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Winterspass

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Winterspass

 

 

Es hatte lange gedauert, aber irgendwann hatte Sawamura Daichi das Geld zusammen, um mit seinem Freund in den Urlaub fahren zu können. Und zwar in den Skiurlaub! Im Sommer an den Strand fahren konnte jeder, aber nicht jeder konnte sich eine kleine Hütte für eine Woche mieten – Daichi musste seinem Studienfreund noch ein, zwei oder hundert Mal für die Hütte danken – und den weißen Schnee genießen und Abend zusammen mit seinen Liebsten kuscheln. Wenn er nicht nur neben seinem Studium hätte arbeiten gehen können, dann hätte er das Geld viel eher zusammengehabt. Sein Freund hätte auch mitsparen können, aber da er ihn mit dem Urlaub überraschen wollte, konnte er ihn nicht darum bitten. Er konnte sich schon glücklich schätzen, dass Nishinoya Yuu nicht nachfragte, wieso er auf einmal neben der Uni arbeitete. Wahrscheinlich dachte er sich nur, dass es wegen den Kosten wäre. Dies hätte Daichi natürlich auch als Grund genannt, und da Noya selten argwöhnisch war, konnte man ihn immer gut überraschen.

 

Noya hatte sich nie für die Uni interessiert und als er ein Jahr nach Daichi mit der Oberschule fertig war, fing er an in dem kleinen Betrieb seines Onkels mitzuarbeiten. Für Daichi war das ein Segen, denn so konnte sich Noya für den Skiurlaub frei nehmen. Auch wenn Daichi wohl persönlich nie in einem Betrieb gearbeitet hätte, wo Familienmitglieder bevorzugt wurden. Aber nun würde er sich nicht beschweren, da es für ihn nur ein Vorteil war.

 

Mit einem Lächeln buchte Daichi via Internet die Reise ins Skigebiet. Ein Bus würde sie über mehrere Stunden hinbringen und er würde mit Noya noch vorher mit dem Zug zur Sammelstelle fahren müssen, aber das war einfach am Günstigsten und keiner von beide hatte einen Führerschein geschweige denn ein Auto. Darauf würde er wohl als nächstes sparen, denn seinen kleinen Nebenjob als Kellner würde der ehemalige Captain eines Volleyballteams nicht aufgeben. Die Arbeitszeiten waren recht gut und da er sich mit Noya eine Miniwohnung teilte, sahen sie sich oft genug und konnten als Paar genug Zeit miteinander verbringen. Bevor er mit dem ein Jahr jüngeren Jungen zusammengekommen war, hatte er zuerst gedacht mit Sugawara Koushi sich eine Studentenbude zu teilen, aber diese Pläne waren schnell verworfen, da er nun Noya hatte und Suga war mit einem anderen Freund zusammengezogen.

 

Mit einem Klick druckte er die Pläne und Bustickets aus, um sie in einem Umschlag schön verpackt als Geschenk überreichen zu können. Im Dezember würden sie fahren können und da Oktober war, hatte Noya genug Zeit, um sich frei zu nehmen. Daichi hatte speziell die letzte Dezemberwoche gewählt, da seine Uni an den Tagen frei gab und er selbst dann in trauter Zweisamkeit seinen Geburtstag und dann Neujahr mit seinem Liebsten feiern konnte. Gerade noch rechtzeitig hatte er alles buchen können, da er Noya diese Reise zu seinem Geburtstaggeschenk machen würde. Sein eigener war ihm eigentlich egal, außer, dass er ihn mit Noya verbringen wollte und weit weg von Freunden und Familie würde sie auch niemand stören. Also konnte man den Skiurlaub als Geschenk für beide ansehen.

 

Zuerst aber musste sich Daichi in Geduld üben und seine Vorfreude für einen weiteren Tag zügeln. Noch ein Tag, dann wäre Noyas Geburtstag und somit der Zeitpunkt, um ihm sein Geschenk zu überreichen. Solange konnte er sicherlich auch noch aushalten. Die Frage war nur: konnte er das Geschenk solange verstecken? Noya hatte bereits seit einer Woche angefangen, die Wohnung nach potentiellen Geschenken zu durchstöbern, aber bis jetzt ohne Erfolg. Der frühere Libero des Volleyballteams hatte versucht seine Spuren zu verwischen, aber Daichi konnte er nicht reinlegen. Er hatte gewusst was Sache war. Mit einem Blick durch die Wohnung fand Daichi schnell das perfekte Versteck. Der Wäschekorb, mit der fertigen Wäsche, die schon seit Tagen darauf wartete gebügelt, gefaltet und zusammengelegt zu werden, stand noch da – Noya hasste Wäsche waschen und alles was damit verbunden war – und war bereits durchwühlt worden. Und da Noya sicherlich nicht auf den Gedanken kommen würde, jetzt noch zu bügeln und so, konnte Daichi das Geschenk zwischen den zerknitterten Kleidungsstücken verstecken, und es so weiter aussehen lassen, als hätte er ihn selbst noch nicht angefasst. Das Wochenende musste er sich aber erbarmen, diesen Teil der Hausarbeit zu erledigen. Immerhin putzte Noya öfter als er durch die Wohnung.

 

 

 

„Alles Gute zum Geburtstag!“

 

Daichi hatte es geschafft das Geschenk einen ganzen Tag lang zu verstecken. Er hatte Recht mit der Annahme gehab, dass Noya nicht mehr in die Nähe des Wäschekorbes kam. Es hatte ihm aber fast das Herz gebrochen, Noyas enttäuschtes Gesicht zu sehen. Der Jüngere hatte wohl ohne jeglichen Fund gedacht, Daichi hätte seinen Geburtstag vergessen. Aber umso besser war das Strahlen, das ihm entgegenbracht wurde, als er seinem Liebsten das kleine Päckchen mit Umschlag und Süßkram zum Auffüllen des Päckchens unter die Nase gehalten hatte.

 

„Daichi! Danke!“

 

Noya warf sich seinem Liebsten um den Hals, ehe er das Päckchen nahm, das Geschenkpapier aufriss und der Umschlag zum Vorschein kam. Er schaute sich den Umschlag verwirrt an und Daichi vibrierte fast vor Aufregung, da er nicht verpassen wollte, wie Noya auf den Urlaub im Schnee reagieren würde. Selbst Bilder der kleinen Hütte hatte er hinzugelegt, damit sich Noya vorstellen konnte, wie sie zu zweit dort vor dem Kamin kuscheln würde, und sich aufwärmten, nachdem sie sich im Schnee ausgetobt hatten. Vorsichtig zog Noya alles aus dem Umschlag und las sich genau durch was er sah. Seine Augen weiteten sich als ihm klar wurde, was ihm dort geschenkt wurde. Daichi konnte nicht anders als zu lächeln und ungeduldig zu warten.

 

„Das-! Daichi… Danke!“ Es kam nicht oft vor, dass der Kleinere der beiden sprachlos war, aber in diesem Moment war er es.

 

Er warf sich Daichi erneut in die Arme und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Und dann noch einer und noch einer und noch einer. Hätte Daichi nicht gelacht und ihn davon abgehalten, würde er ihn noch immer küssen.

 

„Freust du dich?“, fragte er dann unnötigerweise, denn das Strahlen in Noyas Augen war kaum zu übersehen.

 

„Natürlich! Aber wie-!“ Noya unterbrach sich kurz, da er sich einmal beruhigen musste, eher er sich vor Aufregung an seiner eigenen Spucke verschluckte. „Aber wie kannst du dir das leisten? So eine Hütte kostet doch sicherlich ein Vermögen! Viel mehr als wir uns beide gemeinsam leisten könnten!“

 

„Mach dir keine Gedanken darüber. Die Hütte gehört einem Freund von der Uni. Seine Eltern verdienen sehr gut und er vermietet mir die Hütte für einen bezahlbaren Freundschaftspreis“, erklärte Daichi zwinkernd. Er war sehr froh darüber, so viele unterschiedliche Menschen auf der Uni getroffen und Freundschaft mit ihnen geschlossen zu haben.

 

„Gott… Du bist einfach der Beste! Aber…“, fing Noya an und sah ein wenig betrübt aus.

 

„Aber?“

 

„Ich kann gar nicht Ski fahren…“, gestand der Jüngeren und Daichi musste lachen. Er nahm seinen Liebsten in den Arm und drückte ihn an sich.

 

„Das macht doch nichts! Ich bin selbst nicht wirklich gut. Es gibt Anfängercrashkurse, die wir ja gemeinsam belegen können. Dann lernen wir gemeinsam Ski fahren“, beruhigte Daichi Noya und spielte mit der hellgefärbten Haarsträhne Noyas. Er konnte sie einfach nicht ungefärbt lassen und Daichi war insgeheim froh darüber. Immerhin machte sie seinen Noya einfach zu Noya.

 

„Wenn das so ist. Yuhuu! Wir fahren in den Skiurlaub!“, jauchzte Noya dann wieder los und freute sich wie ein Kleinkind über das Geschenk und Daichi konnte ihn nur liebevoll anlächeln.

 

Den Rest des Tages wollten sie eigentlich zu zweit verbringen, aber irgendwann wurde die Zweisamkeit von etlichen Freunden Noyas gecrasht, die unbedingt mit dem Geburtstagskind feiern wollten. Und da einige der ungewollten Besucher Freunde von Daichi waren, hatte er nichts dagegen eine kleine, spontane Feier für Noya zu veranstalten. Abends alleine im Bett konnte er immer noch dann zu zweit mit ihm feiern.

 

 

 

 

„Beeil dich etwas, Yuu! Sonst verpassen wir den Zug und dann unseren Bus!“, schrie Daichi genervt durch die kleine Wohnung.

 

Er stand bereits mit gepackten Koffer und in voller Montur im Eingangsbereich der Wohnung und wartete nur darauf, dass Noya ihm endlich Gesellschaft leisten würde. Er blickte immer wieder gehetzt auf die Uhr, während sein Freund immer noch polternd durch die Wohnung fetzte und hier und da vergessene Dinge in seinen Koffer packte. Dabei hatte Daichi am Vorabend oft genug gefragt, ob er auch wirklich alles hatte und ob er auch wirklich sicher war. Es wurde immer wieder bejaht, aber wie es schien war dem nicht so gewesen. Nächstes Mal würde Daichi auch Noyas Koffer höchstpersönlich packen, damit dieser Stress nicht wieder aufkommen würde. Er selbst hatte sich eine Liste mit den Dingen gemacht, die er mitnehmen musste und danach hatte er vielleicht noch weitere fünf Mal nachgeschaut, ob er wirklich nichts vergessen hatte. Er hätte wohl auch ein Auge auf Noya haben sollen während des Packens. Um die Reisetickets für Zug und Bus hatte er sich auch lieber selbst gekümmert und die waren sicher verstaut in seinem Rucksack. Er liebte Noya wirklich sehr, aber bei sowas traute er ihm nicht über den Weg. Nicht seit Noya bei ihrem letzten Ausflug die Konzerttickets vergessen hatte und sie, dadurch dass sie wieder nach Hause mussten, die Hälfte des Konzerts verpasst hatten und ganz hinten stehen mussten. Noya meckerte lieber nicht in der Hinsicht mit Daichi und überließ ihm liebend gern wichtige Tickets. So schlecht gelaunt hatte er Daichi selten gesehen, aber er wäre auch angefressen gewesen, wenn seine Lieblingsband nur alle sechs Jahre spielte und er vor dem Laden kampiert hatte, der die Tickets verkauft hatte.

 

„Bin schon da!“, hallte es aus dem Schlafzimmer und keine Sekunde später kam Nishinoya dann auch endlich mit seinem Koffer angehetzt.

 

Er schnappte sich seine Jacke und Schuhe und als auch er fertig war, konnten sie endlich gehen. Der Fußmarsch zum Bahnhof würde mit dem Hinterherziehen der Koffer schon anstrengend genug werden. Daichi hatte schon vorher kontrolliert, ob der Herd aus war und alles ausgesteckt war, was während sie weg wären keinen Strom brauchte. Die Heizung hatte er auch runtergedreht und die Fenster waren fest verschlossen. Als er mit seinem Liebsten die Wohnung verließ, sperrte er die Tür ab und verstaute seinen Schlüssel sicher in seiner Jackentasche, die er mit einem Reißverschluss zuziehen konnte.

 

So machten sich die beiden endlich auf den Weg in den Urlaub. Den Bahnhof hatten sie noch rechtzeitig erreicht und somit auch ihren Zug. Nach einer Stunde kamen sie dann auch an der Sammelstelle an, wo der Bus auf die Reisenden wartete. Mit Hilfe des Busfahrers wurden die Koffer im Inneren verstaut, und die beiden konnten ihre Plätze im Bus einnehmen. Die Rucksäcke hatten sie mit zu ihrem Sitzplatz genommen und Daichi war erleichtert gewesen, dass sie nicht die Letzten waren. Als dann auch alle anderen angekommen waren, konnte die stundenlange Fahrt beginnen. Anfangs unterhielt sich das junge Paar noch miteinander, aber irgendwann döste der Jüngere der beiden ein und da das Geruckel des Busses und die Hitze im Innenraum müde machten, folgte Daichi ihm ins Traumland.

 

Erst kurz vor der Ankunft, wachte er wieder auf. Er hatte sich den Fensterplatz gesichert und konnte so nun ungestört hinausschauen und den Schnee bewundern, der nun auf den Straßen und ringsherum zu sehen war. Mit einem vorfreudigen Lächeln drehte er sich zu Noya, der immer noch schlief und seine Schulter als Kissen missbrauchte, und rüttelte vorsichtig an seiner Schulter. Da es andere Zweiergruppen aus Freunden im Bus gab, fielen die nicht wirklich auf, auch nicht wenn Noya an Daichi gelehnt schlief. Nur langsam wachte Noya auf und sah sich etwas verwirrt um.

 

„Sind wir schon da?“, fragte Noya gähnend und streckte sich in seinem Sitz so gut es ging einmal.
 

„Noch nicht ganz. Aber gleich. Schau mal aus dem Fenster!“ Daichi lehnte sich etwas zurück damit der Kleinere den Schnee ebenfalls bewundern konnte. Seine Augen weiteten sich, als er die weiße Pracht sah.

 

„So viel Schnee! Ich kann es kaum noch abwarten anzukommen!“

 

„Ich auch nicht. Es ist schon zu lange her, dass ich Ski gefahren bin.“

 

„Ich bin schon wirklich aufgeregt!“

 

Um sie herum schienen auch die anderen Fahrgäste so langsam aufzuwachen und den Schnee zu registrieren. Eine allgemeine Aufgeregtheit ging durch die Reisenden und es dauerte dann auch nicht mehr lange, bis sie am Fuße des Skigebietes angekommen waren. Eine Seilbahn würde die Reisenden mit den Koffern auf den Berg bringen, wo sich auch die Hotels und Hütten befanden. Der Busfahrer verteilte die Koffer und einen Zettel mit der Abfahrt, für in einer Woche und redete jedem ein nicht zu spät zu sein, da er nicht wollte, dass die Ankunft für die Heimreise verzögert wurde. Daichi machte sich sicherheitshalber ein Foto vom Zettel auf seinem Handy sollte das Stück Papier verloren gehen.

 

Während sie auf die Seilbahn warteten, unterhielten sie sich etwas mit den anderen Fahrgästen und verabredete sich für die eine oder andere Nacht in der Après-Ski in einem der Lokale auf dem Berg. Solange sie nicht jede Nacht mit den anderen verbringen mussten und sich betrinken würden, wäre es Daichi nur recht. Etwas Spaß musste sein und der sonst so ernste junge Mann wollte sich auch mal gehen lassen. Außerdem erfuhren sie von einem Feuerwerk, das das neue Jahr einleiten würde und dass es dann immer eine große Party geben würde. Aber da Daichi ruhig und alleine mit Noya ins neue Jahr starten wollte, würde er auf diese Party verzichten. Noya sagte zwar im ersten Moment voller Elan zu, aber Daichi würde schon dafür sorgen, dass er auch lieber mit ihm alleine sein wollen würde.

 

 

 

 

 

Die Hütte, die Daichi gemietet hatte, sah im Realen um einiges besser aus als auf den Fotos. Mit Erstaunen blickte er sich um, nachdem er mit Noya eingetreten war und konnte seine Augen kaum von dem dunklen Holz nehmen, das die Wände ausmachte. Selbst die Möbel waren aus Holz und machten im Großen und Ganzen einen rustikalen Eindruck. Neben dem Kamin befand sich auch bereits gehacktes Feuerholz und Daichi freute sich jetzt schon auf die Abende, die er mit Noya vor dem Feuer verbringen würde.

 

„Wow! Das sieht ja alles grandios aus!“ Noya sah sich genauso wie Daichi mit großen, leuchtenden Augen um und versuchte alles in sich aufzunehmen.

 

Sie hatten sich vorher schon vorgenommen, den ersten Tag ruhig angehen zu lassen und das Skifahren erst am nächsten zu beginnen. So konnten sie sich für die kommende Woche einrichten und später spazieren gehen und sich die Umgebung etwas vertrauter machen. Am Fuße des Berges war ein kleines Dorf, das sie besuchen und ein bisschen einkaufen gehen konnten, damit sie in der Hütte nicht verhungerten oder verdursteten.

 

„Du hast Recht. Hier werden wir uns sicherlich wohl fühlen“, meinte Daichi und ging auf seinen kleineren Freund zu.

 

Er schlang seine Arme von hinten um den schmaleren Körper und drückte Noya an sich. Er beugte sich etwas nach vorne und küsste seinen Nacken. Noya hatte kaum, dass sie drinnen waren seinen Schal ausgezogen und somit hatte Daichi freie Bahn gehabt. Es war eine Tortur gewesen seinem Freund während der Fahrt so nahe zu sein und ihn dann doch nicht berühren zu können. Nicht so wie er es gerne gehabt hätte. Noya seufzte wohlig vor ihm und Daichi konnte sich denken, dass es ihm genau wie ihm ergangen war. Der frühere Libero drehte sich in der Umarmung um, legte seine Arme so gut es ging um Daichis Nacken und zog ihn etwas zu sich, damit er ihn richtig küssen konnte.

 

„Danke.“

 

Mehr sagte er nicht und mehr brauchte Daichi auch nicht.

 

Nach einigen Minuten nur auf sich fixiert, ließ das Pärchen voneinander ab und erforschte erst einmal den Rest der Hütte. Ihre Koffer legten sie im Schlafzimmer ab. Auch hier waren vor allem dunkle Holzmöbel zu finden, aber das große Doppelbett lud regelrecht zum Schlafen ein. Noya konnte nicht an sich halten und mit einem großen Sprung landete er auf dem fein säuberlich gemachten Bett und hüpfte durch die Wucht seiner Landung kurz auf und ab. Daichi schüttelte nur den Kopf und ging erst einmal zum Fenster um die Rollladen zu öffnen. Als er dies getan hatte, erhielt er einen atemberaubenden Ausblick auf eine Schneelandschaft mit verschneiten Bäumen in der Ferne. Noya wälzte sich noch etwas auf dem weichen Bett und zerwühlte somit die Laken, als auch er aufstand und zum Fenster ging. Seine großen Augen schienen die Aussicht in seinem Kopf abspeichern zu wollen. Daichi machte es sich da etwas einfacherer. Er zückte sein Handy und machte ein Foto. Als er es sich ansah musste er lächeln, da er natürlich den Hinterkopf seines Freundes mit drauf hatte, da er gerade aus Fenster hinaussah. Schnell hatte er das Foto als Hintergrundbild festgelegt und das Handy wieder weggesteckt.

 

„Komm. Wir sollten ins Dorf bevor die Läden dort schließen und es zu dunkel wird“, riss Daichi Nishinoya aus seiner Gedankenwelt.

 

„Okay! Los, los!“

 

Voller Tatendrang rannte Noya wieder aus dem Schlafzimmer heraus. Auspacken konnten sie später auch noch. Daichi folgte ihm und in kürzester Zeit waren sie wieder bereit, raus in die Kälte und den Schnee zu gehen. Eiligen Schrittes gingen sie wieder auf die Seilbahn zu, die sie hinunter ins Dorf bringen würde. Sie waren wohl nicht die Einzigen mit diesem Plan, denn andere mit Angereiste standen da, und warteten auf die Abfahrt. Das Paar gesellte sich zu ihnen und es dauerte nicht lange, bis die Abfahrt losging.

 

Im Dorf angekommen ging jeder seinen eigenen Weg. Daichi und Noya schlenderten gemütlich umher und grüßten freundlich jeden, der ihnen über den Weg lief. Das Dorf war allein auf den Tourismus ausgelegt, was man bei den vielen kleinen Läden erkennen konnte, die viel Krimskrams verkauften, und der überall fast gleich war. Trotzdem blieben sie bei den meisten Schaufenstern stehen und bewunderten die vielen ausgestellten Dinge. In einen größeren gingen sie sogar rein und kauften Souvenirs für Freunde und Familie. Eine kleine Schneekugel hatte es Daichi angetan und die landete für ihn selbst in einer von den Tüten. Sehr viel mehr gab es dann nicht außer Restaurants und einem kleinen Supermarkt. Wenn man ihn denn so nennen konnte. Dort besorgten sie sich Dinge wie Milch, Wasser und etwas Lebensmittel zum selber kochen, die sie dann mit hoch in die Hütte nahmen. Daichi bestand darauf, dass sie nicht jeden Abend ausgingen, aus Angst dann irgendwo kleben zu bleiben. Er wollte da schon eher in trauter Zweisamkeit kochen und den einen oder anderen Abend ruhig angehen lassen.

 

Nachdem sie alles hatten und es dunkel wurde, machten sie sich auf den Rückweg. Sie wollten zwar für den ersten Tag was essen gehen, aber da sie vollbeladen waren, wollten sie nicht mit den Tüten in einem der kleinen Restaurants sitzen, also entschlossen sie auf dem Berg ein kleines Lokal aufzusuchen. Auch wenn es von den Wintersportlern bestimmt nur so wimmeln und der Geräuschpegel sicherlich hoch sein würde. Darauf hatte Daichi gerade so gar keine Lust.

 

In der Hütte angekommen kümmerte sich Daichi um das Kaminfeuer und bereitete mit Noya gemeinsam das Essen vor. Da es ein Eintopf war, der etwas köcheln musste, konnten sie vor dem Essen noch ein gemeinsames heißes Bad genießen und ihre erfrorenen Glieder wieder aufwärmen. Sie halfen sich gegenseitig beim Waschen und genossen einfach die Nähe des jeweils anderen. Das Essen verlief auch sehr friedlich zwischen ihnen und Daichi schwebte auf Wolke sieben. Selten konnte das Paar so viel Zeit miteinander verbringen und nun war der ehemalige Captain fast trunken vor Glück. Es war bis jetzt seine beste Idee gewesen einfach mit Noya wegzufahren, wo keiner sie nervte oder unterbrach. Vor dem Kamin widmeten sie sich nur sich. Sie brauchten nicht einmal viel zu reden und doch verflog die Zeit wie im Flug, bis sie im Bett waren und sich aneinander kuschelten. Diese Nacht schlief Daichi so gut wie nur selten.

 

 

 

 

Nach dem ersten Skiunterricht wusste Daichi wieder mehr oder weniger was er tun musste, um sich nicht alle Knochen zu brechen. Bei Noya sah es etwas anders aus. Er war viel zu hibbelig, um ruhig stehen zu bleiben und man sah ihm an, dass er am liebsten sofort losgefahren wäre. Jedoch musste er das richtige Fallen und Bremsen lernen, bevor er auch nur eine der etwas größeren Pisten befahren durfte. Daichi wäre zwar auch lieber losgefahren, nachdem seine Erinnerungen aufgefrischt wurden, doch er geduldete sich und leistete seinem Freund weiter Gesellschaft. Immerhin wollten sie diesen Urlaub gemeinsam verbringen und da wäre es sinnlos gewesen alleine los zu brettern, egal wie sehr der weiße Schnee auch lockte.

 

Daichi hatte extra einen Anfängerkurs für Erwachsene gewählt, damit sich das Paar nicht ganz so lächerlich zwischen den Kindern fühlen musste. Im Ganzen waren sie nur zu fünft und eine überschaubare Gruppe für den Lehrer, der sich Zeit mit jedem einzelnen Schüler nehmen konnte. Da Daichi wieder wusste, was wichtig war, half er seinem Freund selbst, damit er schneller lernte und sie in den kommenden Tagen einmal alleine losfahren konnten. Doch nach den anfänglichen Schwierigkeiten schien Noya den Dreh dann doch rauszubekommen. So verlief der Morgen recht schnell und ehe sie sich versahen befanden sie sich in einem kleinen Restaurant mit den anderen Anfängern und dem Lehrer und wärmten sich bei einen deftigen Eintopf auf. Da es sich bei allen um Erwachsene handelte, die auch das Alter zum Trinken erreicht hatten, wurde auch etwas Alkohol eingeschenkt. Jedoch beließen es die Kursteilnehmer bei nur einem Glas, da sie noch mal auf die Piste wollten und dafür lieber einen klaren Kopf behalten wollten.

 

Am Mittag lief es dann noch besser mit Noya und allen anderen, so dass der Lehrer sich entschloss seine Schüler auf die einfachste Strecke los zulassen. Er würde natürlich dabei sein, sollte es Probleme geben. Daichi kümmerte sich um seinen Liebsten und die erste Abfahrt verging gar nicht mal so schlecht. Beide hatten ihren Spaß und immer wieder fuhren sie die Strecke gemeinsam nach unten und nahmen den Sessellift wieder hinauf.

 

„Das macht viel mehr Spaß, als ich gedacht habe!“, lachte Noya, als sie am Abend wieder in ihre Hütte gingen.

 

„Siehst du? So schwer ist es auch gar nicht“, stimmte Daichi zu.

 

Er hatte sich sofort daran gemacht, Feuer zu machen, um eine gemütliche Stimmung herzustellen. Noya verkrümelte sich ins Badezimmer, um Badewasser einzulassen, damit sie sich schneller wärmen konnten.

 

„Baden wir gemeinsam?“, fragte der Jüngere der beiden aus dem Badezimmer heraus.

 

„Wenn du willst, ja!“, antwortete Daichi.

 

„Natürlich will ich, sonst würde ich nicht fragen!“

 

„Ruf mich, wenn das Badewasser fertig ist!“

 

„Okay!“

 

Als das Feuer im Kamin endlich an war, suchte sich Daichi frische Sachen zum Anziehen heraus. Die Handtücher befanden sich in einem Schrank im Vorraum des Badezimmers, also brauchte er nicht daran zu denken. Als er schon von selbst auf dem Weg ins Bad war, rief Nishinoya nach ihm.

 

„Das Wasser ist bereit!“, schrie Noya ohne zu wissen, dass Daichi schon beim Badezimmer war.

 

„Bin schon da!“

 

Noya hatte nicht damit gerechnet, dass Daichi schon so nahe war und erschreckte sich mit einem lauten Aufschrei. Daichi lachte deswegen und Noya fing an zu schmollen, doch lange blieb es nicht so. Das gemeinsame Bad lockte viel mehr, als alleine zu schmollen. Sie wuschen sich den Schweiß des Tages ab, und dann machten sie es sich in der Badewanne gemütlich. Noya setzte sich vor Daichi zwischen seine Beine und lehnte seinen Rücken an die kräftigere Brust. Daichi schlang seine starken Arme um den kleineren Körper vor sich und zog Noya so zu sich. Gemeinsam genossen sie die Ruhe und hin und wieder streichelte Daichi über Noyas Haare oder seine Brust. Dieser seufzte immer wieder wohlig auf. Nach einer halben Stunde als beide drohten einzuschlafen, stiegen sie aus und schlüpften in ihre Schlafanzüge.

 

Vor dem Kamin genehmigten sie sich ihr Abendessen – die Reste vom Vortag – und kuschelten wieder auf dem gemütlichen Teppich davor. Viel redeten sie nicht. Nicht weil sie sich nichts zu sagen hatten, sondern einfach weil sie in einem Punkt in ihrer Beziehung angekommen waren, wo man gemütlich beisammen sein konnte und sich angenehm anschweigen konnten. Obwohl es Daichi insgeheim immer wieder überraschte, dass Noya zu so etwas fähig war. Aber sein kleines Energiebündel war immer wieder für eine Überraschung gut gewesen. Und dafür liebte er ihn jedes Mal immer mehr.

 

Die nächsten Tage verbrachten die beiden jungen Männer meistens auf der Piste. Irgendwann brauchten sie den Lehrer nicht mehr, aber Daichi sorgte dafür, dass sie weiterhin auf leicht befahrbaren Strecken blieben, damit sich keiner von beiden etwas tat. Zwischen dem Skifahren gingen sie auch wieder ins Dorf, um einzukaufen und abends blieben sie nicht immer für sich alleine. Zwei Abende hatten sie bereits mit den anderen Urlaubern verbracht und mit ihnen mitgefeiert. Eine Gruppe, die im gleichen Alter war wie die beiden, hatte das Paar unter sich aufgenommen und da niemand von ihrem Beziehungsstatus wusste, hatte man versucht, sie mit zwei alleinstehenden Mädchen in der Gruppe zu verkuppeln. Die beiden hatten sich einer Notlüge bedient und gesagt, dass sie bereits vergeben wären und dass ihre Freundinnen leider nicht mitkommen konnten. So halb gelogen war es ja nicht. Single war keiner von beiden mehr.

 

Doch den Tag von Daichis Geburtstag – den Silvestertag – planten sie alleine zu feiern. Die Gruppe wollte die beiden eigentlich bei sich haben, aber Daichi hatte eine gute Ausrede gefunden, damit das Paar alleine bleiben konnte.

 

„Es ist mein Geburtstag und meine Freundin wollte mit mir den Abend über skypen. Wir wollen so ins neue Jahr feiern. Bei Yuu ist es dasselbe. Seine Freundin will ihn auch bei sich haben, auch wenn es nur Videochat ist“, hatte er der Gruppe erklärt und etwas verlegen ausgeschaut.

 

Die Gruppe hatte dies geduldet und die beiden nur etwas aufgezogen. Aber sie ließen ihre Einladung weiterhin bestehen, sollten die beiden jungen Männer ihre Meinungen noch mal ändern.

 

Der Tag fing damit an, dass Noya seinem Liebsten ein Frühstück ans Bett brachte und die beiden dort eine Weile blieben und das Essen genossen. Es war nichts Außergewöhnliches, aber schmecken tat es trotzdem. Immerhin war es mit viel Liebe gemacht worden. Geplant war, dass sie den Mittag wieder auf der Piste verbringen würden, immerhin würden sie am nächsten Tag wieder abfahren. Aber glücklicherweise erst am Mittag, auch wenn ihre Ankunft zu Hause dann erst in der Nacht sein würde. Sie wollten einfach noch einmal vom Schnee profitieren, ehe sie dann den Abend gemütlich ausklingen lassen würden. Ein großes Feuerwerk würde es auch geben und man hatte ihnen gesagt, dass man von den Hütten aus einen guten Blick darauf hatte. Also brauchten sie nicht extra rauszugehen und sich unter die Menschen zu mischen, um sich das Farbenspiel am Himmel ansehen zu können. Es gab sogar einen kleinen Tempel, den sie am nächsten Morgen fürs Neujahr besuchen konnten, ehe sie abfuhren.

 

Das sportliche Programm ihres Tages fing wie immer an. Sie nutzten immer noch die einfachen Pisten und so langsam, aber sicher schien es Noya zu langeilig zu werden. Er bettelte Daichi an eine andere Strecke den Berg hinunter zu fahren, aber der ältere der beiden ließ sich nicht beirren. Daichi wollte keine Verletzungen riskieren und er hatte sich schon davon abhalten lassen, Noya wegen eines Helmes in Ruhe zu lassen. Er wusste, dass es unverantwortlich war, aber Noya blieb stur bei nur einer Wollmütze mit Bommel, die seinen Kopf bedeckte. Bis jetzt war auch noch nichts passiert und Daichi würde alles tun, damit das auch so blieb.

 

Nach einigen weiteren Abfahrten legten sie auf dem Berg eine Pause ein. Sie setzten sich auf die Terrasse einer Kneipe und bestellten sich heiße Getränke. Dank ihrer dicken Winterkleidung wurde ihnen auch nicht kalt und sie konnten so ihre Mitsportler beobachten. Wenn einer kunstvoll hinfiel und sich nichts tat, nahmen sie sich die Freiheit über ihn zu lachen. Es gab sogar Skifahrer, die in mehr oder weniger merkwürdigen Kostümen den Hang hinunterschlitterten und Daichi war sich sicher, dass deren Alkoholpegel für den Mittag schon recht hoch sein musste. Solche Menschen konnte und wollte er einfach nicht verstehen, da sie eine Gefahr für alle anderen darstellten.

 

„Können wir nicht einfach eine der mittelschweren Strecken versuchen?“, fing Noya dann an zu betteln während seine Finger um seinen heißen Kakao geschlungen waren.

 

„Ich weiß nicht… Du bist noch Anfänger. Ich will nicht, dass dir etwas passiert“, gab Daichi zurück.

 

Dasselbe Argument hatte er bereits verwendet und er wurde nicht müde es wieder zu sagen. Er konnte Noya nicht an die Leine nehmen und sein Captain war er auch nicht mehr, also konnte er nicht verlangen, dass sein Freund ihm gehorchte. Sie waren keine Oberschüler mehr und keine aktiven Volleyballspieler. Sie waren ein Paar und da konnte Daichi nur an die Vernunft des anderen appellieren.

 

„Ich passe auch auf! Wir können auch langsam machen! Nur einmal! Die einfachen Strecken sind so langweilig! Und so viele Kinder fahren da!“

 

Noya sah ihn mit großen, flehenden Augen an. Er setzte genau den Hundeblick auf, den Daichi immer erweichen ließ. Seufzend gab er sich dann geschlagen und rieb sich die Stirn.

 

„Okay. Wir schauen dann nachher auf dem Plan, wie die Route ist.“

 

„Juhuu! Danke!“, freute sich Noya und Daichi konnte nicht anders als zu lächeln.

 

Noya konnte sich immer wie ein kleines Kind freuen und es erwärmte Daichi immer wieder das Herz, wenn sein Freund so glücklich war. Und wenn der jüngere glücklich war, dann war er es auch. Dem ehemaligen Libero ging es nicht schnell genug und kaum hatten sie ausgetrunken, sprang er von seinem Platz hoch und zerrte Daichi zu den Streckenplänen. Gemeinsam sahen sie sich an und entschieden sich für eine mittlere Strecke, die nicht ganz so kompliziert aussah.

 

„Wehe du bist zu schnell!“, warnte Daichi, als er sich für die Abfahrt bereit machte. Da sie schon oben waren, brauchten sie nur den richtigen Abfahrtspunkt zu suchen.

 

„Keine Sorge!“, versicherte der Angesprochene und hibbelte auf seinem Platz hin und her. So gut es mit Skiern an den Füssen ging.

 

Daichi richtete sich die spezielle Skibrille und machte sich für die Abfahrt bereit. Noya war hinter ihm und machte sich ebenfalls fertig für die Abfahrt. Daichi war schon etwas nervös, aber er machte sich im Allgemeinen wohl einfach immer zu viele Sorgen. Sie waren keine Kinder mehr und sein Freund konnte sicherlich gut genug auf sich selbst aufpassen. Sie waren beide erwachsen.

 

„Weißt du die Route noch? Am besten du fährst mir hinterher“, meinte Daichi und starrte auf die Route vor sich. Sie war natürlich markiert, damit man sich nicht verfuhr.

 

„Klaro! Okay! Hinter dir habe ich auch eine schöne Aussicht“, neckte Noya und lachte daraufhin.

 

Daichi verstand sofort auf was er anspielte und konnte nicht verhindern, dass er etwas rot wurde. Unter Brille und Mundschutz war dies aber glücklicherweise nicht zu sehen. Und wenn, dann konnte er es auf die Kälte schieben. Daichi räusperte sich, um seine Verlegenheit zu umspielen.

 

„Gut. Dann können wir los.“

 

Daichi setzte sich langsam in Bewegung und riskierte einen Blick nach hinten. Noya folgte ihm brav und als beide in Bewegung waren, beschleunigte er etwas. Er musste zugeben, dass eine neue Piste aufregender war, als die leichten, die sie zur Genüge abgegrast hatten. Er würde Noya später danken müssen, da sie so an seinem Geburtstag etwas Aufregenderes erlebten, als die anderen Tage.

 

Noya folgte ihm ohne Probleme und Daichi konnte das freudige Jauchzen deutlich hinter sich hören. Auch diese Piste war immer gut befahren, aber zumindest gab es nicht so viele Kinder, die man umrennen konnte, wenn man nicht Acht gab, als auf den leichten Pisten. Um es etwas spannender zu machen, beschleunigte er erneut und blickte einmal kurz über die Schulter, um zu sehen, ob sein Freund noch mithalten konnte. Er sah wie Noya beschleunigte, doch anstatt eine Geschwindigkeit zu halten, wurde der Kleinere immer schneller, bis er an Daichi vorbeiraste. Daichi glaubte ein ‚Hilfe!‘ zu hören und setzte fluchend sofort hinterher.

 

„Du musst bremsen!“, schrie er hinterher.

„Das versuche ich doch!“, brüllte Noya zurück. In seiner Panik schien er vergessen zu haben, was er machen musste und schlitterte unkontrolliert den Hang hinab. Nur knapp konnte er den anderen Fahrern ausweichen, die anfingen wie wild zu fluchen.

 

Daichi betete zu ihm allen bekannten Göttern, dass seinem Liebsten nichts passierte, während er hinter ihm herfuhr und überlegte, wie er sie beide unbeschadet anhalten konnte, wenn er Yuu erreichte. Doch so weit kam es nicht. Geschockt sah er wie Noya die nächste Kurve nicht mehr nahm und in den Wald am Streckenrand raste. Sein Herz blieb einen kurzen Moment stehen, ehe es wieder wie wild zu schlagen anfing.

 

„YUU!“

 

Ohne nachzudenken bretterte Daichi dem anderen hinterher und verließ die markierte Piste. Da niemand sonst von der Strecke abgekommen war, konnte er deutlich Noyas Spuren sehen, was es ihm einfacher machte ihn zu verfolgen, trotz der Bäume, die ihm etwas die Sicht nahmen.

 

„YUU!“, schrie Daichi noch einmal, da er seinen Liebsten nicht mehr sehen konnte und schon das Schlimmste befürchtete.

 

„DAI!“, hallte es von vorne und erleichtert sah er Noya auch schon etwas weiter vor sich im Schnee hocken. Einen Skier hatte er verloren, doch dem jungen Mann schien es gut zu gehen. Mühselig bremste Daichi bei seinem Liebsten und musterte ihn genau, nachdem er Brille und Mundschutz abgenommen hatte.

 

„Yuu“, meinte er etwas atemlos und schlüpfte aus den Skiern und hockte sich zu dem Kleineren. „Geht es dir gut? Hast du dir etwas getan?“, fragte er auch schon los und betastete Noya durch seine Kleidung so gut es ging ab.

 

„Es ist alles in Ordnung. Bin an einer Baumwurzel hängen geblieben und ihm Schnee gelandet. Ich habe mir nichts getan“, besänftigte Noya seinen besorgten Freund. Um ihm zu zeigen, dass auch alles da war wo es hingehörte, rappelte er sich aus dem Schnee auf und streckte die Arme von sich.

 

„Tadaa! Ich habe mir nichts gebrochen!

 

„Gott sei Dank!“, seufzte Daichi und stand auch auf. „Ich wusste es war eine dumme Idee, den Schwierigkeitsgrad der Strecke zu ändern.“

 

„Es ist doch nichts passiert! Und du hattest auch deinen Spaß!“

 

„Es ist ein Wunder, dass dir und mir nichts passiert ist!“, argumentierte er sofort zurück. Er wollte nicht zugeben, dass Noya in Sachen Spaß Recht hatte.

 

„So schlimm war es nun auch wieder nicht“, schmollte Noya. Dabei war er es gewesen, der die Kontrolle verloren und am Vorbeirauschen nach Hilfe geschrien hatte. Daichi seufzte nur.

 

„Wir sollten wieder zurück. Ich denke für heute sind wir genug Ski gefahren.“

 

„Na gut.“ Widerwillig stimmte Noya ihm zu und sammelte seinen verlorenen Skier ein, nachdem er von dem anderen gestiegen war.

„Wir können ja zurück in der Hütte die Whirlpool-Funktion der Badewanne ausprobieren“, schlug Daichi vor, damit Noya nicht weiter schmollte.

 

Daichi klemmte sich seine eigenen Skier unter die Arme und wollte den Weg aus dem Wald zurückwandern, als Noya vorsichtig seinen Namen rief. Verwirrt drehte er sich um und sah wie Noya hinter einer Hecke hockte und scheinbar etwas beobachtete. Seine Skier lagen neben ihm im Schnee und mit einer Handgeste bedeutete er seinen Freund näher zu kommen. Da er nicht lauthals wie sonst nach ihm geschrien hatte, versuchte Daichi auch vorsichtig zu sein. Wer wusste, was Yuu ihm zeigen wollte. Vorsichtig hockte er sich auch hinter die Hecke und versuchte zu erkennen, was Yuu sah. Schwer viel es ihm nicht.

 

Trotz des Lärms, den die vorhin gemacht hatten, hatte sich eine Hirschkuh mit ihrem Kitz auf eine Lichtung verirrt, die durch den Mangel an Fußstapfen, noch unbesucht gewesen zu sein schien. Das Tier schnupperte in der Luft herum und schien zu schauen, ob es für sie beide sicher war. Durch den Schnee gab es wohl nicht viele Möglichkeiten an Fressen zu kommen, weswegen das Tier sich etwas mehr aus dem Wald traute. Da es mittlerweile Sonnenuntergang war, glitzerte der Schnee in allen möglichen Rot- und Orangetönen und gab dem Bild vor ihnen mehr Farbe, als das schlichte Weiß des vorher unberührten Schnees. Die Bäume um sie herum dämpften den Lärm von den Skipisten so sehr, dass man kaum etwas hörte und man kam sich vor kam wie in einem Winterwunderland, so still war es. Daichi traute sich kaum zu atmen, da man Hirschkühe selten zu Gesicht bekam und dann auch noch so nah und mit einem Kitz, das wohl erst diesen Frühling geboren worden war. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf seine Lippen und er wagte einen Blick zu der Person neben sich. Noya sah dem Schauspiel vor sich mit großen, glitzernden Augen zu. Ein großes Lächeln zierte auch seine Lippen und er genoss die Aussicht in vollen Zügen.

 

Der Zauber der Natur wurde durch eben jene gebrochen, als aus einer Baumkrone ein Schneehaufen nach unten krachte und die Tiere aufscheuchte. Ohne lange abzuwarten, waren die Fluchttiere wieder in den Wald verschwunden und ließen zwei friedliche Menschen zurück.

 

„Lass uns gehen bevor es dunkel wird.“ Mehr sagte Daichi nicht und Noya nickte nur, immer noch völlig bezaubert von dem, was sie gesehen hatten.

 

Den ganzen Trubel im Urlaub hatten sie diesen kurzen Moment vergessen können und fanden etwas Frieden in dem, was es sonst nur selten in ihrem Alltag gab. Ohne viel zu sagen, traten die beiden Männer den Rückweg an. Da sie alleine waren profitierten sie von der Privatsphäre und hielten sich an der freien Hand und gaben sich während des Gehens immer wieder einen kleinen, unschuldigen Kuss. Kaum dass sie wieder auf der Piste waren, ließen sie wieder voneinander ab. Da es dunkel wurde, waren kaum noch Menschen unterwegs. Besonders da Silvester war und die Urlauber sich so langsam für die anstehenden Feierlichkeiten fertig machten. Glücklicherweise war die Strecke beleuchtet und so konnten sie ohne Umschweife den Hang hinabgehen, ohne in einen der noch wenigen Fahrenden reinzurennen oder im Weg zu sein.

 

Zurück in der Hütte genehmigten sie sich wirklich die Whirlpool-Funktion und wärmten ihre fast erfrorenen Glieder wieder auf. Sie kuschelten und küssten sich so lange im Wasser, bis ihre Haut anfing runzelig zu werden und sie so langsam aus dem Wasser mussten. Sie schlüpften in bequeme Kleidung, kochten sich etwas zu Essen und kuschelten wieder vor dem Kamin auf dem flauschigen Teppich. Bis Mitternacht dauerte es noch etwas und somit hatten sie noch sehr viel Zeit für sich.

 

„Kommen wir irgendwann wieder einmal hierher?“, fragte Noya während Daichi über ihm lehnte und ihn an der Halsbeuge küsste.

 

„Wenn du willst natürlich. Dann fangen wir diesmal zusammen an zu sparen“, antwortete Daichi nachdem er seine Lippen kurz von der Haut seines Liebsten genommen hatte. Er blickte ihm in die Augen und lächelte sanft.

 

„Dann können wir auch länger kommen. Und ohne Probleme schwierigere Strecken fahren!“, grinste Noya und kraulte Daichis Hinterkopf und zerwühlte so seine schwarzen Haare.

 

„Natürlich!“, lachte Daichi und fuhr dort weiter, wo er zuvor aufgehört hatte. Viel wurde nicht mehr gesprochen und erst als die ersten Böller knallten, begaben sich die beiden nach draußen, um das Spektakel nicht zu verpassen. Ohne so viele Häuser hatten sie einen wunderbaren Blick auf die vielen Farben. Das Feuerwerk zum neuen Jahr dauerte auch schön lange an, so dass sie auch etwas zum Genießen hatten.

 

„Fröhliches neues Jahr!“, jubelte Noya und grinste seinen Liebsten an.

 

„Fröhliches neues Jahr“, antwortete Daichi mit einem Lächeln.

 

Er hatte einen Arm um die Taille seines Freundes geschlungen und ihn näher an sich herangezogen. Er beugte sich etwas vor, um ihm einen Neujahrskuss zu geben, während das Feuerwerk im Hintergrund weiter den Himmel erleuchtete und die Zuschauer begeisterte. Von den Partyhütten wurde der Jubel der Feiernden zu ihnen getragen, doch sie störten sich nicht daran.

 

„Ich liebe dich, Yuu“, hauchte Daichi auf die vom Kuss feuchten Lippen Noyas.

 

„Ich liebe dich auch, Dai“, bekam er seine Antwort.

 

Sie würden definitiv noch einmal zurückkehren und wenn Daichi ein Vermögen zum Mieten einer Hütte ausgeben musste. Diesen Urlaub hatte er richtig genossen und er freute sich darüber, dass noch viele Urlaube hinzukommen würden. Dafür würde er schon sorgen. Ihre Lippen trafen sich nach diesen Worten noch einmal zu einem Kuss, der sie die Welt um sich herum vergessen ließ.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schangia
2017-02-13T13:01:46+00:00 13.02.2017 14:01
Ich bin immer noch ganz geflasht, dass du dich tatsächlich an Daichi/Noya getraut hast. Seit ich meine Pairings bei HQ!! so angepasst hab, bin ich davon ausgegangen, nie mehr was zu der Serie zu kriegen. x''D Also danke dafür schonmal!

Mir gefällt, dass du established relationship geschrieben hast, weil es so einfach mehr fluff und süße Momente gab. Meist sind es ja Geschichten darüber, wie die Charaktere zusammenkommen, aber mal was anderes zu lesen ist auch echt schön zur Abwechslung.
Es waren viele Stellen drin, an denen ich lächeln musste. Weil Noya so zerstreut ist oder weil es Daichi ist, der über Tickets, Wegbeschreibungen und Reservierungen wacht. Und generell wegen des Skiurlaubs, weil ich selbst leidenschaftlicher Skifahrer bin und gerne darüber lese. (Auch wenn ich selbst Noya immer auf ein Snowboard gestellt hätte, aber gut. ///D)
Aber Madame, was sollte denn der Exkurs von Noya ab von der Piste in die Wildnis? Ich hab fast 'nen Herzinfarkt gekriegt! xD Ich fahr zwar selbst auch häufig ohne Helm, kann Daichis Sorge da aber vollkommen verstehen. Weil du davor auch immer auf Verletzungen angespielt hast, dachte ich echt, dass das nicht gut endet, aber war ja alles halb so wild. Mein Herz eh, mach das nicht. :'D

Hier und da gab es ein paar logische Fehler; in Japan gibt es zum Beispiel kein Feuerwerk zu Silvester/Neujahr, aber das hat ja der Geschichte keinen Abbruch getan. Mir persönlich gefällt auch die Bezeichnung ''Liebster'' nicht so wirklich, aber auch das kann man gut ausblenden, wenn's stört.

Alles in allem eine niedliche Geschichte, über die ich mich sehr gefreut habe. Danke dir! ´3` ♥
Antwort von:  ChocolateChip
13.02.2017 19:06
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Es freut mich wirklich, dass dir die Geschichte so gut gefällt! Zum Pair... beinahe hätte ich eine 3rd Year Karadunos FF gemacht xD dann kam mir aber die Idee für den Skiurlaub zu zweit xD

Ich hoffe mein Mangel an Skiwissen war nicht all zu schlimm... Ich habe versucht so logisch wie es geht zu überlegen xD
Beinahe hätte ich auch Drama gemacht, denn angeboten hätte sich Noyas Ausflug in die Wildnis ja xD aber dann bin ich doch lieber bei fluff geblieben x3

Upsi xD so lange die Fehler nicht all zu schlimm sind xD
Lg
Choco


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