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Wie Phönix aus der Asche

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Wie Phönix aus der Asche

Sie hätten es besser wissen sollen. Alles war damals so offensichtlich gewesen – doch sie hatten ihre Augen verschlossen, in ihrem jugendlichen Leichtsinn an den Triumph des Guten geglaubt und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, welche Konsequenzen aus ihrem Verhalten erwachsen würden.

Ein einziger Moment, eine Fehlentscheidung – und sie hatten das Schicksal der Welt besiegelt.

Doch was nützte es nun, sich darüber zu grämen. Die Vergangenheit konnte er nicht mehr ändern, und die Gegenwart war kaum mehr als ein flüchtiger Schatten aus Verzweiflung und Angst. Seine Hoffnung lag auf einer besseren, einer helleren Zukunft, und er hatte alles in die Wege geleitet, um sicher zu stellen, dass diese Zukunft auch eintreten würde.

„Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst? Diese Entscheidung ist immerhin ziemlich endgültig.“

„Ich bin mir sicher, glaube mir. Ich habe lange genug gezögert, und sieh nur, was ich damit angerichtet habe. Aber das ist vorbei. Meine Entscheidung steht, und ich werde die Konsequenzen tragen.“

„Das bezweifle ich ja“, und er war sich nicht sicher ob ihr trockener Ton vorwurfsvoll oder trostspendend oder beides war, „aber was du sagst ist mir Befehl. Immerhin bist du der Chef.“

Ein schwaches Lächeln schlich dich auf sein Gesicht. „Danke, Dizzi.“

Die Stimme in seinem Laptop seufzte schwer. „Bedanke dich nicht für solche Dinge, Kenny. Was wir hier tun nennt man sonst Völkermord. Dafür sollte man nicht dankbar sein.“

„Ich weiß, Dizzi, ich weiß. Aber es ist zum Wohle aller – vor der Auferstehung kommt der Tod. Wie Phönix aus der Asche, so heißt es doch immer.“

„Du erschaffst hier nur einen recht gewaltigen Haufen Asche, Chef, und alles nur wegen eines einzigen, unfreundlichen Phönix‘.“

Black Dranzer.

Sie alle hatten geglaubt, dieses Monster wäre endgültig vernichtet worden; doch sie hatten sich geirrt. Die Biovolt – oder eher das, was nach all der Zeit noch von ihr übrig gewesen war – hatte den Bitchip wieder aus dem Baikalsee geholt, in dem Kai ihn versenkt hatte, und in einem einzigen Blitzkrieg war die gesamte Welt vor ihrem Heer in die Knie gegangen.

Sie hatten niemals eine Chance gehabt gegen die geballte Macht eines aufstrebenden Imperators, der Hundertschaften von Cyber-Soldaten, ausgerüstet mit vollkommen übermächtigen kybernetischen Bitbeasts, in alle Länder schickte und sie mit Leichtigkeit unterjochte. Der schwarze Phönix war das Flaggschiff seiner Armada, und mit seiner Hilfe brach er den Willen aller Armeen, die sich ihm in den Weg gestellt hatten.

Die wenigen, die mit Bitbeasts und anderen mächtigen Waffen an ihrer Seite rechtzeitig fliehen konnten, hatten sich in den Untergrund zurückgezogen und gegen den Tyrannen verschworen, doch auch sie waren einer nach dem anderen gefallen. Zuletzt waren nur drei von ihnen geblieben, und sie hatten beschlossen, all dem ein Ende zu bereiten. Lieber wollten sie Millionen Unschuldige sterben lassen, als Milliarden unter dem Joch des neuen Imperators zu lassen, darin waren sie sich einig geworden – er, Dizzi und Max.

Leise seufzend kniete er sich nieder und strich durch Max‘ Haare, die blutig an seiner Schläfe klebten, die Augen starr ins Nichts gerichtet.

„Ich bringe es zu Ende, Max, keine Sorge. Diesmal wird der schwarze Phönix nicht mehr auferstehen, denn wenn wir hier fertig sind, dann wird keine Asche mehr zurückbleiben.“

Noch einen kurzen Moment verweilte er bei seinem gefallenen Freund, dann stand er auf und stieg über den verdrehten Leichnam des Imperators hinweg, um zur Hauptkonsole des Thronsaales zu kommen.

Sie hatten es geschafft, sie waren in den Palast, in das Herz des schwarzen Reiches, eingedrungen und hatten Boris getötet; Max hatte dafür mit seinem Leben gezahlt, und nun war es an ihm, Kenny, ihren Plan zu Ende zu bringen.

Wenn er nun fliehen würde, dann würde sich nichts ändern. Ein anderer würde die Position des Imperators übernehmen und die Menschheit würde versklavt bleiben. Also musste er dafür sorgen, dass es keine Sklaventreiber mehr geben würde.

Mit geübter Routine schloss er seinen Laptop an die Konsole an.

„Hack dich in die Kommandosysteme, Dizzi“, seine Stimme war rau und kratzig, „und sobald du drin bist jag alles in die Luft. Auf dass diese böse, dunkle Welt in den gleichen Flammen stirbt aus denen sie geboren wurde.“

„Verstanden, Chef.“

Eine Weile betrachtete er schweigend die Datenströme auf dem Bildschirm des Laptops, dann wandte er sich der breiten Fensterfront zu, die hinaus auf die obszön herrlichen Gartenanlagen des Palastes blickte. Wenn er sich darauf konzentrierte, dann konnte er sich bei diesem Anblick fast vorstellen, dass die Welt noch heil war, und alles nur ein böser Traum.

Fast.

Wieder seufzte er leise und schloss seine Augen.

„Auf Wiedersehen, Dizzi.“

„…Auf Wiedersehen, Chef.“

Ein leises Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

„Danke.“

Und die Welt verging in einem Meer aus Flammen und Tod, auf dass sich die Hoffnung aus den Trümmern zerbrochener Träume erheben würde wie ein Phönix aus der Asche.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2017-04-18T04:49:56+00:00 18.04.2017 06:49
Super gut!
Klein aber fein würde ich mal behaupten und auch wenn die OS sehr kurz ist, ist man vom Anfang bis Ende gefesselt, wobei du die Verzweiflung wirklich gut rübergebracht hast.
Respekt.
Solch einen Spannungsaufbau schafft nicht jeder bei einer kleinen OS :3
Das Szenario erinnert mich jedoch persönlich an den Film Terminator. Dadurch musste ich zwischendurch echt mal schmunzeln x'D
Der kleine Ausschnitt lässt aber viel offen (was natürlich selbstverständlich ist) und hat Potential für eine große FF. Kann man darauf irgendwie hoffen oder ist mit dem Wichtelgeschenk für die liebe Traiko hier Schluss?
Antwort von:  KradNibeid
18.04.2017 11:00
Ich kann versichern dass jegliche Parallelen zum Film Terminator zufällig sind, weil ich keinen der Filme je gesehen habe und abgesehen vom Hauptdarsteller nichts darüber weiß. :P

Eine große FF wird es nicht geben - dazu habe ich noch zu viele offene Projekte und zu wenig Zeit. :( Und ich schätze auch, dass es von mir nicht mehr all zu viel "neues" geben wird. Aktuelles Ziel ist erst mal, Altlasten zu beseitigen.
Von:  Traiko
2017-04-17T22:25:56+00:00 18.04.2017 00:25
Da hat mich mein Gefühl ja nicht im Stich gelassen xD Ich danke dir sehr herzlich für dieses Wichtelgeschenk, liebe Kradi :D
Und du hast meinen Geschmack getroffen. Ja, die Story ist verdammt harter Tobak, aber wahninnig gut. Eine dichte, düstere Atnosphäre und im wahrsten Sinne ausweglose Lage und alle gehen am Ende drauf.
(Und wenn ich dir jetzt erzähle, dass ich beim Lesen gelacht hab und mein Freund mich schon gefragt hat, was das für Freudenschreie bei mir sind, hälst du mich bestimmt für komplett bekloppt).
Trotz allem finde ich es super, wie Max heldenhaft für die Sache gestorben ist und Kenny zusammen mit Dizzi das Ende der Dystopie einleitet - diese letzten Momente bevor sie sich selbst mitsamt der Welt hochjagen, diese Entschlossenheit trotz allem oder gerade deshalt die Sache zu Ende zu bringen, einfach herrlich :D
Ich bin grad so geflasht, dass ich gerade kaum mehr dazu schreiben kann. Mission accomplished.
Und Kenny und Dizzi und Max <3
Traiko over and out xD (bevor noch mehr nonsens in diesem Kommi steht)
Antwort von:  KradNibeid
18.04.2017 10:57
Muss ich mir sorgen machen dass du dich so sehr darüber freust wenn so viele Menschen sterben? XD Aber es freut mich, dass dir die Geschichte so gefällt und ich dir eine kleine Freude machen konnte. :3
Ich war mir ja bei Max' Erscheinen nicht sicher ob es nicht zu gezwungen wirkt, aber wenn es für dich passt ist alles gut. :)
Von: abgemeldet
2017-04-17T21:41:26+00:00 17.04.2017 23:41
Oh, wow.
Ich find's toll wie du mit so wenigen Worten so eine drückende Stimmung erzeugen kannst. Das ganze Szenario wird mit jedem Satz klarer und jedes Wort macht das Grauen noch deutlicher. Das hier ist nur eine einzige Szene aus einem langen, langen Krieg, aber trotzdem habe ich das Gefühl genug gehört zu haben, um mir die Schrecken vorzustellen. Schrecken, die einen Charakter wie Kenny dazu bringen so etwas zu machen.
Und dann Max. Sein Tod wird beinahe beiläufig erwähnt und ... ich weiß nicht, gerade das macht es noch schrecklicher. Der Tod ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden und die beiden Jungs sind nie davon ausgegangen, dass sie lebend zurückkommen. Und trotzdem sind sie davon überzeugt was sie tun. Weil sie einem größeren Wohl dienen, sozusagen.
Es ist großartig. Wirklich, ich habe keine anderen Worte dafür <3

Nur eine Kleinigkeit: „Das bezweifle ich ja“, - ich glaube hier fehlt ein Wort?
Antwort von:  KradNibeid
18.04.2017 00:01
Danke für deinen Kommentar! :)

Und für mein Empfinden fehlt da kein Wort? Oder les ich falsch was ich geschrieben habe? D:
Sie bezieht sich halt darauf, dass Kenny meint, er trage die Konsequenzen, aber da er sterben wird, wird er ja keine Konsequenzen seiner Tat erleben, also bezweifelt sie es. ...oder habe ich da was falsch zusammengebaut?

Ansonsten freut es mich, dass die Stimmung so gut herüber kommt, und dass man sich den Rest der Vorgeschichte zusammenreimen kann. Auch wenn es nicht all zu österlich ist (und dann mit der Auferstehung wieer schon ein bisschen :P ).
Antwort von: abgemeldet
18.04.2017 00:34
Ah, sorry, da hab ich nicht kapiert was Dizzy sagen wollte >.<
Vielen lieben Dank für die Aufklärung! Ich sollte um solche Uhrzeiten echt nicht mehr Kommentare tippen.


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