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Bauchgefühl

Ein Ass im Bett
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Vorletztes Kapitel!
Ich sehe dem Ende mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Komplett anzeigen

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2009-10-13

Yuriy lief die Treppen zum zweiten Stock hinauf, dicht gefolgt von Lycas tapsigen Schritten. Vor der Wohnungstür von ihrem Partner wartete sie geduldig darauf, dass Yuriy die Schlüssel aus seiner Jackentasche hervorholte und aufschloss. Sie traten in die Wohnung ein. Yuriy voran, Lyca gleich an seinen Beinen vorbei. Ihr Weg führte sie als erstes zum Sofa, während Yuriy die Küche aufsuchte und den Wassernapf frisch auffüllte. Erst dann folgte er der Hündin, die neben dem Sofa saß, auf dem Boris lag.

Sein Gesicht war zur Lehne gedreht, ein Arm irgendwie um seinen Kopf geschlungen, der andere zu Lyca ausgestreckt, um eins ihrer Ohren liebevoll zu kneten. Als er damit fertig war, verschwand sie zur Küche, um nach dem langen Spaziergang anständig zu hydrieren.

Yuriy war positiv überrascht, dass Boris es vom Bett bis zum Sofa geschafft hatte, auch wenn er dort weiter herumlag und auf den ersten Blick nichts Sinnvolles zustande brachte. »Willst du nicht mal duschen gehen?«, schlug er vor, um Boris überhaupt zu irgendetwas zu bewegen.

Er war seit Anfang der Woche krankgeschrieben und morgen würde er zum Arzt müssen, um seinem Chef ein Attest vorzuweisen. Problem bei der Sache war, das Boris überhaupt nicht krank war. Zumindest nach Yuriys Einschätzung und selbst wenn er kein Arzt war, vermutete er, dass der ihm recht geben würde.

Boris brummte ihm nur unverständlich entgegen, was er von dem Vorschlag hielt und schob sich noch ein Stück weiter an die Rückenlehne des Sofas heran, dass Yuriy glaubte, er wolle mit dieser verschmelzen.

Mit einem gedehnten Atemzug ließ er die Schultern sinken. »Gut, dann komme ich später wieder und mache mit Lyca die Abendrunde«, informierte er und wartete auf eine Reaktion.

Es dauerte, bis eine Regung durch Boris ging und er sich aus seiner Sofaritze heraus drehte, um Yuriy über die Schulter hinweg anzusehen. Sein Arm verbarg immer noch Teile seines Gesichts, trotzdem erkannte Yuriy tiefe Augenringe und gerötete Augen. Obwohl er schwer aus dem Bett kam, schlief er nicht erholt.

»Du siehst scheiße aus«, stellte Yuriy fest.

Boris‘ Mundwinkel zuckten müde. Mehr holte es nicht aus ihm raus.

In der ganzen Zeit, die sie sich schon kannten, war es nicht das erste Mal, dass Yuriy miterlebte, wie Boris eine Trennung verarbeitete. Unausgeglichen wie er nun einmal war, bedeutete das stets große Gefühlsausbrüche, die sich nicht selten mit Wut vermengten. Aber diesmal fürchtete Yuriy, dass es anders war. Das letzte Mal hatte er Boris auf eine ähnliche Weise apathisch erlebt, als sie noch in der Abtei waren. Damals war der Grund jahrelange Manipulation und Drogen – kein gebrochenes Herz.

Yuriy konnte auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen, die ihm in dieser Situation halfen, mit seinem Freund umzugehen.

Mit einem Schnauben machte er seinem Unmut Luft. »Hast du schon gegessen?«

Boris wich seinem Blick aus. Also nein.

»Du musst essen«, meinte er.

»Keinen Hunger«, murmelte Boris gegen seinen Arm, dass Yuriy es fast nicht verstanden hatte.

Lyca kehrte aus der Küche zurück, lief an Yuriy vorbei ans Sofa heran und sah ihren Partner abwartend an. Mit einem Klopfen auf die Polster gab Boris ihr die Erlaubnis und sie sprang aufs Sofa. Es war Yuriy ein Rätsel, wie dieser nicht gerade kleine Akita-Inu-Husky-Mix mit Boris zusammen auf die Sitzfläche passen wollte, aber sie schaffte es, sich zwischen ihn und die Rückenlehne zu quetschen und halb auf seiner Brust zu liegen.

Boris legte eine Hand auf ihren Kopf und kraulte ihre Ohren. Diesmal bekam er sogar ein Lächeln zustande.

Dünne Fältchen bildeten sich zwischen Yuriys Augenbrauen, bevor er sich schlussendlich dagegen entschied zu gehen und sich neben Boris auf das Sofa fallen ließ. Er hatte für den Tag ohnehin keine Pläne.

Lyca spitze die Ohren und Boris warf ihm einen irritierten Blick zu. »Was ist denn jetzt?«

Darauf konnte Yuriy ihm keine Antwort geben, da sein Plan bisher nicht weiter reichte, weshalb er mit den Schultern zuckte. »Wir bestellen, sobald du Hunger hast«, entschied er spontan.

Boris starrte ihn an, ohne etwas zu sagen, bis er von Lyca abgelenkt wurde, die mit ihrer Pfote auf seine Brust klopfte. Sie reckte ihm die Schnauze entgegen und er nahm sie in beide Hände, knetete ihr dickes Fell und kraulte ihren Hals, sodass ihr Schwanz beständig gegen das Sofa klopfte. »Mein Mädchen«, murmelte er. Ohne davon abzulassen sie zu kraulen, legte er den Kopf in den Nacken und schaute Yuriy an.

Dass Boris nichts sagte und bloß schaute, ließ ihn die Stirn runzeln. »Du benimmst dich sonderbar.«

»Du auch.«

Dem konnte er nicht widersprechen. Für ihn fühlte sich das alles an, als liefe er über dünnes Eis – aber er würde nicht einbrechen. Er legte die Hand an Boris‘ Schulter und zwang ihn mit Nachdruck dazu, ein Stück Platz zu machen, sodass sich Yuriy bis zur Rückenlehne heranschieben konnte und Boris den Kopf an ihn lehnen musste.

Langsam kam das Mienenspiel seines Freundes zurück und mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er ihn von unten. »Was wird denn das?«

»Es ist bequemer und du bekommst keinen steifen Nacken«, erklärte Yuriy sachlich.

»Hast du Lack gesoffen?«

Yuriy spürte in sich das Bedürfnis aufkommen, Boris mit einem Kissen zu ersticken, rang dieses aber mit viel Selbstbeherrschung nieder und atmete tief durch. Es wäre besser gewesen, wäre er einfach gegangen und zur Abendrunde mit Lyca wiedergekommen. »Nein.«

Ohne weiter darauf einzugehen, angelte Boris nach der Fernbedienung, zappte unmotiviert durch die Kanäle, bevor er irgendetwas, das sie beide nicht interessierte, laufen ließ. Die Beschallung half über die Grabesstille hinweg, die wieder zwischen ihnen einkehrte. Zwischenzeitlich forderte Lyca etwas Aufmerksamkeit für sich ein, doch sonst blieb es ein ruhiger Nachmittag.

Ein Gemisch aus Langeweile und Ratlosigkeit verleitete Yuriy dazu, mit seinen Fingern durch Boris‘ kurzes struppiges Haar zu streichen, während sein Blick glasig auf den Fernseher gerichtet war. Er blinzelte, als Boris ihn in seinem Tun unterbrach und ihre Finger ineinander verschränkte.

Boris sah ihn nicht an, sondern weiter zum Fernseher. Reglos lagen ihre beiden Hände ineinander verwoben auf seiner Brust. »Dich und Lyca. Mehr brauche ich nicht.«

Seine Worte hinterließen in Yuriys Magen ein nervöses Kribbeln. Sein Blick ruhte auf seinem Freund, auf ihren Händen und er presste die Lippen zusammen, um nicht zu sagen, was er dachte: Das stimmt nicht.

So wichtig sie füreinander waren und so sehr sie einander brauchten, wusste Yuriy zu genau, dass er für Boris nicht das sein konnte, was Tatjana war. Weil Yuriy nicht so war. Weil Boris nicht so war.

Er hob die freie Hand und begann wieder damit, durch sein Haar zu streichen. »Sehen wir mal, was die Zukunft bringt.«


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich stelle mir Boris sehr gerne als jemanden vor, der sich bei Emotionen in extremen bewegt. Apathie ist dabei etwas, dass ungewöhnlich für ihn ist. :') Leider habe ich es nicht geschafft viel von Tatjana zu erzählen, aber eigentlich mag ich sie ganz gerne. Also in meinem Kopf ist sie ganz cool. Ich werde mal schauen, dass ich ihr in Zukunft mal eine Gelegenheit gebe zu strahlen.

Anm.:
1) Yuriy fehlt jegliche Begabung für emotionalen Support bei Liebeskummer - but he try. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  WeißeWölfinLarka
2020-06-22T13:04:20+00:00 22.06.2020 15:04
GANZE 5!!!! FUCKING MONATE sind vergangen! Wenn es immer noch kein klärendes Sprach ge-geben hat… was ist passiert, warum ist nichts passiert?! Ohhhhh!

Ich liebe den Hund. So sehr. Und die Art und Weise, wie Yuriy sich auch um ihn kümmert, ist … Herz in Flammen!

Und, uh-oh, Boris ist krank? Ich bin sehr gespannt, wie das weiter geht, warum, was hat er?
Ich muss zugeben, am Anfang dachte ich ja, es wäre ein mega-Kater, bis du die Krankschreibung erwähnt hast.
aBer omg, es ist eine Trennung. Doch wohl nicht von dem Frauen… äh, „Ton“ aus dem Märzkapitel? Und wenn eine Trennung DAS mit Boris machen kann… ich finde die Beschreibung und die damit verbundene Bedeutung krass und treffend, dass Boris große Gefühlsausbrüche hat (in jeglicher Richtung, denk ich. Er ist für mich auch immer Praktiker, und große Gefühle, wenn auch in meinem Kopf mehr Wut und Aggression, passen gut zu Boris.)
Ich finde es aber sehr schön, dass du zum vorigen Kapitel einen Bogen schlägst, indem es jetzt Yuriy ist, der sich auch um Boris leibliches Wohl sorgt, und es jetzt Boris ist, der noch nicht gegessen hat.

Okay, hier ist eine Szene, bei der ich nicht nachvollziehen kann, wer was spricht, ich mach einfach mal die Anfangsbuchstaben davor, und du sagst, ob es stimmt? Denn Ein Satz ergibt darin nicht viel Sinn für mich, wenn ich dem folge:
>> B: »Du benimmst dich sonderbar.«
Y: »Du auch.«
B: Dem konnte er nicht widersprechen. B: Für ihn fühlte sich das alles an, als liefe er über dünnes Eis – aber er würde nicht einbrechen.<<
Der letzte Satz mit dem Eis passt aber eher vom Inhalt her zu Yuriy? Oder verstehe ich da etwas nicht richtig?

Hach. Ja, den fehlenden Support bzw. nein. Er versucht ja zu helfen, ihm fehlt es an emotional Ran-ge und … ja, Erfahrung? Expertise? Weil er sowas ja nie erfahren hat.
Seinen Gedanken in Kursiv „Das stimmt nicht“ finde ich sehr stark, denn es drückt das sexuelle Ver-langen aus, das Boris hat, was Yuriy ihm nicht geben kann? Will?
Aber sie sind sehr soft miteinander und das finde ich schön. Besonders, da Yuriy ihn krault und Boris Lyca krault – eine Kraulkette! :D Spaß beiseite, es ist sehr sanft und ruhig, auch wenn auch Awk-wardness dabei ist. Diese Unbeholfenheit allerdings passt sehr gut für die Situation. Und ich denke, Boris ist auch dankbar, dass Yuriy da ist, auch wenn seine Worte anderes zur Schau stellen.

Anyway, SIE HABEN IMMER NCOH NICHT (vor dem Angesicht der Leser!!!!!) ÜBER NEUJAHR GERE-DET!!!!
Ich mein, das ist doch merkwürdig? Oder hat Boris das einfach ad acta gelegt?

Ach ja, und >> »Hast du Lack gesoffen?«<< Werde ich jetzt in meine persönliche Liste an Sätzen fügen, für abstruse Situationen und Schnapsideen ! :D

Antwort von: Norrsken
19.12.2020 23:22
Haach, es tut mir so leid, dass ich dich so frustriere. :'DDD

Im deutschen Dub zu Beyblade wurde über Boris gesagt, dass sie ihn dahin konditioniert haben, keine Gefühle mehr zu haben. Das brachte mich zu der Überlegung, dass Boris viel Erfahrung dahingehend fehlt, mit Emotionen umzugehen. Nicht nur auf Wut und Aggression begrenzt. Gerade bei Wut und Aggression denk ich mir sogar eher, dass er das freiwillig zulässt, weil er mit diesen Emotionen am vertrautesten ist. 🤔
Na ja. Ob jede Trennung in seinem Leben ihn in so ein Loch stürzt, bezweifel ich (zumal die Jungs sich in der Vergangenheit ja auch schon über seine Liebschaften amüsiert haben), aber bei dieser einen Dame auf jeden Fall. Hach ja. Ich muss sie wirklich bald mal vorstellen ...

Vielen Dank für den Hinweis bei dem Dialog! Da war tatsächlich ein Absatzfehler drin! :O Den habe ich nach deinem Kommentar gleich korrigiert.

Ich weiß, dass durch meinen Fokus in dieser Story dieser Eindruck entsteht, dass Yuriys Gedanke "das stimmt nicht" auf das sexuelle Verlangen bezogen sind. Aber tatsächlich ist das sogar etwas weitreichender gemeint. :D Da ich weiß, dass du meinen Kommentar in den Steckbriefen gelesen hast, sag ich hier jetzt mal ganz frei, dass damit auch seine Agamy gemeint ist.
Von:  LittleLionHead
2020-05-04T10:50:29+00:00 04.05.2020 12:50
Oh, hier fehlt ja noch was. Sorry!
Das Trennungsthema kommt für mich auch überraschend, aber es ist gut! Diese Unsicherheit, die Yuriy hier zeigt, kommt sehr authentisch rüber - es passt einfach mega zu "deinem" Yuriy. Dass er trotzdem alles gibt zeigt wie eng die Verbindung zwischen ihm und Boris ist.
Antwort von: Norrsken
19.12.2020 23:04
Da ich wenig aus dem Leben von Boris erzähle, ist die Thematik mit der Trennung wohl sehr Kontextlos... aber für das, was ich zeigen wollte - nämlich Yuriys Abstand zu dem Thema - war es eine passende Szene. Es freut mich, dass dir Yuriy dabei sehr authentisch rüberkommt! Und ja, Boris ist im selbstverständlich arg wichtig. ♥
Von:  Mitternachtsblick
2020-05-02T07:54:59+00:00 02.05.2020 09:54
Ich hab das Kapitel gestern schon gelesen, jetzt habe ich es nochmal gelesen und awww. Ich hab ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass eine Trennung thematisiert wird, aber es war eine gute Idee, weil es nochmal eine andere Facette zwischen ihnen zeigt. Es ist schon ein bisschen adorable, wie unbeholfen Yuriy ist, obwohl er dennoch sein Bestes gibt. XD und ich kann mir gut vorstellen, dass Boris in so eine Lethargie verfällt, wenn er alle Wutausbrüche erschöpft hat und die Energie alle ist. Das mit den verschränkten Händen hab ich übrigens sehr lieb gefunden, besonders weil es auf dieses ratlose Haarstreicheln gefolgt ist. Das Ende ist irgendwie - es hinterlässt ein bisschen einen Klumpen in der Kehle, muss ich sagen. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes, weil es ja, denke ich zumindest, so beabsichtigt war, aber ich will schon, dass die beide glücklich sind, in welcher Form auch immer ;_;
Antwort von: Norrsken
19.12.2020 23:02
Dass eine Trennung thematisiert wird, stand für mich recht früh in der Planung fest! :D Das hatte zwei Gründe.
1. wollte ich damit Yuriys Abstand zu dieserlei Dinge zeigen und 2. dachte ich mir, kann ich so noch mal festhalten, dass Boris - anders als Yuriy - durchaus Beziehungen eingeht.
Es freut mich sehr, dass dir die Beschreibungen von Yuriy und Boris in dieser Situation gefallen. Yuriy, der ganz unbeholfen ist, hat mir auch sehr Spaß gemacht. xD
Ich entschuldige mich für den Kloß, aber ja. Tatsächlich war es schon ein wenig so gedacht, weil ... nun ja. Wobei natürlich lass ich die beiden hier nicht als Trauerblops enden. ùAú


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