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Sailor Moon Crystal - Blutfürst

von

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Bleib bei mir heut Nacht

Haruka erwachte, weil sie sich beobachtet fühlte. Als sie die Augen öffnete, sah sie Mihara auf der Bettkante sitzen.

"Was willst du hier?" murrte sie,

"Ich hab Kopfschmerzen. Verschwinde!"

"Ich war noch mal bei Michiru", sagte diese jedoch und hatte sofort Haruka´s volle Aufmerksamkeit.

"Weshalb?" fragte sie und saß sofort senkrecht,

"Hast du ihr gesteckt, dass Miraii wieder bei mir war?"

"Ich habe ihr Essen und Trinken gebracht", erklärte Mihara gekränkt,

"Und ihr gesagt, dass du alles nur tust, weil du sie liebst!"

Zuerst war die Blondine überrascht, dann jedoch fiel sie in ihre Stimmung zurück und ließ sich zurück ins Bett sinken.

"Was nutzt das?" murrte sie,

"Es ändert nichts daran, wie sehr es sie verletzen muss."

"Sie hat gesagt, sie versteht es", widersprach Mihara,

"Und ich habe ihr versprochen, dass du einen Weg finden wirst, uns alle hier raus zu bringen."

Haruka setzte sich wieder auf.

"Und sie glaubt an mich?" wollte sie wissen.

Mihara nickte.

"Das tut sie. Sie will sogar mir vertrauen, um eine Chance zu bekommen, mit dir von hier zu fliehen, also enttäusch mich bitte nicht."

Sie wurde etwas leiser und wirkte wieder leicht verschüchtert.

"Wenn du es schon nicht tust, um mir zu helfen", sagte sie zaghaft,

"Dann tu es für sie."

"Du verstehst nicht, was das für mich bedeutet", schüttelte Haruka leicht den Kopf,

"Irgendetwas geschieht mit mir. Und es entzieht sich völlig meinem Einfluss."

"Wie meinst du das?" sah Mihara sie verwirrt an,

"Du meinst, du verliebst dich gerade in Miraii, oder wie soll ich das verstehen?"

"Nein", wehrte die Blondine ab,

"Ich liebe Michiru und nur sie! Aber der Mann in mir begehrt dieses Mädchen so sehr, dass ich anfange zu vergessen, wer ich bin, wenn sie in meiner Nähe ist. Und nicht nur das. Meine männliche Seite ist Miraii derart verfallen, dass sie selbst in mir als Frau, sein Verlangen erweckt."

"Bedeutet?" blinzelte Mihara.

"Das ich ihr nicht einmal als Frau mehr widerstehen kann", gab Haruka geschlagen zu,

"Sie kam zu mir, als ich war wie jetzt und schon bei ihrem Anblick wollte ich ihr gar nicht widerstehen. Ich wollte er sein und sie mir nehmen. So sehr, dass ich es im Grunde ohne echte Gegenwehr auch getan habe."

"Sie kam her und du hast dich in ihn verwandelt, ohne dass sie es verlangt hat?" war Mihara verblüfft,

"Willst du mir das damit sagen?"

Haruka nickte.

"Ich tat es, weil ich sie so unbedingt wollte. Und ich werde es immer wieder tun, weil ich nichts anderes mehr will, sofern sie mir nahe ist."

"Also liebst du sie doch", stellte Mihara fest.

"Nein verdammt", schlug Haruka mit der Hand aufs Bett,

"Ich will sie und das um jeden Preis! Wie ein ausgehungerter, räudiger Straßenköter, der einem Knochen nach jagt. Ich kann einfach nicht widerstehen."

"Genießt du es?" fragte Mihara direkt.

"Genieß ich was?" fragte Haruka gegen.

"Mit ihr zu schlafen", sagte das Mädchen deutlich.

Haruka zögerte.

Dann ließ sie den Kopf sinken und verbarg ihr Gesicht.

"Ja", flüsterte sie,

"Ich genieße jede Sekunde."

Ein kurzes Grinsen huschte über Mihara´s Lippen.

"Und warum machst du dich deshalb dann so fertig?" wollte sie wissen,

"Genieß es doch einfach solange, bis du einen Ausweg gefunden hast. Das macht es wahrscheinlich einfacher."

"Wie soll ich es genießen, mich immer mehr zu verlieren?" fuhr Haruka hoch,

"Ich habe Erinnerungslücken. Und je mehr Zeit ich mit Miraii verbringe, desto größer werden sie. Was ist, wenn ich Michiru vergesse? Wenn ich vergesse, dass ich all das nur getan habe, um sie retten zu können?"

"Dann gehörst du für immer ihr", kam es wissend von Mihara.

"So ist es", nickte die Blonde,

"Und ich befürchte, ich kann nicht verhindern, dass das geschieht..."

Eine Weile schwiegen beide.

Jede für sich hing in ihren Gedanken und eine bedrückende Stille machte sich breit. Eine Stille, die schließlich Mihara unterbrach.

"Und was willst du jetzt tun?" fragte sie,

"Aufgeben und zum Spielzeug eines Dämons werden?"

"Ich gebe niemals auf", entgegnete Haruka,

"Ich werde kämpfen bis zur letzten Minute. Nur glaube ich, die wird schon sehr bald gekommen sein - egal wie sehr ich kämpfe."

"Also ist es aus", murmelte Mihara,

"Keiner wird dieses Schloß je wieder verlassen..."

"Ich fürchte, so ist es", nickte Haruka leicht,

"Es tut mir leid. Ich kann das Versprechen dich mit zu nehmen, wenn wir fliehen, leider nicht halten, weil es keine Flucht gibt."

"Würdest du mir dann einen anderen Wunsch erfüllen?" fragte das Mädchen leise.

"Wenn es in meiner Macht steht", lächelte Haruka leicht.

"Ich möchte diese Nacht nicht allein sein", hauchte Mihara,

"Wenn wir nicht hier weg kommen und vielleicht morgen schon alle sterben, dann möchte ich meine letzte Nacht nicht allein in der winzigen Dienstmädchen Kammer verbringen."

Sie blickte Haruka scheu an und sah deutlich, dass dieser der Gedanke nicht besonders zu behagen schien.

"Wir könnten uns etwas unterhalten", erklärte sie darum,

"Ich schlaf auch auf dem Fußboden. Hauptsache, ich bin nicht allein."

Haruka´s Ausdruck entspannte sich und schließlich schien sie überzeugt.

"Also gut", sagte sie,

"Du musst auch nicht auf dem Boden schlafen. Wir sind erwachsene Menschen und können uns auch ein Bett teilen, ohne Hintergedanken. Allerdings müsstest du mir vorher die Chance geben, zu duschen und mir etwas anzuziehen. Ich trag unter der Decke nämlich nur den Adam und Eva-Look."

"Natürlich", drehte Mihara beschämt den Kopf weg,

"Mach nur. Ich bleib solange hier sitzen und warte."

"Du kannst es dir ruhig gemütlich machen", sagte Haruka während sie sich erhob,

"Ich brauch nicht lange."

Mihara nickte nur und sah verstohlen über die Schulter, als sie die Blondine Richtung Bad gehen hörte.

Sie erhaschte den erhofften Anblick und ein zufriedenes Grinsen war das Ergebnis.

"Klappt doch..." murmelte sie,

"Und viel einfacher als angenommen."

Sie entledigte sich ihres Kleides und ihrer Schuhe. Das Unterkleid wurde zum Nachthemd degradiert und sie kroch unter die Bettdecke. Von da lauschte sie dem Plätschern der Dusche und freute sich darauf, den Rest der Nacht neben Haruka liegen zu können.

Als diese endlich aus dem Bad kam, grinste Mihara sie breit an.

"Steht dir gut", neckte sie,

"Hoch erotisch."

"Is klar", griff Haruka ein Kissen und warf es ihr ins Gesicht,

"Wenn du das erotisch findest, sollte ich vielleicht noch Schuhe und eine Jacke anziehen."

Mihara blinzelte.

"Ernsthaft?"

Haruka verdrehte die Augen.

"Das war ein Scherz, Kleines", kroch auch sie unter die Decke,

"Dieses Teil ist ja schon beinahe ein eigener Schlafsack."

Das 'Teil' von dem Haruka sprach, war ein enorm großes T-Shirt, welches sie, außer der Unterwäsche, noch trug.

Sie hatte nichts anderes geeignetes finden können und da sie nicht in Slip und BH neben Mihara liegen wollte, hatte sie sich für das Shirt in Zweimannzelt Ausgabe entschieden.

"Und nun?" fragte Mihara und sah Haruka abwartend an.

Diese lag auf dem Rücken und starrte an die Decke, drehte aber nun den Kopf zu ihr.

"Du wolltest reden", sagte sie,

"Also reden wir."

Mihara lag zu Haruka gedreht auf der Seite und stützte mit der Hand ihren Kopf.

"Hast du denn noch irgendwelche Fragen?" wollte sie wissen,

"Oder darf ich dir welche stellen?"

"Du darfst alles fragen, was du willst", zuckte Haruka gleichgültig mit den Achseln,

"Ob ich darauf antworte, steht auf einem anderem Blatt."

Mihara nickte.

Sie wusste genau, wie diese Worte gemeint waren und wenn sie verhindern wollte, dass die Blondine die Mauer zwischen ihnen wieder hoch zog, dann war Michiru ein Thema, welches sie absolut vermeiden mußte. Es sei denn, Haruka sprach es an.

»Und mit welchem Thema bringe ich die Mauer ganz zu Fall?«, fragte sie sich,

»Was muss ich tun, um dein Interesse zu erwecken...?«

"Wie war dein Leben, bevor du hier gelandet bist?" fragte sie schließlich,

"Ich meine, du bist eine Sailor Senshi - wie war das so mit all den Kämpfen zu leben? Du hast doch sicher viel schlimmere Dinge erlebt und gesehen, als in diesem Schloß?"

"Ich habe viele Schlimme Dinge erlebt und gesehen, ja", bekam Mihara ohne Zögern eine Antwort,

"Aber niemals war ich in einer Situation wie dieser. Hab ich mein Dasein als Kriegerin auch immer verflucht - jetzt wünsche ich es mir zurück. Ich dachte immer, dieser ganze Schicksalsmist hätte mich um mein Leben betrogen, mir jede Möglichkeit genommen ich selbst sein zu können, aber jetzt..."

Sie sah wieder an die Decke.

"Aber jetzt...?" rutschte Mihara etwas näher zu ihr,

"Sag schon. Vielleicht hilft es, darüber zu reden."

Haruka sah sie wieder an.

In ihren leuchtend grünen Augen sah sie etwas, dass sie plötzlich das Gefühl von Vertrauen empfinden ließ. Wieder glaubte sie, Mihara schon einmal getroffen zu haben, sie schon ewig zu kennen, obwohl das eigentlich unmöglich war. Ein solches Mädchen hätte Haruka ganz sicher niemals vergessen. Ebenso wie auch Miraii, hätte Mihara genau in ihr Beuteschema gepasst, vor Michiru´s Zeit.

"Jetzt habe ich erkannt, dass erst das Kriegerschicksal mir überhaupt ein Leben gegeben hat", sagte Haruka schnell, bervor sie sich noch weiter in Gedanken verlor,

"Ohne Sailor Uranus bin ich ein Nichts. Als Senshi habe ich jede Situation gemeistert. Auch wenn manches Mal schon alles verloren schien, habe ich jeden Kampf überlebt und keine Freunde oder Kampfgefährten verloren. Und jetzt sieh mich an. Kaum lebe ich mal mein eigenes Leben, ohne auf meine Kraft als Senshi zugreifen zu können, werden alle meinetwegen sterben. Ich bin schwach und mit meinen Versuchen, etwas zu retten, mache ich alles nur immer schlimmer."

»Na, wenn das kein Geständnis war«, dachte Mihara,

»Vielleicht schaff ich es ja doch...«

"Du bist nicht schwach", sagte sie,

"Jeder, der dich für sich gewinnen kann, kann sich unendlich glücklich schätzen. Du tust alles für die, die dir am Herzen liegen. Du gibst sogar dich selbst auf. Ich wünschte, ich wäre nur halb so stark wie du. Dann würde mein Leben wohl nicht in diesem Schloß enden."

Mit einem Mal wirkte sie so zerbrechlich, dass Haruka nicht anders konnte, als sich zu ihr zu drehen und ihr durchs Haar zu streicheln.

"Glaub mir, ich bin gar nicht so stark", sagte sie leise,

"Und sich selbst aufzugeben ist niemals eine gute Option. Auch nicht aus Liebe. Wenn man sich selbst aufgibt, ist man nur noch der Spielball anderer und Liebe ist vergänglich. Sie ist wie ein Feuer, dass heiss brennen kann, aber irgendwann ist alles Holz zu Asche geworden und wenn niemand bereit ist, ein paar Holzstücke nach zu legen, erlischt es ganz."

"Aber ein Feuer kann wieder entzündet werden", gab Mihara leise zurück,

"Oder völlig neu entzünden. Das Ende einer Liebe ist nicht automatisch das Ende jeder Liebe. Es gibt immer auch noch andere Menschen, die einen lieben würden, wenn man auf sie träfe. Vielleicht sogar welche, die noch wichtiger werden, als was man bis dahin für das Wertvollste hielt..."

"Das mag wohl stimmen", hörte Haruka auf mit Mihara´s Haaren zu spielen,

"Aber wie alles, hat auch das seine zwei Seiten", sagte sie,

"Man sucht in seinem Leben immer das, was am perfektesten passt. Selbst bei den ganz kleinen Dingen. Wenn du lange nach einem Produkt suchst zum Beispiel, wenn du alles mögliche ausprobierst und dann etwas findest, was genau dem entspricht, wonach du gesucht hast, dann kaufst du es. Und weil es deinen Wünschen entspricht, wirst du es auch immer wieder kaufen und nicht weiter herum testen, oder?"

"Schon", gab Mihara zu,

"Aber manche Produkte verschwinden aus dm Handel und dann muss man sich ein neues suchen. Auswahl gibt es immer genug."

"Die gibt es zwar", nickte Haruka,

"Aber egal wie gut das Ersatzprodukt auch sein mag, selbst wenn es auf manche Weise besser ist, als das Alte - es wird immer ein Ersatzprodukt bleiben, für das du dich gezwungener Maßen entschieden hast..."

"Reden wir hier wirklich noch von Waren?" fragte Mihara leise,

"Oder reden wir darüber, warum du mich auf Gedeih und Verderb auf Abstand hälst vom ersten Moment an?"

"Ich kann dir nicht geben, wonach du dich sehnst", ließ Haruka sich wieder auf den Rücken fallen,

"Ich bin weder deine Rettung, noch der Prinz auf dem weißen Pferd."

»Wenn du denkst, ich geb jetzt auf, dann bist du falsch gewickelt!«, dachte Mihara entschlossen und rückte direkt an Haruka heran.

Die sah ihr überrascht in die Augen und wollte gerade etwas sagen, doch Mihara kam ihr zuvor.

"Ich erwarte nicht, dass du mich rettest", sagte sie,

"Und den Prinz auf einem weißen Pferd habe ich mir noch nie gewünscht."

"Tun das denn nicht alle Mädchen?" lachte Haruka leicht und richtete ihren Blick wieder an die Zimmerdecke,

"Davon träumen, erobert zu werden, am Ende den Prinzen zu heiraten und glücklich bis ans Ende aller Tage zu sein?"

"Ich muss nicht erbobert werden", wurde Mihara´s Stimme ein leises Flüstern,

"Und ich brauch auch kein 'glücklich bis ans Ende aller Tage'..."

Sie legte ganz sanft ihre Finger an Haruka´s Kinn und drehte genau so sanft deren Gesicht zu sich.

"Nur ein bißchen Geborgenheit und Wärme...", hauchte sie ihr entgegen und obwohl ganz deutlich war, dass sie Haruka gleich küssen würde, tat diese nichts, um das zu verhindern.

"Nur dieses eine Mal...", waren ihre Worte kaum noch zu verstehen, dann berührten ihre Lippen sanft die Haruka´s und sie schloß ihre Augen.

Sehr vorsichtig begann sie, die Blondine zu einem so zaghaften Kuss zu verleiten, dass man ihn schon als absolut unschuldig hätte ansehen können. Doch allein schon, dass Haruka ihn zuließ, beraubte ihn jeder Unschuld.

»Warum tu ich das?« huschte es durch ihre Gedanken,

»Ich wusste, sie ist vernarrt in mich, wieso hab ich sie in mein Bett gelassen?«

Langsam schloss auch sie ihre Augen, denn sie genoß diesen vorsichtigen Kuss.

Genau darum hatte sie Mihara ihren Wunsch nicht abgeschlagen. Weil sie gewusst hatte, dass diese ihre Chance nutzen würde und weil sie sich zu Mihara ähnlich hingezogen fühlte, wie zu Miraii.

»Und dennoch ist es ganz anders...«

Mihara löste sich von ihren Lippen und sah sie scheu an.

"Mehr bist du nicht bereit, mir zu geben, stimmts?" fragte sie leise.

Haruka legte ihr eine Hand auf die Wange und sah sie etwas mitleidig an.

"Das war mehr, als ich hätte zulassen dürfen", flüsterte sie,

"Du bist ein wundervolles Mädchen und wirklich sehr hübsch, aber ich liebe allein Michiru und allein ihr will ich so nahe sein."

"Ich bin also nicht gut genug?" hauchte das Mädchen,

"Wie sollte ich auch mit Michiru oder Miraii konkurieren können?"

"So ist das nicht", schüttelte Haruka leicht den Kopf,

"Hätte ich dich irgendwann in meinem Leben getroffen, hätte ich mich auch vielleicht in die verlieben können", sagte sie,

"Irgendwann vor Michiru. Mit ihr habe ich jedes Interesse an anderen Frauen verloren, welches über einen Flirt hinaus geht. Das mit Miraii ist eine völlig andere Sache. Auch wenn ich sie so sehr begehre, dass ich ihr nicht widerstehen kann - ich würde niemals als Frau mit ihr schlafen. Täte ich das, hätte ich keinerlei Recht zu behaupten, Michiru zu lieben."

"Für sie tust du wirklich alles", stellte Mihara fest,

"Ich hoffe, ich werde auch mal so jemanden finden wie dich."

"Das wirst du ganz bestimmt", lächelte Haruka,

"Wenn wir je von hier entkommen können."

Mihara nickte.

"Darf ich mich denn etwas ankuscheln?" fragte sie vorsichtig,

"Ich verspreche auch, dir nicht mehr zu nahe zu kommen."

"Ich denke, die Fronten sind geklärt", grinste Haruka etwas,

"Also komm her."

Sie deutete Mihara, sich in ihren Arm zu kuscheln und machte es sich mit ihr zusammen bequem.

"Danke", hauchte das Mädchen glücklich,

"Heute Nacht werde ich das erste Mal seit langem wirklich schlafen können."

"Dann schlaf", wisperte Haruka und streichelte sanft ihren Arm,

"Wer weiß, wann der Horror weiter geht."
 

Als Haruka erwachte, war Mihara nicht mehr da.

Wahrscheinlich hatte sie sich zeitig davon geschlichen, um nicht vom Fürsten erwischt zu werden. Mit ihr im Arm hatte Haruka erstaunlich gut geschlafen. Es hatte sich beinahe so angefühlt, als hätte sie ihre Michiru im Arm und alles wäre in Ordnung. Sogar geträumt hatte sie und es war ein so schöner Traum, dass ihr Erwachen bereits schon schwere Gedanken und Schmerz bedeutete. Die Realität, die sie empfing, war der Albtraum, aus dem sie so gerne erwacht wäre und der Traum der letzten Nacht war das Leben, dass sie sich so sehr zurück wünschte.

Mit wenig Elan richtete Haruka sich auf und setzte sich auf die Bettkante. Der Wecker auf dem Nachttisch zeigte 16 Uhr. Sie hatte fast den ganzen Tag verschlafen und fragte sich, was sie so sehr auszerrte. Auch wenn es weit nach Mitternacht gewesen war, als Mihara und sie sich schlafen gelegt hatten - dass sie so lange schlief, war nicht normal. Über den Blutverlust ihrer ersten und einzigen Blutentnahme war sie längst hinaus und seit sie aus den Kerkern raus war, hatte sie auch, wenigstens hin und wieder, etwas gegessen. Warum also fühlte sie sich so erschöpft, wo sie doch so viele Stunden geschlafen hatte?

"Eine kalte Dusche wird das sicher ändern", murmelte sie,

"Und danach such ich Mihara. Sie muss mich auf jeden Fall zu Michiru bringen, bevor der Fürst oder Miraii wieder auf der Bildfläche erscheinen!"

Sie nahm eine schnelle Dusche, zog sich bequeme Klamotten an und verließ ihr Zimmer.

Es war das erste Mal, dass sie allein durch diese Mauern wanderte und direkt kam ihr der Gedanke an eine Flucht. Würde sie einen Weg in die Kerker finden und einen, die Tür von Michiru´s Verließ zu öffnen, dann hätten sie eine Chance zu entkommen. Die Gefängnisse der anderen Mädchen waren nicht verschlossen und vielleicht war es möglich, zu dritt die anderen von hier weg zu schaffen.

Sehr schnell jedoch verwarf sie ihre Idee wieder. Allein, Makoto hier raus zu bringen, würde schon zwei Leute erfordern, da diese nichtmal ins Bewusstsein zu holen war. Wenn die anderen Mädchen sich in einem ähnlichen Zustand befanden, hatten sie keinerlei Chance.

»Vielleicht kann ich wenigstens heraus finden, wo sie alle sind und wie es ihnen geht«, dachte Haruka, doch dazu sollte sie - zumindest jetzt - keine Chance bekommen.

Als sie die große Treppe zur Halle hinunter ging bemerkte sie, das die Tür zum großen Salon offen stand und eindeutig jemand dort war.

"Wahrscheinlich der Fürst", murmelte sie vor sich hin und brachte den Rest der Treppe hinter sich.

Ohne zögern steuerte sie Richtung Salon, klopfte an die Tür und trat ein.

Sofort sah sie ihre Annahme bestätigt. Der Fürst stand an einem der großen Fenster und sah hinaus auf seine Ländereien. Er hatte Haruka definitiv bemerkt, doch er sah sie nicht an. Nachdem sie gut eine Minute still da gestanden hatte, begann er jedoch mit ihr zu sprechen.

"All das da draußen gehört mir", sagte er abwesend und Haruka nahm das als Aufforderung, zu ihm zu treten,

"Ich habe so viel gehabt in meinem Leben. Als Fürstensohn geboren mußte ich niemals Not leiden, hatten alle Möglichkeiten und Vorteile im Leben. Dann hat sich auch noch die wunderbarste Frau auf Erden in mich verliebt und wir bekamen eine so süße, kleine Tochter. Alles hätte so perfekt sein können..."

"Was ist passiert?" sah Haruka ihn an.

Auch er sah sie kurz an, dann jedoch wieder sehnsüchtig aus dem Fenster.

"Meine Frau wurde krank", begann er leise zu erzählen,

"Sie wurde von irgendeinem Tier gebissen und bekam so eine Art Tollwut."

"So eine Art?" fragte Haruka,

"Ich dachte immer, Tollwut sei Tollwut. Egal wo und von welchem Tier übertragen."

"Das ist auch so", bejahte der Fürst,

"Aber Menschen verlieren dadurch normalerweise nicht ihren Verstand, werden gefährlich und greifen selbst die eigenen Kinder an."

"Miraii ist mit Tollwut infiziert?" war die Blondine geschockt,

"Aber...wie hat sie damit 10 Jahre überlebt? Und was ist mit dieser geheimnisvollen Blutkrankheit? Hängt das zusammen?"

"Es hat alles mit diesem Tierbiss angefangen", bedachte der Fürst sie wieder mit einem kurzen Blick,

"Meiner Frau ging es immer schlechter und eines Nachts fiel sie Miraii an, wie ein wildes Tier. Sie hatte leuchtende Augen und Zähne wie ein Raubtier und wäre ich nicht zur rechten Zeit gekommen, hätte sie unsere Tochter in Stücke gerissen..."

Tränen drängten sich in seine Augen und er wehrte sich deutlich dagegen.

"Ich musste die Liebe meines Lebens töten, um unser Kind zu retten", flüsterte er gebrochen,

"Und am Ende habe ich sie damit nicht einmal gerettet..."

Nun sah er Haruka an.

"Sie ist zu einem Monster geworden. Ihre Gelüste sind nicht mehr die, eines Menschen. Anfangs hatte ich noch gehofft, es würde sich legen, wenn wir nur ein Gegenmittel fänden, aber mir wurde sehr schnell klar, dass ich sie würde töten müssen, um die Welt vor ihr zu schützen. Ich sperrte sie in die Kerker, doch sie ließ sich nicht einsperren..."

"Ihr habt sie eingekerkert?" war Haruka schockiert,

"Eure eigene Tochter? Sie war doch noch ein Kind!"

"Hat sie dir das erzählt?" lachte er leise ironisch auf,

"Sie war 16 als meine Frau sie fast getötet hätte."

"Moment mal", unterbrach Haruka ihn,

"Wie ist das möglich? Ich meine, das war vor zehn Jahren und 16 dürfte sie heute ungefähr sein!"

"Es war vor zehn Jahren", beharrte der Fürst,

"Nächsten Monat auf den Tag genau! Und sie ist seither nicht einen Tag gealtert, weil sie das Blut von Menschen trinkt."

Er ließ sie stehen und setzte sich an den großen, runden Tisch.

Haruka folgte ihm direkt, musste sich aber zurück halten, da ein Diener kam, Gläser und Wein brachte und nach einer kurzen Unterredung mit dem Fürsten wieder verschwand.

"Auch ein Glas Wein?" fragte er, als er sich eines füllte.

"Sie trinkt Blut?" fuhr Haruka ihn beinahe an,

"Soll das heißen, es gibt gar keine Experimente für ein Heilmittel und ihr beraubt Menschen ihres Blutes, um es ihr zu trinken zu geben?"

"Ich fürchte, genau so ist es", gab er monoton zurück, setzte das Glas an seine Lippen und leerte es in einem Zug,

"Sie ist schon lange kein Mensch mehr. Wahrscheinlich ist sie in jener Nacht vor zehn Jahren bereits gestorben. Auch wenn sie nie wie ihre Mutter geworden ist - die Männer, die sich ihr näherten, wurden danach wie meine Frau - wilde, mordlüsterne Bestien."

Haruka sank auf einen Stuhl nieder.

"Sie ist ein verfluchter Vampir!" sah Haruka ihn fassungslos an.

Er füllte sein Glas erneut und schenkte dieses Mal auch Haruka eines ein.

"Das ist sie nicht", entgegnete er dann und nahm erneut einen großen Schluck Wein,

"Es gibt keine Vampire! Sie sind die Ausgeburt menschlicher Ängste und Phantasie! Meine Kleine ist nicht übermäßig stark oder kann sich in irgendwelche Tiere verwandeln. Sie kann nicht fliegen oder reagiert in irgendeiner Weise auf Knoblauch, Kreuze und solche Dinge und sie stirbt auch nicht durch Sonnenlicht. Sie braucht Essen, um nicht zu verhungern und Wasser, um nicht zu verdursten."

"Aber das würde doch heissen, es wäre ganz einfach all diesen Horror hier zu beenden", griff nun auch Haruka ihr Glas,

"Sie gehört in ein Krankenhaus, nicht eingesperrt in diese Mauern! Dort kann man ihr helfen."

"Sie ist zwar vielleicht kein Vampir, aber ein Mensch ist sie trotzdem nicht", schüttelte der Fürst den Kopf,

"Du hast doch gesehen, was aus den Männern wird, die bei ihr waren. Sie bleiben für immer so, werden nie wieder normal. Irgendetwas gibt Miraii an sie weiter, wenn sie mit ihnen schläft..."

"...Und sie beisst...", murmelte Haruka erkennend und leerte direkt ihr Glas.

Ihre Hand legte sich auf die Stelle auf ihrem Brustkorb, in welcher Miraii sich verbissen hatte und die allgegenwärtige Frage hallte in ihr, ob auch sie sich in eine solche Bestie verwandeln würde, wie die armen Seelen in den Kerkern.

"Wie...lange dauert es, bis die Männer sich verändern?" fragte sie zögerlich.

"Keine Angst", lächelte der Fürst,

"Du bist längst über diesen Punkt hinaus und bist noch immer du. Ausnahmslos alle waren direkt nach der Nacht mit meiner Tochter so. Warum auch immer es bei dir nicht so war, wissen wir nicht. Vielleicht liegt es daran, dass du auch Frau bist. Auf jeden Fall scheinst du imun zu sein gegen das, was auch immer meine Tochter in Besitz genommen hat und darum kann ich dich auch auf keinen Fall mehr gehen lassen."

Seine Stimme veränderte sich und langsam dämmerte Haruka, was hier vor sich ging.

"Warum erzählt ihr mir das alles?" fragte sie und merkte im nächsten Augenblick, wie ihr schwindelig wurde,

"Was war in dem Wein?"

Sie sah aus dem Fenster.

Noch war es taghell. Miraii verließ nur bei Nacht ihr Zimmer, doch scheinbar befürchteten sie eine Flucht Haruka´s, bevor sie erschien. Vielleicht wollten sie auch heraus finden, was sie imun machte - in jeden Fall musste sie immer stärker dagegen ankämpfen, nicht das Bewusstsein zu verlieren.

"Es tut mir leid", sagte der Fürst leise, als Haruka sich aufrichtete und sofort zusammen brach,

"Sie braucht dich..."



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  dreamfighter
2017-08-29T06:52:12+00:00 29.08.2017 08:52
Das sind aber eine Menge Hintergrundinformationen. Ich frage mich nun aber, was ist Miraii und was wird aus den anderen. Aber allem Voran stellt sich mir die Frage, was Haruka noch bevor steht, was diese "Infektion" mit ihr noch macht und ob es einen Ausweg aus dieser Situation gibt...
Von:  MiHa-San
2017-08-29T04:56:06+00:00 29.08.2017 06:56
Wow höchst spannend. Was will Mihara wirklich und wird Miraii es schaffen mit Haruka in Frauengestalt zu schlafen???? Michiru tut mir leid, Haruka liebt sie zwar, betrügt sie aber bei jeder Gelegenheit......wie lange wird Michiru das verkraften.....

Hoffe das Experiment geht bald weiter ;-)


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