Zum Inhalt der Seite

Spherium

Kaiba/Yuugi
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 35

Freitag Abend. Aufgeregt stand Yuugi vor dem Spiegel und begutachtete sein Outfit. Er hatte sich für den Marinefarbenen Anzug entschieden. Goldene Manschettenknöpfe und ein weißes Einstecktuch, das an den Rändern mit einem Stickmuster verziert war, sodass das Muster herausragte. Zumindest wenn er es denn richtig gefaltet bekommen hätte. Er hatte mehrere Minuten daran herumgewerkelt und versucht das Tuch richtig zu falten, doch die Aufregung ließ ihn zunehmend ungeduldiger werden. Scharf hatte er die Luft eingesogen, bis seine Mutter ihm das Tuch aus der Hand genommen, selbst zusammengefaltet und es ihrem Sohn liebevoll in die Brusttasche gesteckt hatte. Zwei Ecken lugten aus der Tasche hervor. Sie schien es sehr zu begrüßen, dass Yuugi für seine Träume kämpfte.
 

Zwar war sie nicht sonderlich gut auf den Namen Kaiba zu sprechen, was aufgrund dessen, dass er versucht hatte, ihren Sohn zu töten und ihren Schwiegervater mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus befördert hatte, wohl kaum verwunderlich war, dennoch akzeptierte sie die Entscheidung ihres Sohnes und sie hatte Yuugi sogar beraten, welche Manschettenknöpfe er nehmen sollte. Gold und Blau sei sehr edel und würde ihm eine starke Ausstrahlung verleihen. Außerdem würde es zu den goldenen Knöpfen auf dem marinefarbenen Anzug passen.
 

Passend zum Anzug hatte er eine Weste drunter, die zweireihig geknöpft war und die schwarze Krawatte mit den hellblauen Streifen betonte. Der Stoff seines Anzugs glänzte leicht im Licht. Sie hatten sich für ein italienisches Modell entschieden, wo es zusätzlich zur Weste noch eine goldene Taschenkette gab, welche bei jeder Bewegung leise klimperte. Als er so vor dem Spiegel stand, gab er offen zu, dass Kaiba recht hatte. Ein richtiger Anzug machte einen großen Unterschied. Ob Kaiba zufrieden war mit seiner Wahl? Oder hätte er eventuell wieder etwas auszusetzen? Kaiba war ein Mensch, der gerne schimpfte und immer irgendetwas fand, worüber er sich schrecklich aufregen konnte. Und wenn es nur eine Falte in der Hose war oder ein nicht richtig zugeknöpftes Hemd.
 

Das laute Brummen eines Motors schreckte ihn auf. Die Treppen hinab eilend, öffnete er die Eingangstür. Vor ihrem Haus stand ein Sportwagen und daneben stand Kaiba, der ihm die Tür aufhielt. „Bist du fertig?“, fragte er beiläufig und riss dann erstaunt die Augenbrauen in die Höhe, musterte Yuugi. Plötzlich war nichts mehr da von dem unsicheren Jungen, der bloß nicht auffallen wollte. Er nickte anerkennend und hauchte ein äußerst hohes „Wow“, machte einige Schritte in Yuugis Richtung und betrachtete seinen Geschäftspartner in voller Größe.
 

„Kleider machen Leute“, meinte er dann, immer noch Yuugi anstarrend.
 

„Bist du zufrieden?“, fragte Yuugi etwas unsicher. Hatte Kaiba ihn gerade mit großen Augen angestarrt und mit einem Nicken seine Entscheidung abgesegnet? Und wieso fühlten sich seine Wangen so unglaublich heiß an?
 

„Mehr als das“, offenbarte er. Als er bemerkte, dass Yuugis Wangen einen anderen Farbton annahmen, versuchte er irgendwie das Thema zu wechseln. Es war ihm peinlich, dass er sich so hatte gehen lassen und dass er Yuugi sogar als hübsch empfand. Mehr um sich selbst wieder auf klare Gedanken zu bringen und Yuugi bloß nicht die Genugtuung zu geben, seine schwache, menschliche Seite gesehen zu haben, griff er nach dessen Krawatte.
 

„W-was?!“, kam es erschrocken von Yuugi.
 

„Der Krawattenknoten ist nicht ganz richtig“, murmelte er und bemühte sich darum, möglich distanziert und sachlich zu klingen, während er den Krawattenknoten löste und erleichtert darüber war, dass Yuugi aus Verlegenheit den Blick abgewendet hatte. Es war einfacher für ihn seine Rolle als knallharter Firmenchef zu spielen, wenn Yuugi ihm nicht direkt in die Augen sah. Trotzdem konnte er das laute Pochen in seinem Brustkorb nicht erklären. War es Yuugis Ausstrahlung, die ihn so aus der Bahn warf oder der Gedanke, dass sie nun den ganzen Abend miteinander verbringen würden, auch wenn es sich um ein rein geschäftliches Abendessen handelte?
 

Zufrieden nickte Kaiba, räusperte sich und drehte sich zu seinem geliebten Sportwagen, während er Yuugi anwies einzusteigen. Mit großen Augen bestaunte Yuugi das edle Fahrpult. Er war noch nie in einem so teuren Auto gesessen und dass dieser Wagen besonders war, spürte er im gleichen Moment, als Kaiba den Motor startete. Der Wagen vibrierte. Ein Glück, dass er einen Anzug trug, ansonsten hätte der Brünette gesehen, dass er eine Gänsehaut bekam. Er wollte gar nicht wissen, wie teuer so ein Wagen war, aber er wusste ganz genau, dass er sich unheimlich glücklich schätzen konnte, in so einem Sportwagen zu sitzen.
 

„Das ist ein Koenigsegg CCXR Trevita“, erwähnte Kaiba beinahe beiläufig, aber es war deutlich herauszuhören, dass er sehr stolz auf seinen Wagen war und ihm sicher noch einige andere Fakten erzählen würde. „Schnall' dich an“, fuhr er fort und im selben Moment, als Yuugi das Klicken der Schnalle vernahm, befanden sie sich auch schon in Fahrt. In nur wenigen Sekunden beschleunigten sie auf 180km/h, sodass Yuugi leicht panisch wurde. Kaiba schien es gewohnt zu sein, so schnell zu fahren, doch in Yuugis Kopf war nur noch Platz für panische Gedanken. Was wäre, wenn die Polizei sie anhalten würde, weil sie zu schnell waren? Oder Kaiba die Kontrolle verlor? Oder ein Passant plötzlich auf der Straße war und sie nicht mehr anhalten konnten?
 

„Komm wieder runter, Yuugi. Kein Grund sich in die Hose zu machen“, beruhigte Kaiba ihn und erhöhte das Tempo abermals.
 

„Wo geht es überhaupt hin? Hätte es nicht gereicht, wenn wir mit der Limousine gefahren wären?“
 

„Oh, ich habe uns einen Tisch im Kozue reserviert. Du hast sicher schon mal davon gehört“, begann Kaiba ruhig und wandte kein einziges Mal seinen Blick von der Straße und hielt das Lenkrad mit nur einer Hand, während er seinen anderen Arm am Fenster angelehnt hatte.
 

„Und ob ich davon gehört habe!“, rief Yuugi erschrocken und er riss seine Augen so weit auf, dass Kaiba befürchtete, dass seine Augäpfel herausfallen könnten.
 

„Das ist das teuerste Restaurant in Tokio!“, schnaufte Yuugi. Die enorme Geschwindigkeit hatte er wieder vergessen, oder besser gesagt, interessierte sie ihn nicht mehr. Erst dieses Geschenk und dann ein Abendessen im bekanntesten und teuersten Luxusrestaurant Tokios. Welcher Japaner hatte denn nicht davon gehört? Das war so, als hätte man gesagt, man wüsste nicht wer Ieyasu Togukawa war. Also absolut undenkbar!
 

„Nein, das zweitteuerste. Kitcho ist teurer, aber der Laden in Tokio ist weniger schön als der in Kyoto und ich dachte mir, dass du sicher keine Lust auf eine Übernachtung hättest.“
 

„Ist mir egal, ob es der teuerste oder zweitteuerste ist! Kaiba-kun, das geht doch nicht! Das kann ich im Leben niemals wieder bei dir gutmachen!“
 

Kaiba verdrehte genervt die Augen und wandte seinen Blick von der Straße ab, wollte gerade den Mund öffnen, als Yuugi ihn harsch mit einer Hand packte und seinen Kopf in Richtung Straße ausrichtete.
 

„Wir fahren 230km/h! Du kannst doch nicht einfach weggucken!“ In seiner Stimme war Panik zu hören.
 

Kaiba lachte amüsiert. „Yuugi... bist du noch nie über 100 km/h gefahren? Soll ich dir eine neue Dimension zeigen?“, meinte er dann und wartete gar nicht erst aufs Yuugis Antwort.
 

Er nahm eine Nebenstraße und es dauerte nur wenige Minuten, ehe sie die Autobahn erreichten. Da es Freitag Abend war und viele auf den Weg von der Arbeit nach Hause waren, war die Straße ziemlich voll, doch Kaiba holte nur sein Smartphone heraus, tippte auf der Fläche herum und schien irgendeinen Schalter betätigt zu haben. Von einem Moment auf den nächsten waren sämtliche Ampeln auf ihrem Weg rot, sodass er freie Fahrt hatte und die Gelegenheit nutzte, Yuugi gegenüber sein Versprechen einzuhalten.
 

In nur wenigen Sekunden sprang der Tacho von 230hm/h auf 300, dann auf 400 und ächzte bei 410. Yuugi konnte genau sehen, wie die digitale Kilometeranzeige zwischen 409 und 410 wechselte und Kaiba schien äußerst erpicht darauf, noch mehr zu beschleunigen.
 

Durch die enorme Geschwindigkeit wurde Yuugi dermaßen in seinen Platz gedrückt, dass er sich nicht einmal mehr traute, den Mund zu öffnen. Sämtliche Argumente und Widerworte, die ihm bis eben auf der Zunge gelegen hatten, hatte er wieder vergessen. Dass Kaiba sogar das Straßennetz kontrollierte, wusste er nicht. Kaiba war ein Kontrollfreak durch und durch! Vielleicht hatte er es aber auch nur gehackt. Was genau Kaiba da gemacht hatte, wusste er nicht und er war sich sicher, dass er nur einen Spruch kassieren würde, würde er denn nachfragen. Mit Sicherheit konnte er jedoch eines sagen: das, was sie hier gerade taten, war illegal! Nicht, dass Kaiba das davon abgehalten hatte, das zu tun, was er wollte. Ihn hielt nichts auf. Die Grenzen des Menschenmöglichen galten für ihn nicht. In eine andere Dimension zu reisen, einen Tower im Weltall zu errichten oder die Gesetze der sozialen Gesellschaft zu umgehen, das war der ganz normale Alltag in seinem Leben.
 

Als sie ihrem Ziel näher kamen und die Innenstadt erreichten, ging Kaiba endlich vom Gaspedal runter und blieb vor dem Kozue stehen. Wortlos saß seine Begleitung neben ihn und starrte immer noch geistesabwesend auf die Straße.
 

„Hast du dir in die Hosen gemacht?“
 

„Fast...“
 

„Hältst du jetzt endlich die Klappe und hörst auf über Geld zu reden?“
 

„Ich schweige wie ein Grab...“, murmelte Yuugi und fühlte sich immer noch benommen.
 

„Gut, niemand in der High Society spricht über Geld. Außerdem habe ich dich eingeladen, also hör auf so bescheiden zu sein. Genieße lieber die exklusiven Einblicke, die du hier erhalten wirst und lerne etwas daraus.“
 

Yuugi nickte folgsam. Erstens hatte er gar keine Lust mehr mit ihm zu diskutieren und zweitens wirkte dieses Erlebnis einer anderen Dimension noch nach. Seine Beine fühlten sich an wie Pudding und er musste diese enorme Geschwindigkeit verarbeiten.
 

Kaiba ließ dann das Fenster runter und übergab seinen Schlüssel einem der Angestellten, wies ihn jedoch mit harschen Worten zurecht, dass er keinen einzigen Kratzer auf seinem Liebling dulden würde. Kaiba hatte also auch noch andere Dinge neben seiner Firma und seinem Bruder, an denen er hing. Kaiba schien generell ein sehr materialistischer Mensch zu sein und stellte seinen Reichtum gerne zur Schau. Das war Yuugi ja bereits gewohnt. Ob ein Turnier auf einem Zeppelin in mehreren hundert Metern Höhe über Domino oder ein gigantischer Turm auf einer kleinen Insel inmitten des Meeres. Was auch immer Kaiba tat, wenn dann im ganz großen Stil. Auffallend, einzigartig und vor allem teuer – ach Mist, er sollte ja nicht mehr ans Geld denken!
 

Als sie aus dem Auto stiegen, warf Yuugi einen Blick auf den Eingangsbereich. Das gigantische Hochhaus kannte er bisher nur aus Fernsehreportagen und meist hatte er nur Bilder von oben oder von weiter weg gesehen. Bereits der Eingangsbereich sprach Bände, denn hier wurde Prestige eindeutig groß geschrieben. Kaiba grinste amüsiert, denn ihm kam es so vor, als wäre sein Geschäftspartner ein Jüngling vom Lande, der noch nie in einer Stadt gewesen war. Mit aufgerissenen Mund betrachtete er das Gelände und sein Blick blieb bei der gläsernen Eingangstür hängen. Kaiba legte eine Hand auf seine Schulter und warf ihm einen mahnenden Blick zu.
 

„Hör auf dich wie ein Dorftölpel zu benehmen. Mund zu. Blick nach vorne. Kopf hoch und gerader Gang“, wies er ihn zurecht und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Nach außen hin rang er um Fassung, da er Kaiba nicht blamieren wollte, innerlich war er aufgewühlt von den ganzen neuen Eindrücken. Als sie in das Gebäude traten, bemerkte er sofort die Blicke aller anderen Gäste und des gesamten Personals, die sich ergeben verneigten und den Chef der Kaiba Corporation begrüßten. Kaiba war hier offensichtlich häufiger zu Gast!
 

„Kaiba-sama, wir haben Sie und Ihre Begleitung bereits erwartet. Wir haben den gesamten Westflügel des Restaurants für Sie reserviert, wie Sie es gewünscht haben“, meinte ein älterer Herr, der sich als Chef des Hotels vorstellte und sich demütig vor Kaiba verneigte. Kaiba nickte bestätigend. „Vielen Dank. Ich möchte, dass niemand unser Geschäftsessen stört. Die Dinge, die wir besprechen werden sind von enormer Wichtigkeit und es darf kein einziges Wort nach außen dringen“, erklärte Kaiba und ließ zu, dass der Mann ihnen den Weg zum Fahrstuhl zeigte.
 

„Es war mir nicht möglich, das gesamte Stockwerk für Sie zu reservieren, aber ich hoffe doch, dass Sie dennoch zufrieden sein werden, Kaiba-sama“, sagte er und verneigte sich ein weiteres Mal. Unbeeindruckt stieg Kaiba in den Fahrtstuhl. Schnell huschte Yuugi ihm hinterher.
 

„Du hast den gesamten Westflügel gebucht...?“, fragte er ungläubig.
 

„Selbstverständlich. Spherium ist noch in der Planung. Nicht auszudenken, es gelängen Informationen nach außen.“
 

„V-verstehe...“
 

Sein Herz pochte. Seine Finger zitterten. Kaiba war vollkommen unbeeindruckt. Für ihn war es wohl das normalste auf der Welt in einem Luxusrestaurant essen zu gehen, so wie es für andere Menschen normal war am frühen Morgen Brötchen beim Bäcker kaufen zu gehen. Nichts Besonderes. Alltägliches. Diese Gelassenheit, die Kaiba an den Tag legte, beruhigte Yuugi etwas, trotzdem konnte er nicht anders, als neugierig seine Blicke hin und her schweifen zu lassen. Das Kozue gehörte immerhin zu den nobelsten Restaurants Japans und war mehrmals weltweit mit vier Sternen ausgezeichnet worden. Hier zu sein war eine Ehre. Als sie das Restaurant betraten, bemerkte er die recht traditionelle Einrichtung.
 

Die Tische, der Boden und auch die Theke waren aus Bernsteinholz und die warmen Brauntöne boten einen starken Kontrast zu der hellleuchtenden Stadt, um sie herum. Die raumhohen Fenster und Granitplatten boten einen beeindruckenden Blick auf die in Lichtern erstrahlende Stadt. Der Nachthimmel war dunkelblau und ergab einen malerischen Kontrast zur hellen Stadt im Untergrund. Yuugi schluckte hart, als er bereits vom Eingang den Ausblick auf die Stadt genießen konnte. Unbeschreiblich schön.
 

„Das ist wunderschön, Kaiba-kun. Aber wo sitzen wir?“
 

„Wir nehmen natürlich einen Fensterplatz.“
 

Sie befanden sich auf der 40. Etage und Yuugi glaubte, die gesamte Stadt sehen zu können. Sprachlos folgte er Kaiba und setzte sich ihm gegenüber, welcher direkt die Speisekarte in die Hand nahm. Es dauerte auch nicht lang, bis der erste Kellner ankam, um ihre Bestellung anzunehmen. Dass Kaiba die gesamte Seite reserviert hatte, konnte Yuugi immer noch nicht glauben. Wie oft kam es vor, dass man in einem Restaurant fast allein war? Im Hintergrund spielte traditionelle Musik. Leise, harmonisch. Er glaubte die sanften Klänge der Biwa zu hören, konnte dies aber nicht mit Sicherheit sagen. Diese Vermischung der Moderne mit Tradition machte einen besonderen Reiz aus.
 

Er schüttelte seine Gedanken ab. Konzentrieren. Er durfte Kaiba nicht blamieren. Zögerlich griff er nach der Speisekarte und ihm fiel die Kinnlade in den Keller, als er die horrenden Preise sah. Für einen Normalsterblichen war das Menü hier unerschwinglich. Wie konnte ein bisschen gegrilltes Fleisch mit Soße 10.000 Yen kosten? Kaiba hob seinen Blick kein einziges Mal von der Karte und ratterte ein gesamtes Menü mit Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise herunter.
 

Nicht nur, dass Yuugi sich nicht entscheiden konnte war ein Problem, sondern auch die Tatsache, dass Kaiba den Besuch in diesem Restaurant als Kleinigkeit abtat, machte ihn nervös. Die Speisekarte war sehr kurz, die meisten Gerichte hatten Fisch als Mittelpunkt und Yuugi konnte mit den meisten Gerichten nicht sonderlich viel anfangen. Da wäre ihm ein Hamburger bei Burger World doch um einiges lieber gewesen. Natürlich war er japanische Küche gewohnt, aber er war mehr interessiert an den westlichen Gerichten, wie Hamburger, Pizza oder belegte Baguettes, was vermutlich daran lag, dass er Jahrelang nach der Schule immer zu diversen Fastfood Ketten ging und dort zu Mittag speiste. Eine solch gehobene Küche wie hier war er demnach gar nicht gewohnt.
 

Als er las, dass das Gericht Fuji Krabbeninnereien in Soja Soße beinhaltete, drehte sich ihm der Magen um. Innereien von Fischen und Krabben gehörten doch in den Biomüll und nicht auf den Tisch. Vielleicht war das so eine Eigenart von super reichen Leuten? Er kannte sehr viele Fischgerichte, aber seine Mutter hatte nie die Reste verwendet. Vielleicht schmeckten sie ja auch gar nicht so eklig, wie er es sich in seiner Phantasie ausmalte?
 

„Ich nehme einmal Fuji, zudem kommt noch einmal die Spezialität des Hauses. Den gemischten Tee, mit einem Schuss Karamelsyrup und Milch“, er betonte seine Extrawünsche und legte dann die Karte zur Seite.
 

Yuugi versteckte sein Gesicht hinter der Karte, so konnte Kaiba nicht sehen, dass er sein Gesicht verzog. Kaiba war diese extravaganten und extrem außergewöhnlichen Speisen gewohnt, vermutlich aß er auch Kaviar zum Frühstück, wenn ihm gerade danach war. Er warf wieder einen Blick auf die Karte, las sämtliche Gerichte durch, entschied sich dann für das Gericht Waka, von dem er nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob er das wirklich essen wollte oder den abwartenden Blick des Kellners und Kaibas nur nicht mehr ertragen konnte.
 

„Bist du dir sicher? Du musst dich nicht zurückhalten, Yuugi.“
 

„Schon okay. Passt schon“, erklärte er mit einem erzwungenen Lächeln. Kaiba wusste sofort, dass Yuugi log, sagte aber kein weiteres Wort. Dachte Yuugi ernsthaft, dass er ihn täuschen konnte? Er hatte eines der günstigeren Gerichte genommen.
 

„Möchten Sie das gegrillte Wagyu-Rinderfilet oder doch lieber die spanische Makrele und Bonito Sashimi?“, fragte der Kellner nach, machte sich einige Notizen.
 

„Letzteres“, erklärte Yuugi und fragte sich, ob er diese Entscheidung bereuen würde. Aber Kaiba hatte sich auch für ein Fischgericht entschieden und es war immer gut, sich seinem Gegenüber ein wenig anzupassen, um Sympathie zu wecken. Hatte zumindest seine Mutter mal zu ihm gesagt, als er sich noch bei Bewerbungsgesprächen vorstellen musste. Mit einem Nicken ging der Kellner.
 

„Magst du kein Rinderfilet?“, fragte Kaiba dann und legte den Kopf leicht schief, verschränkte die Arme über seiner Brust. Kaiba liebte Rinderfilet. Wenn es etwas gab, das er gerne aß, dann Rindfleisch, am liebsten von den Kōbe-Rindern. Auch sein Gericht umfasste Wagyu-Rinderfilet und gehörte ebenfalls zu den exklusivsten Rinderarten der Welt. Da fiel ihm ein, dass er schon lange nicht mehr in Aragawa gewesen war. Vielleicht sollte er Yuugi in Zukunft da mal einladen? Die Preise waren zwar um ein Vielfaches teurer, aber er musste seinem Geschäftspartner ja nicht auf die Nase binden, dass 100g Rindfleisch um die 100.000 Yen kosteten. Gespannt sah er Yuugi an.
 

„Wieso?“
 

„Musst du immer Gegenfragen stellen? Ja oder Nein, mehr will ich nicht wissen.“
 

„Doch, ich mag Rindfleisch, aber das Bonito Sashimi klingt so besonders“, versuchte Yuugi sich zu erklären. Yuugi mochte Hamburger, also demnach lag es nahe, dass er auch Rindfleisch mochte. Eine richtige Boulette musste eben aus richtigem Rind sein! Gut gegrillt über dem Feuer mit dem rauchigen Geschmack von Kohle. Aber das konnte er Kaiba ja schlecht ins Gesicht sagen. Wenn er ehrlich war, wäre er doch lieber in ein Fastfoodrestaurant gegangen, aber Kaiba hätte ihn dann sicher nur ausgelacht oder hätte genervt die Augen verdreht. Letzteres tat er ja besonders gern, wenn der Bunthaarige Fragen stellte.
 

„Ach, das ist es. Generell sind die Fischgerichte hier vorzüglich. Auf die Jakobsmuscheln freue ich mich schon am meisten, obwohl ich ja sonst von Rinderfilet nicht genug kriege“, versuchte Kaiba die angespannte Atmosphäre zu lockern und setzte noch ein täuschend echt klingendes Lachen an.
 

Kaibas ausgewähltes Menü umfasste mehrere Gänge, so wie es für ein richtiges Sternerestaurant üblich war. Einmal gekochte Krabbe mit Innereien, grüne Sojabohnen und Feigen in Gelee, dann eine klare Suppe mit Knödeln aus Tofuhaut, süßen Garnelen und Shiitake Pilzen, dazu Bonito Bernsteinmakrele und Tintenfisch Sashimi, sowie gegrillter Pfeilhecht mit Kartoffelknödeln und traditionell japanischer Pfefferwürzsoße, gedünstetes Wagyu-Rinderfilet mit Auberginen und Lauch und dazu gedünsteter Reis mit Jakobsmuscheln. Als Dessert erwartete ihn Vanillemousse mit süßer roter Bohnenpaste mit eine Soßenüberzug aus schwarzer Sesamsoße und Pflaumen.
 

Yuugi hatte sich mehr oder weniger freiwillig für ein günstigeres Menü entschieden, welches aus gegrillter spanischer Makrele und Bonito Sashimi, gedünstetem Schweinefleisch mit Kürbis und Kidney Bohnen, als auch gedünstetem Reis mit Kirschblütengarnelen, eingelegtem Gemüse und einer Misosuppe mit braunem Seetang, Tofu und Lauch bestand. Seine Nachspeise umfasste eine weiße bayerische Seasamcreme und eine Tasse gemischter Kozue Tee.
 

Yuugi empfand die Zusammensetzung ziemlich durcheinander und als ihm so richtig bewusst wurde, wie viele Gänge ein Menü hatte, zweifelte er einen Moment daran, ob er so viel essen konnte, bis der Kellner mit dem ersten Gang oder eher gesagt den Suppen kam. Wie es sich gehörte bedankte er sich beim Kellner, welcher mit einer kleinen Verbeugung und einem freundlichen Lächeln vonstatten zog, nur um mit wenig Begeisterung zu merken, dass seine Schale mit Suppe ungefähr die Größe einer Espressotasse hatte. Sonderlich groß waren die Portionen nicht.
 

Kaiba aß ohne zu murren, beäugte Yuugi aber skeptisch, als dieser mit dem Löffel den Seetang und den Lauch in seiner Suppe zur Seite schob.
 

„Yuugi, ich hoffe, du hast nicht vor Reste auf deinem Teller zu lassen. Das gehört sich nicht“, erklärte Kaiba ohne mit der Wimper zu zucken oder gar seinen Löffel abzulegen.
 

„N-natürlich nicht!“, rechtfertigte sich Yuugi und zwang sich dazu auch das Gemüse brav zu essen. Zum Glück waren keine Bambuszwiebeln drin, die konnte er ja überhaupt nicht ausstehen!
 

„Das ist lediglich die Vorspeise, das eigentliche Menü kommt, wenn wir beide aufgegessen haben.“
 

Kaiba gab ihm diese Erklärung, weil er glaubte, dass Yuugi sich wie ein wählerisches Kind benahm und aus irgendeinem Grund verschlechterte das Yuugis Laune ungemein, da er sich darum bemühte, von Kaiba als ebenbürtigen Partner angesehen zu werden. Von diesen Gefühlen ließ er sich aber möglichst nichts anmerken und aß seine Schüssel komplett auf. Vielleicht hätte er die Beschreibungen genauer lesen sollen und sich nicht so sehr von dem Kellner und Kaiba stressen lassen sollen. Jetzt war aber keine Zeit mehr für Reue.
 

Nachdem sie die Hauptgänge abgeschlossen hatten, brachte der Kellner ihnen ihre Nachspeisen. Yuugi konnte mit der bayerischen Sesamcreme nichts anfangen. Sesam und Zucker? Passte das überhaupt zusammen? Unsicher griff er nach dem Löffel und tauchte diesen in die beigefarbene Creme ein und warf einen weiteren skeptischen Blick auf die puddingähnliche Konsistenz auf seinem Löffel, die mit braunen Zuckersirup bedeckt war. Kaibas Blick ruhte wieder auf ihn und um sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, nahm er den Löffel direkt in den Mund und schluckte ohne lange darüber nachzudenken herunter.
 

„Schmeckt ja gar nicht so scheußlich wie ich dachte“, kam es dann erstaunt von Yuugi. Für einen Moment hob Kaiba die Augenbrauen, dann lachte er amüsiert.
 

„Scheußlich? Yuugi, du solltest häufiger mal nach Deutschland. Da gibt es so einige ausgefallene Süßspeisen, die dir gefallen würden.“
 

„Warst du denn schon mal in Deutschland?“, fragte Yuugi neugierig und genehmigte sich einen weiteren Bissen.
 

„Ich war fast überall. Deutschland, England, Frankreich und auch Spanien waren großartig. Und Italien ist herrlich, sowohl die mediterranen Gerichte als auch die Landschaft sind einmalig. Im Gegensatz zu Japan sprechen die meisten sogar Englisch, also auch als Tourist mit minimalen Sprachkenntnissen kommt man sehr gut zurecht“, schwärmte Kaiba. Yuugi lächelte zufrieden, da er seinen Geschäftspartner noch nie so fröhlich plaudern gesehen hatte – obwohl er nicht wirklich sagen konnte, ob Kaiba nun von diesen Ländern schwärmte oder einfach nur vor Yuugi angeben wollte.
 

„Ich wollte auch nach Deutschland. Dort gibt es die größte Spielemesse der Welt. Ich hatte eigentlich vor dort Spherium vorzustellen, doch dann gab es Probleme mit der Passbeantragung und ich konnte mich nicht mehr rechtzeitig anmelden“, erzählte Yuugi und neigte den Kopf. Gerne wäre er dort gewesen. Vermutlich hätte Spherium sogar gewonnen und er hätte seine Karriere als Spieleentwickler direkt beginnen können, ohne so viel Zeit zu verplempern und noch ein Studium dranhängen zu müssen. Seine Mutter und sein Großvater hatten ihn zwar beruhigt, hatten mehrmals betont, wie wichtig ein richtiger Abschluss war und dass ein abgeschlossener Studiumgang einem viele Türen öffnete, trotzdem bereute er bis heute diese einmalige Chance.
 

„Moment... du redest vom Spiel des Jahres? Der findet doch jährlich statt! Wieso hast du dich dann nicht für das folgende Jahr beworben?“ Kaiba hob skeptisch eine Augenbraue in die Höhe, ungeduldig betrachtete er seinen Gegenüber, der mal wieder den Blick in Richtung Boden gesenkt hatte, als würde er sich verstecken wollen. Wieso nur konnte Yuugi nicht selbst akzeptieren, wie großartig und einzigartig er war? Es gab nur wenige Menschen, die Kaiba seiner würdig ansah und sie auf dieselbe Stufe wie sich selbst stellen würde und das, was er in Yuugi sah, war endloses Potential, versteckt hinter einer Fassade aus unnötiger Angst, Unsicherheit und Selbstunzufriedenheit.
 

„Ich hatte da bereits mein Studium angefangen und irgendwie lief nichts mehr so wirklich nach Plan“, lachte Yuugi entschuldigend. Kaiba hörte heraus, dass er log. Er konnte Yuugi genauso gut durchschauen wie dieser ihn. Selbst wenn er es gewollt hätte, hätte er nichts vor ihm verheimlichen können und so konnte auch Yuugi keine Geheimnisse vor ihm haben.
 

„Definiere diesen Plan, Yuugi“, orderte er ihn an. Dieses Mal weitaus herrischer.
 

„Kaiba-kun, du hast doch auch Dinge, über die du nicht reden willst... oder? Auch ich habe Dinge, die ich lieber für mich behalten möchte.“
 

„Ja, aber im Gegensatz zu dir verstecke ich mich nicht. Merkst du es denn selbst nicht? Auch jetzt weichst du meinen Blicken aus. Aus Angst, dass ich falsch von dir denken könnte? Ich sage es gerne nochmal: es gibt keinen Grund für dich so unsicher zu sein. Wenn es nötig ist, sage ich diese Worte so oft, bis du sie endlich selbst glauben kannst.“
 

„Ich glaube dir ja auch. Aber damals war ich anders. Ich musste Atems Fortgehen erst mal richtig verarbeiten. Ich habe mich selbst mit Spherium abgelenkt und als es nicht geklappt hat, kamen all die negativen Gedanken wieder hoch und ich habe mich gefragt, was er an meiner Stelle gemacht hätte, anstatt für mich selbst zu entscheiden. Wir waren so viele Jahre zusammen... ihn um Rat zu fragen, seine Meinung zu hören, war so selbstverständlich für mich geworden, dass es umso schwerer für mich wurde, ohne ihn weiter zu machen.“
 

„Yuugi...“, seufzte Kaiba und leerte seine Schüssel, schob diese dann von sich weg. Er stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab, legte die Hände zusammen und legte auf diese sein Kinn ab, betrachtete Yuugi intensiv. Yuugi hatte genau dasselbe gemacht wie er. Sich in Arbeit vergraben. Bloß von dem Gedanken ablenken, etwas verloren zu haben, doch im Gegensatz zu ihm, hatte er sich mit diesem Verlust beschäftigt und dadurch Stärke gewonnen.
 

„Das kann ich sogar verstehen...“, meinte er dann und wandte den Blick nicht von seinem Gegenüber ab.
 

Yuugi legte seine Hände in den Schoss und blickte wieder auf die Tischplatte, nicht, dass diese sonderlich interessant gewesen wäre – das Bernsteinholz war edel, aber nun wirklich nicht so interessant, dass er sich länger als nötig damit hätte befassen wollen – jedoch fiel es ihm schwer, Kaibas Blick zu erwidern. Seine klaren, blauen Augen waren so tiefgründig, dass er stets befürchtete, nie wieder wegsehen zu können.
 

„Aber jetzt bin ich erwachsen und darf nicht mehr vor meinen eigenen Entscheidungen davonlaufen. Ich möchte, dass Spherium ein Erfolg wird. Und mit dir schaffe ich das auch. Ganz bestimmt“, meinte er dann, hob endlich den Blick und fasste den Mut, Kaibas unnachgiebigen Blick zu erwidern.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Speisen, die Kaiba und Yuugi hier essen, habe ich der Speisekarte des Restaurants entnommen. Ich habe die Gerichte vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

Yuugis Anzug findet ihr HIER.

Meine Meinung zu Yuugis Charakterentwicklung

Endlich erfahren wir, warum Yuugi sein Spiel nicht direkt beim Wettbewerb eingereicht hat und er schafft es, offen über seine Gefühle für Atem zu sprechen. Im Wiki steht, dass Yuugi sein Spiel Spherium vier Jahre nachdem er die Schule beendet hat, bei diesem Wettbewerb eingereicht hat. Also war er 22, wenn wir davon ausgehen, dass er bei seinem Abschluss 18 war.

Yuugi hat in dieser FF die Schule beendet, da war er 18, hat dann angefangen zu studieren. Eigentlich wollte er Spherium direkt beim Spiel des Jahres anmelden, aber es gab Probleme und er hat diesen Plan dann verschoben und sich auf sein Studium konzentriert. In seiner Studienzeit hat er auch viel gelernt, das er für sein eigenes Projekt anwenden konnte und Spherium immer weiter ausgebaut. Den Wunsch Spherium zu erstellen, hat er nicht aufgegeben und seine Dozenten um Rat gefragt bzw. wollte ihre Meinung dazu wissen. Die Kritik wurde ja bereits abgehandelt.

Sein Studium ging vier Jahre, er war mit 22 fertig, hat dann aber keinen Job gefunden und musste mit harter Kritik kämpfen, sowohl von seinen Dozenten als auch von seinem Vater. Yuusuke sieht Yuugi als Versager an, weil er nun schon so lange zu Hause „gammelt“, Yuugis Herzensprojekt interessiert ihn also nicht und er will, dass sein Sohn sein Leben in den Griff kriegt und endlich „den Arsch hoch kriegt“. Aus diesem Grund möchte Yuugi ihn auch nicht um Geld bitten. Seit Yuugi zu Hause ist, hilft er im Laden seines Großvaters. Yuugi ist jetzt 24, die Fanfiktion spielt im Zeitraum von Mai bis Juni, was nie wirklich klar wurde. Yuugi geht auf seinen 25 Geburtstag zu und hatte eigentlich genügend Zeit, Spherium fertigzustellen. Doch es gibt Dinge, über die er nicht sprechen will... ein Tief, eine depressive Phase, auf die ich auch nicht weiter eingehen möchte. All diese Informationen kann ich nicht in die Fanfiktion verpacken, weil sie zu weit vom Handlungsbogen abweichen würden und eigentlich nicht so wichtig sind, um die Geschichte zu verstehen. Vieles deute ich zwischen den Zeilen an und das reicht auch vollkommen aus, um den Lesern Interpretationsraum zu geben. Ich möchte die FF nicht ins Unendliche hinauszögern, daher hier das Nachwort, wie ich mir seine Entwicklung vorstelle. Ich möchte diese Geschichte keinenfalls strecken und mehrere hundert Kapitel schreiben, da man das ganze Grundkonzept der Entwicklung und Veränderung immer weiter ausbauen könnte.

Die Komplexe, die Yuugi hatte, verschwinden nicht einfach und er muss selbst lernen, mit seinen Gefühlen und negativen Gedanken umzugehen. Yuugi ist stark geworden. Doch seine Stärke ist die Macht der Freundschaft. Seine Freunde und der Rückhalt dieser machen ihn stark. Er ist ein introvertierter Nerd, der von extrovertierten Freunden aufgenommen wurde und ich glaube, dass Yuugi schnell unsicher wird, sofern er sich selbst überlassen wird. Und das ist hier geschehen. Seine Freunde gehen alle arbeiten, Anzu ist sogar auf einem anderen Kontinent und die meiste Zeit war er sich selbst überlassen und hatte viel Zeit, sich selbst kleinzureden und seine Zweifel im Untergrund seiner Seele aufkeimen zu lassen.

Wie man auch in diesem Screenshot sieht, denkt Yuugi viel über Atem nach und er ist bei Weitem noch nicht erwachsen genug, um mit solchen Verlusten einfach klar zu kommen. Er ist ein unsicherer Mensch, der sich viel zu oft über Kleinigkeiten den Kopf zerbricht und schnell nostalgisch wird, weshalb Yuugi in dieser FF auch nicht direkt zum zweiten Atem mutiert - denn genau diese Darstellung seines Charakters geht mir persönlich gegen den Strich. Auch diese ganzen Fanarts, wo Yuugi exakt genauso aussieht wie Atem oder die Darstellung in Fanfiktions, wo er plötzlich zum super coolen Player wird und jede Frau rumkriegt - alles absolut nicht meins. Ich sehe seine Entwicklung anders, kritischer, vielleicht auch ein Stück weit realistischer, weil ich mich selbst mit diesem Charakter sehr stark identifiziere und mich mit der Thematik Schüchternheit/Komplexe und den psychologischen Ursachen mehr auseinandergesetzt habe und mir daher diesen Sprung vom schüchternen jungen Mann zum coolen Helden nicht so einfach vorstelle, wie es viel zu oft dargestellt wurde.

Yuugis Komplexe sind durch seine familiären Umstände so stark geworden und begleiten ihn seit seiner Kindheit, was ich hier auch thematisiert habe. Es ist nicht canon und nur etwas, das ich mir vorstellen kann, aber für mich ergibt das Ganze Sinn und erklärt Yuugis Persönlichkeit. Ein Komplex wächst über Jahre hinweg und die Ursache muss bekämpft werden – was hier nie geschehen ist. Yuusuke unterstützt Yuugi nicht. Er hat andere Vorstellungen für seinen Sohn. Natürlich belastet das Yuugi, auch wenn er das nicht offen ausspricht oder viel mehr ignoriert, aber das ändert nichts daran, dass dieser Unmut in seinem Herzen ist und Zweifel mit sich bringt.

Man legt Schüchternheit nicht einfach ab, man lernt mit ihr umzugehen und sich auf andere Menschen einzulassen. Eine Persönlichkeit ist in den Genen festgelegt und lässt sich nur durch harte Arbeit (Yuugis Streben stärker zu werden), positive Erfahrungen (Unterstützung von Freunden und Familie, Erfolge bei Turnieren und Anerkennung seines Rivalen) und äußeren Einflüssen (Yuugis Freunde) verändern. Das geschieht nicht über Nacht. Auch am Ende des Mangas ist Yuugi immer noch unsicher und macht sich selbst runter, deshalb sehe ich ihn noch nicht am Ende seiner Entwicklung. Es ist Atem, der ihm auf die Beine zurückhilft und ihm sagt, er würde an seiner Stelle nicht weinen. Es ist Atems Entschlossenheit und sein Mut, die Yuugi Stärke gegeben haben, auch in diesem Moment.

Yuugi ist aus der Schule raus. Jetzt beginnt sein Arbeitsleben und somit der längste und wichtigste Teil seines Lebens. Ich hoffe, dass ich in dieser FF einigermaßen vermitteln konnte, dass Yuugi immer noch Unsicherheiten hat und dass er nicht einfach zu einem anderen Menschen wird und dass er noch lange nicht am Ende seiner Reise und seiner geistigen Entwicklung ist. Veränderungen in der Psyche und in der Art des Denkens sind ein langjähriger Prozess, der durch äußere Einflüsse und Erlebnisse unterstützt wird.

So sehe ich das. Also ich stimme mit dem neuen, coolen Yuugi, der genauso wie Atem aussieht, sich exakt genauso gestikuliert und eigentlich seine Kopie darstellt, absolut nicht zu und stelle hier meine Vorstellung seiner Charakterentwicklung vor. Das ist mein Headcanon. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück