritten war er bei Pascal um sich neben ihn zu hocken und einfach in den Arm zu nehmen. Er nahm ihn kurzerhand auf den Arm und setzte sich mit ihm auf das zweite, nicht kaputte Bett. Hier holte er sich Lex noch zu sich, der mittlerweile auch heulend im Raum stand, zog ihn mit aufs Bett und war erst mal voll damit beschäftigt die Kinder zu beruhigen.
 

„Also, was ist jetzt hier eigentlich los?“, fragte Severus schließlich als die Jungs nur noch leise schnieften.

„Scheint als hätten wir das Trampolin bei der Inneneinrichtung vergessen“, sagte Harry grinsend.

„Trampolin?“, fragte Severus bevor ihm ein Licht aufging und an die Kinder gewandt fragte, „seit ihr auf dem Bett rum gesprungen?“

Während Pascal wieder anfing zu weinen, nickte Lex traurig. „Es tut uns leid“, sagte er leise, „bitte seit nicht böse. Wir machen es nie wieder, bitte seit nicht böse. Wir sind jetzt wirklich lieb, wir wollen nicht zurück.“

„Wohin zurück?“, fragte Severus verwirrt doch Lex antwortete nicht sondern versteckte das Gesicht an seiner Robe.

„Harry?“

„Sie denken, dass wir sie zurück ins Heim geben weil sie das Bett kaputt gemacht haben“, erklärte Harry während er sich neben ihn aufs Bett setzte und Pascal auf seinen Schoß hob. Er wurde aus großen, verquollenen, rot geweinten Augen angesehen. Mit einem Taschentuch wischte er vorsichtig die Tränen weg und erklärte dann lächelnd, „egal was ihr auch hier kaputt macht, nichts ist so wertvoll, dass wir euch dafür hergeben. Nichts in diesem Haus ist unersetzlich außer ihr und wir. Wir sind eine Familie und wir geben euch nicht mehr her.“

„Wirklich?“, fragte Pascal leise.

„Natürlich“, kam nur von Severus, auch er wurde jetzt fragend und mit beginnender Hoffnung angesehen.

Doch Lex sah zu dem kaputten Bett und fragte, „seit ihr nicht böse wegen dem Bett?“

Jetzt lachte Severus, zog den Zauberstab und richtete ihn aufs Bett, „Reparo.“ Unter vielen bunten Blitzen und einem weiteren Krachen richtete sich das Bett wieder aus, die kaputten Latten wuchsen zusammen und Kissen und Bettzeug wurden gleich gerade gezogen. Die Kinder beobachteten das mit großen Augen.

„So, nachdem dieses winzige Problem geklärt wäre, können wir ja los“, schnarrte Severus, der Lex von seinem Schoß hob und aufstand. Pascal kletterte von Harrys Schoß.

„Wo wollen wir denn hin? Warte mal, wieso bist du schon Zuhause? Es ist noch nicht mal Sechs“, sagte Harry, dem dieser Umstand jetzt erst auffiel.

„Es ist zehn Minuten nach Fünf und wir haben um halb Sechs einen Termin im Jugendamt.“

Die Kinder fingen sofort wieder an zu weinen, was Severus mit einem verwirrten Gesichtsausdruck und einem Stirnrunzeln beobachtete.

„Severus, was wollen wir im Jugendamt?“

„Gestern ist die sechs Monatsfrist abgelaufen“, gab Severus zurück als wäre das Antwort genug.

„Du hast da schon einen Termin gemacht?“

„Natürlich.“

„Waren wir nicht lieb?“, fragte Lex weinend.

„Doch, natürlich wart ihr lieb. Merlin, was ist hier heute los?“, knurrte Severus, „das Bett ist wieder ganz, wir sind euch nicht böse also warum weint ihr?“

„Gestern waren zwei Frauen in der Schule und haben mich ganz viele Dinge gefragt“, erklärte Lex leise, „sie haben es zwar nicht gesagt aber die waren bestimmt vom Heim. Also müssen wir wieder zurück ins Heim. Ihr wollt uns auch nicht.“

Severus schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und knurrte, „wenn ich die Weiber erwische, fluche ich sie bis zum Mond.“ Dann hocke er sich vor Lex und Pascal und erklärte, „ich habe diesen Termin schon vor fünf Monaten gemacht und wir verlassen das Jugendamt heute gemeinsam aber mit einer Änderung. Wenn wir heute nach Hause kommen, sind wir eine richtige Familie denn dann haben wir euch adoptiert. Deswegen werden wir uns jetzt alle hübsch anziehen und ins Jugendamt gehen.“

Die Kinder sahen sich fragend an und Lex fragte, „adoptieren?“

„Ja, adoptieren. Wir haben es doch vorhin gesagt, wir geben euch nicht mehr her. Gestern vor genau sechs Monaten seit hier hierher gekommen weil das Amt prüfen wollte ob wir als Eltern in Betracht kommen. Diese sechs Monate sind jetzt um also haben wir die Probezeit überstanden und einer Adoption steht nichts mehr im Weg. Natürlich nur wenn ihr uns auch haben wollt“, sagte Severus.

Dieses Mal mussten sich die Kinder nicht ansehen, mit einem lauten Schrei stürzten sie sich auf Severus, der unter dem geballten Ansturm das Gleichgewicht verlor und auf dem Hintern landete. Allerdings war ihm das herzlich egal, er schlang lachend die Arme um die Kinder.
 

Um genau fünf Minuten vor halb sechs tauchten Severus, Harry und die Kinder mit einem Knall im magischen Jugendamt von Paris auf. Alle hatten es noch geschafft sich umzuziehen und so trugen die zwei Erwachsenen jetzt normale Zauberroben aber aus edleren Stoffen als die Alltagsroben während die Kinder sich für Muggelkleidung entschieden hatten. Sie wurden bereits erwartet und zwar von derselben Frau, die ihnen damals auch die Pflegschaft übergeben hatte. „Mr. Potter, Mr. Snape, es freut mich, Sie zu sehen“, sagte sie mit einem ehrlichen Lächeln.

„Ebenfalls“, gab Harry zurück während er ihr die Hand gab. Auch Severus reichte ihr eine Hand, „guten Abend, Madame Roux.“

Sie führte sie ein Stück den Gang entlang und öffnete eine Tür, hinter der ein Spielzimmer zum Vorschein kam. „So, die Kinder dürfen hier warten und sich amüsieren während wir Erwachsenen langweilige Dinge bereden“, sagte sie.

„Ich will nicht“, sagte Lex leise. Er klammerte sich an Severus' Bein während Pascal sich hinter Harry versteckte, die Finger fest in dem Stoff der Robe verkrallt. Madame Roux wollte etwas sagen doch Severus hielt sie mit einer Hand davon ab bevor er sich auf den Boden hockte.

„Wenn ein Erwachsener etwas sagt, tut ihr das bitte. Zumindest wenn wir nichts Anderes gesagt haben. Ihr wartet da in dem Zimmer, niemand wird euch abholen oder mitnehmen. Wir reden mit Madame Roux, unterschreiben die Adoptionspapiere und dann gehen wir gemeinsam als Familie nach Hause“, erklärte Severus ruhig aber ernst.

Der Junge sah ihn traurig an, nickte aber dann und griff nach der Hand seines kleinen Bruders. „Nehmt ihr uns wirklich wieder mit Heim?“, fragte er nochmal.

„Keine Macht dieser Welt kann uns davon abhalten“, sagte Harry, „wir wollen doch zusammen Weihnachten feiern.“ Es war den Kindern anzusehen, dass sie ihnen nicht wirklich glaubten aber sie gehorchten und gingen ins Spielzimmer.
 

Madame Roux sagte nichts mehr bis sie in ihrem Büro saßen und jeder eine Tasse Tee vor sich stehen hatte. „Die Kinder haben sie wirklich schon sehr ins Herz geschlossen.“

„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, gab Severus zurück.

Die Frau nickte und holte ein paar Bögen Pergament aus einer Akte, die sie nacheinander aufdeckte. „Sie dürften mittlerweile wissen, dass zwei meiner Kolleginnen in der Schule und im Kindergarten waren. Sie...“

„Gehören eigentlich an den Füßen aufgehängt. Sie haben Lex einen so großen Schrecken eingejagt, dass er jetzt denkt, wir wollen ihn wieder los werden“, fauchte Severus dazwischen.

Die Frau sah ihn fragend an und Harry erklärte, „die Damen haben zwar nicht gesagt, dass sie vom Jugendamt sind aber er ist ja nicht dumm. Er denkt, dass er und Pascal wieder ins Heim müssen weil sie nicht lieb waren.“

„Aber nach den Unterlagen waren sie lieb. Er hat fantastische Noten, macht gut in der Schule mit und ist ein sehr fleißiger, angenehmer Schüler. Bei Pascal dasselbe, die Kindergärtnerinnen sind begeistert von dem Jungen und Ihrem Umgang mit ihm. Er ist ein aufgeschlossener, freundlicher, fröhlicher Junge“, sagte Madame Roux etwas verwirrt und immer wieder mit einem Blick auf die Pergamente.

„Das wissen wir“, knurrte Severus, „was nichts daran ändert, dass er denkt, dass er wieder weg muss. Und Pascal denkt das jetzt auch. Wieso haben Ihre Mitarbeiter sich nicht angekündigt? Dann hätten wir die Kinder vorwarnen können.“

„Mr. Snape, genau darum geht es, leider. Wir möchte die Kinder unvoreingenommen sprechen und leider kam es in der Vergangenheit immer wieder vor, dass die Kinder bei angekündigten Besuchen nur das sagten, was die potenziellen Eltern wollten. Gerade weil sie unbedingt adoptiert werden wollten und oft hat es sich im Nachhinein als falsche Entscheidung heraus gestellt“, erklärte Madame Roux traurig.

Severus wollte etwas sagen aber eine Hand auf seinem Unterarm hielt ihn davon ab, er wandte den Blick zur Seite und hob eine Augenbraue.

„Das verstehen wir, Madame Roux, aber verstehen Sie bitte auch, dass die Kinder jetzt furchtbare Angst haben. Ich persönlich hatte sogar vergessen, dass gestern die sechs Monate um waren und ich glaube, den Kindern ist es genauso gegangen. Zumindest Lex war völlig verwirrt als ihre Mitarbeiter plötzlich bei ihm aufgetaucht sind“, erklärte Harry, „und jetzt haben beide Kinder Angst, dass sie wieder ins Heim müssen.“

Langsam schien die Frau vor ihnen zu begreifen denn sie nickte und sagte dann, „wenn Sie es vergessen haben, gehe ich davon aus, dass es die Kinder wohl auch vergessen haben. Das klingt als würden Sie sich schon als Familie ansehen.“

„Wir sind eine Familie“, knurrte Severus.

Jetzt lächelte die Frau, sie hatte schon bei den ersten Treffen bemerkt, dass der Mann ihr gegenüber zwar wie ein Griesgram wirkte aber er hatte das Herz am rechten Fleck. Zudem sie auch über ihn Erkundigungen eingezogen hatte, er hatte einen zweifelhaften Ruf in England aber hier, in Frankreich, war sein Ruf tadellos und seine magische Apotheke lief hervorragend. Es gab keinerlei Beschwerden über die Tränke, die man dort zu kaufen bekam und der Kundenservice war einfach phantastisch. Wobei das wohl eher an seinem Lebensgefährten lag.

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Harry jetzt.

„Nun, Sie können sich vorstellen, dass wir ein paar Erkundigungen über sie Beide eingeholt haben. Ihre Wohnsituation hat sich nicht geändert, oder?“, fragte Madame Roux.

„Nein, hat sie nicht. Wir haben nicht vor umzuziehen“, sagte Harry lächelnd, „die Kinder haben schon geplant wo wir nächstes Jahr das Klettergerüst im Garten aufbauen.“

Die Frau lächelte, wurde aber dann wieder ernst und fragte, „Sie arbeiten Beide Vollzeit, da bleibt manchmal wenig Zeit für gleich zwei Kinder. Wie würden Sie das lösen wollen?“

„Das hat bis jetzt doch gut geklappt“, warf Severus verwundert ein.

„Nachdem was die Kinder erzählt haben, sind gerade Sie oft erst sehr spät am Abend Zuhause, meist erst wenn sie schon längst im Bett lagen. Die Kinder sollten aber zumindest am Abend beide Elternteile haben.“

Severus legte den Kopf schief und schnarrte, „ich werde eine Aushilfe für das Labor einstellen und wir verkürzen die Öffnungszeiten auf sechs Uhr am Abend. Dann können wir die gleichen Zahl an Tränken herstellen oder sogar mehr und ich habe dennoch früher Feierabend. Ich bin mehr Zuhause aber der Verdienst sinkt nicht.“

Nicht nur Harry war über dieses Zugeständnis überrascht denn er versuchte seit über einem Jahr Severus davon zu überzeugen, dass er Hilfe im Labor brauchte. Doch dem alten Sturkopf war keiner der Bewerber gut genug gewesen und so hatte er alle abgelehnt. Madame Roux schien sich zwar auch zu wundern aber sie fing sich schneller wieder und nickte lächelnd. Dann wandte sie sich an Harry, „nachdem was wir von Lex wissen, arbeiten Sie während die Kinder im Kindergarten und der Schule sind. Schaffen Sie ihre Arbeit in dieser Zeit?“

„Bis auf die Zeit vor Weihnachten, ja, schaffe ich. Unter dem Jahr funktioniert es ganz gut, alles was übrig bleibt, machen wir dann zusammen wenn die Kinder im Bett sind und wenn mal ein paar Tage was liegen bleibt, ist das auch nicht so schlimm“, sagte Harry, „und ich habe noch Zeit meine Arbeit zu erledigen wenn die Kinder spielen. Die wollen nicht immer einen alten Mann dabei haben. Für die Zeit vor Weihnachten kann ich eine Aushilfe einstellen.“

„Wären die Kinder abgesichert wenn Ihnen etwas zustößt?“, fragte Madame Roux.

„Ja, mein Patenkind würde sich um sie kümmern. Lord Draconis Malfoy mit seiner Frau Astoria. Sie haben selbst einen zweijährigen Sohn, Scorpius“, erklärte Severus zu Harrys grenzenloser Überraschung.

Davon wusste er ja gar nichts, was auch nicht verwunderlich war denn Draco hatte keine Ahnung von ihren Adoptionsplänen. Sie standen zwar in regem Kontakt aber hauptsächlich über Eulen, persönliche Besuche beschränkten sich auf zwei, drei Mal im Jahr. Doch Severus hatte es ohne Zögern und so selbstverständlich gesagt, dass Madame Roux ihm glaubte ohne weiter nachzufragen. Sie blätterte nochmal die Akten durch bevor sie zwei Pergamente raus zog und die restliche Akte zu klappte. Beide Pergamente wurden zu ihnen geschoben und Harry erkannte mit großem Erstaunen, dass es die Adoptionsunterlagen waren. Ein Blick zu Severus zeigte ihm, dass er genauso überrascht war.
 

Ihre Überraschung musste man ihnen sehr deutlich ansehen denn die Frau lächelte und sagte, „Sie sehen etwas überrascht aus.“

„Sind wir auch. Wir haben mit mehr Widerstand gerechnet“, gestand Harry.

„Nein, es spricht absolut nichts gegen die Adoption der Beiden. Sie leben in gut situierten Verhältnissen, sind Beide berufstätig um das Einkommen zu sichern aber haben dennoch genug Zeit für die Kinder. Beide Jungs lieben Sie und in den letzten sechs Monaten konnten wir nur positive Veränderungen bei den Kindern festgestellt. Sowohl im Kindergarten wie auch in der Schule haben Sie sich positiv über Sie und ihren Umgang mit den Jungs geäußert. Es spricht absolut nichts dagegen, dass Sie sie adoptieren“, erklärte Madame Roux lächelnd.

„Wir sind nicht verheiratet“, warf Harry ein und Severus glaubte einen seltsamen Unterton in seiner Stimme zu hören.

„Das ist nicht notwendig, eine Heiratsurkunde ist weder ein Garant dafür, dass man gute Eltern abgibt oder dass das Paar für immer zusammen bleibt. Wir haben, im Gegensatz zu unseren englischen Kollegen, schon früh gelernt, dass wir Kinder lieber an ein festes, unverheiratetes Paar geben, wo wir sehr gute Chancen sehen, dass sie zusammen bleiben als an ein verheiratetes Paar, wo eine Trennung wahrscheinlicher ist. Eine Scheidung ist leider viel zu schnell durchgeführt“, sagte Madame Roux traurig, „und sowohl ich wie auch meine Kolleginnen sind der felsenfesten Überzeugung, dass die Kinder bei Ihnen sehr gut aufgehoben sind. Sie müssen sich nur noch auf einen Nachnamen für sie entscheiden.“

„Geht auch ein Doppelname?“, fragte Harry.

„Natürlich.“

„Dann Snape-Potter, oder?“

Severus nickte nur, griff dann nach der Feder und füllte die entsprechende Zeile aus bevor er seine Unterschrift unter das Dokument setzte. Dann schob er es zu Harry, der auch sehr schnell unterschrieb. Sie fieberten förmlich mit als Madame Roux die letzte Unterschrift setzte und damit die Kinder wirklich zu ihren Kindern machte.
 

Die Jungs hatten nicht gespielt, das war offensichtlich denn alles war noch immer so, wie zu dem Zeitpunkt als sie den Raum betreten hatten. Genauso offensichtlich war auch, dass sie geweint hatten denn Beide hatten verquollene Augen und sie sprangen sofort auf als die Tür sich öffnete. Allerdings blieben sie auch genauso schnell wieder stehen und Lex fragte leise, „Papa? Dad?“

„Natürlich, das haben wir doch versprochen“, sagte Severus, der sich zu ihnen auf den Boden hockte. Pascal fiel ihm sofort um den Hals während Lex unsicher zu Harry sah.

„Wir vier sind jetzt eine richtige Familie und wir müssen deine Schulhefte ändern“, sagte dieser, „und die Hefte von Pascal.“

„Warum?“

„Weil der Name jetzt falsch ist“, sagte Severus während Harry Lex kurzerhand hoch hob und ihn sich auf die Hüfte setzte.

„Ihr heißt ab heute nicht mehr Roussel sondern Snape-Potter.“

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Die Papiere sind unterschrieben und ihr gehört jetzt ganz offiziell zu uns, wir sind eine Familie, keiner kann euch mehr weg holen. Ihr müsst nie wieder in das Heim oder zu anderen Eltern, ihr bleibt für immer bei uns“, sagte Harry lächelnd.

Mit einem begeisterten Aufschrei fiel ihm Lex um den Hals, drückte sich eng an ihn und wiederholte immer wieder, dass er ihn nie wieder los lassen würde. Auch Pascal kuschelte sich eng an seinen neuen Papa während Madame Roux einfach nur in der Tür stand und die Szene mit einem Lächeln beobachtete. Sie war sich absolut sicher, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Jetzt kann Weihnachten kommen, jetzt sind sie komplett. Fehlt eigentlich nur noch ein goldener Ring am Ringfinger. ;)

Und vielleicht ein paar alte Freunde, die sich eines Besseren belehren lassen und die Freundschaft wieder aufleben lassen. Aber es gibt ja noch zwei Kapitel. ;)

Ein wunderschönes Weihnachtsfest wünsche ich euch. :)

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Omama63
2016-12-22T10:39:56+00:00 22.12.2016 11:39
Ein sehr schöner Anfang von der Fortsetzung.
Die beiden Jungs taten mir schon leid. Sie hatten so eine Angst, dass sie wieder gehen müssen.
Da hast du recht, da fehlt noch ein goldener Ring. Harry möchte ja schon einen, aber ob Severus genauso denkt?
Bin schon gespannt, ob Severus Harry einen Antrag macht.

Wünsche dir auch ein frohes Fest und für den Fall, dass wir uns nicht mehr vorher lesen, einen guten Rutsch ins neue Jahr.

LG
Omama63
Antwort von:  demona1984
23.12.2016 19:09
Hi,

Vielen lieben Dank. :)

Harry und Severus konnten den Jungs ja sehr gut die Angst nehmen, die hätten sie nicht mehr freiwillig her gegeben. Schließlich soll man Weihnachten doch als Familie feiern. ;)

Naja, Harry könnte auch einfach den Antrag machen. ;) Dann müsste er nicht warten. ;D

Das zweite Kapitel kommt am 25. 12. Vielleicht lesen wir uns dann wieder.

Ich wünsche dir ein wunderschönes Fest und ein paar besinnliche Feiertage. =)

Lg Demona


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