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Der Weihnachtstroll

von

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Troll am Morgen

Am Kinn kratzend, schlürfte er nur mit seinem Morgenmantel gekleidet durch die Gänge, hier und da unterbrach er die Stille mit einem lauten Gähnen. Zwar war auf seine üblichen vier Stunden Schlaf gekommen, und doch gab ihm sein Körper Signale, dass es ihm dieses Mal nicht genug war. So schleppte er sich in die Küche des Bunkers, und ließ als erstes die Kaffeemaschine laufen. Anschließend schnappte er sich seine Lieblingstasse, goss sich den Kaffee ein, kaum, dass die Maschine fertig war und setzte sich an den kleinen Holztisch. Müde rieb er sich die Augen, so recht wollte er nicht wach werden, sein Blick war nach wie vor verschwommen vor Müdigkeit. Er nahm seine Umgebung kaum war, bis er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Es kostete ihm ein paar Sekunden, um seine Gedanken zu sammeln und zu verstehen, wer dort gerade an seiner Seite stand.

"Guten Morgen, du Schlafmütze", konnte er die Stimme seines Bruders hören und sie klang nach dem kompletten Gegenteil, wie er sich fühlte: Fit, wach und voller Energie.

Statt einer Antwort winkte Dean nur ab. Er konnte hören, wie sich sein Bruder ebenfalls eine Tasse einschüttete, wobei es bei ihm mehr aus einer Laune heraus passiert sein könnte, als aus dem Bedürfnis heraus, sich selbst wach zu bekommen. Als Sam sich dann schließlich zu ihm an den Tisch setzte, hob Dean den Kopf und betrachtete seinen Bruder genauer, soweit es seine müden Augen zuließen. In Sams Haaren funkelten noch einzelne Wassertropfen und er machte an sich einen sehr wachen Eindruck. Er sah wie sein Bruder den Mund bewegte, die Lippen formten Worte und doch war Dean geistig zu weit weg, um zu verstehen, was sein Bruder ihm gerade mitteilen wollte. Was dieser dann auch feststellte.

"Dean, bist du wach?", fragte er ihn und begann diesem leicht am Arm zu rütteln. Dean wachte aus seiner Trance auf und blickte seinem Bruder in die Augen.

"Ja, ja, alles gut, ich ... ich hab nur ..."

"Gestern zu lange Game of Thrones geguckt?", hakte Sam mit einem neckischen Unterton nach.

"Ganz genau - Staffel 4, einfach nur perfekt. Naja, da ist dann einfach Zeit vergangen, du kennst das ja", sagte er und nahm noch einen weiteren Schluck Kaffee. Erst sehr langsam begann das Getränk in seinem Körper zu arbeiten, immerhin hatte seine Sehstärke an Schärfe zurückgewonnen, doch sein Kopf war immer noch wie in Watte eingewickelt. Sam nickte nur, sein üblicher zweifelnder Ausdruck in seinen Augen sprachen Bände und doch hielt er es für das Beste, das Thema nicht weiter zu vertiefen. Er wusste genauso sehr wie sein Bruder, wie hart und anspruchsvoll das Leben eines Jägers war, wie sehr man das Leben schätzen musste, denn es konnte bei der nächsten Jagd schneller vorbei sein, als es einem lieb war. Auch wenn es keine feste Arbeitszeiten oder einen Chef gab, der einen mit Aufträgen unter Druck setzte, so war man doch als Jäger einem stressigen Leben ausgesetzt. Dazu noch die teilweise sehr langen Autofahrten, die sie hinter sich bringen musste, wenn sie auf der Jagd nach Dämonen, Geistern und anderen finsteren Wesen waren.

Doch eine richtige Alternative zu Baby gab es nicht, zumal man den Inhalt des zweiten Kofferraums nur sehr schwer in ein Flugzeug bekommen konnte.

Aus diesem Grund gönnte Sam es ihm, dass sein Bruder neben dem Jägerleben auch noch ein gewisses Maß an Freizeit hatte, in welchem er sich Dingen widmete, die ihm Freude bereiteten und ihn auf andere Gedanken brachten. Auch, wenn er sich hinterher bei der nächsten Fahrt zur Genüge anhören durfte, wie scharf und mutig Daenerys Targaryen doch war, so ließ er seinem Bruder die Freude. Dass er sich über die kleinen Fanboy-Anfälle, welche auch gleichzeitig ein Teil von Deans Persönlichkeit waren, amüsierte, behielt er lieber für sich. Schon immer hatte Dean Probleme damit, seine Gefühle offen auszuleben und da wollte er ihm nicht die wenigen Momente rauben, in denen der Ältere dazu in der Lage war.

Nun war Sam es, der seinen Bruder betrachtete. Das blühende Leben sah eindeutig anders aus. Mitleidig ließ Sam einen Seufzer los, bevor er sich räusperte und ein weiteres Mal auf sein Tablet zu sprechen kam. Genauer gesagt, auf das, was er dort gefunden hatte. Doch auf sie wartete bereits eine neue Aufgabe, eine weitere Jagd stand vor der Tür und würde nicht darauf warten, bis die Jungs sich dazu zu 100% bereit fühlen würden.

"Was ich dir gerade versucht zu erklären habe, Dean, ist, dass ich einen neuen Fall für uns gefunden habe. Genauer gesagt in Lafayette in Indiana", begann er zu erklären und zeigte dabei eine kleine Landkarte der eben erwähnten Stadt.

"Laut einem kleinen Artikel wird dort eine seltsame Erscheinung erwähnt, die in einem kleinen Haus am Rande der Stadt wohl für Chaos sorgt. Vor kurzem ist dort eine Familie eingezogen und erzählt, dass sie seit ihrem Einzug dort für sie unerklärbare Dinge erleben. Gegenstände werden verrückt oder verschwinden und tauchen an einer anderen Stelle wieder auf, manchmal geht dabei auch was kaputt und hin und wieder scheint wohl auch der Strom zu spinnen. Jemand von den Stadtwerken wollte sich das mal ansehen, aber anscheinend wurde man dort nicht fündig. Zumindest konnte sich keiner die seltsamen Ereignisse so recht erklären."

Dean, der sich nun ein weiteres Mal den Schlaf aus den Augen gerieben hat, leerte seine Tasse und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.

"Klingt nach einem klassischen Casper, der hier und da ein paar kleine Streiche spielt", sagte Dean und stand auf, um sich eine weitere Tasse einzugießen. "Klingt nicht gerade nach einem Mordsfall, das könnte eigentlich jeder Jäger machen."

"Ja, das stimmt", wandte Sam ein. "Allerdings ist es jetzt noch ein normaler Geist, ein harmloser. Es gehen vielleicht Sachen kaputt, aber das ist noch nicht das Ende. Du weißt es und ich weiß es. Denk doch nur mal an all die Geister, denen wir bereits begegnet sind. Sie alle waren am Anfang harmlose Spukwesen, nur mit Unsinn im Sinn, aber am Ende wird jeder von ihnen früher oder später ein Rachegeist. Doch das hier", sagte Sam und deutete dabei auf seinen Tablet-Bildschirm.

"Das hier ist ein Geist, den man noch retten kann. Möglicherweise leidet er noch und wir können ihm helfen, noch bevor den Verstand verliert und dann andere Menschen verletzt oder gar tötet. Außerdem haben wir jetzt nicht wirklich was zu tun oder? Wir haben sonst keinen anderen Fall und mal wieder einen einfachen Fall zu haben, der nichts mit Engeln oder Dämonen zu tun hat, tut uns doch auch mal Abwechslung wieder gut, würde ich sagen."

Dean sah ihn an, dachte für einen Moment über die Worte seines Bruders nach und stellte seine Tasse seufzend auf dem Tisch ab.

"Nun, da hast du auch wieder recht, so eine richtige kleine Geisterjagd hatten wir schon lange nicht mehr. Aber vorher würde ich gerne noch ein wenig duschen, wenn’s recht ist", sagte er, leerte die Tasse in einem Zug und machte sich daran, die Küche zu verlassen.

"Hey, wenn du willst, kann ich heute mal fahren. Dann kannst du dich noch ein wenig ausruhen", sagte Sam, kaum war Dean um die Ecke gebogen. Dieser streckte den Kopf wieder in die Küche und grinste Sam an.

"Netter Versuch, kleiner Bruder, aber nein, wenn ich erst mal geduscht habe und der Kaffee wirkt, bin ich wieder fit wie ein Turnschuh. Außerdem bin ich jetzt schon so gut wie wach. Du kennst mich doch ... also, bis gleich!", sagte er, dann verschwand sein Kopf und Sam konnte hören, wie Dean pfeifend den Gang entlang schlenderte. Gleichzeitig überlegte er, ob er ihm nicht noch hinterherrufen sollte, dass sich die Duschen auf dem entgegengesetzten Ende des Flurs befanden, verkniff es sich jedoch wieder.

Troll am Mittag

Nach vielen Stunden Fahrt auf teilweise sehr stark befahrenen Highways und einer Übernachtung in einem Motel, welches sich auf negative Art für eine längere Zeit in das Gedächtnis der Brüder einbrennen würde, lenkte Dean den Wagen in eine längere Nebenstraße ein. Lafayette hatte sich, im Gegensatz zu manch anderer Stadt, zu ihrem Glück als recht verschlafen herausgestellt, nur wenige Menschen befanden sich unterwegs um ihren alltäglichen Erledigungen nachzugehen. Recht schnell fand Dean einen passenden Parkplatz für den Impala und hielt nach Parkuhren Ausschau. Als er nicht fündig wurde, zuckte er zufrieden mit den Schultern und stellte den Wagen ab. Sam warf derweil einen ersten Blick auf das Haus am anderen Ende des Vorgartens. Welcher zu seinem Missfallen mit Gartenzwergen verziert war; Gartenzwergen im kompletten Clowns-Design. Sich um einen festen Gesichtsausdruck bemüht, riss Sam seinen Kopf vom Vorgarten weg und krallte sich in den Stoff seiner schwarzen Hose fest.

Sie beide hatten sich wie üblich ihre feinen FBI-Anzüge übergeworfen; sie wussten, den Männern der Ermittlungsbehörde würden am ehesten Tür und Tor geöffnet werden, was ihnen bei der Informationssammlung für diverse Jagden mehr als hilfreich war. Dean bemerkte das seltsame Verhalten seines Bruders, blickte sich nun ebenfalls im Vorgarten um und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

"Ah, wie ich sehe, wohnen da bereits ein paar gute Freunde von dir", neckte er seinen jüngeren Bruder. Dieser warf ihm einen finsteren Blick zu, seine Augen zogen sich dabei zu sehr engen Schlitzen zusammen.

"Haha, sehr witzig, Dean ... komm, lass es hinter uns bringen", sagte Sam trocken, fuhr sich mit der Hand über das Knie, bevor er ruckartig die Tür aufriss und das Auto noch schneller verließ. Dean beobachtete die hölzernen, schnellen Bewegungen seines Bruders, zuckte mit den Schultern und verließ nun ebenfalls den Wagen. Kaum hatte er seine Parkposition von außen überprüft, ging er auf seinen Bruder zu und hielt ihm seine Hand hin.

"Wofür ist die?", fragte Sam.

Wieder begann Dean zu grinsen.

"Naja, ich dachte nur, wenn du da nicht durchkommen solltest, dann können wir auch gerne zusammen an den Zwergen vorbeigehen und ich halte dabei deine Hand ganz, ganz fest. Sie ist auch nicht verschwitzt oder anderweitig eklig, versprochen", sagte Dean neckisch und zwinkerte Sam zu. Dieser ließ nur genervt seine Augen rollen.

"Lass das, wir sind hier im Dienst. Oder zumindest wollen wir so tun. Da können wir ja gleich den Mitgliedern der Familie sagen, dass wir keine richtigen FBI-Agenten sind, wenn wir schon so unseriös auftreten."

Dean verzog die Lippe.

"Wäre mir neu, dass FBI-Agenten neuerdings Nerven wie der Terminator brauchen, um ihrer Arbeit nachgehen zu können ... hey, jetzt warte doch mal auf mich!", rief er Sam hinterher, doch dieser hatte sich bereits auf den Weg zur Haustür gemacht. Den Blick stur auf die kleinen Stufen der Veranda gerichtet, schritt Sam über die steinernen Platten des kleinen Weges vor ihm, während Dean ihm hinterher schlenderte. Kaum hatte er seinen Bruder eingeholt, konnte Dean erkennen, dass Sam einen kleinen Zettel betrachtete, welcher an der Tür mit einem Reißnagel befestigt worden war. Um ihn vor sämtlichen Witterungen zu schützen, hatte jemand aus der Familie das Blatt laminiert.

"Sieh dir das mal an, laminiert - dann muss es ja was echt verdammt wichtiges sein."

Dean versuchte, die Stimmung wieder aufzulockern, doch kaum fiel sein Blick auf Sams hochgezogene Augenbraue, verstummte er und ließ seinen Versuch fallen wie eine heiße Kartoffel. Als könnte er sich damit die Schande von den Händen wischen, begann Dean damit seine Handflächen an seiner Jacke zu reiben und versuchte, einen besseren Blick auf das Papier an der Tür zu erhaschen.

"Im Grunde steht hier nicht viel, außer, dass die Familie wohl vorübergehend in ein Hotel gezogen ist und der Paketbote soll ihnen die Post bei einer Mrs. Lynn zurücklassen. Ach ja und falls sich eine Tante Carolyn in die Gegend verirren sollte, sie soll wohl bei der üblichen Handynummer anrufen. Diese steht hier allerdings nicht drauf", fasste Sam den Inhalt des Zettels zusammen. Dean sah ihn zufrieden an.

"Das bedeutet, dass keiner aus der Familie da ist und uns bei der Jagd hinderlich sein könnte? Klingt doch ideal", meinte er und rückte seine dunkle Anzugsjacke zurecht. Zugleich bereute er es, sie überhaupt angezogen zu haben, da ihm seine dunkle Lederjacke deutlich lieber war.

Dass er mit seiner Aussage kaum auf Zustimmung stoß, ließ ihn Sam mit einem weiteren entnervten Blick wissen.

"Schon, aber es wäre trotzdem gut gewesen, wenn wir wenigstens das eine oder andere Familienmitglied hätten befragen können, möglicherweise ist ihnen etwas aufgefallen, was für uns jetzt hilfreich sein könnte. Danach hätten wir sie ja immer noch ins Hotel oder sonst wohin in Sicherheit schicken können."

Er machte eine Pause, dachte kurz nach und holte sein schwarzes Mäppchen aus der Tasche.

"Auf der anderen Seite hast du recht, je weniger Leute wir in einem Fall anlügen und beschützen müssen, desto besser ist es."

Dean nickte ihm zu und beobachtete, wie Sam geschickt mit seinem Werkzeug die Tür öffnete.

"Abgesehen davon sind wir doch schon öfters in irgendwelche Fälle geraten und hatten dabei viel weniger Informationen in der Hand, warum sollte es jetzt also anders sein? Das packen wir schon, noch hat es kein Geist wirklich mit uns aufnehmen können", sagte Dean mit ein wenig Stolz in der Stimme, nun war er es, der seinem Bruder auf die Schulter klopfte. Sam konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

"Wenn du das sagst, Dean, dann muss ja was dran sein", sagte er in einem mehrdeutigen Ton und ließ sein kleines Mäppchen elegant in seiner Jackentasche verschwinden.

"Nach dir, Dean", sagte er, folgte seinem Bruder in das kleine Einfamilienhaus und verschloss anschließend die Tür nach ihnen wieder.

 

„Sieh dir das nur mal an, da hat wohl jemand ordentlich in die Kitsch-Kiste gegriffen, als er dieses Jahr mit der Dekoration dran war“, sagte Dean und betrachtete die vielen kleinen Weihnachtsfiguren, die jemand aus der Familie im gesamten Flur aufgestellt hatte. Kleine Weihnachtsmänner, Schneemänner und unzählige kleine Kügelchen waren auf mehreren Schränkchen und Kommoden verteilt worden, zusammen mit weihnachtlichen Tischdecken. Um die Lampe herum hatte jemand Lametta aufgehängt, wodurch sie wie eine funkelnde Lichterkugel aussah.

Sam sah sich genauso gut um wie Dean.

„Naja, es gibt auch Menschen, die die Feiertage feiern und auf solche Sachen nun mal stehen“, sagte Sam und sah sich einer der Figuren genauer an. Ein kleiner, dicker Weihnachtsmann, dessen runder Bauch sich zwischen seine Jacke und Hose herausquetschte, welchen er sich hielt während er inbrünstig ins Nichts lachte. Sam schüttelte den Kopf, dann griff er in seine Jackentasche.

„Wie auch immer, vergiss nicht, warum wir hierhergekommen sind, wir sind nicht hier um den Dekorationsgeschmack der Leute zu bewerten; sondern um einen Geist zu fangen, der diese Deko wohl gerne herumwirft“, sagte Sam und holte seinen EMF-Meter heraus.

„Ich kann den Geist verstehen“, sagte Dean nur, bevor er seinem Bruder ins Wohnzimmer folgte. Auch dieses Zimmer war ausreichend geschmückt worden, am Kamin hingen mehrere bunte Socken, die darauf warteten, mit Süßkram gefüllt zu werden. In der Ecke ein Tannenbaum, groß, prächtig und grün, natürlich von oben bis unten dekoriert. Unter dem Weihnachtsbaum lagen Geschenke, die meisten waren verschlossen, doch ein paar wenige waren schon aufgemacht worden.

„Da war wohl jemand zu neugierig“, sagte Dean und ging in die Hocke, um sich die Geschenke näher ansehen zu können. Dabei nahm er die nächstbeste Box in die Hand und öffnete sie. Das Geschenkpapier, welches um das Geschenk herumgewickelt war, lag aufgerissen auf dem Boden. Sein Blick veränderte sich und überrascht sah er zu seinem Bruder.

„Das habe ich jetzt nicht erwartet“, sagte Dean und reichte Sam die Box, damit er auch einen Blick hineinwerfen konnte. Kaum sah er den Inhalt, warf er ihn angewidert weg. Was Dean sofort zum Lachen brachte.

„Ich kann nicht glauben, dass du dich von solchen Dingen immer noch erschrecken lässt. Wie alt bist du, zwölf?“, sagte Dean und sammelte sowohl die Box, als auch die abgetrennte Hand, die herausgefallen war, auf. Dann drückte er diese zusammen.

„Sieh mal, das ist ein Spielzeug, nur irgendein blödes Silikon, das jemand mal angemalt hat, nichts weiter“, stichelte Dean weiter und erntete dafür genervte Blicke von seinem jüngeren Bruder.

„Aber auf den ersten Blick sieht es schon echt aus.“

Sam rollte noch weiter genervt mit den Augen und nahm ein weiteres Päckchen, welches wie das erste bereits aufgerissen und geöffnet worden war. Er warf einen Blick hinein und schüttelte mit dem Kopf.

„Wer auch immer dieses Jahr die Geschenke besorgt hat, ist wohl nicht weitergekommen als zum Scherzartikelladen“, sagte er und zeigte Dean den Inhalt. Dieser begann laut zu lachen.

„Ein kleiner Kackehaufen aus Plastik, ein Klassiker“, sagte Dean und haute sich selbst auf den Schenkel, doch sein Bruder wollte nicht so recht in sein Gelächter einstimmen.

„Merkwürdig ist nur“, sagte Sam und betrachtete eine kleine Karte, die am Geschenkpapier befestigt war. „Dass hier steht: Lieber Warren, viel Spaß mit deinem Modellauto, liebe Grüße, Tante Carolyn“, las er von dem Zettel ab und legte die Schachtel auf den Boden.

Dean sah ihn verwundert an und auch Sam konnte keine Erklärung dafür finden.

„Also entweder besteht die komplette Familie aus Scherzbolden oder jemand hat die Geschenke ausgetauscht, nachdem sie eingepackt worden sind.“

Sam nickte nachdenkend.

„Vermutlich war das auch der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Nicht mal wir würden uns solche Scherzartikel zum Weihnachten schenken, wenn wir es denn überhaupt feiern würden. Gut, du vielleicht, aber ich nicht“, fügte Sam hinzu und Dean schüttelte empört den Kopf.

„Ich? Wow, da hast du ja eine echt gute Meinung von mir, Sammy!“, sagte er und drehte sich theatralisch um, dabei fiel sein Blick auf die offene Tür, die in einen anderen Raum führte.

„Wie auch immer, ich gehe mal davon aus, dass alle Päckchen hier mit diesen Geschenken ausgestattet sind. Lass uns lieber weitersuchen, wir sind ja nicht zum Spaß hier.“

Sam betrachtete noch ein letztes Mal die Geschenke, dann sah er zu seinem Bruder hinüber. Doch dieser drehte sich nicht zu Sam um, sondern ging auf die offene Tür zu.

„Gut, dann sehe ich dort nach und du … eben woanders“, sagte Dean und staunte nicht schlecht, als er hinter der Tür die Küche fand. Welcher Grund die Familie zum eiligen Verlassen des Hauses veranlasst hatte, es war etwas, was eine starke Wirkung auf die Hausbewohner hatte. Die Küche war voller Küchengeräte, die jemand erst am Vortag benutzt hatte und ein Tablet mit kleinen Häppchen darauf zu finden. Äpfel, Bananen und anderes Obst lagen in einer Obstschale und luden zum Reinbeißen ein.

Beeindruckt sah Dean in den Kühlschrank hinein, eine Schlüssel mit Coleslaw und frisch gemachtem Kartoffelpüree konnte er auf dem ersten Blick erkennen. Im Ofen fand er anschließend eine gefüllte Weihnachtsgans, da der Ofen unvorsichtigerweise noch immer auf „Warm halten“ gestellt war, fühlte sich die Gans noch ziemlich warm an. Dean lief das Wasser im Mund zusammen, er nahm sich ein Küchentuch und holte vorsichtig die Schale heraus, in welcher die Gans in ihrem eigenen Saft badete. Kaum hatte er die Schale auf einem leeren Teil der belegten Arbeitsfläche abgestellt, bemerkte er, dass der Ente bereits eine knusprig gebackene Beinkeule fehlte. Schnell sah er sich um, doch seinen Bruder konnte er nicht erkennen. Dann zuckte er mit den Schultern, das Wasser lief ihm nur noch mehr im Mund zusammen. Und bis die Familie zurückkommt, warum Essen verschwenden und es nicht einfach genießen?

Etwas unelegant riss sich Dean die andere Beinkeule ab, der Duft verbreitete sich stärker im Raum und Dean musste aufpassen, dass er nicht sofort seine Zähne darin versenkte. Stattdessen nahm er, um keine Spuren auf seinem Anzug zu hinterlassen, ein Küchentuch und hielt damit den Knochenteil der Keule fest.

„Guten Appetit“, sagte er zufrieden zu sich selbst und biss großzügig hinein. Anschließend konnte er nicht anders, als laut und inbrünstig zu schreien.

 

Während Dean in die Richtung der Küche gegangen war, war Sam wieder in den Flur zurückgegangen und hatte seinen EMF-Meter ausgepackt. Kurz hatte er überlegt, ob er sich das Obergeschoss ansehen soll, aber sein Gefühl sagte ihm, dass er wohl wie üblich im Keller fündig werden würde. Zumal das Meter bei der Treppe aufwärts eher schwach, aber dafür die Treppe abwärts stärker reagierte. Langsam stieg er die Treppe hinunter, zwar konnte er das Licht anmachen, die Treppe blieb jedoch größtenteils im Dunkeln. Was ihn unten erwartete, überraschte ihn keineswegs. Außendekorationen für jegliche Feiertage, wie Ostern, Halloween oder St. Patrick’s Day befanden sich dort, sauber und ordentlich sortiert. Auch befand sich eine Waschmaschine dort, daneben ein Trockner, doch ein kurzer Blick verriet Sam, dass beide Geräte leer waren. Der Boden war zementiert und in den Regalen befand sich aller möglicher Kram, der hier unten gelagert und vergessen worden war.

Sam zückte das EMF-Meter, welches sofort auf Anschlag ging, worauf hin er sich noch weiter umsah. Doch ihm wurde nicht kalt, sein Atem blieb ohne die gewohnten Wolken vor seinem Gesicht und auch konnte er nichts Auffälliges hören oder sehen. Nur das EMF-Meter verriet ihm, dass sich in diesem Haus, besonders im Keller, ein Geist aufhalten musste. Und die seltsamen Vorkommnisse.

Gerade, als er sich nähere Gedanken über dieses seltsame Geschehen machen wollte, konnte er einen lauten Schmerzensschrei seines Bruders hören.

„Dean!“, stieß Sam verängstigt aus und nahm die Beine in die Hand, um so schnell wie möglich die Kellertreppe hinaufzulaufen. Innerhalb weniger Sekunden war er wieder im Erdgeschoss angekommen und lief in die Küche, den Ort, an welchen er seinen Bruder nach wie vor vermutete. Er hatte sich auf alles eingestellt, einen rachsüchtigen Gast, welcher Dean ein Messer in den Leib gerammt hatte. Oder ein anderes Monster, dass ihn gerade auf eine schreckliche Art und Weise folterte. Doch mit einem Dean, welcher schwer schnaufend über einem Waschbecken gebeugt stand, damit hatte er nicht gerechnet.

„Dean, was ist los?“, fragte Sam und konnte sich keinen Reim darauf machen, was genau mit seinem Bruder passiert ist. Erst, als dieser sich zu ihm umdrehte, mit verweinten Augen, einem hochrotem Gesicht und einer angebissenen Geflügelkeule in der rechten Hand, konnte Sam sich langsam ein Bild von der Situation machen. Kopfschüttelnd sah Sam seinen Bruder an.

„Ich hätte mir ja denken können, dass du hier herumnascht“, sagte Sam und Dean sah ihm mit einem gemischten Blick an. Dann wandte er sich wieder ans Waschbecken, öffnete den Wasserhahn und schüttete sich mit der linken Handfläche immer wieder Wasser abwechselnd in seinen Mund und ins Gesicht. Sam dagegen ging zum Kühlschrank, holte eine Packung Milch heraus und roch an der Öffnung. Dann reichte er sie seinem Bruder.

„Hier, versuch es lieber damit. Wasser verstärkt den Schärfeeffekt nur“, erklärte Sam und Dean riss ihm die Packung aus der Hand, bevor er den halben Inhalt in sich hineinschüttete. Erst jetzt fand er wieder ein wenig zu sich und konnte sich beruhigen.

„Wow, das ist die schärfste Gans, die ich je gesehen oder gegessen habe. Das … das kann man doch nicht essen“, sagte er und legte nun die Keule weg. Sam sah sie sich an, sie sah ganz gewöhnlich aus, sogar richtig lecker und er konnte langsam verstehen, warum sein Bruder nicht widerstehen konnte.

Dann schüttelte er wieder mit dem Kopf.

„Normal macht man eine Weihnachtsgans auch nicht scharf, Dean“, sagte er, öffnete erneut den Kühlschrank und probierte sowohl vom Coleslaw, als auch vom Kartoffelpüree ein kleines Stück. Sofort lief sein Kopf rot an und er griff verzweifelt in Deans Richtung, welcher sofort verstand und ihm die Milch zurückgab.

„Ok, also das, das ist keine Schärfe mehr, das ist doch jenseits von Schärfe“, sagte Dean und Sam wusste nichts anderes, als ihm leidend zuzunicken. Dann wischte er sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

„Vermutlich war auch das der letzte Tropfen. Egal, wie schlecht jemand kocht, wenn jemand sein Essen so scharf macht, dann müsste man das sehen können. Es wäre dann in einem ungesunden Rot oder man müsste das Chilipulver erkennen. Aber hier, man sieht nichts, alles sieht normal aus.“

„Also ein Werk des Geistes“, schlussfolgerte Dean schnell.

„Ja, das muss wohl so sein“, sagte Sam und schloss den Kühlschrank wieder. „Zumal wir noch Glück hatten, es soll wohl noch höhere Schärfegrade geben, bei denen man ohnmächtig werden kann. Aber das hier reicht schon, immerhin hat es die gesamte Familie aus dem Haus getrieben und das, ohne dass die zweimal darüber nachgedacht haben. Keine normale Hausfrau hätte dieses Chaos hier hinterlassen, wenn sie sich nicht dazu gezwungen gefühlt hätte“, sagte Sam und blickte sich in der Küche um.

„Außerdem habe ich unten im Keller EMF messen können. Dort sind die Signale am stärksten.“

Für Dean schien die Sache klar wie Kloßbrühe zu sein.

„Gut, dann gehen wir runter und schicken den Geist dorthin, wo er hingehört“, sagte er, doch Sam schüttelte mit dem Kopf.

„Nein, ich habe dort leider nichts finden können. Keine Überreste, keinen besonderen Gegenstand oder irgendeine andere Auffälligkeit. Es war nicht mal kalt dort unten, ich habe nur mein EMF-Meter auf Anschlag gehabt, aber sonst war dort nichts, was auf Geist hindeutet.“

„Nicht?“, fragte Dean nochmal nach. „Das ist doch merkwürdig, ich meine, wenn da ein Geist ist, dann müsste da doch was sein.“

 

Er hielt inne, und auch sein Bruder schien sich auf etwas zu konzentrieren.

„Hast du das gehört?“, flüsterte Sam und nickte in die Richtung des Wohnzimmers. Dean nickte nur und holte seine Waffe hervor. Sam dagegen sah sich um, und wurde in Form eines Fleischhammers fündig. Stumm kommunizierten sie in Gedanken miteinander, überlegten sich, wie sie nun vorgehen sollten. Am Ende schlichen sie beide zur Tür, blickten so gut sie konnten in das Wohnzimmer hinein und stürmten es. Dean richtete die Waffe in den Raum, während Sam den Hammer wie einen Schild vor sich hielt. Sie dachten, es wäre einer der Hausbewohner, der nun zurückgekehrt war und sie nun aus dem Haus verjagen; oder gar die Polizei rufen würde. Oder es war der Geist, der sich nun endlich zeigen würde. Doch nichts davon trat ein, stattdessen bekamen sie einen Anblick geboten, den sie wohl im Lebtag so schnell nicht mehr vergessen werden.

„Hallo, Jungs“, begrüßte sie Bobby und sah die Jungs mit seinem üblichen Gesichtsausdruck an. Doch was sich unterhalb seines Kopfes befand, war alles andere als gewohnt. Statt seiner Kleidung, die wie ein Erkennungsmerkmal war, trug er ein langes, dunkelrotes Kleid, was ihm eine stark feminine Figur verpasste. Überhaupt schien er kinnabwärts den Körper einer Frau zu haben, seine Arme hatte er in die Hüfte gestemmt. Das Kleid war ärmellos, und die haarlosen Beine endeten in zwei blutroten Pumps. Lediglich sein Gesicht und seine abgetragene Cap passten absolut nicht zum Rest zusammen; oder der Rest zu ihnen. Sam sah zu Dean herüber und Dean erwiderte seinen Blick, sie beide wussten nicht, was sie sagen sollten.

„Was ist hier los?“, fragte Sam nach ein paar Minuten, kaum hatte er seine Stimme wiedergefunden. „Warum steht dort ein halb weiblicher Bobby vor uns? Und warum kennt der Geist Bobby überhaupt?“, sagte Dean und man konnte ihm die Verwirrung nicht nur ansehen, sondern auch anhören.

„Mich würde eher mal interessieren, was ihr hier in diesem Haus macht“, fragte „Bobby“ und sah die beiden Jungs an.

„Was … was wir hier in dem Haus machen? Was bitte machst du denn hier?“, fragte Dean mehr als verwirrt und ging einen Schritt auf „Bobby“ zu.

„Und warum hast du ein Kleid an?“, fragte Sam, doch Bobby schien weder die, noch die andere Frage beantworten zu wollen. Stattdessen drehte er sich um und stellte sich neben dem Kamin.

„Wie kalt von euch beiden, da sieht man sich so lange nicht mehr und dann fahrt ihr einen gleich so an … das können einem nur die Tränen kommen!“

„Bobby“ hatte ihnen den Rücken zugekehrt und es klang, als würde er sich gerade die eine oder andere Träne wegwischen. Dean dagegen hob seine Waffe und zielte auf den Fremden, der ohne irgendein Geräusch im Wohnzimmer erschienen war. Sam befestigte seinen Griff um den Hammer, welchen er nun neben sich hielt, bereit, jederzeit damit den Geist zu schlagen. Die Brüder sahen sich an, langsam näherten sie sich dem Fremden von hinten an. Es waren nur noch weniger als ein Meter, der sie von dem falschen Bobby trennte.

„Die falschen Krokodilstränen kannst du dir sparen!“, sagte Dean und packte „Bobby“ in den Schwitzkasten, während Sam sich ihnen von der Seite näherte, den Fleischhammer hoch erhoben, bereit, dem Geist oder Fremden eine Abreibung zu verpassen. Dieser sah erst erschrocken aus, dann sackte er in sich zusammen und fing zu lachen an.

„Ach Jungs, Jungs, ihr seid ja noch steifer als die meisten meiner Brüder. Und ich dachte, wenigstens ihr würdet ein wenig Spaß verstehen.“

Als wären sie nicht schon verwirrt genug, starrten die Jungs sich nun komplett planlos in die jeweils ahnungslosen Augen des anderen. Dann starrten sie auf „Bobby“, dessen Aussehen sich innerhalb von Sekunden komplett verändert hatte. Die Cap und die kurzen Haaren waren leicht längeren blonden gewichen, auch die Falten und der Bart im Gesicht waren verschwunden. Stattdessen lag ein leicht verschmitztes Lächeln auf den Lippen.

„Hallo Jungs“, sagte Gabriel und lächelte Sam an, während dieser versuchte, die Fassung zu bewahren.

Troll am Abend

Sowohl Dean, als auch Sam starrten Gabriel finster an, es fehlte nicht mehr viel, da würden die Jungs ihn anfallen und ihm ordentlich den Scheitel ziehen wollen. Nur ihre pure Willenskraft hielt die beiden Brüder davon ab, den Erzengel anzugreifen. Zumal sie sich, angemessen des Kraftunterschieds keine großen Chancen ausrechneten, ihm mehr als ein blaues Veilchen antun zu können, wenn überhaupt.

„Was willst du hier?“, presste Dean zwischen seinen Zähnen hervor, da legte Sam ihm seine Hand auf die Schulter, zwar war er selbst noch immer wütend, doch er versuchte, sich und besonders seinen Bruder zu beruhigen. Er warf Dean dementsprechende Blicke zu und Dean verstand, doch es schien ihm nicht zu gefallen. Wütend schnaufte er mehrmals auf, ließ seinen Blick zu Boden fallen, bevor er den Erzengel aus seinem Schwitzkasten nahm.

„Also gut, was ist hier los?“, fragte Dean, kaum hatte er sich wieder zu seinem Bruder gesellt.

„Ja, was soll das hier alles?“, wollte Sam wissen. Doch Gabriel fing nur zu lachen an, was in den ersten Sekunden wie ein Krächzen klang. Selbst seine Hülle vertrug es wohl nicht, wenn man sie in den Schwitzkasten nahm.

„Nun, wonach sieht es denn bitte aus, Jungs? Strengt doch mal euren Kopf an, das fällt euch doch sonst auch nicht so schwer. Das alles hatten wir schon einmal, erinnert ihr euch noch? Ach, das ist alles so lange her, und ich habe mich gelangweilt, also dachte ich mir: Hey, wie wäre es mit einem Wiedersehen mit den Winchesters? Die machen doch solche Sachen hier so gerne“, sagte Gabriel und schaute sich kurz im Raum um.

Dean sah Sam an und dieser verstand sofort, was gemeint war.

„Soll das etwa bedeuten, dass das hier alles wieder nicht echt ist? Eine Illusion, von dir geschaffen, damit wir für dich die Unterhaltung sein können?“

Nun hatte auch Dean verstanden und blickte Gabriel schockiert an. Er konnte sich noch genauso gut wie sein Bruder an die Ereignisse in der Lagerhalle erinnern, als er den falschen Dr. Sexy aufgedeckt und sie am Ende herausgefunden hatten, dass der Trickster in Wirklichkeit der Erzengel Gabriel auf Spaß-Tour war. Oder im Zeugenschutzprogramm, wie er es genannt hatte. Gabriel fing erneut zu lachen an.

„Ja, Jungs, das hier alles ist nicht echt. Also das Haus schon, das steht hier, aber hier wohnt schon lange keiner mehr. Aber ich muss sagen, es ist besser gelaufen als ich dachte. Euch kann man wohl wirklich mit allem möglichen heranlocken und wenn es nur ein einfacher Fall eines Geists ist, der ein wenig herumspukt. Und du hast mir wirklich eine fantastische Show dort drinnen in der Küche abgeliefert, Dean, ich wusste, du würdest nicht widerstehen können, irgendwas davon zu essen. Wie du geschrien hast und dein ganzer Kopf rot angelaufen ist, herrlich. Ich hatte meine Augen und Ohren hier überall, musst du wissen.“

Er schmunzelte ein wenig und stemmte die Hände wieder in die Hüfte, wie er es als falscher Bobby getan hatte.

„Ihr müsst doch zugeben, das war doch mal eine nette Abwechslung, nicht wahr? Vor allem hat es euch gelehrt, dass ihr nicht alles glauben dürft, was ihr seht, fühlt oder schmeckt. Seht es als eine weitere Lektion für den Kampf gegen meinen Bruder an. Was denkt ihr, woher ich all meine tollen Tricks und Spielereien gelernt habe?“, sagte er verschmitzt und tippte sich dabei an die Stirn. Doch die Brüder rollten nur genervt mit den Augen.

„Da hast du dir ja wieder was tolles einfallen lassen“, sagte Sam frustriert und warf den Hammer weg, wissend, dass er damit gegen den Engel nichts ausrichten würde. „Um mit uns ein wenig Spaß zu haben, denkst du dir also eine komplette Geistergeschichte aus? Nur, damit du deine Ablenkung bekommst?“

Dean warf finstere Blicke durch den Raum, doch all das schien den Engel kalt zu lassen. Stattdessen fing er breit zu grinsen an.

„Ja, das ist alles mein Werk und ich muss schon sagen, dass es wirklich eines meiner guten Werke war, auch wenn ich schon mal besser war. Nicht wahr, die ganzen Sendungen, in die ich euch gesteckt habe, ein Brüller, nicht wahr? Durch was ich euch alles geschickt habe, nur, damit ihr endlich eure Lektionen lernt. Hach, das waren Zeiten. Aber seht es doch nicht so streng, Jungs, letztes Mal wollte ich euch eine Lektion erteilen, aber dieses Mal stand nur der Spaß im Vordergrund. Nur wir drei, und eine klassische Jagd, bei der euch nichts passieren kann, was ist denn schon dabei? Schade nur, dass an den Details gescheitert ist. Natürlich hätte ich mir das mit eurer Vaterfigur auch sparen können, aber ich wollte eure verdutzten Gesichter nur allzu gerne sehen. Das war wirklich Gold wert, davon hätte ich ein Foto machen sollen. Damit ihr es euch einrahmen könnt“, amüsierte sich Gabriel und war damit so ziemlich der einzige im Raum. Dean dagegen verschränkte die Arme, während Sam die Hände in den Jackentaschen verstauen.

„So gesehen ist also nichts hiervon echt, nicht wahr?“, wollte nun Dean von Gabriel wissen.

Gabriel nickte und lächelte dabei frech.

„Das hast du richtig erkannt, mein Junge“, sagte er, verringerte die Distanz zwischen ihm und Dean und drückte diesem einen Finger auf die Nasenspitze.

„Für all das hier bin ich verantwortlich. Die falsche Meldung in der Zeitung, die lustigen Geschenke unter dem Tannenbaum und, hier kommt mein Favorit, das scharfe Essen in der Küche. Mittlerweile kenne ich euch beide gut genug, dass ich wusste, dass Dean seine gierigen Finger von nichts lassen kann, was nicht irgendwie lecker aussieht. Natürlich wäre euch dabei nichts passiert“, sagte er scheinheilig, doch so recht fiel es den Brüder nicht leicht, Gabriels Worten Glauben zu schenken.

„All das ist ein Teil meines Meisterwerks.“

Dabei reckte er die Hände zur Seite und blickte stolz zwischen den Brüdern hin und her.

 

Sams Gesichtsausdruck hatte mittlerweile eine nachdenkliche Miene angenommen, er schien über etwas zu grübeln. Das war auch Dean aufgefallen.

„Hey, alles klar?“, fragte Dean ihn, doch Sam ignorierte ihn. Stattdessen hatte er sein Kinn in seine linke Hand gestützt und sah Gabriel fragend an.

„Sag mal, Gabriel, wenn das alles hier dein Werk ist, bist du dann auch für die falschen EMF-Meter im Keller verantwortlich? Ich mein, klar, du bist in deinen Dingen ein Perfektionist, das habe ich schon damals in deinen anderen Illusionen bemerkt, aber dass du gleich so weit gehen und sogar mein EMF-Meter beeinflussen würdest, das beeindruckt mich dann doch ein wenig.“

Dean sah Sam verdutzt an und auch Gabriels Lächeln schien ein wenig nachzulassen.

„EMF-Meter?“, sagte er und klang nun nicht mehr so selbstbewusst.

„Nein, von den EMF-Metern weiß ich nichts. Ich habe mich sowieso gewundert, was du so lange da unten im Keller gemacht hast, den habe ich nämlich ausgelassen. Dass ihr stattdessen den ersten Stock ignoriert habt, finde ich zwar schade, aber damit kann ich leben. Dafür hat mir Dean die Show des Jahrhunderts geliefert. Aber EMF-Werte erstellen, nein, die Mühe habe ich mir nicht gemacht. Wie kommst du darauf?“, fragte er, doch weder Dean noch Sam konnten ihm die Frage beantworten. Sie kamen überhaupt nicht in die Gelegenheit, ihm eine Antwort zu geben, denn kaum hatte Gabriel seine Worte ausgesprochen, fingen die Lichter im Wohnzimmer zu flackern an. Ebenso in der Küche, wenn auch schwächer, wie Sam aus den Augenwinkeln erkennen konnte. Zum Test hauchte er vor sich hin, eine kleine, weiße Wolke erschien vor seinem Gesicht. Gleichzeitig wurde es kalt im Raum, er spürte es durch die Ärmel seiner Jacke durch. Als er zum Fenster sah, bemerkte er, wie dessen Scheibe langsam gefror.

„Das ist also nicht dein Werk? Das gehört nicht zu dir?“, frage Sam und bückte sich, um wieder den Fleischhammer in die Hand zu nehmen.

„Nein, das ist kein Teil meiner Illusion, das gehört nicht zu mir“, sagte er, hielt die offenen Hände hoch und zog eine Schnute.

„Na klasse, jetzt haben wir hier doch noch mit einem echten Geist zu tun“, sagte Dean, da ließ auch der ungebetene Gast nicht lange auf sich warten. Es war ein Mann, welcher zu Lebzeiten in ihrem Alter gewesen war, mit einem stereotypischen Holzfällerhemd und einer langen Hose. Sein Gesicht wurde von einem mittellangem Holzfällerbart eingerahmt und auf seinem Kopf saß ein hoher Zylinder. Dass sein Tod schon eine lange Weile her sein dürfte, war den beiden Brüdern sofort klar. Ebenso die Tatsache, dass der Fremde schon sehr lange ein Geist sein müsste und dies bedeutete, dass er alles andere als schwach sein würde.

„Vorsicht, Dean“, rief Sam, kaum hatte sich der Geist zum älteren Bruder gewandt, da hatte der Fremde schon seine Hand ausgestreckt und Dean mit seiner Energie durch den Raum fliegen lassen. Mit einem dumpfen Schmerzensausdruck flog Dean gegen die Wand und fiel auf den Boden, wo er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.

„Oh, ich denke, ihr beide kommt wunderbar zurecht, mich werdet ihr dafür nicht brauchen“, sagte er und ehe die Brüder etwas erwidern konnte, hatte sich Gabriel mithilfe seiner Erzengel-Flügel aus dem Staub gemacht.

„Dieser Mistkerl!“, stöhnte Dean, kaum stand er wieder auf seinen eigenen zwei Beinen. „Erst bringt er uns in den Schlammassel und dann haut er einfach feige ab! Dabei hätte er es jetzt am leichtesten von uns dreien.“

Sam versuchte seinen Bruder zu beruhigen.

„Darum können wir uns auch noch später kümmern, zuerst müssen wir schauen, dass wir den Geist erlösen, so harmlos scheint er wohl doch nicht zu sein“, und Dean schüttelte den Kopf. Noch immer hielt er sich die Hand an den Bauch, er war bäuchlings an der Wand aufgekommen, als ihn der Geist hat fliegen lassen. Dieser blickte die beiden finster an, er öffnete seinen Mund, doch nur Krächzen kam heraus. Als Sam ihn sich näher ansah, konnte er eine dunkle Blutspur an seinem Hals entdecken.

„Sieh doch mal, Dean“, sagte er und deutete mit dem Hammer auf den Geist. „Jemand hat ihm zu Lebzeiten den Hals durchgeschnitten.“

„Dann müssen wir wohl aufpassen, dass er mit uns nicht das Gleiche macht“, sagte er und bereute es, dass er nicht die Pistole mit dem Steinsalz dabeihatte. Er wollte sie mitnehmen, hatte es sich allerdings selbst ausgeredet, nach dem Motto: Für einen harmlosen Geist braucht man sowas nicht. Nun bereute er seinen Übereifer und seinen Heldenmut. Hoffnungsvoll sah er zu Sam hinüber, doch dieser hatte ebenfalls nicht daran gedacht, eine Waffe mitzunehmen. Also musste ein Plan B her.

Die beiden hielten Augenkontakt, während der Geist die beiden beobachtete. Überlegte, wen er wohl als nächstes angreifen würde. Doch so weit würden es die Brüder nicht kommen lassen, wollten den Geist stoppen, bevor er wirklich loslegen konnte. Stumm formte Sam ein Wort und Dean verstand sofort, als Antwort nickte er ihm nur zu.

Den Speichel herunterschluckend, sah Sam nun zu dem Geist und versuchte, sich ihm ein wenig zu nähern.

„Hör mal, du musst gar nicht wütend auf uns sein, wir wollen dir wirklich nichts Böses tun, wirklich nicht“, versuchte Sam auf den Geist einzureden, wohl wissend, dass es bei diesem nichts bringen würde. Dazu war dieser viel zu lange auf der Erde, viel zu sehr auf Rache für seinen grausamen Mord fixiert, dass er längst vergessen hatte, wem er sein frühes Ableben zu verdanken hatte. Dean dagegen rappelte sich auf und lief zur Küche, durchsuchte die Schränke einen nach dem anderen so schnell er konnte. Der Geist bemerkte dies, und es gefiel ihm überhaupt nicht, dass sich jemand von ihnen so verdächtig verhielt. Krächzend schwebte er in die Richtung der Küche, Sam konnte ihm gerade mal ein „Wir müssen runter, Dean!“, zurufen, da nahm er bereit selber die Beine in die Hand und lief in den Flur. An der Kellertreppe kam ihm Dean entgegen, eine kleine Prise Salz auf seinem Handrücken verriet Sam, dass sein Bruder bereits von der Dose Gebrauch gemacht hatte.

„Schnell, da runter, er wird nicht ewig wegbleiben, das weißt du doch!“, sagte Dean und riss die Tür auf, bevor sie hineinstürzten und die Kellertreppe hinunterliefen.

 

„Hier unten waren die EMF-Werte am stärksten, als ich sie vorhin hier gemessen habe“, sagte Sam und holte seinen EMF-Meter heraus und aktivierte ihn. Erneut stieg das Messgerät bis zum Anschlag hoch. Egal, in welche Richtung Sam den Meter drehte, er reagierte immer gleich stark.

„Hier müssen also irgendwo die Überreste des Kerls sein oder etwas, was er hinterlassen hat, irgendeinen Gegenstand, der ihm wichtig war“, sagte Dean und sah sich um, doch in den Regalen wurde er nicht fündig. Er schob Farbeimer und Dosen mit Schrauben umher, hob einen Werkzeugkoffer hoch und blickte in diverse Blumentöpfe, doch er wurde nicht fündig. Genauso wie sein Bruder, dieser blickte erst in die Waschmaschine, dann in den Trockner und zum Schluss in ein dunkles Fass. Nichts, nirgendwo schien es einen Gegenstand oder einen Körperteil des Verstorbenen zu geben. Frustriert trat Dean den Boden.

„Meinst du, der liegt hier drunter vergraben?“, fragte Dean und Sam schüttelte nur den Kopf.

„Nein, das hier ist zu neu, das kann man ganz klar erkennen“, antwortete Sam und Dean schüttelte nur den Kopf, auch wenn er selbst es nicht ganz klar erkennen konnte.

„Aber er muss hier doch irgendwo sein, ich meine, das EMF-Meter lügt doch nicht.“

„Nein, nicht wirklich“, sagte Sam und dachte wieder nach. Doch bevor er seinen Einfall aussprechen konnte, erschien mit einem kurzen Aufzucken der Geist des wütenden Holzfällers wieder. Doch dieses Mal schien er nicht alleine zu sein, ein zweiter Geist hatte sich zu ihm gesellt. Er trug die gleiche Kleidung, nur sein Haar und sein Bart war ein wenig länger, doch auch er hatte einen unsauberen Schnitt und viel Blut am Hals, was Sam sofort erkennen konnte.

„Oh nein, es gibt zwei von denen? Zwillinge?“, stieß Dean ungläubig aus, da packte ihn der Kurzhaarige bereits am Hals und hob den Jäger mühelos in die Höhe. Mit den Beinen strampelnd, versuchte Dean sich aus dem Griff des Geist zu befreien, während dieser immer fester zudrückte.

„Dean!“, rief Sam, holte mit seinem Hammer so weit wie möglich aus, um den Geist damit zu vertreiben, doch da flog nun er in die Luft, der langhaarige Geist hatte seine Kräfte an ihm benutzt. Der Hammer flog Sam aus der Hand und außer Sichtweite.

„S-sam!“, quetschte Dean aus seinem Mund heraus, noch immer ließ der Geist nicht von ihm ab. Der langhaarige Geist stieß ein unheimliches Brüllen aus und schoss auf Sam zu, hob ihn mit seiner Kraft hoch und drückte ihn an die Wand.

Gurgelnd versuchten die Winchester, sich gegen die Geister zu wehren, aber sie schienen keine Chance zu haben. Noch immer versuchten sie sich gegen die Zwillinge zu wehren, doch die Jahrhunderte alte Gram hatte sie stark gemacht, zu stark für die Winchester-Brüder. Sollte es hier nun für die Beiden endgültig vorbei sein?

 

„Und ihr schimpft euch Jäger? Na, dann werde ich mal nicht so sein“, hörten sie eine vertraute Stimme lästern. Die Geister verschwanden, als wären sie von einer Eisenstange getroffen worden, woraufhin die beiden Brüder zu Boden fielen. Dean fasste sich an den Hals, während Sam bereits versuchte, wieder aufzustehen. Erst jetzt konnten sie erkennen, zu wem die Stimme gehörte: Gabriel.

„Ich dachte … du Mistkerl hast dich verzogen“, stotterte Dean, der gerade dabei war, seine eigene Stimme wiederzufinden.

„Du musst wissen, ich habe meine Augen und Ohren überall hier in diesem Haus, mir entgeht gar nichts, wenn ich es nicht möchte“, sagte er frohlockend und hob den Finger an die Lippen.

„Ich dachte mir, hey, Gabriel, die beiden Jungs sind doch solche Geisterexperten, lass die das doch mal machen und genieße die Show. Aber so wirklich gab es nichts zu genießen, offenbar braucht ihr doch noch hin und wieder Stützräder, so wie mich gerade.“

Er grinste vor sich hin, was die Brüder nicht gerade fröhlich stimmten. Ihre Gesichtsausdrücke sprachen Bände. Gabriel bemerkte dies und versuchte zurückzurudern.

„Nun, so ganz unfähig seid ihr mit Sicherheit nicht, aber ich denke, also, es könnte sein, möglicherweise, dass ihr das mit dem Geisteraustreiben eventuell nicht hättet machen können, fällt mir gerade auf. Also, unabhängig von eurer Fähigkeit oder Unfähigkeit.“

Wütend packte Sam ihn am Kragen, bevor er ihn wieder losließ.

„Was willst du damit sagen, spuck‘s schon aus!“, sagte Sam mehr als ungeduldig. Gabriel blickte ihn schräg an.

„Nun, ich möchte damit sagen, dass so lange ihr in meiner Illusion gefangen seid, ihr die Geister nicht verbrennen könnt“, erklärte er, als wäre es das normalste der Welt. Sam und Dean fingen zu blinzeln an.

„Moment, willst du damit sagen, dass wir noch immer in deiner bescheuerten falschen Welt unterwegs sind?“, polterte Dean, er hatte es gerade erst geschafft, sich wieder aufrecht hinzustellen. Gabriel nickte.

„Nun, da ihr mir so viel Spaß geboten habt vorhin, dachte ich, ihr schafft das schon. Allerdings ist mir dann dummerweise ein kleines Detail entgangen, ich habe die Geister übersehen, die in diesem Haus bereits wohnten und die wurden mit in die Illusion gezogen. Wirklich unprofessionell von mir, aber was soll ich sagen, es war eine spontane Idee, normal passieren mir solche Fehler nicht. Wie auch immer“, sagte er und ohne, dass er auch nur den kleinen Finger rührte, veränderte sich die Welt mit einem Schlag. Wo vorher noch der Keller einer normalen, durchschnittlichen Familie war, ist nun ein Keller, den seit Jahrzehnten niemand mehr betreten hatte. Die modernen elektronischen Geräte waren verschwunden, nur eine alte Toploader-Waschmaschine stand in der Ecke, wirkte aber alles andere als funktionstüchtig. Auch die Regale waren nun nicht mehr gefüllt, sondern leer und verlassen. Der betonierte Boden war ebenfalls gewichen, stattdessen standen sie nun auf einem erdigen Untergrund. Sam verstand sofort.

„Jetzt weiß ich, was du meinst. Es könnte sein, dass die Überreste der beiden Geister hier unten im Keller verschachert wurden, aber weil du in deiner Illusion den Boden aus Beton gemacht hast, wären wir nicht rangekommen.“

Schnell sah er sich um und fand in einer dunklen Ecke zwei Schaufel, eine normale und einen Klappspaten. Er rannte in die Ecke, holte die zwei Geräte und warf Dean den Klappspaten zu. Dieser blickte Sam ungläubig an.

„Jetzt guck nicht so, sondern fang lieber an zu graben. Denn so wie ich unseren Spaßvogel hier kenne, hat er sie nicht in den Himmel geschickt, sondern nur mal eben kurz weg, damit er seinen Fehler ausbügeln kann.“

Gabriel schürzte die Lippen.

„Ja, so könnte man das sagen. Und jetzt grabt, oder wollt ihr, dass die beiden Herren wieder zurückkommen und da weitermachen, wo sie vorhin aufgehört haben?“

Sam und Dean tauschten untereinander genervte Blicke aus, bevor sie die Schaufeln schwangen und so schnell wie möglich die Löcher aushoben.

 

Unter Gabriels interessiertem Blick gruben die beiden Brüder hier und dort, bis sie schließlich, nach mehreren Versuchen, fündig wurden: Zwei Skelette in fast komplett verfallenen Kleidungen waren nicht sehr tief in der Erde vergraben worden. Fast erschöpft vom schnellen Graben schnauften die beiden ein wenig, hörten jedoch schlagartig damit auf, als sich ihr Atem wieder in Rauchform vor ihren Gesichtern befestigte. Wieder spürten sie einen Temperatursturz im Raum, der ihnen sagte, dass nun Eile geboten war.

„Dean, schnell, das Salz!“, sagte Sam und Dean ließ nicht zweimal auf sich warten. Kaum hatte er mehr als genug Salz auf die Überreste verstreut, sah sich Sam nach einen Brandbeschleuniger um, fand jedoch nichts. Fragend sah er zu Gabriel hinüber, der erst zurückstarrte und dann einen Kanister neben Sam erschienen ließ.

„Ihr solltet euch beeilen, wenn ihr den nächsten Tag erleben wollt“, sagte er amüsiert. Sam wäre ihm am liebsten an die Kehle gesprungen, steckte jedoch die Energie lieber in den Deckel des Kanister, der sich zu seinem Erstaunen sehr leicht öffnen ließ. Sie spürten die Anwesenheit der Geister, sie waren dicht an ihnen dran und Sam konnte sehen, wie einer von ihnen die kalten, grausigen Finger nach dem Hals seines Bruders austreckte.

„Jetzt, Dean!“, rief Sam und dieser zündete ein komplettes Streichholzbriefchen an, bevor er es auf die Überreste fallen ließ. Diese brannten sofort, und die beiden Geister verschwanden röchelnd ins Nichts, lösten sich wie gewohnt auf. Erleichtert ließen sich die beiden Brüder auf ihren Hosenboden fallen.

Gabriel klatschte zufrieden in die Hände.

„Das habt ihr toll gemacht. Aber vergesst nicht, hätte ich euch nicht gerettet, dann wäre es aus die Maus gewesen mit euch beiden. Also immer schön euren Lieblings-Erzengel loben“, sagte Gabriel, doch damit konnte er die Winchesters alles andere als fröhlich stimmen.

„Ihr müsst euch nicht bedanken, das war ja selbst verständlich. Wir wollen dem Himmel und der Hölle keine Arbeit machen, nur, weil ihre Hüllen für Michael und Luzifer vor dem großen Showdown einen Abgang gemacht haben“, sagte er, und rieb sich die Hände.

„Wenn du nicht gewesen wärst, mit deinen blöden Troll Aktionen, dann wären wir gar nicht in Lebensgefahr gewesen!“, knurrte Sam.

„Aber, aber, Jungs, seht es doch nur mal so“, sagte Gabriel beschwichtigend. „Auf diese Art und Weise hattet ihr einen netten Nachmittag und ihr konntet zwei Geister retten, ist das nicht klasse? Das ist es doch, was ihr so macht, nur war es mal nicht ganz so langweilig, wie ihr es wohl gewohnt seid.“

Er lachte ein wenig, doch als er bemerkte, dass keiner mit ihm lachte, hörte er wieder auf.

„Jetzt ist ja alles wieder gut. Nun, ich verlasse euch beide nun, wir sehen uns sicherlich bald wieder“, sagte er, winkte ihnen zu und verschwand mit einem Flügelschlag.

„Dieser Mistkerl“, fluchte Dean und klopfte sich die Erde von der Kleidung herunter. Sam tat es ihm gleich.

„Ich gebe es ungern zu, aber irgendwo hat er recht, mit dem, was gerade meinte“, sagte Sam und Dean konnte seinen Ohren kaum trauen.

„Wie bitte? Du findest es gut, dass uns dieser Spinner wieder in einer seiner Partywelten eingesperrt und für seine Unterhaltung geärgert hat?“, sagte Dean fassungslos, doch Sam schüttelte nur den Kopf.

„Ja, der Teil war wirklich nicht gut. Aber sieh dich doch mal um, Dean. Das Haus ist alt, sehr alt und vermutlich auch lange verlassen. Was, wenn jemand mal hier eingezogen wäre, eine richtige Familie, mit richtigen Menschen? Oder wenn sie das Haus abgerissen und den Boden einbetoniert hätten, so wie es in der Illusion war, dann wären die beiden Geister früher oder später bei den neuen Besitzern aufgetaucht, und hätten ihnen sonst was angetan. Möglicherweise hätten sie den Leuten die Kehlen aufgeschlitzt, so, wie es ihnen vor Jahren passiert ist. Es war zwar nicht in Gabriels Absicht, aber du musst zugeben, dass es doch am Ende etwas Gutes war, was er getan hat.“

Dean schüttelte den Kopf und Sam konnte ein leises „Mistkerl“ aus seiner Richtung hören.

„Wie auch immer, sollen wir uns erstmal in eine Bar setzen? Ich könnte einen Trink gebrauchen“, sagte Dean und stellte die Dose mit dem Salz auf eines der leeren Regale. Sam brauchte nicht lange über den Vorschlag nachzudenken.

„Ja, ein oder zwei Drinks wären wirklich nicht schlecht“, sagte er und folgte seinem Bruder aus dem Haus hinaus zum Impala. Das Wetter hatte zwischenzeitlich umgeschlagen, es schneite ein wenig.

„Fröhliche Weihnachten“, sagte Dean sarkastisch und stieg in den Impala ein. „Ja, fröhliche Weihnachten“, antwortete Sam und folgte seinem Bruder in den Wagen, bevor dieser losfuhr und die nächste Bar anpeilte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, es hat sehr lange gedauert, bis hier mal wieder was kam. Aber dafür ist es nun endlich da :3
Das dritte und letzte Kapitel wird dann auch kommen, spätestens nächste Woche rum. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und damit ist die FF nun endlich und endgültig zu Ende :-) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  BexChan
2020-02-07T15:15:46+00:00 07.02.2020 16:15
Kurz und bündig und GoT passt irgendwie zu Dean :D typisch, immer nur Weiber im Kopf aber die Brüder brauchen sich einfach ❤ Sam weiß einfach immer, was sein verpennter Bruder braucht.
Antwort von:  KiraNear
21.10.2020 21:19
Ja die beiden kennen sich einfach zu gut XD
Irgendwann schreibe ich die FF fertig, weiß aber nicht wann.


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