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Weihnachten auf Gleis 2

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Weihnachten auf Gleis 2

Du hast mich warten lassen“, schnurrte Blaise und schenkte ihm einen langen Blick aus seinen dunkelbraunen Augen, „Ich musste ohne dich anfangen.“

Cormac leckte sich über die Lippen. „Ich kann noch aufholen“, versicherte er, die Stimme selbst in seinen Ohren ungewöhnlich rau.

„Ach, kannst du das?“ Blaise richtete sich ein wenig auf, wohl wissend, dass diese Pose Cormac einen guten Blick auf seine nackte Brust gewährte. „Vielleicht hab ich da ja gar kein Interesse dran.“

Nur mit Mühe schaffte es Cormac, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen. „Jetzt komm, es tut mir leid“, bat er, doch die Miene des Slytherins blieb hart.

„So funktioniert das nicht“, erklärte er, „Du hast mich warten lassen, jetzt wirst du warten und mir ein Weilchen zusehen.“

Schlanke Finger fuhren über Blaise’ Brust, malten kleine Kreise auf seine dunkle Haut und Cormac hätte nichts lieber getan, als ihren Weg mit der Zunge zu verfolgen. Aber Blaise hatte „Nein“ gesagt und er wusste, wenn Blaise „nein“ sagte, dann meinte er es auch so.

 

Sein Blick klebte förmlich an Blaise’ Händen, während sie ihren Weg über seine Brust und seinen Bauch suchten. Die Luft im Zimmer wurde langsam heiß und der Platz in seiner Hose eng. Wieso hatte er die überhaupt noch an? Zögerlich tastete er nach seinem Gürtel, öffnete betont langsam die Schnalle und ... rümpfte prompt die Nase.

Ein beißender Gestank breitete sich im Zimmer aus. Cormac kniff die Augen zusammen und atmete notgedrungen durch den Mund. Das war ja widerlich, das war ...

 

Cormac schlug die Augen auf und funkelte den Mann ihm gegenüber finster an. Doch dieser ignorierte ihn und knisterte lieber weiter mit etwas, was wohl ein Knoblauchbrot sein musste. Cormac rutschte in seinem Sitz nach hinten und starrte aus dem Fenster.

So weit war es jetzt also schon mit ihm gekommen. Er hatte Sexfantasien und das in einem Muggelzug.

Einen Augenblick lang blickte er einfach nur in die Dunkelheit hinein, dann ließ er seine Gedanken wieder schweifen. Nicht zurück zu Blaise’ Schlafzimmer, denn das hatte ihm der Gestank gründlich verdorben, aber zurück zu dem Slytherin und der dringlichen Frage, ob er ihm wohl wirklich böse war.

Vermutlich lautete die Antwort „Ja“. Andere Leute verspäteten sich mal um eine Stunde, oder zwei. Er ließ seinen Freund jetzt schon seit Zwölfen warten.

 

Dabei hatte alles so gut angefangen:

Er war überpünktlich gewesen, als er in London in das Portschlüsselbüro marschiert war. Er hatte eine Reservierung gehabt und den festen Vorsatz, dass er dieses Mal ganz sicher keinen Käfig mit Kobolden, Glitzerfeen oder Knieseln festhalten würde, während sie reisten. Doch dazu war es gar nicht gekommen, denn noch, bevor er im Portbereich angekommen war, hatte sich eine ziemlich gestresst aussehende Lisa Turpin in seinen Weg gestellt.

„Hallo Cormac“, hatte sie gesagt und eigentlich hätte ihm das wohl Warnung genug sein müssen, denn normalerweise nannte Turpin ihn nie beim Vornamen. Die ganzen acht Monate, die er jetzt schon in ihr Büro kam, war er immer nur McLaggen gewesen.

 

Aber hinterher war man immer klüger.

 

Cormac seufzte, während er an die Erklärung dachte, die die Hexe in gelangweiltem Tonfall herunter geleiert hatte.

Eine Explosion im Muggelbahnhof von Madrid hatte dafür gesorgt, dass die ebenfalls in diesem Gebäude befindliche, spanische Portschlüsselbehörde, vorübergehend evakuiert werden musste und alle Hexen und Magier, die normalerweise mit dem Gruppenportschlüssel dorthin gereist wären, mussten nun umgeleitet werden. Das zusammen mit dem Feiertagsverkehr hatte zu Wartezeiten von bis zu vier Stunden geführt.

 

Vier Stunden!

 

Diese Zeitspanne war ihm eindeutig zu lang gewesen und als er es gewagt hatte, sanften Protest zu erheben ... Da war es passiert. Turpin hatte ihn missmutig angeguckt und die fünf Worte gesagt, die für all sein Leid verantwortlich waren:

 

„Dann nimm doch den Zug!“

 

Hätte er geahnt, wie lange ein Muggelzug bis nach Mailand brauchte, er hätte ihr vermutlich einen Vogel gezeigt. So aber hatte er lediglich auf dem Absatz kehrt gemacht, ihr ein wütendes „Sehr gerne“, entgegen gefaucht und war nach King’s Cross appariert, um sich die nötige Fahrkarte zu kaufen.

 

Und hier war er nun, zwölf Stunden später, nach Schweiß und Knoblauch stinkend und hoffentlich bald an seinem Ziel. Die Sonne war schon vor einer ganzen Weile untergegangen und er konnte kaum noch etwas von der Landschaft erkennen, durch die er gerade fuhr. Italienisch verstand er auch nicht und die Durchsagen des Bahnpersonals waren nicht mehr als kryptische Rätsel für ihn. Ob er jemals in Mailand ankommen würde? - Ganz sicher war er nicht.

 

Er konnte nur hoffen, dass die Dame von King’s Cross keinen Fehler beim Notieren der Verbindung gemacht hatte, und dass er wirklich mit dem Eurostar nach Paris und von dort über Straßburg und Basel bis nach Mailand fahren konnte. Unwillkürlich wanderte Cormacs Hand zu seinem Koffer, indem er das Ticket und den Zettel mit der Verbindung verstaut hatte. Vielleicht hätte er doch über seinen Schatten springen und ins Portschlüsselbüro zurückkehren sollen. Aber nach der Sache mit Turpin, hätte er lieber einen Hippogreif geküsst, als dort noch einmal zu erscheinen.

 

Er hatte auch seinen Stolz. Blaise würde das verstehen ... Hoffentlich.

 

 
 

🚄🚄🚄

 

 

Der Bahnhof von Mailand war ein riesiges Gebilde aus schwarzen Stahlträgern, gelbem Glas und grauem Stein. Unter anderen Umständen hätte Cormac es sicher schön gefunden, aber jetzt war er nur froh aus dem Zug heraus zu sein. Es war, als wäre eine tonnenschwere Last von ihm abgefallen, als in der Durchsage endlich das Wort „Milano“ erklungen war. Milano - Mailand. Eine von wenigen Vokabeln, die er kannte.

 

Noch nie war er so schnell auf den Beinen gewesen, und als der Zug endlich seine Türen geöffnet hatte, war er der Allererste gewesen, der herausgesprungen war.

 

Schnellen Schrittes marschierte er den Bahnsteig entlang. Es tat gut, sich endlich wieder frei bewegen zu können. Cormac drückte seinen Rücken durch, während er sich in die Massen der Muggel einreihte, die in Richtung Ausgang strömten. Niemand machte sich die Mühe, für ihn oder seinen Koffer einen Schritt zur Seite zu treten, und so wunderte es ihn noch nicht einmal, als bereits nach wenigen Schritten etwas gegen seinen Rücken stieß.

Cormac beschloss es zu ignorieren, doch es verschwand nicht. Im Gegenteil, die Berührung - war das eine Hand? - dauerte an. Vorwitzige Finger strichen immer weiter nach unten und näherten sich mit erschreckender Zielstrebigkeit seinem - Cormac fuhr auf dem Absatz herum.

„He!“, blaffte er, doch weiter kam er nicht.

 

Eine Hand legte sich auf seine Schulter, ein Körper drängte ihn gegen die nächste Wand, dann sah er Blaise lächeln und Cormac entspannte sich.

„Du weißt, dass es gefährlich werden kann, sich an einen Hit Wizard heranzuschleichen?“, schnurrte er.

Blaise sah ihn höchst unschuldig an. „Dann darfst du mich nicht so lange warten lassen“, entgegnete er, „Das ist ohnehin nicht klug, weil eigentlich darf ich hier ohne Fahrschein gar nicht rein.“

Cormac grinste. „Sag nicht, du hast dich an den Muggeln vorbeigeschlichen?“, fragte er amüsiert.

Blaise schüttelte den Kopf. „Ich schleiche nicht. Das ist unter meiner Würde. Ich bin einfach an ihnen vorbeiappariert.“

Ein heiseres Lachen glitt über Cormacs Lippen und plötzlich wusste er wieder, warum er zwölf Stunden lang im Zug ausgeharrt hatte. Vorsichtig beugte er sich Blaise entgegen. Er hatte ihn vermisst. Seine Stimme, seine Hände, seinen Mund und seinen -

Überraschend machte Blaise einen Schritt zurück. „Entschuldige Cormac, aber unsere Begrüßung wird noch etwas warten müssen. Du stinkst.“

Cormac seufzte ergeben „Ich hatte eigentlich gehofft, in Italien gäbe es so was wie die Tradition der gemeinsamen Begrüßungsdusche.“

„Wenn dann höchstens die vom gemeinsamen Begrüßungsbad.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo,
wenn ihr die Vorgeschichte dieses OS gelesen habt, kennt ihr die Links vermutlich schon. Wenn nicht, seien euch an dieser Stelle die folgenden Verbände und Organisationen ans Herz gelegt.

- Der LSVD ist die wohl namhafteste NGO für nicht-heterosexuelle Menschen in Deutschland. Auf seiner Homepage bietet der LSVD aktuell viele hilfreiche Links zu Unterstützungsmöglichkeiten. (Auch Bezüglich Nothilfe für die Ukraine)

- Die Schwulenberatung Berlin ist eine der wichtigsten NGOs für die Hilfe und Selbsthilfe von LGBT in Berlin. Ihr Unterstützungsprogramm „Queer Refugees“ bietet Hilfe für queere Geflüchtete, die in Berlin ankommen.

- Die EPOA ist ein Zusammenschluss von CSD-Organisator:innen aus Europa, die auch den Euro Pride ausrichten.

Sie alle freuen sich, wenn ihr mal auf ihren Websites vorbeischaut. Und natürlich auch über Unterstützung und/oder Spenden. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Arcturus
2018-12-16T10:12:33+00:00 16.12.2018 11:12
„Entschuldige Cormac, aber unsere Begrüßung wird noch etwas warten müssen. Du stinkst.“
 
Ist er nicht ein Charmeur? x'D
Aber yay für Blaise und Cormac. Die beiden lesen sich gut. Und ziemlich kinky.
Antwort von:  _Delacroix_
16.12.2018 12:24
Ich sag doch, die Beiden funktionieren. Sie sind schräge Vögel und die Beziehung ist auch ein bisschen eigen, aber sonst verstehen sie sich hervorragend.^^


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