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Fern der Heimat

von

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Tjelvar

Tjelvar fühlte sich verloren. Verloren in dem heiseren Lachen seines Gastes. In der Art, wie die Schatten über sein Gesicht huschten, wenn er nachdachte und wie er die Augenbrauen zusammenzog, wenn er ihn mit seinen dunklen Augen musterte. Er hatte noch nie so dunkle Augen gesehen. Sie erinnerten ihn an zwei kostbare Stücken Kohle, ganz kurz, bevor sie der erste Funke traf.

„Mein Name ist Tjelvar“, flüsterte er und beobachtete interessiert, wie sich die Miene seines Gegenübers änderte. Er sah Überraschung, Neugierde und schließlich Dankbarkeit in seinen Zügen.

„Yarik“, entgegnete er. Es war ein ungewöhnlicher Name, aber er passte zu einem Mann wie ihm. Einem, der direkt aus einem Märchen entsprungen zu sein schien.

Tjelvar musste sich zusammenreißen, um nicht noch einmal mit den Fingern durch sein sonderbar zweifarbiges Haar zu fahren. Es war viel weicher als es aussah und übte eine seltsame Anziehungskraft auf ihn aus. Es war wie ein Fremdkörper. Wie etwas, was eigentlich nicht so sein sollte. Etwas, was irgendwie falsch war, aber Tjelvar auch nicht repariert bekam.

 

Er musste wohl gestarrt haben, denn plötzlich hob Yarik seine Hand. Einen Moment lang hing sie etwas ziellos zwischen ihnen, dann fuhr er sich damit durch das Haar. „Sieht es wirklich so furchtbar aus?“, fragte er leise.

Tjelvar lächelte dünn. „Man sagte mir, es hätte die Farbe eines Stinktiers“, entgegnete er und beobachtete fasziniert, wie sich die Miene seines Gegenübers noch weiter aufhellte.

„Bald werden sie wieder dunkel sein“, versicherte er, „Es vergeht, wenn niemand da ist, um sie erneut zu formen.“

„Zu formen?“, fragte Tjelvar, „Heißt das, du kannst das nicht selber tun?“

Yarik schüttelte den Kopf. „Ich bin ein Etherealki, kein Bildner. Das ist ein völlig anderer Orden. Wäre ich ein Heiler, oder ein Entherzer; ich könnte es versuchen, aber so ...“

Tjelvar wusste nicht, was ein Etherealki war, aber er verstand, dass es da wohl Unterschiede geben musste. Unterschiede, die verhinderten, dass Yarik sich einfach für eine Haarfarbe entschied und sie entsprechend änderte.

„Fühlt sich die Arbeit von Bildnern immer so komisch an?“, fragte er neugierig weiter und erntete dafür einen skeptischen Blick, seines Gegenübers.

„Wie meinst du das?“, wollte Yarik wissen und Tjelvar begann zu überlegen, wie er es ihm beschreiben sollte.

„Es sieht seltsam aus“, begann er schließlich seine Erklärung, „So als wäre es nicht natürlich und sie sind zwar weich“, an dieser Stelle spürte er, wie ihm die Röte in die Wangen schoss, „aber irgendwie fühlt es sich nicht richtig an.“

Yarik runzelte die Stirn. „Sie fühlen sich nicht richtig an?“, wiederholte er, „Willst du sagen, dass du die Manipulation spüren kannst?“

Tjelvar überlegte. Wollte er das sagen? Er war sich nicht ganz sicher. Aber doch, ja. Wenn er so darüber nachdachte, dann war es wohl das, was ihn schon die ganze Zeit über störte. Zögerlich nickte er. „Ich denke.“

„Faszinierend“, entgegnete Yarik, die Stimme dabei so sanft wie frischer Neuschnee, „Ich habe noch nie von Jemandem gehört, der so etwas fühlen kann. Sehen, ja. Zumindest wenn die Kraft der Änderung langsam nachlässt, aber fühlen ...“

Tjelvar wollte etwas erwidern, wollte erklären, wie es war, wenn seine Finger durch Yariks Haare fuhren. Er dachte an die weichen Strähnen auf seiner Haut, an das sanfte Kitzeln zwischen seinen Fingern und an das komische Kribbeln, das dabei immer wieder die Oberhand in ihm gewann. Doch es war schwer es zu beschreiben, vor allem, wenn er nicht wollte, dass es seltsam klang, und so zog er es vor, erst einmal zu schweigen.

 

Für einen Augenblick herrschte Stille zwischen ihnen, dann spürte Tjelvar, wie sich eine Hand auf seine legte. Sie war angenehm warm. Ein klares Zeichen dafür, dass es seinem Gast bereits bedeutend besser ging. Raue Finger strichen über seine Haut, legten sich vorsichtig um sein Handgelenk und zogen schließlich auffordernd daran.

„Versuch es noch einmal“, bat Yarik und Tjelvar war sich sicher, hätte er ihn gebeten, jetzt mit einem Eisbären zu ringen, er wäre ohne ein weiteres Wort einen suchen gerannt.

Schüchtern hob er seine Hand, streckte die Fingerspitzen ein weiteres Mal nach den seltsamen Strähnen aus und versuchte sich zu konzentrieren. Nicht auf den ruhigen Atem seines Gegenübers, nicht auf seine faszinierend dunklen Augen, sondern auf sein Haar. Auf die leichte Krümmung, die feinen Spitzen und das Gefühl ... Dieses eigenartige Kribbeln, das irgendwo ganz tief in ihm begann und sich langsam aber sicher immer weiter durch seinen Körper zog, bis es schließlich in seinen Fingerspitzen endete.

Es war ein seltsames Gefühl, unbekannt, unerforscht und doch irgendwie ˗



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Arcturus
2019-12-09T18:56:50+00:00 09.12.2019 19:56
Oh bei Ilja Morosov, es ist tatsächlich ein Haarfetisch. Oder ein Tatschfetisch? x'D
Die beiden sind wirklich n bisschen verschroben.
Antwort von:  _Delacroix_
09.12.2019 19:58
Ich hab doch gesagt, die gehen irgendwie nicht voneinander ab


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