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Ein Hauch von Sommer

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!

Schön das ihr vorbeischaut.
Zum allgemeinen Verständnis sei vielleicht noch schnell erklärt, dass die Ragamuffin parade eine New Yorker Tradition ist, die ihr euch vielleicht am besten als Vorläufer/Verwandten von Halloween vorstellen könnt. Auch hier gingen Kinder verkleidet von Haus zu Haus und baten um Süßigkeiten. Tun sie in einigen Stadtteilen von New York übrigens auch heute noch. Komplett anzeigen

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Ein Hauch von Sommer

Der rauchige Duft von Grillfleisch stieg ihm in die Nase, biss sich in ihr fest und sorgte dafür, dass ihm automatisch das Wasser im Mund zusammenlief. Ein schriller Pfiff ertönte, nur ein paar Schritte von ihm entfernt.

„Cockatrice! Cockatrice! Cockatrice!“, sang eine Gruppe junger Männer, die von Kopf bis Fuß in orangerote Roben gekleidet war. „Cockatrice!“, fiel nun auch der Grillmeister mit ein. Es knallte, dann rieselte orange-weißes Konfetti vom Himmel herab. Das Sonnenlicht brach sich auf der glatten Oberfläche der Schnipsel und tauchte die Welt in goldenes Licht.

Reginald seufzte, als er den Zauberstab zog. Der Schutzzauber war nur schwach, aber er erfüllte seinen Zweck. Die glänzenden Konfettiteilchen prallten einfach an ihm ab.

„Das ist so typisch Denver“, raunte er, „Die sind nicht glücklich, bis nicht das ganze Stadion in ihren Farben glänzt.“

Percy pflückte einen verirrten Schnipsel von seinem dunkelblauen Schal und nickte versonnen. Er hatte heute schon mehr von dem Zeug gesehen, als dem Vorplatz des Stadions guttat. Überall standen Zelte und kleine Unterstände herum und nicht wenige von ihnen waren von einer mehr oder minder dicken, orangefarbenen Schicht überzogen, die sie im Sonnenlicht in den Farben des Gegners strahlen ließ. Unachtsamen Magiern konnte es sogar passieren, dass so eine Konfettiwolke direkt über ihrem Grillgut niederging und das ganze schöne Steak mit einer unschönen Goldschicht bestäubte.

„Dabei sollten sie doch eigentlich wissen, dass wir gewinnen werden“, stichelte Reginald.

Percy lächelte dünn. „Ich glaube, da sind die Jungs anderer Meinung als du.“

Sein Bruder zuckte mit den Schultern, eine Geste, die Percy erst seit Kurzem an ihm beobachten konnte. Er vermutete, dass Reginald dadurch lässiger wirken wollte, doch eigentlich wirkte die Bewegung nur ungelenk. Sie war einfach nicht typisch für ihn.

 

„Regi. Kann ich den Schal haben?“, rief die Stimme seines jüngeren Bruders über die singenden Cockatrice-Fans hinweg. Percy brauchte einen Augenblick, dann machte er Edrics vertraute Gestalt zu seiner Rechten aus.

„Du bringst mich noch ins Armenhaus“, entgegnete Reginald, zückte aber treu ergeben seinen Geldbeutel, um den dunkelblauen Schal mit der flatternden Krähe darauf zu erstehen, „Ich wette, es wäre bedeutend billiger gewesen, wären wir mit dir zur Ragamuffin parade gegangen.“

„Die Ragamuffin parade ist für kleine Kinder“, maulte Edric empört, während Reginald ein paar Dragots in den Bauchladen des Händlers zählte.

„Ich bin mir sicher, du hättest herzallerliebst in Vaters Aurorenuniform ausgesehen“, stichelte er dabei weiter.

Edric schob die Unterlippe vor. „Hätte ich nicht“, nuschelte er, ließ aber zu, dass Reginald ihm den frisch gekauften Schal um den Hals legte. „Außerdem hat Vater es mir erlaubt.“

Percy musste dem zustimmen. Ihr Vater war von Anfang an der Meinung gewesen, dass seine Söhne am besten gemeinsam zu dem Quodpot-Spiel gehen sollten. Thanksgiving war in seinen Augen ein Familientag, und wenn sie schon für ein sportliches Großereignis eine Ausnahme machten, dann sollte es doch wenigstens nur eine Kleine sein.

Mit einem Lächeln auf den Lippen sah Percy zu, wie Reginald einen Knoten in den Schal band und Edric dabei sanft in die Seite knuffte. Der Kleine quietschte, obwohl er die Berührung durch die dicke Winterrobe sicher kaum gespürt hatte und ging nun seinerseits zum Angriff über. Mit einem lauten „Crows“ auf den Lippen, stürzte er sich auf seinen älteren Bruder.

Percy kannte diese Attacken gut. Edric mochte klein sein, aber leider hatte er genau die richtige Höhe für einen grausamen Kitzelangriff. Reginald wand sich und bereute gewiss, dass er seinen langen, schwarzen Wollmantel trotz der Kälte offen trug.

„Das machen in Europa jetzt alle so“, hatte er Percy stolz erklärt. Doch Percy war sich da nicht so sicher. Vielleicht taten sie es in den Katalogen und auf den Fotos, die gelegentlich ihren Weg in den New York Ghost fanden, doch der ganz normale Franzose wollte bestimmt genauso wenig aufgrund eines Modetrends erfrieren, wie er es wollte.

Reginald krümmte sich vor Lachen, Edric feixte und Percy griff nun seinerseits nach seinem Zauberstab. Es war immer noch befremdlich, ihn in seinem Ärmel zu finden, wann immer ihm danach war. Vor allem nachdem er ihn so viele Jahre lang, nur auf Ilvermorny hatte haben dürfen. 

Einen Augenblick lang zögerte er, dann beschrieb er mit der Spitze einen ausladenden Bogen. Es knallte und dunkelblaues Konfetti regnete auf seine Brüder herab. „Crows!“, schloss er sich Edrics Schlachtruf an.

Dieser starrte einen Augenblick lang in die Luft, dann begann er zu lachen und versuchte die dunkelblauen Schnipsel zu fangen, die links und rechts von ihm zu Boden gingen.

Regi stöhnte. „Wir werden völlig blau sein, wenn wir wieder nach Hause kommen“, stellte er fest.

Percy erlaubte sich ein Lächeln. „Ich glaube, als Mutter sagte, das sollen wir nicht, meinte sie etwas anderes.“

Sein Bruder schüttelte den Kopf. „Sie wird trotzdem nicht erfreut sein, wenn wir eine Konfettispur durch das ganze Haus ziehen und Eddy aussieht, als wäre er eine Blaubeere.“

Die Blaubeere streckte Regi hinter seinem Rücken dreist die Zunge raus, aber Percy tat pflichtbewusst, als hätte er nichts gesehen.

„Nun, wenn uns eh schon Ärger droht, könnten wir es ja vielleicht riskieren, uns ein kleines Glas Gewürz-Met zu gönnen?“, fragte er unschuldig.

Reginald stemmte die Hände in die Hüften. „Auf keinen Fall“, entgegnete er, „Erstens ist Edric viel zu jung dafür und zweitens weißt du ganz genau, dass du auch noch nicht trinken darfst.“

Percy verzog unglücklich das Gesicht. „Es ist ja nicht so, als hätte Vater mich nicht schon einmal daran nippen lassen“, gab er zu bedenken.

Doch Reginald schüttelte stur den Kopf. „Er hat dich an seinem Elfenwein nippen lassen“, erklärte er. „Das ist etwas völlig anderes, als ein ganzer Becher voller heißem, süßem Gewürz-Met, bei dem man erst merkt, dass man betrunken ist, wenn man längst betrunken ist. Ihr könnt gerne eine heiße Schokolade bekommen, aber den Alkohol kaufe ich dir nicht.“

„Ich kann ihn selbst bezahlen“, versuchte Percy es noch einmal, „Ich habe Geld dabei.“

Reginald seufzte schwer. „Nein Percy“, wiederholte er. „Erstens werden sie ihn dir eh nicht geben und zweitens: Siehst du diese Frauen da?“

Percy blickte zu der Plane hinüber, unter der ein örtlicher Pubbesitzer seine provisorische Bar zusammengehext hatte. Die Schlange war verlockend kurz. Nur ein paar finster dreinblickende Hexen warfen immer wieder verstohlene Blicke auf die Becher der Wenigen, die sich mit schnellen Schritten von der Ausgabe entfernten.

„Die sehen aber wütend aus“, murmelte Edric, der die Frauen ebenfalls bemerkt zu haben schien. Reginald nickte. „Das tun sie“, pflichtet er ihm bei. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die vom Christlichen Hexenbund für Abstinenz kommen. Ihr wisst schon, der aus der Zeitung. Und wenn eine arme Seele da jetzt nach etwas Alkoholischem verlangt, werden sie sich auf ihn stürzen und ihn solange drangsalieren, bis ihm jedwede Freude an dem Getränk vergangen ist.“

„Warum machen die sowas?“, fragte Edric.

„Weil die Damen der Ansicht sind, dass Alkohol dem guten Benehmen abträglich ist“, beantwortete Percy an Reginalds Stelle die Frage, „Sie glauben, dass unsere Gesellschaft ohne Alkohol ruhiger, friedfertiger und gesünder wäre und versuchen deshalb den Zaubereiminister davon zu überzeugen, den Alkoholausschank verbieten zu lassen. Jedenfalls steht das so in ihrer Kolumne im Ghost.“

„Aber sollten sie dann nicht eigentlich vor der Bürotür des Ministers demonstrieren?“

Reginald grinste. „Oh das tun sie“, versicherte er, „Aber sie kommen auch zu Quodpotspielen, Koboldsteinmeisterschaften, Buchlesungen und allen möglichen anderen öffentlichen Veranstaltungen. Sie wollen Präsenz zeigen und dadurch dafür sorgen, dass die Gesellschaft sich zusammenreißt.“

„Für den Wirt da drüben ist das ziemlich schlecht“, bemerkte Percy. „Er kann so ja kaum etwas verkaufen.“

„Außer unseren drei Bechern mit heißer Schokolade“, Reginald schenkte ihm ein Lächeln. „Solange die Damen da nur stehen und höfliche Gespräche führen, sind ihm die Hände gebunden. Sieh mal, selbst wenn er die Auroren ruft, auf welcher Grundlage sollte ich sie denn verhaften? Weil sie hier in einer kleinen Gruppe herumstehen und sich unterhalten, während sie auf den Beginn des Spiels warten? Dann müsste ich jeden in diesem Stadion mitnehmen und damit wäre dem Wirt genauso wenig geholfen, wie wenn ich sie da einfach stehen lasse. So nimmt er wenigstens mit den alkoholfreien Sachen noch ein bisschen was ein und sollte eine der Damen über die Stränge schlagen, nun, dann kann man sie immer noch abführen und den Beweis antreten, dass manch einer sich vergisst, auch wenn kein Tropfen Alkohol in seinem Körper ist.“

Edric strahlte. „Das könnte ein toller Gassenhauer werden“, verkündete er und begann fröhlich eine Melodie zu pfeifen, zu der er in seinem Kopf sicher gerade die Worte seines Bruders wiederholte. Reginald warf Percy einen verdatterten Blick zu, den dieser genauso erwiderte, aber solche Anwandlungen waren sie von Eddy bereits gewohnt. Einen Moment lang lauschten sie beide Edrics Pfeifkonzert, dann legte Reginald Percy spontan die Hand auf die Schulter.

„Weißt du was?“, raunte er ihm ins Ohr, „Ich denke, ich hole mir eine Schokolade mit Schuss, dann kannst du einen Schluck abhaben, wenn du magst.“

„Kriegst du dann keinen Ärger mit den Damen da?“

„Ach, was sollen die schon machen? Sie werden ja wohl kaum darauf bestehen können, drei Becher Schokolade zu kosten, nur um herauszufinden, ob in einem von ihnen vielleicht ein Schluck Alkohol versteckt ist. Und selbst wenn, bezweifle ich, dass ich verpflichtet bin, dem zuzustimmen.“

Percy löste seinen Blick von Edric und sah zu seinem Bruder auf. Er hatte recht. Schokolade sah von außen stets wie Schokolade aus, egal, ob man noch etwas anderes mit hineinmischte, oder nicht und wenn Regi gleich drei Tassen kaufte, wirkte er vermutlich nicht einmal sonderlich verdächtig dabei.

Und das hieß, er würde eine heiße Schokolade bekommen. Eine große Tasse, mit einem guten Schuss Brandy, oder Rum und vielleicht auch mit:

„Du Regi“, rutschte es ihm heraus, noch bevor er es verhindern konnte, „Können wir auch Marshmallows dazu bekommen?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Pureya
2019-12-04T19:18:03+00:00 04.12.2019 20:18
Fand die Geschichte echt süß! Die Stimmung ist toll aufgefangen, musst sehr an mein letztes Fussballspiel denken ^^
Und fand auch die Diskussion um die heiße Schokolade super.
Den Abstinenz-Bund find ich super. Über den würd ich total gern noch mehr lesen, auch wie das ganze dann weiter eskaliert.
Auf jeden Fall ne schöne Auftaktstory!
Antwort von:  _Delacroix_
04.12.2019 20:21
Dankeschön.^^
Von: irish_shamrock
2019-12-03T19:07:14+00:00 03.12.2019 20:07
Hallo Orion_Black,

ich habe zwar bereits am Sonntag einen Blick in deine Geschichte riskiert, konnte aber erst jetzt Zeit freischaufeln, um dir auch ein paar Worte dazulassen.
Da ich nur die FB-Filme kenne und mich sonst nach Infos durchs Wiki wühle, finde ich deine Darstellung von Percival gelungen. Auch wenn besagte Wiki-Seiten nicht viel ausspeien, so ist die von dir gezeigte Verbindung der drei Brüder gut durchdacht.
Wie Votani bereits so treffend anmerkte, gefällt auch mir die Art und Weise, wie du "reale Probleme/Begebenheiten" (in diesem Fall ist sicherlich die Prohibition gemeint??) in die HP-Welt einfließen lässt (nun gut, spurlos ginge das Drama der Muggel nicht einmal an den Zauberern und Hexen vorbei, man teilt sich ja immerhin den selben Planeten x.x).
Die Bezeichnung des "Christlichen Hexenbund(s) für Abstinenz" hat mich wirklich amüsiert. Alles in allem haben mir die Stimmung, die Dialoge und nicht zuletzt die Charaktere gut gefallen.
Auch von mir vielen Dank für diesen tollen Auftakt zum Adventskalender.

Liebe Grüße,
irish C:
Antwort von:  _Delacroix_
03.12.2019 20:09
Danke, das ist wirklich lieb von dir.
Ich freue mich, dass die Geschichte gut ankommt^^
Von: Arcturus
2019-12-01T12:52:56+00:00 01.12.2019 13:52
Marshmallows? Oh hell, Percy! ♥
Nettes Ende~
Antwort von:  _Delacroix_
01.12.2019 15:25
Er mag es halt auch ganz gerne süß^^
Von:  Votani
2019-12-01T04:34:42+00:00 01.12.2019 05:34
Das ist eine niedliche Geschichte. :D Besonders bei dem Christlichen Hexenbund für Abstinenz musste ich schmunzeln. Es ist immer toll, wie du Geschichte und HP verbindest und darstellst, glatt so, als koennte es genauso passiert sein. Hat mir gut gefallen und definitiv ein netter Auftakt zum Adventskalender - gerade, weil es bei uns auch relativ warm ist, hat's auch noch gepasst. XD
Antwort von:  _Delacroix_
01.12.2019 10:07
Danke, das ist wirklich lieb von dir.

Der Hexenbund war mir ein Bedürfnis, einfach weil es in den Filmen ja die Prohibition gibt und irgendwie müssen die Magier ja dahin gekommen sein. Ich meine, die werden ja kaum: "Uh, die No Majs verbieten Alkohol, machen wir auch mal" gesagt haben. Das heißt, irgendwie muss es in der Gesellschaft Thema gewesen sein und darum wollte ich die Chance nutzen und so ein bisschen Meinungsmache unterbringen. XD

Ich wünsche dir einen schönen, ersten Advent^^


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